Harald Wirtz Die Übernahme börsennotierter Aktiengesellschaften Eine ökonomische Analyse des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes Freie Online-Version Dieses Buch ist im Original im Jahr 2004 im Verlagshaus Monsenstein & Vannerdat in Münster erschienen. ISBN-10: 3937312390 ISBN-13: 978-3937312392 Die freie Online-Version darf für wissenschaftliche Zwecke ausgedruckt und vervielfältigt werden. Jegliche gewerbliche Nutzung oder Weiterverbreitung ist untersagt. Die vorliegende Arbeit ist unter dem Originaltitel „Öffentliche Angebote bei der Übernahme börsennotierter Aktiengesellschaften – Eine modellgestützte einzelwirtschaftliche Analyse der Regulierung durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz“ im Dezember 2003 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der FernUniversität in Hagen als Dissertation angenommen worden. 3 Geleitwort Die von Harald Wirtz vorgelegte Arbeit, die an der FernUniversität als Dissertation angenommen wurde, ist dem zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen „Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz“ gewidmet, durch das öffentliche Übernahmeaktivitäten in Deutschland erstmalig speziellen gesetzlichen Vorgaben unterworfen werden. Das Hauptinteresse des Verfassers gilt dabei der Situation der von Übernahmeaktivitäten betroffenen Minderheitsaktionäre. Die im Vorfeld der Gesetzgebung zu diesem Thema veröffentlichten Beiträge stammen ganz überwiegend von juristischen Autoren, die ökonomische Aspekte nur eher beiläufig auf der Basis von ad-hoc-Plausibilitäten in ihre Argumentation einfließen lassen. Mit der vorliegenden Arbeit schließt der Verfasser dieses Defizit, in dem er die wirtschaftlichen Betroffenheiten der Beteiligten innerhalb eines geschlossenen theoretischen Rahmens analysiert. Dazu entwickelt er in gut nachvollziehbarer Weise ein Modell und gewinnt aus der Untersuchung dessen formaler Strukturen aufschlußreiche Erkenntnisse über die zugrundeliegenden realen Sachverhalte. Es zeigt sich, daß die gesetzlichen Vorschriften den angestrebten Schutzzweck nur sehr unvollständig erreichen, ihm unter Umständen sogar entgegenstehen können. Insbesondere kann es dazu kommen, daß für alle Beteiligten vorteilhafte Übernahmen als Folge der gesetzlichen Restriktionen unterbleiben oder daß die Altaktionäre bei dennoch erfolgenden Übernahmen durch diese rechtlichen Vorgaben auch in solchen Fällen besser gestellt werden, in denen gar kein Schutzbedürfnis besteht. Da die Arbeit von Herrn Wirtz nicht nur die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit öffentlichen Übernahmeaktivitäten inhaltlich wesentlich bereichert, sondern auch durch ihre klare Sprache und eine stringente Gedankenführung gefällt, wünsche ich ihr, daß sie sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis hohe Aufmerksamkeit und Verbreitung findet. Hagen, im Dezember 2003 Univ.-Prof. Dr. Michael Bitz 5 Vorwort Auf das Verfassen dieses Vorworts habe ich mich lange gefreut. Zum einen, weil es, obgleich ein Vorwort, doch ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass man die großen Mühen und Schwierigkeiten, die mit der Erstellung einer solchen Dissertation einhergehen, hinter sich hat. Zum anderen, weil es mir Gelegenheit gibt, all denen noch einmal zu danken, die mich auf dem Weg zur Fertigstellung begleitet und unterstützt haben. Allen voran möchte ich meinem Doktorvater Herrn Univ.-Prof. Dr. Michael Bitz danken für die hervorragende Betreuung, die guten Arbeitsbedingungen an seinem Lehrstuhl und nicht zuletzt für die Bereitschaft, seinen Jahresurlaub der zügigen Begutachtung meiner Arbeit zu opfern. Durch seine Anleitung und sein Vorbild hat er wesentlich zu meiner wissenschaftlichen und persönlichen Weiterentwicklung beigetragen. Herrn Univ.-Prof. Dr. Thomas Hering danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Meinen Kolleginnen und Kollegen am Lehrstuhl bin ich für die oft anstrengenden, manchmal ernüchternden, aber immer fruchtbaren Diskussionen meiner Vorlagen bei unseren Doktorandenseminaren verbunden. Besonders möchte ich aus diesem Kreis Frau Dr. Karin Niehoff hervorheben, die es bereitwillig übernommen hat, mein Manuskript noch einmal sorgfältig durchzusehen und vor allem durchzurechnen. Frau Claudia Barcarolo danke ich für die Hilfestellung bei der abschließenden Textformatierung und Frau Ulrike Martin für die Gestaltung des Buchumschlags. So wichtig die Hilfe aus dem universitären Bereich für den Erfolg meines Promotionsvorhabens auch war, so wäre ein Gelingen ohne Unterstützung im privaten Bereich nicht möglich gewesen. Dabei denke ich vor allem an meine Frau Andrea, die während der gesamten Zeit unerschütterlich an mich geglaubt hat. Hierfür und für so vieles andere bin ich ihr mehr dankbar, als ich es hier ausdrücken kann. Bonn, im Januar 2004 Harald Wirtz Inhaltsverzeichnis VII Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkürzungsverzeuchnis Symbolverzeichnis VII XII XV XVII XX Kapitel A: Einführung 1 Einleitung 3 2 Zielsetzung und Abgrenzung 7 3 Gang der Arbeit 8 Kapitel B: Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten 1 Vorbemerkung 13 2 2.1 2.2 Definitionen Allgemeine Definition: Unternehmensübernahme Spezielle Definition: Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft 14 14 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 Erscheinungsformen von Übernahmen Überblick Technik des Beteiligungserwerbs Art der Gegenleistung Art der Finanzierung Einstellung des Managements der Zielgesellschaft 21 21 22 24 26 30 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 4.10 4.11 Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote Überblick Rechtliche Bindungswirkung Art der Gegenleistung Preisregeln Art der nachgefragten Wertpapiere Mengenregeln Repartierungsregeln Annahmefrist Zusammenarbeit mit Finanzintermediären Wiederholung und Änderung des Angebots Abschließendes Beispiel 31 31 32 33 34 36 37 38 40 41 41 42 17 VII Inhaltsverzeichnis VIII 5 5.1 5.2 5.3 Zur Diskussion um die Regulierung von Übernahmen in der Literatur Überblick Amerikanische Diskussion Deutsche Diskussion 45 45 45 50 Kapitel C: Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten 1 Vorbemerkung 59 2 2.1 2.2 Historische Entwicklung des Übernahmegesetzes EU-Ebene Nationale Ebene 60 60 62 3 Ziele des Gesetzgebers bei der Regulierung von öffentlichen Angeboten 64 4 4.1 4.2 4.3 4.4 Arten von Angeboten Überblick Angebot zum Erwerb von Wertpapieren Übernahmeangebote Pflichtangebote 67 67 69 71 73 5 Allgemeine Grundsätze bei öffentlichen Angeboten 75 6 Pflichten des Bieters 6.1 Überblick 6.2 Ausgestaltung des Angebots 6.2.1 Rechtliche Bindungswirkung 6.2.2 Art der Gegenleistung 6.2.3 Preisregeln 6.2.4 Art der nachgefragten Wertpapiere 6.2.5 Mengenregeln 6.2.6 Zuteilungsregeln 6.2.7 Annahmefrist 6.2.8 Zusammenarbeit mit Finanzintermediären 6.2.9 Wiederholung und Änderung des Angebots 6.2.10 Zusammenfassung 6.3 Veröffentlichungs- und Meldepflichten 6.3.1 Vorbemerkung 6.3.2 Vorangebotsphase 6.3.3 Annahmephase 6.3.4 Nachangebotsphase 78 78 79 79 81 83 88 88 89 90 91 92 92 96 96 97 98 98 7 99 Pflichten des Managements der Zielgesellschaft Inhaltsverzeichnis IX 8 Sanktionen 102 9 Zusammenfassung 104 Kapitel D: Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens 1 Vorbemerkung 2 2.1 2.2 2.2.1 109 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle Wert und Bewertung von Unternehmensanteilen Einflussfaktoren auf die relevante Zahlungsreihe Einflussfaktoren mit gleichgerichteter Wirkung bei Übernehmer und Veräußerer 2.2.1.1 Interne Synergieeffekte 2.2.1.2 Restrukturierung 2.2.2 Einflussfaktoren mit unterschiedlicher Wirkung bei Übernehmer und Veräußerer 2.2.2.1 Externe Synergieeffekte 2.2.2.2 Werttransfers zwischen Zielgesellschaft und Übernehmer 2.3 Einflussfaktoren auf die Bewertung der erwarteten Zahlungsreihe 2.4 Zusammenfassung 110 110 114 3 3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 126 126 128 129 129 131 131 131 132 134 137 151 152 152 153 153 153 154 160 163 3.3.3 3.3.4 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.5 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses Grundannahmen Zeitlicher Modellablauf Bewertungskalkül der Kleinaktionäre der Zielgesellschaft Situation vor Bekanntwerden der Übernahmeabsicht (t = 0) Situation nach Bekanntwerden der Übernahmeabsicht (t = II) 3.3.2.1 Vorbemerkung 3.3.2.2 Situation bei Misslingen der Übernahme 3.3.2.3 Situation bei Gelingen der Übernahme 3.3.2.4 Die Bildung neuer Bewertungen Situation bei vorliegendem öffentlichen Angebot (t=IV) Situation nach Abschluss des Angebotsverfahrens (t = VI) Bewertungskalkül des Übernehmers Vorbemerkung Situation bei Misslingen der Übernahme Situation bei Gelingen der Übernahme 3.4.3.1 Der innere Wert einer Aktie 3.4.3.2 Der Wert der Beteiligung 3.4.3.3 Der Wert der einzelnen Aktien der Beteiligung Zusammenführung der Kalküle 114 114 116 117 117 118 121 124 IX Inhaltsverzeichnis X Kapitel E: Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung 1 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.4 1.4.1 1.4.2 Untersuchungsablauf Überblick Informationsszenario Allokationsszenarien Streubesitz Paket Wirkungsszenarien Ausbeutungsfall Synergiefall 167 167 168 169 169 169 169 169 170 2 2.1 2.2 Vergleichssituationen Situation ohne Regulierung Situation mit Regulierung 171 171 171 3 Analyse des Übernahmeprozesses 3.1 Situation ohne Regulierung 3.1.1 Strategie des Bieters 3.1.1.1 Streubesitz 3.1.1.2 Paket 3.1.2 Wirkungen der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft 3.1.2.1 Vorbemerkung 3.1.2.2 Streubesitz 3.1.2.2.1 Ausbeutungsfall 3.1.2.2.2 Synergiefall 3.1.2.3 Paket 3.1.2.3.1 Ausbeutungsfall 3.1.2.3.2 Synergiefall 3.2 Situation mit Regulierung 3.2.1 Strategie des Bieters 3.2.1.1 Streubesitz 3.2.1.2 Paket 3.2.2 Wirkungen der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft 3.2.2.1 Streubesitz 3.2.2.1.1 Ausbeutungsfall 3.2.2.1.2 Synergiefall 3.2.2.2 Paket 3.2.2.2.1 Ausbeutungsfall 3.2.2.2.2 Synergiefall 3.3 Vergleich der Situation ohne und mit Regulierung hinsichtlich der Wirkungen auf die Aktionäre der Zielgesellschaft 3.3.1 Vorbemerkung 3.3.2 Streubesitz 3.3.2.1 Bildung von Fallgruppen 173 173 173 173 182 192 192 192 192 197 198 198 201 203 203 203 215 221 221 221 224 226 226 229 230 230 232 232 Inhaltsverzeichnis XI 3.3.2.2 Ausbeutungsfall 3.3.2.2.1 Fallgruppe I 3.3.2.2.2 Fallgruppe II 3.3.2.2.3 Fallgruppe III 3.3.2.2.4 Fallgruppe IV 3.3.2.3 Synergiefall 3.3.2.3.1 Fallgruppe I 3.3.2.3.2 Fallgruppe II 3.3.2.3.3 Fallgruppe III 3.3.2.3.4 Fallgruppe IV 3.3.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse für den Streubesitzfall 3.3.3 Paket 261 3.3.3.1 Übertragung der Ergebnisse bei Streubesitz auf den Paketfall 3.3.3.2 Ergebnisse für den Paketfall 232 232 233 241 246 248 248 248 251 252 254 4 Wertung der Modellergebnisse 276 5 Modellkritik 286 261 264 Kapitel F: Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist 1 Allgemeines 293 2 Beschreibung der Modellvariation 295 3 3.1 3.2 3.3 3.4 Analyse des Übernahmeprozesses Kalkül der Aktionäre der Zielgesellschaft Strategie des Bieters Wirkungen der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft Wirkungen der Regulierung 296 296 300 304 306 4 Wertung der Ergebnisse der Modellvariation 309 Kapitel G: Schlussbetrachtung Schlussbetrachtung 317 Literaturverzeichnis 323 Verzeichnis verwendeter Gesetze und Verordnungen 358 XI Abbildungsverzeichnis XII Abbildungsverzeichnis Abb. B 1 Systematisierung von Formen des Beteiligungserwerbs 22 Abb. B 2 Mögliche Arten der Gegenleistung bei Übernahmen 25 Abb. B 3 Möglichkeiten der Finanzierung einer Übernahme 29 Abb. B 4 Grundtypen von Preisregeln 34 Abb. B 5 Grundtypen von Mengenregeln 38 Abb. B 6 Grundtypen von Repartierungsregeln 39 Abb. C 1 Arten von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren 67 Abb. D 1 Zeitlicher Modellablauf 128 Abb. D 2 Bewertungsfunktion vor Bekanntwerden einer Übernahmeabsicht (t = 0) 130 Abb. D 3 Bewertungsfunktionen bei Misslingen und Gelingen der Übernahme 133 Abb. D 4 Position der Aktionäre vor Abgabe eines Übernahmeangebots 134 Abb. D 5 Bewertungsfunktionen nach Bekanntwerden der Übernahmeabsicht (t = II) 136 Abb. D 6 Entscheidungssituation in t = IV bei unvollständiger Information 145 Abb. D 7 Bewertungsfunktion in t = IV ohne Mindestbedingung 148 Abb. D 8 Interner Übernahmewertbeitrag 156 Abb. D 9 Externer Übernahmewertbeitrag 157 Abb. D 10 Netto-Transferwertbeitrag (Ausbeutungsfall) 158 Abb. D 11 Netto-Transferwertbeitrag (Zuschussfall) 159 Abb. D 12 Zusammenfassende Darstellung der Wertbeiträge 160 Abb. D 13 Wert der einzelnen Aktien einer Beteiligung 161 Abb. D 14 Alternative Verläufe der Bewertungskurve 162 Abb. D 15 Ermittlung des Übernahmegewinns bei Einheitspreis 164 Abb. E 1 Bedingung für die Vorteilhaftigkeit des Erwerbs bei Streubesitz 174 Abb. E 2 Maximaler Übernahmegewinn ohne Regulierung, Fall S2 178 Abb. E 3 Maximaler Übernahmegewinn ohne Regulierung, Fall S3 179 Abb. E 4 Übernahmegewinn bei Paketkauf und Übernahmeangebot I 184 Abb. E 5 Übernahmegewinn bei Paketkauf und Übernahmeangebot II 185 Abbildungsverzeichnis Abb. E 6 Abb. E 7 Abb. E 8 Abb. E 9 XIII Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz ohne Regulierung 192 Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz ohne Regulierung 197 Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Paketkauf ohne Regulierung 199 Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Paketkauf ohne Regulierung 202 Abb. E 10 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Streubesitz I 206 Abb. E 11 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Streubesitz II 207 Abb. E 12 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Streubesitz III 211 Abb. E 13 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Streubesitz IV 212 Abb. E 14 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Paketkauf 216 Abb. E 15 Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz mit Regulierung 221 Abb. E 16 Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz mit Regulierung 224 Abb. E 17 Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Paketkauf mit Regulierung 226 Abb. E 18 Zusammenhang der Vergleichsgrößen 231 Abb. E 19 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz, Fallgruppe II 233 Abb. E 20 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz, Fallgruppe III 241 Abb. E 21 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz, Fallgruppe IV 246 Abb. E 22 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz, Fallgruppe II 248 Abb. E 23 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz, Fallgruppe III 251 Abb. E 24 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz, Fallgruppe IV 252 XII Abbildungsverzeichnis XIV Abb. E 25 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Paketkauf, Fallgruppe II 262 Abb. F 1 Zeitlicher Modellablauf mit verlängerter Annahmefrist 295 Abb. F 2 Entscheidungssituation für die Zielgesellschaftsaktionäre 296 Abb. F 3 Angebotsfunktionen bei Modellvariation, Ausbeutungsfall 299 Abb. F 4 Strategie des Bieters I, Ausbeutungsfall 301 Abb. F 5 Strategie des Bieters II, Ausbeutungsfall 302 Abb. F 6 Wirkungen der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft bei Regulierung mit verlängerter Annahmefrist 305 Wirkungen der Regulierung mit verlängerter Annahmefrist 307 Abb. F 7 Tabellenverzeichnis XV Tabellenverzeichnis Tab. B 1 Zulässige Aktiengattungen Tab. C 1 Zusammenfassung der Pflichten des Bieters bei der Ausgestaltung von Angeboten Tab. D 1 Ergebnismatrix beim Gefangenen-Dilemma 139 Tab. D 2 Beispiel für die Ergebnismatrix bei einem Übernahmeangebot 140 Tab. D 3 Entscheidungsmatrix im Zeitpunkt t = IV ohne Mindestquote 147 Tab. D 4 Entscheidungsmatrix im Zeitpunkt t = IV mit Mindestquote 149 Tab. E 1 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Streubesitz ohne Regulierung 181 Tab. E 2 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Kauf eines nichtkontrollierenden Pakets ohne Regulierung 188 Tab. E 3 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Kauf eines kontrollierenden Pakets ohne Regulierung 191 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Streubesitz mit Regulierung bei Zulässigkeit eines Teilangebots 209 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Streubesitz mit Regulierung bei Vollangebotspflicht 213 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Kauf eines nichtkontrollierenden Pakets mit Regulierung 218 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Kauf eines kontrollierenden Pakets mit Regulierung 220 Übersicht über die Fallgruppen und Einzelfälle bei Streubesitz 255 Übersicht über die Differenzen der Gruppengrößen mit und ohne Regulierung bei Streubesitz 257 Tab. E 4 Tab. E 5 Tab. E 6 Tab. E 7 Tab. E 8 Tab. E 9 36 94 Tab. E 10 Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die einzelnen Aktionäre bei Streubesitz 259 Tab. E 11 Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die gesamten Aktionärsgruppen bei Streubesitz 260 Tab. E 12 Übersicht über die Fallgruppen und Einzelfälle bei Paketerwerb 268 Tab. E 13 Übersicht über die Differenzen der Gruppengrößen mit und ohne Regulierung bei Paketkauf 270 XV XVI Tabellenverzeichnis Tab. E 14 Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die einzelnen Aktionäre bei Paketkauf Tab. E 15/1 Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die gesamten Aktionärsgruppen bei Paketkauf im Ausbeutungsfall 271 272 Tab. E 15/2Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die gesamten Aktionärsgruppen bei Paketkauf im Synergiefall 273 Tab. E 16 Vermögensänderungen der Zielgesellschaftsaktionäre ohne Regulierung 277 Tab. E 17 Zusammenfassung der Wirkungen der Regulierung auf die Aktionäre der Zielgesellschaft 279 Tab. F 1 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen des Bieters bei Regulierung mit verlängerter Annahmefrist 304 Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung Abl. Amtsblatt Abs. Absatz AG Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) AktG Aktiengesetz Aufl. Auflage BB Betriebs-Berater (Zeitschrift) BGB Bürgerliches Gesetzbuch BFuP Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) BörsG Börsengesetz bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise ca. circa c.p. ceteris paribus DAX Deutscher Aktienindex DB Der Betrieb (Zeitschrift) DBW Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) d.h. das heißt DM Deutsche Mark DStR Deutsches Steuerrecht ((Zeitschrift) XVII XV Abkürzungsverzeichnis XVIII EG Europäische Gemeinschaften etc. et cetera et al. et aliud EU Europäische Union h.M. herrschende Meinung GE Geldeinheiten gem. gemäß GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls HGB Handelsgesetzbuch Hrsg. Herausgeber IDW Institut der Wirtschaftsprüfer IStR Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) i.V.m. in Verbindung mit NJW Neue Juristische Wochenschrift Nr. Nummer NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Tab. Tabelle Abkürzungsverzeichnis RefE Referentenentwurf RIW Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Rn. Randnummer S. Seite(n), Satz sog. so genannte(r) u.a. unter anderem USA Vereinigte Staaten von Amerika u.U. unter Umständen vgl. vergleiche WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift) WISU Das Wirtschaftsstudium(Zeitschrift) WM Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) WPg Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpÜG Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz WpÜG-VO WpÜG-Angebotsverordnung z.B. zum Beispiel ZfbF Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung ZfhF Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht XIX XIX Symbolverzeichnis XX Symbolverzeichnis a Anzahl erworbener bzw. zu erwerbender Aktien der Zielgesellschaft a ′ , a ′′ beispielhaft hervorgehobene bestimmte Anzahlen Aktien der Zielgesellschaft a* Anzahl Aktien der Zielgesellschaft, bei der der Übernehmer die Kontrolle erlangt â * Anzahl Aktien, die insgesamt gekauft werden müssen, wenn in der ersten Runde a * Aktien gekauft werden (Modellvariation) a BP Anzahl Aktien der Zielgesellschaft, die bei Anwendung der Börsenpreisregel zu kaufen ist a eR Anzahl Aktien der Zielgesellschaft, die in der ersten Runde erworben werden (Modellvariation) a GP Anzahl Aktien der Zielgesellschaft, die bei Anwendung der Gleichpreisregel zu kaufen ist a krit kritische Anzahl Aktien der Zielgesellschaft, bei deren Erwerb gerade kein Gewinn für den Übernehmer entsteht a opt mR gewinnoptimale Anzahl Aktien der Zielgesellschaft mit Regulierung (Grundmodell) â opt mR gewinnoptimale Anzahl Aktien der Zielgesellschaft mit Regulierung unter Einbeziehung der verlängerten Annahmefrist (Modellvariation) a opt oR gewinnoptimale Anzahl Aktien der Zielgesellschaft ohne Regulierung aP Anzahl der Aktien eines Paketaktionärs vX a oR kumulierte Anzahl der Mitglieder der Gruppen ohne Regulierung, die auf der Abszisse weiter links als die betrachtete Gruppe X abgetragen sind a XY Anzahl der Aktionäre, die ohne Regulierung der Gruppe X und mit Regulierung der Gruppe Y angehören Symbolverzeichnis XXI a XmR Anzahl der Angehörigen der Aktionärsgruppe X mit Regulierung (Grundmodell) â XmR Anzahl der Angehörigen der Aktionärsgruppe X mit Regulierung unter Einbeziehung der verlängerten Annahmefrist (Modellvariation) X a oR Anzahl der Angehörigen der Aktionärsgruppe X ohne Regulierung A Gesamtzahl ausgegebener Aktien der Zielgesellschaft α Steigung der Bewertungsfunktion W 0 (a) BÜ (a) Wert einer Beteiligung von a Aktien aus Sicht des Übernehmers β Steigung der Bewertungs- bzw. Angebotsfunktion W IV (a) Ct Schnittpunkt der Bewertungsfunktion im Zeitpunkt t mit der Ordinate C+ Schnittpunkt der Bewertungsfunktion bei Gelingen der Übernahme mit der Ordinate C∅ Durchschnittsbörsenkurs im Beobachtungszeitraum ∆a X Differenz der Größen der Gruppe X mit und ohne Regulierung X ∆VmR X ∆VoR Änderung des Vermögens der Gesamtheit aller Angehörigen der Aktionärsgruppe X durch den Übernahmeversuch mit Regulierung Änderung des Vermögens der Gesamtheit aller Angehörigen der Aktionärsgruppe X durch den Übernahmeversuch ohne Regulierung XX Symbolverzeichnis XXII X ∆VmR,j Änderung des Vermögens des Aktionärs j als Angehörige der Aktionärsgruppe X durch den Übernahmeversuch mit Regulierung ∆VoXR , j Änderung des Vermögens des Aktionärs j als Angehörige der Aktionärsgruppe X durch den Übernahmeversuch ohne Regulierung ∆(∆VjX ) Differenz der Vermögensänderungen mit und ohne Regulierung des Aktionärs j, der ohne Regulierung der Gruppe X angehört, zugleich Endvermögensdifferenz ∆Wj+ Wertunterschied zwischen dem Wert ihrer Aktie bei Gelingen zum Wert bei Misslingen der Übernahme aus Sicht des Aktionärs j ∆WÜ+ Wertunterschied zwischen dem Wert ihrer Aktie bei Gelingen zum Wert bei Misslingen der Übernahme aus der Sicht des Übernehmers Ej individueller unsicherheitsadjustierter Barwert der aus einer Aktie resultierenden Einzahlungen aus Ausschüttungen aus der Sicht des Aktionärs j im Falle unveränderter Fortführung des Unternehmens EÜ individueller unsicherheitsadjustierter Barwert der aus einer Aktie resultierenden Einzahlungen aus Ausschüttungen aus der Sicht des Übernehmers im Falle unveränderter Fortführung des Unternehmens GP(a) Gesamtpreis einer Beteiligung von a Aktien GrP P Grenzpreis des Paketaktionärs für sein gesamtes Aktienpaket γ , γ′ Bezeichnungen für einen Winkel Symbolverzeichnis XXIII pn Wahrscheinlichkeit für den Zustand n P Preis pro Aktie P% j Erwartung des Aktionärs j für den Angebotspreis vor dessen Bekanntgabe opt PmR gewinnoptimaler Preis pro Aktie mit Regulierung (Grundmodell) opt P̂mR gewinnoptimaler Preis pro Aktie ohne Regulierung unter Einbeziehung der verlängerten Annahmefrist (Modellvariation) opt PoR gewinnoptimaler Preis pro Aktie ohne Regulierung PP Paketpreis pro Aktie Rj Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Aktionärs j durch Restrukturierung des Unternehmens bzw. Änderung der Geschäftspolitik durch das neue Management RÜ Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Übernehmers durch Restrukturierung des Unternehmens bzw. Änderung der Geschäftspolitik durch das neue Management. SÄ tj Sicherheitsäquivalent des Aktionärs j im Zeitpunkt t SYN INT j Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Aktionärs j durch das Zusammenwirken des übernommenen Unternehmens mit dem übernehmenden (interne Synergieeffekte) SYN INT Ü Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Übernehmers durch das Zusammenwirken des übernommenen Unternehmens mit dem übernehmenden (interne Synergieeffekte). XX Symbolverzeichnis XXIV SYN EXT Ü Wert der externen Synergieeffekte für den Übernehmer t Zeitpunkt TRANS j Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Aktionärs j durch den nicht ausgeglichenen Transfer von Zahlungen vom übernommenen Unternehmen zum übernehmenden und umgekehrt TRANSÜ Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Übernehmers durch den nicht ausgeglichenen Transfer von Zahlungen vom übernommenen Unternehmen zum übernehmenden und umgekehrt TRANSP Wert der durch den bisherigen Paketinhaber betriebenen Ausbeutung ÜG(a) Übernahmegewinn des Übernehmers in Abhängigkeit von der Anzahl gekaufter Aktien WÜIn Innerer Wert einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Übernehmers Wjt Wert einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Anlegers j im Zeitpunkt t Wj− Wert einer Aktie für Aktionär j bei Misslingen der Übernahme (nach Abschluss des Übernahmeversuchs) Wj+ Wert einer Aktie für Aktionär j bei Gelingen der Übernahme (nach Abschluss des Übernahmeversuchs) W t (a) Bewertungs- bzw. Angebotsfunktion der Zielgesellschaftsaktionäre in Abhängigkeit von der Anzahl der Aktien im Zeitpunkt t Symbolverzeichnis XXV W − (a) Bewertungsfunktion der Zielgesellschaftsaktionäre bei Misslingen der Übernahme (nach Abschluss des Übernahmeversuchs) W + (a) Bewertungsfunktion der Zielgesellschaftsaktionäre bei Gelingen der Übernahme (nach Abschluss des Übernahmeversuchs) WÜ (a) Bewertungsfunktion des Übernehmers (nach Abschluss des Übernahmeversuchs), durchschnittlicher Wert einer Aktie unter Einschluss von externen Effekten bei einer Beteiligung von a Aktien aus Sicht des Bieters WÜ (a) Bewertungsfunktion, welche die Maximalpreise pro Aktie angibt, die im Rahmen des Angebots nach Paketkauf bei einem Gesamterwerb von a Aktien gerade noch gezahlt werden dürfen, damit kein Verlust entsteht. XX XXVI Symbolverzeichnis A Einführung 2 Kapitel A Einführung 1 Einleitung 1 3 Einleitung Übernahmen börsennotierter Aktiengesellschaften, insbesondere wenn sie mittels öffentlicher Übernahmeangebote durchgeführt werden, genießen oftmals große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Die Wahrnehmung derartiger Vorgänge ist dabei vielfach durch eine irrationale Emotionalität geprägt, die auch in der Sprache ihren Niederschlag gefunden hat, indem z.B. von „Übernahmeschlachten“ und „feindlichen“ Übernahmen gesprochen wird, Bieter als „Raubritter“, „Raider“ oder „Haie“ und mit dem Management der „übernahmebedrohten“ Gesellschaft zusammenarbeitende Gegenbieter als „weiße Ritter“ bezeichnet werden.1 Selbst einige wissenschaftliche Autoren schüren offenbar latent vorhandene Ängste durch Warnungen vor dem „Übernahmegespenst“, das bis vor die deutsche Haustür komme, oder dem „Takeover-Virus“, für den ein Impfstoff gesucht werde.2 Diese Emotionalität ist zumindest teilweise dadurch erklärbar, dass regelmäßig eine große Anzahl von Personen durch einen Übernahmeversuch ökonomisch betroffen ist. Diese Betroffenheit kann sich in Form von Gewinnchancen, aber auch in Gefahren für das Vermögen der betrachteten Wirtschaftssubjekte äußern. Auf der Seite der Gesellschaft, auf die der Übernahmeversuch gerichtet ist (sog. Zielgesellschaft), können mehrere betroffene Personengruppen auftreten, etwa die Aktionäre, das Management, die sonstigen Angestellten sowie die Gläubiger, Lieferanten und Kunden, und zwar jeweils aktuelle und potenzielle. Je nach Einzelfall und Betrachtungsziel können noch weitere Unterteilungen notwendig sein oder andere Subjekte hinzutreten. Auf der Seite des Übernehmers können ebenfalls diese oder ähnliche Gruppen von Betroffenen auftreten. Daneben kann sich eine Übernahme auch auf solche Wirtschaftssubjekte auswirken, die nicht in der beschriebenen Weise mit der Zielgesellschaft oder dem Übernehmer verbunden sind, wie z.B. Konkurrenten oder auch der Staat durch hervorgerufene Steuerwirkungen. Von all diesen potenziell betroffenen Personen steht in der Diskussion um mögliche Gefahren durch einen Übernahmeversuch vor allem die Gruppe der Aktionäre der Zielgesellschaft im Vordergrund. Insbesondere zu Ihrem Schutz haben einige Staaten gesetzliche Regulierungen für Übernahmevorgänge erlassen.3 Andere Länder, allen voran Großbritannien, vertrauen auf eine freiwillige Selbstregulie- 1 Ein Glossar derartiger, oftmals sehr phantasievoller Begriffe bietet RÖHRICH (1992), S. 252 – 253. 2 So ASSMANN/BOZENHARDT (1990), S. 4 und 5. 3 So haben z.B. Österreich, Italien, Belgien und Tschechien Übernahmegesetze. 3 4 Kapitel A Einführung rung.1 Nachdem auch die Bundesrepublik Deutschland mit dem Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission zunächst ebenfalls den Weg der freiwilligen Selbstregulierung beschritten hatte, gilt seit dem 1. Januar 2002 das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz. Hierdurch wurden gesetzliche Rahmenbedingungen für Übernahmevorgänge geschaffen und öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren einer umfassenden Regelung unterworfen. Mit jeder Regulierung wird mehr oder weniger stark in die Handlungsfreiheit der jeweils Betroffenen eingegriffen. Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz legt vor allem demjenigen, der mittels eines öffentlichen Angebotes eine börsennotierte Aktiengesellschaft übernehmen will, umfangreiche Informations- und Meldepflichten sowie weitreichende Beschränkungen bezüglich der Ausgestaltung des Angebots auf, insbesondere die Pflicht zu einem auf alle Aktien der Gesellschaft gerichteten Vollangebot mit bestimmten Mindestpreisen. Als weitere elementare Regelung enthält das Gesetz eine Verpflichtung für denjenigen, der auf anderem Weg als durch ein Übernahmeangebot eine Beteiligung von über 30 % der Stimmrechte an einer Gesellschaft erwirbt, ein öffentliches Angebot zum Erwerb aller restlichen Aktien abzugeben (sog. Pflichtangebot), wobei dieses Angebot weitgehend den gleichen Regeln unterliegt wie ein Übernahmeangebot.2 Ein wesentliches Ziel, das mit diesen Regeln verfolgt wird, ist der Schutz der Minderheitsaktionäre einer Gesellschaft, die sich nach einer Übernahme erstmals einem kontrollierenden Großaktionär oder – falls es bereits vor der Übernahme einen solchen gegeben hat – einem neuen Kontrollinhaber gegenüber sehen.3 Das Schutzbedürfnis resultiert aus dem beherrschenden Einfluss auf die Geschäftspolitik, den eine kontrollierende Beteiligung ihrem Inhaber vermittelt. Dieser ermöglicht es dem Großaktionär u.U., sich auf Kosten der Minderheitsaktionäre Sondervorteile zu verschaffen. Insbesondere, wenn der Übernehmer noch anderweitig unternehmerisch tätig ist bzw. wenn es sich beim Übernehmer selbst um ein Unternehmen handelt, ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, Werte von einer übernommenen Gesellschaft direkt an den Übernehmer zu transferieren. Die deutsche Rechtsordnung versuchte bereits vor Inkrafttreten des Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetzes, diesem Problem der Ausbeutung der Minderheitsaktionäre abhängiger Gesellschaften durch ein im Aktienrecht verankertes konzernrechtliches Schutzsystem entgegenzutreten. Nach STÜTZEL ist die Geschichte des 1 Der in Großbritannien gültige „City Code on Takeovers and Mergers“ ist ein Verhaltenskodex (code of practice), den sich die mit Übernahmeangeboten befassten Finanzdienstleister und Aufsichtsorgane selbst gegeben haben. Inhaltlich gilt er als Vorbild für viele der europäischen Regulierungen. Vgl. zum City Code z.B. PRENTICE (1992), KRAUSE (1996a), S. 42 – 92; DEFRIEZ (1999); HEINRICH (2002). 2 Eine ausführliche Darstellung der Regulierung erfolgt in Kapitel C. 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 28, 34, 60. Zu den Zielen vgl. näher Abschnitt C 3. 1 Einleitung 5 Aktienwesens die Geschichte immer wieder neuer Versuche einzelner Beteiligter, irgendwelche der angedeuteten Bereicherungschancen wahrzunehmen, die Geschichte des Aktienrechts aber die Geschichte stets neuer Versuche, die Wahrnehmung solcher Bereicherungschancen zu verhindern.1 Gerade in den letzten Jahren vor Einführung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes entzündete sich jedoch zunehmend Kritik an diesem Schutzsystem. So hat sich zuletzt die Auffassung durchgesetzt, dass der konzernrechtliche Schutz nicht vollständig in der Lage ist, Vermögensverlagerungen von der abhängigen Gesellschaft hin zu einem kontrollierenden Unternehmen zu verhindern.2 Als ergänzender Schutzmechanismus soll daher die Pflichtangebotsregelung bzw. die Vollangebotspflicht bei Übernahmeangeboten bereits zum Zeitpunkt der Begründung einer Kontrollstellung eingreifen. Den Aktionären soll dadurch ermöglicht werden, zwischen dem Verbleiben als Minderheitsaktionäre in der abhängigen Gesellschaft und dem Ausscheiden gegen eine angemessene Abfindung zu wählen. Um diese Angemessenheit der Gegenleistung zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber bestimmte Mindestpreisregeln aufgestellt. Aus der beschriebenen Möglichkeit der Ausbeutung von Minderheitsaktionären resultieren bei Übernahmen weitere Gefahren für die Aktionäre der Zielgesellschaft: Ist nach einer erfolgreichen Übernahme zu erwarten, dass der Übernehmer die Gesellschaft in der beschriebenen Weise ausbeutet, könnten sich die Aktionäre der Zielgesellschaft gezwungen sehen, ihre Aktien auch unterhalb ihres Wertes bei Unabhängigkeit abzugeben, um damit der nachteiligen Position eines Minderheitsaktionärs zu entgehen. Dadurch kann ein Druck auf die Aktionäre entstehen, bei einem Übernahmeangebot ihre Aktien „zu billig“ abzugeben. Diese Situation wird in der Literatur oftmals mit dem aus der Spieltheorie bekannten Gefangenendilemma verglichen.3 Die Zielvorstellung, die der Gesetzgeber mit der Regulierung von Übernahmevorgängen verbindet, besteht darin, dass die Aktionäre der Zielgesellschaft ohne Druck und auf der Grundlage umfassender Information über ein Übernahmeangebot entscheiden können. Diesem Zweck dienen neben den Vorschriften zur Ausgestaltung des Angebots auch die dem Bieter auferlegten umfangreichen Veröffentlichungs- und Meldepflichten.4 Die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre soll 1 Vgl. STÜTZEL (1960), S. 947. 2 Vgl. z.B. PRANTL (1994), S. 65 – 148; KRAUSE (1996b), S. 897 –898; HOPT (1997), S. 387 – 388; BENNER/HEINACHER (1997), S. 2521; MUNSCHECK (1999), S. 59 – 117; HOUBEN (2000), S. 1875 – 1876. 3 Vgl. z.B. z.B. COFFEE (1984), S. 1169; ASSMANN/BOZENHARDT (1990), S. 11 – 12; RÖHRICH (1992); S. 84 – 85; PRANTL (1994), S. 160. Hierzu ausführlich Abschnitt D 3.3.3. 4 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 28. 5 6 Kapitel A Einführung grundsätzlich auch nicht dadurch eingeschränkt werden, dass das Management der Zielgesellschaft eigenmächtig Handlungen zur Verhinderung des Erfolgs des Übernahmeversuchs einleitet. Aus diesem Grund enthält das Gesetz eine Neutralitätsverpflichtung für die Organe der Zielgesellschaft, die allerdings durch eine Reihe von Ausnahmen teilweise durchbrochen wird.1 Bereits aus dieser kurzen Benennung einzelner Regelungsbereiche wird deutlich, dass sich das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz auf der Schnittstelle zwischen Kapitalmarktrecht und Aktienkonzernrecht befindet.2 Der geschaffene Rechtsrahmen soll ausweislich der Gesetzesbegründung Leitlinien für ein faires und geordnetes Angebotsverfahren schaffen, ohne Unternehmensübernahmen zu fördern oder zu verhindern.3 Die gesetzliche Regulierung greift dabei – wie noch näher darzustellen sein wird – recht umfangreich in die Privatautonomie ein und beschränkt vor allem den Bieter in seiner Handlungsfreiheit. Gerechtfertigt wird dieser Eingriff vor allem mit dem Schutzbedürfnis der Aktionäre der Zielgesellschaft. Dies stellt das Spannungsfeld dar, das durch diese Arbeit näher beleuchtet werden soll. 1 Vgl. dazu Abschnitt C 7. 2 Vgl. BERDING (2002), S. 1149 – 1150; STEINMEYER /HÄGER (2002), S. 77. 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 28. 2 Zielsetzung und Abgrenzung 2 7 Zielsetzung und Abgrenzung Ziel dieser Arbeit ist die Analyse der Wirkungen der Regulierung von Übernahmevorgängen durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz auf die ökonomische Betroffenheit des Übernehmers und der Zielgesellschaftsaktionäre bei Übernahmen börsennotierter Aktiengesellschaften. Sonstige Betroffene werden nicht betrachtet. Einen besonderen Schwerpunkt der Untersuchung stellt dabei der Schutz der Minderheitsaktionäre der Zielgesellschaft dar. Die Analyse erfolgt auf einzelwirtschaftlicher Betrachtungsebene, gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeitsüberlegungen werden nicht vorgenommen. Es wird nicht der Anspruch erhoben, die Wirkungen des gesamten Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes auf die genannten Personen vollständig zu behandeln. Angesichts der Vielfalt der in dem Gesetz enthaltenen Vorschriften würde dies den für diese Arbeit vorgesehenen Rahmen bei Weitem sprengen. Insofern erfolgt eine Begrenzung auf den Teilbereich der Regulierung, der sich auf die Ausgestaltung von Übernahmeangeboten und auf Pflichtangebote bezieht. Zu diesem Zweck soll ein in sich geschlossenes Modell entwickelt werden, welches die Untersuchung des Übernahmeprozesses ermöglicht. Anhand dieses Modells sollen die Kalküle der betrachteten Personen analysiert und der Einfluss der gesetzlichen Regulierung auf diese Kalküle aufzeigt werden. Trotz dieser Elemente präskriptiver Theorie ist das Erkenntnisziel der Modellierung eher deskriptiver Art. Aus dem Zusammenwirken der jeweiligen Optimalkalküle sollen die Wirkungen auf das Vermögen der einzelnen Wirtschaftssubjekte hergeleitet werden. Es sollen lediglich die bestehenden Regelungen untersucht werden. Dies beinhaltet auch eine wertende Stellungnahme zu den Ergebnissen der modelltheoretischen Analyse. Damit sollen auch Schwächen der derzeitigen Regulierung aufgezeigt werden. Kein ausdrückliches Ziel der Untersuchung ist jedoch die Erarbeitung eines Alternativvorschlags zur bestehenden gesetzlichen Regelung. Aus den erkannten Schwächen werden allerdings zumindest einige Ansatzpunkte zur Verbesserung abgeleitet, die einen Anstoß für die weitere Diskussion um die mögliche Fortentwicklung des Gesetzes geben können. Die Arbeit ist dem Gebiet der ökonomischen Analyse des Rechts zuzuordnen. Zu diesem Zweck ist es zwar unerlässlich, die zu analysierenden gesetzlichen Regelungen zunächst darzustellen; eine ausführliche Diskussion von primär juristischen Streitfragen soll dabei jedoch nicht erfolgen. 7 Kapitel A 8 3 Einführung Gang der Arbeit Im nachfolgenden Kapitel B werden die Grundlagen für die weitere Analyse gelegt. Es werden wichtige Begriffe im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten definiert und systematisiert. Der Schwerpunkt des Kapitels liegt in der Erarbeitung von Gestaltungsfeldern für öffentliche Angebote. Dabei wird in diesem Kapitel zunächst noch von dem durch die Regulierung gegebenen institutionellen Rahmen abstrahiert. Den Gestaltungsfeldern werden Ausgestaltungsmöglichkeiten zugeordnet, die sich ergeben, wenn keine Regulierung existiert. Die Kenntnis dieser Gestaltungsparameter stellt eine wichtige Voraussetzung für das Verständnis der gesetzlichen Einschränkungen dar. Außerdem wird ein knapper Überblick über die in der Literatur geführte Diskussion um die Regulierung von Übernahmevorgängen gegeben. Im Kapitel C wird dann die gesetzliche Regulierung dargestellt. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die Konzeption des Gesetzes und die Stellung der Regeln zu öffentlichen Angeboten innerhalb dieser Konzeption deutlich werden. Der Schwerpunkt liegt auch in diesem Kapitel auf dem Komplex der Ausgestaltung von Angeboten. Aufbauend auf der in Kapitel B erarbeiteten Systematik von Gestaltungsfeldern wird aufgezeigt, welche der ohne Regulierung denkbaren Ausgestaltungsmöglichkeiten nun durch die gesetzliche Regulierung nicht mehr erlaubt sind. Daneben wird aber auch der übrige materielle Regelungsgehalt des Gesetzes zumindest im Überblick vorgestellt. Erst dies ermöglicht die Einordnung des Ausschnitts, der anschließend der modelltheoretischen Analyse unterzogen wird. Die modelltheoretische Analyse beginnt in Kapitel D mit der Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens zur Untersuchung des Übernahmeprozesses. Ausgehend von den Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle der Beteiligten wird ein einfaches Grundmodell entwickelt, das der weiteren Untersuchung zu Grunde gelegt wird. In diesem Modell wird anschließend in Kapitel E die eigentliche modelltheoretische Analyse vorgenommen. Zunächst werden die zu untersuchenden Szenarien und die Vergleichssituationen ohne und mit Regulierung definiert. Dabei muss sich die in der Modellierung abzubildende Regulierung zwangsläufig auf eine Auswahl der vielfältigen Vorschriften beschränken. Es wird jedoch versucht, den Kern der gesetzlichen Regelungen abzubilden. Als solcher werden die Pflichtangebotsregelung, die Ausgestaltung eines Übernahmeangebots als Vollangebot sowie die Mindestpreisregeln für diese beiden Angebotsarten angesehen. Anschließend werden die ökonomischen Betroffenheiten der betrachteten Akteure in den jeweiligen Vergleichssituationen hergeleitet und dann einander gegenübergestellt, um daraus die Wirkung der Regulierung zu ermitteln. 3 Gang der Arbeit 9 Das entwickelte Grundmodell wurde bewusst so allgemein formuliert, dass es leicht modifiziert werden kann, um es mit weniger strengen Annahmen weiter der Realität anzunähern oder weitere Elemente der Regulierung in die Untersuchung mit einzubeziehen. Dies wird in Kapitel F zum Abschluss der Analyse exemplarisch gezeigt. Es wird aus dem Grundmodell eine Variation abgeleitet, die die verlängerte Annahmefrist (sog. Zaunkönigregelung) in die Untersuchung mit einbezieht. Die Analyse baut auf den Ergebnissen des Grundmodells auf und kann daher in verkürzter Form erfolgen. Bereits die Kapitel E und F enden jeweils mit einer Wertung der ermittelten Modellergebnisse. In Kapitel G werden abschließend einige Überlegungen dazu angestellt, welche Ansatzpunkte zur Verbesserung der gesetzlichen Regelung daraus abgeleitet werden können. 9 10 Kapitel A Einführung B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten 12 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten 1 Vorbemerkung 1 13 Vorbemerkung In diesem Kapitel B sollen einige wichtige Grundlagen für die weitere Analyse gelegt werden. Zunächst wird definitorisch geklärt, was unter der Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft zu verstehen ist. Dazu wird in einem ersten Schritt von einer allgemeinen Definition von Unternehmensübernahmen ausgegangen, die dann im zweiten Schritt zu der im weiteren Verlauf der Arbeit zu Grunde gelegten Definition spezifiziert wird. Des Weiteren soll in den Abschnitten 3 und 4 der Versuch unternommen werden, die in der Literatur vielfach recht unsortiert beschriebenen Erscheinungsformen von Übernahmen und öffentlichen Angeboten in eine geordnete Systematik einzubetten, um damit dem Leser die institutionellen Grundlagen für das Verständnis der nachfolgenden Untersuchung zu vermitteln. Der Schwerpunkt des Kapitels B liegt entsprechend der Themenstellung dieser Arbeit bei der Beschreibung der Ausgestaltungsmöglichkeiten von Übernahmeangeboten. Dabei wird in diesem Kapitel noch von dem durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz vorgegebenen gesetzlichen Rahmen abstrahiert. Damit soll aufgezeigt werden, welche Gestaltungsfelder und Wahlparameter ein Übernehmer bei der Abgabe eines öffentlichen Angebots hat, wenn er nicht durch eine Regulierung eingeschränkt wird. Dies ermöglicht erst die Beurteilung der später noch darzustellenden gesetzlichen Beschränkungen durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz. Schließlich wird ein kurzer Überblick über die Diskussion um die Regulierung von Übernahmevorgängen in der Literatur gegeben. Dies soll das Verständnis für die beabsichtigten Wirkungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes fördern und die Einordnung der im weiteren Verlauf der Arbeit hergeleiteten Analyseergebnisse erleichtern. 13 14 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten 2 Definitionen 2.1 Allgemeine Definition: Unternehmensübernahme Eine Unternehmensübernahme soll definiert werden als das Erlangen von Kontrolle über ein Unternehmen. Damit ist freilich der Begriff noch nicht hinreichend geklärt, das Definitionsproblem ist zunächst nur auf eine andere Ebene verlagert. Sowohl der Begriff des Unternehmens wie auch der der Kontrolle bedürfen der näheren Präzisierung. Objekt einer Übernahme ist ein Unternehmen. In Anlehnung an die klassische Begriffsauffassung nach GUTENBERG soll unter einem Unternehmen oder einer Unternehmung1 die marktwirtschaftliche Ausprägung eines Betriebes verstanden werden.2 Als Betrieb wird eine Wirtschaftseinheit bezeichnet, die • durch Kombination der Elementarfaktoren • unter Leitung des dispositiven Faktors in planmäßig organisierter Weise • regelmäßig • unter Beachtung des ökonomischen Prinzips, • über den Eigenbedarf hinaus • die Gewinnung, Erstellung, Bereitstellung oder Verteilung von Gütern oder Dienstleistungen betreibt.3 Diese Merkmale werden von GUTENBERG auch als systemindifferente Tatbestände bezeichnet, da sie vom jeweils gegebenen Wirtschaftssystem unabhängig sind. Daneben wird der Betrieb jedoch noch durch solche Tatbestände beeinflusst, die sich aus einem empirisch gegebenen Wirtschaftssystem ergeben, den sog. systembezogenen Tatbeständen.4 Als solche sind in einem marktwirtschaftlichen System in Anlehnung an BITZ insbesondere zu nennen:5 1 Beide Begriffe werden im Rahmen dieser Arbeit synonym verwendet. 2 Vgl. GUTENBERG (1975), S. 192; WÖHE (2002); S. 6; KÜBLER (1996), S. 6; BITZ (2003a), S. 15. 3 Vgl. BITZ (2003a), S. 10. 4 Vgl. GUTENBERG (1975), S. 189 – 190. 5 Vgl. BITZ (2003a), S. 11 – 14. 2 Definitionen 15 • Autonomie: Der Betrieb ist frei in der Festlegung seiner Ziele und der zu verfolgenden Geschäftspolitik (Interne Autonomie). Daneben erfolgt der finanzielle und leistungsmäßige Verkehr mit anderen Wirtschaftseinheiten grundsätzlich nach dem Prinzip der freien Vereinbarung von Leistung und Gegenleistung (Externe Autonomie). • Privateigentum: Die Verfügungsgewalt über den Betrieb steht den privaten Eigentümern zu. Diese können sie entweder unmittelbar selbst ausüben oder sich hierzu angestellter Geschäftsführer bedienen. • Finanzielles Gleichgewicht:1 Als Minimalvoraussetzung für das eigene Weiterbestehen muss der Betrieb jederzeit in der Lage sein, seine fälligen Auszahlungsverpflichtungen zu erfüllen (Finanzielles Gleichgewicht im engeren Sinne). Langfristig muss der Betrieb daneben in der Lage sein, ohne Gefährdung der zukünftigen Zahlungsfähigkeit weitere zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit notwendige Auszahlungsverpflichtungen einzugehen (Finanzielles Gleichgewicht im weiteren Sinne). Als weiteres Merkmal wird im Schrifttum vielfach das erwerbswirtschaftliche Prinzip genannt. Hierunter wird üblicherweise das Bestreben verstanden, die Leistungserstellung und -verwertung so auszugestalten, dass der Gewinn maximiert wird (Prinzip der Gewinnmaximierung).2 Da die autonome Festlegung der Zielgröße oben als konstitutives Merkmal eines marktwirtschaftlichen Betriebes definiert wurde, soll hier allgemeiner vom Prinzip der Zielgrößenoptimierung ausgegangen werden, wobei die Festlegung der konkreten Zielgröße(n) individuell erfolgen kann. Zu beachten sind allerdings ggf. Nebenbedingungen, die sich etwa aus der Rechtsordnung oder dem Prinzip des finanziellen Gleichgewichts ergeben. Ein Unternehmen ist demnach ein autonomer, in Privatbesitz befindlicher Betrieb, der unter Bestreben der Einhaltung des finanziellen Gleichgewichts und ggf. anderer Bedingungen eine autonom festgelegte Zielgröße optimiert. Ein Unternehmen wird übernommen, wenn jemand die Kontrolle darüber erlangt. Hierunter soll die Befugnis zur Festlegung der Ziele und Bestimmung der Geschäftspolitik verstanden werden. Aus den Prinzipien der Autonomie und des Pri- 1 Das finanzielle Gleichgewicht wird in der Literatur verbreitet auch den systemindifferenten Tatbeständen zugeordnet, so auch bei GUTENBERG selbst, vgl GUTENBERG (1975), S. 189; ihm folgend z.B. WÖHE (2002), S. 5. Eine Diskussion über die Zweckmäßigkeit der Zuordnung soll hier unterbleiben, da die Einordnung als systembezogen oder systemindifferent für diese Untersuchung unerheblich ist. Vgl. zur Frage der Zuordnung BITZ (2003a), S. 13 – 14. 2 Vgl. z.B. WÖHE (2002), S. 6; KÜBLER (1996), S. 6; zum erwerbswirtschaftlichen Prinzip grundlegend GUTENBERG (1976), S. 464 – 471. 15 16 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten vateigentums ergibt sich, dass die Kontrolle den Eigentümern zusteht. Zwar können sich die Eigentümer angestellter Geschäftsführer bedienen, die unter Umständen sehr frei über die Unternehmensressourcen bestimmen können, dennoch ist die Kontrolle, die von diesen Personen ausgeübt wird, nur derivativer Natur. Es wird hier insofern auf die originäre Kontrolle, die durch das Eigentum am Unternehmen vermittelt wird, abgestellt. Für den Erwerb des Eigentums an einem Unternehmen sind grundsätzlich zwei juristische Wege gangbar. Zum einen kann der Eigentumsübergang durch Einzelübertragung aller Vermögensgegenstände und Schulden erfolgen.1 Diese Möglichkeit des Erwerbs wird in der Literatur auch als asset-deal bezeichnet.2 Daneben besteht die Möglichkeit, Beteiligungsrechte an dem Rechtsträger des Unternehmens zu erwerben. Das Unternehmen ist im deutschen Rechtssystem nicht selbstständig rechtsfähig, kann also nicht selbst Träger von Rechten und Pflichten sein. Es bedarf hierfür eines Rechtsträgers, der Inhaber aller Vermögensgegenstände und Träger aller im Unternehmen begründeten Verpflichtungen ist. Rechtsträger können insbesondere Kapitalgesellschaften, aber auch Personengesellschaften sein. Für diese Form der Übertragung hat sich der Begriff sharedeal eingebürgert.3 Im Gegensatz zum asset-deal, bei dem das Eigentum an den einzelnen Vermögensgegenständen wechselt, bleibt der Eigentümer an diesen Gegenständen beim share-deal also unverändert, nämlich beim Unternehmensträger. Lediglich die Eigentumsverhältnisse bezüglich des Unternehmensträgers ändern sich. Damit eine Übernahme vorliegt, müssen die mit der Beteiligung am Träger verbundenen Rechte allerdings ausreichen, um sich bei Interessendivergenzen gegen die anderen Miteigentümer durchzusetzen. 1 Vgl. PETERSEN (1994), S. 17; FREI (1996), S. 7 – 8. 2 Vgl. z.Β. KÜBLER (1996), S. 10 – 12; STRASSER (2000), S. 5, LUCKS/MECKL (2002),S. 27 – 28; WIESBROCK (2002), S. 2311. 3 Vgl. PICOT (1998), S. 27; LUCKS/MECKL (2002), S.- 27 – 28; WIESBROCK (2002), S. 2312. 2 Definitionen 2.2 17 Spezielle Definition: Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft Diese Arbeit beschränkt sich auf die Untersuchung von Übernahmen börsennotierter Aktiengesellschaften. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft stellt einen besonderen juristischen Regelungsrahmen dar, in dem eine Unternehmung betrieben werden kann. Dieser zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Gesellschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, dass für ihre Verbindlichkeiten nur das Gesellschaftsvermögen haftet und sich die Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter aus ihrem Anteil an dem in Aktien zerlegten Grundkapital ergeben.1 Die Aktiengesellschaft ist als juristische Person Eigentümerin des Gesellschaftsvermögens und Subjekt der sie betreffenden Rechte und Pflichten.2 Börsennotiert ist sie dann, wenn ihre Aktien an einem organisierten Markt gehandelt werden. Als organisierte Märkte sollen in Deutschland in Übereinstimmung mit der Begriffsabgrenzung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes der amtliche Handel und der geregelte Markt inkl. der Märkte bezeichnet werden, bei denen die Zulassung im geregelten Markt erfolgt, der Handel jedoch im Freiverkehr im Sinne des § 78 Börsengesetz stattfindet.3 Grundsätzlich kann auch ein in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betriebenes Unternehmen mittels Einzelübertragung der Vermögensgegenstände übernommen werden. Da diese Arbeit sich mit der Analyse des Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetzes beschäftigt und hierin ausschließlich die Übernahme mittels Beteiligungserwerb behandelt wird,4 soll die Übernahme mittels sog. asset-deal jedoch ausdrücklich aus der Betrachtung ausgeschlossen werden. Bei einer Übernahme einer Aktiengesellschaft mittels Beteiligungserwerb5 stellt sich die Frage, wie hoch die quotale Beteiligung sein muss, damit ihr Inhaber die Kontrolle über die Gesellschaft erlangt. Da mit verschieden hohen Beteiligungsquoten ein jeweils unterschiedlicher Umfang von Einflussmöglichkeiten einhergeht, sind grundsätzlich verschiedene Abstufungen denkbar. In der Literatur werden als Kontrollquoten etwa 1 Vgl. § 1 AktG. 2 Vgl. SCHMIDT (1997), S. 765; EISENHARDT (1999), S. 267. 3 Vgl. § 2 Abs. 7 WpÜG sowie BUNDESREGIERUNG (2001), S. 34. Vgl. hierzu auch Teil C 4.2. 4 Vgl. § 1 WpÜG. 5 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird entsprechend der vorgenommenen Eingrenzung nur noch von Übernahme gesprochen. 17 Kapitel B 18 Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten • die hundertprozentige Beteiligung, • die Eingliederungsbeteiligung (³ 95 %), • die Dreiviertelmehrheit (³ 75 %), • die Mehrheitsbeteiligung (> 50 %) oder • die Sperrminorität (> 25 %) genannt.1 Die genannten Quoten stellen aktienrechtlich fixierte Grenzen dar, die für bestimmte wesentliche Entscheidungen der Hauptversammlung mindestens notwendig sind. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es für eine Reihe von Entscheidungen bereits genügt, wenn der genannte Prozentsatz am bei der Beschlussfassung vertretenen Kapital erreicht wird, sodass im Einzelfall auch schon ein geringerer Anteil am gesamten Grundkapital ausreicht, um eine geplante Maßnahme durchzusetzen. So eröffnet z.B. eine Mehrheit von ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals die Möglichkeit des Abschlusses eines Beherrschungsvertrages, mit dem die Aktiengesellschaft einem anderen Unternehmen weisungsgebunden unterstellt wird.2 Die einfache Mehrheit in der Hauptversammlung ermöglicht u.a. die Besetzung des Aufsichtsrates,3 welcher wiederum den Vorstand bestellt.4 Daneben ist zu berücksichtigen, dass für zahlreiche Hauptversammlungsentscheidungen in der Satzung abweichende Kapitalmehrheiten bestimmt werden können. Das Vorliegen von Kontrolle stellt im betrachteten Fall also keinen binären Zustand dar, sondern ein Kontinuum an mehr oder minder starken Einflussmöglichkeiten des Kontrollinhabers. Insofern ergeben sich zwei gedanklich zu trennende Problembereiche: • Zunächst ist die Kontrollintensität festzulegen, die mindestens vorliegen muss. Hierunter soll der Umfang oder Grad der Beeinflussungsmöglichkeiten verstanden werden, bei deren Vorliegen von Kontrolle gesprochen werden soll. Die Kontrollintensität konkretisiert sich in einem Anteil an dem in einer Hauptversammlung vertretenen Kapital. 1 Vgl. EISENHOFER (1970), S. 12; KÜTING (1979), S. 1120; SCHUBERT/KÜTING (1981) (1981), S. 245 – 247; LUCKS/MECKL (2002), S. 26 – 27. 2 Vgl. § 293 Abs. 1 AktG. 3 Vgl. §§ 101 Abs. 1 i.V.m. § 133 AktG. Es besteht allerdings die Möglichkeit, in der Satzung einen höheren Prozentsatz festzulegen. 4 Vgl. § 84 Abs. 1 AktG. 2 Definitionen • 19 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, bei welchem Anteil am Grundkapital davon ausgegangen werden kann, dass der Stimmenanteil in der Hauptversammlung groß genug ist, um die gewählte Kontrollintensität zu erreichen. Die Lösung für beide Problembereiche ist vom Zweck der Betrachtung abhängig. Bezüglich der Kontrollintensität können zwei grundsätzliche Sichtweisen unterschieden werden: • Die Kontrollintensität kann einerseits an den Zielen des Übernehmers ausgerichtet sein. Diese Betrachtungsweise stellt allein auf die individuellen Absichten des Übernehmers ab.1 • Andererseits wird vielfach versucht, eine allgemeingültige Intensität festzulegen, bei der Kontrolle in allen denkbaren Fällen vorliegen soll. Als solche wird häufig die Kontrollintensität angesehen, die durch eine Hauptversammlungsmehrheit vermittelt wird.2 Dies ist insofern nahe liegend, da diese Beteiligungshöhe insbesondere durch eine Neubesetzung des Vorstands die Bestimmung der laufenden Geschäftsführung ermöglicht. Selbst wenn (zunächst) keine personelle Neubesetzung erfolgt, dürfte das allein mit der Möglichkeit verbundene Drohpotential in vielen Fällen bereits ausreichen, um auch den bestehenden Vorstand entsprechend beeinflussen zu können. Die Festlegung der Quote am Grundkapital ergibt sich im zweiten Schritt bei festgelegter Kontrollintensität als Ergebnis einer Prognose über die Präsenz kommender Hauptversammlungen. Eine solche Prognose kann immer nur subjektiv vorgenommen werden.3 Dennoch können auch hier zwei unterschiedliche Herangehensweisen unterschieden werden: • Die Prognose kann für einen konkreten Einzelfall vorgenommen werden und dessen individuelle Gegebenheiten berücksichtigen. • Alternativ dazu kann versucht werden, eine für alle Fälle gültige Quote am Grundkapital zu finden, bei der typischerweise die festgelegte Kontrollintensität erreicht wird. 1 So z.B. KLUG (2001), S. 39. 2 Vgl. z.B. WATTER (1990), S. 29; STRASSER (2000), S. 5. 3 Im Rahmen dieser Arbeit soll allerdings auf die prinzipiell weiterhin denkbare Unterscheidung nach unterschiedlichen Einschätzungen künftiger Hauptversammlungspräsenzen aus der Sicht verschiedener Bewerter verzichtet werden. 19 20 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Aus der Kombination der beiden grundsätzlichen Ausprägungen der Lösungsansätze für die dargestellten beiden Problembereiche ergeben sich vier idealtypische Möglichkeiten zur Bestimmung der Kontrollquote. Welche Vorgehensweise sinnvoll ist, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden, sondern ist vom Zweck der Untersuchung abhängig. Im Rahmen dieser Arbeit werden u.a. Bewertungskalküle sowohl aus der Sicht des Übernehmers als auch aus der Perspektive der Aktionäre der Zielgesellschaft eine wesentliche Rolle spielen.1 Die Bewertung ist dabei abhängig vom Erreichen des Mindeststimmrechtsanteils, welcher die Einleitung vom Übernehmer geplanter Maßnahmen ermöglicht. Daher soll im Rahmen dieser Untersuchung für beide Problembereiche eine individuelle Betrachtungsweise zu Grunde gelegt und wie folgt definiert werden: Als Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft wird der Erwerb eines von den Zielen des Erwerbers abhängigen Mindeststimmrechtsanteils am Grundkapital eines Unternehmens (Zielstimmrechtsquote) bezeichnet, dessen Aktien an einem organisierten Markt gehandelt werden. Es sei an dieser Stelle schon vorab darauf hingewiesen, dass das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Kontrolle abweichend von der obigen in doppeltem Sinne individuellen Bestimmung einer Zielstimmrechtsquote allgemeingültig als das Halten von 30 % am Grundkapital definiert.2 Begründet wird dies u.a. damit, dass bei dieser Beteiligungsquote unter Berücksichtigung der üblichen Hauptversammlungspräsenzen börsennotierter deutscher Unternehmen in den meisten Fällen eine Hauptversammlungsmehrheit bestehe.3 Als ausschlaggebende Kontrollintensität wird also offenbar für alle denkbaren Fälle diejenige angesehen, die durch eine Hauptversammlungsmehrheit vermittelt wird, und auch die Umsetzung der Kontrollintensität in eine Quote am Grundkapital erfolgt durch eine Pauschalbetrachtung.4 Die im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung individuell definierte Zielstimmrechtsquote des Übernehmers kann (zufällig) mit dem gesetzlich bestimmten Anteil von 30 % übereinstimmen, muss es jedoch keinesfalls. Dies macht eine begriffliche Differenzierung notwendig. Wenn im Rahmen dieser Arbeit daher von Kontrolle oder Übernahme im Sinne des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes die Rede sein soll, so wird dies ausdrücklich hervorgehoben, andernfalls wird auf die individuelle Mindestquote aus Erwerbersicht abgestellt. 1 Vgl. Teile D und E. 2 Vgl. § 29 Abs. 2 WpÜG. 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 53. 4 Vgl. hierzu ausführlich Abschnitt C 4.3. 3 Erscheinungsformen von Übernahmen 3 Erscheinungsformen von Übernahmen 3.1 Überblick 21 In der Literatur finden sich zahlreiche Systematisierungen verschiedener Arten von Übernahmen.1 Diese Darstellungen sind jedoch häufig relativ unbefriedigend, da in der Regel nicht hinreichend klar wird, nach welchen Kriterien die Unterscheidung erfolgt. Zudem werden vielfach Ausprägungen einander gegenübergestellt, die sich auf völlig unterschiedliche Klassifikationskriterien beziehen. Zur begrifflichen Erschließung des Phänomens der Übernahme börsennotierter Aktiengesellschaften, und um dem Leser die Einordnung der im weiteren Verlauf der Arbeit getroffenen Aussagen zu erleichtern, soll daher an dieser Stelle eine Systematisierung nach ausgewählten Kriterien erfolgen. Die beschriebenen Merkmalsausprägungen stellen dabei oftmals keine einander ausschließenden Alternativen dar, sondern idealtypische Erscheinungsformen, zwischen denen ein Kontinuum aus Zwischen- oder Mischerscheinungen besteht, die in der Realität vorkommen können. Die Auswahl der Klassifikationskriterien erfolgte im Hinblick auf das Thema dieser Arbeit und den weiteren Gang der Untersuchung. Sie könnte leicht um weitere Merkmale verlängert werden und ist keinesfalls als abschließende Aufzählung zu verstehen. Es wird im Einzelnen systematisiert nach • der Technik des Beteiligungserwerbs, • der Art der Gegenleistung, • der Art der Finanzierung und • der Einstellung des Managements der Zielgesellschaft. In diese Systematik werden zugleich verschiedene in der Literatur beschriebene Arten von Übernahmen eingeordnet. 1 Vgl. z.B. HOFFMANN/RAMKE (1992), S. 20 – 30; SCHMUSCH (1998), S. 9 – 15; JANSEN (2000), S. 35 – 60; LUCKS/MECKL (2002), S. 23 – 29. 21 22 3.2 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Technik des Beteiligungserwerbs Hinsichtlich der Technik des Beteiligungserwerbs an einer börsennotierten Aktiengesellschaft kann zunächst danach differenziert werden, ob die Aktien an der Börse oder außerbörslich erworben werden. Für den Fall des außerbörslichen Erwerbs wird zwischen individuell ausgehandelten Käufen und öffentlichen (Übernahme-)Angeboten unterschieden.1 Beteiligungserwerb an der Börse Individualvereinbarung außerbörslich Öffentliches Angebot Abb. B 1 Systematisierung von Formen des Beteiligungserwerbs (Quelle: HÖRNIG (1985), S. 31) • Der Beteiligungserwerb im Rahmen des Börsenhandels setzt ein entsprechendes Angebot von Aktien an den Wertpapierbörsen voraus.2 Da die im üblichen Verkehr börsentäglich umgesetzten Aktien nur einen geringen Bruchteil des gesamten Aktienbestandes ausmachen, wird man davon ausgehen können, dass der Aufbau einer größeren Beteiligung nur über einen längeren Zeitraum möglich ist.3 Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der Erwerb stillschweigend erfolgen soll.4 So wird in der möglichen Geheimhaltung der Erwerbsabsicht bei gleichzeitigem sukzessiven Erwerb häufig ein Mittel zur Bewältigung von möglichen Widerständen gegen die 1 Vgl. SCHIERENBECK (1975), S. 357 – 361; KÜTING (1979), S. 1121; HÖRNIG (1985), S. 31. 2 Vgl. KÜTING (1981), S. 251. 3 Vgl. SCHIERENBECK (1975), S. 358 – 359; KÜTING (1981), S. 251 – 254; HÖRNIG (1985), S. 31. 4 Vgl. SCHIERENBECK (1975), S. 364; MICHALSKI (1997), S. S. 153; SCHUSTER/R UDOLF (1999), S. 47. 3 Erscheinungsformen von Übernahmen 23 geplante Übernahme gesehen (sog. creeping-takeover).1 Denkbar ist jedoch auch die öffentliche Mitteilung eines Erwerbsplanes.2 Neben der zeitlichen Unsicherheitskomponente, Börsenkursschwankungen für im Vorhinein unbestimmte Zeiträume abschätzen zu müssen, besteht für den Erwerber auch die Gefahr der Beeinflussung des Börsenkurses durch die Käufe.3 Schon allein die durch die Erwerbe des Übernehmers erhöhte Nachfrage dürfte c.p. zu höheren Kursen führen.4 Daneben können sich bei Bekanntwerden der Übernahmeabsicht weitere Beeinflussungen der Kurse durch Spekulationen sonstiger Anleger ergeben.5 Denkbar ist allerdings auch eine Erhöhung des Angebots bzw. Senkung des Börsenkurses, etwa weil Aktionäre mit einem Gelingen der Übernahme rechnen und die Aktien für den Fall einer geglückten Übernahme geringer bewerten als bei Unabhängigkeit. • Ein zweiter grundsätzlicher Weg für den Beteiligungserwerb besteht in Individualvereinbarungen mit den derzeitigen Aktionären. Wegen der damit verbundenen Informations- und Verhandlungskosten erscheint dieser Weg nur dann sinnvoll, wenn hierdurch größere Beteiligungen von einzelnen Großaktionären oder Aktionärsgruppen erworben werden können (Paketkauf).6 Dabei sind mitunter deutlich über dem aktuellen Börsenwert liegende Preise zu zahlen.7 Die Differenz zum Börsenwert wird in der Literatur vielfach als Paketzuschlag oder Kontrollprämie bezeichnet.8 Sofern das zu erwerbende Paket groß genug ist, kann allein durch den Paketkauf die Kontrolle erworben werden. • Als dritte elementare Möglichkeit des Beteiligungserwerbs ist ein öffentliches Angebot zu sehen. Hierunter soll die öffentliche Offerte eines Bieters an die Aktionäre des zu übernehmenden Unternehmens verstanden werden, 1 Vgl. SCHIERENBECK (1975), S. 364; KLEIN (1997), S. 2085. 2 Vgl. ESCHER-WEINGART/KÜBLER (1998), S. 546. 3 Vgl. SCHIERENBECK (1975), S. 359; DIETRICH (1975), S. 53; HÖRNIG (1981), S. 32; KAISER (1994), S. 39 – 40; FLASSAK (1995), S.151 – 152. 4 Vgl. FRANK (1993); S. 81 – 85; BUSCH (1996), S. 49. 5 Vgl. ASSMANN /BOZENHARDT (1990), S. 10 – 11; DIETRICH (1975), S. 53. 6 Vgl. SCHIERENBECK (1975), S. 361; BECKER (1990), S. 218; FLASSAK (1995), S. 152 – 153; KLEIN (1997), S. 2085; MICHALSKI (1997), S. 153. 7 Vgl. BUSCH (1996), S. 50; FLASSAK (1995), S. 153; BOHRER (1997), S. 8 – 9. 8 Vgl. z.B. BUSCH (1995), S. 50; SCHUSTER /R UDOLF (1999), S. 47; mit konkreten Vorschlägen zur Bemessung: BURKART/GROMB/PANUNZI (1998), S. 1 – 34. 23 24 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten deren Aktien zu festgelegten Konditionen außerhalb des Börsenhandels innerhalb einer gewissen Frist zu erwerben.1 Als öffentlich ist das Angebot anzusehen, wenn es sich an eine Vielzahl von potenziellen Verkäufern wendet. Wenn die angestrebte Beteiligung zum Kontrollerwerb ausreicht, soll auch von Übernahmeangebot gesprochen werden. Auch bei Übernahmeangeboten ist davon auszugehen, dass ein über dem aktuellen Aktienkurs liegender Preis geboten bzw. bezahlt werden muss.2 Die Differenz kann wiederum als Kontrollprämie interpretiert werden.3 4 Eine genauere Beschreibung der grundsätzlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote erfolgt im nächsten Abschnitt. Die drei beschriebenen Formen des Aktienerwerbs können auch in vielfacher Weise miteinander kombiniert werden. So ist z.B. denkbar, dass ein Übernehmer zunächst anonym Käufe an der Börse tätigt und erst nach Erreichen einer kleineren Beteiligung oder wenn die Übernahmeabsicht ruchbar wird, ein öffentliches Übernahmeangebot macht. Parallel dazu könnten – sofern vorhanden – Pakete von einzelnen Großaktionären außerhalb der Börse gekauft werden.5 3.3 Art der Gegenleistung Als Gegenleistung kommen grundsätzlich sämtliche Vermögenswerte in Frage, insbesondere aber Barmittel oder Wertpapiere.6 Abb. B 2 liefert eine Übersicht über mögliche Gegenleistungen. 1 Vgl. (mit im Detail teilweise unterschiedlichen Definitionen): MEIER-SCHATZ (1987), S. 19; ASSMANN/BOZENHARDT (1990), S. 8; IMMENGA/NOLL (1990), S. 18 – 19; KUHR (1992), S. 12; HAUSCHKA/ROTH (1992), S. 182. 2 Vgl. HIRT (1989), S. 54; BECKER (1990), S. 218.. 3 Vgl. COHEN (1998), S. 580 – 581. 4 Eine empirische Untersuchung von BRADLEY kam zu dem Ergebnis, dass die durchschnittliche Prämie in den betrachteten 161 erfolgreichen Übernahmefällen 49 % (bezogen auf den Börsenkurs zwei Monate vor der Bekanntgabe des öffentlichen Angebots als Referenzbasis) betrug. Vgl. BRADLEY (1980). 5 Vgl. KÜTING (1978), S. 1753; KLUG (2001), S. 43. 6 Vgl. PELTZER (1986), S. 292; KLUG (2001), S. 43. Zum Auswahlproblem vgl. RAPPAPORT/ SIROWER (1999), LANGNER (1999), 3 Erscheinungsformen von Übernahmen 25 Gegenleistung Wertpapiere Abb. B 2 Sonstige Vermögensgegenstände Sonstige WP Aktien des Bieters Bargeld einer anderen AG des Bieters eines anderen Emittenten Mögliche Arten der Gegenleistung bei Übernahmen Bei Wertpapieren kann danach unterschieden werden, ob es sich um Aktien oder andere Wertpapiere handelt. Sofern es sich beim Übernehmer seinerseits um eine Aktiengesellschaft handelt, kann er eigene Aktien als Gegenleistung anbieten. Diese können entweder aus einem gehaltenen Eigenbestand oder aus einer zu diesem Zweck vorgenommenen Kapitalerhöhung stammen. In diesem Fall tauscht der Verkäufer seine Aktionärsstellung in der Zielgesellschaft gegen die Mitgliedschaft in der Übernehmergesellschaft. Ebenso können aber auch Aktien anderer Unternehmen hergegeben werden. Dies können Tochterunternehmen des Bieters oder auch sonstige Unternehmen sein.1 Als sonstige Wertpapiere kommen insbesondere Anleihen in Betracht. In diesem Fall hat der Übernehmer die Möglichkeit, eigens zu diesem Zweck Schuldverschreibungen zu emittieren, mit denen er die erworbenen Aktien bezahlen kann. Damit kann er die Anteile sozusagen im Rahmen des Kreditkaufs von den bisherigen Aktionären erwerben. Werden Wertpapiere anderer Emittenten gehalten, können auch diese als Gegenleistung angeboten werden.2 Die hier genannten Arten von Gegenleistungen können allein oder nebeneinander angeboten werden, sodass die Aktionäre ein Wahlrecht haben.3 1 Vgl. näher zu Aktien als Akquisitionswährung: SCHMITZ (1999). 2 Vgl. hierzu näher Abschnitt C. 3.3. 3 Vgl. KÜTING (1978), S. 1753. 25 26 3.4 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Art der Finanzierung Vielfach finden sich in der Literatur Unterscheidungen hinsichtlich der Art der Finanzierung von Übernahmen, wobei zumeist nur – in der Regel ohne nähere Erläuterung, was hierunter im Einzelnen verstanden wird – zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung unterschieden wird.1 2 Diese zweigeteilte Systematisierung bildet jedoch nur einen unvollständigen Ausschnitt der Finanzierungsmöglichkeiten ab. Bevor hierauf eingegangen wird, soll allerdings zunächst der – im Schrifttum teilweise recht unterschiedlich verwendete – Begriff der Finanzierung, welcher den nachfolgenden Ausführungen zu Grunde liegen soll, definiert werden.3 Unter Finanzierung einer Übernahme wird die Gesamtheit aller Maßnahmen verstanden, die dazu dienen, die Mittel verfügbar zu machen, die als Gegenleistung für die zu erwerbenden Aktien der Zielgesellschaft hingegeben werden.4 1 Vgl. z.B. BOZENHARDT (1990), S. 88 – 94. 2 Übernahmen, die in hohem Umfang fremdfinanziert werden, werden dabei in Anlehnung an den bekannten Leverage-Effekt vielfach als sog. Leveraged-Buy-Outs bezeichnet. Häufig werden zusätzliche Merkmale der Art genannt, dass die Rückführung des Kredites vollständig aus der Ertragskraft des übernommenen Unternehmens erfolgen soll oder dass die Vermögenswerte und der Cash-Flow der Zielgesellschaft zur Begleichung oder Besicherung der Kredite verwendet werden. Vgl. z.B. LERBINGER (1986), S. 133; WERNER (1989), S. 9; BRESSMER/ MOSER/SERTL (1989), S. 77; BEHRENS/MERKEL (1990), S. 57 – 59; BOZENHARDT (1990), S. 88, HOFFMANN/RAMKE (1992), S. 22 – 24; RÖHRICH (1992), S. 24 – 25, BERGER (1993), S. 16 –19; KESSEL (1995), S. 17 – 18; RENSINGHOFF/BÖHMERT (2001), S. 509 – 515. Dabei bleibt jedoch im Einzelnen häufig unklar, was genau gemeint ist. Eine denkbare Interpretation ist, dass die Autoren davon ausgehen, dass die zunächst vom Übernehmer aufgenommene Verbindlichkeit nach erfolgter Übernahme in irgendeiner Form auf das übernommene Unternehmen übertragen wird. Dies setzt nach deutschem Recht jedoch das Einverständnis des Gläubigers voraus. Daneben wäre die Schuldübernahme im Verhältnis zwischen Übernehmer und Zielgesellschaft als Ausschüttung anzusehen. Daher ergeben sich einerseits Ausschüttungsbegrenzungen und andererseits werden ggf. bestimmte konzernrechtliche Minderheitsschutzvorschriften aktiviert. Ähnliches gilt für die bloße Stellung von Sicherheiten zugunsten des Kreditgebers des Übernehmers, die unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls wie eine Ausschüttung zu behandeln ist. Vgl. zu dieser Problematik SCHMID (1994), S. 152 – 155. Ohne in dieser Arbeit näher auf diesen Aspekt einzugehen, ist insofern dennoch festzuhalten, dass die undifferenzierte Übertragung dieses im amerikanischen Rechtsraum geprägten Begriffs und der in diesem Rechtssystem damit verknüpften Probleme und Gefahren auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland nicht ohne Weiteres möglich erscheint. Zu Leveraged-Buy-Outs in der amerikanischen Praxis: KESTER/L UEHRMAN (1995). 3 Vgl. zu verschiedenen Auffassungen des Begriffs Finanzierung: BITZ (1994), S. 189 – 191. 4 Diese Definition mag auf den ersten Blick etwas eigenwillig erscheinen. Üblicherweise wird unter dem Begriff Finanzierung im Rahmen einer aktionsbezogenen Definition die Gesamtheit der Maßnahmen zur Beschaffung von Zahlungsmitteln für die Leistung bestimmter betriebli- 3 Erscheinungsformen von Übernahmen 27 Damit ist die Unterscheidung nach der Art der Finanzierung eng verknüpft mit der Frage nach der Art der Gegenleistung. Als solche sollen hier nur die beiden wohl bedeutendsten Formen Barmittel und Wertpapiere betrachtet werden. Während bei Käufen an der Börse nur Barmittel als Gegenleistung in Frage kommen, sind bei außerbörslichen Käufen sowohl Barmittel als auch Wertpapiere möglich.1 Insofern soll hier die Beschaffung der als Gegenleistung für die Übernahme vorgesehenen Wertpapiere ebenfalls als Finanzierung der Übernahme angesehen werden. Betrachtet man zunächst nur Barmittel, so kommen zur Beschaffung grundsätzlich drei Finanzierungsquellen in Betracht: • die Auflösung von Liquiditätsreserven (Kassenbeständen), • Innenfinanzierung und • Außenfinanzierung.2 Letztere Finanzierungsform lässt sich anhand verschiedener Merkmale in Eigenund Fremdfinanzierung einteilen, wobei als wichtigstes Abgrenzungskriterium die Rechtsstellung in der Insolvenz zu nennen ist.3 Danach werden alle Finanzierungsinstrumente, • bei denen der Geldgeber in der Insolvenz eine Gläubigerstellung einnimmt, als Fremdfinanzierung bezeichnet und solche, • bei denen der Geldgeber keine Gläubigerstellung hat, zur Eigenfinanzierung gezählt.4 Neben diesen beiden in der Literatur hervorgehobenen Arten der Außenfinanzierung ist die Beschaffung der Geldmittel jedoch – wie bei jeder Investition – ebenso aus der Innenfinanzierung, also dem Saldo von Einzahlungen aus Umsatzerlösen und den zur Umsatzerzielung laufend anfallenden Auszahlungen, sowie aus der Auflösung vorhandener Liquiditätsreserven möglich.5 Daneben sind beliebige cher Auszahlungen oder zum Aufbau von Liquiditätsreserven verstanden. Vgl. BITZ (2003b), S. 2. Hiervon weicht die vorgelegte Definition jedoch nicht grundsätzlich ab, es wird allerdings in diesem Zusammenhang ein weites Verständnis von Zahlungsmitteln zu Grunde gelegt. 1 Vgl. PELTZER (1986), S. 292; KLUG (2001), S. 43. 2 Vgl. zur näheren Beschreibung der Finanzierungsquellen: BITZ (2002), S. 6 – 9; BITZ (2003b), S. 7 – 12. 3 Vgl. zu dieser Unterscheidung BITZ (2002), S. 10 – 14; BITZ (2003b), S. 13 – 16. 4 Vgl. BITZ (2002), S. 11. 5 Dabei soll allerdings nicht übersehen werden, dass die Auflösung vorhandener Liquiditätsreserven insofern eine Sonderstellung einnimmt, als entsprechende Bestände vorher durch Maß- 27 28 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Mischungen der Finanzierungsarten denkbar. Die Zuordnung einer Übernahme zu einer bestimmten Art der Finanzierung kann sich in solchen Fällen also allenfalls nach dem Schwerpunkt der Maßnahmen bzw. nach dem Volumen richten.1 Werden Wertpapiere als Gegenleistung hingegeben, so ist zunächst danach zu unterscheiden, • ob diese eigens zum Zwecke der Übernahme ausgegeben werden (Emissionsfinanzierung) oder • ob keine Emission erfolgt, also die Wertpapiere zunächst angekauft werden müssen bzw. sich bereits im Bestand befinden. Im Fall der Emissionsfinanzierung sind die Ausgabe von Aktien und von Anleihen als besonders bedeutsame Grundformen anzusehen. Die jeweiligen Wirkungen sind ähnlich wie in dem Fall, dass Aktien oder Anleihen zunächst gegen Barmittel emittiert werden, welche dann als Zahlungsmittel verwendet werden. Bei dieser Vorgehensweise wird jedoch ein Arbeitsschritt, nämlich die Hereinnahme von Barmitteln, „eingespart“. Der Kreis der potenziellen Finanziers verengt sich allerdings auf den Kreis der Aktionäre der Zielgesellschaft. Werden Aktien emittiert, um diese als Gegenleistung für Aktien der Zielgesellschaft anzubieten, so ist hierfür eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechtes der Altaktionäre notwendig, wobei die Aktien der Zielgesellschaft als Sacheinlage anzusehen sind. Aktionäre, die das Angebot des Übernehmers annehmen, tauschen ihre Beteiligung an der Zielgesellschaft gegen eine Beteiligung an der Übernehmergesellschaft. Sie werden damit sozusagen selbst Eigenfinanziers der Übernahme ihrer Gesellschaft. Analog verhält es sich bei der Ausgabe von Anleihen. Aktionäre der Zielgesellschaft, die diese im Austausch gegen ihre Aktien akzeptieren, werden zu Fremdfinanziers der Übernahme. nahmen der Innen- oder Außenfinanzierung gebildet worden sein müssen. Umgekehrt stellen der Auf- und Abbau von Zahlungsmittelbeständen notwendige Zwischenschritte bei der innenoder außenfinanzierten Übernahme mit Bargeld als Gegenleistung dar. Dennoch soll die Auflösung derartiger Reserven dann als eigenständige Finanzierungsquelle interpretiert werden, wenn die Zahlungsmittelbestände nicht gezielt für die Übernahme gebildet wurden, sondern wenn es sich um „allgemeine“ Kassenbestände handelt, die für im Vorhinein nicht näher bestimmte Zwecke gehalten werden. 1 Grundsätzlich ist schon die Zuordnung einzelner Finanzierungsmaßnahmen zu einer bestimmten Auszahlung als problematisch anzusehen. Letztlich steht den gesamten Auszahlungen im Rahmen der Mittelverwendung, der auch die Auszahlungen für einen Unternehmenskauf zuzurechnen sind, die Gesamtheit der Netto-Einzahlungen aus den beschriebenen Finanzierungsquellen (Mittelherkunft) gegenüber. Ein gewisser Zusammenhang lässt sich jedoch dann konstatieren, wenn eine der genannten Finanzierungsmaßnahmen explizit durchgeführt wird, um den zusätzlichen Finanzbedarf für eine Übernahme zu decken. 3 Erscheinungsformen von Übernahmen 29 Werden keine Wertpapiere emittiert, so müssen diese entweder aus einem vorhandenen Bestand entnommen oder zum Zwecke des Umtauschs eigens beschafft werden. Emittent der angebotenen Wertpapiere kann entweder der Erwerber selbst oder auch ein anderer sein. Ein bedeutsamer Unterfall dieser Finanzierungsform dürfte das Angebot von im Bestand gehaltenen Aktien einer Tochtergesellschaft des Erwerbers als „Akquisitionswährung“ sein. Müssen angebotene Wertpapiere erst beschafft werden, so müssen diese entsprechend den obigen Ausführungen durch Nutzung der beschriebenen Quellen finanziert werden. Abb. B 3 fasst die beschriebenen Möglichkeiten der Finanzierung zusammen. Möglichkeiten der Finanzierung Gegenleistung Bar Auflösung von Liquiditätsreserven Innenfinanzierung Wertpapiere Außenfinanzierung Eigenfinanzierung Abb. B 3 Emissionsfinanzierung keine Emission Fremdfinanzierung aus Bestand Möglichkeiten der Finanzierung einer Übernahme Beschaffung 29 30 3.5 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Einstellung des Managements der Zielgesellschaft Häufig werden Übernahmen danach unterschieden, ob sie „freundlich“ oder „feindlich“ durchgeführt werden. Unter einer „feindlichen Übernahme“ (auch „unfriendly-Takeover“, „hostile Takeover“) versteht man eine solche, die nicht im Einvernehmen mit dem Management der Zielgesellschaft verwirklicht wird, entweder weil eine Verständigung nicht erreicht werden konnte oder weil dies gar nicht erst versucht wurde.1 Als „freundlich“ wird eine Übernahme demgegenüber bezeichnet, wenn sie in Abstimmung mit dem Management der zu übernehmenden Gesellschaft, ggf. sogar mit dessen Hilfe, durchgeführt wird. Diese gängige Begriffsverwendung ist als ausgesprochen problematisch zu bezeichnen. Die im allgemeinen Sprachgebrauch negative Belegung des Begriffes „feindlich“ ordnet eine Übernahme ohne Beteiligung oder gegen den Willen des Vorstandes der Zielgesellschaft von vornherein als etwas Unerwünschtes oder Schädliches ein. Dabei ist es insbesondere fraglich, ob die Interessen des Managements für eine derartige Einordnung ausschlaggebend sein können.2 Für eine ablehnende Haltung dieser Personengruppe können vielerlei eigene Interessen ausschlaggebend sein, insbesondere wohl die Angst vor dem Verlust der eigenen Position. Dass eine derartige nicht mit dem Management konsentierte Übernahme gegenüber den Aktionären, also den Unternehmenseignern, als „feindlich“ einzustufen ist, kann jedenfalls nicht pauschal gesagt werden. Aus diesem Grund sprechen Teile der Literatur in diesem Zusammenhang auch statt von „feindlicher“ von einer „unkoordinierten“ Übernahme.3 Ob dieser Begriff wesentlich glücklicher gewählt ist, sei dahingestellt, immerhin vermeidet er die angesprochene Problematik. 1 Vgl. HAUSCHKA /ROTH (1988), S. 182; WERNER (1989), S. 5; BECKER (1990), S. 218; NOLTE/ LEBER (1990), S. 573 – 574; HUEMER (1991), S. 143; RÖHRICH (1992), S. 16; BÄSTLEIN (1997), S. 34 – 36; KLUG (2001), S. 39 – 40. 2 Vgl. hierzu ausführlich: BÄSTLEIN (1997), S. 34 – 36. 3 Vgl. EBENROTH/DAUM (1991), S. 1106. Ähnlich BASUALDA, die aus den gleichen Gründen zwischen „umstrittenen“ („contested“) und „einverständlichen“ („agreed“) Übernahmen unterscheidet. Vgl. BASUALDA (1990), S. 160. 4 Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote 4 Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote 4.1 Überblick 31 Öffentliche Angebote wurden oben als eine von mehreren denkbaren Arten des Beteiligungserwerbs an einer Aktiengesellschaft beschrieben.1 Die zulässigen Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote werden durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz erheblich eingeschränkt. Daher soll an dieser Stelle zunächst eine Systematisierung und Beschreibung der prinzipiell möglichen Gestaltungsalternativen vorgenommen werden. Es wird also von dem durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz vorgegebenen gesetzlichen Rahmen zunächst noch abstrahiert. In die entwickelte Systematik werden auch verschiedene in der Literatur beschriebene Erscheinungsformen eingeordnet. Auf diesen Ausführungen aufbauend wird im folgenden Teil C untersucht, inwieweit die aufgezeigten Alternativen nach den Regelungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes rechtlich erlaubt sind. Als wesentliche Gestaltungsfelder für öffentliche Übernahmeangebote sind zu nennen: • Rechtliche Bindungswirkung, • Art der Gegenleistung, • Preisregeln, • Art der nachgefragten Wertpapiere, • Mengenregeln, • Zuteilungsregeln, • Annahmefrist, • Zusammenarbeit mit Finanzintermediären sowie • Wiederholung und Änderung des Angebots. Die einzelnen Felder mit ihren Wahlmöglichkeiten werden im Nachfolgenden genauer beschrieben. Im Anschluss daran wird die entwickelte Systematik abschließend noch einmal anhand eines realen Beispiels für ein Übernahmeangebot verdeutlicht. 1 Vgl. Abschnitt B 3.2. 31 32 4.2 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Rechtliche Bindungswirkung Hinsichtlich der rechtlichen Bindungswirkung kann grundsätzlich danach unterschieden werden, ob die Offerte als rechtlich verbindliches Angebot oder als Aufforderung an die Aktionäre, ihre Aktien anzubieten, formuliert ist.1 Das Angebot ist rechtlich verbindlich, wenn es die Vertragsbedingungen in einer Weise vollständig zusammenfasst, dass der Aktionär durch bloße Annahmeerklärung den Kaufvertrag wirksam entstehen lassen kann, und wenn es den Rechtsfolgewillen erkennen lässt.2 Die Aufforderung, ein Angebot abzugeben (invitatio ad offerendum), stellt demgegenüber keine rechtlich verbindliche Willenserklärung dar, da ihm der Rechtsfolgewille fehlt.3 Sie ermöglicht die Entscheidung über die Annahme der einzelnen Angebote in Kenntnis der gesamten abgegebenen Gebote vonseiten der Aktionäre. Insofern stellt diese Form des öffentlichen Angebots nichts anderes dar als ein Zeichnungsverfahren, wie man es von der Emission von Wertpapieren kennt. Der grundsätzliche Unterschied besteht allein darin, dass bei der Emission Wertpapiere angeboten und beim öffentlichen (Übernahme-)Angebot nachgefragt werden. Insofern lassen sich eine Reihe von Erkenntnissen, die in Bezug auf Emissionsverfahren gewonnen wurden, auch auf öffentliche Angebote übertragen. Das Angebot kann weiterhin mit verschiedenen aufschiebenden oder auflösenden Bedingungen oder Rücktrittsvorbehalten ausgestattet sein, die die Rechtsverbindlichkeit des Angebots einschränken.4 Ein Interesse des Bieters an solchen Bedingungen kann sich insbesondere aus der Gefahr der Änderung wesentlicher Rahmendaten im Laufe des Angebotsverfahrens ergeben. Unter Umständen müssen auch noch bestimmte kartellrechtliche oder sonstige Erlaubnisse eingeholt werden. Von besonderem Interesse für den Bieter dürfte die mögliche Bedingung sein, dass das öffentliche Angebot nur gilt, wenn eine bestimmte Mindestbeteiligung erreicht werden kann.5 Auf diese Weise kann der Bieter sicherstellen, dass er bei Nichterreichen der Zielstimmrechtsquote nicht gezwungen ist, eine Beteili- 1 Vgl. WERNER (1989), S. 10; ASSMANN/BOZENHARDT (1990), S. 83; RIEMER/SCHRÖDER (2001), S. 4. 2 Vgl. LARENZ/WOLF (1997), S. 575 – 576; HEINRICHS (2003), § 145 Rn. 1 – 2. 3 Vgl. LARENZ/WOLF (1997), S. 576; HEINRICHS (2003), § 145 Rn. 2. 4 Vgl. KÜTING (1981), S. 257; ASSMANN/BOZENHARDT (1990), S. 88, 93. 5 Vgl. OTTO (1988), S. 4; SCHMID (1999), S. 405. 4 Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote 33 gung zu erwerben, die ohne den gewünschten Stimmrechtsanteil unter Umständen für ihn von deutlich geringerem Wert ist.1 2 Umgekehrt kann der Bieter aber auch dem Aktionär für den Zeitraum nach der Erklärung der Annahme bis zum Ablauf der Annahmefrist ein Rücktrittsrecht einräumen. Für die Aktionäre der Zielgesellschaft kann dies vor allem dann von Vorteil sein, wenn sich innerhalb dieser Frist andere, bessere Verkaufsgelegenheiten ergeben, etwa weil ein konkurrierendes Angebot zu günstigeren Konditionen durch einen anderen Bieter erfolgt.3 Für den Bieter sind mit der Einräumung eines Rücktrittsrechts sowohl Vorteile wie auch Nachteile verbunden. Einerseits besteht zwar die Gefahr, dass Aktionäre die das Angebot bereits angenommen haben, hiervon zurücktreten, andererseits kann aber die Nichtgewährung eines Rücktrittsrechts dazu führen, dass die Zielgesellschaftsaktionäre in Erwartung besserer Verkaufsgelegenheiten ihre Annahmeerklärung verzögern.4 4.3 Art der Gegenleistung Als Gegenleistung für einen Aktienkauf im Rahmen eines öffentlichen Angebots kommen grundsätzlich alle in Abschnitt 3 bereits beschriebenen denkbaren Gegenleistungen in Frage. Praktische Relevanz dürften jedoch nur Bargeld und Wertpapiere haben. Zur weiteren Differenzierung kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. 5 1 Vgl. KÜTING (1978), S. 1753. 2 Vgl. zum Bewertungskalkül des Übernehmers Teil E. 3 Vgl. RIEHMER /SCHRÖDER (2001), S. 13. 4 Vgl. RIEHMER /SCHRÖDER (2001), S. 6 – 7. 5 Vgl. Abschnitt 3.3. 33 34 4.4 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Preisregeln Das Ergebnis des Übernahmeprozesses mittels öffentlichen Angebots ist im Kern dadurch bestimmt, zu welchem Preis wie viele Aktien von wem erworben wurden. Zentrales Gestaltungsfeld für dieses Ergebnis sind die Regeln zur Preisfestlegung, Mengenfestlegung und Repartierung, welche eng miteinander verzahnt und interdependent sind.1 Preisregeln können grundlegend danach unterschieden werden, ob der Preis angebotsorientiert festgelegt wird oder nicht.2 Preisregeln Festpreisverfahren absolute Festpreise Abb. B 4 Reaktionspreisverfahren relative Festpreise Grundtypen von Preisregeln Die nicht angebotsorientierte Festlegung soll auch als Festpreisverfahren bezeichnet werden.3 Sie zeichnet sich dadurch aus, dass der Preis einseitig vom Bieter unabhängig von konkreten Angeboten festgelegt wird. Das bedeutet nicht, dass hierbei nicht etwa auch die erwartete Angebotslage bei der Preisfestlegung berücksichtigt würde, das Angebot wird nur nicht explizit erhoben. Der Preis kann im einfachsten Fall eindeutig nummerisch fixiert sein (absoluter Festpreis). Er kann jedoch auch nur durch eine im Vorhinein festgelegte Rechenregel an eine andere (orderunabhängige) Größe gekoppelt sein und erst am Ende der Angebotslaufzeit nummerisch konkretisiert werden (relativer Festpreis).4 Als Bezugs- 1 Die nachfolgende Darstellung von Preis-, Mengen- und Repartierungsregeln ist orientiert an zwei im Kern ähnlichen Systematisierungen entsprechender Regeln bei Emissionsverfahren von BITZ und TERSTEGE, die hier mit einigen Modifikationen auf öffentliche Angebote zum Aktienerwerb übertragen werden. Vgl. TERSTEGE (2002), S. 7 – 13; BITZ (2003c), S. 74 – 95. 2 Ähnlich KÜTING (1978), S. 1753. 3 Vgl. ESCHER-WEINGART/KÜBLER (1998), S. 546. 4 Vgl. RIEMER /SCHRÖDER (2001), S. 5; BITZ (2003c), S. 80 – 81 (für Emissionen). 4 Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote 35 größe kommen theoretisch alle beobachtbaren Größen bis hin zu lotterieähnlichen Preisauslosungen in Betracht, vor allem aber wohl bestimmte Aktienindizes, der Kurs der Aktien der Zielgesellschaft zu einem bestimmten Stichtag oder auch, wenn es sich beim Übernehmer selbst um eine börsennotierte Aktiengesellschaft handelt, der Kurs deren Aktien. Als Reaktionspreisverfahren sollen dagegen alle Verfahren bezeichnet werden, in denen der Preis, zu dem die Aktien gekauft werden sollen, erst am Ende der Laufzeit des Übernahmeangebots angebotsabhängig festgelegt wird. Die Orders der Aktionäre müssen dafür – anders als beim Festpreisverfahren – nicht nur mengenmäßig bestimmt sein, sondern auch unter Angabe des Mindestpreises abgegeben werden, zu dem die Aktionäre zum Verkauf bereit sind. Die Festlegung des Preises erfolgt dann nach einer formalisierten Regel oder nach Ermessen des Bieters. Gekauft werden nur Aktien, die zu einem Limit nicht oberhalb des festgesetzten Preises angeboten wurden. Bei genau auf den festgelegten Preis limitierten Angeboten besteht u.U. die Notwendigkeit der Repartierung. Bei sämtlichen dargestellten Verfahren besteht ein weiterer Gestaltungsparameter in der Möglichkeit der Preisdifferenzierung. Diese kann insbesondere an persönlichen Merkmalen der Aktionäre oder an Merkmalen ihrer Orders anknüpfen. Besondere empirische Relevanz scheinen dabei eine Preisdifferenzierung nach dem zeitlichen Ordereingang und nach dem Limit zu haben.1 So finden sich in der Literatur Hinweise auf in den Vereinigten Staaten durchgeführte sog. Two-TierOffers. Darunter wird ein Angebot verstanden, bei dem die Laufzeit in zwei Zeiträume eingeteilt ist. Schließen die Aktionäre im ersten Zeitabschnitt ab, so erhalten sie einen höheren Preis.2 Wird den Aktionären bei Reaktionspreisverfahren genau der von ihnen geforderte Preis gezahlt, so spricht man auch von einem sog. amerikanischen Tender.3 Werden dagegen alle Aktien zu einem Einheitskurs erworben, wird dies als holländischer Tender bezeichnet.4 1 Vgl. ASSMANN /BOZENHARDT (1990), S. 85, mit empirischen Belegen. 2 Vgl. BROWN (1992), S. 649. 3 Vgl. KLUG (2001), S. 27 4 Vgl. BROWN (1992), S. 650; ESCHER-WEINGART/KÜBLER (1998), S. 546; KLUG (2001), S. 27. 35 Kapitel B 36 4.5 Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Art der nachgefragten Wertpapiere Grundsätzlich kann ein öffentliches Angebot auf den Erwerb von beliebigen Wertpapieren gerichtet sein. Im hier interessierenden Zusammenhang sollen jedoch nur solche Wertpapiere betrachtet werden, die eine (Mit-)Eigentümerstellung begründen können. Dies sind in erster Linie Aktien der Zielgesellschaft. Aktien können hinsichtlich verschiedener Merkmale unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Gattung einer Aktie bestimmt sich aus der Kombination der Ausprägungen dieser Merkmale. Unterscheidet man die Merkmalsausprägungen – Nennwert- oder Stückaktien, – Inhaber- oder Namensaktien,1 – Stamm-, Vorzugs- oder kumulative Vorzugsaktien, – stimmberechtigte oder stimmrechtslose Aktien sowie – voll eingezahlte oder nicht voll eingezahlte Aktien, so ergeben sich rein kombinatorisch 48 denkbare Aktiengattungen, von denen als Folge einschränkender gesetzlicher Vorschriften in Deutschland jedoch nur 24 erlaubt sind.2 Tabelle B 1 verdeutlicht die zulässigen Varianten: Inhaberaktie voll eingezahlt Namensaktie voll eingezahlt ausstehende Einlagen Nennwert Stück Nennwert Stück Nennwert Stück Stammaktie mit Stimmrecht 1 2 3 4 5 6 Vorzugsaktie mit Stimmrecht 7 8 9 10 11 12 mit Stimmrecht 13 14 15 16 17 18 ohne Stimmrecht 19 20 21 22 23 24 Kumulative Vorzugsaktie Tab. B 1 Zulässige Aktiengattungen (Quelle: BITZ (2003c), S. 50) 1 Auf eine weitere Unterscheidung in vinkulierte und nicht vinkulierte Namensaktien wird hier verzichtet. 2 Vgl. zur näheren Beschreibung der Merkmalsausprägungen: BITZ (2003c), S. 29 – 50. 4 Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote 37 Dabei kann ein Unternehmen durchaus mehrere dieser zulässigen Aktiengattungen zur gleichen Zeit im Umlauf haben. Allerdings dürfen nicht alle Gattungen uneingeschränkt nebeneinander existieren. Eine Gesellschaft darf nicht gleichzeitig Nennwert- und Stückaktien emittiert haben.1 Damit verbleiben theoretisch immerhin noch bis zu 12 Aktiengattungen, die von einem Unternehmen gleichzeitig im Umlauf sein können. In diesem Fall kann das öffentliche Angebot von vornherein nur auf eine bestimmte Gattung von Aktien beschränkt sein.2 Von besonderer Bedeutung dürfte die Unterscheidung zwischen stimmberechtigten und stimmrechtslosen Aktien sein, die in Deutschland nur als kumulative Vorzugsaktien zulässig sind.3 Bei einem Übernahmeangebot will der Bieter die Kontrolle an der Zielgesellschaft erwerben, die sich in einem Zielstimmrechtsanteil manifestiert. Insofern stellt sich für ihn die Frage, ob er auch nicht stimmberechtigte Aktien erwirbt. Neben Aktien kann der Erwerber auch solche Wertpapiere nachfragen, die zwar selbst keine Aktien darstellen, aber zum Bezug von Aktien berechtigen. Dabei ist in erster Linie an Wandelanleihen, Optionsanleihen und ähnliche Papiere zu denken. 4.6 Mengenregeln Ist die Gattung der nachgefragten Wertpapiere bestimmt, so ist noch festzulegen, wie hoch die Menge ist, auf die sich das öffentliche Erwerbsangebot erstrecken soll. Üblicherweise wird bei der Beschreibung von Möglichkeiten für die Ausgestaltung von Übernahmeangeboten – zumindest implizit – von einer von vornherein festgelegten (maximalen) nachgefragten Menge ausgegangen.4 Ähnlich wie bei der Preisfestlegung ist jedoch auch die Festlegung der Menge nach Einholung und Auswertung von Verkaufsorders der aktuellen Aktionäre in Abhängigkeit vom sich ergebenden Angebot möglich. Abb. B 5 gibt einen Überblick über die grundlegenden Ausgestaltungsmöglichkeiten von Mengenregeln. 1 Vgl. § 8 Abs. 1 AktG; HEIDER (2000), § 8 AktG, Rn. 62 – 63. 2 Vgl. zu verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten für Aktien BITZ (2003c), S. 29 – 50. 3 Vgl. § § 139 Abs. 1 AktG. 4 Vgl. z.B. KÜTING (1978), S. 1751 – 1755; ASSMANN/BOZENHARDT (1990), S. 88 – 89; BROWN (1992), S. 649 – 650; COHEN (1998), S. 580 – 581. 37 Kapitel B 38 Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Mengenregeln angebotsunabhängig Vollangebot Abb. B 5 angebotsabhängig Teilangebot Grundtypen von Mengenregeln Die nachgefragte Menge kann von vornherein angebotsunabhängig eindeutig fixiert sein. In diesem Fall ist die Unterscheidung danach, ob das Angebot auf alle Aktien (Vollangebot) oder nur auf das Erreichen einer bestimmten Höchstquote (Teilangebot) gerichtet ist, von Bedeutung.1 Daneben kann die Menge auch analog zu den zur Preisbestimmung dargestellten Regeln erst nach Ende der Laufzeit in Abhängigkeit von der Orderlage festgelegt werden. 4.7 Repartierungsregeln Sind – unabhängig davon, ob von vornherein fixiert oder erst nach Angebotsauswertung – Preis und Menge festgelegt, kann die Situation auftreten, dass die zum festgesetzten Preis nachgefragte Menge kleiner ist als die zu diesem Preis angebotene.2 In dieser Situation besteht die Notwendigkeit festzulegen, von wem Aktien in welchem Umfang gekauft werden sollen (Repartierung). Abb. B 6 gibt einen Überblick über mögliche Ansätze zur Repartierung, die entweder einzeln oder auch in Kombination angewendet werden können.3 1 Vgl. ASSMANN /BOZENHARDT (1990), S. 8, 88 – 89; FREI (1998), S. 20 – 21. 2 Vgl. FREI (1998), S. 20 – 21. 3 Vgl. TERSTEGE (2002), S. 12 – 13. 4 Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote 39 Repartierungsregeln Sonstige Kriterien pro rata Ordermerkmale Auslosung Verkäufermerkmale Abb. B 6 Grundtypen von Repartierungsregeln Bei der Repartierung pro rata wird von allen zum Verkauf eingereichten Aktien der Bruchteil gekauft, der sich als Quotient der Nachfrage und der gesamten angebotenen Menge ergibt. Ordermerkmale, an denen die Repartierung anknüpfen kann, sind z.B. der Zeitpunkt der Einreichung der Aktien oder bei Reaktionspreisverfahren die geforderten Preise. Werden diese Kriterien im öffentlichen Angebot bekannt gemacht, kann dadurch ggf. das Verhalten der Aktionäre beeinflusst werden. So können z.B. die berücksichtigungsfähigen Orders in der Reihenfolge des Eingangs erfüllt werden, um einen Anreiz zur frühzeitigen Einreichung zu geben. Eine Bevorzugung niedrigerer Limite kann u.U. dazu führen, dass Aktien insgesamt preiswerter angeboten werden. Denkbar ist auch eine Ausrichtung an persönlichen Verkäufermerkmalen. Hierbei sind zwei Gesichtpunkte relevant. Zum einen kann es im Interesse des Käufers liegen, bestimmte Verkäufergruppen aus den unterschiedlichsten Gründen bevorzugt zu behandeln. Zum anderen kommt vor allem der Möglichkeit besondere Bedeutung zu, durch die Auswahl der Verkäufer den Kreis der verbleibenden Minderheitsaktionäre mitzubestimmen. Um die Kontrollausübung über die Zielgesellschaft zu erleichtern, ist es aus Sicht des Übernehmers von Vorteil, einen Kreis von Minderheitsaktionären zu behalten, der nach seiner Einschätzung an der Mitwirkung an der Geschäftsführung wenig oder kein Interesse hat. Eine Repartierung kann auch durch Auslosung erfolgen. Dabei sind die unterschiedlichsten Zufallsverfahren zur Bestimmung der zu erfüllenden Verkaufsorders möglich. Neben vielen Varianten können zwei grundsätzliche Verfahren unterschieden werden: Eine Vorgehensweise könnte etwa darin bestehen, dass so lange Orders nach dem Zufallsprinzip ausgelost werden, bis die nachgefragte Menge erreicht wird, wobei der letzte „gezogene“ Auftrag nur noch in dem Um- 39 40 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten fang erfüllt wird, dass die Nachfrage genau abgedeckt wird. Bei diesem Verfahren wird – bis auf die zuletzt ausgeloste – jede Verkaufsorder, wenn sie erfüllt wird, auch vollständig erfüllt. Daneben wäre ebenso denkbar, dass jede einzelne zu kaufende Aktie aus allen angebotenen ausgelost wird. Hierdurch würden die einzelnen Aufträge der Aktionäre nur im Ausnahmefall vollständig ausgeführt, dafür könnten aber mehr Orders zumindest teilweise berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist eine Vielzahl von sonstigen Kriterien zur Repartierung vorstellbar. Beispielsweise können Mindest- oder Höchstmengen für die einzelnen Anbieter festgelegt werden. Mindestmengen können etwa dazu beitragen, Transaktionskosten orderfixer Art zu verringern. Höchstmengen erlauben es, eine größere Anzahl von Anbietern bedienen zu können. Die Möglichkeiten der Kombination verschiedener Repartierungsregeln eröffnen eine nahezu unbegrenzte Vielfalt an konkret ausführbaren Repartierungsverfahren. Vielfach wird in der Literatur aus – wie auch immer im Einzelnen begründeten – Gerechtigkeitsüberlegungen die Zuteilung pro rata als vorziehenswert gegenüber anderen Verfahren angesehen.1 Ohne diesen Aspekt näher zu vertiefen sei hier nur darauf hingewiesen, dass andere Gestaltungen je nach Betrachtungsweise und Begriffsverständnis als mindestens genauso „gerecht“ angesehen werden können, etwa eine Verlosung, bei der für alle Chancengleichheit besteht. 4.8 Annahmefrist Der Bieter muss eine Frist festlegen, innerhalb deren die Annahme eines verbindlichen Angebots bzw. bei einer invitatio ad offerendum ein Angebot vonseiten der Aktionäre abgegeben werden kann. Dabei wird in der Literatur vielfach betont, eine kurze Frist setze die Aktionäre unter erhöhten Verkaufsdruck.2 Daneben kann eine tendenziell kurze Annahmefrist die Gefahr von Abwehrmaßnahmen des Vorstands der Zielgesellschaft sowie die Abgabe konkurrierender Angebote möglicher Mitbewerber verringern.3 Schließlich dürfte der Bieter ein Interesse daran haben, das Übernahmeverfahren nicht durch eine lange Annahmefrist unnötig in die Länge zu ziehen. Auf der anderen Seite kann es jedoch sein, dass einzelne Aktionäre erst nach einiger Zeit von dem Angebot Kenntnis erhalten oder auf das Angebot reagieren. Daher kann eine längere Annahmefrist auch mit einer höheren Annahmequote einher gehen. 1 Vgl. z.B. ASSMANN/BOZENHARDT (1990), S. 89. 2 Vgl. z.B. OTTO (1988), S. 4; BACHMANN (1992), S. 124. 3 Vgl. KÜTING (1978), S. 1753; SCHUBERT/KÜTING (1981), S. 257. 4 Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote 4.9 41 Zusammenarbeit mit Finanzintermediären Als weiteres großes Gestaltungsfeld eröffnet sich für den Bieter die Zusammenarbeit mit Finanzintermediären.1 Zunächst steht er vor der grundsätzlichen Entscheidung, ob er das Angebotsverfahren vollständig selbst durchführen will (Selbstabwicklung) oder ob er in mehr oder weniger starkem Umfang die Hilfe von Finanzintermediären in Anspruch nehmen will (Fremdabwicklung). Die Tätigkeiten des Finanzintermediärs können sehr vielfältig sein und von reinen Beratungsleistungen für Einzelprobleme bis zur gesamten Abwicklung über einen Intermediär oder ein Konsortium gehen, welches die Aktien zunächst aufkauft und erst in einem zweiten Schritt an den Übernehmer abtritt.2 Auf eine nähere Analyse denkbarer Funktionen von Intermediären im Übernahmeprozess soll im Rahmen dieser Arbeit allerdings verzichtet werden. 4.10 Wiederholung und Änderung des Angebots Ist der Bieter nicht durch gesetzliche Regulierungen des Angebotsverfahrens gehindert, könnte er zunächst ein Angebot abgeben und die Reaktion der Aktionäre der Zielgesellschaft darauf beobachten. In Abhängigkeit von der Reaktion könnte er dann die Konditionen des laufenden Angebots abändern. Denkbar ist z.B. eine Erhöhung des gebotenen Preises, wenn die Anzahl der eingereichten Aktien zum ursprünglichen Preis hinter den Erwartungen bzw. Wünschen des Bieters zurückbleibt (sog. Staffelangebot).3 In diesem Fall ergibt sich als weiterer Parameter die damit zusammenhängende Frage, wie die Aktionäre zu behandeln sind, die bereits auf das ursprüngliche Angebot reagiert haben. Der Bieter könnte diesen Aktionären u.U. nur den ursprünglichen Preis zahlen, zu dem diese ja bereits akzeptiert haben, oder ebenfalls den höheren neuen Preis.4 Eine Nachbesserung auch für diesen Personenkreis bedeutet c.p. zwar einen höheren Preis für deren Aktien, kann aber mit anderen Vorteilen einher gehen, die insgesamt preismindernd wirken. So sieht z.B. KÜTING in einer publizierten Nachbesserungsverpflichtung innerhalb des Angebots eine Möglichkeit, der Hinauszöge- 1 Zur Rolle von Finanzintermediären am Markt für Unternehmenskontrolle vgl. KAISER (1994); PETERS (1999). 2 Vgl. KÜTING (1978), S. 1753 – 1754. 3 Vgl. ASSMANN /BOZENHARDT (1990), S. 91 – 92; RIEHMER/SCHRÖDER (2001), S. 12 – 13. 4 Vgl. zu dieser Problematik bereits MANNE (1967), S. 247 – 248. 41 Kapitel B 42 Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten rung der Einreichung von Aktien zu begegnen, wenn die Aktionäre mit einer späteren Verbesserung des Angebots rechnen. 1 Aber auch bezüglich anderer Konditionen sind Änderungen während der Angebotslaufzeit vorstellbar, etwa die Offerierung zusätzlicher Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Art der Gegenleistung, eine Verlängerung oder vorzeitige Beendigung der Annahmefrist oder der Verzicht auf zunächst gestellte Bedingungen. Eine ähnliche Wirkung kann der Bieter damit erreichen, dass er nicht die Bedingungen während der Laufzeit ändert, sondern nach Ablauf der Annahmefrist ein neues Angebot mit anderen Konditionen abgibt. 4.11 Abschließendes Beispiel Um die entwickelte Klassifikation von Gestaltungsmöglichkeiten bei Übernahmeangeboten noch einmal zu verdeutlichen, soll zum Abschluß dieses Abschnitts ein reales Übernahmeangebot nach den dargelegten Kriterien kurz beschrieben werden. Hierzu soll das Übernahmeangebot der August Thyssen-Hütte AG an die Aktionäre der Rheinstahl AG aus dem Jahr 1973 verwendet werden. Das Angebot wurde trotz des älteren Datums bewusst ausgewählt, weil es eine ganze Reihe von Gestaltungsformen enthält, die – wie in Teil C noch näher dargelegt wird – nach dem heute gültigen Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz gar nicht mehr zulässig wären. Daneben mag das gewählte Beispiel vielleicht dem gelegentlich zumindest unterschwellig vermittelten Eindruck entgegenwirken, öffentliche Übernahmeangebote seien in Deutschland etwas vollkommen Neues und hätten erst in den letzten Jahren an – wie auch immer gemessener – Bedeutung gewonnen. Beispiel B 1: Angebot an die Aktionäre der Rheinstahl Aktiengesellschaft2 Die August Thyssen-Hütte AG ist daran interessiert, eine Mehrheitsbeteiligung an der Rheinstahl AG zu erwerben. Sie bietet im Einvernehmen mit dem Vorstand und Aufsichtsrat der Rheinstahl AG den Aktionären der Gesellschaft die Möglichkeit, Aktien der Rheinstahl AG zum Preise von DM 125,- je Aktie im Nennwert von DM 100,- an ein Bankenkonsortium zu veräußern. Das unter der Führung der Dresdner Bank AG und der Deutsche Bank AG stehende Bankenkonsortium wird die Rheinstahl-Aktien für die August Thyssen-Hütte AG hereinnehmen. 1 Vgl. KÜTING (1978), S. 1753. 2 Abgedruckt in SCHUBERT/KÜTING (1981), Anhang II 9. 4 Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote 43 Die Vorstände der Rheinstahl AG und der August Thyssen-Hütte AG haben Möglichkeiten der Kooperation geprüft. Die Prüfungen haben erwiesen, daß ein Zusammengehen dieser beiden Unternehmen erhebliche Chancen der Kostensenkung in Einkauf, Produktion und Absatz erschließen würde, vor allem auf den Gebieten Edelstähle, Grob- und Mittelbleche, Werften, Stahlbau und Gießerei. Die Vorstände beider Unternehmen sind davon überzeugt, daß die Verwirklichung dieser Chancen auch volkswirtschaftlich sinnvoll ist, zumal die jüngste Entwicklung auf dem Währungsgebiet den Ausleseprozeß der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Betriebe beschleunigen dürfte. Sie befürworten eine Unterlegung durch eine kapitalmäßige Beteiligung. Die Aktionäre der Rheinstahl AG, die von der Möglichkeit Aktien anzubieten Gebrauch machen wollen, werden gebeten, ihre Rheinstahl-Aktien mit Gewinnanteilscheinen Nr. 17 ff. und Erneuerungsschein – Wertpapier-Kenn-Nummer 703 300 – in der Zeit vom 26. Februar bis 16. März 1973 bei einer der nachstehenden Banken oder deren Niederlassungen anzumelden und zur Verfügung zu stellen: (Es folgt die Aufzählung der Banken.) Mit der Anmeldung erklären sich die Aktionäre der Rheinstahl AG damit einverstanden, daß ihre Aktien bis zur Entscheidung über den Ankauf zur Verfügung der Anmeldestelle gehalten werden. Es bleibt vorbehalten, a) die Anmeldefrist nach dem 9. März 1973 vorzeitig zu beenden, b) die Entgegennahme von Rheinstahl-Aktien von einem noch festzulegenden Höchstbetrag ab zu repartieren, c) von dem Angebot zurückzutreten, sofern die zur Verfügung gestellten Rheinstahl-Aktien einen Nominalbetrag von 51 % des gegenwärtigen Grundkapitals der Rheinstahl AG nicht erreichen. Sollte von diesem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht werden, so wird dies innerhalb von drei Wochen nach Ablauf der Angebotsfrist im Bundesanzeiger und in den Tageszeitungen, in denen das vorstehende Angebot veröffentlicht wurde, bekanntgegeben. Die Banken werden die Aktionäre über den Ankauf ihrer Aktien so bald wie möglich unterrichten und den Gegenwert für die übernommenen Aktien nach Ablauf der Angebotsfrist gutschreiben. Der Verkauf der Aktien ist für die Rheinstahl-Aktionäre frei von Provisionen und Spesen jeder Art sowie von Börsenumsatzsteuer. Im Februar 1973 August Thyssen-Hütte Aktiengesellschaft Duisburg-Hamborn Untersucht man dieses Angebot nach den herausgearbeiteten Ausgestaltungsfeldern, so ergibt sich folgender Befund: 1. Rechtliche Bindungswirkung: Das Angebot ist ausdrücklich in Form einer Aufforderung, Angebote abzugeben, formuliert. („Aktionäre, die von der Möglichkeit Aktien anzubieten Gebrauch machen wollen, werden gebeten, ihre Rheinstahl-Aktien [...] bei einer der nachstehenden Banken [...] anzumelden und zur Verfügung zu stellen.“) Bedingungen und Rücktrittsvorbehalte: Bei Nichterreichen eines Kapitalanteils von 51 % behält sich die August Thyssen-Hütte AG den Rücktritt vom Angebot vor. 43 44 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten 2. Art der Gegenleistung: Es handelt sich um ein ausschließliches Barangebot in inländischer Währung. 3. Preisregeln Geboten wird ein Festpreis von 125 DM je Aktie als Einheitspreis für alle Aktionäre. 4. Art der nachgefragten Wertpapiere Nachgefragt werden stimmberechtigte, voll eingezahlte Stammaktien mit Nennwert. Andere Gattungen waren zum Zeitpunkt des Angebots nicht im Umlauf. 5. Mengenregeln Die Nachfrage erfolgt bis zu einem „noch festzulegenden Höchstbetrag“, ist also mengenmäßig nicht von vornherein eindeutig fixiert. 6. Zuteilungsregeln Das Angebot enthält den Vorbehalt der Repartierung ab dem noch festzulegendem Höchstbetrag ohne nähere Bezeichnung des anzuwendenden Verfahrens 7. Annahmefrist Die Annahmefrist beträgt knapp 3 Wochen (26.02. – 16.03.) mit der Möglichkeit, nach Ablauf von ca. 2 Wochen die Frist vorzeitig zu beenden. 8. Zusammenarbeit mit Finanzintermediären Es wird ein Bankenkonsortium unter der Führung der Dresdner Bank und der Deutschen Bank eingeschaltet, dem die Aktien angeboten werden sollen und welches für die August Thyssen-Hütte AG die Aktien erwerben soll. 9. Wiederholung und Änderung des Angebots Der Bieter behält sich vor, die Annahmefrist vorzeitig zu beenden. 5 Zur Diskussion um die Regulierung von Übernahmen in der Literatur 5 Zur Diskussion um die Regulierung von Übernahmen in der Literatur 5.1 Überblick 45 Zum Abschluss des Grundlagenteils sollen einige ausgewählte Argumentationen zur Regulierung von Übernahmen aus der Literatur grob skizziert werden. Dies erscheint hilfreich, um verschiedene im weiteren Verlauf der Arbeit angestellte Überlegungen einordnen zu können. Während die wissenschaftliche Diskussion um die Regulierung von Übernahmevorgängen in Deutschland erst in den letzten ungefähr 10 Jahren vor der Verabschiedung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes intensiver geführt wird, findet sich in der US-amerikanischen Literatur bereits sehr viel früher ein lebhafter Disput um die ökonomischen Vorzüge und Nachteile einer derartigen Regulierung. Daher werden zunächst einige grundlegende Positionen der amerikanischen Diskussion um die Regulierung von Übernahmen vorgestellt, bevor anschließend auf das deutsche Schrifttum eingegangen wird. 5.2 Amerikanische Diskussion Die Diskussion um die Regulierung von Übernahmen ist in den USA durch eine klare Trennung von zwei Argumentationsschulen gekennzeichnet. Dabei lässt sich die Zielvorstellung der Befürworter einer Regulierung mit dem Schlagwort „Sole Owner Standard“ und diejenige der Gegner mit dem Begriff „Market Standard“ kennzeichnen. Als Hauptverfechter des „Sole Owner Standards“ sind vor allem BEBCHUK und GILSON anzusehen. Die Zielvorstellung der Befürworter dieses Standards ist, dass eine Übernahme nur dann stattfinden sollte, wenn auch ein Alleineigentümer verkaufen würde bzw. wenn wenigstens die Mehrheit der Aktionäre den gebotenen Preis höher als den Wert der Aktien bei unterstellter Unabhängigkeit ansieht.1 Die Problematik bei einem Übernahmeangebot ergibt sich daraus, dass die Aktionäre ihr Handeln nicht koordinieren können. Jeder Aktionär trifft seine Entscheidung in Unkenntnis der Entscheidung der anderen Aktionäre. Hierdurch kann es dazu kommen, dass eine Übernahme stattfindet, obwohl die Mehrheit der Aktionäre bei koordiniertem Verhalten nicht verkaufen würde. Der Grund hierfür kann darin liegen, dass Aktionäre nach einer Übernahme mit einer Verringerung des Wertes 1 Vgl. BEBCHUK (1985), S. 1697 – 1698; BEBCHUK (1988), S. 197 – 198. 45 46 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten ihrer Aktien rechnen. Aus Angst, bei Nichtverkauf in die nachteilige Position eines Minderheitsaktionärs zu geraten, könnten Aktionäre sich gezwungen sehen, auch zu einem Preis unterhalb ihrer Werteinschätzung der Aktien bei Unabhängigkeit zu verkaufen.1 Um der hierdurch möglichen Schädigung der Aktionäre entgegen zu wirken, diskutiert BEBCHUK verschiedene Regulierungsvorschläge für Übernahmeangebote. So schlägt er z.B. vor, die Einreichung der Aktien zum Verkauf mit einem zustimmenden oder ablehnenden Votum der Aktionäre zu versehen. Nur wenn der Bieter die Zustimmung der Mehrheit erreicht, soll er die gewünschte Anzahl Aktien erwerben dürfen, andernfalls höchstens einen nichtkontrollierenden Block.2 Auf dem gleichen Prinzip basiert auch sein alternativer Vorschlag, eine gesonderte Abstimmung herbeizuführen, in der die Aktionäre darüber entscheiden, ob der Bieter im Rahmen eines Angebots eine Kontrollmehrheit erwerben darf.3 Bei beiden Vorschlägen können die Aktionäre die Übernahme ablehnen, wenn ihnen der Preis nicht angemessen erscheint, ohne damit gleichzeitig der Konsequenz ausgesetzt zu sein, bei Gelingen der Übernahme automatisch Minderheitsaktionär zu werden. Hierdurch soll der beschriebene Druck von den Aktionären genommen werden. Außerdem soll die Regulierung Konkurrenzangebote ermöglichen. Dadurch soll die Differenz zwischen dem gebotenen Preis und dem Wert der Aktien bei Unabhängigkeit gemindert werden, da der Bieter damit rechnen muss, bei einem zu niedrigen Preis von einem Konkurrenten überboten zu werden.4 Weiterhin fordert BEBCHUK ein Verbot von Abwehrmaßnahmen durch das Management der Gesellschaft. Einerseits sieht er sie als Verschwendung von Ressourcen an, da sie einen persistenten Bieter kaum stoppen könnten, andererseits befürchtet er, das Management könne seine Macht zu eigenen Zwecken zum Nachteil der Aktionäre missbrauchen.5 Mit diesen Regulierungen von Übernahmeangeboten wollen die Verfechter des „Sole Owner Standards“ neben der Vermeidung der Schädigung der Zielgesell- 1 Vgl. BEBCHUK (1987), S. 911, 922 – 925. 2 Vgl. BEBCHUK (1985), S. 1747 – 1749; BEBCHUK (1987), S. 931 – 932; BEBCHUK (1988), S. 222. 3 Vgl. BEBCHUK (1985), S. 1757 – 1759; BEBCHUK (1987), S. 934 – 935; BEBCHUK (1988), S. 222 – 223. Ebenso BOOTH (1985), S. 657 – 661, BOOTH (1989), S.762 – 764. 4 Vgl. BEBCHUK (1982), S. 1038 – 1040. 5 Vgl. BEBCHUK (1985), S. 1742 – 1744; BEBCHUK (1988), S. 215. 5 Zur Diskussion um die Regulierung von Übernahmen in der Literatur 47 schaftsaktionäre auch die effiziente Verwendung der Unternehmensressourcen gewährleisten. Dem liegt die Idee zu Grunde, dass der Bieter in der Regel nur dann in der Lage sei, einen Preis zu bieten, der die Werteinschätzung der Aktien bei Unabhängigkeit einer Mehrheit der Aktionäre überschreitet, wenn er die Ressourcen produktiver einsetzen könne.1 Auch Bieterwettbewerbe würden dazu führen, dass die Unternehmensressourcen in die Hände desjenigen gelangten, der sie am effizientesten zu nutzen wisse.2 Die Anhänger des „Market-Standards“ plädieren gegen jede Regulierung von Übernahmen. Als Hauptverfechter des Standards gelten EASTERBROOK und FISCHEL. Ihr Leitbild ist das ungestörte Funktionieren des sog. „Marktes für Unternehmenskontrolle“. Dieser Begriff geht auf eine Theorie von MANNE zurück, der damit bereits Mitte der Sechzigerjahre gegen die amerikanische Anti-TrustGesetzgebung argumentiert hat.3 Die Theorie von MANNE baut ihrerseits auf der Hypothese von DEWEY auf, nach der Übernahmen letztlich nur eine „zivilisierte Alternative“ zum Konkurs eines Unternehmens seien, bei dem wie bei einer Übernahme Vermögenswerte eines niedergehenden Unternehmens zu einem aufstrebenden transferiert würden.4 Der „Markt für Unternehmenskontrolle“ beruht auf dem folgenden Prinzip: Es wird angenommen, dass die Qualität der Unternehmensführung und der Aktienkurs in hohem Maße korrelieren. Wird ein Unternehmen schlecht geführt, so führt das nach dieser Theorie dazu, dass der Marktpreis im Vergleich zu ähnlichen Unternehmen bzw. zu dem hypothetischen Marktpreis, der sich bei optimaler Führung ergäbe, sinkt. Übernahmen finden nach MANNE vor allem dann statt, wenn ein Erwerber glaubt, ein Unternehmen effizienter führen zu können. Der Markt für Unternehmenskontrolle soll daher zur gesamtwirtschaftlich optimalen Allokation der Ressourcen beitragen, da ineffizientes Management durch effizientes ersetzt wird. Zudem werde die Anzahl ressourcenverschwendender Konkurse verringert.5 Aus diesem Mechanismus werden daneben auch indirekte Effekte gefolgert. MANNE nimmt an, dass das Management, das bei Übernahmen mit einem Verlust seiner Stellung rechnen muss, verstärkte Anstrengungen unternehmen wird, so wirtschaftlich zu arbeiten, dass der Börsenkurs relativ zu anderen Unternehmen 1 Vgl. BEBCHUK (1985), S. 1764 – 1766. 2 Vgl. GILSON (1981), S. 872 – 874; GILSON (1982), S. 52; BEBCHUK (1982), S. 1041. 3 Vgl. MANNE (1965). 4 Vgl. DEWEY (1961). 5 Vgl. MANNE (1965), S. 112 – 119. 47 48 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten möglichst hoch ist.1 Die Angst vor Übernahmen führt nach dieser Theorie also zur Disziplinierung des Managements. Aus diesen positiven Wirkungen des „Marktes für Unternehmenskontrolle“ leiten die Anhänger des „Market-Standards“ die Forderung ab, jegliche Regulierung, die zu einer Abnahme der Übernahmetätigkeit führen würde, zu unterlassen. Als eine solche wird von EASTERBROOK und FISCHEL vor allem die Pflicht zur Gleichbehandlung von Aktionären angesehen, speziell von Paketaktionären und Kleinaktionären.2 Nach ihrer Auffassung sollte ein Rechtssystem versuchen, die Regeln nachzuahmen, die Aktionäre vor konkreten Übernahmeversuchen vereinbaren würden, wenn Verhandlungen und die Durchsetzung der Vereinbarungen kostenlos möglich wären. Sie behaupten, alle Aktionäre zögen ex ante Ungleichbehandlung einer Gleichbehandlungspflicht vor, weil dadurch ihre Chance auf Übernahmegewinne steige. Die Argumentation von EASTERBROOK/FISCHEL kann in drei Schritte gegliedert werden: 1. Übernahmen produzieren Gewinne für die Investoren. 2. Die Existenz oder das Ausmaß der Gewinne kann davon abhängen, dass diese ungleichmäßig verteilt werden. 3. Die Aktionäre bevorzugen ex ante ungleichmäßige Verteilung größerer Gewinne gegenüber gleichmäßiger Verteilung kleinerer Gewinne. Zu diesen Thesen im Einzelnen: • Mit der ersten These wird unmittelbar an die Theorie von MANNE angeknüpft. Als primäres Motiv für Übernahmen wird die Steigerung der Effizienz des Unternehmens angesehen. Ein Teil dieser Effizienzgewinne werde in Form einer Übernahmeprämie über den Marktpreis an die verkaufenden Aktionäre weitergegeben. Daher sei die Übernahme für alle Beteiligten Gewinn bringend. EASTERBROOK/FISCHEL geben zwar zu, dass es neben Effizienzsteigerungen auch andere Motive für Übernahmen wie etwa „EmpireBuilding“3 oder Ausbeutung geben könne, diese sehen sie jedoch als unbedeutende Ausnahmeerscheinungen an.1 1 Vgl. MANNE (1965), S. 113, 119. 2 Vgl. EASTERBROOK /FISCHEL (1982). 3 Die „Empire-Building“-Hypothese sieht das Motiv für Übernahmen in dem eigennützigen Wunsch der Manager akquirierender Unternehmen, die Größe ihres Unternehmens zu maximieren, da der persönliche Nutzen einer Managementposition mit der Größe des geleiteten Unternehmens positiv korreliert ist. Dieser Nutzen kann sich z.B. in einem höheren Gehalt, größerer Macht oder höherem sozialen Ansehen äußern. Vgl. zu dieser Hypothese REUL 5 Zur Diskussion um die Regulierung von Übernahmen in der Literatur 49 • Die zweite These basiert auf dem Argument, dass die Weitergabe einer Kontrollprämie an alle Minderheitsaktionäre dazu führen könne, dass der Erwerb für den Übernehmer nicht mehr lohnend sei, bzw. dass ein bisheriger Kontrollinhaber nicht verkaufen würde. Durch diese mögliche Blockade würden Übernahmegewinne verhindert.2 • Die Begründung für die dritte These beruht auf folgender Argumentation: Da nach der zweiten These manche Übernahmegewinne nur bei ungleichmäßiger Gewinnverteilung auftreten, sei der Erwartungswert des Gewinns für jeden Investor größer, wenn Ungleichbehandlung zugelassen werde. Damit werde auch der Aktienkurs höher liegen. Jeder Aktionär könne entweder seine Aktien zu diesem Kurs verkaufen oder versuchen an der Chance und am Risiko teilzuhaben. Dabei könne das Risiko, bei ungleicher Gewinnverteilung ex post den kleineren Anteil zu erhalten, durch ein breit gestreutes Portfolio wegdiversifiziert werden. Daher würden Aktionäre ex ante eine Ungleichverteilung von größeren Gewinnen einer Gleichverteilung von kleineren Gewinnen vorziehen.3 Als Schlussfolgerung aus dieser Argumentationskette lehnen EASTERBROOK und FISCHEL jede Regulierung ab, die einen Übernehmer zur Gleichbehandlung der Aktionäre verpflichtet. Wegen der nach ihrer Ansicht zwar seltenen, aber doch denkbaren Fälle, in denen Übernahmen allein durch Ausbeutung motiviert seien und keine Gesamtgewinne produzierten, könne allerdings eine Regel, nach der alle Aktionäre zumindest den Marktwert ihrer Aktien vor der Transaktion erhalten sollten, als nützliche „rule-of-thumb“ dienen, um wohlfahrtssteigernde von schädlichen Übernahmen zu trennen. Wenn jeder Aktionär mindestens das erhalte, was er vor der Übernahme hatte, und einige sogar eine Prämie erhielten, so müsse die Übernahme Gewinne produzieren.4 Hinsichtlich der Ablehnung der Zulässigkeit von Defensivstrategien durch das Management der Zielgesellschaft stimmen die Anhänger des „Market-Standards“ weitgehend mit den Vertretern des „Sole-Owner-Standards“ überein. In einem Punkt gehen sie sogar noch weiter: Während BEBCHUK zumindest solche Maßnahmen zulassen will, die zu einer Auktion um die Unternehmenskontrolle füh- (1991), S. 192 – 197; RÖHRICH (1992), S. 57 – 59; BUSCH (1996), S. 55 – 56; KRAUSE (1996a), S. 103 – 105. 1 Vgl. EASTERBROOK /FISCHEL (1982), S. 705 – 708. 2 Vgl. EASTERBROOK /FISCHEL (1982), S. 708 – 711. 3 Vgl. EASTERBROOK /FISCHEL (1982), S. 711 – 714. 4 Vgl. EASTERBROOK /FISCHEL (1982), S. 715. 49 50 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten ren,1 lehnen EASTERBROOK/FISCHEL auch solche Maßnahmen strikt ab. Sie begründen dies mit dem Argument, dass ein erwarteter Bieterwettbewerb Rückwirkungen auf die Suchaktivitäten von Übernehmern habe. Ein durch einen Bieterwettbewerb verursachter höherer Übernahmepreis würde den Gewinn eines Übernehmers schmälern. Zusätzlich erhöhe sich die Gefahr, dass ein anderer Bieter zum Zuge komme, sodass dann die Suchkosten umsonst aufgewendet wären. Dies könnte nach EASTERBROOK/FISCHEL dazu führen, dass potenzielle Übernehmer ihre Suchaktivitäten einstellen oder reduzieren. Hierdurch käme es dann zu einer Verringerung der Anzahl von Übernahmen, was auf lange Sicht weder im Interesse der Aktionäre noch der Gesellschaft sei.2 5.3 Deutsche Diskussion In der deutschen Diskussion zur Regulierung von Übernahmeangeboten überwiegen bislang die Stellungnahmen juristischer Autoren, bei denen ökonomische Überlegungen zwar teilweise eingebunden werden, diese aber eher an der Oberfläche bleiben. Nur ganz vereinzelt haben sich bisher wirtschaftswissenschaftliche Fachvertreter mit der Thematik beschäftigt.3 Innerhalb der Diskussion haben sich zwei Schwerpunkte herausgebildet, nämlich • die Zulässigkeit und Wirkung von Abwehrmaßnahmen und • Pflichtangebote und Übernahmeangebote, wobei sich die überwiegende Anzahl der Veröffentlichungen auf den erstgenannten Themenbereich bezieht.4 Entsprechend der Schwerpunktsetzung dieser Arbeit soll hier nur auf einige Argumentationen zum zweitgenannten Themenkomplex eingegangen werden. 1 Vgl. BEBCHUK (1982), S. 1028 – 1030, 1034 – 1046. 2 Vgl. EASTERBROOK /FISCHEL (1981), S. 1175 – 1180. 3 Insbesondere sind PRANTL (1994), MUNSCHECK (1999), RAU-BREDOW (1999a), RAU-BREDOW (1999b) und HOUBEN (2000) zu nennen. Daneben gibt es einige Arbeiten von juristischen Fachvertretern, die in größerem Umfang ökonomische Überlegungen beinhalten. Diesbezüglich sollen hier vor allem die Monographien von REUL (1992), BUSCH (1995); KRAUSE (1996a) und E TZBACH (1999) hervorgehoben werden. 4 Vgl. z.B. HAUSCHKA/ROTH (1988); OTTO (1988); ADAMS (1990); EBENROTH /DAUM (1991); MICHALSKI (1997); KLEIN (1997); WOLF (1998); KIRCHNER (1999); KIRCHNER (2000); DIMKE/HEISER (2000); KALLMEYER (2000); HIRTE /SCHANDER (2000); ALTMEPPEN (2001); BAUDISCH/GÖTZ (2001); BECKER (2001); GRUNEWALD (2001); KÖRNER (2001); MAIERREIMER (2001); MERKT (2001); WIESE/DEMISCH (2001); WACKERBARTH (2001); KRAUSE (2000); KRAUSE (2002); KUHNER/SCHILLING (2002). 5 Zur Diskussion um die Regulierung von Übernahmen in der Literatur 51 Die Pflichtangebotsregelung wird vorrangig unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes diskutiert. Dabei beschäftigt sich ein Teil der Literatur mit der Frage, ob die Regelung überhaupt notwendig ist. Von einzelnen Autoren wird die Meinung vertreten, das bestehende konzernrechtliche Schutzsystem mache ein Pflichtangebot entbehrlich.1 Das Konzernrecht sei durchaus in der Lage, eine Ausbeutung der abhängigen Gesellschaft zu verhindern, sodass Minderheitsaktionäre nichts zu befürchten hätten. Die weit überwiegende Mehrheit der Stimmen geht demgegenüber davon aus, dass der Minderheitenschutz durch das Konzernrecht nicht in ausreichendem Maße gewährleistet sei, sodass ein Pflichtangebot als Ergänzung dieses Schutzsystems angezeigt sei.2 Vor allem PRANTL und MUNSCHECK untersuchen in ihren Arbeiten sehr ausführlich die Wirksamkeit der konzernrechtlichen Schutzvorschriften und kommen beide zu dem Ergebnis, dass der hierdurch gewährte Minderheitenschutz unzureichend sei.3 Aus den Schwächen des konzernrechtlichen Schutzsystems wird gefolgert, dass der Schutz nicht erst bei einem bestehenden Konzern ansetzen dürfe, sondern bereits auf die Stufe der Konzernbegründung vorverlagert werden müsse (Konzernbildungskontrolle).4 Eine Pflichtangebotsregelung soll den Minderheitenschutz dadurch verbessern, dass den Aktionären eine Möglichkeit zum Ausstieg aus der Gesellschaft gegeben wird, sodass sie von der eigentlichen Schädigung nicht mehr betroffen werden können.5 Es handelt sich insofern um einen Ex-ante-Schutzmechanismus. Eng mit diesem Problemkreis verknüpft ist die Frage der Ausgestaltung von Pflichtangeboten. Damit die Regelung nicht ins Leere läuft, wird zum einen gefordert, dass sich das Angebot an alle Aktionäre richten muss (Vollangebot). Damit soll sichergestellt werden, dass jeder, der von potenziellen Ausbeutungen betroffen sein kann, die Ausstiegsmöglichkeit erhält.6 Zum anderen soll die Vorschrift mit Mindestpreisregeln versehen sein, um zu verhindern, dass ein Bieter sich der Pflicht durch ein extrem niedriges Angebot faktisch entziehen kann.7 1 Vgl. z.B. ASSMANN (1995), S. 570 – 571; KALLMEYER (1997), S. 436 – 437; ALTMEPPEN (2001), S. 1082 –1083. 2 Vgl. z.B. KRAUSE (1996b), S. 897 – 898; HOPT (1997), S. 387 – 388; BENNER/HEINACHER (1997), S. 2521; HOUBEN (2000), S. 1875 – 1876; ETZBACH (2002), S. 78 – 93. 3 Vgl. PRANTL (1994), S. 65 – 148; MUNSCHECK (1999), S. 59 – 117. 4 Vgl. z.B. KRAUSE (1996b), S. 897; REUL (1991), S. 283 – 285; PRANTL (1994), S. 72 – 74, 147 – 148; KRAUSE (1996b), S. 897 – 898; ETZBACH (1999), S. 88 – 90. 5 Teilweise wird sogar noch weitergehend gefordert, das Anbot müsse an alle Inhaber von Wertpapieren mit gewinnabhängigen Ansprüchen gerichtet sein. So HOUBEN (2000), S. 1876. 6 Vgl. HOUBEN (2000), S. 1879; ETZBACH (2002), S. 74 – 75, 138. 7 Vgl. MERTENS (1990), S. 256; ROOS (1996), S. 2184; HOUBEN (2000), S. 1879; ETZBACH (2002), S. 75, 139. 51 52 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten Die Diskussion um Übernahmeangebote und Pflichtangebote wird in der Literatur nicht immer klar getrennt. So wird etwa die primär auf Pflichtangebote ausgerichtete Argumentation des Minderheitenschutzes vielfach auch auf Übernahmeangebote ausgeweitet bzw. gar nicht erst unterschieden.1 Dabei wird allerdings übersehen, dass es sich um verschiedene Angebotssituationen handelt: Während ein Übernahmeangebot auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet ist, muss ein Pflichtangebot nach erfolgtem Kontrollerwerb für die restlichen Aktien abgegeben werden. Offenbar gehen die Autoren implizit davon aus, dass nach einem Übernahmeangebot kein Pflichtangebot mehr abgegeben werden muss. In diesem Fall ergeben sich die an Pflichtangebote gestellten Anforderungen auch für Übernahmeangebote. Ist jedoch auch nach einem erfolgreichen Übernahmeangebot für die nicht gekauften Aktien noch ein Pflichtangebot abzugeben, so ist die Übertragung der Regeln für die Ausgestaltung von Pflichtangeboten auch auf Übernahmeangebote weit weniger selbstverständlich. Hierauf wird im Verlauf der Arbeit noch einzugehen sein. Die überwiegende Mehrheit der bisherigen Veröffentlichungen argumentiert auf rein verbaler Ebene. Modelltheoretische Analysen finden sich nur vereinzelt und beleuchten jeweils nur bestimmte Ausschnitte der Problematik. So wird insbesondere die mögliche Blockadewirkung von Pflichtangeboten nach einem Paketerwerb von mehreren Autoren anhand eines Modells oder von Beispielrechnungen, hinter denen eine Modellvorstellung zumindest vermutet werden kann, behandelt.2 Gemeinsame Modellannahmen sind offenbar die Folgenden: • Ein Unternehmen hat vor einer Übernahme einen kontrollierenden Paketaktionär und eine Vielzahl von Minderheitsaktionären. • Das Unternehmen hat für alle Aktionäre den gleichen Wert. • Den Wert einer Aktie bestimmen sie als Anteil dieses Unternehmenswertes. Dieser Wert stellt zugleich den Börsenkurs dar. • Daneben erhält der Kontrollaktionär durch Ausbeutung Sondervorteile. • Der gesamtwirtschaftliche Wert des Unternehmens ergibt sich als Summe des Unternehmenswertes und der Sondervorteile. • Ein Übernehmer muss dem bisherigen Kontrollinhaber dessen Grenzpreis, bestehend aus dem Beteiligungswert und den Sondervorteilen, bezahlen. 1 Vgl. z.B. PRANTL (1994), S. 207 – 208; KRAUSE (1996a), S. 122- 123, BENNER-HEINACHER (1997), S, 2521; HOUBEN (2000), S. 1883. 2 Vgl. REUL (1991), S. 213 – 222, RAU-BREDOW (1999a), S. 131 – 164; RAU-BREDOW (1999b); HOUBEN (2000), S. 1881 – 1883. 5 Zur Diskussion um die Regulierung von Übernahmen in der Literatur 53 • Unter dem neuen Kontrollinhaber können sich sowohl der Unternehmenswert als auch die Höhe der Sondervorteile ändern und damit auch der gesamtwirtschaftliche Wert des Unternehmens. • Wird der gesamtwirtschaftliche Wert des Unternehmens durch eine Übernahme gesteigert, so wird die Übernahme als effizient bezeichnet. Unter diesen recht einfachen Modellannahmen kommen alle Autoren zu dem Ergebnis, dass ohne Pflichtangebotsregelung ineffiziente Übernahmen möglich sind. Dies ist unter den gegebenen Modellvoraussetzungen einleuchtend: Zu einer im beschriebenen Sinne ineffizienten Übernahme kommt es immer dann, wenn eine Steigerung der Sondervorteile größer ist als die Verringerung des anteiligen Unternehmenswertes des Paketes, aber kleiner als die Verringerung des gesamten Unternehmenswertes. Weiterhin kommen alle zu dem Ergebnis, dass unter bestimmten Voraussetzungen durch Pflichtangebote Übernahmen verhindert werden können. Unterschiede ergeben sich allerdings in der Bewertung der verhinderten Transaktionen: • REUL fordert in seiner Arbeit vehement eine Gleichbehandlung von Paketaktionären und Minderheitsaktionären. Diese soll dadurch gewährleistet werden, dass der Erwerber einer Kontrollbeteiligung verpflichtet wird, allen anderen Aktionären anzubieten, ihre Aktien zum gleichen Preis pro Aktie zu erwerben (Pflichtangebot mit Gleichpreisregel).1 Er gibt zwar zu, dass eine solche Pflicht auch effiziente Übernahmen verhindern könne. Nach seiner Interpretation werden aber nur solche Übernahmen verhindert, die trotz Effizienzsteigerung noch die Ausbeutung der Minderheitsaktionäre erfordern, um aus Sicht des Übernehmers vorteilhaft zu sein. Diese Auffassung begründet er wie folgt: Ein Verzicht auf Ausbeutung sei nur dann möglich, wenn die Steigerung des gesamtwirtschaftlichen Unternehmenswertes so groß sei, dass sich auch eine Vollakquisition (mit gleichem Preis auch für Minderheitsaktionäre) aus der Sicht des Bieters rechne. Solche Übernahmen würden also nicht verhindert. Bei einer geringeren Effizienzsteigerung sei aber immer noch Ausbeutung notwendig, damit die Transaktion für den Übernehmer gewinnbringend sei. Nur solche Übernahmen würden verhindert. Hierin sieht er eine positive Selektionswirkung der Regelung.2 REUL versucht mit seinem Modell, der Argumentation von EASTERBROOK/ FISCHEL entgegenzutreten. Seine Beweisführung erscheint jedoch nicht ganz stimmig. Zunächst bezeichnet er als Ausbeutung den Genuss von Sonder- 1 Vgl. REUL (1991), S. 214. 2 Vgl. REUL (1991), S. 216 – 222. 53 54 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten vorteilen.1 Bei seiner Behauptung, durch den Zwang zur Gleichbehandlung würden nur solche Übernahmen verhindert, die auf eine weitere Ausbeutung der Minderheit angewiesen seien, wird aber ein anderes Verständnis zu Grunde gelegt. Hier meint der Autor mit Ausbeutung, dass den Aktionären ein Preis gezahlt wird, der unterhalb ihres proportionalen Anteils am gesamtwirtschaftlichen Wert nach vollzogener Übernahme liegt.2 Ein Verzicht auf Ausbeutung im Sinne von Genuss von Sondervorteilen ist nämlich sehr wohl auch schon bei einer geringeren Effizienzsteigerung möglich, wenn Paketinhaber und Minderheitsaktionäre zu ungleichen Preisen abgefunden werden dürfen.3 Insofern lautet der versteckte Kern der Argumentation von REUL: Gleichbehandlung verhindert nur Übernahmen, bei denen keine Gleichbehandlung möglich ist. Sie stellt insofern einen Zirkelschluss dar. REUL behauptet, eine wesentliche und entscheidende Lücke in der Theorie von EASTERBROOK/FISCHEL aufgedeckt zu haben, nämlich dass die Transaktionen, die verhindert würden, gerade diejenigen wären, die eine ungleiche Ertragsverteilung erforderten.4 Dies ist jedoch in Wahrheit keine Lücke in deren Argumentation, sondern eine ihrer wesentlichen Kernaussagen. EASTERBROOK/ FISCHEL fordern ja gerade die Zulässigkeit von Ungleichbehandlung, um insgesamt eine höhere Anzahl effizienzsteigernder Transaktionen zu ermöglichen.5 • RAU-BREDOW kommt zu dem Ergebnis, dass bei einem Pflichtangebot mit Gleichpreisregel alle ineffizienten Übernahmen verhindert werden.6 Dieses Ergebnis ist bei der gegebenen Definition der Effizienz auch ohne umständlichen Beweis unmittelbar einsichtig. Wenn der Übernehmer nicht nur dem Paketaktionär Sondervorteile vergüten muss, sondern auch den Minderheitsaktionären, die diese bisher gar nicht hatten, so kann er dies nur, wenn er den gesamtwirtschaftlichen Unternehmenswert um mindestens diesen an die Minderheitsaktionäre zu zahlenden Zuschlag erhöhen kann. Er stellt weiterhin fest, dass bei einem solchen Pflichtangebot auch effiziente Übernahmen verhindert werden können. Dabei geht er davon aus, dass die durch die Blockade effizienter Übernahmen entgehenden Gewinne im Durch- 1 Vgl. REUL (1991), S. 214. 2 Vgl. REUL (1991), S. 216 – 218. 3 Dies zeigen schon die nachfolgend beschriebenen Überlegungen von HOUBEN. Vgl. HOUBEN (2000), S. 1882 – 1883. 4 Vgl. REUL (1991), S. 219. 5 Vgl. EASTERBROOK /FISCHEL (1982), S. 698, 708 –710. Vgl. auch die Ausführungen in Abschnitt B 5.2. 6 Vgl. RAU-BREDOW (1999b), S. 152; RAU-BREDOW (1999b), S. 768. 5 Zur Diskussion um die Regulierung von Übernahmen in der Literatur 55 schnitt mindestens so groß sind, wie die durch die Möglichkeit ineffizienter Übernahmen ohne Regulierung auftretenden Verluste.1 • Auch HOUBEN kommt anhand von Beispielrechnungen zu dem Ergebnis, dass die Gleichpreisregel dazu führt, dass effiziente Übernahmen verhindert werden können und lehnt die Regel daher ab. Ein durch ein Pflichtangebot mit Börsenpreisregel sichergestellter Minderheitenschutz sorge dagegen dafür, dass weder effiziente Übernahmen verhindert würden noch ineffiziente Kontrollwechsel stattfinden könnten.2 Die Unterschiede in den Wertungen insbesondere zwischen REUL und HOUBEN ergeben sich aus einem unterschiedlichen Verständnis, welcher Preis den Minderheitsaktionären für ihre Aktien „gerechterweise“ zusteht. RAU-BREDOW bezieht dagegen derartige Gerechtigkeitsüberlegungen gar nicht erst in seine Argumentation ein, sondern betrachtet ausschließlich die Effizienz. HOUBEN sieht es als ausreichend an, dass sich die Minderheitsaktionäre nach der Übernahme nicht schlechter stehen als vorher. Seine Referenzlinie ist also das Vermögen in der Ausgangssituation vor der Übernahme. Erhalten die Minderheitsaktionäre mehr als den Wert ihrer Aktien vor der Übernahme, so wird dies als Gewinn interpretiert. REUL hingegen fordert eine umfassende Gleichbehandlung. Danach dürfen die Minderheitsaktionäre keinesfalls weniger erhalten als ein Paketaktionär. Die aus diesem Gleichbehandlungsparadigma gezogene Konsequenz ist ausgesprochen weitreichend. REUL will lieber auf eine Besserstellung der Minderheitsaktionäre gegenüber der Situation vor der Übernahme verzichten, als Ungleichbehandlung zuzulassen, die diese Besserstellung ermöglichen würde. Neben den genannten Referenzlinien für die Beurteilung eines Systems zum Schutz der Minderheitsaktionäre sind auch noch andere Bezugsgrößen denkbar. Solche Werte sind Ausdruck dessen, was der jeweilige Autor im Rahmen einer ethisch-normativen Festlegung als „gerecht“ ansieht. Auf diese Problematik wird im Rahmen der Interpretation der eigenen Modellergebnisse noch einmal eingegangen werden. 1 Vgl. RAU-BREDOW (1999a), S. 153 – 154; RAU-BREDOW (1999b), S. 769. 2 Vgl. HOUBEN (2000), S. 1882 – 1883. 55 56 Kapitel B Grundlagen zu Unternehmensübernahmen und öffentlichen Angeboten C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten 58 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten 1 Vorbemerkung 1 59 Vorbemerkung Im vorliegenden Kapitel C wird die Regulierung von öffentlichen Angeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz dargestellt, die in den nachfolgenden Kapiteln ökonomisch analysiert werden soll. Dabei soll die Konzeption des Gesetzes verdeutlicht und ein systematischer Überblick über die vielfältigen und teilweise komplizierten Regelungen gegeben werden. Zum besseren Verständnis und zur Einordnung der nachfolgenden Abschnitte wird zunächst kurz auf die historische Entwicklung des Gesetzes eingegangen. Sodann werden die Ziele, die der Gesetzgeber mit der Regulierung verfolgt, näher beleuchtet. Es folgt die Erläuterung der Zusammenhänge zwischen den verschiedenen im Gesetz beschriebenen Angebotsarten sowie der allgemeinen Grundsätze bei öffentlichen Angeboten. Der Schwerpunkt der Ausführungen in Kapitel C liegt bei der Beschreibung der Pflichten des Bieters bezogen auf die Ausgestaltung des öffentlichen Angebots. Anknüpfend an Abschnitt B 4 wird aufgezeigt, welche der dort beschriebenen grundsätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach Verabschiedung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes dem Bieter nicht mehr offen stehen und welche weiterhin zulässig sind. Dabei wird die dort entwickelte Systematisierung der Gestaltungsfelder den Ausführungen zu Grunde gelegt. Daneben werden auch die umfangreichen Veröffentlichungs- und Meldepflichten überblicksartig dargestellt. Danach wird noch kurz auf die Pflichten des Managements der Zielgesellschaft eingegangen. Zuletzt werden die Sanktionen bei Verstößen gegen Vorschriften des Gesetzes dargelegt. Trotz der in Teilbereichen ausführlichen Darstellung wird nicht der Anspruch erhoben, dass die Regelungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes in Gänze und im Detail dargestellt werden. Auch wird nicht umfassend auf alle juristischen Einzelaspekte und die dazu in der Literatur geführten Diskussionen eingegangen. Dies kann auch nicht Zweck einer ökonomischen Arbeit sein. Hierzu sei auf die zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz erschienenen Kommentierungen verwiesen.1 Vielmehr ist die Ausführlichkeit der Darstellung am Ziel dieser Arbeit, der ökonomischen Analyse der Regulierung, orientiert. Daher werden insbesondere die Pflichten des Bieters, die ihn in der Freiheit einschränken, das Angebot auszugestalten, ausführlich behandelt, während die anderen Teilbereiche knapper dargestellt werden. Dennoch soll der Leser zumindest einen Überblick über den gesamten materiellen Regelungsinhalt des Gesetzes erlangen. Erst dies ermöglicht eine Einordnung des Ausschnitts der Regulierung, der im weiteren Verlauf der Arbeit der modelltheoretischen Analyse unterzogen wird. Auf die im Gesetz enthaltenen formellen Regelungen wird hingegen nicht eingegangen. 1 Vgl. GEIBEL /SÜßMANN (2002); STEINMEYER/HÄGER (2002). 59 60 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten 2 Historische Entwicklung des Übernahmegesetzes 2.1 EU-Ebene Die Entstehung des deutschen Übernahmegesetzes ist in engem Zusammenhang mit den Beratungen über eine (bis heute nicht erlassene) EU-Übernahmerichtlinie zu sehen.1 Den Ausgangspunkt für die Entwicklung bildet ein 1974 im Auftrag der europäischen Kommission erstellter Bericht des Briten PENNINGTON über „Übernahmeangebote und andere Angebote“.2 Dieser Vorschlag, der inhaltlich eng am bereits seit 1968 in Großbritannien gültigen „City Code on Takeovers and Mergers“ orientiert war,3 konnte allerdings schon innerhalb der Kommission keine Mehrheit auf sich vereinen, sodass dieser erste Versuch zur Erarbeitung eines Richtlinienvorschlags bereits im frühen Stadium scheiterte.4 In den Jahren 1987 bis 1990 wurden mehrere Vorschläge für eine 13. EURichtlinie betreffend Übernahmen erarbeitet, über die jedoch im Rat keine Einigkeit erzielt werden konnte, sodass die Verhandlungen im Juni 1991 ausgesetzt wurden.5 Auch die Bundesrepublik Deutschland lehnte damals die Richtlinie insbesondere wegen der in den Vorschlägen enthaltenen Pflichtangebotsregelung ab.6 Um den Widerstand dieses wichtigen Mitgliedsstaates zu beseitigen, wurde in den neuerlichen Vorschlägen von 1996 und 1997 zugelassen, dass die einzelnen Staaten bei der Umsetzung der nunmehr nur noch als Rahmenrichtlinie vorgesehenen Norm von einer Pflichtangebotsregelung absehen könnten, wenn „andere mindestens gleichwertige Vorkehrungen“ den Minderheitenschutz im nationalen Recht sicher stellten.7 Diese auf das deutsche Konzernrecht zugeschnittene Aus- 1 Zur historischen Entwicklung auf EU-Ebene vgl. auch: PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 4 – 5; SCHÜPPEN (2001), S. 959; ZINSER (2002), S. 15. 2 Sog. PENNINGTON-Entwurf, EG-KOMMISSION (1974). Vgl. hierzu BEHRENS (1975); BESS (1976); BECKMANN (1995). 3 Zum City Code vgl. PRENTICE (1992), KRAUSE (1996a), S. 42 – 92; DEFRIEZ (1999); HEINRICH (2002). 4 Vgl. PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 4; ROßKOPF (2000), S. 267, ZEHETMEIER-MÜLLER (2002), S. 42. 5 Vgl. ROßKOPF (2000), S. 270, ZEHETMEIER-MÜLLER (2002), S. 42 – 43. Eine Gegenüberstellung des PENNINGTON-Entwurfs von 1974, des Vorentwurfs von 1987 und des Entwurfs von 1989 findet sich bei PELTZER (1990). 6 Vgl. HOPT (1997), S, 373; NEYE (2000), S. 292; CAHN/SENGER (2002), S. 277. 7 Zu den Vorschlägen im einzelnen vgl. KRAUSE (1996c); NEYE (1996); HABERSACK/MAYER (1997); PELTZER (1997); MONTI (1999); MERKT (2001), S. 230 – 232. 2 Historische Entwicklung des Übernahmegesetzes 61 nahme stieß bei den meisten Mitgliedsstaaten – zum völligen Unverständnis der deutschen Abgesandten – auf breite Ablehnung. So führt etwa NEYE, der damalige Leiter der deutschen Delegation, als Grund für die Ablehnung den Umstand an, dass in den anderen Mitgliedsstaaten (bis auf Portugal) das „in Europa einzigartige deutsche konzernrechtliche Schutzsystem in den §§ 304 ff. AktG, das die Kommission im Auge hatte, weitgehend unbekannt war und leider auch trotz wiederholter Erläuterung in den Einzelheiten nicht verstanden wurde.“1 Um einer europaweiten Regelung nicht weiter im Wege zu stehen, aber auch weil in Deutschland die Stimmen zugenommen hatten, die eine Gleichwertigkeit der deutschen Schutzvorschriften mit dem Pflichtangebot zumindest für den Fall des sog. faktischen Konzerns in Frage stellten,2 beharrte Deutschland schließlich nicht länger auf seiner Position und trieb das Verfahren unter eigener Ratspräsidentschaft voran.3 So konnte im Juni 2000 ein gemeinsamer Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie verabschiedet werden.4 Im Dezember 2000 beschloss das europäische Parlament nochmals verschiedene Änderungen an dem gemeinsamen Standpunkt. Im nachfolgenden Vermittlungsverfahren, an dem Rat, Parlament und Kommission teilnahmen, konnte im Juni 2001 ein gemeinsamer Entwurf beschlossen werden, der jedoch im Juli 2001 vom europäischen Parlament mit denkbar knappstem Ergebnis (Stimmengleichheit) abgelehnt wurde.5 Die Verabschiedung einer europarechtlichen Regelung ist damit (vorerst) als gescheitert anzusehen. 1 NEYE (2000), S. 293. 2 Vgl. z.B. PRANTL (1994), S. 65 – 148; KRAUSE (1996b), S. 897 –898; HOPT (1997), S. 387 – 388; BENNER-HEINACHER (1997), S. 2521; MUNSCHECK (1999), S. 59 – 117; HOUBEN (2000), S. 1875 – 1876. 3 Vgl. PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 5. 4 Vgl. EU-Kommission (2000). Dazu vgl. NEYE (2000). 5 Vgl. MÖLLER /PÖTZSCH (2001), S. 1257. Zu den unterschiedlichen Diskussionspunkten im Vermittlungsverfahren LEHNE (2002), S. 34 – 43. 61 Kapitel C 62 2.2 Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Nationale Ebene In der Bundesrepublik Deutschland wurden bereits 1979 Leitsätze für Unternehmensübernahmen von der Börsensachverständigenkommission beim Bundesfinanzministerium1 als Wohlverhaltensregeln herausgegeben, blieben jedoch in der Praxis weitgehend unbeachtet.2 Diese Leitsätze wurden durch den 1995 erlassenen und 1998 überarbeiteten Übernahmekodex abgelöst.3 Dabei handelt es sich nach dem Vorbild des britischen City Code um eine freiwillige Selbstregulierung.4 Er enthielt im Gegensatz zu den Leitsätzen von 1979 als Zeichen des in Deutschland sich langsam vollziehenden Sinneswandels bereits eine Pflichtangebotsregelung, welche allerdings noch Ausnahmen von der Angebotspflicht vorsah, wenn bestimmte konzernrechtliche Schutzmechanismen aktiviert werden sollten.5 Es wird zwar vielfach betont, der Kodex hätte sich „in seiner praktischen Anwendung bewährt“ 6 (wenn auch ohne nähere Spezifizierung, worin die „Bewährung“ bestehen soll); es ist jedoch weithin unbestritten, dass er keine flächendeckende Anerkennung gefunden hat und damit nicht in gleichem Maße zur Kapitalmarktusance geworden ist wie etwa der britische City Code. So hatten im April 2001 von den 1016 inländischen börsennotierten Unternehmen (ohne Freiverkehr) gerade einmal 755 Gesellschaften den Kodex anerkannt, darunter 86 Unternehmen des DAX 100.7 Vor diesem Hintergrund hat sogar die Börsensachverständigenkommission selbst der Bundesregierung im Februar 1999 empfohlen, ein Übernahmegesetz zu erarbeiten.8 Parallel dazu regte im Winter 1999/ 2000 die medienwirksame Übernahme der Mannesmann AG durch die britische Vodafone plc. eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit über die Regulierung von Übernahmen an. Dieser Umstand mag 1 Abgedruckt bei BAUMBACH/HOPT (1995), S. 1399 – 1401. 2 PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 13; BUNDESREGIERUNG (2001), S. 27; HIRTE (2002b), S. 1 – 2. 3 Vgl. BÖRSENSACHVERSTÄNDIGENKOMMISSION (1998). (1995); BÖRSENSACHVERSTÄNDIGENKOM- MISSION 4 Vgl. zum rechtlichen Status und den resultierenden Konsequenzen ASSMANN (1995), S. 564 – 565. 5 Zum Übernahmekodex vgl. ASSMANN (1995); NEYE (1995); THOMA (1996); KALLMEYER (1996); KALLMEYER (1997a); KALLMEYER (1997b); KIRCHNER/EHRICKE (1998); SCHANDER (1998a); SCHANDER (1998b); LOEHR (1999); ETZBACH (2002), S. 163 – 222. 6 PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 13; ebenso B UNDESREGIERUNG (2001), S. 27. 7 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 27. 8 BÖRSENSACHVERSTÄNDIGENKOMMISSION (1999), S. 9. 2 Historische Entwicklung des Übernahmegesetzes 63 möglicherweise zu einer Beschleunigung des Verfahrens beigetragen haben.1 Im Frühjahr 2000 jedenfalls berief die Regierung eine Expertenkommission unter Federführung des Bundesministeriums der Finanzen ein, um Vorschläge für eine künftige gesetzliche Regelung zu erarbeiten.2 Schon im Mai 2000 veröffentlichte dieses Gremium 10 Eckpunkte für ein Übernahmegesetz, die dem Bundestag als Grundlage für ein künftiges Verfahren empfohlen wurden.3 Im Juni 2000 wurde ein Diskussionsentwurf, im März 2001 ein Referentenentwurf und im Juli 2001 ein Regierungsentwurf für ein Übernahmegesetz vorgelegt. Trotz des zwischenzeitlichen Scheiterns der 13. EU-Richtlinie hielt die Bundesregierung an den Plänen für ein deutsches Übernahmegesetz nun auch ohne europarechtliche Vorgabe weiter fest. Im September 2001 wurde das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz schließlich vom Bundestag beschlossen, im Dezember vom Bundesrat verabschiedet und es trat zum 01. Januar 2002 in Kraft. 1 Vgl. LAND/HASSELBACH (2000), S. 1747; ARCHNER (2001), S. 999; ZSCHOCKE (2002), S. 79. 2 Es sei nur am Rande erwähnt, dass der offizielle Prüfauftrag lautete, „die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung in Deutschland zu untersuchen und Vorschläge für eine künftige gesetzliche Regelung zu erarbeiten.“ BUNDESREGIERUNG (2001), S. 28. In wie weit die Kommission bei dieser Auftragsformulierung bei der Ergebnisfindung für den ersten Prüfungsteil (Prüfung der Notwendigkeit) frei war, mag der Leser selbst beurteilen. 3 Vgl. EXPERTENKOMMISSION (2000); BUNDESREGIERUNG (2001), S. 28. 63 64 3 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Ziele des Gesetzgebers bei der Regulierung von öffentlichen Angeboten Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs ist es das übergeordnete Ziel des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, „Rahmenbedingungen bei Unternehmensübernahmen und anderen öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren in Deutschland zu schaffen, die den Anforderungen der Globalisierung und der Finanzmärkte angemessen Rechnung tragen, und hierdurch den Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Deutschland auch im internationalen Wettbewerb weiter zu stärken.“1 Darüber, was nach Auffassung des Gesetzgebers genau die „Anforderungen der Globalisierung und der Finanzmärkte“ sind, kann allerdings nur spekuliert werden. Insbesondere scheinen hiermit jedenfalls die in der Begründung hervorgehobenen Einzelziele gemeint zu sein. Dies sind: • Schaffung von Leitlinien für ein faires und geordnetes Verfahren, welches Unternehmensübernahmen weder fördert noch verhindert, • Verbesserung von Information und Transparenz für Wertpapierinhaber und Arbeitnehmer, • Stärkung der rechtlichen Stellung von Minderheitsaktionären bei Unternehmensübernahmen und • Orientierung an international üblichen Standards.2 Gemäß der gewählten Schwerpunktsetzung dieser Arbeit steht das dritte der genannten Einzelziele im Vordergrund des Interesses. Es bestehen jedoch intensive Interdependenzen mit den ersten beiden Zielen, da die Stellung der Minderheitsaktionäre und ihre ökonomische Betroffenheit maßgeblich mitbestimmt wird von den Leitlinien für das Verfahren und den ihm zur Verfügung stehenden Informationen. Auf das vierte Einzelziel soll im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden, zumal bezweifelt werden kann, dass derartige Standards überhaupt existieren. Schon die scheinbare Unmöglichkeit, sich innerhalb der EU auf eine noch mit vielen Spielräumen für nationale Individualregelungen ausgestattete Rahmenrichtlinie zu einigen, sprechen für diese Einschätzung.3 Beachtet man weiter, dass eine große Anzahl von Staaten, darunter auch die USA als einer der 1 BUNDESREGIERUNG (2001), S. 28. 2 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 28; dazu ZEHETMEIER-MÜLLER (2002), S. 47 – 50. 3 Vgl. Abschnitt C 2.1. 3 Ziele des Gesetzgebers bei der Regulierung von öffentlichen Angeboten 65 wichtigsten Finanzplätze der Welt, keine vergleichbaren Regulierungen besitzen,1 so kann wohl von „international üblichen Standards“ keine Rede sein. Die Notwendigkeit der Stärkung der rechtlichen Stellung der Minderheitsaktionäre ergibt sich nach dem Gesetzgeber aus dem besonderen Schutzbedürfnis dieser Aktionäre beim erstmaligen Entstehen einer Kontrollstellung oder einem Kontrollwechsel.2 Im Kern geht es darum, dass es einem kontrollierenden Aktionär u.U. möglich ist, sich Sondervorteile aus der von ihm beherrschten Gesellschaft auf Kosten der verbliebenen Minderheitsaktionäre zu verschaffen (Ausbeutung der Minderheitsaktionäre). Den hieraus resultierenden Gefahren will das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz insbesondere durch die Pflichtangebotsregelung begegnen. Dem Minderheitsaktionär soll im Falle einer gelungenen Übernahme die Möglichkeit gegeben werden, seine Beteiligung an dem Unternehmen zu einem angemessenen Preis veräußern zu können. Daneben drohen durch die Möglichkeit der späteren Ausbeutung der verbleibenden Minderheitsaktionäre aber auch schon bei der Abgabe eines Übernahmeangebotes indirekte Gefahren. Durch die Antizipation der zu erwartenden Wertminderung der Aktien durch ausbeuterische Maßnahmen im Falle des Gelingens der Übernahme könnten die Aktionäre unter Druck geraten, ihre Aktien „zu billig“ zu verkaufen, um der Gefahr zu entgehen, als Minderheitsaktionäre in der Gesellschaft zu verbleiben und damit u.U. noch höhere Vermögenseinbußen zu erleiden. Auch dieser Gefahr will das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz durch verschiedenen Regelungen entgegenwirken.3 Mit den Regelungen des Wertpapierwerbs- und Übernahmegesetzes wird in den deutschen Rechtskreis erstmalig ein Präventivschutz der Aktionäre gegen die aus der Konzernierung ihrer Gesellschaft resultierenden Gefahren eingeführt. Insofern ist das Gesetz auf der Schnittstelle zwischen Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht einzuordnen.4 Die Notwendigkeit eines derartigen Präventivschutzes setzt das Versagen der konzernrechtlichen Vorkehrungen zum Schutz der Minderheitsge- 1 Zum Übernahmerecht in den USA vgl. BOZENHARDT (1990), S. 25 – 28; BUXBAUM (1992); RÖHRICH (1992), S. 114 – 158; HUTTER/LAWRENCE (1999). 2 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 34, S. 60. 3 Vgl. ZEHETMEIER-MÜLLER (2002), S. 49 – 50. Auf diese Gefahr hat bereits BEBCHUK hingewiesen. Vgl. BEBCHUK (1987), S. 911, 922 – 925. Vgl. dazu auch Abschnitt B 5.2. 4 Vgl. KRAUSE (1996b), S. 846; allgemein für die Regulierung von Übernahmeangeboten. Speziell für das WpÜG vgl. BERDING (2002), S. 1149 – 1150; STEINMEYER/HÄGER (2002), S. 77 – 78, die das WpÜG wegen der darin enthaltenen Ermächtigungen für die Wertpapieraufsicht daneben auch noch dem Aufsichtsrecht zuordnen. Zum Verhältnis des Übernahmerechts zum Umwandlungsrecht vgl. WEBER -REY/SCHÜTZ (2001). 65 66 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten sellschafter voraus, die auf einem System des Ausgleichs zugefügter Nachteile beruhen. Andernfalls wären entsprechende Regulierungen unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes zumindest überflüssig. Eine Rechtfertigung der noch darzustellenden weitreichenden Eingriffe in die Privatautonomie könnte dann jedenfalls nicht auf dieses Argument gestützt werden.1 Eine Untersuchung der Wirksamkeit konzernrechtlicher Regelungen ist jedoch nicht Thema dieser Arbeit. Hierzu muss auf das einschlägige Schrifttum verwiesen werden, in welchem im Ergebnis Konsens herrscht, dass der konzernrechtliche Minderheitenschutz zumindest lückenhaft ist, sodass trotz der Existenz dieses Schutzsystems noch vielfältige Möglichkeiten für einen Kontrollaktionär bestehen, sich Vorteile auf Kosten der Minderheitsaktionäre zu verschaffen.2 1 So deutet MÜLBERT die Pflichtangebotsregelung als „eine Art gesetzgeberisches Misstrauensvotum“ gegenüber den konzernrechtlichen Schutzvorschriften. MÜLBERT (2001), S. 1227. 2 Vgl. zum konzernrechtlichen Minderheitenschutz PRANTL (1994), S. 65 – 148; KRAUSE (1996b), S. 897 – 898; HOPT (1997), S. 387 – 388; BENNER-HEINACHER (1997), S. 2521; MUNSCHECK (1999), S. 59 – 117; HOUBEN (2000), S. 1875 – 1876. 4 Arten von Angeboten 67 4 Arten von Angeboten 4.1 Überblick Der Anwendungsbereich des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes erstreckt sich auf sämtliche Angebote zum Erwerb von (bestimmten) Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.1 Im Gesetz werden drei verschiedene Angebote unterschieden, nämlich • Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, • Übernahmeangebote und • Pflichtangebote. Jeder dieser Angebotsarten ist ein Abschnitt des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes gewidmet. Abb. C 1 verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen den genannten Ausdrücken.2 Angebote zum Erwerb von Wertpapieren Angebote zum Erwerb einer nichtkontrollierenden Beteiligung Übernahmeangebote zum Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung Angebote zur Aufstockung einer kontrollierenden Beteiligung Pflichtangebote nach Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung freiwillige Angebote Abb. C 1 Arten von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren 1 Vgl. § 1 WpÜG. 2 Zum Zusammenhang der verschiedenen im Gesetz genannten Angebotsarten vgl. ANGERER (2002), § 1, Rn. 6 – 12. 67 68 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Das Angebot zum Erwerb von Wertpapieren ist als Oberbegriff für alle öffentlichen Erwerbsangebote zu verstehen.1 Übernahmeangebote und Pflichtangebote sind demnach als spezielle Ausprägungen solcher Angebote zu verstehen. Wann ein Angebot als öffentlich anzusehen ist, wird gesetzlich nicht definiert. Der Gesetzgeber hat absichtlich von einer Legaldefinition abgesehen, um angesichts der Vielgestaltigkeit der möglichen Sachverhalte Umgehungsmöglichkeiten zu vermeiden.2 Bei der Beurteilung, ob es sich um ein öffentliches Angebot handelt, ist ausweislich der Gesetzesbegründung insbesondere darauf abzustellen, ob es sich nicht nur an einen begrenzten Personenkreis, sondern an eine Vielzahl von Wertpapierinhabern richtet. Daneben wird als erheblich angesehen, ob es sich nicht um ein individuell ausgehandeltes, sondern um ein einseitig formuliertes Angebot handelt. Auch können bestimmte typische Vertragselemente wie etwa Mindestquoten für das Vorliegen eines öffentlichen Angebots sprechen.3 4 Übernahmeangebote sind solche Angebote, die auf den Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung von (mindestens) 30 % gerichtet sind.5 Daneben kann ein Angebot auch abgegeben werden, um eine kleinere nichtkontrollierende Beteiligung zu erwerben oder um eine bestehende kontrollierende Beteiligung auszubauen. Diesen drei Arten von Angeboten ist gemeinsam, dass sie freiwillig abgegeben werden.6 Hiervon zu unterscheiden ist das Pflichtangebot. Ein solches muss grundsätzlich nach einem Kontrollerwerb unterbreitet werden.7 1 Vgl. hierzu näher Abschnitt C 4.2. 2 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 33; STEINMEYER /HÄGER (2002), § 1 Rn. 7. Hierzu kritisch: THAETER/BARTH (2001), S. 546 – 547. 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 33. Zu der Abgrenzung näher vgl. FLEISCHER (2001), S. 1658 – 1660; STEINMEYER/HÄGER (2002), § 1 Rn. 4 – 15; ANGERER (2002), § 1 Rn. 13 – 23; BAUM (2003). 4 Im Einzelfall kann sogar ein über die Börse abgegebenes Kaufangebot dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen. Dies kann dann der Fall sein, wenn begleitend auf geeignete Weise der Allgemeinheit kolportiert wird, dass jemand dazu bereit ist, Aktien zu bestimmten Konditionen auf diesem Wege zu erwerben. Vgl. STEINMEYER/HÄGER (2002), § 1, Rn. 10. Dieser Sonderfall wird jedoch in dieser Arbeit nicht weiter betrachtet., 5 Vgl. § 29 WpÜG. Vgl. zu Übernahmeangeboten näher Abschnitt C 4.3. 6 Die Freiwilligkeit bezieht sich darauf, dass keine Verpflichtung nach dem WpÜG vorliegt. Ein freiwilliges Angebot in diesem Sinne liegt also auch dann vor, wenn ein öffentliches Angebot abgegeben wird, um einer gesetzlichen Pflicht außerhalb des WpÜG zu genügen, etwa im Rahmen einer Abfindung gem. § 305 Abs. 1 AktG nach Abschluss eines Unternehmensvertrages. Vgl. STEINMEYER/HÄGER (2002), § 2 Rn. 2- 4, mit weiteren Beispielen. 7 Vgl. § 35 WpÜG. Vgl. zu Pflichtangeboten näher Abschnitt C 4.4. 4 Arten von Angeboten 69 Entsprechend diesem Zusammenhang haben die im Abschnitt 3 des Gesetzes (§§ 10 – 28) niedergelegten Vorschriften grundsätzlich für alle Angebote zum Erwerb von Wertpapieren Gültigkeit, also auch für Übernahmeangebote und Pflichtangebote. Während für die beiden anderen Formen der freiwilligen Angebote die Vorschriften des Abschnitts 3 allein ausschlaggebend sind, gelten für Übernahmeangebote zusätzlich die strengeren Vorschriften des Abschnitts 4 (§§ 29 – 34).1 Sofern sich hieraus Abweichungen zu den (allgemeinen) Vorschriften für alle Angebote ergeben, gehen diese speziellen Reglungen vor. Begründet werden die für Übernahmeangebote strengeren Vorschriften mit dem bereits erwähnten besonderen Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre beim erstmaligen Entstehen einer Kontrollstellung bzw. bei einem Kontrollwechsel.2 Obwohl es sich bei einem Pflichtangebot nicht um ein Übernahmeangebot, sondern um ein Angebot nach im Sinne des Gesetzes erfolgter Übernahme handelt, gelten für diese ebenfalls zusätzlich zu den Vorschriften des Abschnitts 3 diejenigen des Abschnitts 4 sowie diejenigen des Abschnitts 5 (§§ 35 – 39).3 Insofern ergibt sich eine „pyramidenförmige“ Regelungstechnik in Bezug auf die materiellrechtlichen Bestimmungen zur Regulierung des Angebotsverfahrens.4 4.2 Angebot zum Erwerb von Wertpapieren Unter einem Angebot zum Erwerb von Wertpapieren sind sämtliche freiwilligen oder aufgrund einer gesetzlichen Angebotspflicht erfolgenden öffentlichen Kaufoder Tauschangebote zum Erwerb der Wertpapiere zu verstehen.5 Obgleich der Begriff des Wertpapiers bereits in anderen Gesetzen verwendet wird (z.B. WpHG, BörsG, VerkProspG), definiert der Gesetzgeber den Begriff im Sinne des WpÜG enger als in diesen anderen Gesetzen.6 Wertpapiere im Sinne des WpÜG sind • Aktien, • mit diesen vergleichbare Wertpapiere und • Zertifikate, die Aktien vertreten.7 1 Vgl. § 34 WpÜG. 2 Vgl. BUNDESREGIERUNG, S. 34, S. 60. 3 Vgl. § 39 WpÜG. 4 Vgl. ASSMANN (2002a), S. 114. Von ANGERER als „Baukastenprinzip“ bezeichnet, vgl. ANGERER (2002), § 1 Rn. 26. 5 Vgl. § 2 Abs. 1 WpÜG. 6 Vgl. STEINMEYER/HÄGER (2002), § 1, Rn. 16 – 17. 7 Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG. 69 70 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Weiterhin sind andere Wertpapiere erfasst, die den Erwerb der oben genannten Papiere zum Gegenstand haben.1 Der Begriff der Aktie umfasst unabhängig von deren Ausstattung sämtliche Arten, also neben stimmberechtigten Aktien auch stimmrechtslose Vorzugsaktien.2 3 Als mit Aktien vergleichbare Wertpapiere sind z.B. sog. „Zwischenscheine“ anzusehen, die in vorläufiger Weise die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft verkörpern.4 Als Zertifikate, die Aktien vertreten, werden beispielsweise sog. „Depositary Receipts“genannt.5 6 Unter die Alternative der anderen Wertpapiere, die den Erwerb von Aktien oder der beschriebenen aktienähnlichen Wertpapiere zum Gegenstand haben, fallen insbesondere Optionsanleihen und Wandelschuldverschreibungen, aber auch Optionsscheine, sofern sie zum tatsächlichen Bezug von Aktien berechtigen. Eine urkundliche Verbriefung der Wertpapiere ist nicht erforderlich.7 Als Zielgesellschaften kommen sämtliche Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Sitz im Inland in Betracht.8 Die Wertpapiere müssen an einem organisierten Markt zum Handel zugelassen sein. Hiervon werden im Inland der amtliche Handel, der geregelte Markt sowie bestimmte Themenmärkte erfasst, bei denen die Zulassung im geregelten Markt erfolgt.9 Daneben werden bestimmte Märkte im europäischen Wirtschaftsraum als organisierter Markt angesehen, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 1 Nr. 13 der EGWertpapierdienstleistungsrichtlinie erfüllen.10 1 1 Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG. 2 Vgl. ANGERER (2002), § 1, Rn. 29; STEINMEYER /HÄGER (2002), § 2, Rn. 6. 3 Zur Klassifizierung von Ausstattungsmerkmalen von Aktien vgl. BITZ (2003c), S. 29 – 50. Vgl. dazu auch Abschnitt B 4.5. 4 Vgl. § 8 Abs. 6 AktG. 5 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 34; SCHÜPPEN (2001), S. 960 – 961. 6 American Depositary Receipts (ADR) sind Urkunden, welche Aktien einer deutschen Gesellschaft vertreten und an einer US-amerikanischen Börse gehandelt werden. Näher zu ADR vgl. ASSMANN (1982); WIENECKE (2001). 7 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 34. 8 Vgl. § 2 Abs. 3 WpÜG. Kritisch zu dieser Begrenzung des Anwendungsbereichs: SCHÜPPEN (2001), S. 960. 9 Mit letzterem war bei Verabschiedung des Gesetzes insbesondere an den Handel im sog. „Neuen Markt“ gedacht, der jedoch Anfang 2003 eingestellt wurde. 10 Vgl. § 2 Abs. 7 WpÜG; BUNDESREGIERUNG (2001), S. 35. 4 Arten von Angeboten 4.3 71 Übernahmeangebote Übernahmeangebote sind solche Angebote, die auf den Erwerb der Kontrolle über die Zielgesellschaft gerichtet sind.2 Das ist dann der Fall, wenn bei Annahme des Angebots durch alle angesprochenen Aktionäre der Bieter unter Berücksichtigung seiner ihm bereits zustehenden Stimmrechte die Kontrolle erlangt. Bei der Ermittlung der dem Bieter zustehenden Stimmrechte sind gem. § 30 WpÜG bestimmte Zurechnungstatbestände für Aktien zu berücksichtigen, die sich nicht in seinem Eigentum befinden, sondern etwa von Tochtergesellschaften des Bieters oder sonstigen Dritten für dessen Rechnung gehalten werden.3 Kontrolle ist in § 29 Abs. 2 WpÜG definiert als das Halten von mindestens 30 % der Stimmrechte.4 Für die Berechnung dieses Prozentsatzes ist auf die absolute Zahl der Stimmrechte und nicht auf etwaige Hauptversammlungspräsenzen der jeweiligen Gesellschaft abzustellen. Bei der Ermittlung der Gesamtzahl der Stimmrechte sind auch Aktien zu berücksichtigen, bei denen Hindernisse bei der Ausübung der Rechte bestehen, insbesondere also auch eigene Aktien der Gesellschaft.5 Die Wahl der pauschalen Grenze von 30 % wird zum einen mit Regelungen in anderen europäischen Staaten begründet, die ähnlich hohe Grenzwerte festlegen. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass die Präsenzen in den Hauptversammlungen börsennotierter deutscher Unternehmen so niedrig seien, dass mit einer Stimmrechtsquote von 30 % in der Regel eine Hauptversammlungsmehrheit bestehe.6 1 Zu den erfassten Märkten im Einzelnen ausführlich: ANGERER (2002), § 1, Rn. 45 – 97. 2 Vgl. § 29 Abs. 1 WpÜG. 3 Die Zurechnungsvorschrift orientiert sich an den vorher schon in § 22 WpHG enthaltenen Zurechnungstatbeständen, die gleichzeitig mit dem Erlaß des WpÜG überarbeitet wurden, sodass beide Vorschriften nunmehr inhaltlich übereinstimmen. Vgl. hierzu im Einzelnen: BUNDESREGIERUNG (2001), S. 53 – 54; PÖTZSCH/MÖLLER (2001), S. 17 – 19; ASSMANN (2002a), S. 124 – 125. 4 Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Abschnitt B 2.2. Es sei daran erinnert, dass für die ökonomische Betrachtung von einem von dieser gesetzlichen Definiton abweichenden Kontrollbegriff ausgegangen wird. Im Gegensatz zum juristischen Kontrollbegriff stellt dieser ökonomische Kontrollbegriff nicht auf eine für alle Unternehmen pauschale Quote ab, sondern bestimmt die notwendige Quote individuell nach der Zielsetzung des Erwerbers. 5 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 53. Anderer Auffassung: CAHN/SENGER (2002), S. 285. 6 Vg. B UNDESREGIERUNG (2001), S. 53. Zur Diskussion um den pauschalen Schwellenwert vgl. ARCHNER (2001), S. 1000; MÜLBERT (2001), S. 1225; SÜßMANN (2002), § 29, Rn. 13 – 16. 71 72 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Wie die meisten pauschalen Festlegungen ist auch diese nicht ganz unproblematisch. Hierauf soll abschließend noch kurz eingegangen werden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Auswahl der ausschlaggebenden Kontrollintensität und der Bestimmung der dazu gehörenden Quote: • Hinsichtlich der Kontrollintensität wurde ausweislich der Begründung auf den Einfluss abgestellt, welchen eine Hauptversammlungsmehrheit vermittelt. Dies entspricht der Zielsetzung des Gesetzes, da hierdurch besonders einschneidende Einflussmöglichkeiten eröffnet werden. Eine differenzierende Betrachtung unter Einbeziehung der individuellen Ziele des Übernehmers, wie sie im Rahmen der Analyse der Bewertungskalküle der beteiligten Personen vorgenommen wird, verbietet sich für eine solche gesetzliche Regelung aus der Natur der Sache. Andernfalls würde es von der Zielquote des Erwerbers abhängen, ob ein Angebot als Übernahmeangebot anzusehen ist bzw. ob nach einem Erwerb auf andere Weise ein Pflichtangebot erforderlich wird. • Problematischer ist die pauschale Annahme, dass dieser Grad der Kontrolle bei einer Stimmrechtsquote von 30 % des gezeichneten Kapitals erreicht sei. Schon die Begründung, dass mit dieser Quote „in der Regel“ eine Hauptversammlungsmehrheit bestehe, gibt implizit zu, dass es auch eine Reihe von Fällen gibt, in denen dies nicht der Fall ist. Besonders zweifelhaft dürften solche Fälle sein, in denen schon eine größere Beteiligung eines anderen Aktionärs existiert. Niemand wird wohl bei Erreichen einer Quote von 30 % bereits von einer Übernahme sprechen, wenn ein anderer Aktionär eine Quote von über 50 % hält. Mögliche unbillige Folgen der rein quotenmäßigen Definition können teilweise durch Ausnahmegenehmigungen vermieden werden. So kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in derartigen Fällen auf Antrag eine Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots aussprechen.1 Derartige Befreiungen sind aber nicht für die bei Übernahmeangeboten zu beachtenden Regeln vorgesehen. Umgekehrt sind ebenso Fälle denkbar, in denen bereits eine geringere Quote für eine stabile Mehrheit ausreichend ist. In diesen Fällen greifen die Regeln für Übernahmeangebote dann jedoch nicht, obwohl u.U. eine beherrschende Stellung erworben wird. Wegen der Unmöglichkeit, in der Zukunft liegende Hauptversammlungspräsenzen exakt voraussehen zu können, wird man allerdings diesen Nachteil einer festen Quote hinnehmen müssen.2 1 Vgl. § 37 WpÜG i.V.m. § 9 WpÜG-VO. 2 MÜLBERT hingegen plädiert für eine Beibehaltung der Regelung nach dem Übernahmekodex, nach dem die Kontrollquote nach der Hauptversammlungsmehrheit nach den Präsenzen der letzten drei Hauptversammlungen bemessen wurde. Vgl. MÜLBERT (2001), S. 1225. 4 Arten von Angeboten 4.4 73 Pflichtangebote Die Pflichtangebotsregelung stellt einen wesentlichen Kernpunkt der Regulierung von Übernahmen börsennotierter Unternehmen dar. Danach hat derjenige, der die Kontrolle im Sinne des Gesetzes über die Zielgesellschaft erlangt hat, den anderen Aktionären ein Angebot zum Erwerb ihrer Aktien zu machen.1 Das Angebot hat sich grundsätzlich auf alle Aktien der Gesellschaft zu erstrecken.2 Ausgenommen sind allerdings eigene Aktien der Zielgesellschaft und solche, deren Eigentümer ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen der Zielgesellschaft ist, sowie solche, die von einem Dritten für Rechnung eines der vorgenannten Unternehmen gehalten werden.3 Die Pflichtangebotsregelung wurde nach der Gesetzesbegründung eingeführt, „um einem Minderheitsaktionär im Falle einer Unternehmensübernahme, der kein öffentliches Übernahmeangebot vorausgegangen ist, auch die Möglichkeit zu geben, seine Beteiligung an dem Unternehmen zu einem angemessenen Preis zu verkaufen.“4 Was der Gesetzgeber als den angemessenen Preis ansieht, konkretisiert er in § 31 WpÜG und einer hierzu erlassenen Rechtsverordnung. Ohne an dieser Stelle hierauf bereits ausführlich einzugehen, sei nur kurz erwähnt, dass der Gesetzgeber sich als Ausdruck seines Verständnisses von Gleichbehandlung dabei sowohl an Börsenkursen als auch an für gleiche Aktien außerbörslich vom Übernehmer gezahlten Preisen orientiert.5 Als Mittel des Minderheitenschutzes wird dem Aktionär also eine „Ausstiegsoption“ nach erfolgter Übernahme eingeräumt, bei der ihm die Teilhabe an einem evtl. gezahlten Paketzuschlag gesetzlich garantiert wird. Eine Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots besteht nicht, wenn die Kontrolle auf Grund eines Übernahmeangebotes entsprechend den Vorgaben des Gesetzes erworben wurde.6 Mit dieser Ausnahme soll verhindert werden, dass jemand, der eine Kontrollmehrheit auf Grund eines freiwilligen Übernahmeangebots erworben hat, verpflichtet wäre, nunmehr ein weiteres Angebot, diesmal als Pflichtangebot, abzugeben. Eine solche Befreiungswirkung eines Übernahmegesetzes wird ermöglicht durch das dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz zu Grunde liegende Konzept, nach dem für Übernahmeangebote und Pflichtangebote grund- 1 Vgl. § 35 Abs. 2 WpÜG. 2 Vgl. § 32 i.V.m. § 39 WpÜG 3 Vgl. § 35 Abs. 2 S. 2 WpÜG. 4 BUNDESREGIERUNG (2001), S. 30. 5 Vgl. §§ 3 – 6 WpÜG-VO. 6 Vgl. § 35 Abs. 3 WpÜG. 73 74 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten sätzlich die gleichen Vorschriften gelten.1 2 Diese Vorgehensweise ist jedoch nicht unproblematisch. Fraglich ist, ob bei beiden Angeboten das gleiche Schutzbedürfnis besteht. Wegen des Verzichts auf ein Pflichtangebot auch nach einem Übernahmeangebot müssen z.B. die Mindestpreisregeln bereits auf Übernahmeangebote ausgedehnt werden. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass ansonsten Umgehungsmöglichkeiten bestünden.3 Diese ergeben sich jedoch erst aus der Tatsache, dass für diesen Fall kein Erfordernis für ein nachfolgendes Pflichtangebot mehr besteht. Ein originäres Bedürfnis für Mindestpreisregeln bei Übernahmeangeboten ist damit noch nicht begründet. Zusätzlich hat die Gewissheit, nach einem erfolgreichen Übernahmeangebot noch die Möglichkeit zu haben, im Rahmen eines nachfolgenden Pflichtangebotes seine Aktien zu verkaufen, unmittelbare Auswirkung auf den Kalkül der Aktionäre, die sich einem Übernahmeangebot gegenüber sehen. Gerade diese zweite Verkaufsrunde ermöglicht es nämlich u.U. dem Aktionär erst, seine Verkaufsentscheidung im Rahmen des Übernahmeangebots ohne Druck zu treffen. Auf diese Aspekte wird im Rahmen der modelltheoretischen Analyse noch ausführlich eingegangen werden.4 Neben dieser Ausnahmeregelung hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht5 weiterhin die Möglichkeit, auf Antrag des Bieters unter bestimmten Voraussetzungen Befreiungen von der Verpflichtung auszusprechen oder Stimmrechte bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils unberücksichtigt zu lassen.6 1 Vgl. PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 20; BUNDESREGIERUNG (2001), S. 30, S. 60. 2 Vgl. zu dieser Konzeption Abschnitt C 6.1. 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 30. 4 Vgl. Kapitel F. 5 Im Folgenden wird verkürzend auch einfach von Bundesanstalt gesprochen. 6 Vgl. §§ 36, 37 WpÜG i.V.m. §§ 8 – 12 WpÜG-VO. 5 Allgemeine Grundsätze bei öffentlichen Angeboten 5 75 Allgemeine Grundsätze bei öffentlichen Angeboten Für alle Angebote gelten verschiedene allgemeine Grundsätze, welche grundlegende Wertungen des Gesetzgebers wiedergeben, die auch bei der Auslegung der besonderen Vorschriften herangezogen werden sollen.1 • Gleichbehandlungsgrundsatz: Inhaber der gleichen Gattung von Wertpapieren der Zielgesellschaft sind gleich zu behandeln.2 3 Nach der Begründung des Regierungsentwurfs sind mit diesem Grundsatz insbesondere solche Angebote unvereinbar, die die Höhe der vom Bieter angebotenen Gegenleistung vom Zeitpunkt der Annahmeerklärung abhängig machen, „um ein «Windhundrennen» herbeizuführen, da innerhalb der Angebotsfrist alle Aktionäre die Möglichkeit haben sollen, das Angebot zu gleichen Bedingungen anzunehmen.“4 Aus der Begründung lässt sich schließen, dass nicht nur eine zeitliche Staffelung der Höhe der Gegenleistung, sondern jegliche Form der Preisdifferenzierung von dem Verbot erfasst ist. Ebenso unzulässig ist das Versprechen an einzelne – etwa institutionelle – Aktionäre, das Angebot nachzubessern sowie die Gewährung eines höheren Preises für Aktionäre, die ihre Aktien über einen bestimmten Vertriebsweg dem Bieter andienen.5 Damit ergeben sich direkt aus diesem Grundsatz konkrete Einschränkungen der Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote. Gesetzliche Ausprägungen des Grundsatzes, die sich in weiteren Einschränkungen niederschlagen, finden sich an mehreren Stellen des Gesetzes, z.B. in §§ 19, 31 und 32.6 • Grundsatz ausreichender Zeit und Information: Die Wertpapierinhaber müssen über genügend Zeit und die notwendigen Informationen für ihre Entscheidung über die Annahme des Angebots verfügen.7 Dieser Grundsatz findet seinen Niederschlag vor allem in den Mindestangaben, die eine An- 1 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 35. 2 Vgl. § 3 Abs.1 WpÜG. 3 Zu den einzelnen Gattungen von Wertpapieren sei auf die Ausführungen in Abschnitt B 4.5 verwiesen. 4 BUNDESREGIERUNG (2001), S. 35. Vgl. auch (2002a), S. 116. 5 SCHWENNICKE (2002), § 3, Rn. 8. 6 Vgl. hierzu Abschnitt C 6. 7 Vgl. § 3 Abs. 2 WpÜG. PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 15; ASSMANN 75 76 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten gebotsunterlage enthalten muss, weitreichenden Veröffentlichungspflichten und in der Mindestlaufzeit der Annahmefrist von 4 Wochen.1 • Grundsatz der Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft auf das Gesellschaftsinteresse: Mit diesem Grundsatz wird klargestellt, dass die genannten Gesellschaftsorgane auch während eines Angebotsverfahrens weiterhin im Interesse der Gesellschaft handeln müssen.2 Damit sind nach der Begründung des Regierungsentwurfs ausdrücklich nicht nur die Interessen der Aktionäre, sondern auch diejenigen der Arbeitnehmer sowie der „Gesellschaft insgesamt“ gemeint.3 Welcher Personenkreis im Einzelnen erfasst ist und wie bei unterschiedlichen Interessen abzuwägen ist, ist allerdings in der juristischen Literatur heftig umstritten.4 Es scheint sich jedoch als herrschende Meinung durchzusetzen, dass der Schutz von Gläubigern und Arbeitnehmern nicht primär durch Aktienrecht und WpÜG, sondern durch das allgemeine Zivilrecht einschließlich Insolvenzrecht sowie durch das Arbeitsrecht gewährleistet werden soll, woraus sich der Schluß ziehen lässt, dass vorrangig Aktionärsinteressen zu berücksichtigen sind.5 6 • Grundsatz der raschen Durchführung des Angebotsverfahrens: Sowohl der Bieter als auch die Zielgesellschaft sollen das Verfahren zügig durchführen.7 Angebotsverfahren stellen häufig eine erhebliche Belastung für die Ressourcen der Zielgesellschaft dar, was durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz sogar noch verstärkt wird, da für die Organe der Zielgesellschaft bestimmte Pflichten ausgelöst werden. Der Gesetzgeber sah daher die Gefahr, dass öffentliche Angebote auch als Mittel der Wettbewerbsbe- 1 Vgl. hierzu Abschnitt C 6. 2 Vgl. § 3 Abs. 3. Hierzu PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 15; ASSMANN (2002a), S. 116. 3 BUNDESREGIERUNG (2001), S. 35. 4 Vgl. für eine weitreichende Einbeziehung von Arbeitnehmer- und Drittinteressen HOPT (1993), S. 551 – 552; MÜLBERT (1999); MÜLBERT/BIRKE (2001); MERKT (2001). Für eine nachrangige Berücksichtigung dieser Interessen vgl. HORN (2000); KIRCHNER (2000), S. 1824; KORT (2000), S.1435. 5 Vgl. HORN (2000), S. 481; KIRCHNER (2000), S. 1822, WIESE/DEMISCH (2001), S. 851, SCHWENNICKE (2002), § 3 Rn. 25. 6 Daneben wird vielfach ein „Eigeninteresse“ der Gesellschaft bejaht. Auf die Diskussion, ob eine Gesellschaft als juristische Person eigene Interessen haben kann, soll jedoch in dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Vgl. dazu BRINKMANN (1983); JÜRGENMEYER (1984); MÜLBERT (1997). Zu einem Eigeninteresse der Gesellschaft kritisch: Vgl. ADAMS (1989), S. 337 – 338. 7 Vgl. § 3 Abs. 4 WpÜG. 5 Allgemeine Grundsätze bei öffentlichen Angeboten 77 hinderung eingesetzt werden können.1 Aus diesem Grund soll die Zielgesellschaft nicht über einen angemessenen Zeitraum hinweg in ihrer Geschäftstätigkeit behindert werden.2 Der Grundsatz schlägt sich vor allem in den Bestimmungen der Fristen für die Erfüllung der einzelnen Pflichten von Bieter und Organen der Zielgesellschaft nieder.3 4 • Vermeidung von Marktverzerrungen: Durch den Handel mit Wertpapieren der Zielgesellschaft dürfen keine Markverzerrungen geschaffen werden.5 Durch dieses Verbot soll verhindert werden, dass unrichtige oder unvollständige Informationen und Gerüchte sowie „in spekulativer Absicht bewirkte Kursschwankungen“ die Wertpapierinhaber zu sachlich nicht gerechtfertigten Entscheidungen verleiten, wodurch diese geschädigt werden können.6 Als marktverzerrend werden beispielsweise Verkäufe von Wertpapieren durch den Bieter in der Absicht, den Börsenkurs vor Abgabe eines Angebots zu senken, angesehen.7 Der Grundsatz richtet sich nicht nur an den Bieter, sondern auch an mit ihm gemeinsam handelnde Personen, an die Organe der Zielgesellschaft und sonstige Dritte und ist in engem Zusammenhang mit den Verboten der §§ 14, 38 WpHG (Verbot des Insiderhandels) sowie § 20 a WpHG (Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation) zu sehen.8 1 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 35. 2 Vgl. PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 15; LIEBSCHER (2001), S. 859; STEINMEYER/HÄGER (2002), § 3 Rn. 14. 3 Vgl. SCHWENNICKE (2002), § 3 Rn. 40 – 41. 4 Vgl. zu diesen Vorschriften Abschnitt C 6. 5 Vgl. § 3 Abs. 5 WpÜG. 6 Vgl. STEINMEYER/HÄGER (2002), § 3 Rn. 16. 7 Vgl. ASSMANN (2002a), S. 116. 8 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 35; ASSMANN (2002a), S. 116; SCHWENNICKE (2002), § 3 Rn. 42. Die Gesetzesbegründung bezieht sich noch auf den § 88 BörsG, der in der Zwischenzeit aufgehoben und durch § 20 a WpHG ersetzt wurde. Zur Insiderproblematik bei Übernahmeangeboten vgl. HOPT (1991), S. 32 – 33; ASSMANN (1994), S. 252 – 253; CAHN (1998), S. 18; WITTICH (1999). 77 78 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten 6 Pflichten des Bieters 6.1 Überblick Durch die dem Bieter durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz auferlegten Pflichten wird dieser erheblich in seiner Handlungsfreiheit bei der Durchführung einer Übernahme mittels öffentlichem Angebot eingeschränkt. Damit wird beträchtlich in die Privatautonomie eingegriffen. Die Beschränkungen lassen sich grob in drei Klassen einteilen, nämlich • Pflichten, die sich auf die Ausgestaltung des Angebots beziehen, • Veröffentlichungs- und Meldepflichten und • sonstige Pflichten und Verbote. Entsprechend der Schwerpunktsetzung dieser Arbeit soll hier nur auf die erste Gruppe dieser Pflichten ausführlich eingegangen werden. Die Einschränkung der Ausgestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Angebote hat bestimmenden Einfluss auf die Stellung der Aktionäre der Zielgesellschaft. Bei den Pflichten, die sich auf die Ausgestaltung des Angebots beziehen, wird als weiteres Gliederungskriterium die in Teil B entwickelte Systematik herangezogen. Hinsichtlich dieser Kriterien kann weiterhin danach unterschieden werden, welche Verpflichtungen für alle Angebote zum Erwerb von Wertpapieren gelten und welche zusätzlich oder abweichend bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten zu erfüllen sind. Dieser Einteilung folgt die nachfolgende Darstellung. Aber auch die Veröffentlichungs- und Meldepflichten wirken sich auf die Betroffenheit der potentiellen Verkäufer aus, da es ihnen hierdurch ermöglicht wird, ihre Entscheidung über den Verkauf auf der Grundlage der veröffentlichten Informationen zu treffen. Daher erfolgt auch eine knappe Übersicht der wesentlichen Vorschriften der zweiten Gruppe. Für nähere Informationen muss auf das einschlägige Schrifttum verwiesen werden.1 Auf sonstige Pflichten und Verbote, die sich keiner der beiden zuerst genannten eindeutig zuordnen lassen, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen.2 1 Vgl. z.B. WITT (2000); ASSMANN (2002a); GEIBEL/GROBYS (2002), § 10, § 11; THUN (2002), § 23. 2 Als Pflichten, die sich dieser Gruppe zuordnen lassen sind z.B. Vorschriften zur Beschlussfassung in der Hauptversammlung des Bieters (§ 25 WpÜG) oder zum Bereich der Werbung (§ 28 WpÜG) zu nennen. Vgl. dazu z.B. BURGARD (2000), S. 611 – 612; KRAUSE (2000b); RIEHMER/SCHRÖDER (2000); LIEBSCHER (2001), S. 859 – 860. 6 Pflichten des Bieters 6.2 Ausgestaltung des Angebots 6.2.1 Rechtliche Bindungswirkung 79 Hinsichtlich der rechtlichen Bindungswirkung wurden in Teil B die beiden grundsätzlichen Möglichkeiten unterschieden, ein verbindliches Angebot oder eine Aufforderung zur Abgabe von Angeboten (invitatatio ad offerendum) zu formulieren1. Letztere Möglichkeit ist nach § 17 WpÜG ausdrücklich untersagt. Begründet wird dies damit, dass ein Angebot in der Regel gravierende Folgen für das Zielunternehmen, dessen Management und die Wertpapierinhaber auslöse. Behinderungen der Zielgesellschaft durch Angebote, an die der Bieter nicht gebunden sei, seien deshalb zu vermeiden. Aus diesem Grund sei es sachgerecht, den Bieter zur Abgabe eines verbindlichen Angebots zu verpflichten.2 Die Folgen dieses Verbots sind ausgesprochen weitreichend, denn hierdurch wird zugleich jegliche Form der angebotsorientierten Preis- oder Mengenfestsetzung vereitelt, welche die Ausgestaltung als invitatio ad offerendum notwendig voraussetzen.3 Insofern ist zu fragen, ob eine Vermeidung des Missbrauchs von Angeboten zur Behinderung der Zielgesellschaft nicht auf andere Weise ohne diese gravierenden Folgen erreicht werden könnte. Die Gesetzesbegründung stellt zwar – freilich ohne empirischen Beleg – fest, dass schon vor dem WpÜG Angebote mehrheitlich als rechtlich bindende Angebote ausgestaltet worden seien, womit vermutlich suggeriert werden soll, dass die Einschränkung insofern unbedeutend sei.4 Doch selbst wenn dieser Befund zutreffend sein sollte, muss es wohl wenigstens eine Minderheit geben, die eine Ausgestaltung als invitatio ad offerendum in der Vergangenheit vorgezogen hat. Gründe hierfür könnten z.B. in der damit verbundenen Möglichkeit der angebotsorientierten Mengen- und Preisfestsetzung liegen. Um diese Möglichkeiten abzuschneiden, bedarf es nach Auffassung des Verfassers einer überzeugenderen Begründung, zumal weder der Gesetzgeber noch einer der vielen ihm in dieser Frage kritiklos folgenden Autoren5 auch nur einen einzigen Fall in der Vergangenheit anführen können, in dem ein als invitatio ad offerendum ausgestaltetes Angebot missbräuchlich eingesetzt wurde. Aufgrund der vielfältigen vom Bieter bei einem 1 Vgl. Abschnitt B 4.2. 2 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 47. 3 Vgl. Abschnitt B 4.4 und 4.5. Auf Einschränkungen bei Preis- und Mengenregeln wird weiter unten noch vertiefend eingegangen. 4 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 47. 5 Z.B. PÖTZSCH/MÖLLER ( 2000), S. 21 – 22; LAND/HASSELBACH (2000), S. 1750 – 1751; BUSCH (2002), S. 145, GEIBEL (2002), § 17 Rn. 3 -6. 79 80 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Angebot zu erfüllenden Pflichten, welche mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden sind, und unter Einbeziehung möglicher Rückwirkungen auf die Reputation des Bieters kann grundsätzlich bezweifelt werden, dass ein solches nicht ernst gemeintes Angebot besonders geeignet ist, sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. In gleichem Zusammenhang ist auch das Verbot zu sehen, ein Angebot unter dem Vorbehalt des Widerrufs oder des Rücktritts abzugeben.1 Weiterhin sind Bedingungen unzulässig, deren Eintritt der Bieter bzw. mit ihm gemeinsam oder für ihn handelnde Personen ausschließlich selbst herbeiführen können.2 Mit diesen Regelungen soll ebenfalls erreicht werden, dass der Bieter grundsätzlich an sein Angebot gebunden sein soll.3 Immerhin sind Bedingungen bei Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Durch die verpflichtende Bindungswirkung seines Angebots in Verbindung mit dem zeitlichen Rahmen, der den Aktionären zur Annahme des Angebots zur Verfügung steht, ergibt sich für den Bieter die Gefahr, dass sich nach Abgabe des Angebots wesentliche Rahmendaten ändern. Daneben kann es erforderlich sein, bestimmte Erlaubnisse oder Zustimmungen einzuholen, sei es von der eigenen Hauptversammlung, seien es behördliche Genehmigungen.4 Schließlich ist die Bewertung des Unternehmens für den Bieter häufig vom Erreichen eines bestimmten Mindeststimmrechtsanteils abhängig.5 Diese und andere Gründe können aus der Sicht des Bieters zur Notwendigkeit von Bedingungen im Angebot führen. Diesem Bedürfnis trägt das Gesetz Rechnung, indem solche Bedingungen zulässig sind, soweit ihr Eintritt nicht vom Bieter allein ausgelöst werden kann.6 Ausweislich der Gesetzesbegründung sind beispielsweise Bedingungen zulässig, die die Wirksamkeit des Angebots von noch ausstehenden kartellrechtlichen oder sonstigen behördlichen Entscheidungen abhängig machen oder an das Erreichen einer bestimmten Mindestquote knüpfen. Gleiches gilt für ein Angebot unter der Bedingung der Zustimmung der Hauptversammlung des Bieters, der in diesem Fall allerdings verpflichtet ist, einen entsprechenden Beschluss noch innerhalb der 1 Vgl. § 18 Abs. 2 WpÜG. 2 Vgl. § 18 Abs. 1 WpÜG. 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 47; GEIBEL (2002), § 18 Rn. 1; STEINMEYER /HÄGER (2002), § 18 Rn. 1. 4 Vgl. BUSCH (2002); S. 145. 5 Vgl. zu derartigen Bewertungskalkülen Teil D. 6 Vgl. § 18 Abs. 1 WpÜG. 6 Pflichten des Bieters 81 Annahmefrist herbeizuführen.1 2 Auch wird die Bedingung, dass während der Angebotsfrist keine Abwehrmaßnahmen wie etwa der Verkauf wesentlicher Betriebsteile vorgenommen werden, als zulässig angesehen, sofern sie hinreichend bestimmt formuliert sind.3 Für Übernahmeangebote ergeben sich demgegenüber keine weiteren Einschränkungen, wohl aber für Pflichtangebote. Die Pflicht, ein Angebot abzugeben, wird ihrer Natur nach als generell bedingungsfeindlich angesehen, da sich der Bieter sonst durch Setzung einer kaum oder gar nicht erfüllbaren Bedingung seiner Verpflichtung entziehen könnte.4 Daher sind für Pflichtangebote jegliche Bedingungen grundsätzlich ausgeschlossen.5 6.2.2 Art der Gegenleistung Aus dem für alle Angebote geltenden dritten Abschnitt des Wertpapererwerbsund Übernahmegesetzes ergeben sich keine Einschränkungen hinsichtlich der Art der Gegenleistung. Anders verhält es sich jedoch für Übernahmeangebote und Pflichtangebote. Bei diesen Angeboten ist der Bieter verpflichtet, den Aktionären der Zielgesellschaft entweder eine Geldleistung in Euro oder liquide Aktien anzubieten, die zum Handel an einer Börse im Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind.6 Neben mindestens einer dieser beiden Alternativen kann der Bieter beliebige weitere Gegenleistungen offerieren.7 Auch Kombinationsangebote bestehend aus einem Umtausch gegen liquide Aktien plus Barzahlung in Euro werden als zulässig an- 1 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 48. 2 Bislang ungeklärt ist die Frage der Zulässigkeit sog. „Force-Majeure-Klauseln“, auch „Material-Adverse-Change-Klauseln“ genannt, welche bei wesentlichen nachteiligen Ereignissen unvorhersehbarer Art greifen. Hier ergibt sich das besondere Problem der objektiven und rechtssicheren Feststellbarkeit derartiger Klauseln. § 18 (1) WpÜG schließt derartige Klauseln nicht explizit aus, ihre Zulässigkeit wird jedoch im Einzelfall nach ihrer genauen Formulierung zu prüfen sein. Vgl. BUSCH (2002), S. 150 –151. 3 Vgl. RIEHMER /SCHRÖDER (2001), S. 7; STEINMEYER/HÄGER (2002), § 18 Rn. 9. 4 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 62; STEINMEYER /HÄGER (2002), § 18 Rn. 3, 10. Einschränkend GEIBEL, der zumindest in bestimmen Fällen, in denen ansonsten eine Kollision mit anderen gesetzlichen Vorschriften auftreten würde, Bedingungen auch in Pflichtangeboten für zulässig hält. Vgl. GEIBEL (2002), § 18 Rn. 38. 5 Vgl. § 39 i.V.m. § 18 Abs. 1 WpÜG. 6 Vgl. § 31 Abs. 2 S. 1 WpÜG. 7 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 55; THUN (2002), § 31 Rn. 21 – 22. 81 82 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten gesehen.1 Werden den Inhabern stimmberechtigter Aktien andere Aktien angeboten, so müssen diese ebenso stimmberechtigt sein.2 Hinsichtlich des Emittenten ergeben sich keine Restriktionen, insbesondere ist der Bieter also nicht auf eigene Aktien beschränkt, sondern kann Aktien beliebiger anderer Unternehmen anbieten, sofern diese den beschriebenen Anforderungen genügen. Jedoch ist der Bieter verpflichtet, den Aktionären der Zielgesellschaft dann zumindest wahlweise eine Gegenleistung in Euro anzubieten, wenn er oder ihm zuzurechnende Personen3 • in den letzten drei Monaten vor Veröffentlichung des Angebots mindestens fünf Prozent der Aktien oder Stimmrechte der Zielgesellschaft (Vorerwerbe) oder • während der Annahmefrist insgesamt mindestens ein Prozent der Aktien oder Stimmrechte (Parallelerwerbe) gegen Zahlung einer Geldleistung erworben hat.4 5 Auch diese Bestimmung wird auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt.6 1 Vgl. THAETER/BARTH (2001), S. 547; THUN (2002), § 31 Rn. 24 – 25. 2 Vgl. § 31 Abs. 2 S. 2 WpÜG. 3 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die ausdrückliche Nennung der dem Bieter zuzurechnenden Personen verzichtet. Immer wenn von Erwerben durch den Bieter gesprochen wird, soll dieser Personenkreis mit erfasst sein, sofern er nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. 4 Vgl. § 31 Abs. 3 WpÜG. Die ursprüngliche Fassung im Regierungsentwurf lautete noch „… vor Ablauf der Annahmefrist Aktien der Zielgesellschaft gegen Zahlung einer Geldleistung erworben haben.“ Wäre diese Formulierung in das Gesetz übernommen worden, hätte auch der Erwerb nur einer einzigen Aktie gegen Geldleistung während des Angebotsverfahrens dazu geführt, dass der Bieter sämtlichen Aktionären gegenüber zu einem Barangebot verpflichtet gewesen wäre. Durch die Änderung wurde eine Bagatellgrenze eingeführt, die unbillige Härten vermeiden soll. Vgl. FINANZAUSSCHUSS (2001), S. 68. 5 Ein Erwerb im Sinne der Vorschrift liegt erst dann vor, wenn die entsprechenden Aktien dinglich übereignet sind. Um Umgehungen durch ein abweichendes Übereignungsdatum zu verhindern, sieht § 31 Abs. 6 WpÜG die Gleichstellung sonstiger Vereinbarungen vor, aufgrund derer die Übereignung verlangt werden kann (sog. erwerbsgleiche Vereinbarungen). Hierunter fallen z.B. Optionsverträge oder der Erwerb von Bezugsrechten. Vgl. dazu THUN (2002), § 31 Rn. 65 – 73. 6 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 55; PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 23; THUN (2002), § 31 Rn. 27. 6 Pflichten des Bieters 6.2.3 83 Preisregeln Durch das bereits beschriebene Verbot, das Angebot als invitatio ad offerendum auszugestalten, ergibt sich die Unmöglichkeit der angebotsorientierten Preisfestsetzung, da eine solche begriffsnotwendig die Einholung von Verkaufsangeboten voraussetzt.1 Daneben ergibt sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz2 ein Verbot jeglicher Preisdifferenzierung.3 Darüber hinaus gibt es keine für alle Angebote geltenden Preisregeln. Für Übernahmeangebote und Pflichtangebote hingegen schreibt das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz vor, dass der Bieter eine „angemessene“ Gegenleistung anzubieten habe. Bei der Bestimmung der im Sinne der Vorschrift angemessenen Gegenleistung sind grundsätzlich der durchschnittliche Börsenkurs der Aktien im Vorfeld des Angebots sowie Erwerbe von Aktien durch den Bieter zu berücksichtigen.4 Von einer gesetzlichen Regelung der Höhe der Gegenleistung wurde abgesehen. Die nähere Bestimmung erfolgt stattdessen in einer vom Bundesministerium der Finanzen erlassenen Rechtsverordnung.5 Die dort geregelten Preisbindungen lassen sich auf zwei Mindestgrenzen verdichten. Danach muss die Gegenleistung 1. mindestens dem Wert der höchsten vom Bieter innerhalb der letzten drei Monate vor Veröffentlichung eines öffentlichen Angebots gewährten oder vereinbarten Gegenleistung für den Erwerb6 von Aktien der Zielgesellschaft7 (sog. Gleichpreisregel) 8 und 2. mindestens dem durchschnittlichen Börsenkurs der letzten drei Monate vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots entsprechen9 (sog. Börsenpreisregel)10. Dabei ist der Durchschnittskurs bei zum Handel an einer inländischen Börse zugelassenen Aktien als nach Umsätzen 1 Vgl. Abschnitt B 4.4. 2 Vgl. § 3 Abs. 1 WpÜG. 3 Vgl. hierzu die Ausführungen in Abschnitt C 5. 4 Vgl. § 31 Abs. 5 WpÜG, für Pflichtangebote § 31 Abs. 5 i.V.m. § 39 WpÜG. 5 Vgl. § 31 Abs. 7 WpÜG i.V.m. §§ 3 – 7 WpÜG-VO 6 Dem Erwerb gleichgestellt sind gem. § 31 Abs. 6 WpÜG Vereinbarungen, auf Grund derer die Übereignung verlangt werden kann. 7 Vgl. § 4 WpÜG-VO. 8 Vgl. HOUBEN (2000), S. 1880; THUN (2002), § 31 Rn. 80. 9 Vgl. § 5 Abs. 1 WpÜG-VO und § 6 Abs. 1 WpÜG-VO. 10 Vgl. HOUBEN (2000), S. 1880; THUN (2002), § 31 Rn. 88. 83 84 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten gewichteter Durchschnitt zu berechnen.1 Bei Aktien, die ausschließlich an einem organisierten Markt in einem anderen Staat des europäischen Wirtschaftsraums zugelassen sind, ist die Börse mit den höchsten Umsätzen in diesem Zeitraum maßgeblich.2 Der Durchschnitt soll dann anhand der täglichen Schlussauktion ermittelt werden. Wird eine solche nicht durchgeführt, kann ein anderes geeignetes Verfahren, dessen Grundlage täglich festgestellte Kurse sind, verwendet werden.3 4 Der Beobachtungszeitraum für Vorerwerbe und der Erhebungszeitraum für die Feststellung des durchschnittlichen Börsenkurses sind zwar gleich lang, fallen aber wegen der unterschiedlichen Endzeitpunkte teils auseinander. Während für den Beobachtungszeitraum das Ende durch die Veröffentlichung des Angebotes markiert wird, endet der Erhebungszeitraum für die Börsenkurse bereits mit der Veröffentlichung der Entscheidung, ein Angebot abzugeben. Zwischen diesen beiden Zeitpunkten können bis zu acht Wochen liegen, sodass sich die beiden Zeiträume entsprechend überlappen.5 Die Gleichpreisregel folgt nach Ansicht des Gesetzgebers aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.6 Offenbar will der Gesetzgeber nicht nur die Aktionäre gleich behandeln, die im Rahmen des Angebotes verkaufen, sondern möchte den Gleichbehandlungsgrundsatz auf alle Aktionäre (mit gleicher Aktiengattung) erstrecken. Legt man dieses weite Verständnis von Gleichbehandlung zu Grunde, so ist der Grundsatz jedoch durch diese Regel gerade nicht verwirklicht, denn die Wirkungsrichtung ist nur einseitig: Zwar können Aktionäre, die im Rahmen des Angebots verkaufen, nicht weniger erhalten als solche Aktionäre, die im Rahmen von Vorerwerben verkaufen, umgekehrt können aber diese vorher verkaufenden Aktionäre nicht an einem eventuell höheren Angebotspreis partizipieren.7 Es ist allerdings bereits fraglich, ob überhaupt eine Gleichbehandlung zwischen Aktionären, die im Rahmen eines Angebots verkaufen und solchen, die vorher verkaufen, sachlich gerechtfertigt ist. Eine Unterscheidung könnte vor allem dann angezeigt sein, wenn im Rahmen von Vorerwerben größere Pakete gekauft werden. So sahen sowohl der Diskussionsentwurf als auch der Referentenentwurf vor, 1 Vgl. § 5 Abs. 3 WpÜG-VO. 2 Vgl. § 5 Abs. 1 WpÜG-VO. 3 Vgl. § 5 Abs. 3 WpÜG-VO. 4 Zu Einzelheiten des Berechnungsverfahrens vgl. SCHULZ (2003), S. 116 – 119. 5 Vgl. SCHULZ (2003), S. 116. 6 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. S. 79 – 80. 7 Vgl. auch STEINMEYER /HÄGER (2002), § 31 Rn. 11. 6 Pflichten des Bieters 85 dass bei außerbörslichen Erwerben der Erwerbspreis im Rahmen eines Übernahme- oder Pflichtangebotes um höchstens 15 % unterschritten werden durfte. Dies wurde damit begründet, dass Paketzuschläge „Ausdruck einer besonderen ökonomischen Leistung“1 seien und nicht sämtlichen (Klein-)Aktionären zugute kommen sollten, da diese nicht die gleiche Leistung erbracht hätten.2 Die Argumentation stellt allerdings ausschließlich auf den Wert ab, den ein Paket für den Übernehmer hat, insbesondere wenn es ihm die Kontrolle vermittelt. Vernachlässigt wird dagegen die Betrachtung des Wertes für den bisherigen Paketinhaber. Wie in der modelltheoretischen Analyse in Teil D noch gezeigt werden wird, kann für Paketinhaber aus Synergien und anderen externen Effekten durchaus ein höherer Wert der Aktien als für die Minderheitsaktionäre resultieren. Dieser höhere Wert geht aber nur dem bisherigen Paketinhaber durch den Verkauf verloren. Es besteht hingegen kein hinreichender Grund, auch den Minderheitsaktionären, die auch vor dem Verkauf nicht an derartigen externen Effekten partizipieren konnten, ebenfalls diesen zusätzlichen Wert zu entgelten. Diese Gedanken werden im Rahmen der Auswertung der Ergebnisse der modelltheoretischen Analyse noch einmal aufgegriffen weren. In der Diskussion um den Gesetzesentwurf hat sich jedoch die gegenteilige Meinung durchgesetzt, dass eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt sei („one share one price“), sodass auch diese begrenzte Möglichkeit der Differenzierung zwischen Käufen im Rahmen des Angebots und (Paket-) Käufen vor Abgabe des Angebots aus dem Gesetzentwurf gestrichen wurde.3 Anders als im Rahmen der Bestimmung der Art der Gegenleistung gem. § 31 Abs. 3 WpÜG4 ist bei der Gleichpreisregel gem. § 4 WpÜG-VO keine Bagatellgrenze vorgesehen. Das hat zur Folge, dass bereits der Erwerb einer einzigen Aktie innerhalb des Referenzzeitraums durch den Bieter oder eine der ihm zuzurechnenden Personen die Mindesthöhe der Gegenleistung beeinflusst.5 Eine ausdrückliche Begründung für die Börsenpreisregel gibt der Gesetzgeber hingegen nicht. Offenbar sieht er es als selbstverständlich an, dass der Börsenpreis für jeden Aktionär die Wertuntergrenze darstellt. Dahinter steht möglicherweise die Vorstellung, der Börsenkurs sei so etwas wie der „objektive“ oder „wahre“ Wert einer Aktie oder zumindest ein Indikator hierfür, der nur gewissen Schwankungen um den „wahren“ Wert unterliegt. Hierauf deutet jedenfalls das Abstellen auf einen gewichteten Durchschnittskurs von drei Monaten hin, wodurch aus- 1 PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 23. 2 Vgl. auch KRAUSE (2000b), S. 909; LIEBSCHER (2001), S. 865. 3 Vgl. THUN (2002), § 31, Rn 86 – 87. 4 Vgl. Abschnitt C 6.2.2. 5 Vgl. STEINMEYER/HÄGER (2002), § 31 Rn 13; THUN (2002), § 32 Rn. 83. Kritisch dazu LIEBSCHER (2001), S. 861. 85 86 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten weislich der Gesetzesbegründung vermieden werden soll, dass außergewöhnliche Kursausschläge unverhältnismäßig starke Berücksichtigung finden.1 Dafür spricht auch, dass in bestimmten Situationen, etwa bei geringem Handelsvolumen, an die Stelle der Börsenbewertung eine Unternehmensbewertung (durch Sachverständige) treten soll,2 da in derartigen Einzelfällen Börsenkurse nicht aussagekräftig seien.3 Schon diese Sichtweise ist als verfehlt anzusehen. Wie später bei der Entwicklung der modellmäßigen Bewertungskalküle noch näher ausgeführt wird, gibt es den „wahren“ Unternehmenswert nicht.4 Der Wert einer Sache ist stets Ausdruck eines individuellen Bewertungsvorgangs und kann daher nur auf ein bestimmtes Subjekt, in diesem Fall einen einzelnen Aktionär, bezogen werden und stellt dessen Werteinschätzung des Gegenstandes dar, in diesem Falle der Aktie.5 Sie kann (zufällig) mit dem Börsenkurs übereinstimmen, muss es jedoch keinesfalls. Eine Begründung, warum der Börsenkurs dennoch als Untergrenze für den Wert einer Aktie aus der Sicht der aktuellen Aktionäre angesehen werden kann, könnte sich allerdings aus dem Argument ergeben, dass der Aktionär andernfalls seine Aktien zum höheren Börsenkurs verkaufen könnte. Dies setzt allerdings voraus, dass zu diesem Börsenkurs auch eine Nachfrage in Höhe der vom jeweiligen Aktionär angebotenen Aktienmenge besteht. Selbst wenn man dies zumindest für Kleinaktionäre wenigstens annähernd unterstellen kann, stellt sich allerdings die weitere Frage, warum der Gesetzgeber bei Übernahmeangeboten diese Untergrenze festschreiben soll. Naheliegend wäre dann die Annahme, dass eine Übernahme mit einem Angebotspreis, der unterhalb der durch den Börsenkurs indizierten unteren Grenze der Werteinschätzung aller aktuellen Aktionäre liegt, die Übernahme sowieso nicht gelingen könnte, da keiner der Zielgesellschaftsaktionäre verkaufen würde. Zumindest bei Übernahmeangeboten bestünde dann gar kein Schutzbedürfnis. Damit ein solches vorliegen könnte, müsste es einen Mechanismus geben, der auch eine Übernahme zu Preisen unterhalb dieser Werteinschätzung aller Aktionäre ermöglichen würde. Auf diese Problematik wird im Rahmen der modelltheoretischen Untersuchung noch ausführlich eingegangen.6 1 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 80. 2 Vgl. § 5 Abs. 4 WpÜG-VO. 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 80. 4 Vgl. dazu näher Abschnitt D 2.1. 5 Vgl. zum Wertbegriff grundlegend ENGELS (1962), S. 1 – 44. 6 Vgl. Abschnitt D 3.3.3. 6 Pflichten des Bieters 87 Anders sieht es jedoch bei Pflichtangeboten aus. Liegt ein Pflichtangebot vor, so hat der Übernehmer die Kontrolle bereits erlangt. Gäbe es keine Mindestgrenze, so könnte der Übernehmer die Angebotspflicht leer laufen lassen, indem er einen unakzeptabel niedrigen Angebotspreis (im Extremfall nahe Null) festsetzen würde. Der durchschnittliche Börsenkurs stellt dabei allerdings nur eine von mehreren denkbaren Untergrenzen dar. Weiterhin ergibt sich aus dem Gesetz eine Nachbesserungspflicht, wenn der Bieter • während der Annahmefrist Aktien erwirbt (Parallelerwerbe) oder • innerhalb eines Jahres außerbörslich Aktien (Nacherwerbe) erwirbt und hierfür wertmäßig eine höhere als die im Angebot genannte Gegenleistung gewährt.1 Im ersten Fall erhöht sich die im Rahmen des Angebots zu gewährende Gegenleistung kraft Gesetzes, ohne dass hierfür eine Veröffentlichung durch den Bieter erforderlich ist.2 Im zweiten Fall ist der Bieter verpflichtet, den Aktionären, die das Angebot angenommen haben, eine Geldleistung in Höhe des Unterschiedsbetrages zu zahlen.3 Eine Ausnahme von dieser Pflicht liegt vor, wenn der Erwerb auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgt, also etwa einer Abfindung bei Abschluss eines Gewinnabführungs- oder Beherrschungsvertrags.4 Auch die Nachbesserungspflicht wird als Ausfluss des Gleichbehandlungsgrundsatzes angesehen.5 Bei Nacherwerben sollen zudem Umgehungstatbestände durch die zeitliche Verlagerung des Erwerbs ausgeschlossen werden.6 1 Vgl. § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG. 2 Vgl. THUN (2002), § 31, Rn. 52. 3 Vgl. LAND/HASSELBACH (2000), S. 1752; THUN (2002), § 31, Rn. 60. 4 Vgl. § 31 Abs. 5 WpÜG. 5 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 55; THUN (2002), § 31 Rn. 46. 6 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 56. 87 88 6.2.4 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Art der nachgefragten Wertpapiere Bei öffentlichen Angeboten, die keine Übernahme- oder Pflichtangebote darstellen, ergeben sich durch das Gesetz keine Einschränkungen hinsichtlich der Art der nachgefragten Wertpapiere. Das öffentliche Angebot kann sich in diesen Fällen also auch exklusiv auf einzelne von mehreren emittierten Aktiengattungen einer Zielgesellschaft erstrecken.1 Bei Übernahme- und Pflichtangeboten gilt hingegen eine umfassende Vollangebotspflicht für Aktien.2 Diese erstreckt sich sowohl auf die Art der Aktien als auch auf die Menge.3 Eine Beschränkung des Angebots auf einzelne Aktiengattungen ist daher unzulässig. Insbesondere darf der Übernehmer also nicht ggf. emittierte stimmrechtslose Aktien von dem Angebot ausschließen.4 6.2.5 Mengenregeln Analog zu den Preisregeln sind auch angebotsorientierte Mengenregeln durch das Verbot der invitatio ad offerendum ausgeschlossen. Weitere für alle Angebote geltende Einschränkungen hinsichtlich der Menge liegen nicht vor. Es sind also Vollangebote wie auch Teilangebote grundsätzlich zulässig. Zu beachten ist allerdings, dass die Abgabe eines Teilangebots, dessen vollständige Annahme zum Überschreiten der Kontrollschwelle von 30 % führen würde, als Übernahmeangebot zu klassifizieren wäre, bei denen Teilangebote nicht zulässig sind.5 Gleiches gilt für Pflichtangebote.6 Diese Angebotsarten haben sich – wie bereits ausgeführt7 – auf alle von der Zielgesellschaft emittierten Aktien zu richten. Die Vollangebotspflicht auch für Übernahmeangebote ist in engem Zusammenhang mit der Pflichtangebotsregelung zu sehen. Der Gesetzgeber betont das be- 1 Vgl. zu den möglichen Aktiengattungen Abschnitt B 4.5. 2 Vgl. § 32 WpÜG. 3 Zu den Mengenregeln vgl. Abschnitt C 6.2.5. 4 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 57; LAND (2001), S. 1711. 5 Vgl. § 32 WpÜG. 6 Vgl. § 32 i.V.m.§ 39 WpÜG für Pflichtangebote. 7 Vgl. Abschnitt C 6.2.4. 6 Pflichten des Bieters 89 sondere Schutzbedürfnis von Aktionären beim erstmaligen Entstehen oder beim Wechsel einer Kontrollstellung.1 Daher sollen bei einem Angebot, bei dessen Erfolg eine derartige Kontrolle entstehen bzw. wechseln würde, alle Aktionäre die Möglichkeit haben, ihre Aktien an den Übernehmer zu verkaufen.2 Dieses Ziel hätte prinzipiell auch ohne die Ausdehnung der Vollangebotspflicht auch auf Übernahmeangebote erreicht werden können, wenn man auf die befreiende Wirkung des Übernahmeangebotes von der Verpflichtung zum Pflichtangebot (§ 35 Abs. 3) abgesehen hätte. Dies hätte allerdings bedeutet, dass bei einem erfolgreichen Übernahmeangebot stets ein Pflichtangebot folgen müsste. Diese Konsequenz wollte der Gesetzgeber jedoch wegen des erhöhten Aufwandes durch zwei aufeinander folgende Angebote vermeiden.3 6.2.6 Zuteilungsregeln Wegen des Ausschlusses angebotsorientierter Mengen- und Preisregeln kann die Problematik der „Überzeichnung“ des Kaufangebots, also einer Situation in der die Anzahl der Wertpapiere, die der Bieter erwerben kann, höher ist als die Anzahl der Wertpapiere, die er zu erwerben sich verpflichtet hat, nur bei Teilangeboten auftreten. Teilangebote sind – wie eben ausgeführt – jedoch nur bei Angeboten zulässig, die keine Übernahmeangebote oder Pflichtangebote sind. Das Gesetz schreibt vor, die Annahmeerklärungen grundsätzlich verhältnismäßig (pro rata) zu berücksichtigen.4 Der größte Teil des breiten Spektrums der denkbaren Zuteilungsverfahren ist damit unzulässig.5 Begründet wird auch diese Einschränkung mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.6 Eine Zuteilung nach anderen Kriterien ist nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich unzulässig. Ausnahmen vom Grundsatz der verhältnismäßigen Zuteilung sind in engen Grenzen aus Gründen der Praktikabilität zulässig, etwa eine vollständige Berücksichtigung kleinerer Bestände.7 Daneben sind Re- 1 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 34, S. 60. 2 Vgl. THUN (2002), § 32, Rn. 1 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 60 4 Vgl. § 19 WpÜG. 5 Vgl. Abschnitt B 4.7. 6 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 60; STEINMEYER/HÄGER (2002), § 19 Rn. 3. 7 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 48. 89 90 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten gelungen zur Erfüllung der Ganzzahligkeitsbedingung erforderlich, da nur der Erwerb ganzer Aktien möglich ist.1 6.2.7 Annahmefrist Die Frist für die Annahme eines Angebots darf grundsätzlich nicht weniger als vier und nicht mehr als zehn Wochen betragen. Sie beginnt mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage.2 Der Gesetzgeber versucht durch diesen Rahmen sicherzustellen, dass einerseits den Aktionären der Zielgesellschaft genügend Zeit für die Entscheidungsfindung zu Verfügung steht, andererseits aber das Verfahren insgesamt zügig abgewickelt wird.3 Trotz der grundsätzlich innerhalb dieser Grenzen beliebigen Bestimmung der Frist nach dem Ermessen des Bieters, kann dieser die tatsächliche Laufzeit nicht vollständig bestimmen, da eine Reihe von gesetzlich benannten Ereignissen zu einer Fristverlängerung führt. Wird z.B. im Zusammenhang mit dem Angebot eine Hauptversammlung der Zielgesellschaft einberufen, so beträgt die Frist unabhängig von dem im Angebot bestimmten Zeitraum automatisch zehn Wochen.4 Im Falle einer Änderung des Angebots5 durch den Bieter innerhalb der letzten beiden Wochen der Laufzeit verlängert sich die Frist um zwei Wochen.6 Eine Verlängerung der Annahmefrist erfolgt auch, wenn während ihres Laufes ein anderer Bieter ein konkurrierendes Angebot abgibt, dessen Annahmefrist später abläuft. In diesem Fall gilt für beide Angebote der spätere Termin für den Fristablauf.7 Da konkurrierende Angebote theoretisch beliebig oft von beliebig vielen Personen abgegeben werden können und auch Teilangebote als konkurrierende Angebote anzusehen sind, ergibt sich für den Bieter eine erhebliche Unsicherheit, zumal 1 Vgl. GEIBEL (2002), § 19 Rn. 9. 2 Vgl. § 16 Abs. 1 WpÜG. 3 Vgl. SCHÜPPEN (2002), S. 964. 4 Vgl. § 16 Abs. 3 S. 1 WpÜG. 5 Vgl. hierzu Abschnitt C 6.2.9. 6 Vgl. § 21 Abs. 5 WpÜG. 7 Vgl. § 22 Abs. 3 WpÜG. Wertpapapierinhaber, die bereits das erste Angebot angenommen haben erhalten für den Fall eines konkurrierenden Angebots ein Rücktrittsrecht, sodass auch sie die Möglichkeit haben, dieses Angebot noch anzunehmen. Vgl. § 22 Abs. 3 WpÜG. 6 Pflichten des Bieters 91 sogar rechtswidrige oder durch die Bundesanstalt untersagte Angebote die fristverlängernde Wirkung entfalten.1 Handelt es sich um ein Übernahmeangebot, so haben die Aktionäre der Zielgesellschaft, die das Angebot nicht angenommen haben, nach Ablauf der im Angebot bestimmten Frist noch zwei weitere Wochen Zeit, das Angebot anzunehmen (verlängerte Annahmefrist). Das gilt nur dann nicht, wenn der Bieter das Angebot vom Erwerb einer Mindestquote abhängig gemacht hat und diese nicht innerhalb der Frist erreicht wurde.2 Diese gelegentlich auch als „Zaunkönigregelung“ bezeichnete Vorschrift3 soll der besonderen Situation Rechnung tragen, in der sich Minderheitsaktionäre befinden, denen ein koordiniertes Vorgehen faktisch nicht möglich sei. Den Aktionären, die sich bisher noch gegen einen Verkauf gesperrt haben, soll die Möglichkeit gegeben werden, den Verlauf des Angebotsverfahrens abzuwarten und wenn eine kontrollierende Stellung des Bieters entstanden ist – nunmehr in Kenntnis dieser für ihn wertbestimmenden neuen Sachlage – doch noch zu verkaufen.4 6.2.8 Zusammenarbeit mit Finanzintermediären Die Zusammenarbeit mit Finanzintermediären ist dem Bieter weitgehend freigestellt. Für einen Fall gibt es allerdings eine Pflicht zur Zusammenarbeit: Wenn das Angebot als Gegenleistung die Zahlung einer Geldleistung vorsieht, ist durch ein vom Bieter unabhängiges Wertpapierdienstleistungsunternehmen schriftlich zu bestätigen, dass der Bieter die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, damit ihm die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zum Zeitpunkt der Fälligkeit zur Verfügung stehen.5 Bei den berechtigten Wertpapierdienstleistungsunternehmen handelt es sich um solche im Sinne des § 2 Abs. 4 WpHG.6 Mit Erteilung der Bestätigung haftet der Finanzintermediär auf Schadenersatz, falls der Bieter seine Verpflichtung auf Grund der Nichtvornahme geeigneter Maßnahmen nicht erfüllen kann.7 1 Vgl. SCHÜPPEN (2002), S. 965. 2 Vgl. § 16 Abs. 2 WpÜG. 3 Vgl. z.B. PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 17; SCHÜPPEN (2002), S. 966. 4 Vgl. PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 17; BUNDESREGIERUNG (2001), S. 46. 5 Vgl. § 13 Abs. 1 WpÜG. Hierzu näher SINGHOF/WEBER (2002). 6 . Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 44. 7 Vgl. § 13 Abs.2 WpÜG. 91 Kapitel C 92 6.2.9 Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Wiederholung und Änderung des Angebots Ein Angebot darf grundsätzlich wiederholt werden. Hat die Aufsichtsbehörde allerdings das vorherige Angebot untersagt oder hat der Bieter ein früheres Angebot vom Erwerb eines Mindestanteils abhängig gemacht und diesen nicht erreicht, so tritt eine einjährige Angebotssperre in Kraft.1 Auch Änderungen eines bereits veröffentlichten Angebots sind in begrenztem Umfang möglich. Bis einen Werktag vor Ablauf der Annahmefrist darf der Bieter • die Gegenleistung erhöhen, • wahlweise eine andere Gegenleistung anbieten, • einen etwaigen Mindeststimmrechtsanteil verringern oder • auf Bedingungen verzichten.2 Zulässig sind also nur solche Modifikationen, die aus Sicht der Wertpapierinhaber zu einer Verbesserung des Angebots führen, ihnen zusätzliche Handlungsmöglichkeiten bieten oder zu einer verstärkten Bindung des Bieters an sein Angebot führen.3 Eine Änderung des Angebots, also etwa eine Erhöhung des Preises, wirkt nach dem Gesetzeswortlaut nicht unmittelbar auch für diejenigen, die das Angebot bereits (zu schlechteren Konditionen) angenommen haben. Im Falle der Änderung erhalten diese jedoch das Recht, vom Vertrag zurückzutreten.4 6.2.10 Zusammenfassung Die Einschränkungen in den Möglichkeiten der Ausgestaltung von Angeboten sollen abschließend in der Tabelle C 1 zusammengefasst werden. Dabei werden in der ersten Hauptspalte die Pflichten aufgezählt, die alle Angebote zum Erwerb von Wertpapieren betreffen, und in der zweiten und dritten zusätzliche oder abweichende Pflichten bei Übernahme- und Pflichtangeboten. 1 Vgl. § 26 Abs. 1 WpÜG. 2 Vgl. § 21 Abs. 1 WpÜG. 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 49; THUN (2002), § 21 Rn 3.. 4 Kritisch hierzu RIEHMER /SCHRÖDER (2001), S. 12 – 13. 6 Pflichten des Bieters 93 Alle Angebote zum Erwerb • keine invitatio ad 1. Rechtliche offerendum Bindungswirkung • Rücktritts- oder Widerrufsvorbehalt ausgeschlossen Sonderegelungen Übernahmeangebote Sonderregelungen Pflichtangebote • keine zusätzlichen Einschränkungen gegenüber allen Angeboten zum Erwerb • jegliche Bedingungen unzulässig • Geldleistung in Euro oder liquiden Aktien, daneben beliebige weitere Gegenleistungen möglich • wie bei Übernahmeangeboten • Bedingungen zulässig, wenn nicht vom Bieter allein beeinflussbar 2. Art der Gegenleistung • keine Einschränkungen • falls Aktien als Gegenleistung für stimmberechtigte Aktien, dann nur ebenfalls stimmberechtigte • Verpflichtung zum Barangebot bei bestimmten Vor- oder Nebenerwerben gegen bar 3. Preisregeln • keine angebotsorientierte Preisfestsetzung möglich • Mindestpreisregel • wie bei Übernahmeunter Berücksichtiangeboten gung von Börsenkursen und Vorerwerben • keine Preisdifferenzierung zulässig • Nachbesserungspflicht bei Erwerben zu wertmäßig höherer Gegenleistung binnen eines Jahres 4. Art der nachgefragten Wertpapiere • keine Einschränkung • Angebot muss sich auf • wie bei Übernahmealle Aktiengattungen angeboten beziehen 5. Mengenregeln • keine angebotsorientierte Mengenfestsetzung möglich • nur Vollangebote zulässig • wie bei Übernahmeangeboten • keine weiteren Einschränkungen • keine weiteren Einschränkungen • Voll- und Teilangebote zulässig 6. Zuteilungsre- • grundsätzlich nur geln pro rata 93 Kapitel C 94 Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Alle Angebote zum Erwerb 7. Annahmefrist • grundsätzlich 4 bis 10 Wochen im Ermessen des Bieters • Verlängerung bei Einberufung der Hauptversammlung der Zielgesellschaft Sonderegelungen Übernahmeangebote Sonderregelungen Pflichtangebote • verlängerte Annahme- • keine weiteren Einfrist, sofern nicht Beschränkungen gegendingung von Mindestüber allen Angeboten quote verfehlt • Verlängerung bei Änderung des Angebots • Verlängerung bei konkurrierendem Angebot 8. Zusammenarbeit mit Finanzintermediären 9. • keine weiteren • Pflicht zur Bestätigung der Finanzierung Pflichten bei Barangeboten durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen • Wiederholungen zuWiederholu lässig, sofern keine ng und Sperrfrist Änderung • Verbesserungen des Angebots zulässig • keine weiteren Einschränkungen • keine weiteren Pflichten • keine weiteren Einschränkungen • Rücktrittsrecht der Verkäufer bei Änderung des Angebots • ggf. Nachbesserungspflicht Tab. C 1 Zusammenfassung der Pflichten des Bieters bei der Ausgestaltung von Angeboten Würde man die Pflichten des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes auf das bereits in Abschnitt B 4.10 verwendete Beispiel B 1 des Angebots der AugustThyssen-Hütte an die Aktionäre der Rheinstahl AG anwenden, so ergäbe sich dessen Unzulässigkeit aus mehreren Gründen, wie im Folgenden erläutert wird. Beispiel C 1: Angebot der August Thyssen-Hütte an die Aktionäre der Rheinstahl AG Das Angebot wäre nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz als Übernahmeangebot zu klassifizieren, da es auf den Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung gerichtet ist. Damit ergeben sich hinsichtlich der zu erfüllenden Pflichten folgende Befunde: 6 Pflichten des Bieters 95 1. Rechtliche Bindungswirkung Das Angebot ist als invitatio ad offerendum formuliert. Dies ist gem. § 17 WpÜG unzulässig. Weiterhin enthält es einen Rücktrittsvorbehalt bei Nichterreichen von 51 % der Stimmrechte. Ein solcher ist gem. § 18 Abs. 2 WpÜG unzulässig. Es dürfte zwar eine entsprechende Mindestbedingung formuliert werden, damit hätte der Bieter aber im Zeitpunkt des Abschlusses der Annahmefrist keine Entscheidungsmöglichkeit mehr. 2. Art der Gegenleistung Es handelt sich um ein ausschließliches Barangebot. Gem. § 31 Abs. 2 WpÜG muss wenigstens eine der angebotenen Gegenleistungen in Euro oder liquiden Aktien bestehen. Abgesehen von zwischenzeitlichen Währungsumstellung genügt das Angebot also dieser Vorschrift. 3. Preisregeln Es liegt ein Festpreisangebot ohne Preisdifferenzierung vor, welches grundsätzlich zulässig ist. Zu beachten sind bei der Preisfestsetzung die Mindestpreisregeln. Ob diese zum damaligen Zeitpunkt erfüllt gewesen wären, ist nicht bekannt. Zur Beurteilung dieser Frage müsste man die Börsenkurse des Referenzzeitraums sowie eventuell bei Vorerwerben gezahlte Preise kennen. 4. Art der nachgefragten Wertpapiere Es werden genau bezeichnete stimmberechtigte Stammaktien nachgefragt. Da zum Zeitpunkt des Angebots keine anderen Aktiengattungen emittiert waren, entspricht es der Vollangebotspflicht gem. § 32 WpÜG hinsichtlich der Art der nachgefragten Wertpapiere. 5. Mengenregeln Die angebotsorientierte Mengenfestlegung ist nur durch die unzulässige Formulierung als invitatio ad offerendum möglich. Bei diesem Übernahmeangebot wäre ohnehin ein Teilangebot gem. § 32WpÜG unzulässig, es dürfte nur ein Vollangebot auf alle Aktien abgegeben werden. 6. Zuteilungsregeln Zuteilungsprobleme könnten bei gesetzestreuer Formulierung des Angebots gar nicht auftreten, da nur ein Vollangebot zulässig wäre. 7. Annahmefrist Die Annahmefrist von 3 Wochen ist gem. § 16 Abs. 1WpÜG zu kurz und damit unzulässig. 8. Zusammenarbeit mit Finanzintermediären Da es sich um ein Barangebot handelt, müsste eine Bestätigung eines Finanzinstitutes über getroffene Maßnahmen zur Finanzierung des Barangebots gem. § 13 Abs. 1 WpÜG beigefügt sein. 9. Wiederholungen oder Änderungen des Angebots Die Möglichkeit der Verkürzung der Annahmefrist stellt keine der gem. § 21 WpÜG zulässigen Änderung dar. Insgesamt würde das Angebot aus dem Jahr 1973 also gegen mehrere der Pflichten des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes verstoßen und wäre damit heute unzulässig. 95 96 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten 6.3 Veröffentlichungs- und Meldepflichten 6.3.1 Vorbemerkung Die Veröffentlichungs- und Meldepflichten sind Ausdruck des Ziels, umfassende Transparenz für die Beteiligten des Angebotsverfahrens, insbesondere die betroffenen Wertpapierinhaber, zu schaffen. Ihnen soll Gelegenheit gegeben werden, ihre Entscheidung über den Verkauf auf der Grundlage umfassender Informationen zu treffen.1 Daneben soll die Bundesanstalt durch entsprechende Meldungen in die Lage versetzt werden, ihren Aufsichtspflichten nachzukommen.2 Zur Darstellung der einzelnen Pflichten wird der Prozess des Angebotsverfahrens in drei Zeitabschnitte eingeteilt: die Vorangebotsphase, die Annahmephase und die Nachangebotsphase. Als Vorangebotsphase soll der gesamte Zeitraum im Zusammenhang mit der Übernahme bis zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage bezeichnet werden. Die Annahmephase soll den Zeitraum von der Veröffentlichung der Angebotsunterlage bis zum Ablauf der Annahmefrist bezeichnen. Als Nachangebotsphase wird der Zeitraum nach Ablauf der Annahmefrist benannt. Eine bei Übernahmeangeboten ggf. auftretende verlängerte Annahmefrist3 ist nach dieser Einteilung der Nachangebotsphase zuzuordnen. Die Darstellung erfolgt entsprechend der Schwerpunktsetzung dieser Arbeit nur überblicksartig. Zu Einzelheiten wird auf das einschlägige Schrifttum verwiesen.4 1 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 29. 2 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 40. 3 Vgl. Abschnitt C 6.2.7. 4 Vgl. z.B. BURGARD (2000); LAND/HASSELBACH (2000), S. 1748 – 1750; PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 16 – 17; RIEHMER/SCHRÖDER (2001); LIEBSCHER (2001), S. 861 – 866; ASSMANN (2002a); HIRTE (2002b). 6 Pflichten des Bieters 6.3.2 97 Vorangebotsphase Bereits in dieser Phase treffen den Bieter eine Reihe von Veröffentlichungs- und Meldepflichten. Im Einzelnen sind dies: • Die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots ist den betroffenen Börsen und der Bundesanstalt noch vor der Veröffentlichung mitzuteilen.1 • Die Entscheidung zur Abgabe eines freiwilligen Angebots ist unverzüglich zu veröffentlichen.2 Bei Pflichtangeboten ist entsprechend das Erlangen der Kontrolle unter Angabe der Höhe des Stimmrechtsanteils unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Kalendertagen zu veröffentlichen.3 • Diese Veröffentlichung ist ebenfalls an die betroffenen Börsen und die Bundesanstalt zu übersenden.4 • An den Vorstand der Zielgesellschaft ist unverzüglich nach der Veröffentlichung eine Mitteilung über die Entscheidung zu machen.5 • Die Angebotsunterlage ist binnen vier Wochen nach Veröffentlichung der Entscheidung an die Bundesanstalt zu übersenden.6 • Die Angebotsunterlage ist nach Gestattung durch die Bundesanstalt oder nach Ablauf von 10 Tagen zu veröffentlichen.7 Die Angebotsunterlage hat eine Reihe von Mindestangaben zu enthalten. Hierzu gehören u.a. Angaben über die Absichten des Bieters im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft und vorgesehener Maßnahmen.8 Für fehlerhafte Angebotsunterlagen haftet der Bieter auf Schadenersatz.9 1 Vgl. § 10 Abs. 2 WpÜG. 2 Vgl. § 10 Abs. 1 WpÜG. 3 Vgl. § 35 Abs. 1 WpÜG. 4 Vgl. § 10 Abs. 4 WpÜG. 5 Vgl. § 10 Abs. 5 WpÜG. 6 Vgl. § 14 Abs. 1 WpÜG, für Pflichtangebote § 35 Abs. 2 WpÜG. 7 Vgl. § 14 Abs. 2 WpÜG. 8 Vgl. § 11 Abs. 2 WpÜG. Zu den Mindestangaben im Einzelnen vgl. GEIBEL (2002), § 11 Rn. 10 – 78. 9 Vgl. § 12 Abs. 1 WpÜG. Zur Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage vgl. ASSMANN (2002b); VAUPEL (2002). 97 98 6.3.3 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Annahmephase Innerhalb dieser Phase hat der Bieter vor allem folgende Veröffentlichungs- und Meldepflichten zu erfüllen: • Unverzüglich nach der Veröffentlichung ist die Angebotsunterlage dem Vorstand der Zielgesellschaft zu übermitteln.1 • Die Anzahl sämtlicher dem Bieter zustehender Wertpapiere einschließlich der eingegangenen Annahmeerklärungen und der sich daraus ergebenden Quote sind wöchentlich sowie in der letzten Woche der Annahmefrist täglich zu veröffentlichen und der Bundesanstalt mitzuteilen.2 6.3.4 Nachangebotsphase Innerhalb dieser Phase sind folgende Veröffentlichungs- und Meldepflichten zu erfüllen: • Die Anzahl sämtlicher dem Bieter zustehenden Wertpapiere einschließlich der eingegangenen Annahmeerklärungen und der sich daraus ergebenden Quote sind unverzüglich nach Ablauf der Annahmefrist sowie bei Übernahmeangeboten nach Ablauf der verlängerten Annahmefrist zu veröffentlichen und der Bundesanstalt mitzuteilen.3 • Bei Übernahmeangeboten, bei denen der Bieter die Kontrolle erlangt hat sowie bei Pflichtangeboten sind alle weiteren Erwerbe von Aktien der Zielgesellschaft binnen eines Jahres nach der Veröffentlichung zum Ablauf der Annahmefrist zu veröffentlichen und der Bundesanstalt mitzuteilen.4 1 Vgl. § 14 Abs. 4 WpÜG. 2 Vgl. § 23 Abs. 1 WpÜG. Zu diesen auch als „Wasserstandsmeldungen“ bezeichneten Veröffentlichungen vgl. WITT (2000). 3 Vgl. § 23 Abs. 1 WpÜG. 4 Vgl. § 23 Abs. 2 WpÜG. 7 Pflichten des Managements der Zielgesellschaft 7 99 Pflichten des Managements der Zielgesellschaft Nicht nur der Bieter ist im Rahmen des Angebotsverfahrens bestimmten Beschränkungen unterworfen, sondern auch dem Management der Zielgesellschaft sind bestimmte Verpflichtungen auferlegt, die hier zur Abrundung der Darstellung kurz aufgeführt werden sollen. Im Wesentlichen sind dies zwei Pflichten, nämlich • die Abgabe einer Stellungnahme zum Angebot1 und • die sog. Neutralitätsverpflichtung2 bei Übernahmeangeboten. Die Pflicht zur Abgabe einer Stellungnahme durch Vorstand und Aufsichtsrat ist wiederum Ausfluss des Grundsatzes umfassender Transparenz für die Beteiligten des Angebotsverfahrens. Um den Aktionären eine Entscheidung bei ausreichender Information über die Sachlage zu ermöglichen, soll diesen auch die Beurteilung des Angebots durch das Management ihrer Gesellschaft zur Verfügung stehen.3 Besonders heftig wurde im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes die sog. Neutralitätsverpflichtung (besser: Stillhaltepflicht) des Vorstandes diskutiert.4 Hierunter ist das grundsätzliche Verbot für den Vorstand zu verstehen, nach der Veröffentlichung der Absicht zur Angebotsabgabe bis zum Ende der Annahmefrist ohne Ermächtigung durch die Hauptversammlung Handlungen vorzunehmen, die den Erfolg des Angebots verhindern könnten.5 Mit diesem Verbot werden nach der Gesetzesbegründung die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes geltenden Verhaltenspflichten kodifiziert.6 Die herrschende Meinung im aktienrechtlichen Schrifttum geht tatsächlich seit geraumer Zeit davon aus, dass der Vorstand keine Abwehrmaßnahmen vornehmen und damit Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises nehmen darf.7 1 Vgl. § 27 WpÜG. 2 Vgl. § 33 WpÜG. 3 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 52. 4 Vgl. dazu z.B. MICHALSKI (1997); WOLF (1998); KIRCHNER (1999); KIRCHNER (2000); DIMKE/HEISER (2000), KALLMEYER (2000), HIRTE /SCHANDER (2000); ALTMEPPEN (2001); BAUDISCH/GÖTZ (2001); BECKER (2001); MAIER-REIMER (2001); MERKT (2001); WIESE/ DEMISCH (2001); WACKERBARTH (2001); KUHNER /SCHILLING (2002); SCHNEIDER (2002). 5 Vgl. § 33 Abs. 1 WpÜG. 6 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 57. 7 Vgl. HOPT (1993), S. 534 ff., WIESNER (1999), § 19 Rn. 21; SCHANZ (2000), S. 347; KRAUSE (2000a), S. 218; abweichender Meinung: MARTENS (1993), S. 543 – 545. 99 100 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Dieser Grundsatz wird jedoch durch mehrere Ausnahmen eingeschränkt. Ausgenommen sind • Maßnahmen, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen hätte, • die Suche nach einem konkurrierenden Angebot sowie • Handlungen, denen der Aufsichtsrat zugestimmt hat. Vor allem die letzte Ausnahme ist durchaus kritisch zu beurteilen. Sie war erst ganz zum Ende des Gesetzgebungsverfahrens auf Betreiben von Vertretern der deutschen Wirtschaft und der Gewerkschaften in das Gesetz aufgenommen worden.1 2 Die Vorstandsmitglieder einer Zielgesellschaft befinden sich bei einer nicht mit ihnen abgestimmten – also nach dem bereits in Teil B kritisierten üblichen Sprachgebrauch „feindlichen“ – Übernahme in einer spezifischen Situation, müssen sie doch in vielen Fällen bei einer erfolgreichen Übernahme damit rechnen, ihre Stellung zu verlieren. Dies dürfte um so mehr für die Mitglieder des Aufsichtsrats gelten, denn nach deutschem Aktienrecht ermöglicht die Mehrheit in der Hauptversammlung zunächst nur die Besetzung des Aufsichtsrates, welcher den Vorstand wählt. Will ein Übernehmer den Vorstand auswechseln, kann er dies nicht direkt, sondern nur, indem er die Mitglieder des Aufsichtsrates entweder entsprechend beeinflusst oder ebenfalls durch eigene Mitarbeiter auswechselt. Insofern ist es mehr als erstaunlich, dass das Gesetz es diesen von der Übernahme selbst potentiell negativ betroffenen Gruppen in die Hand gibt, ohne Ermächtigung durch die Anteilsinhaber Abwehrmaßnahmen einzuleiten. Es besteht die Gefahr, dass sie unter Vorspiegelung der Wahrung wie auch immer bestimmter „Interessen der Gesellschaft“ versuchen werden, die Übernahme zu verhindern. Dass dies den Interessen der Anteilsinhaber zuwiderlaufen kann, liegt auf der Hand.3 1 Vgl. ZINSER (2002), S. 19. 2 Noch in dem im Juli 2001 vorgelegten Regierungsentwurf war die Ausnahme nicht enthalten. 3 Hiergegen werden auch verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht: Der Aufsichtsrat kann bis zur Hälfte mit Vertretern der Arbeitnehmer besetzt sein. Gegen die paritätische Mitbestimmung ist nach dem Bundesverfassungsgericht nichts einzuwenden, solange es um gemeinsame Leitung und Lenkung des Unternehmens geht. Bei Übernahmeangeboten geht es jedoch um die Frage der Veräußerung von Anteilen der Gesellschaft. Es geht also nicht um die Verwaltung der Gesellschaft, sondern um das Eigentum an den Anteilen. Damit werden nach Vertretern dieser Auffassung durch das Gesetz unzulässige Eingriffe in das Grundrecht nach Art 14 GG durch die Arbeitnehmerseite ermöglicht. Vgl. ZSCHOCKE (2002), S. 82 – 83. 7 Pflichten des Managements der Zielgesellschaft 101 Bevor die soeben diskutierte Möglichkeit für den Vorstand, mit Zustimmung des Aufsichtsrates Abwehrmaßnahmen zu ergreifen, in das Gesetz aufgenommen wurde, standen die sog. Vorratsbeschlüsse im Zentrum der Diskussion. Auch sie sind Ausdruck der – möglicherweise aufgrund verstärktem Lobbyismus vonseiten der Gewerkschaften und Vertretern der (Vorstände von) Unternehmen – gewandelten Einstellung der Bundesregierung zu der Frage, inwieweit das deutsche Recht Abwehrmöglichkeiten vorsehen soll. Hierbei handelt es sich um Beschlüsse, mit denen die Hauptversammlung den Vorstand pauschal ermächtigt wird, bestimmte Verteidigungsmaßnahmen gegen in Zukunft auftretende Übernahmeversuche vorzunehmen.1 Zwar wird durch diese Vorratsbeschlüsse nicht so stark in die Rechte der Aktionäre eingegriffen, denn schließlich müssen sie selbst den Beschluss fassen, ohne Kenntnis vom Erwerber und dessen Bedingungen den Vorstand zu Abwehrmaßnahmen zu ermächtigen und damit möglicherweise ihren eigenen späteren Interessen zuwiderzuhandeln. Doch widersprechen Vorratsbeschlüsse in jedem Fall der Zielsetzung des Gesetzes, dem Aktionär auf der Grundlage vollständiger und ausgewogener Information eine Entscheidung über ein aktuelles Angebot zu ermöglichen.2 1 Vgl. SCHWENNICKE (2002), § 33 Rn. 74 – 75. 2 Vgl. ZSCHOCKE (2002), S.83. 101 102 8 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Sanktionen Als eines der größten Probleme des Übernahmekodex wurden die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten angesehen. Nicht zuletzt aus diesem Grund empfahl sogar die Börsensachverständigenkommission selbst der Bundesregierung, ein entsprechendes Gesetz zu erarbeiten.1 Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz sieht bei Verstößen drei Arten von Sanktionen vor, nämlich • Bußgeld, • Rechtsverlust und • Verzinsung. Die Bußgeldandrohung richtet sich vor allem gegen Verstöße gegen Veröffentlichungspflichten und den Zwang zur Abgabe eines Pflichtangebotes. Der Bußgeldrahmen reicht je nach Verstoß von 250.000 Euro bis zu 1 Million Euro.2 Mit dem Höchstbetrag können Verstöße gegen die zentralen Transparenznormen des Gesetzes geahndet werden. Hierunter fallen u.a. die Pflicht zur Veröffentlichung der Entscheidung ein Angebot abzugeben und die Veröffentlichung der Kontrollerlangung. Ebenfalls mit einem Bußgeld von 1 Million Euro ist das Unterlassen eines Pflichtangebotes belegt. Daneben sieht das Gesetz einen Verlust der Mitverwaltungs- und Vermögensrechte bei Verstoß gegen die Pflicht zur Veröffentlichung der Kontrollerlangung oder zur Abgabe eines Pflichtangebotes vor.3 Der Bieter erhält allerdings die Möglichkeit, den Verlust der Ansprüche auf Dividende und Liquidationserlöse zu vermeiden, wenn er darlegt und beweist, dass die unterlassene Veröffentlichung oder Nichtabgabe des Pflichtangebots ohne Vorsatz unterblieben ist und nachgeholt wurde.4 Die Regelung ist an der vergleichbaren Vorschrift des § 28 WpHG orientiert.5 Weiterhin kann auch die Pflicht zur Verzinsung der im Rahmen eines Pflichtangebots zu erbringenden Gegenleistung als Sanktion angesehen werden, auch wenn sie systematisch nicht im entsprechenden 8. Abschnitt eingeordnet ist. Sie entsteht, wenn der Bieter die Veröffentlichung der Kontrollerlangung nicht rechtzei- 1 Vgl. BÖRSENSACHVERSTÄNDIGENKOMMISSION (1999), S. 9. 2 Vgl. § 60 WpÜG. 3 Vgl. § 59 S. 1 WpÜG. 4 Vgl. § 59 S. 2 WpÜG. 5 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 68. 8 Sanktionen 103 tig vornimmt, wenn er kein Pflichtangebot abgibt oder wenn die Bundesanstalt ein Übernahmeangebot untersagt.1 Der Zeitraum der Verzinsung richtet sich nach der Dauer des Verstoßes. Die Gegenleistung ist mit fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Aufgrund der Höhe der Zinsen und der daraus im Einzelfall resultierenden erheblichen Belastung für den Bieter wird gerade hierin eine wirksame Sanktion gesehen, die der gesetzlichen Obliegenheit zu einem Pflichtangebot Nachdruck verleiht.2 1 Vgl. § 38 WpÜG. 2 MÖLLER (2002), S. 175. 103 104 9 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Zusammenfassung Als elementares Ziel des Gesetzgebers bei der Schaffung des Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetzes wird die Verbesserung der Stellung der Minderheitsaktionäre der Zielgesellschaft genannt. Dementsprechend wird in der Begründung des Gesetzes an mehreren Stellen auf das besondere Schutzbedürfnis von Minderheitsaktionären beim erstmaligen Entstehen einer Kontrollstellung bzw. beim Wechsel eines kontrollierenden Gesellschafters hingewiesen. Als wichtigste Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels sind zum einen die Pflichtangebotsregelung und zum anderen die Vorschriften zur Ausgestaltung von Angeboten hervorzuheben. Mit dem Pflichtangebot, welches zwingend auf alle Aktien der Zielgesellschaft gerichtet sein muss, soll jedem Aktionär der Zielgesellschaft, der sich nach einer gelungenen Übernahme einem (neuen) kontrollierenden Aktionär gegenüber sieht, die Möglichkeit gegeben werden, gegen eine „angemessene“ Abfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden. Dem gleichen Zweck dienen die Regelungen zum Übernahmeangebot, insbesondere die Vorschrift, dass auch Übernahmeangebote nur als Vollangebot ausgestaltet werden dürfen. Durch diese Regelungen wird in das deutsche Recht erstmals ein Präventivschutz gegen die aus der Kontrollstellung des Mehrheitsaktionärs resultierenden Gefahren für die Minderheitsaktionäre geschaffen. Hierdurch wird der schon vor Inkrafttreten des Gesetzes existierende konzernrechtliche Minderheitenschutz ergänzt. Was als „angemessen“ anzusehen ist, wird vom Gesetzgeber einer restriktiven Mindestpreisregel unterworfen. So ist sowohl bei Übernahme- als auch bei Pflichtangeboten den Aktionären der Zielgesellschaft einerseits mindestens der gewogene Durchschnittsbörsenkurs eines bestimmten Beobachtungszeitraums und andererseits mindestens der höchste innerhalb eines gewissen Erhebungszeitraums gezahlte Preis für die Aktien anzubieten. Damit wird den Aktionären der Zielgesellschaft eine Ausstiegsoption geboten, bei der ihnen die vollständige Teilhabe an ggf. gezahlten Paketzuschlägen gesetzlich garantiert wird. Diese Regelung ist wie viele andere Vorschriften des Gesetzes durch ein sehr weites Verständnis des Gleichbehandlungsgrundsatzes geprägt. Zusätzlich treffen den Übernehmer und auch das Management der Zielgesellschaft umfangreiche Informationspflichten, um sicherzustellen, dass die Aktionäre der Zielgesellschaft ihre Verkaufsentscheidung auf eine breite Informationsbasis gestützt treffen können. Insbesondere sind diesbezüglich die laufenden Meldungen über die Höhe der erreichten Quote hervorzuheben. 9 Zusammenfassung 105 Die Freiheit des Bieters wird bei der Ausgestaltung des Angebots durch weitere Vorschriften ausgesprochen weitreichend eingeschränkt. So sind z.B. sämtliche Formen der angebotsorientierten Preis- oder Mengenfestsetzung ebenso wie jegliche Preisdifferenzierung ausgeschlossen. Rücktrittsvorbehalte sind vollständig verboten, Bedingungen nur in sehr engen Grenzen und nicht bei Pflichtangeboten zulässig. All diese Vorschriften schränken den Bieter erheblich in seinen Möglichkeiten bei der Gestaltung des Aktienerwerbs mittels öffentlichen Angebots ein. Insofern erscheint es fraglich, ob der Gesetzgeber hier wirklich einen rechtlichen „Rahmen, der Übernahmen weder erleichtern noch erschweren soll“, schaffen wollte. Dieser Eindruck wird durch die nunmehr gesetzlich kodifizierten zahlreichen Durchbrechungen des nach h.M. schon vorher geltenden Neutralitätsgrundsatzes für das Management noch verstärkt. Es drängt sich der Verdacht auf, dass dem Gesetzgeber, möglicherweise auf Drängen interessierter Lobbyisten, eher daran gelegen war, deutsche Unternehmen durch eine restriktive Regulierung gegen Übernahmeversuche zu schützen. Als Rechtfertigung für diese weitgehenden Eingriffe in die Privatautonomie wird allerdings nicht der Schutz von Unternehmen vor Übernahmen, sondern vor allem der Schutz der Aktionäre der Zielgesellschaft angeführt. Daher soll im Folgenden analysiert werden, wie sich die Regulierung von Übernahmeangeboten auf die Beteiligten auswirkt. Es soll einerseits aufgedeckt werden, wie die Einschränkungen den Kalkül des Bieters beeinflussen. Andererseits gilt es aufzuzeigen, worin die Risiken für die Zielgesellschaftsaktionäre bestehen und zu untersuchen, ob die Regulierung den Gefahren wirksam begegnet.1 Nur dann können die weitgehenden Beschränkungen als gerechtfertigt angesehen werden. 1 Vgl. Teile D und E. 105 106 Kapitel C Gesetzliche Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten Equation Section 4 D Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens 108 Kapitel D Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens 1 Vorbemerkung 1 109 Vorbemerkung In diesem Kapitel D soll ein allgemeiner Modellrahmen für die Untersuchung des Übernahmeprozesses entwickelt werden. Dieser Modellrahmen wird durch die Bewertungskalküle der Beteiligten an der Unternehmensübernahme bestimmt. Aus diesem Grund werden in Abschnitt 2 zunächst die verschiedenen Einflussfaktoren auf die Bewertung der Aktien der Zielgesellschaft identifiziert. Hierauf baut das Grundmodell auf, das im nachfolgenden Abschnitt 3 entwickelt wird. Es soll die Grundlage für die modelltheoretische Untersuchung in Kapitel E dieser Arbeit bilden. 109 110 Kapitel D Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens 2 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle 2.1 Wert und Bewertung von Unternehmensanteilen Eine Übernahme ist für den Erwerber dann vorteilhaft, wenn der Preis der hierfür gezahlt werden muss, geringer ist als der Wert, den er dem Unternehmen bzw. der Beteiligung zumisst. Dabei ist es in der Betriebswirtschaftslehre inzwischen unbestritten, dass der Wert einer Sache keine objektive Eigenschaft eines Gutes ist, sondern von den individuellen Einschätzungen, Präferenzen und Möglichkeiten des Bewerters abhängt.1 Die potenziellen Verkäufer der Aktien werden jedoch nur dann zum Verkauf bereit sein, wenn der gezahlte Preis mindestens ihrer Werteinschätzung entspricht. Auch sie ist Ausdruck einer solchen individuellen SubjektObjekt-Beziehung. Notwendige Voraussetzung für das Zustandekommen eines für beide Seiten akzeptablen Preises ist daher, dass die Werteinschätzung des Käufers höher liegt als die Werteinschätzung der Verkäufer. In dieser Betrachtungsweise ist der einzige Grund für eine Übernahme die Absicht der Vereinnahmung eines Wertzuwachses, der sich durch die Transaktion ergibt. In der Literatur gibt es zahlreiche Aufzählungen und Darstellungen von Akquisitionsmotiven, die in zum Teil relativ unstrukturierter Form vermeintliche Vorteile von Unternehmenserwerben behandeln.2 Aus ökonomischer Sicht können diese jedoch nur dann einen Grund für die Übernahme darstellen, wenn sie dazu führen, dass die Werteinschätzung des Erwerbers höher ist als die Werteinschätzung der Verkäufer, sodass sich ein Wertzuwachs durch die Transaktion erzielen lässt. Insofern müssen die Motive für eine Übernahme Unterziele dieser übergeordneten Zielsetzung sein. In der Literatur genannte Motive wie Erlangung von Marktmacht3 oder Erwerb von spezifischem Know-How4 sind also nicht schon für sich genommen Gründe für eine Übernahme, sondern nur dann, wenn der erwartete Nutzen, der dadurch erreicht wird, über dem (voraussichtlichen) Preis liegt, der zu zahlen sein wird. In dieser Arbeit soll ausschließlich der finanzielle Nutzen, der aus dem Besitz eines Unternehmens oder einer Beteiligung daran resultiert, betrachtet werden. 1 Vgl. SCHIERENBECK (1977), S. 651; BALLWIESER/LEUTHIER, S. 546 – 547; MANDL/RABEL (1997), S. 68, HERING (1999), S. 13- 14; HERING (2000 a), S. 362. Grundlegend zu den Begriffen Wert und Bewertung: ENGELS (1962), S. 1 – 44. 2 Vgl. z.B. BRESSMER/MOSER/SERTL (1989); SAUTTER (1989), S. 130 – 277; SIEBEN/SIELAFF (1989), S. 5 – 8; WATTER (1990), S. 29 – 45; HUEMER (1991), S. 15 – 33; FRANK (1993), S. 113 – 136; JUNG (1993), S. 27 – 161; ZOERN (1994), S. 13 – 50; JANSEN (2000), S. 61 – 97. 3 Vgl. z.B. RÖHRICH (1992); S. 58 – 59, FRANK (1993), S. 125. 4 Vgl. z.B. WATTER (1990), S. 35; ZOERN (1994), S. 43. 2 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle 111 Motive wie persönliches Machtstreben des Managements o.ä. werden ausdrücklich nicht in die Betrachtung einbezogen. Bei ausschließlicher Betrachtung des finanziellen Nutzens ergibt sich der Wert einer Beteiligung für den Erwerber bzw. die potenziellen Verkäufer aus dem Wert, den sie dem aus dem Besitz resultierenden Zahlungsstrom beimessen.1 Für den Erwerber sind dabei alle Zahlungen relevant, die sich durch den Erwerb der Beteiligung direkt oder indirekt für ihn ergeben würden. Der Verkäufer bewertet die Zahlungsreihe, die für ihn im Falle des Verkaufs wegfallen würde.2 Ursachen für eine unterschiedliche Werteinschätzung – und damit letztlich die Motive für eine Übernahme – müssen also in Unterschieden bzgl. • des erwarteten Zahlungsstromes und/ oder • seiner Bewertung begründet liegen. Unterschiede, die an der erwarteten Zahlungsreihe ansetzen, können sich einerseits dadurch ergeben, dass sich die Einschätzungen der künftigen Ergebnisse unterscheiden. Andererseits können individuelle Einflussfaktoren dazu führen, dass sich systematisch ein anderer relevanter Einkommensstrom für die jeweiligen Parteien ergibt. Eine unterschiedliche Einschätzung zukünftiger Ergebnisse kann sich z.B. durch eine unterschiedliche Informationslage oder auch schon durch eine eher optimistische oder pessimistische Grundeinstellung begründen. Bei diesen Gründen für Bewertungsunterschiede ist jedoch nicht ersichtlich, warum sie dazu führen sollten, dass die Werteinschätzung einer Partei grundsätzlich höher liegen sollte als die der anderen.3 Anders verhält es sich mit individuellen Gegebenheiten bei einem Bewerter, die Einfluss auf die Zahlungsreihe haben. Solche können z.B. vorliegen, wenn ein Käufer ein erworbenes Unternehmen in ein ihm gehörendes eingliedern kann oder wenn der Erwerber beabsichtigt, nach dem Erwerb seine Kontrolle in der Art auszuüben, dass sich grundlegende Änderungen im Bereich des operativen Geschäftes ergeben. In diesen Fällen kann sich ein ganz anderer erwarteter Einkommensstrom ergeben. Insbesondere solche Konstellationen werden in der Literatur häufig als Akquisitionsmotive genannt. Oftmals wird dabei argumentiert, dass durch die Übernahme die erwarteten Zahlungen aus dem Un- 1 Vgl. MELLEROWICS (1952), S. 548; MÜNSTERMANN (1966), S. 151; MOXTER (1983), S. 79; BALLWIESER/L EUTHIER (1986), S. 548; IDW (2000), S. 828; HERING (2000 b), S. 435; DRUKARCZYK (2001), S. 140. Grundlegend zur Zukunftsbezogenheit von Unternehmenswerten, allerdings noch stärker an Periodenerfolgen orientiert, bereits SCHMALENBACH (1912) und SCHMALENBACH (1917). 2 Vgl. BALLWIESER /LEUTHIER (1986), S. 548. 3 Gleichwohl können sie natürlich ein Akquisitionsmotiv darstellen, wenn die Einschätzung des Käufers höher liegt als die der potenziellen Verkäufer. 111 Kapitel D 112 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens ternehmen gesteigert werden können, sodass ein Wertzuwachs für den Erwerber möglich ist.1 Als typisches Beispiel ist hier die Realisierung von sog. Synergieeffekten zu nennen2. Dabei wird implizit unterstellt, dass eine akquisitionsbedingte Erhöhung der Zahlungen nur dem Erwerber zu Gute kommt. Liegt eine Situation vor, in der ein einziger potenzieller Veräußerer so viele Aktien hält, dass allein von der Tatsache, ob er verkauft oder nicht der Erfolg der Übernahme abhängt, so können derartige Effekte in der Tat einen möglichen Grund darstellen, warum die Werteinschätzung des Erwerbers über der dieses Verkäufers liegen kann, da die Werterhöhung nur durch den Verkauf eintreten kann. Anders verhält es sich jedoch in Situationen, in denen der Erwerber einer Vielzahl von potenziellen Verkäufern gegenübersteht, von denen keiner allein einen maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg der Übernahme hat, wie es bei vielen börsennotierten Aktiengesellschaften der Fall sein dürfte. In diesem Fall muss ein Verkäufer die Möglichkeit, dass die Übernahme gelingt, auch ohne dass er seinen Anteil verkauft, in seinen Kalkül einbeziehen. Sollte es zu einer Übernahme kommen, kann er nämlich möglicherweise von erwarteten Wertsteigerungen durch die Übernahme als Gesellschafter der übernommenen Gesellschaft ebenfalls profitieren. Insofern muss untersucht werden, welche Einflüsse auf den Zahlungsstrom mit einer tendenziell gleichgerichteten Wirkung auf die Werteinschätzung von Erwerber und potenziellem Verkäufer einhergehen und welche mit einer unterschiedlichen Wirkung. Als Einflussfaktoren, die eine gleichgerichtete Wirkung für den Übernehmer und die Zielgesellschaftsaktionäre entfalten, werden im Rahmen der nachfolgend entwickelten Modellierung • interne Synergieeffekte3 und • Restrukturierungsmaßnahmen4 betrachtet. In dem geschilderten Fall von vielen potenziellen Veräußerern können Faktoren mit tendenziell gleichgerichteter Wirkung für sich betrachtet nur dann tatsächlich zu einer Bewertungsdifferenz und damit zu einem Wertpotenzial für den Erwerber führen, wenn das Ausmaß der Wertsteigerung unterschiedlich eingeschätzt oder bewertet wird. Daneben existieren Einflussfaktoren mit unterschiedlicher Wirkung auf den Bewertungskalkül der Parteien. Als solche werden insbesondere 1 Vgl. z.B. KÜTING (1981), S. 185 – 186; JUNG (1993), S. 51; MANDL/RABEL (1997), S. 153 – 166; BERENS/MERTES/STRAUCH (1998), S. 39 – 40; IDW (2000), S. 831. 2 Vgl. z.B COENENBERG/SAUTTER (1988), S. 698 – 699; JUNG (1993), S. 51 – 58; BUSSE VON COLBE (1994), S. 602 – 605; PAPROTTKA (1996), S. 41 – 126 3 Vgl. dazu Abschnitt E 2.2.1.1. 4 Vgl. dazu Abschnitt E 2.2.1.2. 2 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle 113 • externe Synergieeffekte1 und • die Möglichkeit, Werte vom übernommenen Unternehmen in die Vermögenssphäre des Übernehmers zu transferieren,2 identifiziert. Gerade die Möglichkeit, Werte vom erworbenen Unternehmen zum Erwerber zu transferieren und damit die verbleibenden Minderheitsaktionäre zu schädigen, wird als ein Grund für die Einführung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes genannt.3 Aus Effekten mit unterschiedlicher Wirkungsrichtung können Unterschiede in der Bewertung von Übernehmer und potenziellen Verkäufern resultieren, die sowohl im Fall eines einzelnen (beherrschenden) Großaktionärs wie auch im Fall vieler kleinerer Aktionäre zu dem beschriebenen Wertpotenzial führen, und zwar selbst bei gleicher Einschätzung und Bewertung der durch die Übernahme verursachten Auswirkungen auf die erwarteten Zahlungen durch die Parteien. Neben Unterschieden, die sich aus einer unterschiedlichen erwarteten Zahlungsreihe ergeben, ist es weiterhin möglich, dass gleiche erwartete Zahlungsströme bzw. genauer gesagt erwartete Wahrscheinlichkeitsverteilungen für künftige Zahlungen von verschiedenen Subjekten unterschiedlich bewertet werden. Gründe hierfür können z.B. in der individuellen Risikoeinstellung, Zeitpräferenz, in unterschiedlichen alternativen Verwendungsmöglichkeiten der eingesetzten Mittel oder der Korrelation der erwarteten Rückflüsse zum gesamten Portefeuille des Investors liegen.4 In diesem Abschnitt 2 sollen daher die individuellen Einflussfaktoren auf die relevante Zahlungsreihe und ihre Bewertung einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Aufbauend auf diesen Ausführungen wird im Abschnitt 3 ein einfaches Modell zur Beurteilung von Übernahmeentscheidungen entwickelt, das die Grundlage für die Untersuchung des Übernahmeprozesses liefern soll. 1 Vgl. dazu Abschnitt E 2.2.2.1. 2 Vgl. dazu auch Abschnitt E 2.2.2.2. 3 Vgl. die Ausführungen in Abschnitt C 3. 4 Vgl. COENENBERG (1984), S. 499. 113 114 Kapitel D Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens 2.2 Einflussfaktoren auf die relevante Zahlungsreihe 2.2.1 Einflussfaktoren mit gleichgerichteter Wirkung bei Übernehmer und Veräußerer 2.2.1.1 Interne Synergieeffekte Der Begriff Synergie hat etwa seit Ende der 50-er Jahre in das wirtschaftswissenschaftliche Schrifttum Einzug gehalten.1 Er stammt etymologisch vom griechischen „synergien“ ab, was mit „zusammenarbeiten“ oder „zusammenwirken“ übersetzt werden kann.2 3 Wird ein Unternehmen von einem anderen Unternehmen übernommen, sodass die beiden Unternehmen nunmehr unter einheitlicher Kontrolle stehen, so ist dem Kontrollinhaber eine Gestaltung der Zusammenarbeit dieser beiden Unternehmen möglich. Dabei ist es auf Grund hier nicht näher zu beschreibender Wirkungsmechanismen möglich, dass ein Gesamtergebnis entsteht, welches die Summe der Einzelergebnisse übersteigt.4 Dieses Phänomen wird in der Literatur als Synergie oder häufig auch als 1 + 1 = 3 oder 2 + 2 = 5 Effekt bezeichnet.5 Diese einprägsamen Bezeichnungen verstellen jedoch ein wenig den Blick darauf, dass sich aus Synergie auch negative Wirkungen ergeben können.6 Daher soll im Rahmen dieser Arbeit unter Synergie das Zusammenwirken eines übernommenen Unternehmens mit dem Übernehmerunternehmen mit 1 Vgl. z.B. PENROSE (1959); ANSOFF (1965), S. 75 – 102. 2 Vgl. GÄLWEILER (1987), S. 85, KLEMM (1990), S. 45, PAPROTTKA (1996) S. 41, JANSEN (2000), S. 93. 3 Ursprünglich wurde der Synergiebegriff nur in den Naturwissenschaften angewendet, um das Phänomen des Zusammenwirkens zweier Substanzen, Organe oder Organsysteme mit überadditiver Wirkung zu beschreiben. Vgl. EHRENSBERGER (1993), S. 15; PAPROTTKA (1996), S. 41. Mit der Ausdehnung der Begriffsanwendung auch auf andere Lebensbereiche entwickelte sich die interdisziplinäre Forschungsrichtung der „Synergetik“, welche sich mit der Entstehung neuer Strukturen und Funktionsweisen von Systemen, die durch das Zusammenwirken von Teilen oder Teilsystemen entstehen, beschäftigt. Vgl. KLEMM (1990), S. 45, PAPROTTKA (1996) S. 41. Zur Lehre der Synergetik vgl. HAKEN, (1981), S. 9 – 21. 4 Vgl. zu Ursachen derartiger positiver Synergieeffekte z.B. STREBEL (1968), S. 238; EVERLING (1973), S. 411; SIGLOCH (1974), S. 97; ; PLASSMANN (1974), S. 28 – 29; KÜTING (1981), S. 182; HÖRNIG (1985), S. 56; SIEBEN/SIELAFF (1989), S. 57; SAUTTER (1989), S. 250; KLEMM (1990), S. 65. 5 Vgl. ANSOFF /WESTON (1962), S. 234; KITCHING (1967), S. 92; JUNG (1993), S. 51, NIEHUES (1993), S. 2245; PAPROTTKA (1996), S. 42, MANDL/RABEL (1997), S. 164, SCHOLZ (2000), S. 156. 6 Vgl. zu negativen Synergieeffekten und ihren Ursachen z.B. BÖCKEL (1972), S. 188 – 189; SCHIERENBECK (1973), S. 62, KÜTING (1981), S. 176; RUHNKE (1991), S. 1890; NIEHUES (1993), S. 2246; EHRENSBERGER (1993), S. 89; WEINBERGER (1995), S. 161; PAPROTTKA (1996), S. 42. 2 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle 115 einem von der Summe der Einzelergebnisse abweichenden Gesamtergebnis verstanden werden. Der zahlungsmäßige Niederschlag dieser Synergie auf der jeweiligen Unternehmensebene soll als Synergieeffekt bezeichnet werden. Sofern das übernommene Unternehmen seine juristische Eigenständigkeit behält, kann danach, bei welchem Unternehmen der finanzielle Niederschlag der aus Synergie resultierenden Zahlungsstromänderungen anfällt, zwischen internen und externen Synergieeffekten unterschieden werden. In der hier verwendeten Terminologie sollen die internen Synergieeffekte diejenigen sein, die sich zahlungsmäßig beim übernommen Unternehmen niederschlagen. Die auf Unternehmensebene anfallenden Zahlungsstromänderungen wirken sich entsprechend auf das Ausschüttungspotential bzw. bei Ausschüttung auf den erwarteten Zahlungsstrom der Aktionäre aus. Von einer Erhöhung der erwarteten Zahlungen als Folge von interner Synergie profitieren alle Aktionäre der übernommenen Gesellschaft, also sowohl der Übernehmer als auch verbleibende Altaktionäre. Befindet sich ein Aktionär der Zielgesellschaft demnach in der Situation, dass die Übernahme auch ohne den Verkauf seiner Aktien gelingen kann, so muss er die Möglichkeit der Wertsteigerung durch interne Synergieeffekte nach erfolgreicher Übernahme in seinen Bewertungskalkül einbeziehen. Rechnet er dagegen mit negativen Synergieeffekten, so muss er einen möglichen Wertverlust seiner Aktien berücksichtigen. Änderungen des erwarteten Zahlungsstromes können sich aus vier Teileffekten ergeben: 1. Erhöhung erwarteter Einzahlungen 2. Verminderung erwarteter Auszahlungen 3. Verminderung erwarteter Einzahlungen 4. Erhöhung erwarteter Auszahlungen Die ersten beiden Änderungen führen zu einer Erhöhung des erwarteten Zahlungssaldos, stellen also positive Synergieeffekte dar. Als Ursachen werden in der Literatur vor allem die Unterlassung einander neutralisierender Aktivitäten, die Vermeidung von Doppelaktivitäten, die Verbesserung der Faktorallokation, die Erhöhung der Marktanteile oder die Übertragung des akquisitorischen Potentials von einem Unternehmen auf das andere genannt.1 Die Änderungen der dritten und vierten Kategorie verringern demgegenüber den erwarteten Zahlungssaldo; sie stellen negative Synergieeffekte dar. Sie können sich insbesondere aus dem Ver- 1 Vgl. KÜTING (1981), S. 181 – 182, PAPROTTKA (1996), S. 44. 115 Kapitel D 116 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens lust von Kundenbeziehungen, höherem Verwaltungsaufwand und Kosten der Integration ergeben.1 2 2.2.1.2 Restrukturierung Neben Synergien sind auch Restrukturierungsmaßnahmen, die der Übernehmer nach Erwerb der Kontrolle durchführen kann, eine mögliche Ursache für Änderungen des erwarteten Zahlungsstroms.3 Unter Restrukturierungsmaßnahmen sollen alle Maßnahmen verstanden werden, die das Management der vorhandenen Aktiva und Passiva abweichend von der Planung der bisherigen Geschäftsleitung gestalten.4 Die vorgenommenen Maßnahmen können sich, wie auch schon die Synergieeffekte, in Erhöhungen oder Verringerungen der Einzahlungen bzw. in Erhöhungen oder Verringerungen von Auszahlungen niederschlagen. Der Saldo aus diesen Änderungen ergibt den Gesamteffekt. In Abgrenzung zu den Synergieeffekten sollen jedoch nur solche Zahlungen erfasst werden, die nicht auf dem Zusammenwirken der beiden Unternehmen beruhen. Sofern erwartete Effekte positiv sind, stellen sie ein durch das bisherige Management nicht verwirklichtes Potential dar, da auch dieses grundsätzlich derartige Maßnahmen ergreifen könnte, um eine Erhöhung der erwarteten Zahlungen zu erreichen.5 Die zahlungsmäßigen Konsequenzen der Restrukturierungsmaßnahmen beruhen insbesondere auf Umsatzerhöhungen, Kostensenkungen oder Einzahlungen aus dem Verkauf von Aktiva.6 Dadurch ergibt sich ein höheres Ausschüttungspotential bzw. bei tatsächlicher Ausschüttung der resultierenden Zahlungen eine Änderung des von den Aktionären zu erwartenden Einkommensstroms gegenüber der Situation ohne Übernahme. 1 Vgl. KÜTING (1981), S. 182 – 184; KÜTING (1983), S. 161 – 162. 2 Zu denkbaren Systematisierungen von Synergieffekten vgl. z.B. EVERLING (1963), S. 204 – 208, SAUTTER (1989), S. 241 – 253, PAPROTTKA (1996), S.77 – 89, JUNG (1993), S. 53 – 55. 3 Vgl. COENENBERG/SAUTTER (1988), S. 698; IDW (2000), S. 831. 4 Ähnlich COENENBERG/SAUTTER (1988), S. 698 – 699. Die von diesen Autoren genannte zweite Möglichkeit von Restrukturierungsmaßnahmen „Überprüfung der Notwendigkeit der vorhandenen Aktiva und Passiva“ soll hier als Spezialfall der Gestaltung des Managements dieser Positionen aufgefasst werden. 5 Vgl. HUEMER (1991), S. 27 – 28. 6 Vgl. COENENBERG/SAUTTER (1988), S. 699. 2 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle 117 Wie schon bei Zahlungsstromänderungen aus internen Synergien sind bei aus Restrukturierungsmaßnahmen resultierenden Zahlungsstromänderungen der Übernehmer und evtl. verbleibende Altaktionäre in gleicher Weise betroffen. Daher muss ein potenzieller Verkäufer, dessen Verkauf keinen bzw. marginalen Einfluss auf den Erfolg der Übernahme hat, eine mögliche Wertsteigerung (oder -minderung) nach erfolgreicher Übernahme in seinen Bewertungskalkül einbeziehen. 2.2.2 Einflussfaktoren mit unterschiedlicher Wirkung bei Übernehmer und Veräußerer 2.2.2.1 Externe Synergieeffekte Wie bereits ausgeführt wurde, kann sich Synergie in dem Fall, dass beide Aktiengesellschaften nach der Übernahme weiter bestehen, zahlungsmäßig sowohl beim Zielobjekt wie auch beim Erwerberunternehmen niederschlagen. Externe Synergieeffekte resultieren grundsätzlich aus den gleichen Wirkungszusammenhängen wie interne. Der Unterschied zu den internen Synergieeffekten besteht allein darin, dass sie sich zahlungsmäßig direkt beim Erwerberunternehmen niederschlagen. Dabei sollte jedoch nicht übersehen werden, dass u.U. der zahlungsmäßige Niederschlag von Synergie bzw. dessen Aufteilung in gewissem Umfang vom Übernehmer gesteuert werden kann. Entscheidendes Abgrenzungskriterium zu den nachfolgend behandelten Werttransfers ist, dass externe Synergieeffekte nicht mit einer entgegengerichteten Vermögensänderung bei der abhängigen Gesellschaft einhergehen. Von einer Werterhöhung durch positive externe Synergieeffekte kann stets nur der Erwerber profitieren. Es handelt sich insofern um Sondervorteile, die er aus der Übernahme gewinnen kann. Nur er darf sie daher in seinen Bewertungskalkül einbeziehen. Evtl. verbleibende Altaktionäre wären von den ausgelösten Zahlungsstromänderungen nicht betroffen. Daher ist in positiven externen Synergieeffekten ein Einflussfaktor zu sehen, der ceteris paribus zu einem systematisch höheren Wert für den Erwerber führt. 117 118 2.2.2.2 Kapitel D Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Werttransfers zwischen Zielgesellschaft und Übernehmer Auch Werttransfers von der erworbenen Gesellschaft zum Übernehmer stellen Sondervorteile dar, die der Erwerber aus der Übernahme ziehen kann. Im Gegensatz zu den externen Synergieeffekten handelt es sich allerdings um solche Sondervorteile, die durch wertverlagernde Maßnahmen auf Kosten der Minderheitsaktionäre der Zielgesellschaft erlangt werden.1 Als primäre Möglichkeit für derartige Werttransfers sind vor allem Rechtsgeschäfte zwischen dem übernommenen Unternehmen und dem Übernehmer zu nennen, insbesondere wenn es sich bei diesem, wie im Folgenden unterstellt, selbst um ein Unternehmen handelt. Diese Rechtsgeschäfte sind juristisch zulässig, da die übernommene Aktiengesellschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit hat und insofern kein sog. „Insichgeschäft“ vorliegt. Da sich das übernommene Unternehmen jedoch in einem Abhängigkeitsverhältnis von dem kontrollierenden neuen Mehrheitsaktionär befindet, könnte dieser die Geschäftsleitung der übernommenen Gesellschaft veranlassen, zu Preisen zu kontrahieren, die bei Unabhängigkeit nicht akzeptiert würden. So könnte das abhängige Unternehmen für Lieferungen oder Leistungen des Übernehmers mehr bezahlen als es bei Fremdbezug bezahlen müsste oder für eigene Lieferungen weniger erhalten als bei Fremdverkauf. Im Extremfall könnten z.B. für wertlose oder gar nicht erst erbrachte Dienstleistungen Honorare an den Übernehmer gezahlt werden oder eigene Leistungen kostenlos erbracht werden.2 Liegt ein solches Rechtsgeschäft vor, so wird das Tochterunternehmen in Höhe der geminderten Einzahlungen bzw. der erhöhten Auszahlungen im Vergleich zu Fremdgeschäften geschädigt. Ob die direkte Erhöhung des Zahlungssaldos beim Übernehmer dieser Schädigung der Tochter betragsmäßig entspricht, hängt davon ab, wie viel das Mutterunternehmen seinerseits für eine Ware oder Dienstleistung bei Fremdbezug zahlen müsste bzw. bei Fremdverkauf erhalten würde. Zur Vereinfachung der Untersuchung, aber auch zur Isolation der Transfereffekte von anderen, überlagernden Effekten, soll im Rahmen dieser Untersuchung davon ausgegangen werden, dass die Verminderung des Zahlungssaldos beim Tochterunternehmen sich direkt in einer gleich großen Erhöhung des Zahlungssaldos beim Mutterunternehmen niederschlägt. An der Schädigung des abhängigen Unternehmens hat der Mehrheitsaktionär nur entsprechend seiner Beteiligungsquote Anteil, während er von der Erhöhung seines Zahlungssaldos vollständig profitiert. Insofern findet ein Nettowerttransfer auf Kosten der Minderheitsaktionäre statt. 1 Als einer der Ersten hat STÜTZEL derartige Sondervorteile umfassend beschrieben. Vgl. STÜTZEL (1960), S. 941 – 942, 964 – 967. Wenn solche Vermögensverschiebungen als Motiv für Übernahmen behandelt werden, wird daher in der Literatur auch von „Stützels Sondervorteils-Hypothese“ gesprochen. So. z.B. SCHMIDT/PRIGGE (2002), S. 227. 2 Vgl. STÜTZEL (1960), S. 941 – 942; PRANTL (1994), S. 49 – 50, 65 – 66; SCHMIDT/PRIGGE (2002), S. 227 – 228. 2 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle 119 Durch den Einbezug von Drittunternehmen lässt sich das Grundschema des Werttransfers durch Rechtsgeschäfte noch vielfach variieren, ohne dass sich wesentlich andere Wirkungszusammenhänge ergäben. Allerdings dürfte die Aufdeckung erheblich erschwert werden, sodass es bei entsprechenden Gestaltungen u.U. eher möglich ist, ansonsten fällige Ausgleichszahlungen zu vermeiden. Als sonstige Maßnahmen für Werttransfers vom abhängigen Unternehmen zur Obergesellschaft werden in der Literatur z.B. genannt: Ausgliederung wesentlicher betrieblicher Funktionen auf das herrschende Unternehmen, Bereitstellung von Vermögensgegenständen als Sicherheit für einen Kredit, den das herrschende Unternehmen beansprucht, Veranlassung des Tochterunternehmens zur Aufgabe eines Teilmarktes etc.1 All diesen Maßnahmen liegt das Prinzip zugrunde, dass vermiedene Auszahlungen oder erhöhte Einzahlungen beim Mutterunternehmen mit verringerten Einzahlungen oder zusätzlichen Auszahlungen beim Tochterunternehmen einhergehen. Insofern lassen sich die für Rechtsgeschäfte aufgezeigten Zusammenhänge auch auf sonstige Maßnahmen verallgemeinern. Dabei soll die durch derartige Maßnahmen verursachte Minderung des Zahlungssaldos auch als Ausbeutung bezeichnet werden. Denkbar ist natürlich auch ein Werttransfer vom Übernehmer zum übernommenen Unternehmen auf eine der beschriebenen Arten, der dementsprechend als Subventionierung zu interpretieren wäre. Dieser Problematik versuchte die deutsche Rechtsordnung bislang vor allem mit einem System konzernrechtlicher Minderheitsschutzvorschriften zu begegnen. Das Konzernrecht stellt zwei im Ansatz verschiedene Regelungskomplexe zum Schutz der betroffenen Aktionäre bereit: • Im sog. Vertragskonzern (einschließlich Eingliederung) darf das herrschende Unternehmen seinen Einfluss nahezu unbeschränkt für eigene Interessen ausüben. Im Gegenzug haben die sog. außenstehenden Aktionäre jedoch das Recht zwischen einer regelmäßigen Ausgleichszahlung2 und einem Ausscheiden gegen Abfindung3 zu wählen. Sowohl Ausgleichszahlung als auch Abfindung müssen eine auf Basis einer gutachterlichen Bewertung angemessene Gegenleistung bei fiktiv unterstellter Unabhängigkeit darstellen und sind gerichtlich überprüfbar. 1 Vgl. HÜFFER (2002), § 311 AktG, Rn. 34, KROPFF (2000b), § 311 AktG, Rn. 180 – 212. 2 Vgl. § 304 AktG. 3 Vgl. § 305 AktG. 119 Kapitel D 120 • Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Im sog. faktischen Konzern1 beruht das Schutzsystem – grob gesprochen – auf der Konzeption, dass vorgenommene Vermögensverschiebungen für jedes einzelne Geschäft und für jede einzelne Maßnahme ausgeglichen werden müssen (System des Einzelausgleichs).2 Die Erstellung eines sog. Abhängigkeitsberichts soll alle zugefügten Nachteile und deren Ausgleich dokumentieren und damit überprüfbar machen.3 Eine ausführliche Darstellung dieses konzernrechtlichen Schutzsystems kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen. Insofern ist auf das einschlägige juristische Schrifttum hinzuweisen.4 Es kann jedoch als herrschende Meinung angesehen werden, dass das Schutzsystem vor allem beim faktischen Konzern zwar Ausbeutungen erschwert, aber nicht gänzlich unmöglich macht.5 Die Hauptschwierigkeiten werden in der tatbestandsmäßigen Erfassung und Bewertung zugefügter Nachteile sowie in der mangelnden Unabhängigkeit der Kontrollorgane gesehen. Diese verbleibenden Schutzlücken stellen ein wesentliches Argument für die Einführung des Pflichtangebotes und der Vollangebotspflicht bei Übernahmeangeboten dar,6 die im Rahmen der modelltheoretischen Analyse untersucht werden sollen. 1 Die Bezeichnung ist insofern ungenau, als dass dieses System auch bereits bei (einfacher) Abhängigkeit, die noch nicht den aktienrechtlichen Konzerntatbestand erfüllt, einsetzt. Vgl. KROPFF (2000b), Vor. § 311 Rn. 4. Wegen der allgemeinen Verbreitung der auch auf solche Beziehungen ausgedehnten Begriffsverwendung soll aber auch im Rahmen dieser Arbeit vom faktischen Konzern gesprochen werden. 2 Vgl. § 311 AktG. 3 Vgl. § 312 AktG. 4 Vgl. z.B. EMMERICH/SONNENSCHEIN /HABERSACK (2001); HÜFFER (2002), §§ 291 – 318 AktG; KROPFF/SEMMLER (2000b), §§ 291 – 318 AktG; EMMERICH/HABERSACK (2003). 5 Vgl. z.B. BÄLZ (1992); S. 283 – 284; PRANTL (1994), S. 65 – 148; KRAUSE (1996b), S. 897 – 898; HOPT (1997), S. 387 – 388; BENNER/HEINACHER (1997), S. 2521; MUNSCHECK (1999), S. 59 – 117; HOUBEN (2000), S. 1875 – 1876. 6 Vgl. Abschnitt C 3 sowie C 4.2 – 4.3. 2 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle 2.3 121 Einflussfaktoren auf die Bewertung der erwarteten Zahlungsreihe Der Wert einer Zahlungsreihe ist der heutige Betrag, der von dem betrachteten Wirtschaftssubjekt als äquivalent zu der Zahlungsreihe eingeschätzt wird. Selbst wenn man zunächst von einer sicheren Zahlungsreihe ausgeht, gibt es eine Reihe von Ursachen, warum verschiedene Bewerter die gleiche Zahlungsreihe unterschiedlich bewerten können. Anders als die zuvor aufgezeigten Unterschiede in der Zahlungsreihe, die sich zwischen dem Übernehmer und den Aktionären der Zielgesellschaft ergeben, können diese Ursachen auch innerhalb der Gruppe der Aktionäre zu unterschiedlichen Bewertungen führen. Besteht die Möglichkeit, Geldbeträge aufzunehmen oder anzulegen, so ist es möglich, die durch den Kauf zu erlangende bzw. durch den Verkauf entgehende Zahlungsreihe nachzubilden. Derartige Anlage- und Aufnahmemöglichkeiten werden auch als finanzwirtschaftliche Komplementärmaßnahmen bezeichnet.1 Der individuelle Wert der Zahlungsreihe entspricht dem heutigen Betrag, der es dem Wirtschaftssubjekt ermöglicht, die Zahlungsreihe durch entsprechende Komplementärmaßnahmen zu duplizieren. Bietet man einem potenziellen Verkäufer mehr als diesen Betrag, so ist der Verkauf für ihn vorteilhaft, denn er kann damit die entgehende Zahlungsreihe generieren und behält einen positiven Rest übrig, den er wiederum mittels Komplementärmaßnahmen auf einen beliebigen Zeitpunkt transferieren kann. Entsprechendes gilt für den potenziellen Käufer, wenn er weniger als diesen Betrag bezahlen muss. Wie hoch dieser Wert ist, hängt dabei maßgeblich von den dem Investor möglichen Komplementärmaßnahmen ab. Auf diesem Prinzip beruhen die „klassischen“ investitionstheoretischen Ansätze, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Zahlungsreihe mit Hilfe von Auf- und Abzinsungen zu einer einzigen Kennzahl verdichtet werden und auf der Grundlage dieser Kennzahl die Vorteilhaftigkeit beurteilt wird. Der verwendete Kalkulationszinsfuß hat dabei die Funktion, die Wirkungen der Komplementärmaßnahmen indirekt zu erfassen.2 Häufig wird dabei der theoretische Idealfall des vollkommenen Finanzmarktes unterstellt. Dieser ist in seiner strengsten Form dadurch gekennzeichnet, dass der Entscheider in jedem künftigen Zeitpunkt die Möglichkeit hat, Finanzmittel in beliebigem Umfang zu einem einheitlichen und im Zeitablauf konstanten Zinssatz anzulegen oder aufzunehmen.3 Unter der Annahme des vollkommenen Finanzmarktes gilt für alle Wirtschaftsubjekte der gleiche Kalkulationszins. Eine gegebene Zahlungsreihe hat daher für 1 Vgl. BITZ/EWERT/TERSTEGE (2002), S. 22 – 24. 2 Vgl. BITZ/EWERT/TERSTEGE (2002), S. 28 – 29. 3 Vgl. HERING (1995), S. 13; BITZ/EWERT/TERSTEGE (2002), S. 28. 121 Kapitel D 122 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens alle den gleichen Wert. Dieser Befund gilt unabhängig von der individuellen Konsumpräferenz1 des Bewerters.2 Er ändert sich auch nicht, wenn man die Annahme des periodenkonstanten Kredit- und Anlagezinssatzes lockert und stattdessen von einem vollkommenen Finanzmarkt mit wechselnden Periodenzinsfüßen ausgeht. Unterschiede in der Bewertung ergeben sich erst durch Abweichungen von diesem theoretischen Idealfall. Als derartige Abweichungen kommen – lässt man die in der Realität bestehende Unsicherheit über die künftigen Zahlung zunächst weiterhin außer Betracht – insbesondere die Folgenden in Frage: • Soll- und Habenzins müssen nicht übereinstimmen. Wirtschaftssubjekte erhalten i.d.R. für Geldanlagen eine geringere Verzinsung als für Geldaufnahmen. • Geldaufnahme ist nicht in beliebigem Umfang möglich. Die Kreditvergabe wird häufig an die Leistung von Sicherheiten geknüpft, die nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. • Die Zinssätze, zu denen Geld aufgenommen oder angelegt werden kann, können für die einzelnen Wirtschaftssubjekte auf Grund unterschiedlicher persönlicher Gegebenheiten verschieden sein. • Ein einzelnes Wirtschaftssubjekt kann ggf. nicht beliebige Mittel zu einheitlichen Konditionen aufnehmen oder anlegen. So fordern Kreditgeber bei steigendem Verschuldungsgrad häufig einen höheren Zinssatz. Bei Anlagemöglichkeiten kommt es vor, dass diese nur limitiert verfügbar sind oder umgekehrt Konditionen erst ab einer bestimmen Anlagesumme gewährt werden. Insofern ist die Höhe des Kalkulationszinssatzes und damit die Bewertung einer Zahlungsreihe auch von der finanziellen Situation des Wirtschaftssubjektes im betrachteten Zeitpunkt abhängig.3 Diese wiederum wird neben der Zahlungsreihe 1 Hierunter soll die unterschiedliche Wertschätzung verschiedener zeitlicher Struktur von Entnahmen zu Konsumzwecken verstanden werden. 2 Vgl. HERING (1995), S. 17, 20. 3 Um den richtigen Kalkulationszinssatz zu finden, müssen daher grundsätzlich sämtliche dem Wirtschaftssubjekt zur Verfügung stehenden Investitions- und Finanzierungsprojekte simultan in einem Totalmodell betrachet werden. Der gesuchte Zinssatz kann also nicht als Eingangsgröße verwendet werden, sondern fällt sozusagen als „Nebenprodukt“ der Lösung dieses simultanen Optimierungsproblems an. Liegt die Lösung vor, so wird der Kalkulationszinssatz allerdings gar nicht mehr benötigt, da dann bereits feststeht, ob das Projekt vorteilhaft ist oder nicht. Vgl. HAX (1967), S.755 – 756; HERING (1995), S. 69 – 71, Dieses Problem wird auch als 2 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle 123 und den Komplementärmaßnahmen mitbestimmt durch die Konsumpräferenz bzw. die hierdurch verursachte zeitliche Struktur von Entnahmen. Dabei sind grundsätzlich die folgenden beiden Ausprägungen von Möglichkeiten zur Operationalisierung der Entnahmezielsetzung denkbar:1 • Einkommensmaximierung: Unter der Nebenbedingung fest vorgegebener Ausschüttungen zu bestimmten Zeitpunkten wird die Breite des Entnahmestroms maximiert. • Vermögensmaximierung: Unter der Nebenbedingung eines fest vorgegebenen Einkommensstroms wird die gewichtete Summe der Ausschüttungen maximiert. Der Gewichtungsfaktor der jeweiligen Zeitpunkte ergibt sich aus der subjektiven Wertschätzung einer Ausschüttung in Relation zu den anderen Zeitpunkten. Als wichtigste Spezialfälle der Vermögensmaximierung sind die Endwertmaximierung und die Barwertmaximierung anzusehen, bei denen jeweils die Zahlungen eines Zeitpunktes mit eins und alle anderen mit null gewichtet werden. Weitere Unterschiede in der Bewertung kommen hinzu, wenn man nunmehr die bisher ausgeklammerte Tatsache, dass die zu beurteilende Zahlungsreihe eine unsichere Größe darstellt, mit einbezieht: • Unterschiede können sich bereits aus heterogenen Erwartungen bezüglich der künftigen Zahlungen, genauer gesagt Erwartungen über die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Zahlungen ergeben. • Selbst bei homogenen Erwartungen ergeben sich Unterschiede in der Bewertung einer unsicheren Zahlungsreihe bei unterschiedlicher Risikopräferenz der verschiedenen Wirtschaftssubjekte. Für eine derartige Verdichtung einer „Dilemma der Lenkpreistheorie“ in der Literatur behandelt. Vgl. HERING (1995), S. 69 – 71. Derartige Totalmodelle haben den Vorteil, dass sie sog. „zeitlich-vertikale Interdependenzen“ in den Kalkül mit einbeziehen, welche in den auf Ab- und Aufzinsung beruhenden Partialmodellen vernachlässigt werden. Unter zeitlich-vertikalen Interdependenzen versteht man den Umstand, dass sich die Durchführung eines Investitionsprojektes auch über die komplementären Finanzmaßnahmen hinaus auf die Durchführung- und Ergebnismöglichkeiten erst später zur Disposition stehender Investitions- und Finanzierungsmaßnahmen auswirken kann. Vgl. BITZ/EWERT/TERSTEGE (2002), S. 24 – 25. Das größte Problem der theoretisch richtigen Totalmodelle besteht in den unerfüllbar hohen Anforderungen an die Informationsbeschaffung und –verarbeitung. Vgl. HAX (1967), S. 760; HERING (1995), S. 74. Zur simultanen Investionsplanung vgl. z.B. die grundlegenden Arbeiten von MASSE (1959), ALBACH (1962), WEINGARTNER (1963), HAX (1964), BITZ (1977) sowie HERING (1995). 1 Vgl. HERING (1995), S. 10 – 11; HERING (1999), S. 12 – 13. 123 Kapitel D 124 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Bandbreite von möglichen Ergebnissen auf einen Äquivalenzbetrag gibt es keine allgemeinverbindlichen Regeln. Sie kann nur subjektiv erfolgen.1 • 2.4 Auch bezüglich des Risikos ist das finanzielle Umfeld des Bewerters zu berücksichtigen. Für die Beurteilung der unsicheren Zahlungsreihe ist es entscheidend, wie sie sich auf die Risikostruktur sämtlicher finanzieller Aktivitäten des Entscheiders auswirken würde. Insofern müssen auch die stochastischen Abhängigkeiten berücksichtigt werden, die zum übrigen Portefeuille des Anlegers bestehen.2 Nach der auf MARKOWITZ zurückgehenden Portefeuilletheorie ist es durchaus möglich, durch den Erwerb einer risikobehafteten Zahlungsreihe das durch eine geeignete Kennzahl gemessene Risiko eines Portefeuilles sogar zu senken.3 Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Risikodiversifikation. Für einen risikoscheuen Anleger führt eine solche Risikosenkung zu einer höheren Bewertung der unsicheren Zahlungsreihe. Zusammenfassung Es wurde aufgezeigt, dass die einzelnen Beteiligten an einer Unternehmensübernahme den Wert der Aktien der Zielgesellschaft aus verschiedenen Gründen unterschiedlich einschätzen können. Es wurde unterschieden zwischen solchen Gründen, die direkt an der relevanten Zahlungsreihe ansetzen und solchen, die sich auf die Bewertung einer gegebenen Zahlungsreihe beziehen. Dabei zeigte sich, dass es Einflussfaktoren auf die relevante Zahlungsreihe gibt, durch die ein Übernehmer und die (Klein)Aktionäre der Zielgesellschaft als potenzielle Verkäufer im Falle einer Übernahme gleichgerichtet betroffen sind. Sie können nicht als Erklärung dafür herangezogen werden, dass ein Übernehmer den Wert des zu erwerbenden Unternehmens systematisch höher einschätzt als die Verkäufer. Daneben wurden jedoch mit externen Synergieeffekten und Werttransfers Einflussfaktoren auf die Zahlungsreihe identifiziert, durch die die Parteien unterschiedlich betroffen sind. Während externe Synergieeffekte nur den Übernehmer betreffen und sich daher auch nur auf seine Zahlungsreihe auswirken, führen Werttransfers sogar zu entgegengerichteten Wirkungen für Übernehmer und 1 So sieht HERING die Aufgabe der Unternehmensbewertung als erfüllt an, wenn eine Bandbreite von möglichen Unternehmenswerten – ggf. ergänzt um eine Wahrscheinlichkeitsverteilung – angegeben wird. Eine mögliche Verdichtung auf einen Entscheidungswert ordnet er nicht mehr der Unternehmensbewertung zu. Vgl. HERING (1999), S. 8 – 10. 2 Vgl. BITZ/EWERT/TERSTEGE (2002), S. 248. 3 Vgl. grundlegend MARKOWITZ (1952) und (1971). 2 Einflussfaktoren auf die Bewertungskalküle 125 die Aktionäre der Zielgesellschaft. Unter dem Blickwinkel der Schwerpunktsetzung dieser Arbeit interessiert hier vor allem die Möglichkeit, das übernommene Unternehmen auszubeuten. In derartigen Unterschieden in der relevanten Zahlungsreihe können in der Tat Gründe dafür liegen, dass ein Übernehmer ein Unternehmen systematisch höher bewertet als die verkaufenden Kleinaktionäre. Daneben wurden Ursachen aufgezeigt, warum verschiedene Bewerter eine gegebene Zahlungsreihe unterschiedlich bewerten können. Derartige Ursachen ergeben sich durch Abweichungen der realen Märkte vom theoretischen Ideal des vollkommenen Finanzmarktes. Diese Ursachen führen nicht nur zu Unterschieden zwischen den beteiligten Parteien, sondern können auch als Erklärung für unterschiedliche Bewertungen innerhalb der Gruppe der Aktionäre der Zielgesellschaft herangezogen werden. Damit wird die bereits eingangs dargestellte Grundaussage untermauert, dass es „den“ Unternehmenswert nicht geben kann, sondern allenfalls einen für den betrachteten Bewerter in einer konkreten Bewertungssituation individuellen Unternehmenswert. Diese fundamentale Erkenntnis galt im deutschen Schrifttum lange Zeit als gesichert. In den letzten Jahren scheint diese Einsicht jedoch zunehmend durch die Idee eines für alle Aktionäre einheitlichen, durch den Marktpreis bestimmten Unternehmenswertes verdrängt zu werden. Unter dem Modebegriff „Shareholder-Value“ wird damit letztlich eine Konzeption propagiert, die zu dem vormals bereits überwundenen (Irr)-Glauben an einen „tatsächlichen“ oder „echten“ Unternehmenswert zurückzukehren scheint.1 Zur Bestimmung einer individuellen Bewertung bei einer Kaufs- oder Verkaufsentscheidung ist ein so bestimmter einheitlicher Wert aus den aufgezeigten Gründen jedenfalls unbrauchbar. Aufbauend auf die in diesem Abschnitt 2 aufgezeigten Einflussgrößen auf die Bewertung der Aktien durch die Beteiligten wird im folgenden Abschnitt 3 ein Modell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses entwickelt. 1 Vgl. HERING (1999), S. 4 – 7. 125 Kapitel D 126 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 3.1 Grundannahmen Das nachfolgende Modell basiert auf folgenden grundlegenden Annahmen: • Betrachtet werden folgende Arten von Akteuren: der Übernehmer, die bis zum Zeitpunkt eines Übernahmeversuchs aktuellen Aktionäre der Zielgesellschaft sowie potenzielle Aktionäre, die derzeit keine Aktien des Unternehmens halten. – Bei dem Übernehmer handelt es sich ebenfalls um ein Unternehmen, sodass die Möglichkeit der Realisierung externer Synergieeffekte und auch der Vornahme von Werttransfers der beschriebenen Art besteht. Der Einfachheit halber wird unterstellt, dass im Fall der Ausbeutung keine Ausgleichszahlungen geleistet werden, etwa weil diese verdeckt erfolgt. Der Übernehmer besitzt vor dem Übernahmeversuch keine Anteile an der Zielgesellschaft. – Bezüglich der Aktionäre der Zielgesellschaft wird zunächst nur der Fall betrachtet, dass sich alle Aktien im Streubesitz befinden. Diese Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass jeder Aktionär nur genau eine Aktie der Zielgesellschaft besitzt. Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird jedoch auch der Fall betrachtet, dass ein einzelner Aktionär ein größeres Paket von Aktien der Zielgesellschaft hält.1 Für die potenziellen Aktionäre, die derzeit keine Aktien des Unternehmens halten, gelten die gleichen Bewertungsannahmen wie für die aktuellen Aktionäre. • Die Akteure handeln rational nach dem Ziel der Vermögensmaximierung in der Ausprägung der risikoadjustierten Kapitalwertmaximierung. Die Bewertung des Besitzes von Aktien durch den Übernehmer und die aktuellen und potenziellen Aktionäre der Zielgesellschaft erfolgt durch die individuelle Bewertung der zukünftigen aus dem Besitz resultierenden (erwarteten) Zahlungsreihe, die sich aus den erwarteten Ausschüttungen ergibt. • Die künftigen Einzahlungsüberschüsse sind unsicher. Es sind jedoch allen Akteuren die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Einzahlungsüberschüsse der Zielgesellschaft bei unveränderter Fortführung für alle künftigen Zeitpunkte bekannt. Weiterhin sind allen Akteuren die Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Änderungen dieser Einzahlungsüberschüsse durch mögliche Restrukturierung, interne Synergieeffekte und mögliche Transferzahlungen 1 Vgl. näher zu den Szenarien Streubesitz und Paket Abschnitt F 2.3. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 127 bekannt, die eintreten, wenn die untersuchte Übernahme gelingt. Alle Akteure haben also homogene Erwartungen bezüglich der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der künftigen Zahlungen, die aus dem Besitz der Aktien in den verschiedenen Situationen resultieren. Diese Einzahlungen sind vom gesetzlichen Rahmen für Übernahmen unabhängig. • Der Übernehmer kennt zusätzlich die Wahrscheinlichkeitsverteilung für die durch eine erfolgreiche Übernahme bei ihm auftretenden externen Synergieeffekte. • Die Aktionäre haben unterschiedliche Risikoeinstellungen und unterschiedliche Möglichkeiten für Komplementärmaßnahmen. Daraus ergeben sich trotz der homogenen Erwartungen Unterschiede in der Bewertung des direkt aus dem Unternehmen ausgeschütteten Zahlungsstroms bei den einzelnen Akteuren. • Weiterhin bewerten die Aktionäre die Zahlungsströme in der Weise homogen, dass sich auch bei Kenntnis der durch die Übernahme zu erwartenden Änderungen dieser Zahlungsströme die Rangfolge der Bewertungen nicht ändert. Mit anderen Worten: Ein Aktionär, der in der Ausgangssituation die Aktie höher bewertet als ein anderer, bewertet sie auch dann noch höher, wenn beide die (homogenen) Erwartungen bezüglich der Änderungen der Zahlungsreihe einbeziehen. • Im Rahmen der Entwicklung der Kalküle der Aktionäre werden mehrere Bewertungsfunktionen aufgestellt, die sich – bei stetiger Betrachtung – durch die in aufsteigender Reihenfolge sortierten Werteinschätzungen der Bewertungen durch die einzelnen Aktionäre ergeben. Zur Vereinfachung der Analyse wird die Annahme getroffen, dass diese Bewertungsfunktionen (zumindest abschnittsweise) einen linearen Verlauf haben. • Während des gesamten betrachteten Zeitraums treten außer dem Übernahmeversuch keine sonstigen Ereignisse ein, die die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Rückflüsse und damit die Bewertung der Aktien berühren. • Ein Übernahmeversuch wird ausschließlich mittels eines öffentlichen Übernahmeangebots und bzw. oder mittels außerbörslichen Erwerbs eines evtl. vorhandenen Aktienpaketes durchgeführt. Das Übernahmeangebot erfolgt in Form eines Festpreisverfahrens mit Einheitspreis. Das bedeutet, dass der Bieter bei der Abgabe des Angebots allen Aktionären einen einheitlichen Preis für die zu kaufenden Aktien bietet. Die Möglichkeit für den Übernehmer, Aktien an der Börse zu erwerben, wird aus der Betrachtung ausgeschlossen. Weitere Modellannahmen werden im Rahmen der Darstellung der Bewertungskalküle eingeführt. 127 Kapitel D 128 3.2 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Zeitlicher Modellablauf In der hier entwickelten Modellwelt werden explizit sieben Zeitpunkte betrachtet, die durch die Handlungen bzw. Handlungsmöglichkeiten des Übernehmers und der Aktionäre der Zielgesellschaft gekennzeichnet sind. Die folgende Abbildung D 1 gibt einen Überblick: Übernehmer: Bekanntgabe der Übernahmeabsicht, ggf. Paketkauf 0 BörsenAktionäre: handelsmöglichkeit Abb. D 1 I Abgabe des Übernahmeangebots II Börsenhandelsmöglichkeit III Kauf im Rahmen des Übernahmeangebots IV V Einreichung der Aktien VI t Börsenhandelsmöglichkeit Zeitlicher Modellablauf Im Einzelnen werden folgende Zeitpunkte in die Modellierung einbezogen: • t = 0: Ausgangssituation: Letzte Börsenhandelsmöglichkeit vor Bekanntwerden einer Übernahmeabsicht. • t = I: Zeitpunkt, in dem der Übernehmer seine Absicht bekannt gibt, die Zielgesellschaft zu übernehmen. Er gibt glaubhaft an, dass er in t = III ein Übernahmeangebot abgeben wird. Die nähere Ausgestaltung des Angebots, insbesondere die nachgefragte Menge und der gebotene Preis, wird noch nicht bekannt gegeben. Für den Fall, dass ein Paket gekauft wird, erfolgt dies ebenfalls zu diesem Zeitpunkt. • t = II: Börsenhandelsmöglichkeit nach Bekanntwerden der Übernahmeabsicht. • t = III: Zeitpunkt der Abgabe eines Übernahmeangebots • t = IV: Zeitpunkt, in dem die Aktionäre ihre Aktien zum Kauf im Rahmen des Übernahmeangebots einreichen können. • t = V: • t = VI: Erste Börsenhandelsmöglichkeit nach Abwicklung des Übernahmeangebots, Endzeitpunkt der Betrachtung. Zeitpunkt der Abwicklung der Aktienkäufe im Rahmen des Übernahmeangebots und Ergebnisbekanntgabe. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 129 Die Zeitpunkte liegen nicht unbedingt gleich weit voneinander entfernt. Sie können zumindest in bestimmtem Umfang vom Übernehmer frei gewählt werden. Weiterhin soll angenommen werden, dass die betrachteten Zeitpunkte jedoch so nah beieinander liegen, dass Zinseffekte zwischen den Zeitpunkten ohne Verfälschung der Ergebnisse vernachlässigt werden können. Für die Aktionäre ergibt sich in den Zeitpunkten t = 0, II, IV und VI die Notwendigkeit, ihre Aktien zu bewerten. Hierauf soll im folgenden Abschnitt 3.3 eingegangen werden. In Abschnitt 3.4 wird anschließend der Bewertungskalkül des Übernehmers entwickelt und im Abschnitt 3.5 werden die Kalküle des Übernehmers und der Aktionäre zusammengeführt. 3.3 Bewertungskalkül der Kleinaktionäre der Zielgesellschaft 3.3.1 Situation vor Bekanntwerden der Übernahmeabsicht (t = 0) Der individuelle Wert Wj0 einer Aktie der Zielgesellschaft bemisst sich aus Sicht des Aktionärs j in dieser Situation als (D 1) Wj0 = E j mit Ej individueller unsicherheitsadjustierter Barwert der aus einer Aktie resultierenden Einzahlungen aus der Sicht des Aktionärs j im Falle unveränderter Fortführung des Unternehmens. Es lässt sich bei stetiger Betrachtung eine annahmegemäß lineare Bewertungsfunktion W 0 (a) bilden, die dem a-ten Aktionär in einer nach der Wertschätzung sortierten Reihe seinen individuellen Barwert zuordnet. Bei umgekehrter Betrachtung kann die Gerade so interpretiert werden, dass einem Preis die Anzahl der Anleger zugeordnet wird, die den Wert ihrer Aktie nicht höher einschätzen.1 Dieser Zusammenhang wird für ein beliebig gewähltes a ′ in der folgenden Abbildung dargestellt. 1 Ähnlich: KLUG (2000), S. 78 – 79. 129 Kapitel D 130 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens W 0 (a) W 0 (A) W 0 (a ′) C0 a′ Abb. D 2 A a Bewertungsfunktion vor Bekanntwerden einer Übernahmeabsicht (t = 0) Ist der Preis, den ein Aktionär für den Verkauf seiner Aktien an der Börse erhalten kann, mindestens so hoch wie der Barwert der erwarteten Einzahlungen aus den Aktien, so ist es unter der Zielsetzung der Kapitalwertmaximierung für ihn vorteilhaft die Aktien zu verkaufen.1 Annahmegemäß ist ein Aktionär in dieser Modellierung auch schon zu seinem zu seinem Grenzpreis, bei dem gerade Indifferenz zwischen Verkauf und Halten besteht, verkaufsbereit. Die Aktien werden demnach nur von Anlegern gehalten, deren subjektive Werteinschätzung höher ist als der Börsenkurs C0 . Es gilt für die annahmegemäß lineare Bewertungsfunktion (D 2) W 0 (a) = C0 + α ⋅ a , wobei α die Steigung der Geraden darstellt und der Abszissenwert durch den Börsenkurs C0 bestimmt wird. Es gibt weitere potenzielle Anleger, deren Werteinschätzung der Aktien nicht höher als der Börsenkurs liegt und die deshalb keine Aktien der Zielgesellschaft halten wollen. Solange keine bewertungsändernden Informationen bekannt werden oder kein zusätzlicher Nachfrager erscheint, liegt eine umsatzfreie Gleichgewichtssituation vor. 1 Als Vergleichsalternative zum Verkauf zieht der Aktionär also das zeitlich unbegrenzte Halten der Aktie heran. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 3.3.2 Situation nach Bekanntwerden der Übernahmeabsicht (t = II) 3.3.2.1 Vorbemerkung 131 Wird nun die Übernahmeabsicht bekannt, so ist es möglich, dass sich die Bewertung der Anteile durch die Aktionäre ändert, da sich in diesem Fall Änderungen der Einzahlungen aus dem Unternehmen ergeben können. Die Aktionäre müssen zwei Szenarien in ihr Kalkül einbeziehen, nämlich das Misslingen und das Gelingen der Übernahme. Ein Gelingen (Misslingen) der Übernahme sei im Rahmen dieses Modells definiert als das Erreichen (Nichterreichen) einer Anzahl von Aktien a*, bei deren Überschreiten der Erwerber die Kontrolle über die Zielgesellschaft derart ausüben kann, dass er sie nach seinen Wünschen weiterführen kann. Der potenzielle Veräußerer bildet in der Situation vor dem Übernahmeversuch zunächst bedingte Erwartungen für den Wert, den seine Beteiligung nach dem Übernahmeversuch (in t = VI) in Abhängigkeit von dessen Erfolg für ihn hätte, wenn er nicht verkaufen würde. Daneben muss er die Möglichkeit in seinen Kalkül einbeziehen, die Aktie im Rahmen des erwarteten Übernahmeangebots zu veräußern. Hieraus leitet er in einem zweiten Schritt seine neue Bewertung im Zeitpunkt t = II ab. Aus diesen Bewertungen resultiert dann auch die Angebotsfunktion im Börsenhandel. 3.3.2.2 Situation bei Misslingen der Übernahme In dem Fall, dass die Übernahme misslingt, bleibt das Unternehmen unter der Führung des bisherigen Managements. Führt dieses die Geschäfte unverändert fort, wovon hier ausgegangen werden soll, so ändern sich auch die erwarteten Einzahlungsüberschüsse aus einer Aktie nicht. Es gilt daher: (D 3) mit Wj− Wj− = W j0 = E j Wert einer Aktie für Aktionär j bei Misslingen der Übernahme. Mögliche Effekte des misslungenen Übernahmeversuchs auf die Bewertung des Unternehmens werden also bewusst ausgeklammert. Diese könnten z.B. darin liegen, dass das Management, durch den Übernahmeversuch aufgeschreckt, nunmehr selbst Restrukturierungsmaßnahmen ergreift oder die Geschäftspolitik ändert. 131 Kapitel D 132 3.3.2.3 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Situation bei Gelingen der Übernahme Es wird angenommen, dass Änderungen der aus dem Unternehmen erwarteten Zahlungen gegenüber der Situation vor der Übernahme erst dann möglich werden, wenn der Übernehmer die von ihm gewünschte Art der Kontrolle ausüben kann, also bei Überschreiten der von ihm angestrebten Aktienanzahl a*. Für den Fall des Gelingens der Übernahme sollen folgende drei Kategorien von möglichen Änderungen der Einzahlungsüberschüsse pro Aktie berücksichtigt werden: Rj Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Aktionärs j durch Restrukturierung des Unternehmens bzw. Änderung der Geschäftspolitik durch das neue Management.1 SYN INT j Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Aktionärs j durch das Zusammenwirken des übernommenen Unternehmens mit dem übernehmenden (interne Synergieeffekte).2 TRANS j Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Aktionärs j durch den nicht ausgeglichenen Werttransfer vom übernommenen Unternehmen zum übernehmenden und umgekehrt. Dabei soll ein positives Vorzeichen der Variable einen Werttransfer vom übernommenen Unternehmen zum Übernehmer abbilden.3 Jede der Kategorien kann sowohl zu einer Erhöhung als auch zu einer Verminderung der Einzahlungen führen. Für den Wert einer Aktie aus Sicht des Aktionärs j gilt demnach für den Fall des Gelingens: (D 4) Wj+ = E j + R j + SYN INT − TRANSj und j 1 Vgl. Abschnitt D 2.3.2. 2 Vgl. Abschnitt D 2.3.1. 3 Vgl. Abschnitt D 2.4.2. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 133 (D 5) ∆Wj+ = Wj+ − Wj− = R j + SYN INT − TRANS j mit j Wj+ Wert einer Aktie für Aktionär j bei Gelingen der Übernahme und ∆Wj+ Wertunterschied zwischen dem Wert ihrer Aktie bei Gelingen zum Wert bei Misslingen der Übernahme aus Sicht des Aktionärs j. Grafisch ergibt sich damit für den hier beispielhaft dargestellten Fall, dass ∆Wj+ bei allen Aktionären positiv ist, etwa weil auftretende positive Synergieeffekte eventuelle Ausbeutungen übersteigen, folgendes Bild: W 0 (a) W + (a) W − (a) W + (a ′) W+ W − (a ′) C0 W− = W0 a′ Abb. D 3 A a Bewertungsfunktionen bei Misslingen und Gelingen der Übernahme Da die Aktionäre annahmegemäß in der Weise homogen bewerten, dass sich die Rangfolge ihrer Werteinschätzungen untereinander nicht ändert, kann die Bewertung an jeder beliebigen Stelle a ′ dem gleichen Aktionär zugeordnet werden. 133 Kapitel D 134 3.3.2.4 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Die Bildung neuer Bewertungen Ein Aktionär kann keinen der beiden bedingten Werte ohne weiteres als seine neue Bewertung betrachten, da er im Vorhinein nicht wissen kann, ob die Übernahme erfolgreich ist. Weiterhin muss der Aktionär bei der Bestimmung des Preises, zu dem er bereit ist, seine Aktie an der Börse zu verkaufen, auch die Überlegung einbeziehen, dass er sie möglicherweise im Rahmen des Überahmeangebots zum noch unbekannten Preis P an den Übernehmer verkaufen kann. Er muss also den Wert der durch die folgende Abbildung verdeutlichten Position ermitteln: kein Verkauf an Übernehmer Übernahme gelingt Wj+ Abb. D 4 Verkauf an Übernehmer Übernahme gelingt nicht Wj− P Position der Aktionäre vor Abgabe eines Übernahmeangebots Auf der oberen Ebene der Abbildung ist die Entscheidungsmöglichkeit des Aktionärs zum Verkauf der Aktie dargestellt, die sich ihm im Zeitpunkt t = IV stellen wird. Entscheidet er sich, nicht zu verkaufen, so ist der Wert seiner Aktie abhängig vom Erfolg des Übernahmeversuchs, andernfalls erhält er den Preis P. Die besondere Schwierigkeit bei der Bewertung der Position ergibt sich aus der Tatsache, dass mehrere Parameter im Zeitpunkt t = II noch gar nicht bekannt sind. Zum einen ist nicht bekannt, welcher Preis im Rahmen eines Übernahmeangebots für Aktien gezahlt werden soll, zum anderen ist unbekannt, ob die Übernahme gelingen wird. Um den Kalkül möglichst einfach zu modellieren, wird davon ausgegangen, dass jeder Aktionär eine einwertige individuelle Erwartung P% j bezüglich des Preises P hat, zu dem eine Verkaufsmöglichkeit an den Übernehmer besteht, und dass er in 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 135 der Lage ist, für die beiden bedingten Werte seiner Aktie ein Sicherheitsäquivalent SÄ IIj anzugeben.1 Dann ergibt sich der Mindestpreis, der dem Aktionär j im Rahmen des Börsenhandels für seine Aktie geboten werden muss, als der größere Wert von Pj und dem Sicherheitsäquivalent der beiden bedingten Werte der Aktie, also (D 6) WjII = Max SÄ IIj ; P% j . Auch bezüglich des Sicherheitsäquivalents gilt die Annahme, dass sich die Rangfolge der Einzelbewertungen nicht ändert. Das bedeutet, dass ein Aktionär, der sowohl den oberen als auch den unteren Wert höher bewertet als ein anderer, ebenso ein höheres Sicherheitsäquivalent als dieser bildet. Hinsichtlich der Erwartungen bezüglich des Preises P% j sollen folgende Annahmen getroffen werden: • Umso höher ein Aktionär den Barwert der Aktie im Übernahmefall Wj+ individuell einschätzt, umso höher schätzt er auch den vom Übernehmer gebotenen Preis ein. • Aktionäre, die ihre Aktien in der Ausgangssituation relativ nahe am Börsenkurs bewertet haben, gehen von einem Preis oberhalb ihres Sicherheitsäquivalents aus. Sie bewerten ihre Aktien relativ niedrig und gehen somit davon aus, dass der Übernehmer einen Preis bieten wird, der ihre persönliche Wertschätzung übersteigt. Unter Berücksichtigung dieser Modellannahmen ergibt sich z.B. die in der nachfolgenden Abbildung D 5 verdeutliche Situation. Abgebildet ist diesmal der Fall, dass die Aktionäre nach einer Übernahme mit Ausbeutung rechnen, sodass W + (a) unterhalb von W − (a) liegt. 1 Es soll an dieser Stelle genügen, davon auszugehen, dass der Aktionär ein derartiges Sicherheitsäquivalent bilden kann. Welcher Kalkül zur Bildung derartiger Sicherheitsäquivalente aufgestellt werden muss, wird in Abschnitt 3.3.3.2 noch näher erläutert. 135 Kapitel D 136 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens W− W II (a) W − (a) W + (a) SÄ IIj + ∆W W+ P% j W II (a ′′) W II (a ′) CII C0 a′ Abb. D 5 a′′ A Bewertungsfunktionen nach Bekanntwerden der Übernahmeabsicht (t = II) Als Hilfslinien sind die Sicherheitsäquivalente der Aktionäre und ihre Einschätzungen des Preises P eingezeichnet. Jeweils die obere dieser beiden Hilfslinien stellt die Bewertungsfunktion W II (a) dar (in der Abbildung fett hervorgehoben). An der Stelle a ′ bemisst sich die Wertschätzung nach dem erwarteten Preis im Rahmen das Übernahmeangebots. Da sich im angegebenen Beispiel die Hilfslinien schneiden, bemisst sich der Wert an der Stelle a ′′ nach dem Sicherheitsäquivalent. Es gibt weiterhin potenzielle Aktionäre, die bislang keine Aktien halten und für die die gleichen Bewertungsannahmen gelten. Ihre Bewertung kann man sich als Verlängerung der Funktion W II (a) nach links über die Ordinate hinaus vorstellen. Da die Funktion die Werte abbildet, zu denen die aktuellen Aktionäre bereit wären, ihre Aktie an der Börse zu verkaufen, bzw. die Verlängerung der Funktion die Werte, die potenzielle Aktionäre bereit wären zu zahlen, stellt sich am Schnittpunkt der Geraden mit der Ordninate ein neuer Börsenkurs CII ein, allerdings auf Grund der getroffenen Annahme der homogenen Bewertungsanpassung umsatzfrei. Man erkennt, dass auf der Basis der getroffenen Annahmen allein die Einschätzung der Aktionäre über den zu erwartenden Preis im Rahmen des öffentlichen Angebots den neuen Börsenkurs bestimmt. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass sowohl aktuelle wie potenzielle Aktionäre, die in der Ausgangssituation den Wert der Aktie nahe dem Börsenkurs eingeschätzt haben, davon ausgehen werden, dass der Bieter für den Erfolg der Übernahme einen höheren Preis als ihre 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 137 eigene Bewertung bezahlen muss und wird. Diese Anleger spekulieren also auf eine „Übernahmeprämie“. In der Abbildung liegt der neue Börsenkurs CII oberhalb des alten Kurses C0 . Das liegt daran, dass in dem zugrunde liegenden Beispiel die Aktionäre mit einem Angebotspreis P rechnen, der über dem Börsenkurs in t = 0 liegt. Es kommt daher unter den hier getroffenen Annahmen bei Ankündigung der Übernahmeabsicht zunächst zu einer Kurssteigerung, obwohl die Übernahme als solche von allen Aktionären als wertmindernd eingeschätzt wird, da die Kursbildung durch die Spekulation auf den Übernahmepreis erfolgt. Dies soll nachfolgend auch als Normalfall betrachtet werden. Es ist jedoch grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen auch denkbar, dass sich ein neuer Kurs unterhalb des alten einstellt. Der Grund dafür liegt darin, dass Aktionäre – wie im späteren Verlauf der Analyse noch gezeigt wird – bei erwarteter Ausbeutung des Unternehmens nach einer Übernahme aus Furcht vor der nachteiligen Position eines verbleibenden Minderheitsgesellschafters unter Umständen bereit sind, ihre Aktien zu einem Preis unter ihrer Einschätzung im Nicht-Übernahmefall und damit ggf. auch unterhalb des Börsenkurses in t = 0 zu verkaufen. Damit ist in bestimmten Situationen auch ein Preis P unterhalb des ursprünglichen Börsenkurses möglich. Dieser Zusammenhang wird in der Literatur vielfach – allerdings nicht ganz zutreffend – als „Gefangenen-Dilemma-Situation“ der Aktionäre bezeichnet. Hierauf wird im nächsten Abschnitt bei der Beschreibung des Kalküls im Zeitpunkt t = IV noch einmal ausführlicher eingegangen werden.1 An dieser Stelle genügt es festzustellen, dass sich (ausnahmsweise) dann ein neuer Börsenkurs unterhalb des alten einstellen kann, wenn die „kursbildenden“ Aktionäre davon ausgehen, dass eine solche Situation in t = IV vorliegen wird. 3.3.3 Situation bei vorliegendem öffentlichen Angebot (t=IV) In t = IV müssen sich die Aktionäre entscheiden, ob sie das Angebot des Bieters zum Erwerb ihrer Aktien annehmen oder nicht. In diesem Modell erfolgt das Angebot als Festpreisverfahren, bei dem allen Aktionären bei der Abgabe des Angebots ein einheitlicher Preis P für ihre Aktien angeboten wird. Etwaige Mindestquotenbedingungen sollen zunächst ausgeschlossen werden. Für den Fall, dass der gebotene Preis P sowohl den Wert Wj− wie auch Wj+ eines Aktionärs j überschreitet, ist es für ihn in jedem Fall vorteilhaft, die Aktie zu verkaufen. Liegt der gebotene Preis unter den beiden Werten, so sollte er keinesfalls verkaufen. Beson- 1 Vgl. Abschnitt D 3.3.3. 137 Kapitel D 138 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens ders interessant sind aus spieltheoretischer Sicht die Situationen, in denen der gebotene Preis zwischen den beiden Werteinschätzungen liegt. In diesem Zusammenhang wird für den Fall, dass die Werteinschätzung bei Gelingen unterhalb der Einschätzung bei Misslingen liegt (Wj+ < Wj− ) , weil mit einem ausbeutungsbedingten Wertverlust gerechnet wird, in der Literatur immer wieder behauptet, der Aktionär befinde sich in einer sog. „Gefangenen-Dilemma“-Situation, wodurch für ihn ein Druck entstehe, seine Aktie „zu billig“ zu verkaufen.1 Dadurch könne es zum Gelingen der Übernahme kommen, obwohl der kollektive Nichtverkauf für alle Aktionäre zum höchsten Wert geführt hätte. Der Begriff „Gefangenen-Dilemma“2 steht für eine Klasse spieltheoretischer Modelle, die sich anhand bestimmter Merkmale von anderen strategischen Spielsituationen unterscheiden.3 Es handelt sich um nicht-kooperative Spiele mit variabler Summe und unvollkommener Information, bei denen die Spieler die Wahl zwischen zwei Strategien haben und die sich vor allem durch eine charakteristische Ergebnismatrix auszeichnen.4 Ein nicht-kooperatives Spiel ist dadurch gekenn- 1 Vgl. z.B. COFFEE (1984), S. 1169; ASSMANN/BOZENHARDT (1990), S. 11 – 12; RÖHRICH (1992); S. 84 – 85; PRANTL (1994), S. 160. 2 Nachfolgend wird auf die Verwendung von Anführungszeichen verzichtet. 3 Der Name „Gefangenen-Dilemma“ rührt von der meist verwendeten Einführungsgeschichte her, die in Lehrbüchern zur Vorstellung von Entscheidungssituationen dieser Art vorgetragen wird und die betriebswirtschaftlich ausgebildeten Lesern vermutlich ebenso wohl bekannt ist, wie juristisch vorgebildeten Lesern die berühmte „Trierer Weinauktion“. Da sich diese Arbeit aber auch an letzteren Personenkreis richtet, soll die Geschichte hier kurz dargestellt werden: Zwei Verbrecher begehen zusammen einen Raub und werden anschließend gefasst. Der Staatsanwalt lässt die beiden getrennt voneinander einsperren und unterbereitet jedem von ihnen das folgende Angebot: Die beiden können gestehen oder leugnen. Leugnen beide, so kann der Raub nicht nachgewiesen werden. Allerdings wird dann eine Strafe von 1 Jahr Gefängnis wegen eines geringen Delikts verhängt, das nachgewiesen werden kann. Gestehen beide, so werden sie zu 8 Jahren verurteilt. Gesteht aber nur einer und belastet damit den anderen, so soll der Gestehende als Kronzeuge straffrei ausgehen, während der andere dann als Haupttäter zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt wird. Trägt man die Gefängnisstrafen – wegen des für die Betroffenen nachteiligen Charakters mit negativem Vorzeichen – in eine Tabelle ein, ergibt sich die folgende Ergebnismatrix. B Strategie Leugnen A Gestehen Leugnen (–1, –1) (0, –12,) Gestehen (–12, 0) (–8, –8) Ausführlicher zum „Gefangenen-Dilemma“ z.B. BITZ (1981), S. 250 – 253; GÜTH (1999), S. 154 – 156; BERNINGHAUS /ERHART/GÜTH (2002), S. 14 – 23; WIESE (2002), S. 122 – 123; LANGERFELDT (2003). 4 Vgl. LANGERFELDT (2003), S. 226. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 139 zeichnet, dass keine Absprachen zwischen den Spielern stattfinden. Bei Spielen mit variabler Summe ergeben sich je nach der betrachteten Strategienkombination unterschiedliche Werte für die Summe der Ergebnisse der Spieler. Eine Strategie ist in diesem Zusammenhang eine dem Spieler zur Auswahl stehende Handlungsalternative. Ist die Anzahl der Strategien wie hier für alle Spieler endlich, so spricht man auch von einem endlichen Spiel. Unvollkommene Information liegt vor, wenn ein oder mehrere Spieler zum Zeitpunkt ihrer Strategiewahl nicht über alle bisherigen Spielzüge ihrer Mitspieler informiert sind.1 Die charakteristische Ergebnismatrix der Gefangenen-Dilemma-Situation lässt sich für den 2-PersonenFall wie folgt darstellen: B Spieler Strategie 1 2 1 (ζ, ζ) (η, ω) 2 (ω, η) (ϕ, ϕ) A mit η < ϕ < ζ < ω. und 2 ⋅ ζ > ω + η. 2 Tab. D 1 Ergebnismatrix beim Gefangenen-Dilemma Das kennzeichnende Merkmal der beschriebenen Spielsituation besteht darin, dass für beide Spieler die Strategie 2 (in der Gefangenen-Geschichte: Gestehen) dominant ist. Damit werden beide Spieler die Strategie 2 wählen, obwohl sich beide besser stünden, würden sie übereinstimmend Strategie 1 (Leugnen) spielen. Das Dilemma ergibt sich daraus, dass die individuelle Rationalität der einzelnen Spieler im Widerspruch steht zu einer Art kollektiven Rationalität auf der Basis einer Maximierung der Summe der Einzelergebnisse der Spieler.3 Entgegen mancher Darstellung ergibt sich dieses Dilemma weniger aus der Tatsache, dass sich die beiden nicht absprechen können, sondern vielmehr aus der fehlenden Möglichkeit, bindende Verträge abzuschließen. Denn selbst, wenn die beiden sich auf Strategie 1 verständigen könnten, bestünde für jeden ein Anreiz, von dieser Vereinbarung abzuweichen und sich damit individuell besser zu stellen. 1 Vgl. zu diesen Begriffsbestimmungen BITZ (1981), S. 217 – 222. 2 Vgl. RIECK (1993), S. 37. Teilweise wird auf die zweite Bedingung verzichtet, so z.B. PFOHL/ BRAUN (1981), S. 309; BAMBERG/COENENBERG (1996), S. 173. 3 Vgl. BITZ (1981), S. 252. 139 Kapitel D 140 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Die Aktionäre, die sich einem Übernahmeangebot gegenüber sehen, befänden sich – so wird behauptet – sofern der Wert der Aktie bei gelungener Übernahme unter demjenigen bei Misslingen des Übernahmeversuchs liegt, in einer solchen Gefangenen-Dilemma-Situation.1 Dieser Gedankengang soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Es wird zunächst vereinfachend von einer Situation ausgegangen, in der zwei Aktionäre (A und B) je eine von insgesamt zwei Aktien halten. Die Übernahme sei erfolgreich, wenn einer von beiden verkauft. Im Fall ohne Übernahme bewerten beide Aktionäre ihre Aktie übereinstimmend mit WA− = WB− = 10 , im Falle des Gelingens (wegen drohender Ausbeutung) mit WA+ = WB+ = 4 . Der Bieter macht ein Übernahmeangebot zum Preis P = 9. Dann ergibt sich folgende Ergebnismatrix: B Aktionär Strategie A Tab. D 2 Kein Verkauf (V) Verkauf (K) Kein Verkauf (K) (10,10) Verkauf (V) (9, 4) (4,9) (9, 9) Beispiel für die Ergebnismatrix bei einem Übernahmeangebot Schon an diesem stark vereinfachten Beispiel erkennt man, dass es sich nicht um eine idealtypische Gefangenen-Dilemma-Situation handelt, da keine der beiden möglichen Strategien die andere dominiert. Der Ergebniswert für die Strategie V ist besser, wenn der andere Spieler ebenfalls V spielt, aber schlechter, wenn der andere K wählt. Von Teilen der Literatur wird behauptet, in diesem Fall würden rationale Spieler nach dem sog. Mini-Max-Prinzip entscheiden, also die Strategie wählen, bei der das minimal mögliche Ergebnis am größten ist.2 Dies würde im Beispiel dazu 1 Vgl. z.B. COFFEE (1984), S. 1169; ASSMANN/BOZENHARDT (1990), S. 11 – 12; RÖHRICH (1992); S. 84 – 85; PRANTL (1994), S. 160. 2 Vgl. KRAUSE (1996a), S. 110 – 111 unter inhaltlich falscher Berufung auf BAMBERG/ COENENBERG (1991) und PFOHL/BRAUN (1981). KRAUSE bezeichnet das Prinzip mit gleichem Begriffsverständnis als „Maximin-Prinzip“. In der Literatur finden sich beide Bezeichnungen für das gleiche Kriterium. Vgl. MEYER (1999), S. 37; LAUX (2003), S. 107. Die Entscheidungs- 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 141 führen, dass beide Aktionäre die Strategie V wählen würden, da hier das minimale Ergebnis 9 höher ist als das kleinstmögliche Ergebnis 4 bei der Strategie K. Diese Auffassung vernachlässigt jedoch fundamentale Erkenntnisse der Spieltheorie. Als Lösungskonzept für derartige Spiele ist das sog. Nash-Gleichgewicht in der spieltheoretischen Literatur allgemein anerkannt. Ein Nash-Gleichgewicht liegt – vereinfacht gesprochen – vor, wenn es für keinen Spieler bei Kenntnis der Strategie seiner Mitspieler vorteilhaft wäre, von seiner Strategie abzuweichen.1 Die Spieler spielen gegenseitig beste Antworten. Die obige Matrix enthält genau zwei solcher Nash-Gleichgewichte (in reinen Strategien), nämlich (K, K) und (V, V).2 Wüsste beispielsweise Aktionär A, dass B verkaufen will, so wäre es für ihn optimal, ebenfalls zu verkaufen. Geht er hingegen davon aus, dass B nicht verkaufen wird, so wäre seine beste Antwort, ebenfalls nicht zu verkaufen. Fraglich ist, ob das Spiel zu einem der beiden Gleichgewichte „hinsteuert“. Könnten sich beide absprechen, so würden sie sich in jedem Fall darauf einigen, nicht zu verkaufen, da sie dann beide den höchsten Wert erreichen würden. Wäre eine solche Absprache möglich, gäbe es für keinen von beiden einen Anreiz, von der Vereinbarung abzuweichen. Anders als in der Gefangenendilemma-Situation liegt das Problem der beiden also allein in der fehlenden Möglichkeit des koordinierten Vorgehens. Könnten sie sich hingegen absprechen, wäre das Ergebnis eindeutig determiniert. Zur Lösung dieses Koordinationsproblems wird in der entscheidungstheoretischen Literatur eine Reihe von Konzepten zur Verfeinerung des Gleichgewichtskonzeptes und zur Auswahl zwischen verschiedenen Gleichgewichten diskutiert. Besondere Bedeutung haben in diesem Zusammenhang die Arbeiten der Nobelpreisträger HARSANYI und SELTEN erlangt. Sie haben als erste eine umfassende Theorie zur Gleichgewichtsauswahl aufgestellt.3 Für Probleme der beschriebenen Art benutzen HARSANYI und SELTEN zwei verschiedene Auswahlkriterien: Payoff-Dominanz und Risiko-Dominanz. Diese Kriterien werden wie folgt definiert: regel geht zurück auf Arbeiten von NEUMANN (1928) und WALD (1945) sowie WALD (1950) und wird nach letzterem auch als WALD-Kriterium bezeichnet. 1 Vgl. RIECK (1993), S. 25; BERNINGHAUS/E HRHARDT/GÜTH (2002), S. 25; HOLLER/ILLING (2003), S. 57. Die Theorie geht zurück auf Arbeiten von JOHN NASH, vgl. NASH (1950) und NASH (1951). 2 Daneben gibt es noch ein weiteres Gleichgewicht in gemischten Strategien, was hier jedoch nicht weiter betrachtet werden soll. 3 Vgl. HARSANYI /SELTEN (1988). 141 Kapitel D 142 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens • Ein Gleichgewicht X ist gegenüber einem Gleichgewicht Y payoffdominant, wenn X für jeden Spieler ein höheres Ergebnis abwirft als Y.1 • Ein Gleichgewicht X ist gegenüber einem Gleichgewicht Y risiko-dominant, wenn es weniger riskant ist als Y. Ein niedrigeres Risiko hat nach dieser Theorie das Gleichgewicht, bei welchem das sog. Nash-Produkt höher ist.2 Das Nash-Produkt wird in zwei Schritten ermittelt: – Zunächst wird für jeden Spieler für beide Gleichgewichte berechnet, wie groß der Verlust wäre, den er erleiden würde, wenn er von der Gleichgewichtsstrategie abweichen und der andere Spieler die Gleichgewichtsstrategie spielen würde.3 – Dann werden die Verluste der beiden Spieler für ein Gleichgewicht miteinander multipliziert. Das Ergebnis stellt das Nash-Produkt des jeweiligen Gleichgewichts dar.4 In dem vorgestellten Zahlenbeispiel bedeutet dies, dass das payoff-dominante Gleichgewicht das Gleichgewicht (K, K) ist, denn hier erhalten beide Akteure einen höheren Wert als im Gleichgewicht (V, V). Das Gleichgewicht (V, V) ist dagegen risikodominant, da das Nash-Produkt des Gleichgewichts (K, K) kleiner ist als das des Gleichgewichts (V, V). 5 Während die Payoff-Dominanz in den beschriebenen Situationen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Wert bei Übernahme geringer eingeschätzt wird als bei Nichtübernahme und der gebotene Preis zwischen diesen beiden Werteinschätzungen liegt, zwingend beim Gleichgewicht (K, K) liegen muss, muss die Risikodominanz nicht unbedingt im anderen Gleichgewicht liegen. Dies liegt in dem gewählten Beispiel allein an der konkreten Höhe des Angebotspreises P. Läge dieser z.B. statt bei 9 nur bei 6, so wäre das Gleichgewicht (V, V) sowohl payoff- als auch risiko-dominant.6 In einem solchen Fall müssten im Sinne dieses Konzeptes rationale Entscheider automatisch die in doppeltem Sinne gleichgewichtige Strategie erkennen und spielen. Fraglich ist nur, wie in den Fällen zu entscheiden ist, in denen, wie im Ausgangsbeispiel, das payoff-dominante und das risiko-dominante Gleichgewicht nicht übereinstimmen. HARSANYI und SELTEN beziehen zu dieser Frage eindeutig Stel- 1 Vgl. HARSANYI /SELTEN (1988), S. 81, 356. 2 Vgl. HARSANYI /SELTEN (1988), S. 83. 3 Vgl. HARSANYI /SELTEN (1988), S. 76. 4 Vgl. HARSANYI /SELTEN (1988), S. 83. 5 Es gilt (10 − 9) ⋅ (10 − 9) < (9 − 4) ⋅ (9 − 4) . 6 Es würde dann (10 −6) ⋅ (10 −6) > (6− 4) ⋅ (6− 4) gelten. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 143 lung: In den Fällen, in denen der payoff-dominante und der risiko-dominante Gleichgewichtspunkt auseinander fallen, sei dem Kriterium der Payoff-Dominanz der Vorzug zu geben. Dies ergebe sich daraus, dass Risiko-Dominanz nur in den Fällen entscheidend sei, in denen die Spieler unsicher sein müssen, ob die anderen Spieler das eine oder das andere Gleichgewicht wählen. Wenn aber ein Gleichgewicht jedem Spieler einen höheren Ergebniswert verspreche, könne jeder sicher sein, dass die anderen Spieler das payoff-dominante Gleichgewicht wählen, sodass Risiko-Dominanzüberlegungen irrelevant werden.1 So führen die Autoren aus: „Other things being equal, if, of two equally admissible equilibrium points, one yields higher payoffs to all players, it will be surely rational for the players to choose this equilibrium point, and it will be surely irrational for them to choose the other.“ 2 Folgt man dieser Auffassung, könnte man auf den ersten Blick meinen, dass sich das in der Literatur vielfach beschriebene Dilemma gar nicht einstellen kann: Wenn in der beschriebenen Modellsituation jeder Akteur weiß, dass die anderen vollständig rational in Sinne dieses Konzepts handeln, ergibt sich keine Notwendigkeit mehr für vorherige Absprachen, da alle einander vertrauen könnten, dass sie das payoff-dominante Gleichgewicht erkennen und spielen.3 Gerade die Priorität der Payoff-Dominanz gegenüber der Risiko-Dominanz wird in der Literatur aber auch infrage gestellt. Die Theorie setze kollektive Rationalität voraus und vernachlässige die Möglichkeit von Koordinationsproblemen.4 Insofern ist näher zu untersuchen, unter welchen Annahmen sich das beschriebene Resultat einstellt. Zu dem Ergebnis kommt es dann, wenn die nachfolgend beschriebene sog. Common-Knowledge-Annahme gilt, wie in den vorstehenden 1 Vgl. HARSANYI /SELTEN (1988), S. 356. 2 HARSANYI/SELTEN (1988), S. 357. 3 Vgl. HARSANYI /SELTEN (1988), S. 89. 4 Vgl. HOLLER/ILLING (2003), S. 132 – 134. Die von diesen Autoren weiterhin als Gegenargument zitierten empirischen Studien von HUYCK/BATTALIO /BEIL (1990) und COOPER/DE JONG/ FORSYTHE/ROSS (1990), die belegen sollen, dass eher risiko-dominante als payoff-dominante Gleichgewichtsstrategien gespielt werden, sind jedoch nicht geeignet, die Theorie zu widerlegen. Zum Einen ist schon fraglich, ob in den Studien tatsächlich alle von HARSANYI und SELTEN aufgestellten Prämissen richtig abgebildet sind (zu den Voraussetzungen für die Gültigkeit der Theorie mehr im Haupttext). Selbst wenn das der Fall sein sollte, ist jedoch viel entscheidender, dass mit empirischen Studien allenfalls in rein deskriptiver Weise festgestellt werden kann, wie sich reale Spieler in bestimmten Situationen tatsächlich verhalten. Die von HARSANYI und SELTEN aufgestellte Theorie legt dagegen auf theoretisch-präskriptiver Ebene fest, wie sich rationale Spieler unter den getroffenen Annahmen verhalten sollten. Insofern geht dieses Argument von HOLLER/ILLING schon im Ansatz fehl. 143 Kapitel D 144 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Ausführungen zunächst stillschweigend unterstellt wurde. Die Common-Knowledge-Annahme besagt, dass • die Regeln des Spiels Common-Knowledge sind, was nicht nur bedeutet, dass diese Regeln allen Spielern bekannt sind, sondern auch, dass alle wissen, dass alle diese Informationen haben, dass dies wiederum alle wissen etc. über unendlich viele Wissensstufen hinweg, und • das zugrunde liegende Rationalitätskonzept allen bekannt ist, von ihnen beachtet wird und dies auch alle wissen, sowie dass wiederum alle wissen, dass dies alle wissen usw. ad infinitum.1 Als Regeln des Spiels sollen bezeichnet werden:2 • die Menge der Spieler, • wann welcher von ihnen am Zug ist, • die Zugmöglichkeiten eines jeden Spielers, • die jeweiligen Ergebnisse für die Spieler, • der Informationsstand der Spieler in den Entscheidungszeitpunkten, • Zeitpunkt, Wahrscheinlichkeitsverteilungen und Korrelationen von Zufallszügen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so erscheint die Schlussfolgerung von HARSANYI und SELTEN – zumindest für die hier zur Diskussion stehenden Konstellationen – gerechtfertigt.3 4 In diesem Fall bedarf es gar keiner Koordination, denn jeder kann darauf vertrauen, dass alle im beschriebenen Sinne rationalen Spieler das für alle auszahlungsoptimale Gleichgewicht erkennen und spielen. Die Spieler folgen unter diesen Annahmen keiner kollektiven sondern ihrer individuellen Rationalität im Wissen, dass die anderen Spieler ebenfalls ihrer individuellen Rationalität folgen, weil diese wiederum wissen, dass alle anderen sich ebenso verhalten etc. 1 Vgl. RIECK (1993), S. 99 – 101. 2 Vgl. RIECK (1993), S. 91. Die Definition geht auf NEUMANN/MORGENSTERN (1944) und SELTEN (1975) zurück. 3 Eine allgemeine Überprüfung der Theorie für alle denkbaren Auswahlprobleme soll und kann hier nicht vorgenommen werden. 4 So im Ergebnis letztlich auch HOLLER /ILLING (2003), S. 133 – 134. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 145 Von dieser idealtypischen Common-Knowledge Annahme weicht allerdings selbst die in dieser Arbeit modellierte Übernahmesituation ab (und umso mehr eine reale Situation), und zwar selbst wenn man die Rationalität im beschriebenen Sinne unterstellt. In der Modellsituation ist den Aktionären nämlich nicht die vollständige Ergebnismatrix bekannt. Zwar kennen die Aktionäre für alle Strategiekombinationen ihre eigenen Ergebnisse, nicht jedoch die Werte Wj− und Wj+ der anderen Aktionäre. Lässt man indirekte Informationen über vergangene Börsenkurse zunächst außer Betracht, so wissen die Aktionäre in der hier entwickelten Modellierung nur, welcher von beiden Werten für alle Aktionäre den höheren Wert darstellt. Ob der gebotene Preis bei den verschiedenen anderen Aktionären über, unter oder innerhalb dieses Intervalls liegt, ist nicht bekannt. Der Aktionär kann aber ggf. subjektive Wahrscheinlichkeiten dafür abschätzen, ob bei den jeweiligen anderen Aktionären der gebotene Preis über ihrem individuellen Wertintervall liegt, was bedeutet, dass diese in jedem Fall verkaufen werden, oder unterhalb, sodass diese auf keinen Fall verkaufen werden. Für den Zwei-Aktionäre-Fall und Wj+ < Wj− für j ∈ {A, B} lässt sich diese Situation aus der Sicht des Aktionärs A wie folgt darstellen: p1 p2 P > WB− Fall : p4 = 1 Spieler B Spieler A Erg. V Abb. D 6 V V 9 K V K K 9 4 p 2 ⋅ p5 p7 = 1 K 9 4 p1 P < WB+ p6 = 1 − p5 p5 K Erg. K Wahrsch. WB+ ≤ P ≤ WB− V V p3 V K 9 10 p 2 ⋅ (1 − p5 ) 10 p3 Entscheidungssituation in t = IV bei unvollständiger Information Spieler A muss seine Entscheidung in Unkenntnis der Entscheidung von Spieler B treffen. Er weiß nicht, an welchem Knoten auf der Ebene der Entscheidung von 145 146 Kapitel D Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Spieler B er sich befindet, hat aber gewisse Vorstellungen von der Wahrscheinlichkeit, mit der P in einen der bezeichneten Wertebereiche bei B fällt. Die Wahrscheinlichkeiten p1 − p3 bezeichnen die von Aktionär A subjektiv geschätzten Wahrscheinlichkeiten dafür, dass sich der gebotene Preis P oberhalb, innerhalb oder unterhalb des Intervalls WB+ , WB− der Werteinschätzungen des Aktionärs B befindet. Für den Fall, dass P oberhalb oder unterhalb dieses Intervalls liegt, gibt es für B eine eindeutig dominante Strategie, sodass die Wahrscheinlichkeit für seine Entscheidung in diesen Fällen p 4 = p 7 = 1 beträgt. Es ergibt sich für A das Problem abzuschätzen, wie sich B verhalten wird, wenn P auch bei ihm innerhalb des Werteintervalls liegt.1 Da A aber weiß, dass B unbekannt ist, welche Ergebnismatrix er (A) hat, kann er nicht darauf vertrauen, dass B die Strategie V spielt, um zum auszahlungsdominanten Nash-Gleichgewicht zu gelangen. Denn B steht vor dem gleichen Entscheidungsproblem und muss damit rechnen, dass für A der gebotene Preis P oberhalb dessen Wertintervalls WA+ , WA− liegen kann. Insofern kann A für diesen Fall lediglich die Wahrscheinlichkeit p5 schätzen, mit der B in diesem Fall verkaufen wird. Anschließend kann er die zu P gehörige Wahrscheinlichkeitsverteilung in der letzten Zeile der Abbildung ableiten. Im aufgezeigten Beispiel muss er sich entscheiden, ob er die Verteilung der Werte bei Strategie K der sicheren Auszahlung von 9 bei Strategie V vorzieht oder nicht. Hierdurch kann es nun dazu kommen, dass A zum Preis von 9 verkauft, obwohl seine Werteinschätzung für den Fall bei Unabhängigkeit bei 10 liegt und er auch weiß, dass der Wert der Aktie für B im Nichtübernahmefall über dem bei Übernahme liegt und möglicherweise auch über dem gebotenen Preis. Wenn B aus gleichem Grund ebenfalls unter seinem Wert bei Unabhängigkeit verkauft, kommt es tatsächlich zum gleichen Ergebnis wie beim Gefangenen-Dilemma, aber – wie aufgezeigt wurde – aus anderen Überlegungen heraus. Der Grund ist nicht, dass es für die Spieler dominante Strategien gibt, die zu einem für beide Spieler weniger günstigen Gleichgewicht führen, sondern dass die Common-KnowledgeAnnahme nicht uneingeschränkt gilt. Zu beachten ist allerdings noch Folgendes: Es wurde hier zunächst unterstellt, die Aktionäre hätten keinerlei Informationen über die Werte Wj− und Wj+ ihrer Mitspieler. Dies gilt in diesem Modell jedoch nur eingeschränkt. Es ist nämlich allen Aktionären der Börsenkurs C0 vor Veröffentlichung der Übernahmeabsicht bekannt. Daher wissen alle Mitspieler, dass die Wertschätzung Wj− aller Mitspieler 1 Es sei daran erinnert, dass A diese Überlegungen nur dann anstellt, wenn der gebotene Preis sich innerhalb seines Wertintervalls dominante Strategien gäbe. WA+ , WA− befindet, da es für ihn ansonsten eindeutig 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 147 nicht unterhalb von C0 liegt. Wird ein Preis P unterhalb von C0 geboten, so wissen alle Mitspieler, dass für alle Aktionäre P ≤ Wj− gilt. Für den Zwei-AktionäreFall bedeutet das, dass in Abb. D 6 p1 = 0 gilt und damit der linke Ast vollständig wegfällt. Das führt dazu, dass beide Aktionäre wissen, dass schlechtestenfalls beim anderen Aktionär P innerhalb des Intervalls Wj+ , Wj− liegt, bestenfalls sogar P unterhalb dieses Intervalls beim Mitspieler liegt, sodass dieser nicht verkauft. Dadurch gilt wieder das für die Auswahl von Nash-Gleichgewichten unter der Common-Knowledge-Annahme Gesagte: Die rationalen Aktionäre spielen das payoff-dominante Gleichgewicht (K, K). Für gebotene Preise unterhalb des Börsenkurses in der Ausgangssituation dürfte also, sofern nicht andere Unvollkommenheiten vorliegen, kein Aktionär zum Verkauf bereit sein. Der Börsenkurs C0 stellt daher den Mindestpreis dar, der den Aktionären geboten werden muss. Überträgt man die vorstehenden Überlegungen, die den Zwei-Aktionäre-Fall behandelt haben, auf eine große Anzahl von Aktionären, so kann man die Abschätzung aller einzelnen Wahrscheinlichkeiten für jeden Aktionär letztlich verdichten auf eine Schätzung der Wahrscheinlichkeit für das Gelingen oder Misslingen der Übernahme. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass bei genügend großer Anzahl Aktien der einzelne Aktionär, der annahmegemäß genau eine Aktie besitzt, die Tatsache ob er verkauft oder nicht als unerheblich für den Erfolg der Übernahme einschätzt. Insofern stellen für ihn das Gelingen oder Scheitern der Übernahme exogene Umweltzustände dar. Dann stellt sich für jeden Aktionär seine individuelle Entscheidungsmatrix wie folgt dar: Tab. D 3 Übernahme gelingt nicht Übernahme gelingt kein Verkauf Wj− Wj+ Verkauf P P Entscheidungsmatrix im Zeitpunkt t = IV ohne Mindestquote Im Fall des Verkaufs erhielte der Aktionär j unabhängig vom Ausgang des Übernahmeverfahrens in jedem Fall den Preis P für seine Aktie. Wenn er nicht verkauft, bleibt er Aktionär der Gesellschaft und bewertet seine Aktie in Abhängigkeit vom Ausgang des Verfahrens mit Wj− oder Wj+ . Liegt der gebotene Preis unter dem niedrigeren der beiden Werte bei Nichtverkauf, so ist für ihn das Halten der Aktie eine dominante Strategie. Wird ein Preis oberhalb des höheren der beiden Werte geboten, ist ein Verkauf in jedem Fall für ihn vorteilhaft. 147 Kapitel D 148 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Liegt der Preis zwischen den beiden Werten, lässt sich keine Dominanzbeziehung finden. Je nach Risikoeinstellung ist bei einem gebotenen Preis der Verkauf individuell vorteilhaft oder nicht. Den Grenzpreis, bei dem ein Aktionär j indifferent zwischen Verkauf und Halten der Aktien ist, kann man sich als Sicherheitsäquivalent SÄ IV der Verteilung der bedingten Werte vorstellen. Das Sicherheitsäquij valent kann unabhängig von der Risikoeinstellung der Aktionäre nur in dem Intervall zwischen den beiden bedingten Werten (jeweils einschließlich) liegen. Nach den obigen Überlegungen kann das Sicherheitsäquivalent jedoch in dieser Modellwelt nicht unterhalb des Börsenkurses in der Ausgangssituation liegen. Der Aktionär, der in der Ausgangssituation die Aktie zum Börsenkurs (bzw. marginal darüber) bewertet hat, hat im Fall erwarteter Ausbeutung auch keinen Grund sie höher zu bewerten. Im Ausbeutungsfall muss also der Ordinatenabschnitt der Angebotsfunktion beim Kurs C0 liegen. Im Fall erwarteter Synergie wird er darüber liegen. Die Angebotsfunktion, die diese Grenzpreise abbildet, hat daher z.B. folgenden Verlauf: W− W IV (a) W − (a) W + (a) W IV + ∆W W+ W IV (a ′) C0 = CIV C+ a′ Abb. D 7 A Bewertungsfunktion in t = IV ohne Mindestbedingung Bezeichnet man den Schnittpunkt der Bewertungsfunktion mit der Ordinate als CIV und die Steigung mit β , so ergibt sich die folgende Angebotsfunktion im Zeitpunkt t = IV: (D 7) W IV (a) = CIV + β ⋅ a , 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 149 wobei im Fall erwarteter Ausbeutung gelten muss CIV = C0 . (D 8) Anders verhält es sich jedoch, wenn die Aktionäre davon ausgehen müssen, dass das Angebot nur für den Fall gilt, dass die Übernahme erfolgreich ist. Der Bieter kann das erreichen, indem er das Angebot unter der Bedingung des Erreichens seines Mindest-Zielstimmrechtsanteils abgibt. In diesem Fall ergibt sich für die Aktionäre folgende Entscheidungsmatrix: Übernahme gelingt nicht Übernahme gelingt kein Verkauf (K) Wj− Wj+ Verkauf1 (V) Wj− P Tab. D 4 Entscheidungsmatrix im Zeitpunkt t = IV mit Mindestquote Da das Angebot nur unter der Bedingung des Erfolgs der Übernahme gilt, bleibt der Aktionär j im Fall des Nichtgelingens in jedem Fall Eigentümer seiner Aktie, die er dann mit Wj− bewertet. Der Grenzpreis, bei dem der Aktionär indifferent zwischen Verkauf und Halten ist, liegt bei diesem Verfahren bei Wj+ . Die Angebotsfunktion W IV (a) im Fall eines Festpreisverfahrens mit Mindestquote entspricht daher der Bewertungsfunktion W + (a) . Es gilt dann also (D 9) W IV (a) = W + (a) bzw. gilt in (D 7) (D 10) CIV = C+ . Die Aktionäre verlangen demnach bei diesem Verfahren den Wert ihrer Aktien im Übernahmefall. Wenn W + (a) wegen erwarteter positiver Synergien oberhalb von W − (a) liegt, verlangen sie also vom Übernehmer mindestens einen Preis, der die 1 Die Strategie Verkauf (V) ist bei diesem Verfahren als bedingter Verkauf zu verstehen. Auflösende Bedingung für den Verkauf wäre die Tatsache, dass der Bieter in t = V nicht die angegebene Mindestquote erreicht. 149 150 Kapitel D Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens vollständige Werterhöhung beinhaltet, die ihre Aktie durch eine Übernahme erfahren würde. Im umgekehrten Fall, dass W + (a) wegen erwarteter Ausbeutung unterhalb von W − (a) liegt, sind sie aber bereit, ihre Aktien bereits mit dem vollständigem Wertabschlag zu verkaufen. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass die Aktionäre in ihrem Kalkül davon ausgehen müssen, dass wenn ihre Aktie gekauft wird, damit gleichzeitig feststeht, dass die Übernahme erfolgreich ist. Im positiven Synergiefall bedeutet das, dass der Aktionär dann für die Werterhöhung seiner Aktie entschädigt werden will. Im Ausbeutungsfall verkauft er jedoch bei dieser Gestaltung eine Aktie, die bei Nichtverkauf zu einer weniger werthaltigen Minderheits-Aktie würde. Dadurch sind bei diesem Verfahren u.U. auch Übernahmen zu Preisen unterhalb des Börsenkurses in der Ausgangssituation C0 möglich. Anders als beim Festpreisverfahren ohne Mindestquote nutzt es dem Aktionär nichts, zu wissen, dass alle Aktionäre den Wert bei Unabhängigkeit höher einschätzen als das Gebot des Bieters. Solange der gebotene Preis oberhalb seines individuellen Wertes Wj+ liegt, ist der Verkauf für ihn eine dominante Strategie. Auch bei dieser Fallgestaltung handelt es sich jedoch nicht um eine idealtypische Gefangenendilemma-Situation. Unterschiede ergeben sich vor allem in zweierlei Hinsicht: • V ist nur dann eine dominante Strategie für die Aktionäre, wenn jeder seine eigene Entscheidung tatsächlich als unerheblich für den Erfolg oder Misserfolg der Übernahme ansieht. Das bedeutet, dass ein Aktionär den Fall, dass gerade er der „Grenzaktionär“ ist, der durch seine Entscheidung die gesamte Übernahme entscheidet, für so unwahrscheinlich hält, dass er ihn aus seiner Betrachtung ausschließt. Diese hier getroffene Annahme erscheint im beschriebenen Fall des Kleinaktionärs, der nur eine einzige Aktie hält, bei entsprechend großer Anzahl ausgegebener Aktien gerechtfertigt.1 Sie ist allerdings für das beschriebene Ergebnis notwendig, da anders als in der Gefangenendilemma-Situation sonst keine dominante Strategie gegeben ist. • V stellt für die Aktionäre nur eine schwach dominante Strategie dar, das heißt, sie ist in jedem Umweltzustand mindestens gleich gut und in mindestens einer Situation besser als Strategie K. Im Gegensatz dazu besteht in der Gefangenendilemma-Situation eine strenge Dominanz von V, was bedeutet, 1 Zudem wäre ein Nichtverkauf im Vertrauen darauf, genau der Grenzaktionär zu sein, der dadurch die Übernahme verhindert, automatisch mit einem Verlust behaftet, wenn dieser extrem unwahrscheinliche Fall nicht vorliegt. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 151 die Strategie V ist in allen Umweltzuständen besser als K.1 Dieser Unterschied hat zur Konsequenz, dass es in den Fällen, in denen der gebotene Preis für alle Aktionäre unterhalb von Wj− liegt, keinen Anreiz für die Aktionäre gäbe, von dieser Strategie abzuweichen, wenn sie sich koordinieren könnten. Während sich im Gefangenendilemma ein Abweichler besser stellt, würde er sich in der beschriebenen Situation nur nicht schlechter stellen, sodass ein Abweichen keine individuellen Vorteile brächte. Sofern also eine Koordinationsmöglichkeit bestünde, würden im beschriebenen Sinne rationale Aktionäre dann nicht verkaufen. Die gleiche Angebotsfunktion ergibt sich auch dann, wenn der Aktionär sicher davon ausgehen muss, dass die Übernahme gelingt bzw. wenn sie bei Abgabe des Angebots bereits gelungen ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn bekannt ist, dass der Übernehmer ein Paket erworben hat oder erwerben kann, welches bereits die Kontrolle vermittelt. Es bleibt also festzuhalten, dass sich die Angebotskurve bei sonst gleichen Bedingungen jeweils in Abhängigkeit von der konkreten Ausgestaltung des Angebotsverfahrens ergibt. Für die modelltheoretische Analyse in Teil E dieser Arbeit wird eine Situation unterstellt werden, in der der Bieter eine Mindestquotenbedingung setzt.2 Daher wird sich eine Angebotskurve der zuletzt beschriebenen Art einstellen. 3.3.4 Situation nach Abschluss des Angebotsverfahrens (t = VI) Im hier vorgestellten Grundmodell ist der Übernahmeversuch nach Abschluss des Angebotsverfahrens beendet. In dem Zeitpunkt t = VI steht damit fest, ob der Versuch erfolgreich war oder nicht. In Abhängigkeit von diesem Ausgang bewertet der Aktionär, sofern er seine Aktie im Rahmen des Angebotsverfahrens nicht verkauft hat, entweder mit Wj− oder mit Wj+ . Da sich in diesem Modell sonst keine bewertungsverändernden Informationen ergeben, stellt sich im Falle des Misslingens der Übernahme der neue Börsenkurs in t = VI wieder umsatzfrei auf der Höhe des Kurses C0 ein. Im Falle des Gelingens der Übernahme sind die Aktien, die der Übernehmer gekauft hat, „vom Markt“ genommen. Insofern klafft unter den hier getroffenen Annahmen eine Lücke zwischen der höchsten Werteinschätzung 1 Zur Unterscheidung zwischen strenger und schwacher Dominanz vgl. RIECK (1993), S. 19 – 21. 2 Vgl. dazu näher Abschnitt E 1.2. 151 Kapitel D 152 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens der Nichtaktionäre und der niedrigsten der verbliebenen Minderheitsaktionäre, sodass sich ein eindeutiger Börsenkurs nicht feststellen lässt. Es kann jedoch jeweils ein eindeutiger Bid- und Ask-Wert angegeben werden. 3.4 Bewertungskalkül des Übernehmers 3.4.1 Vorbemerkung Der Bewertungskalkül der Kleinaktionäre wurde in seiner chronologischen Entwicklung von t = 0 bis t = VI dargestellt. Dieses Vorgehen wird als sinnvoll erachtet, weil den Aktionären in jedem auf t = 0 folgenden Bewertungs-Zeitpunkt neue Tatsachen bekannt sind, die Einfluss auf ihre Bewertung und die daran anknüpfenden Entscheidungen haben.1 Für den Kalkül des Übernehmers ergibt sich jedoch eine etwas andere Problemstellung. Zum einen ist ihm die Übernahmeabsicht von Anfang an bekannt. Zum anderen stellt für ihn die konkrete Ausgestaltung des Angebots keine externe Information dar, sondern es handelt sich aus seiner Sicht dabei vielmehr um sein Aktionsfeld. Die Festlegung dieser Aktionsparameter wiederum determiniert bei gegebener Bewertung durch die Aktionäre der Zielgesellschaft das Ergebnis des Übernahmeversuchs. Anders als die Kleinaktionäre der Zielgesellschaft kann der Übernehmer sein eigenes Verhalten also nicht als irrelevant für den Ausgang des Verfahrens ansehen. Aus diesem Grund soll der Ausgangspunkt für die Darstellung des Kalküls des Übernehmers nicht die Ausgangs- sondern die (antizipierte) Endsituation sein. Der Übernehmer fragt sich in einem ersten Schritt, welchen Wert eine Beteiligung an der Zielgesellschaft in Abhängigkeit von der Anzahl der erworbenen Aktien für ihn hätte. In weiteren Schritten muss er – unter der Zielsetzung der Barwertmaximierung – von dieser Kenntnis ausgehend versuchen, das Übernahmeverfahren so zu gestalten, dass der Überschuss des Wertes seiner Beteiligung über den dafür gezahlten Preis möglichst groß wird. Insofern wird in diesem Abschnitt 3.4 der Bewertungskalkül für die antizipierte Endsituation dargestellt. Dabei ist zunächst zu unterscheiden zwischen der Situation bei Misslingen und bei Gelingen der Übernahme. Hieraus wird eine Bewertungsfunktion des Übernehmers in Abhängigkeit von der Anzahl erworbener Aktien hergeleitet. Auf diesem Kalkül wird die spätere Untersuchung verschiedener Ausgestaltungen des Angebotsverfahren in Teil E aufbauen. 1 In t = II die Übernahmeabsicht, in t = IV die näheren Konditionen des Angebots und in t = VI der Ausgang des Übernahmeversuchs. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 3.4.2 153 Situation bei Misslingen der Übernahme Für den Fall, dass es dem Erwerber nicht gelingen sollte, die angestrebte Zielstimmrechtsquote zu erreichen, geht auch er, wie schon die bisherigen Aktionäre der Zielgesellschaft, davon aus, dass das alte Management die Geschäfte unverändert weiterführt. Daher beträgt der Wert, den er den einzelnen von ihm erworbenen Aktien im Misslingensfall zuordnet (D 11) WÜ (a) = E Ü , für a < a * mit EÜ individueller unsicherheitsadjustierter Barwert der aus einer Aktie resultierenden Einzahlungen aus der Sicht des Übernehmers im Falle unveränderter Fortführung des Unternehmens Für den Wert der erworbenen Beteiligung ergibt sich dann: (D 12) BÜ (a) = a ⋅ WÜ (a) = a ⋅ E Ü , für a < a * . 3.4.3 Situation bei Gelingen der Übernahme 3.4.3.1 Der innere Wert einer Aktie Für den Fall, dass es dem Übernehmer gelingt, die Zielstimmrechtsquote zu erreichen oder zu überschreiten, muss er zunächst ähnlich der oben dargestellten Überlegungen der Aktionäre der Zielgesellschaft Änderungen der Zahlungen aus Restrukturierungsmaßnahmen, Synergieeffekten und Transferzahlungen bei der Zielgesellschaft in seinen Kalkül mit einbeziehen. Es ergibt sich die im Folgenden auch als innerer Wert einer Aktie des Zielobjekts bezeichnete Größe (D 13) WÜIn = E Ü + R Ü + SYN INT − TRANSÜ für a ≥ a * Ü mit RÜ Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Übernehmers durch Restrukturierung des Unternehmens bzw. Änderung der Geschäftspolitik durch das neue Management. 153 Kapitel D 154 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens SYN INT Ü Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Übernehmers durch das Zusammenwirken des übernommenen Unternehmens mit dem übernehmenden (interne Synergieeffekte). TRANSÜ Änderungen des Wertes einer Aktie der Zielgesellschaft aus der Sicht des Übernehmers durch den nicht ausgeglichenen Transfer von Zahlungen vom übernommenen Unternehmen zum übernehmenden und umgekehrt. Dabei soll ein positives Vorzeichen der Variable einen Werttransfer vom übernommenen Unternehmen zum Übernehmer abbilden. Die Summe dieser Veränderungen soll als ∆WÜ+ zusammengefasst werden. (D 14) ∆WÜ+ = R Ü + SYN INT − TRANSÜ Ü Damit kann (D 13) auch wie folgt geschrieben werden: (D 15) WÜIn = E Ü + ∆WÜ+ für a ≥ a * . 3.4.3.2 Der Wert der Beteiligung Darüber hinaus sind aber noch weitere Änderungen für den Übernehmer bewertungsrelevant. Zum einen ist es möglich, dass neben den Synergieeffekten, die sich zahlungsmäßig beim Zielobjekt niederschlagen (interne Synergieeffekte), auch noch solche auftreten, die sich zahlungsmäßig direkt bei dem Erwerberunternehmen realisieren (externe Synergieeffekte). Zum anderen schlagen sich die Transferzahlungen bei dem Erwerberunternehmen mit umgekehrtem Vorzeichen nieder. Unter Einbeziehung dieser Größen bemisst sich der Wert der Beteiligung in Abhängigkeit von der erreichten Beteiligungsquote für den Erwerber gemäß (D 16) B Ü (a) = a ⋅ WÜIn + SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ für a ≥ a * Ü bzw. (D 17) BÜ (a) = a ⋅ (E Ü + R Ü + SYN INT − TRANSÜ ) + SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ Ü Ü 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 155 für a ≥ a * SYN EXT Ü individueller unsicherheitsadjustierter Barwert (aus Sicht des Übernehmers) der gesamten Einzahlungen aus Synergieeffekten, die sich zahlungsmäßig direkt beim Übernehmer niederschlagen (externe Synergieeffekte). Diese externen Synergieffekte können definitionsgemäß beim Erwerberunternehmen selbst realisiert werden, wenn ein Zusammenwirken von Erwerber- und Zielgesellschaft in der angestrebten Art unter einheitlicher Leitung möglich ist, also bei Erreichen des Zielstimmrechtsanteils. Die aus dem externen Effekt resultierenden Beträge erhöhen sich jedoch nicht mehr, wenn die Beteiligung über die Größe a * hinaus ausgedehnt wird. Zu beachten ist, dass sich SYN EXT im Gegensatz zu Ü den anderen Zahlungsänderungsgrößen in den Gleichungen (D 16) und (D 17) nicht auf eine Aktie der Zielgesellschaft bezieht, sondern eine Gesamtgröße darstellt. Die Transferzahlungen TRANSÜ sind demgegenüber auf eine einzelne Aktie der Zielgesellschaft bezogen. Daher müssen sie bei der Betrachtung der Zahlungen, die sich direkt beim Zielunternehmen niederschlagen, mit der Anzahl der insgesamt ausgegebenen Aktien A multipliziert werden. Die Größen SYN EXT und A ⋅ TRANSÜ sollen als externe Effekte der Übernahme Ü bezeichnet werden. Der Wert der Beteiligung setzt sich also bei Überschreiten der kritischen Beteiligungsquote zusammen aus den Zahlungen aus den Aktien des Zielobjektes, die mit steigender Beteiligungsquote linear wachsen, und den externen Effekten, die aus der Übernahme resultieren und sich beim Erwerberunternehmen direkt niederschlagen. Stellt man die Gleichung ein wenig um, ergibt sich: BÜ (a) = a ⋅ E Ü (D 18) + a ⋅ (R Ü + SYN ÜINT ) + SYN EXT Ü + (A − a) ⋅ TRANSÜ Die einzelnen Summanden dieser Gleichung können wie folgt interpretiert werden. 155 Kapitel D 156 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens • Der erste Summand stellt den Stand-Alone-Wertbeitrag der Beteiligung dar. Im Bereich a < a * gibt er, wie im vorherigen Abschnitt dargelegt, den Wert an, der sich bei Misslingen der Übernahme und der daraus resultierenden Weiterführung des Unternehmens durch das bisherige Management ergeben würde. Im Bereich a ≥ a * gibt er den Wert an, der sich bei unveränderter Weiterführung des Unternehmens ergäbe, unabhängig davon, ob dies unter Leitung des bisherigen oder eines neuen Managements erfolgen würde. Er wächst linear mit der erreichten Quote. • Der zweite Summand bildet den Wertbeitrag ab, der bei erfolgreicher Übernahme durch Restrukturierungsmaßnahmen und interne Synergieeffekte erlangt werden kann (zusammenfassend: interner Synergiewertbeitrag). Er nimmt ebenfalls mit steigender Quote linear zu. Grafisch kann die Wertänderung durch den internen Synergiewertbeitrag bei solierter Betrachtung wie folgt verdeutlicht werden: (R Ü + SYN Ü ) > 0 INT BÜ (a) EXT SYN Ü =0 TRANS Ü = 0 BÜ (a ′) int. Synergie-WB Stand-Alone-WB a* Abb. D 8 a′ A a Interner Übernahmewertbeitrag Ein positiver interner Synergiewertbeitrag führt für a ≥ a * einerseits zu einer Erhöhung der Steigung der Funktion, die den Beteiligungswert abbildet, gegenüber der Geraden, die den Stand-Alone-Wertbeitrag abbildet und andererseits zu einem Sprung, der den internen Synergiewertbeitrag der Kontrollbeteiligung abbildet. Umgekehrt führt ein negativer interner Wertbeitrag zu einer geringeren Steigung. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses • 157 Der dritte Summand spiegelt den Wertbeitrag wider, der durch externe Synergien direkt beim Erwerberunternehmen entsteht (externer Synergiewertbeitrag). Er ist bei Überschreiten der Zielstimmrechtsanteils von der realisierten Quote unabhängig. Bei wiederum isolierter Betrachtung ergibt sich die folgende Grafik: (R Ü + SYN Ü ) = 0 INT B Ü (a) EXT SYN Ü >0 TRANSÜ = 0 BÜ (a ′) ext. Synergie-WB Stand-Alone-WB a* Abb. D 9 a′ A a Externer Übernahmewertbeitrag Der im Beispiel positive externe Synergiewertbeitrag erhöht den jeweiligen Beteiligungswert um einen festen Betrag. Die Funktion des Beteiligungswertes ergibt sich daher für a ≥ a * als Parallelverschiebung der Funktion, die den Stand-Alone-Wertbeitrag darstellt. • Am vierten Summanden kann man den Netto-Transferwertbeitrag ablesen, der sich durch Zahlungen zwischen den beiden Unternehmen ergibt. Er setzt sich aus den beiden gegenläufigen Effekten bei der Zielgesellschaft und beim Erwerberunternehmen zusammen. Leistet z.B. die Zielgesellschaft Nettozahlungen an den Erwerber (Ausbeutungsfall) so erhöht sich der Beteilgungswert um den Wert der gesamten Transferzahlungen. Dieser Erhöhungsbetrag vermindert sich jedoch um den auf die vom Erwerber gehaltenen Aktien entfallenden Anteil an diesen Transferzahlungen. Dies lässt sich isoliert wie folgt grafisch veranschaulichen: 157 Kapitel D 158 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens (R Ü + SYN Ü ) = 0 INT B Ü (a) EXT SYN Ü =0 TRANSÜ > 0 BÜ (a ′) Transfer-WB Stand-Alone-WB a* a′ A a Abb. D 10 Netto-Transferwertbeitrag (Ausbeutungsfall) Die Höhe des gesamten grau eingezeichneten Rechtecks stellt den externen Teil des Transferwertbeitrages dar, also den (positiven) Barwert der von der Zielgesellschaft geleisteten gesamten Transferzahlungen. Die Höhe der heller schraffierten viereckigen Teilfläche stellt den hiervon abzuziehenden negativen Barwert dar, der auf die vom Erwerber gehaltenen Aktien entfällt. Der verbleibende Anteil, ablesbar als Höhe des dunkler schraffierten Dreiecks, ist zum Stand-Alone-Wert hinzuzuaddieren. Man erkennt, dass dieser Anteil, den man in diesem Zusammenhang auch als Ausbeutungsgewinn bezeichnen könnte, mit zunehmender Größe der Beteiligung immer kleiner wird und bei vollständigem Erwerb schließlich ganz verschwindet. Man könnte es so formulieren, dass Ausbeutung bei einer Ausdehnung der Beteiligungsquote über den Zielstimmrechtsanteil hinaus immer weniger lohnend wird. Für den umgekehrten Fall, dass der Erwerber Nettozahlungen an die erworbene Gesellschaft leistet (Zuschussfall), ergibt sich folgendes Bild: 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 159 B Ü (a) (R Ü + SYN Ü ) = 0 INT EXT SYN Ü =0 TRANS Ü <0 B Ü (a ′) StandAloneWB TransWB (neg.) a a* a′ A Abb. D 11 Netto-Transferwertbeitrag (Zuschussfall) Die Höhe des Rechtecks stellt in diesem Fall den (negativen) Barwert der Zuschüsse dar, die der Erwerber der übernommenen Gesellschaft leistet. Die Höhe des heller schraffierten Vierecks bildet den positiven Barwert der Transferzahlungen ab, die auf die eigenen Aktien entfallen. Die Höhe des dunkel schraffierten Dreiecks gibt dann die Höhe des negativen Transferwertbeitrags an. Man könnte ihn in diesem Fall auch als Zuschussverlust bezeichnen. Man erkennt, dass der Verlust bei einer Ausdehnung der Beteiligungsquote immer kleiner wird. Der jeweilige Beteiligungswert ergibt sich, indem dieser Zuschussverlust vom Stand-Alone-Wertbeitrag abgezogen wird. Unter der Zielsetzung der Vermögensmaximierung kann die Bezuschussung nur dann sinnvoll sein, wenn die Zahlungen notwendig sind, um andere positive Effekte zu erzielen, die den Nachteil überwiegen. Solange es sich aber um Mittel handelt, die ansonsten an die Aktionäre der Zielgesellschaft ausgeschüttet würden, ist es – so weit dies durch den gesetzlichen Rahmen möglich ist – für den Übernehmer stets vorteilhaft, die Mittel an das Erwerberunternehmen zu transferieren (Ausbeutung der Zielgesellschaft), und zwar stets im maximal möglichen Umfang. Aus der Kombination der verschiedenen möglichen Einzelwertbeiträge ergibt sich je nach den konkreten Gegebenheiten der Übernahme der gesamte Beteiligungswert. 159 Kapitel D 160 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Fasst man die grafischen Darstellungen zusammen, so ergibt sich beispielsweise für den Fall, dass alle Wertbeiträge positiv sind (das impliziert u.a. den Ausbeutungsfall) die folgende Darstellung: (R Ü + SYN Ü ) > 0 INT BÜ (a) EXT SYN Ü >0 TRANS Ü > 0 BÜ (a ′) int. Synergie-WB Netto-Transfer-WB ext. Synergie-WB Stand-Alone-WB a* a′ A a Abb. D 12 Zusammenfassende Darstellung der Wertbeiträge Die fett durchgezogene Linie bildet den Beteiligungswert ab. An den eingezeichneten Hilfslinien kann man die Zusammensetzung aus den einzelnen Wertbeiträgen ablesen. 3.4.3.3 Der Wert der einzelnen Aktien der Beteiligung Die hergeleiteten Ergebnisse sollen nun in einer veränderten Betrachtungsweise dargestellt werden, die für die spätere Zusammenführung der Kalküle vorteilhaft ist. Es soll der (durchschnittliche) Wert einer einzelnen Aktie der Beteiligung (unter Einschluss der externen Effekte) betrachtet werden. Zu diesem Zweck wird die Gleichung (D 18) durch die Anzahl der gehaltenen Aktien a dividiert. Es ergibt sich: (D 19) WÜ (a) = BÜ (a) 1 A = E Ü + R Ü + SYN ÜINT + SYN ÜEXT + ( − 1) ⋅ TRANSÜ . a a a 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 161 Grafisch lässt sich diese Gleichung – wie schon in Abb. D 12 für den Beispielfall, dass alle Wertbeiträge positiv sind – wie folgt veranschaulichen: WÜ (a) W WÜ (a ′) Transfer-WB ext. Übernahme-WB int. Übernahme-WB Stand-Alone-WB a* a′ A 1 a Abb. D 13 Wert der einzelnen Aktien einer Beteiligung Die durchgezogene Linie gibt den (durchschnittlichen) Wert einer Aktie des Unternehmens unter Einschluss der externen Effekte für den Erwerber in Abhängigkeit von seiner Beteiligungsquote an. Der Wert einer Beteiligung von a ′ Aktien und damit der maximale Kaufpreis, bei der ein entsprechender Beteiligungserwerb aus Sicht des Käufers gerade noch vorteilhaft ist, ergibt sich als Produkt aus der Quote a ′ und dem dazugehörigen Funktionswert. Der Wert dieser Beteiligung entspricht dem Flächeninhalt des gesamten schraffierten Rechtecks. Der Wert lässt sich zerlegen in seine einzelnen Wertbeiträge, in der Grafik durch unterschiedliche Graustufen dargestellt. Man erkennt, dass im dargestellten Fall der Wert einer einzelnen Aktie bei zunehmender Beteiligungsquote immer weiter sinkt. Ausschlaggebend sind dafür zwei Faktoren. Zum einen verteilt sich der in seiner Größe fixe externe Übernahmewertbeitrag bei einer größeren Beteiligung auf mehr Aktien. Diese Verteilung auf eine größere Aktienzahl gilt auch für den Netto-Tranferwertbeitrag (hier: Ausbeutungsgewinn). Dieser Ausbeutungsgewinn ist im Gegensatz zum externen Übernahmewertbeitrag jedoch nicht in seiner Größe fix, sondern nimmt auch noch – wie oben gezeigt – bei zunehmender Beteiligungsquote immer weiter ab. Durch diese Effekte ergibt sich für das gewählte Beispiel der fallende Verlauf der Funktion. 161 Kapitel D 162 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens Wegen (D 20) ∂ WÜ (a) 1 = − 2 ( A ⋅ TRANSÜ + SYN ÜEXT ) ∂a a sind in Abhängigkeit davon, ob der Klammerausdruck größer oder kleiner als null bzw. gleich null ist, prinzipiell drei Verläufe der WÜ (a) -Kurve denkbar: WÜ (a) Verlauf I Verlauf II Verlauf III a* A a Abb. D 14 Alternative Verläufe der Bewertungskurve Der fallende Verlauf I ergibt sich in allen Fällen, in denen die externen Synergieeffekte positiv und die Transferzahlungen ebenfalls positiv (also vom Zielobjekt zum Erwerberunternehmen gerichtet) sind; darüber hinaus, wenn positive Synergieeffekte negative Transfers (= Zuschußzahlungen an die Zielgesellschaft) überwiegen. Weiterhin ergibt sich der fallende Verlauf, wenn negative externe Synergieeffekte durch Ausbeutung überkompensiert werden. Der waagerechte Verlauf II ergibt sich in den Fällen, in denen Synergieeffekte und Transferzahlungen ein unterschiedliches Vorzeichen haben und betragsmäßig gleich groß sind oder wenn beide Größen gleich null sind. Der steigende Verlauf III ergibt sich immer, wenn die Synergieeffekte negativ sind und Zuschusszahlungen an die Zielgesellschaft geleistet werden, darüber hinaus, wenn zu leistende Zuschusszahlungen positive Synergieeffekte überwiegen; außerdem, wenn negative Synergieeffekte eine durchzuführende Ausbeutung überkompensieren. 3 Grundmodell zur Untersuchung des Übernahmeprozesses 163 Für den weiteren Verlauf der Arbeit wird unterstellt, dass die Summe der externen Effekte positiv ist und dass die Transferzahlungen nicht negativ sind. Letzteres bedeutet, dass wenn Werttransfers vorgenommen werden sollen, diese von der Zielgesellschaft an das dann herrschende Unternehmen fließen (Ausbeutung). Unter diesen Annahmen hat die Bewertungskurve stets den fallenden Verlauf I. 3.5 Zusammenführung der Kalküle In den zu untersuchenden Situationen gibt der Bieter in t = III ein Angebot zum Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft ab. Dabei hat er die Möglichkeit, die Konditionen des Angebots selbst festzulegen. Als Zielsetzung des Übernehmers wurde die Maximierung seines Vermögens angenommen. Das ist gleichbedeutend mit der Maximierung des Überschusses des Wertes einer erworbenen Beteiligung BÜ (a) über den hierfür gezahlten Gesamtpreis GP(a). Diese Differenz soll als Übernahmegewinn ÜG(a) bezeichnet werden. Formal ergibt er sich als (D 21) ÜG(a) = BÜ (a) − GP(a) . Bevor in Teil E analysiert wird, wie ein Übernehmer in verschiedenen Modellsituationen die Konditionen im Sinne seiner Zielsetzung optimal setzen wird, soll im Rahmen der hier vorgenommen Darstellung der modelltheoretischen Grundlagen abschließend noch gezeigt werden, wie dieser Übernahmegewinn aus der Zusammenführung der Bewertungskalküle von Kleinaktionären und Übernehmer grafisch ermittelt werden kann. Trägt man die Angebotsfunktion in t = IV und die Bewertungsfunktion des Übernehmers in ein Diagramm ein, so kann man für jede denkbare Anzahl vom Bieter erworbener Aktien den Übernahmegewinn wie im folgenden Beispiel bestimmen. 163 Kapitel D 164 Entwicklung eines allgemeinen Modellrahmens W IV (a) W Ü (a) W Ü (a ′) W IV WÜ P = W IV (a ′) CIV a* a′ A a Abb. D 15 Ermittlung des Übernahmegewinns bei Einheitspreis Beispielsweise bei der Anzahl a ′ entspricht der Wert der Beteiligung aus der Sicht des Übernehmers dem gesamten grau markierten Rechteck. Der bei einem Einheitspreis für diese Beteiligung zu zahlende Preis P entspricht der heller schraffierten, unteren Teilfläche. Der Übernahmegewinn ergibt sich als Differenz der beiden Flächen, hier durch die dunkler markierte Teilfläche dargestellt. Equation Section 5 E Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung 166 Kapitel E Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung 1 Untersuchungsablauf 1 Untersuchungsablauf 1.1 Überblick 167 Im vorliegenden Teil E werden anhand des im vorangegangenen Teil D entwickelten allgemeinen Modellrahmens die Wirkungen der Regulierung von Übernahmeangeboten aus einzelwirtschaftlicher Sicht analysiert. Das besondere Augenmerk ist dabei auf den Schutz der Aktionäre der Zielgesellschaft vor Vermögensverlusten gerichtet. Um die Wirkungen der Regulierung von Übernahmeangeboten auf die Vermögenssituation dieser Aktionäre zu untersuchen, ist es notwendig, auch die Wirkungen auf das Verhalten des Bieters aufzudecken, denn er bestimmt durch die Ausgestaltung des Angebots die Wirkung auf die Aktionäre der Zielgesellschaft zumindest wesentlich mit. Durch die in Teil C beschriebenen Vorschriften des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes wird der Bieter in seiner Gestaltungsfreiheit für das öffentliche Angebot erheblich eingeschränkt. Daher werden die aus Sicht des Übernehmers optimalen Ausgestaltungsformen jeweils ohne und mit Regulierung im Modell hergeleitet und die daraus resultierenden Wirkungen für die Aktionäre der Zielgesellschaft abgeleitet und verglichen. Eine Präzisierung der Vergleichsszenarien mit und ohne Regulierung erfolgt in Abschnitt 2. Die Analyse erfolgt unter einer idealisierten Informationsannahme, die hier als einseitige Sicherheit des Bieters bezeichnet werden soll. Darunter soll – grob gesprochen – eine Situation verstanden werden, in der der Bieter bei der Entscheidung über den Kauf von Aktien vollständig über das Angebot seitens der potenziellen Verkäufer informiert ist, bevor er die Konditionen festlegt. Abweichungen von der für den Bieter optimalen Strategie, die aus seiner Unsicherheit über die Angebotsfunktion resultieren, werden damit ausgeschlossen. Eine nähere Präzisierung der Informationsannahmen erfolgt im Abschnitt 1.2. Dieses Informationsszenario der einseitigen Sicherheit ermöglicht die Ableitung einer eindeutigen, im Sinne der Zielsetzung Vermögensmaximierung optimalen Strategie, bei der die zu wählende Handlungsalternative allein von bestimmten durch das Angebot determinierten Parameterkonstellationen abhängt. In Abhängigkeit von der vorliegenden Konstellation lässt sich dann die Wirkung auf die Aktionäre der Zielgesellschaft bestimmen. Der Vergleich wird jeweils durchgeführt für eine Situation mit vollständigem Streubesitz und bei Vorhandensein eines Pakets. Diese verschiedenen Allokationsszenarien werden in Abschnitt 1.3 genauer definiert. Hinsichtlich der Betroffenheit der Aktionäre wird unterschieden zwischen dem Ausbeutungsfall und dem Synergiefall. Was hierunter im Einzelnen zu verstehen ist, wird in Abschnitt 1.4 näher erläutert. Kapitel E 168 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung In der Untersuchung werden also unter der Informationsannahme der einseitigen Sicherheit jeweils die Wirkungen mit und ohne Regulierung verglichen, und zwar für die Ausgangssituationen Streubesitz und Paket für den Ausbeutungs- und den Synergiefall. 1.2 Informationsszenario Die Untersuchung erfolgt unter einer Informationsannahme, die als einseitige Sicherheit bezeichnet werden soll. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der Bieter die Angebotsfunktion, die sich bei Abgabe eines Angebots ergeben würde, bereits im Vorhinein kennt bzw. richtig antizipiert. Die Sicherheit bezieht sich also nur auf die Angebotsfunktion und nicht auf zukünftige erwartete Rückflüsse. Diesbezüglich gilt weiterhin, dass nur die Wahrscheinlichkeitsverteilung künftiger Rückflüsse dem Bieter bekannt ist und er sie in seinem Bewertungskalkül auf einen Wert unsicherheitsadjustiert verdichtet.1 Mit der Informationsannahme der einseitigen Sicherheit sollen alle Abweichungen von der Optimalstrategie des Bieters, die daraus resultieren, dass er die Entscheidung über die Durchführung des Übernahmeversuchs und die Festlegung der Konditionen in Unkenntnis der Angebotsfunktion treffen muss, aus der Modellierung eliminiert werden. Die Annahme, dass der Bieter die Annahmefunktion bereits vor Abgabe des öffentlichen Angebots kennt, ermöglicht ihm in dieser Modellierung • bei Abgabe eines Angebots die Festlegung der aus seiner Sicht optimalen durch den jeweiligen Regulierungsrahmen zugelassenen Preis-MengenKombination und • andererseits den Verzicht auf die Übernahme, falls ein Übernahmegewinn von vornherein ausgeschlossen wäre. Es handelt sich um eine einseitige Sicherheit, weil die Aktionäre der Zielgesellschaft weder die Angebotsfunktion noch die Zahlungsbereitschaft des Bieters kennen. Es ist ihnen auch nicht bekannt, dass der Bieter die oben beschriebene Kenntnis über die Angebotsfunktion hat. Ihnen ist aber die Wahrscheinlichkeitsverteilung künftiger Rückflüsse sowohl für den Nichtübernahme- als auch für den Übernahmefall bekannt, die sie in ihrer individuellen Bewertung auf einen Wert aggregieren.2 1 Vgl. zu den Annahmen des Grundmodells Abschnitt D 3.1. 2 Vgl. Abschnittt D 3.1. 1 Untersuchungsablauf 1.3 Allokationsszenarien 1.3.1 Streubesitz 169 Die hier als Streubesitz bezeichnete Situation zeichnet sich nach den im Teil D dargestellten grundlegenden Modellannahmen dadurch aus, dass jeder Aktionär der Zielgesellschaft genau eine Aktie hält. 1.3.2 Paket In dem im Rahmen der Modellierung verkürzt als „Paket“ oder „Paketkauf“ bezeichneten Szenario halten alle Aktionäre der Zielgesellschaft bis auf einen einzigen genau eine Aktie. Dieser eine Aktionär, der Paketinhaber, ist in Besitz einer Beteiligung, welche annahmegemäß so groß ist, dass der Übernehmer in seinem Kalkül davon ausgeht, dass ihr Erwerb eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg der Übernahme darstellt. Es wird im Rahmen der Untersuchung unterschieden zwischen einem beherrschenden und einem nichtbeherrschenden Paket. Ein beherrschendes Paket zeichnet sich dadurch aus, dass sein Erwerb allein bereits ausreicht, um dem Übernehmer (mindestens) seine angestrebte Zielstimmrechtsquote zu vermitteln. Ein nichtbeherrschendes Paket verkörpert dementsprechend einen geringeren Anteil am Grundkapital der Zielgesellschaft, sodass für eine erfolgreiche Übernahme noch der Erwerb zusätzlicher Aktien im Rahmen des Angebots notwendig ist. Auch wenn das Paket allein noch keine kontrollierende Beteiligung begründet, muss der Bieter bei Durchführung einer Übernahme jedoch nach der oben getroffenen Annahme in jedem Fall das Paket kaufen, etwa weil ansonsten ein für seine Pläne zu mächtiger Großaktionär verbleiben würde. 1.4 Wirkungsszenarien 1.4.1 Ausbeutungsfall Der sog. Ausbeutungsfall ist dadurch gekennzeichnet, dass sowohl aus Sicht des Bieters als auch aus Sicht der Aktionäre der Zielgesellschaft für den Fall des Gelingens der Übernahme die Transfereffekte von der Zielgesellschaft zum Übernehmer betragsmäßig den positiven Wert der internen Synergieeffekte und Restrukturierungseffekte übersteigt. Kapitel E 170 1.4.2 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Synergiefall Der Synergiefall ist umgekehrt dadurch bestimmt, dass im Übernahmefall interne Synergieeffekte und Restrukturierungseffekte eventuelle Ausbeutungen durch den Übernehmer wertmäßig übersteigen. 2 Vergleichssituationen 2 Vergleichssituationen 2.1 Situation ohne Regulierung 171 In der Situation ohne Regulierung kann der Bieter den Preis und die nachgefragte Menge im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots frei festlegen. Er wählt die aus seiner Sicht optimale Preis-Mengen-Kombination nach dem in den folgenden Abschnitten hergeleiteten Kalkül. Eine mögliche Preisdifferenzierung wird nicht betrachtet, d.h. es wird auch in der unregulierten Situation für alle im Rahmen des Übernahmeangebots erworbenen Aktien ein Einheitspreis gezahlt. Das Angebot erfolgt unter der Bedingung, dass die Zielstimmrechtsquote erreicht wird. 2.2 Situation mit Regulierung Auch in der Situation mit Regulierung kann der Bieter seine optimale PreisMengen-Kombination wählen, muss dabei aber als Nebenbedingung die einschränkenden gesetzlichen Vorschriften beachten. Das Angebot soll wie in der unregulierten Situation mit einer Mindestquotenbedingung versehen werden. Die Regulierung ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: • Vollangebotsregel: Übernahmeangebote haben zwingend als Vollangebote zu erfolgen. Das bedeutet, dass der Bieter alle Aktien kaufen muss, die ihm zum gebotenen Einheitspreis angedient werden. • Börsenpreisregel: Als Preis im Rahmen eines Übernahmeangebots muss mindestens der durchschnittliche Börsenkurs eines Referenzzeitraumes vor der Bekanntgabe der Übernahmeabsicht in t = I geboten werden. Je nachdem, wie sich die Börsenkurse vor diesem Zeitpunkt entwickelt haben, ist der durchschnittliche Börsenkurs C∅ höher oder niedriger als der letzte Börsenkurs vor Bekanntwerden der Übernahmeabsicht C0 .1 1 Es wurde in Abschnitt D 3.1 die Annahme getroffen, dass alle Akteure die Wahrscheinlichkeitsverteilung der künftigen Rückflüsse kennen. Trotzdem kann es vor dem Betrachtungszeitraum zu Börsenkursveränderungen allein durch die Tatsache kommen, dass sich einzelne Ausprägungen dieser Wahrscheinlichkeitsverteilung im Zeitablauf verwirklichen. Dies wurde nur für den Betrachtungszeitraum t = 0 bis t = 6 ausdrücklich ausgeschlossen. In diesem Zeitraum treten annahmegemäß außer dem Übernahmeversuch keine sonstigen Ereignisse auf, die die Bewertung der Aktien beeinflussen. Kapitel E 172 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung • Gleichpreisregel: Weiterhin muss im Rahmen eines Übernahmeangebots mindestens der Preis gezahlt werden, der innerhalb des Betrachtungszeitraums vom Übernehmer für Aktien der Zielgesellschaft gezahlt oder versprochen wurde. Im Rahmen dieses Modells kann diese Regel nur in dem Fall greifen, in dem in t = I ein Paketkauf erfolgt. Weiterhin wird angenommen, dass die Gleichpreisregel stets die strengere Regel darstellt, dass also der gezahlte Paketpreis pro Aktie stets oberhalb des durchschnittlichen Börsenkurses liegt. • Pflichtangebotsregel: Wenn der Bieter mindestens 30 % der Aktien der Zielgesellschaft und damit die Kontrolle im Sinne des WpÜG erwirbt, muss er ein Pflichtangebot abgeben, welches ebenfalls den oben beschriebenen Regeln für Übernahmeangebote entsprechen muss. Das bedeutet, dass wenn in t = I ein Paket von mindestens 30 % erworben wird, in t = III ein Angebot nach den obigen Regeln abgegeben werden muss. Dieses Angebot hat dann zwingend als Vollangebot mit den oben erläuterten Mindestpreisen zu erfolgen. Sofern ein beherrschendes Paket1 erworben wird, wird davon ausgegangen, dass dieses mehr als 30 % der Stimmrechte vermittelt, sodass die Angebotspflicht greift.2 Durch diese Regeln ist der Kern der Regulierung von öffentlichen Angeboten bei der Übernahme börsennotierter Aktiengesellschaften nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz in idealisierter Form abgebildet. 1 Vgl. Abschnitt E 1.3.2. 2 Umgekehrt muss aber ein Stimmrechtsanteil von 30 % aus der Sicht des Bieters noch nicht die notwendige Kontrolle vermitteln, d.h. die Zielstimmrechtsquote kann auch höher als 30 % sein. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 3 Analyse des Übernahmeprozesses 3.1 Situation ohne Regulierung 3.1.1 Strategie des Bieters 3.1.1.1 Streubesitz 173 Die im Kapitel D hergeleitete Gleichung zur Ermittlung des Übernahmegewinns (D 21) ÜG(a) = BÜ (a) − GP(a) lässt sich für den Fall, dass sich alle Aktien im Streubesitz befinden, wie folgt konkretisieren: (E 1) ÜG(a) = B Ü (a) − a ⋅ W IV (a) bzw. (E 2) ÜG(a) = a ⋅ ( WÜ (a) − W IV (a) ) . Ein Übernahmegewinn entsteht nur dann, wenn der Wert einer erworbenen Beteiligung größer ist als der hierfür zu zahlende Preis. Das ist gleichbedeutend mit der Bedingung, dass der (durchschnittliche) Wert einer Aktie aus Übernehmersicht im Übernahmefall größer ist als der Einheitspreis pro Aktie, also (E 3) WÜ (a) > W IV (a) Der Übernehmer kauft annahmegemäß nur dann Aktien, wenn er mit dem Kauf die Kontrolle erreichen kann ( a ≥ a * ). Setzt man (D 7) und (D 19) in (E 3) ein ergibt sich: 1 A (E 4) E Ü + R Ü + SYN ÜINT + ⋅ SYN EXT + ( − 1) ⋅ TRANSÜ > CIV + a ⋅β Ü a a für a * ≤ a ≤ A . Unter Beachtung von (D 13) ergibt sich nach einigen Umformungen die Bedingung für die Vorteilhaftigkeit einer Übernahme bei einer Anzahl a: SYNEXT + A ⋅ TRANSÜ Ü + WÜIn − CIV a (E 5) β < . a Kapitel E 174 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Die Bedingung kann wie folgt anschaulich interpretiert werden: • EXT Der Ausdruck SYN Ü + A ⋅ TRANSÜ gibt die externen Effekte pro Aktie an, a also den externen Übernahmewertbeitrag zuzüglich des externen Transferwertbeitrags bezogen auf eine Aktie. • Der Term (WÜIn − C IV ) gibt die Differenz zwischen dem inneren Wert der Aktie im Übernahmefall und dem Ordinatenabschnitt der Angebotsfunktion an. • Der gesamte Zähler gibt damit die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Wert einer Aktie bei einer Beteiligung von a Aktien und dem Ordinatenabschnitt der Angebotsfunktion an. • Bezieht man diese Differenz auf die Zahl der gekauften Aktien, so ergibt sich die kritische Steigung der Preisfunktion, bei der der Übernahmegewinn null wird. Dieser Zusammenhang lässt sich wie folgt grafisch darstellen: W IV (a) W Ü (a) W IV WÜ (a ′) WÜIn CIV 2) γ a′ a* SYN Ü + A ⋅ TRANSÜ WÜ 1) A EXT 1) a Abb. E 1 2) (W − C ) In Ü IV Bedingung für die Vorteilhaftigkeit des Erwerbs bei Streubesitz a 3 Analyse des Übernahmeprozesses 175 Der Tangens des Winkels γ stellt die maximale Steigung der Angebotsfunktion dar, bei der bei gegebenen Wertbeiträgen bei einem Kauf von a ′ Aktien gerade kein Verlust entsteht. Nur wenn die tatsächliche Steigung β kleiner ist bzw. wenn die Wertbeiträge bei gegebener Steigung der Angebotsfunktion höher sind, ergibt sich ein Gewinn. Löst man die Ungleichung (E 5) nach a auf, ergibt sich 2 (E 6) a < W In − CIV SYN ÜEXT + A ⋅ TRANSÜ WÜIn − CIV + Ü für a * ≤ a ≤ A 1 + 2 ⋅β 2 ⋅β β bzw. 2 (E 7) a krit = W In − CIV SYN ÜEXT + A ⋅ TRANSÜ WÜIn − CIV + + 2 ⋅β β 2 ⋅β für a * ≤ a ≤ A . Gleichung (E 7) bestimmt die kritische Anzahl Aktien a krit , bei der bei gegebener Steigung der Angebotsfunktionen kein Gewinn mehr bzw. bei deren Überschreiten ein Verlust aus der Übernahme resultiert. Die Bedingung (E 5) für die Vorteilhaftigkeit des Erwerbs einer bestimmten Anzahl Aktien gilt auch an der Stelle a * . Dort ist ein ggf. bestehender Überschuss des Wertes einer einzelnen Aktie aus Erwerbersicht über den zugehörigen Angebotspreis am größten. Ist die Bedingung nicht einmal an dieser Stelle erfüllt, dann gibt es überhaupt keine Anzahl Aktien, bei der ein positiver Übernahmegewinn entstünde. Dies ist gleichbedeutend damit, dass ein nach (E 7) berechneter kritischer Wert außerhalb des Definitionsbereichs liegt. Als Bedingung dafür, dass eine Übernahme überhaupt für den Bieter vorteilhaft sein kann, ergibt sich daher (E 8) WÜ (a * ) > W IV (a * ) bzw. 2 In IV In IV EXT 1 Die zweite rechnerische Lösung a > WÜ − C − WÜ − C + SYN Ü + A ⋅ TRANSÜ 2 ⋅β β 2⋅β bringt keine weitere Eingrenzung, da der Term auf der rechten Seite nicht größer als null werden kann. Kapitel E 176 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung SYNEXT + A ⋅ TRANSÜ Ü + WÜIn − CIV * a (E 9) β < a* Gilt hingegen WÜ (a * ) ≤ W IV (a * ) bzw. (E 10) + A ⋅ TRANSÜ SYNEXT Ü + WÜIn − CIV * a β≥ , a* (E 11) so sind die Wertbeiträge nicht hoch genug, um einen Übernahmegewinn zu ermöglichen, bzw. ist die Steigung der Angebotsfunktion bei gegebenen Wertbeiträgen zu groß. In diesem Fall ergibt sich keine Anzahl zu erwerbender Aktien, bei der überhaupt noch ein Gewinn auftreten würde. Der Bieter wird daher von der Übernahme absehen und keine Aktien kaufen. Beispiel E 1: Der Ordinatenabschnitt der Angebotsfunktion im Rahmen eines öffentlichen Angebots betrage C IV = 110 GE. Der innere Wert im Übernahmefall aus Sicht des Bieters betrage WÜ = 115 GE. Daneben könne der Übernehmer externe Synergieeffekte in Höhe von In SYN EXT = 10.000 GE verwirklichen. Die Steigung der Angebotsfunktion betrage ß = 0,001 . Ü Die Zielgesellschaft habe 8.000 Aktien emittiert, der Mindest-Zielstimmrechtsanteil, der dem * Übernehmer die Kontrolle ermöglicht, liege bei 40 %, was a = 3.200 Aktien entspricht. Es gilt die Bedingung (E 9) 10.000 0,001 < 3.200 + (115 − 110) 3.200 = 0,002539 , d.h. eine Übernahme mit Gewinn ist grundsätzlich möglich. Wegen a krit = 115 − 110 2 ⋅ 0, 001 115 − 110 + 10.000 = 6531,13 2 ⋅ 0,001 0, 001 2 + dürfen jedoch höchstens 6531 Aktien gekauft werden, damit noch ein Gewinn entsteht. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 177 Ist eine Übernahme mit Gewinn möglich, so wird der Übernehmer ein Angebot abgeben. Allerdings ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen, wie groß die aus der Sicht des Bieters gewinnoptimale Aktienmenge ist, die dieser nachfragen wird. Als Bedingung für ein Gewinnmaximum ergibt sich durch Ableitung der Übernahmegewinnfunktion (E 12) ÜG(a) = a ⋅ ( WÜIn − W IV (a) ) + SYN ÜEXT + A ⋅ TRANSÜ = a ⋅ (WÜIn − CIV − β ⋅ a) + SYN ÜEXT + A ⋅ TRANSÜ nach a die folgende Bedingung für ein Gewinnextremum: (E 13) ∂ÜG(a) = WÜIn − CIV − 2 ⋅β⋅ a = 0 ∂a für a * ≤ a ≤ A . Die zweite Ableitung (E 14) ∂ 2 ÜG(a) = −2 ⋅ β < 0 ∂a 2 zeigt, dass es sich um ein Gewinnmaximum handelt. Die Auflösung von (E 13) nach der Anzahl der Aktien ergibt die optimale Anzahl zu erwerbender Aktien bei diesem Verfahren (E 15) a= WÜIn − CIV 2 ⋅β für a * ≤ a ≤ A . Da das in (E 15) abgeleitete Ergebnis nur für Werte von a größer oder gleich der die Kontrolle vermittelnden Anzahl a * und kleiner oder gleich der Gesamtzahl A gilt, müssen drei Fälle unterschieden werden: • Fall S1 (E 16) WÜIn − CIV >A 2 ⋅β • Fall S2 (E 17) a* ≤ • Fall S3 (E 18) WÜIn − CIV < a* 2 ⋅β WÜIn − CIV ≤A 2 ⋅β Kapitel E 178 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Es soll zunächst der Fall S2 betrachtet werden, da nur bei diesem das lokale Maximum der Übernahmegewinnfunktion im Definitionsbereich liegt. Anschließend sollen die beiden anderen Fälle betrachtet werden, in denen dieses Maximum oberhalb bzw. unterhalb des Definitionsbereichs liegt. (1) Fall S2 In diesem Fall liegt der errechnete Ausdruck innerhalb des Definitionsbereichs der Übernahmegewinnfunktion. Es gilt für die optimale Anzahl zu kaufender Aktien a opt oR = (E 19) WÜIn − CIV 1 . 2 ⋅β Der dazugehörige optimale Preis beträgt opt opt opt PoR = W IV (a oR ) = CIV + β ⋅ a oR = (E 20) CIV + WÜIn . 2 Der Optimalpreis in dieser Konstellation ergibt sich also als arithmetisches Mittel aus dem inneren Wert der Aktie aus der Sicht des Bieters und dem Ordinatenabschnitt der Angebotsfunktion . Grafisch stellt sich die Konstellation wie folgt dar: W IV (a) W Ü (a) WÜ (a opt oR ) W IV WÜ In Ü opt oR IV W P C a* Abb. E 2 a opt oR Maximaler Übernahmegewinn ohne Regulierung, Fall S2 1 Der Index oR weist auf die Situation ohne Regulierung hin. A a 3 Analyse des Übernahmeprozesses 179 Die schraffierte Fläche markiert den maximalen Übernahmegewinn bei diesem Verfahren. Der Übernehmer wird in dieser Konstellation stets einen Preis bieten, der unterhalb des inneren Wertes der Aktie im Übernahmefall liegt, bei dem im Modell linearen Verlauf der Angebotskurve genau den Durchschnittspreis aus dem Ordinatenabschnitt der Angebotsfunktion und dem inneren Wert. Die Bedingung (E 17) kann zum besseren Vergleich auch analog zur Darstellung der Bedingung für die Vorteilhaftigkeit einer Übernahme (E 9) modifiziert werden. Die Ungleichung kann zu (E 21) β≤ WÜIn − CIV und 2 ⋅ a* (E 22) β≥ WÜIn − CIV 2⋅A umgeformt werden. Die Steigung β der Angebotsfunktion kann definitionsgemäß nicht negativ sein, da sie sich aus der nach den Limiten in aufsteigender Reihenfolge sortierten einzelnen Angeboten ergibt. Für den Bereich positiver β ist Ungleichung (E 21) stets gegenüber Ungleichung (E 9) die strengere Bedingung, d.h. wenn (E 21) erfüllt ist, ist auch (E 9) erfüllt. (2) Fall S3 Im Fall S3 liegt die in der folgenden Abbildung E 3 verdeutlichte Konstellation vor. W IV (a) W Ü (a) W IV opt PoR WÜ WÜIn CIV a* Abb. E 3 Maximaler Übernahmegewinn ohne Regulierung, Fall S3 A a Kapitel E 180 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung In diesem Fall ist a * zugleich die optimale zu erwerbende Anzahl. Bei jeder höheren Anzahl erworbener Aktien würde sich der Übernahmegewinn reduzieren. Der zugehörige optimale Preis (E 23) opt PoR = W IV (a * ) = C IV + β ⋅ a * liegt in jedem Fall über dem optimalen Preis in dem vorherigen Fall, er kann auch oberhalb des inneren Wertes WÜIn liegen. Der erzielbare maximale Gewinn ist schraffiert eingezeichnet. In dem dargestellten Beispielfall ist die Übernahme nur durch die auftretenden externen Effekte überhaupt lohnend für den Erwerber, da der zu zahlende Preis über dem inneren Wert der Aktien liegt. Damit der Fall S3 vorliegt, muss neben (E 9) zusätzlich (E 24) β> WÜIn − CIV 2 ⋅ a* gelten, was sich durch Umformung der Bedingung (E 18) ergibt. Die Steigung muss also größer sein als im Fall S2, aber noch klein genug, dass sich an der Stelle a * noch ein Übernahmegewinn ergibt. (3) Fall S1 Zuletzt sei noch auf den durch Bedingung (E 16) vorgegebene Fall S1 eingegangen, in dem das Ergebnis der Maximierung gem. Gleichung (E 15) größer ist als die Anzahl der ausgegebenen Aktien und damit nicht im Definitionsbereich liegt. In diesem Fall ist A die optimale Anzahl, d.h. der Übernehmer sollte alle Aktien kaufen. Der zugehörige optimale Preis opt (E 25) PoR = W IV (A) = C IV + β ⋅ A liegt in jedem Fall unter dem Durchschnitt aus innerem Wert und Ordinatenabschnitt der Angebotsfunktion. Ungleichung (E 16) kann zu (E 26) β< WÜIn − CIV 2⋅A umgeformt werden. Auch Bedingung (E 26) ist strenger als (E 9), d.h., ist (E 26) erfüllt, so ist in jedem Fall eine Übernahme mit Gewinn möglich. 3 Analyse des Übernahmeprozesses (4) 181 Zusammenfassung Tabelle E 1 fasst die optimalen Preis-Mengenkombinationen in den verschiedenen Konstellationen zusammen. Der Fall, dass eine Übernahme nicht vorteilhaft ist, ist als Fall S4 zusätzlich aufgenommen. Fall Bedingungen S1 β< WÜIn − CIV 2⋅A W In − CIV WÜIn − CIV ≤ β≤ Ü * 2⋅ A 2⋅a S2 Optimale Menge Optimaler Preis opt a opt PoR oR A CIV + β ⋅ A WÜIn − CIV 2 ⋅β CIV + WÜIn 2 a* CIV + β ⋅ a* kein Kauf kein Kauf WÜIn − CIV <β 2 ⋅ a* S3 S4 SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ Ü + WÜIn − C IV a* < a* SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ Ü + WÜIn − CIV a* β≥ a* Tab. E 1 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Streubesitz ohne Regulierung Diese Zusammenhänge sollen noch einmal anhand eines Beispiels verdeutlicht werden: Beispiel E 2 Es wird von den Daten des vorangegangenen Beispiels ausgegangen. ( C IV = 110 GE, WÜIn = 115 GE, ß = 0,001 , a = 3.200 , SYN EXT = 10.000 GE) Ü * Es liegt der Fall S3 vor, denn es gilt: β = 0, 001 > WÜIn − C IV 115 − 110 = = 0,00078 . 2 ⋅ a* 2 ⋅ 3.200 (Der zweite Teil der Bedingung für das Vorliegen von Fall S3, welcher anzeigt, ob überhaupt eine Übernahme mit Gewinn möglich ist, wurde bereits in Beispiel E 1 bestätigt.) Kapitel E 182 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Daher stellt a * = 3.200 zugleich die optimale Anzahl zu kaufender Aktien dar. Der zugehörige Preis beträgt opt PoR = C IV + β ⋅ a * = 110 + 0, 001 ⋅ 3.200 = 113, 2 GE , der maximale Gewinn beläuft sich auf ÜG(3.200) = 10.000 + 3.200 ⋅ (115 − 113,2) = 15.760 GE . Würde die Steigung der Angebotsfunktion alternativ nur β = 0,0005 betragen, so läge wegen WÜIn − C IV W In − C IV = 0, 0031 ≤ β = 0, 005 ≤ Ü * = 0, 00078 2⋅A 2⋅a der Fall S2 vor. Dann ergäbe sich die aus der Sicht des Übernehmers gewinnmaximale Preis-MengenKombination a opt oR = WÜIn − C IV 115 − 110 = = 5.000 Aktien und 2⋅β 2 ⋅ 0,0005 opt PoR = C IV + WÜIn 110 + 115 = = 112,5 GE. 2 2 Der Übernahmegewinn betrüge dann ÜG(5.000) = 10.000 + 5.000 ⋅ (115 − 112,5) = 22.500 GE . Aus Sicht des Übernehmers wäre es also in dieser Beispielsituation sinnvoll, nicht nur die angestrebte Mindest-Kontrollquote von 40 %, sondern einen Anteil von 62,5 % der Aktien zum Preis von 112,5 GE pro Aktie zu erwerben. Der Optimalpreis entspricht dem arithmetischen Mittel zwischen innerem Wert aus Sicht des Bieters und Börsenkurs. 3.1.1.2 Paket Als nächstes soll der Erwerb eines vorhandenen Pakets von Aktien der Zielgesellschaft in den Kalkül einbezogen werden. Kauft der Übernehmer zunächst ein Paket von a P Aktien zum Preis PP pro Aktie, um dann anschließend ggf. noch ein Übernahmeangebot abzugeben, so lässt sich der für a Aktien gezahlt Gesamtpreis wie folgt ermitteln: (E 27) GP(a) = aP ⋅ P P + (a − a P ) ⋅ W IV (a − a P ) für a ≥ a P . Der Term (a − a P ) bezeichnet dabei die Anzahl Aktien, die bei einem Gesamterwerb von a Aktien im Rahmen eines öffentlichen Angebots gekauft werden. Mit 3 Analyse des Übernahmeprozesses 183 Gleichung (E 27) lässt sich der Übernahmegewinn in Abhängigkeit von der Anzahl der insgesamt gekauften Aktien a gem. Gleichung (D 21) ÜG(a) = BÜ (a) − GP(a) konkretisieren als (E 28) ÜG(a) = BÜ (a) − a P ⋅ P P + (a − a P ) ⋅ W IV (a − a P ) für a ≥ a P .1 Eine Übernahme führt in diesem Fall also zu einem Gewinn, wenn gilt (E 29) BÜ (a) > a P ⋅ P P + (a − a P ) ⋅ W IV (a − a P ) , was durch Einsetzen der Gleichungen (D 12), (D 15) und (D 7) nach einigen elementaren Umformungen zu den folgenden Bedingungen für einen Gewinn bei einer Übernahme durch Erwerb von a ≥ a * Aktien führt: (E 30) SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (P P − WÜIn ) Ü + WÜIn − CIV P − a a β< a − aP für a > a P und a ≥ a * sowie (E 31) SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (P P − WÜIn ) > 0 Ü für a = a P ≥ a * Die Ungleichung (E 30) kann als Verallgemeinerung der Formel (E 5) angesehen werden. Setzt man a P = 0 ein, so erhält man diese Bedingung für die Situation bei Streubesitz. Insofern kann auch hinsichtlich der Interpretation an die obigen Ausführungen angeknüpft werden. • Der Ausdruck SYN ÜEXT + A ⋅ TRANSÜ gibt wiederum den Wert der externen Effekte an. Hiervon wird der Term a P ⋅ (P P − WÜIn ) abgezogen. Dieser kann bei positivem Wert der Klammer als über den inneren Wert des Pakets im Übernahmefall hinaus gezahlter Zuschlag interpretiert werden.2 Dieser Zuschlag vermindert einen durch die externen Effekte auftretenden positiven Effekt auf den Übernahmegewinn. Ist schon der interne Wert der Aktien im 1 Eine Übernahme ohne den Erwerb eines Pakets ist gem. den oben getroffenen Annahmen ausgeschlossen. Da das Paket nur ungeteilt verkauft wird, ist eine positive Anzahl von a < a betrachteten Fall nicht möglich. P im 2 Es soll hier nicht von Paketzuschlag gesprochen werden, da dieser typischerweise als Zuschlag auf den Börsenkurs verstanden wird, nicht auf den inneren Wert aus Sicht des Übernehmers. Kapitel E 184 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Übernahmefall höher als der Paketpreis, so erhöht der Term den Übernahmegewinn sogar noch. Der gesamte Ausdruck stellt somit den Fixanteil des Übernahmegewinns dar, der unabhängig von der Anzahl der im Rahmen des öffentlichen Angebots gekauften Aktien im Übernahmefall auftritt. Um die vorzunehmende Untersuchung auf eine überschaubare Anzahl von Fallunterscheidungen zu begrenzen, werden im Folgenden nur noch solche Fälle betrachtet, in denen dieser Fixanteil positiv ist. Der Fixanteil am Übernahmegewinn wird auf die Anzahl (a − a P ) der Aktien bezogen, welche im Rahmen des öffentlichen Angebots noch gekauft werden. • Die Summe (WÜIn − C IV ) entspricht wie in der Situation bei Streubesitz der Differenz zwischen dem Ordinatenabschnitt der Angebotsfunktion und dem inneren Wert im Übernahmefall aus Erwerbersicht. • Zusammen ergeben die Terme des Zählers von Ungleichung (E 30) die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Wert (einschließlich des gesamten Fixanteils des Übernahmegewinns) nach Paketerwerb zusätzlich noch erworbener Aktien und dem Ordinatenabschnitt der Angebotsfunktion. • Bezieht man diese Differenz auf die Anzahl der zusätzlichen Aktien (a − a P ) , so ergibt sich die kritische Steigung der Preisfunktion, bei der bei den gegebenen Ausgangsdaten der Übernahmegewinn gerade null wird. Diese Interpretationen lassen sich auch grafisch anschaulich verdeutlichen. Trägt man das erworbene Paket vor den Ursprung der Angebotskurve in das Diagramm mit den Bewertungskalkülen ein, so ergibt sich beispielsweise die folgende Situation: W IV (a) W Ü (a) WÜ (a ′) PP WÜIn P(a ′) CIV W IV WÜ aP Abb. E 4 a* a′ Übernahmegewinn bei Paketkauf und Übernahmeangebot I A a 3 Analyse des Übernahmeprozesses 185 Die grau schraffierte Fläche markiert den Übernahmegewinn in dieser Situation. Er ergibt sich hier als Wert der Beteiligung abzüglich der für das Paket und den Erwerb aus dem Angebot gezahlten Gesamtpreise. Man erkennt in dem Beispiel, dass der für das Paket gezahlte Preis über dem bei dem Übernahmeangebot gezahlten Preis liegt. Er liegt hier zudem über dem inneren Wert der Aktien im Übernahmefall. Daher stellt das sich ergebende unschraffierte Rechteck oberhalb von W In den Zuschlag (bezogen auf den inneren Wert) dar, der den Fixanteil am Übernahmegewinn reduziert. Bezieht man wie in Ungleichung (E 30) den Fixanteil nicht auf die Gesamtzahl der erworbenen Aktien a, sondern allein auf die im Rahmen des Angebots erworbenen (a − a P ) Aktien, so ergibt sich eine neue Bewertungskurve WÜ (a) , welche den Maximalpreis angibt, die im Rahmen des Angebots bei einem Gesamterwerb von a Aktien gerade noch gezahlt werden darf, damit kein Verlust entsteht. Der Maximalpreis setzt sich aus dem inneren Wert der Aktie und dem auf (a − a P ) Aktien bezogenen Fixanteil zusammen. Er ergibt sich formal als (E 32) WÜ (a) = WÜIn + SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (P P − WÜIn ) a − aP für a > a P , a > a * . Diese veränderte Darstellung der in Abb. E 4 aufgezeigten Situation zeigt Abb. E 5: W IV (a) WÜ (a) ŴÜ (a) 1) WÜ (a ′) WÜ (a ′) 2) WÜIn P(a ′) WÜ WÜ γ′ CIV aP EXT P P In 1) SYN Ü + A ⋅ TRANSÜ − a ⋅ (P − WÜ ) a − aP Abb. E 5 W IV a* a′ A 2) WÜIn − CIV Übernahmegewinn bei Paketkauf und Übernahmeangebot II a 186 Kapitel E Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Die Differenz zwischen den Bewertungskurven WÜ (a) und WÜ (a) ergibt sich aus zwei Effekten: • Zum einen beziehen sich die externen Effekte nunmehr auf die geringere Anzahl (a − a P ) Aktien. Isoliert betrachtet führt das dazu, dass die Kurve WÜ (a) gegenüber WÜ (a) höher liegt, wobei die Differenz zwischen den Kurven mit zunehmender Anzahl a abnimmt. • Daneben ist in die Kurve allerdings auch der im zugrunde liegenden Fallbeispiel gezahlte Zuschlag über den internen Wert eingearbeitet, der den Fixanteil am Gewinn reduziert und damit die Kurve WÜ (a) tendenziell nach unten verlagert. Dieser Effekt kann den oben beschriebenen durchaus übersteigen, sodass die Kurve WÜ (a) im Endeffekt auch unterhalb von WÜ (a) liegen kann.1 Sofern der gezahlte Paketpreis, anders als in dem dargestellten Beispiel, geringer ist als der innere Wert, also kein Paketzuschlag gezahlt werden muss, so liegt die Kurve WÜ (a) eindeutig höher als WÜ (a) . Der Gewinn ist wiederum als schraffierte Fläche dargestellt. Er wird in dieser Darstellungsform ausschließlich oberhalb der im Rahmen des öffentlichen Angebots erworbenen Aktien abgelesen. Die Größe der Fläche entspricht rechnerisch genau derjenigen in der ursprünglichen Darstellungsform. Der Tangens des Winkels γ ′ stellt die maximale Steigung dar, die die Angebotsfunktion beim Kauf einer Gesamtbeteiligung von a Aktien – also (a − a P ) Aktien im Rahmen des öffentlichen Angebots – haben dürfte, damit gerade kein Verlust entsteht. Die kritische Anzahl Aktien, bei deren Überschreiten ein Verlust auftritt, ergibt sich analog zu (E 7) als 1 Im Extremfall, wenn der über den inneren Wert im Übernahmefall hinausgehende Zuschlag den Wert der externen Effekte übersteigt, ergibt sich sogar ein negativer Fixanteil, der dazu führen würde, dass der fallende Verlauf der Funktion umschlagen würde in einen steigenden Verlauf. Vgl. hierzu die Ausführungen in Abschnitt D 3.4.3.3. Um eine Ausuferung der Anzahl zu betrachtender Fälle zu vermeiden, wurde die Untersuchung auf solche Fälle beschränkt, in denen ein positiver Fixanteil am Übernahmegewinn verbleibt, sodass neben der Kurve WÜ (a) auch die Kurve WÜ (a) stets einen fallenden Verlauf aufweist. 3 Analyse des Übernahmeprozesses (E 33) a krit = a P + 187 WÜIn − C IV 2 ⋅β 2 W In − CIV SYN ÜEXT + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (P P − WÜIn ) + Ü . + β 2 ⋅β Für die Betrachtung der Vorteilhaftigkeit eines Kaufs sollen zwei Fälle hinsichtlich der Größe des Pakets unterschieden werden, nämlich das Vorliegen eines nicht beherrschenden Pakets (a P < a * ) bzw. eines beherrschenden Pakets (a P ≥ a * ) . (1) Nicht beherrschendes Paket Für den Fall, dass (a P < a * ) gilt, ist der Abstand zwischen der Maximalpreiskurve WÜ (a) und der Angebotsfunktion W IV (a) an der Stelle a = a * am größten. Wenn also an dieser Stelle keine positive Differenz verbleibt, dann auch an keiner anderen Stelle. Daraus ergibt sich die Bedingung für die Vorteilhaftigkeit im Fall mit Paket als (E 34) SYN EXT + A ⋅ TRANS Ü − a P ⋅ (P P − CIV ) Ü + WÜIn − CIV * P a − a β< a* − a P für a P < a * . Steht fest, dass eine Übernahme durchgeführt wird, ist die optimale PreisMengenkombination zu suchen. Für den Fall, dass a P < a * gilt, lassen sich analog zur Untersuchung der Situation bei Streubesitz wiederum drei Fälle unterscheiden. Auf eine ausführliche Herleitung wird daher verzichtet. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle festgehalten. Kapitel E 188 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Optimale Menge Bedingungen Fall a opt oR Optimaler Preis opt PoR a P < a* A CIV + β ⋅ (A − a P ) WÜIn − CIV + aP 2 ⋅β CIV + WÜIn 2 a* CIV + β ⋅ (a* − a P ) kein Kauf kein Kauf W In − CIV β< Ü 2 ⋅ (A − a P ) P1 a P < a* W −C W −C ≤ β≤ ; 2 ⋅ (A − a P ) 2 ⋅ (a * − a P ) P2 In Ü IV In Ü IV a P < a* P3 WÜIn − C IV <β 2 ⋅ (a * − a P ) SYN < EXT Ü + A ⋅ TRANSÜ − a ⋅ (P − W ) + (WÜIn − C IV ) a* − a P * P a −a P P In Ü a P < a* P4 SYN ÜEXT + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (PP − WÜIn ) + (WÜIn − CIV ) a* − a P ß≥ * P a −a Tab. E 2 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Kauf eines nichtkontrollierenden Pakets ohne Regulierung Die Zusammenhänge sollen mit dem folgenden Beispiel noch einmal verdeutlicht werden. Beispiel E 3 = 10.000 GE, Es gelten die bekannten Ausgangsdaten C IV = 110 GE, WÜIn = 115 GE, SYN EXT Ü ß = 0,001 , A = 8.000 Aktien, a * = 3.200 Aktien. Es gebe allerdings einen Aktionär, der ein Paket von 25 %, also a P = 2000 hält und hierfür einen Preis von P P = 119 GE pro Aktie verlangt. Eine Übernahme ohne den Erwerb des Pakets ist annahmegemäß ausgeschlossen. Da wegen 10.000 − 2000 ⋅ (119 − 115) + 115 − 110 3.200 − 2000 β = 0, 001 < = 0, 005 3.200 − 2000 die Bedingung (E 34) erfüllt ist, ist eine Übernahme mit Gewinn möglich. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 189 Die kritische Anzahl Aktien, bei deren Überschreiten ein Verlust auftreten würde, beträgt gemäß (E 33) 2 a krit = 2000 + 115 − 110 115 − 110 10.0000 − 2000 ⋅ (119 − 115) + = 7.372, 28 . + 2 ⋅ 0, 001 β 2 ⋅ 0,001 Es dürften also insgesamt höchstens 7.372 Aktien gekauft werden, d.h. 2.000 als Paket und 5.372 im Rahmen des öffentlichen Angebots. Wegen 115 − 110 115 − 110 = 0, 000416 < 0,001 = β ≤ = 0, 00208 2 ⋅ (8.000 − 2.000) 2 ⋅ (3.200 − 2.000) liegt der Fall P2 vor. Daher ergibt sich die optimale Preis-Mengen-Kombination als a opt oR = WÜIn − C IV 115 − 110 + aP = + 2.000 = 4.500 2⋅β 2 ⋅ 0,001 und opt PoR = 110 + 2.500 ⋅ 0,001 = 112,5 . Im Gewinnoptimum werden also 4.500 Aktien gekauft. Neben dem Paket werden 2.500 Aktien im Rahmen des öffentlichen Angebots zum Preis von 112,5 GE pro Aktie gekauft. Der zugehörige maximale Übernahmegewinn beträgt ÜG(4.500) = 10.000 + 4.500 ⋅ 115 − 2.000 ⋅119 − 2.500 ⋅112, 5 = 8.250 GE (2) Beherrschendes Paket Im Fall (a P ≥ a * ) ist durch die Beschränkung der Untersuchung auf Fälle mit positivem Fixbeitrag gewährleistet, dass der Paketkauf für sich genommen bereits vorteilhaft ist. Damit ist Ungleichung (E 31) in allen betrachteten Fällen erfüllt. Insofern werden in diesem Fall mindestens a = a P Aktien gekauft. Die auch nach Abzug des Paketzuschlags noch positiven externen Effekte können allein durch den Paketkauf realisiert werden. Unter Umständen ist es jedoch sinnvoll, darüber hinaus noch weitere Aktien zu kaufen, und zwar dann, wenn durch den zusätzlichen Kauf der Übernahmegewinn noch gesteigert werden kann. Das ist dann der Fall, wenn Aktien unter ihrem inneren Wert gekauft werden können. Als Bedingung für die Vorteilhaftigkeit des zusätzlichen Kaufs mindestens einer Aktie ergibt sich demnach: (E 35) WÜIn > W IV (1) , was nach Einsetzen von (D 12) die Ungleichung Kapitel E 190 (E 36) Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung β < WÜIn − CIV ergibt. Eine Verpflichtung zum Kauf weiterer Aktien gibt es jedoch in der Vergleichssituation ohne Regulierung nicht. Falls (E 36) erfüllt ist, ergibt sich die optimale zu kaufende Menge analog zu den obigen Überlegungen als (E 37) a opt oR = A für (E 38) opt a oR = WÜIn − CIV + aP > A 2 ⋅β (Fall P5) und W In − CIV WÜIn − C IV + a P für Ü + aP ≤ A 2 ⋅β 2 ⋅β (Fall P6). Die Bedingung (E 39) WÜIn − CIV + aP > A 2 ⋅β kann umgeformt werden zu (E 40) β< WÜIn − CIV , 2 ⋅ (A − a P ) was gegenüber (E 36) die strengere Bedingung darstellt. Damit ergeben sich für den Fall des Kaufs eines beherrschenden Pakets folgende drei Fälle. 3 Analyse des Übernahmeprozesses Fall Bedingungen 191 Optimale Menge a opt oR Optimaler Preis opt PoR A CIV + β ⋅ (A − a P ) WÜIn − CIV + aP 2 ⋅β CIV + WÜIn 2 aP kein Kauf im Rahmen des Angebots a P ≥ a* P5 β< WÜIn − CIV 2 ⋅ (A − a P ) a P ≥ a* WÜIn − CIV ≤ β < W In − CIV 2 ⋅ (A − a P ) P6 a P ≥ a* P7 β ≥ W In − CIV Tab. E 3 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Kauf eines kontrollierenden Pakets ohne Regulierung Auch zu dieser Konstellation sei abschließend ein kurzes Beispiel vorgestellt: Beispiel E 4 = 10.000 GE, Es gelten wiederum die Ausgangsdaten C IV = 110 GE, WÜIn = 115 GE, SYN EXT Ü ß = 0,001 , A = 8.000 Aktien, a * = 3.200 Aktien. Es gebe ein beherrschendes Paket von 45 %, also a P = 3.600 , für das dessen Besitzer einen Preis von P P = 117,5 GE pro Aktie verlangt. Wegen β = 0,0001 < 115 − 110 ist ein zusätzlicher Erwerb von Aktien im Rahmen des öffentlichen Angebots sinnvoll. Da zugleich die Beziehung 115 − 110 = 0, 000568 < 0, 001 = β 2 ⋅ (8000 − 3.600) gilt, liegt Fall P6 vor. Die optimale Preis-Mengen-Kombination ergibt sich als a opt oR = 115 − 110 opt + 3.600 = 6.100 und PoR = 110 + 2.500 ⋅ 0,001 = 112,5 GE. 2 ⋅ 0, 001 Neben dem Paket werden wiederum 2.500 Aktien im Rahmen des öffentlichen Angebots zum Preis von 112,5 GE pro Aktie gekauft. Der Übernahmegewinn beläuft sich auf ÜG(6.100) = 10.000 + 6.100 ⋅115 − 3.600 ⋅117,5 − 2.500 ⋅112,5 = 7.250GE . Kapitel E 192 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung 3.1.2 Wirkungen der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft 3.1.2.1 Vorbemerkung Bei der Analyse der Wirkungen einer Übernahme auf die Aktionäre wird untersucht, wie sich die Vermögenssituation der Aktionäre der Zielgesellschaft durch den Übernahmeprozess verändert. Dazu wird die Vermögenssituation im Zeitpunkt t = 0, die sich als individuelle Bewertung der gehaltenen Aktien mit Wj0 ergibt, mit der Situation nach dem Übernahmeversuch in t = VI verglichen. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der Bieter im Sinne der im vorigen Abschnitt herausgearbeiteten Strategie optimal verhält. Die Betroffenheit der Aktionäre wird getrennt für den sog. Ausbeutungsfall und den Synergiefall untersucht. 3.1.2.2 Streubesitz 3.1.2.2.1 Ausbeutungsfall Die Auswirkungen der Durchführung einer Übernahme mittels öffentlichen Angebots auf die Vermögenssituation der Aktionäre der Zielgesellschaft lässt sich im Ausbeutungsfall grafisch wie folgt darstellen: W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ w W0 = W− W IV = W + v WÜIn opt PoR u CIV = C+ aA A Abb. E 6 a* B a opt oR A a C Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz ohne Regulierung 3 Analyse des Übernahmeprozesses 193 Da das Übernahmeangebot mit einer Mindestquote abgegeben wird, gilt, wie in Teil D hergeleitet wurde, (D 9) W IV (a) = W + (a) .1 In der Ausbeutungssituation verläuft die Funktion W + (a) vollständig unterhalb der Bewertungsfunktion W 0 (a) in der Ausgangssituation. Der Bieter wählt auf Grund der ihm bekannten Angebotsfunktion die optimale Menge a opt oR und den opt optimalen Preis PoR . Dadurch können bis zu drei unterschiedlich betroffene Gruppen von Altaktionären der Zielgesellschaft entstehen: • opt nicht unterhalb von C0 + α ⋅1 liegt, gibt es eine GrupSofern der Preis PoR pe A von Aktionären, die durch die Übernahme einen Gewinn macht. Sie können ihre Aktien zu einem Preis in mindestens der Höhe ihres individuellen Wertes in der Ausgangssituation verkaufen.2 Sofern die Gruppe A besetzt ist, also sofern gilt opt (E 41) PoR ≥ C0 + α , A – zu diesem Zeitpunkt ehemalige – Aktionäre mit umfasst sie a oR A (E 42) a oR = opt PoR − C0 . α Wenn die Gruppe nicht besetzt ist, also bei opt (E 43) PoR < C0 + α , gilt (E 44) a AoR = 0 . 1 Vgl. Abschnitt D 3.3.3. 2 Ein Aktionär, der den gezahlten Preis als äquivalent zu seinem Aktienwert in der Ausgangssituation einschätzt, wird also definitorisch der Gruppe A zugeordnet. Kapitel E 194 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Der Gewinn eines jeden Einzelnen beträgt A opt (E 45) ∆VoR,j = PoR − Wj0 > 0 . Der Gewinn der gesamten Gruppe ist in der Zeichnung als schraffiertes Dreieck mit der Bezeichnung u abgebildet. Rechnerisch ergibt er sich als 1 A A opt (E 46) ∆VoR = ⋅ a oR ⋅ (PoR − C0 ) . 2 • Weiterhin gibt es in jedem Fall eine Gruppe B, deren Angehörige ihre Aktien ebenfalls verkauft haben, die jedoch nur einen Preis unterhalb des individuellen Wertes der Aktie in der Ausgangssituation erhalten und dadurch einen Verlust erlitten haben. Ihre Anzahl beträgt B A (E 47) a oR = a opt oR − a oR . Die Vermögensänderung jedes Einzelnen beläuft sich auf B opt (E 48) ∆VoR,j = PoR − Wj0 < 0 . Der Verlust der Gruppe wird in der Abbildung durch das schraffierte Dreieck mit der Bezeichnung v verdeutlicht. Die Vermögensänderung beträgt 1 B B opt opt (E 49) ∆VoR = ⋅ a oR ⋅ ( PoR − W 0 (a oR )) . 2 • Werden nicht alle Aktien der Zielgesellschaft gekauft, so gibt es zudem eine Gruppe C, deren Angehörige nunmehr in die Position von Minderheitsaktionären geraten sind. Ihre Anzahl beträgt (E 50) a CoR = A − a opt oR . Jeder Angehörige der Gruppe erleidet einen Verlust von C (E 51) ∆VoR,j = Wj+ − Wj0 < 0 , der sich als Minderung des individuellen Wertes seiner Aktie darstellt. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 195 Der Verlust der gesamten Gruppe kann in der Abbildung als die schraffierte Fläche w zwischen den Bewertungsfunktionen abgelesen werden und beträgt C (E 52) ∆VoR = a CoR ⋅ opt opt PoR − W 0 (a oR ) + W IV (A) − W 0 (A) . 2 Beispiel E 5 Die Zielgesellschaft habe insgesamt A = 10.000 Aktien ausgegeben, der Börsenkurs in der Ausgangssituation sei C 0 = 200 und α = 0,0025. Das bedeutet, dass alle Aktionäre ihre Aktien mit Werten zwischen 200 und 225 GE bewerten. Der Übernehmer benötige mindestens 30 % der Aktien, also a * = 3.000, um die Kontrolle zu erlangen. Der Übernehmer rechnet mit einem SYN inneren Ext Ü Wert WÜIn = 220 und mit externen Effekten im Umfang von + A ⋅ TRANS = 80.000 GE. Ü Es liege der Ausbeutungsfall vor, d.h. alle Aktionäre rechnen mit Ausbeutung und bewerten deshalb den Wert einer Aktie nach erfolgreicher Übernahme niedriger als bei Unabhängigkeit. Der Börsenkurs in t = II kann auf Grund von Spekulation auf eine Übernahmeprämie dennoch steigen, was jedoch keinen weiteren Einfluss auf den Übernahmeprozess mehr hat. Die Angebotsfunktion ergebe sich als W IV (a) = W + (a) = 196 + 0,002 ⋅ a . Damit ist das Ergebnis des Übernahmeprozesses determiniert: Wegen WÜIn − C IV 220 − 200 W In − C IV 220 − 200 = ≤ β = 0,002 ≤ Ü * = 2⋅A 2 ⋅10.000 2 ⋅a 2 ⋅ 3.000 liegt der Fall S2 vor. Der Bieter wird daher a opt oR = WÜIn − C IV 220 − 196 = = 6.000 Aktien zum Preis von 2⋅β 2 ⋅ 0, 002 opt PoR = WÜIn + C IV 220 + 196 = = 208 GE erwerben. 2 2 Sein Gewinn beträgt ÜG(6.000) = 6.000 ⋅ (220 − 208) + 80.000 = 152.000 GE. Die Größen der drei Aktionärsgruppen ergeben sich als A a oR = opt PoR − C 0 208 − 200 = = 3.200 α 0, 0025 B opt a oR = a oR − a AoR = 6.000 − 3.200 = 2.800 opt a CoR = A − a oR = 10.000 − 6.000 = 4.000 Kapitel E 196 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Damit ergeben sich die Vermögensänderungen der jeweiligen Aktionärsgruppen als A ∆VoR = 1 A 1 opt ⋅ a oR ⋅ (PoR − C0 ) = ⋅ 3.200 ⋅ (208 − 200) = +12.800 GE, 2 2 B ∆VoR = 1 B 1 opt opt ⋅ a oR ⋅ ( PoR − W 0 (a oR ) ) = ⋅ 2.800 ⋅ (208 − 215) = −9.800 GE und 2 2 opt opt − W 0 (a oR PoR ) + W IV (A) − W 0 (A) 2 (208 − 215) + (216 − 225) = 4.000 ⋅ = −32.000GE. 2 C ∆VoR = a CoR ⋅ Es gibt in dem Beispiel also eine Gruppe von 3.200 Anlegern, die einen Gewinn durch den Verkauf an den Übernehmer macht, sowie 6.800 Anleger, die einen Verlust erleiden. Davon verkaufen 2.800 Aktionäre ihre Aktie an den Übernehmer und 4.000 Aktionäre geraten in die Position von Minderheitsaktionären. Es konnte somit gezeigt werden, dass den Aktionären der Zielgesellschaft durch die Übernahme im Ausbeutungsfall Minderungen ihres Vermögens drohen. Es gibt stets eine Gruppe, die ihre Aktien mit Verlust verkauft. Ggf. verbleibende Minderheitsaktionäre erleiden ebenfalls stets einen Verlust. Die Verluste sowohl der einen wie auch der anderen Gruppe resultieren aus der drohenden Ausbeutung der Zielgesellschaft. Hieraus ergibt sich das Schutzbedürfnis für diese Aktionäre. Es ist allerdings keineswegs so, dass alle Aktionäre negativ betroffen sind. Es konnten Bedingungen dafür gezeigt werden, dass es eine Gruppe von Aktionären gibt, die selbst im betrachteten Ausbeutungsfall noch Gewinne durch die Übernahme erzielt. Diese Gewinne können im Einzelfall sogar die Verluste der beiden anderen Gruppen übersteigen. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 197 3.1.2.2.2 Synergiefall Für den Fall, dass aus Sicht der Beteiligten die internen Synergieeffekte etwaige Ausbeutungen überwiegen, ergibt sich folgendes Bild: W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ W IV = W + W0 = W− W In P opt C+ C0 a* a opt oR D Abb. E 7 A a E Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz ohne Regulierung Im Synergiefall gibt es unter den Aktionären keine Gruppe, die einen Verlust erleidet. Es können jedoch zwei Gruppen von Gewinnern unterschieden werden: • Gruppe D umfasst diejenigen Aktionäre, die ihre Aktien an den Übernehmer verkaufen. Ihre Anzahl beträgt (E 53) D opt a oR = a oR . Der Gewinn eines jeden Einzelnen beträgt (E 54) D opt ∆VoR,j = PoR − Wj0 . Der Gesamtgewinn der Gruppe D beträgt (E 55) opt opt C0 + W 0 (a oR ) D ∆VoR = a opt oR ⋅ PoR − . 2 Kapitel E 198 • Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Gruppe E ist die Gruppe der verbliebenen Minderheitsaktionäre. Die Gruppe umfasst (E 56) E opt a oR = A − a oR Mitglieder. Ihr Gewinn liegt in der Wertsteigerung ihrer Aktien: (E 57) E ∆VoR,j = Wj+ − Wj0 . Der Gesamtgewinn der Gruppe beläuft sich demnach auf (E 58) E ∆VoR = (A − aopt oR ) ⋅ opt opt PoR − W 0 (a oR ) + W IV (A) − W 0 (A) . 2 Im Synergiefall ergibt sich also keine Vermögensminderung für die Aktionäre der Zielgesellschaft. Weder die verkaufenden Aktionäre noch die verbleibenden Minderheitsaktionäre erleiden eine Verlust, sondern können im Gegenteil aus der Übernahme einen Gewinn erzielen. Es wird jedoch zu untersuchen sein, wie sich dieser Gewinn durch die Regulierung von Übernahmeangeboten verändert. 3.1.2.3 Paket 3.1.2.3.1 Ausbeutungsfall Die für den Fall bei Streubesitz hergeleiteten Ergebnisse gelten grundsätzlich auch für den Fall mit Paketerwerb. Die folgende Abbildung verdeutlicht die Einteilung der drei möglichen Gruppen für den Fall eines nichtbeherrschenden Pakets analog zur obigen Darstellung. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 199 W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ W0 = W− W IV = W + In Ü W opt PoR C0 C+ a P (a A + a P ) a * Gruppe Abb. E 8 A a opt oR B A a C Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Paketkauf ohne Regulierung Es ergeben sich wie im Streubesitzfall drei Gruppen von unterschiedlich betroffenen Aktionären. Zur Interpretation kann daher auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.1 Analog zu den Überlegungen bei Streubesitz ergeben sich die Größen der Gruppen als: opt PoR − C0 opt für PoR ≥ C 0 + α und α (E 59) A a oR = (E 60) opt a AoR = 0 für PoR < C 0 + α sowie (E 61) B P A a oR = a opt oR − a − a oR und (E 62) a CoR = A − a opt oR . Die Vermögensänderungen der jeweiligen Aktionäre betragen (E 63) A opt ∆VoR,j = PoR − Wj0 > 0 , 1 Vgl. Abschnitt E 3.1.2.2.1. Kapitel E 200 (E 64) B opt ∆VoR,j = PoR − Wj0 < 0 und (E 65) C ∆VoR,j = Wj+ − Wj0 < 0 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung und die der gesamten Gruppen (E 66) 1 A A opt ∆VoR = ⋅ a oR ⋅ (PoR − C0 ) , 2 (E 67) 1 B B opt opt ∆VoR = ⋅ a oR ⋅ ( PoR − W 0 (a oR − a P ) ) und 2 (E 68) C ∆VoR = a CoR ⋅ opt opt PoR − W 0 (a oR − a P ) + W IV (A − a P ) − W 0 (A − a P ) . 2 Beispiel E 6 Es seien folgende Ausgangsdaten gegeben: A = 8.000 Aktien, a * = 3.200 Aktien, WÜIn = 440 IV GE, A ⋅ TRANSÜ + SYN Ext = 400 GE, β = 0,01 . Ü = 40.000 GE, C Für eine erfolgreiche Übernahme muss das beherrschende Paket von a P = 3.200 Aktien zum Preis von P P = 445 pro Aktie erworben werden. Die Steigung der Bewertungsfunktion in t = 0 betrage α = 0,0125, der Abszissenabschnitt C 0 = 410 GE . 1 Strategie des Bieters Wegen a P ≥ a * und WÜIn − C IV ≤ β < W In − C IV liegt Fall P6 gemäß Tabelle E 3 vor. Damit 2 ⋅ (A − a P ) gilt für die optimale Preis-Mengen-Kombination a opt oR = WÜIn − C IV 440 − 400 + aP = + 3.200 = 5.200 2 ⋅β 2 ⋅ 0,01 opt PoR = C IV + WÜIn 400 + 440 = = 420 GE. 2 2 Damit ergibt sich ein Übernahmegewinn von ÜG(5.200) = 5.200 ⋅ 440 + 40.000 − 3.200 ⋅ 445 − 2.000 ⋅ 420 = 64.000 GE. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 2 201 Wirkung der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft Es ergeben sich gem. der Formeln (E 59), (E 61) und (E 62) folgende Gruppengrößen A a oR = opt − C 0 420 − 410 PoR = = 800 α 0,0125 B opt A a oR = a oR − a P − a oR = 5.200 − 3.200 − 800 = 1.200 und opt a CoR = A − a oR = 8.000 − 5.200 = 2.800 . Die Vermögensänderungen der Gruppen betragen A ∆VoR = 1 A 1 opt ⋅ a oR ⋅ (PoR − C0 ) = ⋅ 800 ⋅ (420 − 410) = +4.000 GE, 2 2 B ∆VoR = 1 B 1 opt opt ⋅ a oR ⋅ ( PoR − W 0 (a oR − a P ) ) = ⋅ 1.200 ⋅ (420 − 435) = −9.000 und 2 2 opt opt PoR − W 0 (a oR − a P ) + W IV (A − a P ) − W 0 (A − a P ) 2 . 420 − 435 + 448 − 470 = 2.800 ⋅ = −51.800GE 2 C ∆VoR = a CoR ⋅ Der Saldo der Vermögensänderungen aller Aktionäre beträgt damit –56.800 GE. 3.1.2.3.2 Synergiefall Auch im Synergiefall ergeben sich ohne Regulierung grundsätzlich die gleichen Wirkungen für die Aktionäre der Zielgesellschaft wie im Streubesitzfall, wie die nachfolgende Abbildung – diesmal für den Fall eines beherrschenden Pakets – verdeutlicht. Auch hier gibt es zwei Gruppen von Gewinnern, wovon eine Gruppe mit Gewinn verkauft und eine Gruppe als verbleibende Minderheitsaktionärsgruppe an der Wertsteigerung durch Synergieeffekte teilhat. Kapitel E 202 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ WÜIn C+ W IV = W + W0 = W− opt oR P C0 a* aP a opt oR D Abb. E 9 A a E Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Paketkauf ohne Regulierung Die Gruppengrößen betragen (E 69) D opt a oR = a oR − a P und (E 70) E opt a oR = A − a oR . Die Gewinne der einzelnen Gruppenangehörigen betragen (E 71) D opt ∆VoR = PoR − Wj0 und (E 72) E ∆VoR = W j+ − Wj0 . Die jeweiligen Gewinne der beiden Gruppen ergeben sich als (E 73) opt C0 + W 0 (a opt − a P ) D P ∆VoR = (a opt oR − a ) ⋅ PoR − 2 (E 74) E ∆VoR = (A − aopt oR ) ⋅ und opt opt PoR − W 0 (a oR − a P ) + W IV (A − a P ) − W 0 (A − a P ) . 2 3 Analyse des Übernahmeprozesses 203 Beispiel E 7 Es sollen die gleichen Ausgangsdaten wie in Beispiel E 6 zugrunde gelegt werden ( A = 8.000 IV Aktien, a * = 3.200 Aktien, WÜIn = 440 GE, A ⋅ TRANSÜ + SYN Ext = 400 Ü = 40.000 GE, C GE, β = 0,01, a P = 3.200 Aktien, P P = 445 GE. Für die optimale Preis-Mengen-Kombination opt des Bieters gilt dann unverändert a opt oR = 5.200 und PoR = 420 . Die Steigung der Bewertungsfunktion in t = 0 betrage wiederum α = 0,0125, der Abszissenabschnitt sei aber C 0 = 380, sodass der Synergiefall vorliegt. Es ergeben sich die Gruppengrößen D opt a oR = a oR − a P = 2000 und E opt a oR = A − a oR = 8.000 − 5.200 = 2.800 . Der Gewinn der beiden Gruppen beträgt opt opt C0 + W 0 (a oR − aP ) 380 + 405 D P ∆VoR = (a opt = 2000 ⋅ 420 − oR − a ) ⋅ PoR − = +55.000GE 2 2 und opt opt PoR − W 0 (a oR − a P ) + W IV (A − a P ) − W 0 (A − a P ) 2 420 − 405 + 448 − 440 = 2.800 ⋅ = +32.200GE. 2 E ∆VoR = (A − aopt oR ) ⋅ Der Summe der Gewinne der beiden Gruppen beträgt demnach 87.200 GE. 3.2 Situation mit Regulierung 3.2.1 Strategie des Bieters 3.2.1.1 Streubesitz In der Situation ohne Regulierung gibt der Bieter, wie in Abschnitt 3.1.1 hergeleitet, bei gewinnmaximierender Ausgestaltung des Angebots ein Vollangebot ab und legt hierfür die optimale Preis-Mengen-Kombination fest. Abweichungen von der für diesen Fall optimalen Strategie sind also nur dann notwendig, wenn eine der beiden Preisregeln greift. Die Gleichpreisregel ist in der Situation mit Streubesitz irrelevant, da annahmegemäß ein sonstiger Erwerb vor oder neben dem öffentlichen Angebot nur bei Vorliegen eines Aktienpakets erfolgt. Es muss allerdings nach der Börsenpreisregel mindestens der durchschnittliche Börsenkurs geboten werden. Wenn also der durchschnittliche Börsenpreis größer als der Optimalpreis ohne Regulierung ist, also wenn (E 75) opt C ∅ > PoR gilt, muss von der optimalen Strategie ohne Regulierung abgewichen werden. Kapitel E 204 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung opt Setzt man für PoR die optimalen Preise gemäß Tabelle E 1 ein, kann die Bedingung (E 75) für die verschiedenen Fälle bei Streubesitz wie folgt konkretisiert werden: Fall S1: (E 76) C∅ > CIV + β ⋅ A Fall S2: (E 77) C∅ > Fall S3: (E 78) C∅ > CIV + β ⋅ a * . CIV + WÜIn 2 Falls die jeweilige Bedingung für ein Abweichen von der für den unregulierten Fall optimalen Strategie erfüllt ist, ergeben sich für den Übernehmer zwei grundsätzliche Handlungsmöglichkeiten: • • Abgabe eines Angebots zum Preis von C∅ 1: Diese Möglichkeit wird der Übernehmer nur dann ergreifen, wenn die Übernahme trotz des höheren Preises noch vorteilhaft ist. Je nachdem, ob ein Teilangebot zulässig oder ein Vollangebot vorgeschrieben ist, können zwei Fälle unterschieden werden: – Wenn ein Teilangebot zulässig ist, kann der Bieter die bei diesem Preis gewinnoptimale Menge nachfragen. – Andernfalls muss sich das Angebot auf alle Aktien erstrecken. Verzicht auf die Übernahme: Kann in der Situation mit Regulierung kein Übernahmegewinn erzielt werden, so kauft er keine Aktien und verzichtet damit auf die Übernahme. Die Regulierung verbietet ein Teilangebot. Um einen besseren Einblick in die Wirkungen der Regulierung auf die Strategie des Bieters zu gewinnen, wird die Entscheidungssituation dennoch zunächst bei unterstellter Zulässigkeit eines Teilangebots untersucht. Erst danach wird die zusätzliche Beschränkung auf ein zwingendes Vollangebot in die Betrachtung einbezogen. 1 Das Bieten eines Preises noch oberhalb von C ∅ ist stets suboptimal. Das Gewinnoptimum liegt opt bei PoR . 3 Analyse des Übernahmeprozesses (1) 205 Teilangebot zulässig Der erzielbare Übernahmegewinn beträgt bei Eingreifen der Börsenpreisregel, opt , also bei C ∅ > PoR (E 79) ÜG(a) = a ⋅ (WÜIn − C∅ ) + SYN ÜEXT + A ⋅ TRANS . Da annahmegemäß die Summe der externen Effekte positiv ist, ist der Gewinn für den Fall (E 80) WÜIn ≥ C∅ in jedem Fall ebenfalls positiv. Es gilt (E 81) ∂ÜG(a) = WÜIn − C∅ > 0 , ∂a d.h., der Übernahmegewinn kann durch Ausdehnung der gekauften Aktien immer weiter gesteigert werden, und zwar pro Aktie um die Differenz zwischen Durchschnittskurs und innerem Wert. Insofern wird der Übernehmer in diesem Fall alle zum Preis von C∅ verfügbaren Aktien kaufen. Die Menge der bei Eingreifen der Börsenpreisregel zum Durchschnittbörsenkurs C∅ zu kaufenden Aktien a BP ergibt sich als C∅ − CIV für C∅ ≤ CIV + β ⋅ A und β (E 82) a BP = (E 83) a BP = A für C∅ > CIV + β ⋅ A . Gleichung (E 82) ergibt sich durch Gleichsetzen des Preises C∅ mit der Angebotsfunktion. Liegt dieser Preis jedoch höher als die höchste Werteinschätzung im Aktionärskreis, so wäre die nach dieser Formel berechnete Anzahl größer als die Anzahl ausgegebener Aktien A. Daher ist die Fallunterscheidung notwendig. Grafisch lassen sich die Wirkungen wie folgt verdeutlichen: Kapitel E 206 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung W IV (a) W Ü (a) w WÜIn C∅ opt PoR W IV u CIV v a* a opt oR a BP A a Abb. E 10 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Streubesitz I Die Fläche u stellt den Mehrpreis für die ohne Regulierung optimale Menge a opt oR dar (Preiseffekt). Um diesen Preiseffekt wird der Übernahmegewinn gegenüber der Situation ohne Regulierung gemindert. Der Preiseffekt wirkt stets negativ bezogen auf den Übernahmegewinn. Die Fläche v bildet den Preis für die Veränderung der gekauften Menge im Vergleich zur unregulierten Situation ab (Mengeneffekt I), im dargestellten Fall eine Mengenerhöhung. Bei einer Mengenerhöhung ergibt sich ein negativer Mengeneffekt I (bezogen auf den Übernahmegewinn), bei einer Verringerung der Menge ein positiver Effekt. Allerdings erhöht sich auch der Wert der Beteiligung um den Wert der zusätzlich gekauften Aktien (Mengeneffekt II). Er ergibt sich als ihr innerer Wert, in der Abbildung als Summe der Flächen v und w dargestellt. Die Fläche w verkörpert daher den zusätzlichen Gewinn, der sich aus dem Kauf dieser Aktien ergibt, und soll als NettoMengeneffekt bezeichnet werden. Er resultiert aus der positiven Differenz zwischen innerem Wert und zu zahlendem Einheitspreis. Wie man aus der Abbildung sofort ablesen kann, ist es für den betrachteten Fall mit WÜIn ≥ C∅ stets vorteilhaft, alle zum Preis von C∅ Aktien erhältlichen Aktien zu kaufen. Die gesamte Veränderung des Übernahmegewinns im Vergleich zur unregulierten Situation ergibt sich als Saldo des hier positiven Netto-Mengeneffekts (Fläche w) und dem (stets) negativen Preiseffekt (Fläche u). Der Übernahmegewinn ist, wenn die Regulieopt rung eingreift, also bei C ∅ > PoR , stets niedriger als in der unregulierten Situation, der Saldo ist also dann immer negativ. Ist der innere Wert niedriger als der Durchschnittspreis, also bei (E 84) WÜIn < C∅ , 3 Analyse des Übernahmeprozesses 207 verringert sich der Übernahmegewinn mit jeder weiteren Ausdehnung der Beteiligung. Der Übernehmer wird in diesem Fall maximal a = a * Aktien kaufen, und zwar genau dann, wenn bei dieser Anzahl noch ein Gewinn entsteht, also wenn gilt (E 85) SYN EXT + A ⋅ TRANS > a * ⋅ (C∅ − WÜIn ) bzw. Ü (E 86) C∅ < WÜ (a * ) . Andernfalls wird er auf die Übernahme verzichten. Dieser Zusammenhang ist in der folgenden Abbildung abzulesen: W IV (a) W Ü (a) y C∅ WÜIn W IV WÜ v u w opt PoR CIV x a* a opt oR A a Abb. E 11 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Streubesitz II Der Preiseffekt, also der Mehrpreis, der sich für die ohne Regulierung optimale Menge ergäbe, wird durch die markierten Flächen u, v und w oberhalb des Inter valls 0,a opt oR verdeutlicht. Dieser negative Effekt auf den Übernahmegewinn würde im dargestellten Beispiel bei unveränderter Menge dazu führen, dass sich ein Verlust durch den Kauf einstellen würde. Durch Reduzierung der Menge von * a opt oR auf a kann jedoch bei Zulässigkeit des Teilangebots der Übernahmegewinn gegenüber dieser Situation gesteigert werden. Es ergibt sich durch die geringere Anzahl von Aktien ein positiver Mengeneffekt I (Flächen v, w und x). Der die Wertminderung der Beteiligung abbildende negative Mengeneffekt II ist betragsmäßig niedriger (Flächen w und x), sodass sich ein positiver Netto-Mengeneffekt ergibt, ablesbar als Fläche v. Es ergibt sich noch ein verbleibender Gewinn in Höhe des dunkelgrauen Vierecks y, da der durchschnittliche Börsenkurs niedriger ist Kapitel E 208 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung als der durchschnittliche Wert von a * Aktien. Der Betrag der gesamten Gewinnminderung durch die Regulierung ergibt sich als Summe der Flächen u und w.1 Die verschiedenen optimalen Handlungsweisen für den Fall mit Regulierung bei Zulässigkeit von Teilangeboten werden in der folgenden Tabelle E 4 zusammengefasst. Vorab hierzu noch einige Erläuterungen: In den Fällen S2 und S3 muss dann, wenn alle zum Preis C∅ verfügbaren Aktien gekauft werden sollen, unterschieden werden, ob die zugehörige Anzahl Aktien a BP nach Gleichung (E 82) oder (E 83) zu berechnen ist. Im Fall S1 erübrigt sich diese Unterscheidung, da in diesem Fall schon ohne Regulierung alle Aktien gekauft werden. Weiterhin ist zu beachten, dass die Erfüllung der Bedingung C∅ ≥ W Ü (a * ) eine Unterscheidung danach, ob C∅ größer oder kleiner als WÜIn ist, obsolet macht, da die Funktion W Ü (a) an allen Stellen oberhalb von WÜIn verläuft. Liegen die Bedingungen von Fall S4 vor, so ist die schon ohne Regulierung nicht vorteilhafte Übernahme nach dem oben hergeleiteten Ergebnis, dass sich der Übernahmegewinn bei Eingreifen der Regulierung stets nur verringern kann, auch mit Regulierung unvorteilhaft. Damit ergeben sich insgesamt 15 Fallunterscheidungen für die optimale Strategie des Bieters in diesen Fällen. 1 Zur Verdeutlichung: Preiseffekt –u Mengeneffekt I Mengeneffekt II Gesamteffekt –u –v –w +v +w +x –w –x –w 3 Analyse des Übernahmeprozesses Fall 209 weitere Bedingungen zu kaufende Menge zu zahlender Preis C∅ ≤ CIV + β ⋅ A A CIV + β ⋅ A A C∅ a* C∅ kein Kauf kein Kauf WÜIn − CIV 2 ⋅β CIV + WÜIn 2 C∅ − CIV β C∅ A C∅ a* C∅ kein Kauf kein Kauf C∅ ≤ CIV + β ⋅ a * a* CIV + β ⋅ a * CIV + β ⋅ A > C∅ > CIV + β ⋅ a * C∅ ≤ WÜIn C∅ − CIV β C∅ A C∅ a* C∅ C∅ ≥ WÜ (a * ) kein Kauf kein Kauf – kein Kauf kein Kauf C∅ > CIV + β ⋅ A C∅ ≤ WÜIn S1 C∅ > CIV + β ⋅ A W In < C ∅ < WÜ (a * ) C∅ > CIV + β ⋅ A C∅ ≥ W Ü (a * ) C∅ ≤ WÜIn + CIV 2 CIV + β ⋅ A > C∅ > WÜIn + CIV 2 C∅ ≤ WÜIn S2 W In ≥ C ∅ ≥ CIV + β ⋅ A C∅ > WÜIn + C IV 2 ∅ W < C < WÜ (a ) In Ü C∅ > * WÜIn + C IV 2 C∅ ≥ WÜ (a * ) C∅ ≤ WÜIn S3 C∅ ≥ CIV + β ⋅ A C∅ > CIV + β ⋅ a * WÜIn < C ∅ < WÜ (a * ) C∅ > CIV + β ⋅ a * S4 Tab. E 4 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Streubesitz mit Regulierung bei Zulässigkeit eines Teilangebots Kapitel E 210 (2) Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Teilangebot unzulässig Sofern die Börsenpreisregel greift, hat der Übernehmer bei Unzulässigkeit eines Teilangebots nur die Wahl zwischen Kauf aller zum durchschnittlichen Börsenkurs angebotenen Aktien oder Verzicht auf die Übernahme. Die Übernahme ist in diesem Fall dann vorteilhaft, wenn gilt (E 87) ÜG(a BP ) = a BP ⋅ (WÜIn − C∅ ) + SYN EXT + A ⋅ TRANS > 0 . Ü Es sei zunächst der Fall betrachtet, in dem C∅ ≤ CIV + β ⋅ A gilt. Setzt man (E 82) in (E 87) ein, so ergibt sich nach einigen elementaren Umformungen die folgende Grenze für den durchschnittlichen Börsenkurs, bei der bei Eingreifen der Preisregel ein Vollangebot nicht mehr vorteilhaft ist: (E 88) C∅ < WÜIn + CIV (WÜIn − CIV )2 + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ ) Ü 2 4 für C∅ ≤ CIV + β ⋅ A .1 Man erkennt, dass der kritische durchschnittliche Börsenkurs, wenn es keine externen Effekte gäbe, genau beim inneren Wert der Aktien im Übernahmefall läge. Bei den in diesem Modell annahmegemäß positiven externen Effekten liegt der kritische Wert daher stets oberhalb des inneren Werts der Aktien, was unmittelbar einleuchtet. Die Ungleichung zeigt weiterhin, dass je höher die externen Effekte sind, umso mehr auch der durchschnittliche Börsenkurs den inneren Wert überschreiten kann, ohne dass die Übernahme nachteilig wird. Dieses Ergebnis ist ebenfalls unmittelbar plausibel. Der erste Term auf der rechten Seite von Ungleichung (E 88) ist identisch mit dem optimalen Preis im Fall S2. Daher kann der zweite Term für diesen Fall als maximaler Zuschlag auf den Optimalpreis interpretiert werden. Im Fall S3 würde der Term WÜIn + C IV 2 ebenfalls den optimalen Preis darstellen, wenn nicht der Defi- nitionsbereich der Übernahmegewinnfunktion beschränkt wäre. Da die zu diesem Preis angebotene Aktienmenge unterhalb von a* liegt, muss ein Teil des maxi- 1 Die zweite rechnerische Lösung C∅ > WÜIn + C IV (WÜIn − C IV ) 2 − + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ ) Ü 2 4 führt zu keiner weiteren Einschränkung, da der rechte Ausdruck unter den getroffenen Annahmen nicht größer als null sein kann. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 211 malen Zuschlags bereits aufgewendet werden, um die Kontrollschwelle zu überschreiten.1 Das Vorliegen der Bedingung (E 88) ist gleichbedeutend damit, dass bei einem zwingenden Vollangebot die kritische Anzahl zu erwerbender Aktien überschritten wird. Dies erkennt man auch, wenn man die rechte Seite von (E 88) in (E 82) einsetzt. Es ergibt sich 2 (E 89) a BP = W In − CIV SYN ÜEXT + A ⋅ TRANSÜ WÜIn − C IV + Ü + 2 ⋅β β 2 ⋅β Dies entspricht genau der kritischen Menge gemäß Gleichung (E 7). Eine Situation, in der trotz Vollangebotspflicht eine Übernahme noch lohnend ist, ist in Abb. E 12 dargestellt: W IV (a) W Ü (a) x C∅ WÜIn Popt W IV WÜ v u w CIIT a * a opt oR a BP A a Abb. E 12 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Streubesitz III Statt den Preiseffekt durch Reduzierung der Menge teilweise kompensieren zu können, muss der Bieter stattdessen die zu kaufende Menge sogar ausdehnen. Neben dem Preiseffekt (Fläche u) verteuert sich die Übernahme zusätzlich durch den Mengeneffekt I (Flächen v und w), der dem Bieter durch die Pflicht zum Vollangebot aufgezwungen wird. Der Wertzuwachs durch die zusätzlichen Aktien wird durch Fläche w (= Mengeneffekt II) abgebildet, sodass sich ein negativer Netto- 1 Im Fall S1 gilt stets a BP = A , sodass dieser Fall nicht von Ungleichung (E 88) erfasst wäre, sondern von der nachfolgenden Ungleichung (E 90). Kapitel E 212 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Mengeneffekt in der Größe der Fläche v ergibt. Da der durchschnittliche Börsenkurs jedoch noch unter der durch Ungleichung (E 88) bestimmten Grenze bleibt, verbleibt noch ein positiver Gewinn, dargestellt als dunkelgraue Fläche x, sodass die Übernahme noch vorteilhaft ist. Für den Fall C∅ > CIV + β ⋅ A ist die Übernahme noch vorteilhaft, wenn der durchschnittliche Börsenkurs unterhalb des durchschnittlichen Wertes von A Aktien liegt, also bei (E 90) C∅ < WÜ (A) . Ist die Bedingung nicht erfüllt, wird der Bieter auf die Übernahme verzichten. Ein solcher Fall ergibt sich für die soeben in Abb. E 11 dargestellte Situation, wenn kein Teilangebot zulässig ist, wie die folgende Abb. E 13 zeigt: W IV (a) W Ü (a) C∅ WÜIn W IV WÜ v u opt PoR w C+ a* a opt oR A a Abb. E 13 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Streubesitz IV Wie schon in Abb. E 11 führt der Preiseffekt (Fläche u) im gewählten Beispiel allein zur Unvorteilhaftigkeit der Übernahme. Bei der dort unterstellten Zulässigkeit eines Teilangebots konnte dieser negative Effekt jedoch durch die Verringerung der Menge auf a * so weit kompensiert werden, dass eine Übernahme noch vorteilhaft war. Ist jedoch ein Vollangebot zwingend vorgeschrieben, wird der Übernehmer gezwungen, die Menge sogar noch auszudehnen, im dargestellten Beispiel sogar auf alle ausgegebenen Aktien. Es wird dem Übernehmer insofern noch ein den Übernahmegewinn mindernder Netto-Mengeneffekt (Fläche v) aufgezwungen, der im dargestellten Beispiel dazu führt, dass die bei Zulässigkeit eines Teilangebots noch vorteilhafte Übernahme bei zwingendem Vollangebot unvorteilhaft ist. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 213 Die optimalen Handlungsmöglichkeiten in den verschiedenen Fällen werden in der nachstehenden Tabelle E 5 zusammengefasst. Es ergeben sich 14 Fälle für die Strategie des Bieters. Fall Unterfall 1 zu kaufende zu zahlender Menge Preis A CIV + β ⋅ A Bedingungen C∅ ≤ CIV + β ⋅ A C∅ > CIV + β ⋅ A 2 A C∅ kein Kauf kein Kauf WÜIn − CIV 2 ⋅β CIV + WÜIn 2 C∅ − CIV β C∅ kein Kauf kein Kauf A C∅ kein Kauf kein Kauf a* CIV + β ⋅ a * C∅ − CIV β C∅ kein Kauf kein Kauf A C∅ C∅ ≥ WÜ (A) kein Kauf kein Kauf – kein Kauf kein Kauf C∅ < WÜ (A) S1 C∅ > CIV + β ⋅ A 3 C∅ ≥ WÜ (A) C∅ ≤ 1 WÜIn + CIV 2 CIV + β ⋅ A > C∅ > 2 WÜIn + CIV 2 W In + CIV (WÜIn − CIV )2 C < Ü + +β⋅ (SYNEXT + A ⋅ TRANSÜ ) Ü 2 4 ∅ CIV + β ⋅ A > C∅ > S2 3 C∅ ≥ 4 WÜIn + CIV 2 WÜIn + CIV (WÜIn − CIV )2 + +β⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ ) Ü 2 4 C∅ ≥ CIV + β ⋅ A C∅ < WÜ (A) C∅ ≥ CIV + β ⋅ A 5 C∅ ≥ WÜ (A) C∅ ≤ CIV + β ⋅ a * 1 ∅ C +β⋅A > C > C +β⋅a IV 2 IV * W +C (WÜIn − CIV )2 C∅ < + +β⋅ (SYNEXT + A ⋅ TRANSÜ ) Ü 2 4 In Ü IV CIV + β ⋅ A > C∅ > CIV + β ⋅ a * S3 3 C∅ ≥ 4 5 S4 Tab. E 5 WÜIn + CIV (WÜIn − CIV )2 + +β⋅ (SYNEXT + A ⋅ TRANSÜ ) Ü 2 4 C∅ ≥ CIV + β ⋅ A C∅ < WÜ (A) C∅ ≥ CIV + β ⋅ A Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Streubesitz mit Regulierung bei Vollangebotspflicht Kapitel E 214 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Als wichtiges erstes Ergebnis lässt sich feststellen, dass durch die Einführung der Regulierung bei Streubesitz von den 13 Fällen, in denen eine Übernahme ohne Regulierung vorteilhaft ist, in drei Fällen die Optimalkombination unverändert bleibt, weil die Mindestpreisregel nicht greift, in einem Fall die gleiche Menge zu einem höheren Preis und in vier Fällen eine größere Menge zu einem höheren Preis gekauft wird. In fünf dieser 13 Fälle ist die ohne Regulierung vorteilhafte Übernahme mit Regulierung nicht mehr vorteilhaft, sodass der Übernehmer auf sie verzichtet.1 Die Wirkungen der Regulierung auf die Strategie des Bieters bei Streubesitz sollen abschließend anhand eines Beispiels verdeutlicht werden. Beispiel E 8 Es sei bei einer Übernahme C 0 = 200 GE, C∅ = 225 GE, C IV = 210 GE, WÜIn = 215 GE, β = 0,0005 , A = 8.000 Aktien, a * = 3.200 Aktien. Der Erwerber könne daneben externe Synergieeffekte in Höhe von SYN EXT = 36.000 erreichen. Ü Wegen 215 − 210 215 − 210 = 0,00031 < β = 0,0005 < = 0,00078 2 ⋅ 8.000 2 ⋅ 3.200 liegt der Fall S2 vor. Ohne Regulierung ergäbe sich die optimale Preis-Mengen-Kombination a opt oR = 215 − 210 215 + 210 opt = 5.000 Aktien, PoR = = 212,5 GE. 2 2 ⋅ 0, 0005 Der Gewinn betrüge ÜG = 5.000 ⋅ (215 − 212,5) + 36.000 = 48.500 GE. Der durchschnittliche Börsenkurs beträgt C∅ = 225 GE und liegt damit höher als der ohne Regulierung optimale Preis, d.h., bei Regulierung greift die Börsenpreisregel. Wäre ein Teilangebot zulässig, so wäre wegen WÜIn = 215 < C∅ = 225 < W Ü (a * ) = 36.000 + 215 = 226,25 3.200 aus Sicht des Bieters der Erwerb von a * = 3.200 Aktien gewinnoptimal. 1 Weiterhin bleibt das Ergebnis in Fall S4 (kein Kauf) natürlich unverändert, da eine schon ohne Regulierung unvorteilhafte Übernahme mit Regulierung nicht vorteilhaft werden kann und daher ebenso unterbleibt. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 215 Der Gewinn betrüge ÜG = 3.200 ⋅ (215 − 225) + 36.000 = 4.000 GE. Ist hingegen ein Vollangebot zwingend vorgeschrieben, so ist eine Übernahme nicht mehr vorteilhaft, denn es gilt C ∅ = 225 ≥ 210 + 0, 0005 ⋅ 8.000 = 214 , d.h., es müssten alle 8.000 Aktien erworben werden, sowie C∅ = 225 ≥ W Ü (8.000) = 36.000 + 215 = 219,5 GE, 8.000 d.h. der zu zahlende Mindestpreis liegt oberhalb des durchschnittlichen Wertes dieser Aktien. Würde der Übernehmer dennoch alle Aktien zum Preis von C∅ = 225 kaufen, so ergäbe sich ein Übernahmeverlust von ÜG = 8.000 ⋅ (215 − 225) + 36.000 = −44.000 GE. Der Übernehmer wird in dieser Situation demnach auf die Übernahme verzichten. 3.2.1.2 Paket Die für den Streubesitzfall hergeleiteten Ergebnisse können mit einigen Modifikationen auf den Paketfall übertragen werden. Es wird wie bei der Strategie des Bieters ohne Regulierung zunächst der Fall eines nichtbeherrschenden Pakets ( a P < a * ) und anschließend des Fall eines beherrschenden Pakets ( a P ≥ a * ) behandelt. (1) Nichtbeherrschendes Paket Im Paketfall greift die Gleichpreisregel immer dann, wenn der Paketpreis über dem ohne Regulierung optimalen Preis liegt, also bei (E 91) opt P P > PoR . Annahmegemäß liegt der Paketpreis in den hier untersuchten Fällen über dem durchschnittlichen Börsenkurs. Dahinter steht die Vorstellung, dass ein Paketinhaber nur bei Zahlung eines (bedeutsamen) Paketzuschlags zum Verkauf bereit ist. Dadurch stellt die Gleichpreisregel gegenüber der Börsenpreisregel die strengere Regel dar. Kapitel E 216 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Der Übernahmegewinn ergibt sich unter Beachtung der Vollangebotspflicht und der Gleichpreisregel als (E 92) ÜG(a GP ) = a GP ⋅ (WÜIn − P P ) + SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ , Ü wobei a GP die Anzahl der bei Eingreifen der Gleichpreisregel insgesamt zu dem Paketpreis pro Aktie zu kaufenden Aktien darstellt mit P P − C IV + a P für P P ≤ CIV + β ⋅ (A − a P ) und β (E 93) a GP = (E 94) a GP = A für P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) . Anhand der folgenden Abbildung E 14 können analog zur Darstellung bei Streubesitz die Effekte der Regulierung auf den Übernahmegewinn erklärt werden. W IV (a) W Ü (a) WÜ (a GP ) x W IV WÜ P opt PoR P WÜIn u v CIV w aP a * a opt oR a GP A a Abb. E 14 Wirkungen der Regulierung auf den Bieter bei Paketkauf Die Fläche u markiert den Preiseffekt, der sich durch die Verteuerung der ohne Regulierung optimalen Menge ergibt. Der Mengeneffekt I, der sich aus dem gezahlte Mehrpreis für die zusätzlichen Aktien ergibt, wird durch die Flächen v und w abgebildet. Der Wert der Beteiligung erhöht sich um den Mengeneffekt II (Fläche w), sodass sich ein Netto-Mengeneffekt in der Größe der Fläche v ergibt. Die gesamte Gewinnminderung für den Übernehmer ergibt sich also in der Größe der Flächen u und v, der verbleibende Übernahmegewinn wird durch die Fläche x abgebildet. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 217 Als Bedingung für die Vorteilhaftigkeit einer Übernahme bei Vollangebotspflicht unter Beachtung der Gleichpreisregel ergibt sich durch Einsetzen von (E 93) in (E 92) 2 WÜIn − (CIV − β ⋅ a P ) W In + C IV − β ⋅ a P (E 95) P < Ü + + β ⋅ (SYN ÜEXT + A ⋅ TRANS) 2 4 für P P ≤ CIV + β ⋅ (A − a P ) . P Falls P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) gilt, müssen alle Aktien erworben werden. Die Übernahme ist dann vorteilhaft, wenn der Preis PP unter dem durchschnittlichen Wert bei Kauf aller Aktien liegt, also bei (E 96) P P < WÜ (A) . Analog zum Streubesitzfall ergeben sich daher die folgenden optimalen Strategien für den Bieter bei Vorliegen eines nichtbeherrschenden Pakets: UnterFall fall 1 P1 2 3 P2 1 P P ≤ C IV + β ⋅ (A − a P ) A PP kein Kauf kein Kauf P P < WÜ (A) P P > C IV + β ⋅ (A − a P ) P P ≥ WÜ (A) PP ≤ CIV + β ⋅ (A − a P ) A P P > C IV + β ⋅ (A − a P ) WÜIn − C IV WÜIn + C IV 2⋅β 2 C IV + β ⋅ (A − a P ) > P P > 2 optimale Men- optimaler ge Preis opt a opt PmR mR weitere Bedingungen + aP CIV + WÜIn 2 WÜIn + C IV 2 W In + C IV − β ⋅ a P PP < Ü 2 P P − C IV β + aP PP 2 WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 4 C IV + β ⋅ (A − a P ) > P P > 3 WÜIn + C IV 2 W In + C IV − β ⋅ a P PP ≥ Ü 2 kein Kauf 2 WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 4 kein Kauf Kapitel E 218 UnterFall fall Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung optimale Men- optimaler ge Preis opt a opt PmR mR weitere Bedingungen P P > C IV + β ⋅ (A − a P ) 4 A PP kein Kauf kein Kauf P P < WÜ (A) P2 P P > C IV + β ⋅ (A − a P ) 5 P P ≥ WÜ (A) P P ≤ C IV + β ⋅ (a * − a P ) 1 C IV + β ⋅ (a* − a P ) a* C IV + β ⋅ (A − a P ) > P P > C IV + β ⋅ (a * − a P ) 2 PP < WÜIn + C IV − β ⋅ a P 2 P P − C IV 2 W − (C − β ⋅ a ) + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 4 In Ü IV P β + aP PP C + β ⋅ (A − a ) > P > C + β ⋅ (a − a ) IV P3 3 PP ≥ P P IV * P WÜIn + C IV − β ⋅ a P 2 kein Kauf kein Kauf A PP kein Kauf kein Kauf kein Kauf kein Kauf 2 WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 4 P P > C IV + β ⋅ (A − a P ) 4 P P < WÜ (A) P P > C IV + β ⋅ (A − a P ) 5 P P ≥ WÜ (A) P4 Tab. E 6 (2) Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Kauf eines nichtkontrollierenden Pakets mit Regulierung Beherrschendes Paket Bei einem beherrschenden Paket ( a P ≥ a * ) ergibt sich in den Fällen P5 und P6 das Gleiche wie für die Fälle P1 und P2. Für den Fall P7 gilt ohne Regulierung, dass nur das (beherrschende) Paket gekauft wird und kein Angebot abgegeben wird. Sofern auf das beherrschende Paket ein Stimmrechtsanteil von mehr als 30 % entfällt, wovon hier annahmegemäß ausgegangen wird, ist hingegen mit Regulierung ein Pflichtangebot abzugeben. Durch die Vollangebotspflicht in Verbindung mit der Gleichpreisregel ist ein Kauf nur des Pakets mit Regulierung demnach nur möglich, wenn zum Paketpreis kein Kleinaktionär verkaufen würde, also bei (E 97) P P < CIV + β ⋅1 , 3 Analyse des Übernahmeprozesses 219 Dieser Fall würde bedeuten, dass der Großaktionär einen Paketpreis pro Aktie verlangt, der unterhalb des niedrigsten Grenzpreises im Kreis der Kleinaktionäre liegt. Dies dürfte wohl allenfalls einen theoretischen Randfall darstellen und soll nur der Vollständigkeit halber mit aufgeführt werden. In allen anderen Unterfällen von P7 greift dagegen die Regulierung, sodass bei Kauf des Pakets zusätzlich Aktien im Rahmen eines Pflichtangebots gekauft werden müssen. Im Einzelnen ergeben sich folgende optimale Strategien: Fall P5 Unterfall weitere Bedingungen Menge zu zahlender Preis 1 P P ≤ CIV + β ⋅ (A − a P ) A CIV + β ⋅ (A − a P ) A PP P P ≥ WÜ (A) kein Kauf kein Kauf WÜIn + CIV 2 W In + C IV CIV + β ⋅ (A − a P ) > P P > Ü 2 WÜIn − CIV + aP 2 ⋅β CIV + WÜIn 2 P P − C IV + aP β PP kein Kauf kein Kauf 4 P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P < WÜ (A) A PP 5 P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P ≥ WÜ (A) kein Kauf kein Kauf aP kein Kauf im Rahmen des öffentlichen Angebots, nur Paketkauf P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) 2 P P < WÜ (A) P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) 3 PP ≤ 1 2 P < P WÜIn + C IV − β ⋅ a P 2 2 + 4 CIV + β ⋅ (A − a P ) > P P > P6 P ≥ P 3 P7 WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 1 WÜIn + C IV 2 WÜIn + C IV − β ⋅ a P 2 2 + WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 4 P P < CIV + β ⋅1 Kapitel E 220 Fall Unterfall Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Menge zu zahlender Preis P P − C IV + aP β PP kein Kauf kein Kauf 4 P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P < WÜ (A) A PP 5 P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P ≥ WÜ (A) kein Kauf kein Kauf weitere Bedingungen CIV + β ⋅1 ≤ P P < CIV + β ⋅ (A − a P ) PP < WÜIn + C IV − β ⋅ a P 2 2 2 + In IV P WÜ − (C − β ⋅ a ) + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 4 CIV + β ⋅1 ≤ P P < CIV + β ⋅ (A − a P ) P ≥ P P7 3 Tab. E 7 WÜIn + C IV − β ⋅ a P 2 + 2 W − (C − β ⋅ a ) + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü In Ü IV P 4 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen bei Kauf eines kontrollierenden Pakets mit Regulierung 3 Analyse des Übernahmeprozesses 221 3.2.2 Wirkungen der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft 3.2.2.1 Streubesitz 3.2.2.1.1 Ausbeutungsfall Sofern es auch mit Regulierung noch zu einer Übernahme kommt, lassen sich die Wirkungen auf die Aktionäre der Zielgesellschaft mit einigen Modifikationen weitgehend analog zur Vergleichsituation ohne Regulierung herleiten, wie anhand der folgenden Abbildung verdeutlicht werden soll. W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ opt PoR = C∅ w v u W0 = W− W IV = W + opt PoR C = C+ IV a* a AmR a opt mR a A B C Abb. E 15 Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz mit Regulierung Man erkennt in der in Abbildung E 15 dargestellten Beispielsituation, dass der Durchschnittsbörsenkurs C∅ oberhalb des optimalen Preises ohne Regulierung opt PoR liegt, sodass die Börsenpreisregel greift. Es können wie in der Situation ohne Regulierung bis zu drei Gruppen unterschiedlich betroffener Aktionäre auftreten. Allerdings ergeben sich bei Eingreifen der Börsenpreisregel c.p. sowohl andere Gruppengrößen wie auch andere Vermögensveränderungen. Diese sollen in dem vorliegenden Abschnitt zunächst für die betrachtete Situation mit Regulierung nur hergeleitet werden. Ein Vergleich der Ergebnisse mit und ohne Regulierung erfolgt dann in einem gesonderten Schritt.1 Im Einzelnen ergeben sich folgende Gruppen: 1 Vgl. Abschnitt E 3.3. Kapitel E 222 • Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Gruppe A bezeichnet wiederum die Gruppe von Aktionären, die durch die Übernahme einen Gewinn macht. Die Größe der Gruppe A beträgt (E 98) a AmR = opt PmR − C0 α opt ≥ C0 + α ⋅ A , für PmR opt (E 99) a AmR = A für C0 + α ⋅ A > PmR ≥ C 0 + α bzw. (E 100) opt a AmR = 0 für PmR < C0 + α . opt Dabei ist für PmR der optimale Preis gem. Tabelle E 5 einzusetzen. Der Gewinn der gesamten Gruppe A beträgt bei Eingreifen der Börsenpreisregel (E 101) 1 A A opt ∆VmR = ⋅ a mR ⋅ (PmR − C0 ) , 2 opt wobei sich PmR wieder gem. Tabelle E 5 bemisst. In der Abbildung kann der Gewinn als Fläche des schraffierten Dreiecks mit der Bezeichnung u abgelesen werden. • Es kann daneben eine Gruppe von Aktionären geben, die ihre Aktien mit Verlust an den Übernehmer verkauft. Sie umfasst (E 102) A a BmR = a opt mR − a mR Mitglieder. Da bei Vorliegen des durch Gleichung (E 99) abgebildeten Falls alle Aktionäre der Zielgesellschaft zu Gruppe A gehören, ist dann die Gruppe B unbesetzt. In diesem Fall ist der gezahlte Durchschnittsbörsenkurs mindestens so hoch wie die höchste Bewertung im Aktionärskreis in der Ausgangssituation. Es gilt dann A (E 103) a opt mR = a mR = A , 3 Analyse des Übernahmeprozesses 223 d.h. es werden alle Aktien gekauft und alle verkaufenden Aktionäre machen einen Gewinn, sodass die übrigen beiden Gruppen nicht besetzt sind.1 Die Vermögensänderung eines Aktionärs, der in der unregulierten Situation der Gruppe B angehört, beträgt (E 104) B opt ∆VmR,j = PmR − Wj0 Die gesamte Vermögensänderung der Gruppe B ergibt sich als 1 B B opt (E 105) ∆VmR = ⋅ a mR ⋅ ( PmR − W 0 (a opt mR ) ) , 2 opt wobei für a opt mR und PmR die optimalen Werte gem. Tabelle E 5 einzusetzen sind. In der Abbildung kann der Betrag der Vermögensänderung als Fläche des schraffierten Dreiecks mit der Bezeichnung v abgelesen werden. • Wenn nicht alle Aktien gekauft werden, gibt es darüber hinaus eine Gruppe C von Aktionären, die nunmehr in die Rolle von Minderheitsgesellschaftern geraten. Ihre Anzahl beträgt (E 106) a CmR = A − a opt mR . Der Verlust jedes einzelnen Gruppenangehörigen beläuft sich auf (E 107) C ∆VmR,j = Wj+ − Wj0 . Der Verlust der gesamten Gruppe, der sich aus der Wertminderung ihrer Aktien ergibt, berechnet sich als (E 108) C ∆VmR = a CmR ⋅ opt opt PmR − W 0 (a mR ) + W IV (A) − W 0 (A) , 2 opt wobei sich a opt mR und PmR wiederum aus Tabelle E5 ergeben. Der Betrag der Vermögensänderung kann in der Abbildung als schraffierte Fläche zwischen den Bewertungsfunktionen abgelesen werden (Fläche w). 1 Da im Ausbeutungsfall die Bewertungsfunktion in der Ausgangssitutation W 0 (a) überall oberhalb der Angebotsfunktion W IV (a) verläuft, kann diese Konstellation allerdings nur in den Fällen S1/Unterfall 2, S2/Unterfall 4 und S3/Unterfall 4 gemäß Tabelle E 5 vorkommen. Kapitel E 224 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung 3.2.2.1.2 Synergiefall Auch im Synergiefall lassen sich die Ergebnisse für die Situation ohne Regulierung mit einigen Modifikationen auf die Situation mit Regulierung übertragen, wie anhand der folgenden Abbildung E 16 verdeutlicht wird. W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ W IV = W + W0 = W− C∅ opt PoR C+ C0 a* a opt mR D A a E Abb. E 16 Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz mit Regulierung Man erkennt in der Abbildung, dass die Regulierung greift, da der Durchschnittsopt börsenkurs C∅ oberhalb von PoR liegt. Bei einer Übernahme in der regulierten Situation findet man ebenso wie in der unregulierten Situation bis zu zwei Gruppen von Gewinnern durch die Übernahme: 3 Analyse des Übernahmeprozesses • 225 Es gibt stets eine Gruppe D von Aktionären, die ihre Aktien mit Gewinn verkauft. Die Größe der Gruppe beträgt (E 109) a DmR = a opt mR , der Gewinn jedes einzelnen Gruppenmitglieds beläuft sich auf (E 110) D opt ∆VmR,j = PmR − Wj0 und der Gewinn der gesamten Gruppe auf (E 111) C0 + W 0 (a opt D opt opt mR ) ∆VmR = a mR ⋅ PmR − 2 opt mit PmR gem. Tabelle E 5. • Wenn nicht alle Aktien gekauft werden, gibt es daneben eine Gruppe E von Minderheitsaktionären, die ebenfalls einen Gewinn machen, welcher in der Wertsteigerung ihrer Aktien liegt. Die Größe der Gruppe ist (E 112) a EmR = A − a opt mR , der Gewinn eines Gruppenmitglieds beträgt (E 113) E ∆VmR,j = Wj+ − Wj0 und der Gewinn der gesamten Gruppe ergibt sich als (E 114) E ∆VmR = (A − a opt mR ) ⋅ opt mit PmR gem. Tabelle E 5. opt opt PmR − W 0 (a mR ) + W IV (A) − W 0 (A) 2 Kapitel E 226 3.2.2.2 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Paket 3.2.2.2.1 Ausbeutungsfall Wie schon in der Situation ohne Regulierung, so lassen sich auch mit Regulierung die für Streubesitz hergeleiteten Ergebnisse analog auf den Fall mit Paketerwerb übertragen. Die folgende Abbildung verdeutlicht die Effekte auf die drei möglichen Gruppen: W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ W0 = W− W IV = W + PP opt PoR C+ aP a* Gruppe (a A + a P ) A a opt mR B A a C Abb. E 17 Wirkungen der Übernahme auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Paketkauf mit Regulierung Es ergeben sich wie im Streubesitzfall bis zu drei Gruppen von unterschiedlich betroffenen Aktionären. Zur Interpretation kann daher auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Analog zu den Überlegungen bei Streubesitz ergeben sich für die Größen der Gruppen und die Vermögensänderungen die folgenden Ergebnisse: • Die Größe der Gruppe A beträgt opt − C0 PmR P opt − C 0 opt > C0 + α , für mR < A und PmR α α (E 115) a AmR = (E 116) a AmR = A für (E 117) opt a AmR = 0 für PmR ≤ C0 + α . opt PmR − C0 opt > C 0 + α bzw. ≥ A und PmR α 3 Analyse des Übernahmeprozesses 227 Der Gewinn des Einzelnen beträgt (E 118) A opt ∆VmR,j = PmR − Wj0 , der Gewinn der gesamten Gruppe A (E 119) 1 A A opt ∆VmR = ⋅ a mR ⋅ (PmR − C0 ) 2 opt mit PmR gem. Tabelle E 5. • Die Größe der Gruppe B beträgt (E 120) A P a BmR = a opt mR − a mR − a . Die Vermögensänderung eines Einzelnen ergibt sich als (E 121) B opt ∆VmR,j = PmR − Wj0 , die Vermögensänderung der ganzen Gruppe als (E 122) 1 B B opt P ∆VmR = ⋅ a mR ⋅ ( PmR − W 0 (a opt mR − a ) ) 2 opt mit a opt mR und PmR gem. Tabelle E 5. • Schließlich gilt für die Größe der Gruppe C (E 123) a CmR = A − a opt mR . Der Verlust der Aktionäre durch Wertminderung der Aktien berechnet sich als C ∆VmR,j = Wj+ − Wj0 , derjenige der gesamten Gruppe als (E 124) C ∆VmR = a CmR ⋅ opt opt PmR − W 0 (a mR − a P ) + W IV (A − a P ) − W 0 (A − a P ) 2 opt mit a opt mR und PmR gem. Tabelle E 5. Kapitel E 228 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Beispiel E 9 Es sollen die gleichen Ausgangsdaten wie in Beispiel E 6 zugrunde gelegt werden ( A = 8.000 IV Aktien, a * = 3.200 Aktien, WÜIn = 440 GE, A ⋅ TRANSÜ + SYN Ext = 400 Ü = 40.000 GE, C GE, β = 0,01 , a P = 3.200 Aktien, P P = 445 GE) Die Steigung der Bewertungsfunktion in t = 0 betrage α = 0,0125 , der Abszissenabschnitt sei C 0 = 410 . 1 Strategie des Bieters Wegen C IV + β ⋅ (A − a P ) = 400 + 0,01 ⋅ 4.8000 = 448 > PP = 445 > WÜIn + C IV 440 + 400 = = 420 und 2 2 2 P P = 445 < WÜIn − (CIV − β ⋅ a P ) WÜIn + C IV − β ⋅ a P + + β ⋅ (SYN ÜEXT + A ⋅ TRANS) 2 4 440 + 400 − 0, 01⋅ 3.200 + 2 [ 440 − (400 − 0, 01⋅ 3.200)] 2 4 + 0,01 ⋅ 40.000 = 445,18 liegt der Unterfall 2 des Falls 6 gem. Tabelle E 7 vor. Daher ergibt sich die optimale Preis-Mengen-Kombination a opt oR = P P − C IV 445 − 400 + aP = + 3.200 = 7.700 β 0,01 opt PoR = P P = 445 GE. Der Übernahmegewinn beträgt mit Regulierung noch ÜG(7.700) = 40.000 + 7.700 ⋅ (440 − 445) = 1.500GE . 2 Wirkung der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft Für die Gruppengrößen gilt A a oR = opt − C 0 445 − 410 PmR = = 2.800 α 0, 0125 B opt A a oR = a mR − a P − a mR = 7.700 − 3.200 − 2.800 = 1.700 und opt a CoR = A − a mR = 8.000 − 7.700 = 300 . Die Vermögensänderungen der Gruppen betragen A ∆VoR = 1 A 1 opt ⋅ a mR ⋅ (PmR − C0 ) = ⋅ 2.800 ⋅ (445 − 410) = +49.000 GE, 2 2 B ∆VoR = 1 B 1 opt P ⋅ a mR ⋅ ( PmR − W 0 (a opt ⋅ 1.700 ⋅ (445 − 466, 25) = −18.062,50GE und mR − a ) ) = 2 2 opt opt PmR − W 0 (a mR − a P ) + W IV (A − a P ) − W 0 (A − a P ) 2 . 445 − 466,25 + 448 − 470 = 300 ⋅ = −6487,50GE 2 C ∆VoR = a CmR ⋅ Die Summe der Vermögensänderungen beträgt also +24.450 GE. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 229 3.2.2.2.2 Synergiefall Auch für den Synergiefall können analoge Ergebnisse wie bei Streubesitz hergeleitet werden. Im Einzelnen ergibt sich Folgendes: • Gruppe D von Aktionären, die ihre Aktien mit Gewinn verkaufen: (E 125) P a DmR = a opt mR − a , (E 126) D opt ∆VmR,j = PmR − Wj0 , (E 127) P opt C0 + W 0 (a opt D opt mR − a ) ∆VmR = (a mR − a P ) ⋅ PmR − 2 opt opt opt opt opt mit PmR = P P für P P > PoR und PmR = PoR für P P ≤ PoR . • Gruppe E von verbleibenden Minderheitsaktionären, deren Aktien eine Wertsteigerung erfahren: (E 128) a EmR = A − a opt mR , E (E 129) ∆VmR,j = Wj+ − Wj0 E (E 130) ∆VmR = (A − a opt mR ) ⋅ opt opt PmR − W 0 (a mR − a P ) + W IV (A − a P ) − W 0 (A − a P ) 2 opt opt opt opt opt mit PmR = P P für P P > PoR und PmR = PoR für P P ≤ PoR . Beispiel E 10 Es soll auf die bereits bekannten Ausgangsdaten des letzten Beispiels zurückgegriffen werden ( A = 8.000 Aktien, a * = 3.200 Aktien , WÜIn = 440 GE, A ⋅ TRANSÜ + SYN Ext Ü = 40.000 GE, C IV = 400 GE, β = 0,01 , a P = 3.200 Aktien, P P = 445 GE). Die optimale Preis-Mengenopt P Kombination für den Bieter beträgt dann wieder a opt oR = 7.700 und PoR = P = 445 GE. Die Steigung der Bewertungsfunktion in t = 0 betrage α = 0,0125, der Abszissenabschnitt sei C 0 = 380 , sodass der Synergiefall vorliegt. Es ergeben sich die Gruppengrößen opt a DmR = a mR − a P = 4.500 und opt a EmR = A − a mR = 8.000 − 7.700 = 300 . Kapitel E 230 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Der Gewinn der beiden Gruppen beträgt P opt C 0 + W 0 (a opt D opt mR − a ) ∆VmR = (a mR − a P ) ⋅ PmR − 2 380 + 436, 25 = 4.500 ⋅ 445 − = +165.937,50GE 2 und opt opt PmR − W 0 (a mR − a P ) + W IV (A − a P ) − W 0 (A − a P ) 2 . 445 − 436,25 + 448 − 440 = 2.800 ⋅ = 2.512,50GE 2 E ∆VoR = (A − a opt mR ) ⋅ Der Gesamtgewinn der Aktionäre beträgt 168.450 GE. 3.3 Vergleich der Situation ohne und mit Regulierung hinsichtlich der Wirkungen auf die Aktionäre der Zielgesellschaft 3.3.1 Vorbemerkung Im Folgenden werden die Auswirkungen der Regulierung auf die Aktionäre der Zielgesellschaft analysiert, indem die Wirkungen auf diese Betroffenen in der Situation ohne Regulierung mit denjenigen in der Situation mit Regulierung verglichen werden. Dazu werden die Differenz der Gruppengrößen (E 131) X X ∆a X = a mR − a oR für X ∈ {A, B,C,D,E} , die Differenz der individuellen Vermögensänderungen eines Aktionärs j sowie die Differenz der Vermögensänderungen der gesamten Gruppenangehörigen verglichen. Referenzsituation ist die Situation ohne Regulierung. Wenn von der Differenz der Vermögensveränderung einer Gruppe X gesprochen wird, ist dies so zu verstehen, dass die Differenz der Vermögensveränderungen in den Vergleichssituationen mit und ohne Regulierung für diejenigen Aktionäre betrachtet wird, die in der Situation ohne Regulierung der Gruppe X angehören. In der Situation mit Regulierung müssen diese Personen, wie sich zeigen wird, nicht mehr unbedingt der gleichen Gruppe angehören. Hierdurch wird zugleich die Wirkung der Regulierung auf die jeweiligen AktionäX re beschrieben: Die Größen ∆VoR bzw. ∆VoXR , j stellen die Differenz zwischen dem Endvermögen ohne Regulierung und dem Anfangsvermögen dar, entsprechendes X X X gilt ebenso für ∆VmR und ∆VmR,j . Bildet man nun die Differenz zwischen ∆VmR 3 Analyse des Übernahmeprozesses 231 X X bzw. zwischen ∆VmR,j und ∆VoXR , j , so stellt dies wegen des gleichen und ∆VoR Anfangsvermögens in den beiden Vergleichssituationen zugleich die Differenz der Endvermögen mit und ohne Regulierung dar. Dieser Zusammenhang wird in der nachfolgenden Abbildung E 18 noch einmal verdeutlicht. Endvermögen mit Regulierung ./. Anfangsvermögen Vermögensänderung mit Regulierung X X ∆VmR,j bzw. ∆VmR ./. (Endvermögen ohne Regulierung ./. Anfangsvermögen) ./. Vermögensänderung ohne Regulierung X ∆VoXR , j bzw. ∆VoR = Differenz der Vermögensänderungen ∆(∆VjX ) bzw. ∆ (∆V X ) = Differenz der Endvermögen mit und ohne Regulierung Abb. E 18 Zusammenhang der Vergleichsgrößen Diese Endvermögensdifferenz ergibt sich für den einzelnen Aktionär j als (E 132) Y X ∆(∆VjX ) = ∆VmR,j − ∆VoR,j für X ∈ {A, B,C,D,E} , Y ∈ {A, B,C,D,E} und für die gesamte Gruppe als (E 133) ∆(∆V X ) = X a oR ∑ vX j= a oR +1 ∆( ∆VjX ) für X ∈ {A, B,C,D,E} , V ∈{A,B,D} , vX wobei a oR die kumulierte Anzahl der Mitglieder der Gruppen ohne Regulierung darstellt, die auf der Abszisse weiter links als die betrachtetet Gruppe X abgetragen sind.1 1 Z.B. für die Gruppe C (Ausbeutungsfall) wären das die Gruppen A und B, für die Gruppe E (Synergiefall) wäre es Gruppe D. Kapitel E 232 3.3.2 Streubesitz 3.3.2.1 Bildung von Fallgruppen Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Für die Analyse der Wirkungen sollen die 13 Unterfälle der Fälle S1 – S3 aus Tabelle E 5, in denen eine Übernahme ohne Regulierung durchgeführt würde, zu folgenden Fallgruppen zusammengefasst werden. • Fallgruppe I: Fälle, in denen die Preisregel nicht greift, weil der Durchschnittsbörsenkurs unter dem optimalen Preis ohne Regulierung liegt. Das sind die Fälle S1/1, S2/1 und S3/1.1 • Fallgruppe II: Fälle, in denen die Preisregel greift, aber nicht alle Aktien gekauft werden. Das sind die Fälle S2/2 und S3/2. • Fallgruppe III:Fälle, in denen alle Aktien zum Preis von C∅ gekauft werden. Das sind die Fälle S1/2, S2/4 und S3/4. • Fallgruppe IV:Fälle, in denen eine Übernahme mit Regulierung nicht mehr vorteilhaft ist, sodass keine Aktien gekauft werden. Das sind die Fälle S1/3, S2/3, S2/5, S3/3 und S3/5. 3.3.2.2 Ausbeutungsfall 3.3.2.2.1 Fallgruppe I Liegt die Fallgruppe I vor, so greift die Preisregel nicht. Es gilt für die Gruppengrößen (E 134) X a XmR = a oR bzw. (E 135) ∆a X = 0 für X ∈ {A,B,C} . Weiterhin gilt für die individuellen Vermögensänderungen (E 136) X ∆VoR,j = ∆VmXR , j bzw. 1 Zur Vereinfachung der Schreibweise wird im Folgenden der Unterfall y des Falls Sx als Sx/y geschrieben. 3 Analyse des Übernahmeprozesses (E 137) 233 ∆(∆VjX ) = 0 für alle Aktionäre j mit X ∈ {A,B,C} sowie für die Vermögensänderungen der Gruppengesamtheiten (E 138) X X ∆VoR = ∆VmR bzw. (E 139) ∆ (∆V X ) = 0 für X ∈ {A,B,C} . Als triviales Ergebnis lässt sich also für die Fallgruppe I konstatieren, dass sich keine Wirkung der Regulierung auf die vermögensmäßige Betroffenheit der Aktionäre ergibt. 3.3.2.2.2 Fallgruppe II Die Wirkungen bei Vorliegen der Fallgruppe II sollen anhand der nachfolgenden Abbildung verdeutlicht werden. W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ y C∅ opt PoR u v z W0 = W− W IV = W + x w CIV = C+ A a oR a* ∆a A a opt oR a AmR a opt mR a −∆a C Abb. E 19 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz, Fallgruppe II Kapitel E 234 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Durch den höheren zu zahlenden Preis erhöht sich auch die Anzahl der Aktionäre, die mit Gewinn verkauft haben (Gruppe A). Durch Einsetzen der Gleichungen (E 98) und (E 42) in Gleichung (E 131) ergibt sich für den Fall, dass opt ≥ C 0 + α 1 für die Differenz der Größe der Gruppe A gilt: PoR (E 140) A ∆a A = a AmR − a oR = ⇔ (E 141) ∆a A = opt C∅ − C0 PoR − C0 − opt für PoR ≥ C0 + α α α opt C∅ − PoR opt für PoR ≥ C0 + α . α Dieses Ergebnis lässt sich auch unmittelbar aus Abbildung E 19 ablesen: Die Eropt höhung des Ordinatenwertes um (C∅ − PoR ) dividiert durch die relevante Steigung α führt zu einer Erhöhung des Abszissenwertes von ∆a A . opt Im umgekehrten Fall PoR < C 0 + α gilt gemäß (E 44) a AoR = 0 . Bei C∅ ≥ C0 + α ergibt sich dann (E 142) A ∆a A = a AmR − a oR = C∅ − C 0 opt für PoR < C 0 + α und C∅ ≥ C0 + α . α Ist auch C∅ < C0 + α , so gilt die Gleichung (E 100) a AmR = 0 , sodass sich (E 143) ∆a A = 0 für C∅ < C0 + α ergibt.2 1 Da in der Fallgruppe II in allen Konstellationen C∅ > P opt gilt, liegt dann gleichzeitig die ReoR lation C ∅ ≥ C 0 + α vor. 2 Aus der Bedingung C ∅ < C 0 + α folgt in der Fallgruppe II zugleich Popt < C0 + α . oR 3 Analyse des Übernahmeprozesses 235 Die Gruppe A von Aktionären, die mit Gewinn verkaufen, ist bei Vorliegen eines Falls der Fallgruppe II mit Regulierung also nie kleiner als ohne Regulierung. Sofern sie mit Regulierung überhaupt besetzt ist, ist sie stets um den Betrag nach Gleichung (E 141) bzw. (E 142) größer als ohne Regulierung. Ebenso eindeutige Aussagen lassen sich für die Größe der Gruppe C treffen. Durch Einsetzen von (E 50) und (E 106) in (E 131) ergibt sich (E 144) (E 145) C C opt ∆a C = a mR − a oR = (A − a opt mR ) − (A − a oR ) ⇔ opt opt ∆a C = −(a mR − a oR ) ⇔ ∆a C = − ( a BP − a opt oR ) , was für die Fallgruppe II unter Beachtung von Gleichung (E 82) präzisiert werden kann zu opt C∅ − CIV PoR − C IV ∆a C = − − β β ⇔ (E 146) ∆a C = − opt C∅ − PoR . β In den betrachteten Fällen ist ∆a C immer negativ, d.h. die Gruppe der verbleibenden Minderheitsaktionäre ist mit Regulierung stets kleiner als ohne Regulierung. In den Fällen der Fallgruppe II verbleibt aber immer eine Restgruppe von Minderheitsaktionären, die einen Verlust durch die Wertminderung ihrer Aktien erleiden. Auch dieses Ergebnis ist unmittelbar in der Abbildung E 19 ablesbar. Die Differenz ergibt sich betragsmäßig einerseits als Abstand der optimalen Mengen mit und ohne Regulierung wie in Gleichung (E 145) abzulesen. Andererseits erkennt opt man, dass die Erhöhung des Kaufpreises um (C∅ − PoR ) dividiert durch die Steigung β der relevanten Funktion W IV (a) betragsmäßig die Differenz ∆a C ergibt, was dem Ergebnis gemäß Gleichung (E 146) entspricht. Nicht unmittelbar in der Grafik ablesen lässt sich die Differenz der Größe von Gruppe B. Kapitel E 236 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Wegen (E 147) A B C A B a oR + a oR + a oR = a mR + a mR + a CmR = A muss gelten (E 148) ∆a A + ∆a B + ∆a C = 0 bzw. (E 149) ∆a B = −∆a C − ∆a A . Ist das stets negative ∆a C betragsmäßig größer als das nicht negative ∆a A , so ist ∆a B größer als Null. Im umgekehrten Fall ist ∆a B kleiner als Null. Wenn ∆a A und ∆a C betragsmäßig gleich groß sind, so ändert sich die Größe der Gruppe B überhaupt nicht. Setzt man (E 141) und (E 146) in (E 149) ein, ergibt sich für den Fall opt PoR ≥ C0 + α (E 150) ∆a B = opt opt C∅ − PoR C∅ − PoR − . β α Daher gilt für die Differenz der Größe von Gruppe B (E 151) ∆a B > 0 für β < α , (E 152) ∆a B < 0 für β > α ,und (E 153) ∆a B = 0 für β = α . Wenn also die Steigung β der Funktion W IV (a) kleiner ist als die Steigung α der Funktion W 0 (a) , dann ist die Verringerung der Größe von Gruppe C betragsmäßig größer als die Erhöhung der Größe von Gruppe A, sodass sich die Größe von Gruppe B insgesamt erhöht. Im umgekehrten Fall ist Gruppe B mit Regulierung kleiner, und wenn die Steigung der beiden Bewertungsfunktionen übereinstimmt, dann ist die Größe von Gruppe B ohne und mit Regulierung gleich.1 1 Zu beachten ist, dass zwar die Steigung der Funktion W IV (a) größer sein kann als die der Funktion W 0 (a) , dass aber die Angebotsfunktion W IV (a) im hier untersuchten Ausbeutungsfall überall unterhalb von W 0 (a) liegen muss. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 237 opt < C 0 + α vor, so muss für ∆a A Gleichung (E 142) Liegt hingegen der Fall PoR bzw. (E 143) in (E 148) eingesetzt werden. Wenn C∅ > C0 + α ist, ergibt sich (E 154) ∆a B = opt C∅ − PoR C∅ − C0 opt − für PoR < C 0 + α und C∅ ≥ C0 + α . β α Es gilt dann (E 155) ∆a B > 0 für β < α ⋅ opt C∅ − PoR , ∅ C − C0 (E 156) ∆a B < 0 für β > α ⋅ opt C∅ − PoR C∅ − C 0 (E 157) ∆a B = 0 für β = α ⋅ opt C∅ − PoR . ∅ C − C0 und Für den Faktor, mit dem α multipliziert wird, gilt in den betrachteten Fällen typischerweise (E 158) opt C∅ − PoR ≥ 1 .1 C∅ − C0 Wenn also die Steigung β um diesen Faktor größer ist als die Steigung α , dann ist die Gruppe B in beiden Vergleichssituationen gleich groß. Das liegt daran, dass opt sich die Größe der Gruppe A durch den Teilbetrag (C 0 − PoR ) der Preisdifferenz nicht erhöht, wohl aber eine Verringerung der Gruppe C daraus resultiert. Erst darüber hinausgehende Preisdifferenzen wirken auch auf die Größe von A. Um dies auszugleichen muss β entsprechend größer sein als α , damit die Veränderungen betragsmäßig gleich groß sind. Ist hingegen auch C∅ < C0 + α , so gilt 1 Mit „typischerweise“ ist hier gemeint, dass nicht nur Popt < C0 + α gilt, sondern sogar die oR opt opt Bedingung PoR ≤ C0 , wovon hier ausgegangen wird. Läge PoR gerade zwischen C 0 und C 0 + α , so wäre der Ausdruck rechnerisch kleiner als eins, bei den hier unterstellen kleinen Bewertungsunterschieden aber sehr nahe eins. Kapitel E 238 (E 159) ∆a B = Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung opt C∅ − PoR für C∅ < C0 + α . β Liegt diese Konstellation vor, so ist die Gruppe B mit Regulierung stets größer als ohne Regulierung. Betrachtet man die Vermögensänderungen derjenigen Aktionäre, die in der unregulierten Situation den Gruppen A, B oder C angehören, so ergibt sich Folgendes: • Alle Aktionäre, die in der unregulierten Situation der Gruppe A angehören, gehören dieser Gruppe auch in der regulierten Situation an. Das bedeutet sie verkaufen ihre Aktien ebenso, erhalten allerdings den höheren Preis C∅ . Die Differenz der Vermögensänderungen eines jeden Aktionärs und damit die Wirkung der Regulierung auf seine vermögensmäßige Betroffenheit beträgt (E 160) opt ∆(∆VjA ) = C∅ − PoR . Diese Aktionäre, die schon in der unregulierten Situation einen Gewinn erzielen konnten, erreichen mit Regulierung einen noch höheren Gewinn. Die Differenz der Vermögensänderung der gesamten Gruppe A in der unregulierten Situation beträgt (E 161) A opt ∆ (∆V A ) = a oR ⋅ (C ∅ − PoR ). In der Abbildung E 19 kann diese Differenz als Fläche u abgelesen werden. • Die Aktionäre, die in der unregulierten Situation der Gruppe B angehören, also mit Verlust verkaufen, verkaufen auch in der Situation mit Regulierung und erhalten den höheren Preis C∅ . Dadurch wechselt mindestens ein Teil von ihnen in die Gruppe A, erzielt also mit Regulierung einen Gewinn.1 Die Anzahl der Wechsler von Gruppe B in Gruppe A beträgt (E 162) B a BA = ∆a A falls ∆a A ≤ a oR und (E 163) B B a BA = a oR falls ∆a A > a oR . Die Differenz der Vermögensänderungen eines jeden Aktionärs beträgt 1 Wenn hier vereinfachend von „Wechseln“ der Gruppe gesprochen wird, so ist damit kein Wechseln im zeitlichen Ablauf gemeint, sondern der Umstand, dass ein Aktionär mit Regulierung einer anderen Gruppe angehört als ohne. 3 Analyse des Übernahmeprozesses (E 164) 239 opt ∆(∆VjB ) = C∅ − PoR , die Differenz bezogen auf die Vermögensänderungen der gesamten Gruppe beläuft sich auf (E 165) opt ). ∆ (∆V B ) = a BoR ⋅ (C∅ − PoR In Abbildung E 19 ist diese Differenz als Fläche v abzulesen. In dem durch B die Abbildung verdeutlichten Beispiel ist ∆a A > a oR , sodass alle Aktionäre, die ohne Regulierung mit Verlust verkaufen, nunmehr mit Regulierung der Gruppe A angehören und mit Gewinn verkaufen. • Von den Aktionären, die ohne Regulierung der Gruppe C der verbleibenden Minderheitsaktionäre angehören, verkauft in der regulierten Situation ein Teil seine Aktien. Diese verkaufenden Aktionäre wechseln in die Gruppe B oder sogar in die Gruppe A. Die Differenz der Vermögensänderungen (= Endvermögensdifferenz durch die Regulierung) beträgt für diese Aktionäre (E 166) ∆(∆VjC ) = C∅ − Wj+ . Die Anzahl der Wechsler von Gruppe C in Gruppe A beträgt (E 167) a CA = 0 , (E 168) B B a CA = ∆a A − a oR , falls ∆a A > a oR . B falls ∆a A ≤ a oR und Setzt man in Gleichung (E 168) die Gleichungen (E 131) und (E 47) ein, ergibt sich (E 169) (E 170) A A a CA = (a AmR − a oR ) − (a opt oR − a oR ) ⇔ A opt B a CA = a mR − a oR für ∆a A > a oR . Die Differenz der Vermögensänderungen dieser Teilgruppe ergibt sich als (E 171) A Popt + W IV (a mR ) ∆(∆V CA ) = a CA ⋅ C∅ − oR 2 und ist in der Abbildung E 19 als Fläche w abzulesen. Die Breite der Fläche A ergibt sich wie in (E 170) errechnet als Abstand zwischen a opt oR und a mR . Die Anzahl der Wechsler in die Gruppe B beträgt (E 172) a CB = −∆a C − a CA . Kapitel E 240 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Die Differenz der Vermögensänderungen für diese Teilgruppe beträgt (E 173) ∆(∆V CB ) = a CB ⋅ A C∅ − W IV (a mR ) 2 B für ∆a A > a oR und ist in Abbildung E 19 als Fläche x dargestellt. Der für diese Teilgruppe verbleibende Verlust wird durch die Fläche y abgebildet. Für den Fall, dass B a CA = 0 ist , also bei ∆a A ≤ a oR , gilt (E 174) ∆(∆V CB ) = a CB ⋅ opt C∅ − PoR . 2 In den Fällen der Fallgruppe II verbleiben allerdings noch a CmR Aktionäre als Minderheitsaktionäre. Ihr persönlicher Verlust resultiert aus dem Wertverlust ihrer Aktien und ist ohne und mit Regulierung gleich groß. Der verbleibende Verlust dieser Teilgruppe ist in Abb. E 19 durch Fläche z abgebildet. Die Differenz der Vermögensänderungen der gesamten Angehörigen der Gruppe C ergibt sich demnach als (E 175) ∆ (∆V C ) = ∆ (∆V CA ) + ∆ ( ∆VCB ) , B B als auch für ∆a A > a oR durch einige elementare was sowohl für ∆a A ≤ a oR Umformungen zu (E 176) ∆(∆V C ) = −∆a C ⋅ opt C∅ − PoR 2 vereinfacht werden kann. Diese Ergebnis kann auch unmittelbar aus Abbildung E 19 abgelesen werden, wo sich die Differenz der Vermögensänderungen der Gruppe C als Flächeninhalt des aus w und x zusammengesetzten Dreiecks ergibt. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 241 3.3.2.2.3 Fallgruppe III In den Fällen der Fallgruppe III ergeben sich nur geringfügige Abweichungen von den für die Fallgruppe II festgestellten Ergebnissen, wie anhand der folgenden Abbildung E 20 erläutert werden soll. W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ C y ∅ opt PoR u v x w W0 = W− W IV = W + C0 C = C+ IV A a oR a* a opt oR ∆a A a AmR a opt mR =A a −∆a C Abb. E 20 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz, Fallgruppe III In der Abbildung wird die gleiche Ausgangssituation wie in Abbildung E 19 dargestellt, allerdings mit einem höheren Durchschnittsbörsenkurs C∅ . Dieser liegt in dieser Fallgruppe mindestens bei W IV (A), in der beispielhaft verdeutlichten Situation sogar höher. Es sei zunächst wieder auf die Veränderung der Gruppengrößen eingegangen. Bezüglich der Größe von Gruppe A wurden in der Fallgruppe II drei Unterfälle in Abhängigkeit davon unterschieden, ob in den Situationen mit und ohne Regulierung die Gruppe A besetzt ist. In der Fallgruppe III, in der alle Aktien gekauft werden, ist in diesem Fall, also bei C∅ ≥ C0 + α , zusätzlich zu unterscheiden, ob C∅ ≥ C0 + α ⋅ A gilt oder nicht. Danach entscheidet sich nämlich, ob a AmR nach Gleichung (E 98) oder (E 99) errechnet wird. In letzterem Fall sind alle Aktionäre mit Regulierung der Gruppe A zuzuordnen, was in der Fallgruppe II ausgeschlossen ist, da nicht alle Aktien verkauft werden. Ist hingegen C∅ < C0 + α , so kann nie C∅ ≥ C0 + α ⋅ A gelten, sodass dann keine Unterscheidung notwendig ist. Kapitel E 242 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Aus der Kombination dieser Bedingungen ergeben sich 5 Konstellationen, von denen die Konstellationen 1, 3 und 5 denen in der Fallgruppe II entsprechen und die Konstellationen 2 und 4 nur in der Fallgruppe III auftreten können: • Konstellation 1: opt ≥ C 0 + α und C∅ < C0 + α ⋅ A :1 PoR (E 177) • Konstellation 2: Konstellation 3: ∆a A = A − (E 179) Konstellation 4: Konstellation 5: C∅ − C 0 α opt < C 0 + α und C∅ ≥ C0 + α ⋅ A : PoR (E 180) • opt PoR − C0 α opt < C 0 + α und C0 + α ⋅ A > C∅ ≥ C0 + α : PoR ∆a A = • opt C∅ − PoR α opt ≥ C 0 + α und C∅ ≥ C0 + α ⋅ A : PoR (E 178) • ∆a A = ∆a A = A . C∅ < C0 + α :2 (E 181) ∆a A = 0 Besonders einfach gestaltet sich in der Fallgruppe III die Bestimmung der Differenz der Größe von Gruppe C. Die Gruppe C der Minderheitsaktionäre ist in den Fällen dieser Fallgruppe nicht besetzt, sodass gilt opt PoR − CIV C (E 182) ∆a C = −a oR = −(A − a opt oR ) = − A − β . 1 Aus der Bedingung Popt ≥ C0 + α folgt in Fallgruppe III wegen C∅ > P opt oR oR C∅ ≥ C0 + α . 2 Aus der Bedingung C ∅ < C 0 + α folgt in der Fallgruppe III zugleich Popt < C0 + α . oR zugleich 3 Analyse des Übernahmeprozesses 243 Damit folgt für die Differenz der Gruppengröße von B in Abhängigkeit von der Konstellation zur Berechnung von ∆a A durch Einsetzen der Gleichungen (E 177) bis (E 180) in (E 149): • Konstellation 1: opt PoR ≥ C 0 + α und C∅ < C0 + α ⋅ A : (E 183) ∆a B = A − opt opt − C IV C∅ − PoR PoR − β α In dieser Konstellation kann die Gruppe B in der Situation mit Regulierung in Abhängigkeit von den konkreten Parametern sowohl größer als auch kleiner als in der Situation ohne Regulierung sein. • Konstellation 2: opt PoR ≥ C 0 + α und C∅ ≥ C0 + α ⋅ A : (E 184) ∆a B = A − opt PoR − CIV Popt − C0 − A − oR α α ⇔ (E 185) ∆a B = opt opt PoR − C 0 PoR − C IV − . α β Auch in dieser Situation kann die Gruppe B in der Situation mit Regulierung sowohl größer als auch kleiner sein als ohne Regulierung. • Konstellation 3: opt PoR < C 0 + α und C0 + α ⋅ A > C∅ ≥ C0 + α : (E 186) ∆a B = A − opt PoR − C IV C∅ − C0 − β α Das Vorzeichen der Veränderung ergibt sich wie in den Konstellationen 1 und 2 in Abhängigkeit von den konkreten Parametern. • Konstellation 4: opt PoR < C 0 + α und C∅ ≥ C0 + α ⋅ A : (E 187) ∆a B = A − opt PoR − CIV −A β ⇔ (E 188) ∆a B = − opt PoR − CIV α Kapitel E 244 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung opt Da stets PoR > C IV gelten muss, ist der Ausdruck immer negativ, d.h., dass die Gruppe B bei Vorliegen dieser Konstellation mit Regulierung stets kleiner ist als ohne. • Konstellation 5 C∅ < C0 + α : (E 189) ∆a B = A − opt PoR − C IV = A − a opt oR β Bei Vorliegen dieser Konstellation ist die Gruppe B mit Regulierung also immer größer als ohne. Betrachtet man die Vermögensänderungen, so ergibt sich Folgendes: • Für die Gruppe A ergeben sich die gleichen Ergebnisse wie in Fallgruppe II, d.h. es gilt (E 190) opt ∆(∆VjA ) = C∅ − PoR und . (E 191) A opt ∆ (∆V A ) = a oR ⋅ (C ∅ − PoR ). Auch hier können also diejenigen Aktionäre, die schon in der unregulierten Situation einen Gewinn erzielen können, mit Regulierung einen noch höheren Gewinn erlangen. Die Differenz der Vermögensänderungen ist in Abbildung E 20 als Fläche u eingezeichnet. • Auch für die Gruppe B ergeben sich keine Unterschiede zu den Ergebnissen für Fallgruppe II, d.h., die Vermögensänderungen betragen (E 192) opt ∆(∆VjB ) = C∅ − PoR und (E 193) opt ∆ (∆V B ) = a BoR ⋅ (C∅ − PoR ). In Abbildung E 20 ist diese Differenz als Fläche v abzulesen. • In den Fällen der Fallgruppe III ist die Gruppe C nicht besetzt, da alle Aktien gekauft werden. Alle Aktionäre dieser Gruppe verkaufen also zum Preis C∅ . Ihre jeweilige Endvermögensdifferenz beträgt daher (E 194) ∆(∆VjC ) = C∅ − Wj+ . Die Aktionäre, die ohne Regulierung der Gruppe C angehören, verteilen sich in der Situation mit Regulierung auf die Gruppen A und B. Die Anzahl der Wechsler von Gruppe C in Gruppe A beträgt 3 Analyse des Übernahmeprozesses (E 195) a CA = 0 (E 196) A opt B a CA = a mR − a oR für ∆a A > a oR . 245 B falls ∆a A ≤ a oR und Die Differenz der Vermögensänderungen dieser Teilgruppe ergibt sich als (E 197) A Popt + W IV (a mR ) ∆(∆V CA ) = a CA ⋅ C∅ − oR 2 und ist in der Abbildung E 20 als Fläche w abzulesen. Die Anzahl der Wechsler in die Gruppe B beträgt (E 198) a CB = −∆a C − a CA . Die Differenz der Vermögensänderungen für diese Teilgruppe beträgt (E 199) W IV (a AmR ) + W IV (A) A B ∆(∆V CB ) = a CB ⋅ C∅ − für ∆a > a oR und 2 (E 200) Popt + W IV (A) ∆(∆V CB ) = a CB ⋅ C∅ − oR 2 B für ∆a A ≤ a oR . In Abbildung E 20 ist der erste dieser beiden Fälle gegeben. Die Endvermögensdifferenz der Teilgruppe ist als Fläche x dargestellt. Der für diese Teilgruppe verbleibende Verlust wird durch die Fläche y abgebildet. Die Differenz der Vermögensänderungen der gesamten Angehörigen der Gruppe C ergibt sich als (E 201) Popt + W IV (A) ∆(∆V C ) = ∆a C ⋅ C∅ − oR . 2 Kapitel E 246 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung 3.3.2.2.4 Fallgruppe IV In den Fällen der Fallgruppe IV ist eine Übernahme, die ohne Regulierung vorteilhaft ist, in einer Situation mit Regulierung nicht vorteilhaft, sodass der Bieter, der annahmegemäß unter einseitiger Sicherheit handelt, auf sie verzichtet. Die Wirkungen, die sich daraus für die Aktionäre ergeben, sollen anhand der Abbildung E 21 erläutert werden. W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) C∅ opt PoR C =C IV WÜ W0 = W− W IV = W + w v u + a A a* A a krit mR B a opt A a C Abb. E 21 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Streubesitz, Fallgruppe IV Man erkennt, dass der Durchschnittspreis so hoch ist, dass die Übernahme für den Bieter nicht mehr lohnend ist. Da die Übernahme nicht durchgeführt wird, ändert sich das Vermögen der Aktionäre mit Regulierung gegenüber der Ausgangssituation nicht. Es gibt demnach auch keine Gruppen A, B und C. Es gilt also (E 202) X ∆a X = −a oR für X ∈ {A,B,C} . Im Vergleich zur Situation ohne Regulierung ergibt sich die Endvermögensdifferenz demnach als Betrag der Vermögensänderung ohne Regulierung mit umgekehrtem Vorzeichen. Im Einzelnen bedeutet das: 3 Analyse des Übernahmeprozesses • 247 Die Aktionäre, die ohne Regulierung der Gruppe A angehören, machen in dieser Situation einen Gewinn, der ihnen mit Regulierung nicht entsteht. Sofern die Gruppe A ohne Regulierung besetzt ist, erleidet also jeder einzelne Gruppenangehörige im Vergleich der Situationen mit und ohne Regulierung durch die gesetzliche Regelung einen Verlust in Höhe von (E 203) opt ∆(∆VjA ) = Wj0 − PoR . Der Verlust der gesamten Gruppe beläuft sich auf (E 204) 1 A opt ∆(∆VjA ) = ⋅ a oR ⋅ (C0 − PoR ) 2 und ist der Abbildung E 21 als Fläche u eingezeichnet. • Die Gruppen B und C der Situation ohne Regulierung stehen sich jedoch mit Regulierung besser, da ihnen der Verlust, der durch die Übernahme entstünde, erspart bleibt. Ihre Endvermögensdifferenzen im Vergleich mit und ohne Regulierung betragen daher für die einzelnen Aktionäre (E 205) opt ∆(∆VjB ) = Wj0 − PoR bzw. (E 206) ∆(∆VjC ) = Wj0 − Wj+ und für die gesamten Gruppen (E 207) 1 B opt ∆(∆V B ) = ⋅ a oR ⋅ ( W 0 (a opt oR ) − PoR ) bzw. 2 (E 208) ∆(∆V C ) = a C ⋅ opt 0 IV W 0 (a opt oR ) − PoR + W (A) − W (A) . 2 Die Endvermögensdifferenz für Gruppe B ist in Abbildung E 21 als Fläche v eingezeichnet und die entsprechende Differenz für Gruppe C als Fläche w. Kapitel E 248 3.3.2.3 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Synergiefall 3.3.2.3.1 Fallgruppe I In den Fällen der Fallgruppe I greift die Regulierung nicht, sodass sich für die Änderung der Gruppengrößen ∆a X = 0 für X ∈ {D, E} (E 209) und für die Vermögensänderungen (E 210) ∆ (∆V X ) = 0 für X ∈ {D, E} und (E 211) ∆ (∆V X ) = 0 für X ∈ {D, E} ergibt. 3.3.2.3.2 Fallgruppe II Die Wirkungen der Regulierung in Fallgruppe II sollen anhand der folgenden Abbildung verdeutlicht werden: W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ C∅ opt PoR W IV = W + u v W0 = W− C+ C0 a* a opt mR a opt oR A a ∆a D = −∆a E Abb. E 22 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz, Fallgruppe II 3 Analyse des Übernahmeprozesses 249 Zunächst sei wieder auf die Differenz der Gruppengrößen eingegangen. Die Differenz der Größe von Gruppe D ergibt sich durch Einsetzen von (E 53) und (E 109) in (E 131): (E 212) opt opt ∆a D = a mR − a oR , was für die Fälle der Fallgruppe II wie folgt geschrieben werden kann: (E 213) opt ∆a D = a(C∅ ) − a(PoR ) ⇔ ∆a D = opt − C IV C∅ − CIV PoR − β β ⇔ (E 214) ∆a D = opt C∅ − PoR . β Da im Synergiefall nur maximal zwei Gruppen existieren, folgt aus (E 215) D E E a oR + a oR = a DmR + a mR =A die Beziehung (E 216) ∆a D = −∆a E . Mit (E 214) ergibt das für die Größendifferenz der Gruppe E (E 217) ∆a E = − opt C∅ − PoR . β Dieses Ergebnis lässt sich unmittelbar aus Abbildung E 22 ablesen. Die Differenz ergibt sich als Abstand der beiden optimalen Mengen mit und ohne Regulierung. Dieser Abstand ergibt sich durch die Parallelverschiebung der durch den gezahlten Preis markierten Hilfslinie nach oben als Verschiebung des zugehörigen Abszissenwertes. Von den Aktionären, die ohne Regulierung der Gruppe E angehören, wechselt in dieser Fallgruppe mit Regulierung ein Teil in die Gruppe D, verkauft also jetzt Kapitel E 250 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung auch, sodass die Gruppe der Minderheitsaktionäre kleiner ist als ohne Regulierung. Bezüglich der Vermögensdifferenzen resultiert Folgendes: • Alle Aktionäre, die ohne Regulierung der Gruppe D angehören, gehören dieser Gruppe auch mit Regulierung an. Sie verkaufen zum mit Regulierung in dieser Fallgruppe höheren Preis C∅ , sodass ihr zusätzlicher Gewinn durch die Regulierung (E 218) opt ∆(∆VjD ) = C∅ − PoR beträgt. Der zusätzliche Gewinn der gesamten Gruppe beträgt (E 219) D opt ). ∆ (∆V D ) = a oR ⋅ (C∅ − PoR Der Zusatzgewinn der Gruppe D durch die Regulierung ist in Abb. E 22 als Fläche u markiert. • Von den Aktionären, die ohne Regulierung der Gruppe E angehören, wechselt in dieser Fallgruppe mit Regulierung ein Teil in die Gruppe F, verkauft also jetzt auch, sodass die Gruppe der Minderheitsaktionäre kleiner ist als ohne Regulierung. Für die verbleibenden Minderheitsaktionäre ergibt sich keine Änderung zur unregulierten Situation, d.h., sie erzielen weiterhin den gleichen Gewinn, der sich durch die synergiebedingte Wertsteigerung ihrer Aktien ergibt. Die Aktionäre, die jetzt verkaufen, erzielen dagegen eine zusätzlichen Gewinn in Höhe von (E 220) ∆(∆VjE ) = C∅ − Wj+ . Der Anteil der Wechsler in Gruppe D beträgt, wie oben festgestellt, ∆a D = −∆a E , sodass sich der gesamte Zusatzgewinn der Gruppe durch die Regulierung auf (E 221) 1 opt ∆(∆V E ) = ⋅ ∆a D ⋅ (C∅ − PoR ) 2 beläuft. Er wird in Abbildung E 22 durch die Fläche v dargestellt. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 251 3.3.2.3.3 Fallgruppe III In den Fällen der Fallgruppe ergibt sich das durch die folgende Abbildung beispielhaft verdeutlichte Bild: W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ C W IV = W + ∅ u v W0 = W− opt PoR C+ C0 a* a opt mR = A a opt oR a ∆a D = −∆a E Abb. E 23 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz, Fallgruppe III In den Fällen dieser Fallgruppe gehören mit Regulierung alle Aktionäre der Gruppe D an, deren Angehörige mit Gewinn verkaufen. Für die Änderung der Gruppengrößen gilt daher (E 222) E ∆a D = −∆a E = a oR . Hinsichtlich der Vermögensänderungen kann Folgendes festgestellt werden: • Für die Aktionäre, die ohne Regulierung der Gruppe D angehören, ergeben sich die gleichen Ergebnisse wie in der Fallgruppe II, d.h. (E 223) opt ∆(∆VjD ) = C∅ − PoR (E 224) D opt ∆ (∆V E ) = a oR ⋅ (C∅ − PoR ). und Der zusätzliche Gewinn der Gruppe D ist in Abbildung E 23 als Fläche u eingezeichnet. Kapitel E 252 • Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Alle Aktionäre, die ohne Regulierung der Gruppe E angehören, wechseln mit Regulierung in die Gruppe D. Die jeweiligen Zusatzgewinne betragen (E 225) ∆(∆VjE ) = C∅ − Wj+ für die einzelnen Aktionäre und (E 226) Popt + W IV (A) E ∆(∆V E ) = a oR ⋅ C∅ − oR 2 für die gesamte Gruppe. Dieser Zusatzgewinn entspricht der Fläche v in Abbildung E 23. 3.3.2.3.4 Fallgruppe IV In den Fällen der Fallgruppe IV ist die ohne Regulierung für alle Beteiligten vorteilhafte Übernahme mit Regulierung für den Bieter nicht mehr vorteilhaft, sodass sie unterbleibt. Daher kommt es zu den durch Abbildung E 23 verdeutlichten Wirkungen der Regulierung. W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) WÜ C opt PoR + C =C C0 IV W IV = W + ∅ v W0 = W− u a* D a opt oR A a E Abb. E 24 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Synergiefall bei Streubesitz, Fallgruppe IV 3 Analyse des Übernahmeprozesses 253 Da die Übernahme nicht durchgeführt wird, entgeht den Aktionären der Gewinn, den sie in der unregulierten Situation erlangt hätten. Im Einzelnen heißt das: • Die Differenz der Gruppengrößen beträgt (E 227) • X ∆a X = −a oR für X ∈ {D, E} . Die Differenz der Endvermögen mit und ohne Regulierung beträgt für jeden Aktionär, der ohne Regulierung der Gruppe D angehört, (E 228) opt ∆(∆VjD ) = −(PoR − Wj0 ) und für die gesamte Gruppe (E 229) opt opt C0 + W 0 (a oR ) ∆V D = −a opt oR ⋅ PoR − . 2 Dieser Verlust der Aktionäre durch die Regulierung ist in der Abbildung E 23 als Fläche u dargestellt. • Die Vermögenseinbuße der Aktionäre, die ohne Regulierung der Gruppe E angehören, liegt im Ausbleiben der übernahmebedingten Wertsteigerung und beträgt (E 230) ∆(∆VjE ) = −(Wj+ − Wj0 ) für die einzelnen Aktionäre und (E 231) ∆(∆V E ) = (A − a opt oR ) ⋅ opt opt PoR − W 0 (a oR ) + W IV (A) − W 0 (A) 2 für die gesamte Gruppe. Dieser durch die Regulierung entstehende Verlust wird in Abbildung E 24 durch Fläche v verdeutlicht. Kapitel E 254 3.3.2.4 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Zusammenfassung der Ergebnisse für den Streubesitzfall In den nachfolgenden Tabellen werden die Wirkungen auf die Aktionäre der Zielgesellschaft noch einmal zusammengefasst. Fallgruppe Fall Bedingungen β≤ WÜIn − C IV 2⋅ A C ∅ ≤ C IV + β ⋅ A S1/1 WÜIn − C IV I 2⋅A S2/1 S3/1 2 ⋅ a* SYN 2 ⋅ a* W +C In Ü C∅ ≤ WÜIn − C IV WÜIn − C IV < β≤ IV 2 EXT Ü + A ⋅ TRANS Ü a ∅ C ≤ C + β ⋅a IV W − C IV In Ü 2⋅A C∅ < WÜIn + C + 2 II (WÜIn − C + ) 2 + 4 EXT W −C In Ü SYN Ü * * 2 ⋅ a* WÜIn + C IV 2 + A ⋅ TRANS Ü a <β < * a ∅ WÜIn + C IV 2 + (WÜIn − C IV )2 4 β≤ IV * + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ ) Ü WÜIn − C IV 2⋅ A C ∅ ≥ C IV + β ⋅ A WÜIn − C IV S2/4 In IV C ∅ < W Ü (A) III + WÜ − C C + β ⋅ A > C > C + β ⋅ a* IV C∅ < S1/2 IV + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ ) Ü IV 2 ⋅ a* S3/2 In WÜIn − C IV < β≤ C IV + β ⋅ A > C ∅ > S2/2 + WÜ − C a* <β < < β≤ WÜIn − C IV 2⋅A 2 ⋅ a* ∅ IV C ≥ C +β⋅A C∅ < WÜ (A) 3 Analyse des Übernahmeprozesses Fallgruppe 255 Fall Bedingungen EXT SYN Ü WÜIn − C IV + WÜ − C In a* <β < 2 ⋅ a* S3/4 III + A ⋅ TRANS Ü a C ≥ C +β⋅A ∅ IV * IV C ∅ < W Ü (A) β≤ WÜIn − C IV 2⋅ A C ∅ > C IV + β ⋅ A S1/3 C∅ ≥ WÜ (A) W − C IV In Ü 2⋅A WÜ + C In ∅ C ≥ IV In + 2 (WÜ − C ) IV 2 2 + β ⋅ (SYN Ü + A ⋅ TRANS Ü ) EXT 4 WÜIn − C IV 2⋅a WÜIn + CIV * CIV + β ⋅ A > C ∅ > S2/3 WÜIn − C IV < β≤ 2⋅A 2 ⋅ a* ∅ IV C ≥ C +β⋅A S2/5 IV WÜIn − C IV < β≤ C∅ ≥ WÜ (A) EXT W −C In Ü SYN Ü a <β < 2 ⋅ a* S3/3 * a ∅ + WÜ − C In IV * C + β ⋅ A > C > C + β ⋅ a* IV WÜ + C In ∅ C ≥ IV 2 (WÜ − C ) In + IV W −C 2 ⋅ a* SYN Ü IV 2 4 EXT In Ü S3/5 + A ⋅ TRANS Ü IV + β ⋅ (SYN Ü + A ⋅ TRANS Ü ) EXT + A ⋅ TRANS Ü IV a <β < * a ∅ + WÜ − C In IV * C ≥ C +β⋅A IV C∅ ≥ WÜ (A) Tab. E 8 Übersicht über die Fallgruppen und Einzelfälle bei Streubesitz Entscheidend für die Einteilung in die jeweiligen Fallgruppen sind dabei die folgenden Bedingungen: • Für die Einteilung in Fallgruppe I ist jeweils die zuletzt genannte Bedingung ausschlaggebend. Sie bringt zum Ausdruck, dass der Durchschnittsbörsen- 256 Kapitel E Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung kurs unterhalb des optimalen Preises ohne Regulierung liegt, sodass die Preisregel nicht greift und damit die Regulierung wirkungslos bleibt. • Die Einteilung in Fallgruppe II wird durch die jeweiligen letzten beiden Bedingungen bestimmt. Die jeweils vorletzte Bedingung bringt zum Ausdruck, dass die Regulierung greift, aber noch nicht alle Aktien erworben werden müssen. Die letzte Bedingung besagt, dass eine Übernahme auch zum höheren Preis für den Übernehmer noch lohnend ist. • Auch die Zuordnung zu Fallgruppe III ergibt sich aus den beiden jeweils zuletzt genannten Bedingungen. Die jeweils vorletzte Bedingung sagt aus, dass die Regulierung greift und dass der Durchschnittsbörsenkurs so hoch ist, dass zu diesem Preis alle Aktien gekauft werden müssen. Die letzte Bedingung sagt wiederum aus, dass eine Übernahme bei Kauf aller Aktien zu diesem Preis noch vorteilhaft ist. • Schließlich ist für die Einteilung in Fallgruppe IV die jeweils letztgenannte Bedingung entscheidend. Sie besagt, dass die Übernahme mit Regulierung für den Übernehmer nicht vorteilhaft ist. Für die jeweiligen Änderungen der Gruppengrößen und Vermögensänderungen wurden die folgenden Ergebnisse ermittelt: Tab. E 9 IV III II 0 opt PoR − C0 α opt opt PoR − CIV C∅ − PoR − β α A− −a BoR opt PoR − C IV β opt PoR − C IV β A− − opt PoR − C IV C∅ − C0 − β α opt opt PoR − C 0 PoR − C IV − α β A− opt C∅ − PoR β opt C∅ − PoR C∅ − C0 − β α opt C∅ − PoR β −a CoR −(A − a opt oR ) − 0 ∆aC Übersicht über die Differenzen der Gruppengrößen mit und ohne Regulierung bei Streubesitz −a AoR 0 C∅ < C0 + α – A C∅ − C0 α A− opt C∅ − PoR α 0 C∅ ≥ C0 + α ⋅ A opt < C0 + α PoR C0 + α ≤ C∅ < C0 + α ⋅ A opt PoR < C0 + α C ≥ C +α⋅A ∅ opt PoR ≥ C0 + α C∅ < C0 + α ⋅ A opt PoR ≥ C0 + α C∅ < C0 + α opt < C0 + α PoR C∅ ≥ C0 + α C∅ − C0 α opt opt C∅ − PoR C∅ − PoR − β α opt C∅ − PoR α opt PoR ≥ C0 + α opt PoR < C0 + α 0 0 ∆a B – Ausbeutungsfall I ∆a A Konstellation Fallgruppe −a DoR E a oR opt C∅ − PoR β 0 − −a EoR −a EoR opt C∅ − PoR β 0 ∆a E Synergiefall ∆a D 3 Analyse des Übernahmeprozesses 257 258 Kapitel E Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Über die Änderung der Gruppengrößen lassen sich folgende Aussagen treffen: • Die Größe der Gruppe A bleibt bei Vorliegen der Fallgruppe I unverändert, steigt in den Fällen der Fallgruppen II und III an und verringert sich (auf Null), wenn Fallgruppe IV vorliegt. • Die Größe der Gruppe B bleibt in Fallgruppe I ebenfalls unverändert. In Fallgruppe II hängt die Änderung von den Steigungen der Bewertungsfunktionen in t = 0 und der Angebotsfunktion in t = IV ab. Die Gruppengröße erhöht sich, wenn die Steigung der Angebotsfunktion kleiner ist als die der Bewertungsfunktion in t = 0. Im umgekehrten Fall vergrößert sich die Gruppe B. Der Umfang der Gruppe (nicht aber ihre Zusammensetzung) bleibt hingegen unverändert, wenn die beiden Steigungen gleich groß sind. Liegt die Fallgruppe III vor, so müssen die in der Tabelle aufgeführten fünf Konstellationen unterschieden werden. Bei Vorliegen der fünften Konstellation steigt die Größe der Gruppe B an, in der vierten Konstellation verringert sich die Gruppengröße stets. In der ersten bis dritten Konstellation kann die Gruppengröße steigen, sinken oder unverändert bleiben. Bei Vorliegen der Fallgruppe IV verringert sich die Gruppengröße wiederum auf null. • Die Größe der Gruppe C bleibt in Fallgruppe I unverändert und sinkt in allen anderen Fallgruppen. • Die im Synergiefall bei einer Übernahme auftretende Gruppe D bleibt bei Vorliegen der Fallgruppe I unverändert groß, vergrößert sich in den Fällen der Fallgruppen II und III und verkleinert sich auf Null, wenn Fallgruppe IV vorliegt. • Die Gruppe E, die ebenfalls dem Synergiefall zuzuordnen ist, bleibt in den Fällen der Fallgruppe I unverändert und verringert sich in allen anderen Fallgruppen. Die Wirkungen auf das Vermögen der Aktionäre der Zielgesellschaft sind in den folgenden Tabellen zusammengefasst: Tab. E 10 0 opt C ∅ − PoR >0 opt C ∅ − PoR >0 opt Wj0 − PoR >0 opt C ∅ − PoR >0 opt C ∅ − PoR >0 opt Wj0 − PoR <0 ∆(∆V ) B j Ausbeutungsfall 0 ∆(∆V ) A j + j 0 opt mR >0 opt Wj0 − PoR >0 C∅ − Wj+ 0 für j > a > 0; C − W für j ≤ a ∅ ∆(∆V ) C j opt mR <0 opt Wj0 − PoR >0 opt C ∅ − PoR >0 opt C ∅ − PoR 0 D j ∆(∆V ) Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die einzelnen Aktionäre bei Streubesitz IV III II I Fallgruppe + j 0 <0 opt Wj0 − PoR >0 C∅ − Wj+ 0 für j > a opt mR > 0; C − W für j ≤ a opt mR ∅ ∆(∆V jE ) Synergiefall 3 Analyse des Übernahmeprozesses 259 0 B opt a oR ⋅ (C∅ − PoR ) >0 B opt a oR ⋅ (C∅ − PoR ) >0 A opt a oR ⋅ (C∅ − PoR ) >0 A opt a oR ⋅ (C∅ − PoR ) >0 ∆ (∆V ) B opt oR C −P 2 >0 −∆a C ⋅ ∅ 0 ∆ (∆V ) C >0 0 opt oR 0 ∆ (∆V E ) Popt + W IV (A) E a oR ⋅ C∅ − oR > 0 2 >0 1 opt ⋅ ∆a D ⋅ (C∅ − PoR ) 2 Synergiefall 0 (A − aopt oR ) ⋅ <0 opt opt PoR − W 0 (a oR ) C + W (a ) 2 opt −a opt oR ⋅ PoR − 2 W IV (A) − W 0 (A) opt (A − aoR ) ⋅ 2 <0 >0 D opt a oR ⋅ (C∅ − PoR ) >0 D opt a oR ⋅ (C∅ − PoR ) 0 D ∆ (∆V ) Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die gesamten Aktionärsgruppen bei Streubesitz ∆a C ⋅ opt W 0 (a opt oR ) − PoR 2 0 IV (A) C W (A) − W +∆a ⋅ 2 Popt + W IV (A) ∆a C ⋅ C∅ − oR 2 >0 Ausbeutungsfall 0 ∆ (∆V ) A 1 B 0 opt opt 1 A opt a oR ⋅ (C0 − PoR ) ⋅ a oR ⋅ ( W (a oR ) − PoR ) 2 2⋅ <0 >0 Tab. E 11 IV III II I Fallgr. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 261 Die jeweiligen Vorzeichen der Vermögensänderungen sind in der Tabelle angegeben. Schon auf den ersten Blick ist erkennbar, dass die Regulierung nicht in allen Fällen und nicht für alle Aktionäre vorteilhafte Wirkungen entfaltet. Eine ausführliche Interpretation der Ergebnisse erfolgt im Anschluss an die Herleitung der Ergebnisse für den Paketfall. 3.3.3 Paket 3.3.3.1 Übertragung der Ergebnisse bei Streubesitz auf den Paketfall Die für den Streubesitzfall hergeleiteten Ergebnisse lassen sich mit einigen Modifikationen auch auf den Paketfall übertragen. Dies soll hier zur Vermeidung von Wiederholungen nur beispielhaft dargestellt werden. Anschließend werden die Ergebnisse für den Paketfall in einer vollständigen Übersicht zusammengefasst. Zunächst werden analog zur Untersuchung bei Streubesitz Fallgruppen gebildet: • Fallgruppe I: Fälle, in denen die Preisregel nicht greift, weil der Paketpreis unter dem optimalen Preis ohne Regulierung liegt. Das sind die Fälle P1/1, P2/1, P3/1, P5/1, P6/1 und P7/1.1 • Fallgruppe II: Fälle, in denen die Preisregel greift, aber nicht alle Aktien gekauft werden. Das sind die Fälle P2/2, P3/2, P6/2 und P7/2. • Fallgruppe III: Fälle, in denen alle Aktien zum Preis von PP gekauft werden. Das sind die Fälle P1/2, P2/4, P3/4, P5/2, P6/4 und P7/4. • Fallgruppe IV: Fälle, in denen eine Übernahme mit Regulierung nicht mehr vorteilhaft ist, sodass keine Aktien gekauft werden. Das sind die Fälle P1/3, P2/3, P2/5, P3/3, P3/5, P5/3, P6/3, P6/5, P7/3 und P7/5. 1 Die Fälle P7/x stellen in gewisser Weise Sonderfälle dar, da in der Situation ohne Regulierung nur das Paket gekauft wird. Im Rahmen des Angebots werden also ohne Regulierung keine Aktien gekauft. Insofern gibt es für diese Situation eigentlich keinen optimalen Preis. Die Übernahme ist allerdings trotzdem erfolgreich, da bei den Fällen P7/x ein beherrschendes Paket gekauft wird. Setzt man jedoch C IV als fiktiven Optimalpreis ohne Regulierung an, also den höchsten Preis zu dem gerade keine Aktie bei einem Angebot gekauft würde, so lassen sich auch diese Sonderfälle in das Fallgruppenschema einordnen. 262 Kapitel E Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Die Analogie der Herleitung der Ergebnisse soll beispielhaft für einen Fall der Fallgruppe II anhand der folgenden Abbildung verdeutlicht werden: W IV (a) W Ü (a) W 0 (a) y WÜ PP opt PoR u v w z x CIV = C+ a* a P (a AoR + a P ) A P a opt oR (a mR + a ) ∆a A a opt mR a ∆a C Abb. E 25 Wirkungen der Regulierung auf die Zielgesellschaftsaktionäre im Ausbeutungsfall bei Paketkauf, Fallgruppe II Abgebildet ist eine Situation, die dem Fall P6/2 entspricht. Das bedeutet, es wird ein beherrschendes Paket gekauft. In der Situation ohne Regulierung werden zuopt gekauft. sätzlich im Rahmen eines freiwilligen Angebots Aktien zum Preis PoR Mit Regulierung muss ein Pflichtangebot zum höheren Preis P P abgegeben werden. Man erkennt, dass sich die gleiche Situation wie im Streubesitzfall ergibt mit dem einzigen Unterschied, dass der Optimalpreis mit Regulierung nicht durch den Durchschnittsbörsenkurs bestimmt wird, sondern durch den annahmegemäß höheren Paketpreis PP . Insofern soll hier auf eine explizite rechnerische Herleitung verzichtet werden. Einige Ergebnisse lassen sich aber bereits an der Zeichnung direkt ablesen, so opt z.B., dass für den hier abgebildeten Fall PoR > C 0 + α für die Differenz der Größe der Gruppe A 3 Analyse des Übernahmeprozesses (E 232) ∆a A = 263 opt P P − PoR α gilt, was man als Übertragung der Differenz der gezahlten Preise (= Erhöhung des Ordinatenwertes) auf die Abszisse ablesen kann. Auch die Veränderung der Größe von Gruppe C lässt sich direkt aus der Abbildung ablesen und beträgt (E 233) ∆a C = − opt P P − PoR . β Für diejenigen Aktionäre, die in der unregulierten Situatsion der Gruppe A angehören, ergibt sich die Differenz der Vermögensänderungen eines jeden Aktionärs und damit die Wirkung der Regulierung auf seine vermögensmäßige Betroffenheit als (E 234) opt ∆(∆VjA ) = P P − PoR und für die gesamte Gruppe als (E 235) A opt ∆ (∆V A ) = a oR ⋅ (P P − PoR ). In der Abbildung E 25 kann diese Wirkung als Fläche u abgelesen werden. Auf analoge Weise lassen sich die Vermögensänderungen der anderen Gruppe ablesen: (E 236) opt ∆(∆VjB ) = P P − PoR , (E 237) opt ∆ (∆V B ) = a BoR ⋅ (P P − PoR ). In Abbildung E 25 entspricht diese Differenz der Fläche v. (E 238) ∆(∆VjC ) = PP − Wj0 für j ≤ a opt mR und (E 239) ∆(∆VjC ) = 0 für j > a opt mR . 264 Kapitel E Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Die Unterscheidung drückt aus, ob die Aktionäre mit Regulierung verkaufen und damit in die Gruppe A oder B wechseln, oder ob sie auch mit Regulierung der Gruppe C der Minderheitsaktionäre angehören. Die Wirkung auf die Gesamtheit der Angehörigen von Gruppe C ergibt sich als (E 240) ∆(∆V C ) = −∆a C ⋅ opt P P − PoR . 2 Dies entspricht in Abbildung E 25 den Flächen w und x, wobei die Fläche w die Wirkung auf die Wechsler in Gruppe A und Fläche x die Wirkung auf die Wechsler in Gruppe B darstellt. Wie mithilfe dieser Ausführungen verdeutlicht werden sollte, ergeben sich also vollkommen analoge Ergebnisse zum Streubesitzfall. Entscheidend für die Wirkung ist in den jeweiligen Fällen lediglich der einzuhaltende Mindestpreis, der sich im Streubesitzfall als durchschnittlicher Börsenkurs C∅ und im Paketfall als gezahlter Paketpreis PP ergibt. Ob es sich um ein Übernahmeangebot oder ein Pflichtangebot handelt, spielt demgegenüber für die Wirkung keine Rolle. Ebenso lassen sich entsprechende Ergebnisse für alle anderen Fälle herleiten. Hierauf soll jedoch verzichtet werden, stattdessen sollen nur die Ergebnisse dieser Herleitungen im folgenden Abschnitt präsentiert werden. 3.3.3.2 Ergebnisse für den Paketfall Die Ergebnisse für den Paketfall können wie folgt zusammengefasst werden: Fallgruppe Fall Bedingungen a P < a* W In − CIV β≤ Ü 2 ⋅ (A − a P ) P1/1 P P ≤ CIV + β ⋅ (A − a P ) I a P < a* W −C W In − CIV ≤ β≤ Ü* 2 ⋅ (A − a P ) 2 ⋅ (a − a P ) In Ü P2/1 IV PP ≤ WÜIn + CIV 2 265 3 Analyse des Übernahmeprozesses Fallgruppe Fall Bedingungen a P < a* P3/1 WÜIn − C IV <β < 2 ⋅ (a * − a P ) SYN EXT Ü + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (PP − WÜIn ) + (WÜIn − CIV ) a* − a P a* − a P P P ≤ CIV + β ⋅ (a * − a P ) a P ≥ a* W In − CIV β≤ Ü 2 ⋅ (A − a P ) I P5/1 P P ≤ CIV + β ⋅ (A − a P ) a P ≥ a* WÜIn − CIV ≤ β < WÜIn − CIV 2 ⋅ (A − a P ) P6/1 WÜIn + CIV 2 a P ≥ a* β ≥ WÜIn − CIV PP ≤ P7/1 P P < CIV + β ⋅1 a P < a* W In − CIV W −C ≤ β≤ Ü* 2 ⋅ (A − a P ) 2 ⋅ (a − a P ) In Ü II P2/2 IV CIV + β ⋅ (A − a P ) > P P > WÜIn + C IV 2 2 PP < WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) WÜIn + C IV − β ⋅ a P + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 2 4 a P < a* P3/2 WÜIn − C IV <β < 2 ⋅ (a * − a P ) SYN EXT + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (PP − WÜIn ) Ü + (W In − CIV ) a* − a P a* − a P C IV + β ⋅ (A − a P ) > P P > C IV + β ⋅ (a * − a P ) 2 PP < WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) WÜIn + C IV − β ⋅ a P + + β ⋅ (SYN ÜEXT + A ⋅ TRANS) 2 4 a P ≥ a* W −C ≤ β < WÜIn − CIV 2 ⋅ (A − a P ) In Ü P6/2 IV CIV + β ⋅ (A − a P ) > P P > WÜIn + C IV 2 2 PP < WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) WÜIn + C IV − β ⋅ a P + + β ⋅ (SYN ÜEXT + A ⋅ TRANS) 2 4 266 Kapitel E Fallgruppe Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Fall Bedingungen a P ≥ a* β ≥ WÜIn − CIV II CIV + β ⋅1 ≤ P P < CIV + β ⋅ (A − a P ) P7/2 2 PP < WÜIn − (CIV − β ⋅ a P ) WÜIn + CIV − β ⋅ a P + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 2 4 a P < a* W In − CIV β≤ Ü 2 ⋅ (A − a P ) P1/2 P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P < WÜ (A) a P < a* W In − CIV W −C ≤ β≤ Ü* 2 ⋅ (A − a P ) 2 ⋅ (a − a P ) In Ü P2/4 IV P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P < WÜ (A) a P < a* P3/4 WÜIn − C IV <β < 2 ⋅ (a * − a P ) SYN EXT Ü + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (PP − WÜIn ) + (WÜIn − CIV ) a* − a P a* − a P P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P < WÜ (A) III a P ≥ a* W In − CIV β≤ Ü 2 ⋅ (A − a P ) P5/2 P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P < WÜ (A) a P ≥ a* W −C ≤ β < WÜIn − CIV 2 ⋅ (A − a P ) In Ü P6/4 IV P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P < WÜ (A) P7/4 a P ≥ a* β ≥ WÜIn − CIV P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P < WÜ (A) 267 3 Analyse des Übernahmeprozesses Fallgruppe Fall Bedingungen P1/3 a P < a* W In − CIV β≤ Ü 2 ⋅ (A − a P ) P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P ≥ WÜ (A) a P < a* W −C W In − CIV ≤ β≤ Ü* 2 ⋅ (A − a P ) 2 ⋅ (a − a P ) In Ü P2/3 IV CIV + β ⋅ (A − a P ) > P P > WÜIn + C IV 2 2 PP ≥ WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) WÜIn + C IV − β ⋅ a P + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 2 4 a P < a* W In − CIV W −C ≤ β≤ Ü* 2 ⋅ (A − a P ) 2 ⋅ (a − a P ) In Ü P2/5 IV P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P ≥ WÜ (A) IV a P < a* P3/3 WÜIn − C IV <β < 2 ⋅ (a * − a P ) + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (PP − WÜIn ) SYN EXT Ü + (WÜIn − CIV ) a* − a P a* − a P C IV + β ⋅ (A − a P ) > P P > C IV + β ⋅ (a * − a P ) 2 PP ≥ WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) WÜIn + C IV − β ⋅ a P + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 2 4 a P < a* P3/5 WÜIn − C IV <β < 2 ⋅ (a * − a P ) SYN EXT Ü + A ⋅ TRANSÜ − a P ⋅ (PP − WÜIn ) + (WÜIn − CIV ) a* − a P a* − a P P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P ≥ WÜ (A) P5/3 a P ≥ a* W In − CIV β≤ Ü 2 ⋅ (A − a P ) P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P ≥ WÜ (A) 268 Kapitel E Fallgruppe Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Fall Bedingungen a P ≥ a* W −C ≤ β < WÜIn − CIV 2 ⋅ (A − a P ) In Ü P6/3 IV CIV + β ⋅ (A − a P ) > P P > WÜIn + C IV 2 2 PP ≥ WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) WÜIn + C IV − β ⋅ a P + + β ⋅ (SYN EXT + A ⋅ TRANS) Ü 2 4 a P ≥ a* IV W −C ≤ β < WÜIn − CIV 2 ⋅ (A − a P ) In Ü IV P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P6/5 P P ≥ WÜ (A) a P ≥ a* β ≥ WÜIn − CIV CIV + β ⋅1 ≤ P P < CIV + β ⋅ (A − a P ) P7/3 2 PP ≥ P7/5 WÜIn − (C IV − β ⋅ a P ) WÜIn + C IV − β ⋅ a P + + β ⋅ (SYN ÜEXT + A ⋅ TRANS) 2 4 a P ≥ a* β ≥ WÜIn − CIV P P > CIV + β ⋅ (A − a P ) P P ≥ WÜ (A) Tab. E 12 Übersicht über die Fallgruppen und Einzelfälle bei Paketerwerb Zur Einteilung in die Fallgruppen lässt sich feststellen: • Für die Einteilung in Fallgruppe I ist jeweils die zuletzt genannte Bedingung entscheidend. Sie sagt aus, dass der Durchschnittsbörsenkurs unterhalb des optimalen Preises ohne Regulierung liegt, sodass die Preisregel nicht greift. • Die Einordnung in Fallgruppe II wird durch die jeweiligen letzten beiden Bedingungen bewirkt. Die jeweils vorletzte Bedingung zeigt an, dass die Regulierung greift, aber nicht alle Aktien erworben werden müssen. Die letzte Bedingung besagt, dass eine Übernahme auch mit Regulierung für den Übernehmer noch vorteilhaft ist. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 269 • Die Zuordnung zu Fallgruppe III ergibt sich ebenfalls aus den beiden jeweils zuletzt genannten Bedingungen. Die vorletzte Bedingung besagt, dass die Regulierung greift und dass der Paketpreis so hoch ist, dass zu diesem Preis alle Aktien gekauft werden müssen. Die letzte Bedingung sagt wiederum aus, dass eine Übernahme bei Kauf aller Aktien auch zu diesem Preis für den Übernehmer noch lohnend ist. • Für die Einteilung in Fallgruppe IV ist die jeweils letztgenannte Bedingung ausschlaggebend. Sie zeigt an, dass die Übernahme mit Regulierung für den Übernehmer nicht vorteilhaft ist. Für die Änderungen der Gruppengrößen und die Veränderungen der Endvermögen ergeben sich die in den folgenden Tabellen zusammengefassten Wirkungen. Tab. E 13 IV opt PoR < C0 + α 0 P 0 P opt PP − PoR β − opt PoR − C IV β Übersicht über die Differenzen der Gruppengrößen mit und ohne Regulierung bei Paketkauf – −a BoR 0 −a AoR P ∅ −C C −C − β α A − a opt oR P IV 0 A− opt oR opt opt PoR − C 0 PoR − C IV − α β opt opt PoR − C IV P P − PoR − β α (A − a P ) − P −P α opt oR opt PP − C0 P P − PoR − β α − P PP < C0 + α P PP − C0 α P opt − C0 − oR α (A − a P ) opt P P − PoR α 0 PP − C0 α opt oR P −P β P A −a P opt oR ∆a 0 B Ausbeutungsfall P ≥ C + α ⋅ (A − a ) opt PoR < C0 + α P C + α ≤ P < C + α ⋅ (A − a ) 0 P P ≥ C + α ⋅ (A − a ) opt PoR ≥ C0 + α P P < C0 + α ⋅ (A − a P ) opt PoR ≥ C0 + α PP < C0 + α opt < C0 + α PoR PP ≥ C0 + α opt < C0 + α PoR P P −P α ∆a 0 A 0 opt P P − PoR β −a CoR −(A − a opt oR ) − 0 ∆a C −a DoR E a oR opt PP − PoR β 0 ∆a D − −a EoR −a EoR opt P P − PoR β 0 ∆a E Synergiefall Kapitel E III II - I opt ≥ C0 + α PoR Konstellationen Fallgruppe 270 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung 0 opt P P − PoR >0 opt P P − PoR >0 opt Wj0 − PoR >0 opt P P − PoR >0 opt P P − PoR >0 opt Wj0 − PoR <0 ∆(∆V ) B j Ausbeutungsfall 0 ∆(∆V ) A j + j 0 opt mR >0 <0 opt Wj0 − PoR Wj0 − Wj+ opt P P − PoR >0 opt P P − PoR 0 >0 opt mR ∆(∆V ) D j >0 PP − Wj+ 0 für j > a > 0; P − W für j ≤ a P ∆(∆V ) C j Tab. E 14: Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die einzelnen Aktionäre bei Paketkauf IV III II I Fallgruppe + j 0 <0 Wj0 − Wj+ >0 PP − Wj+ 0 für j > a opt mR > 0; P − W für j ≤ a opt mR P ∆(∆V jE ) Synergiefall 3 Analyse des Übernahmeprozesses 271 Tab. E 15/1 IV >0 1 B P opt ⋅ a oR ⋅ ( W 0 (a opt oR − a ) − PoR ) 2 ∆a C ⋅ opt P P − PoR 2 >0 P opt 0 P IV P W 0 (a opt oR − a ) − PoR + W (A − a ) − W (A − a ) 2 >0 Popt + W IV (A − a P ) ∆a C ⋅ P P − oR 2 >0 −∆a C ⋅ 0 ∆ (∆V C ) Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die gesamten Aktionärsgruppen bei Paketkauf im Ausbeutungsfall 1 A opt a oR ⋅ (C0 − PoR ) 2⋅ <0 >0 B opt a oR ⋅ (P P − PoR ) A opt a oR ⋅ (P P − PoR ) >0 >0 B opt a oR ⋅ (P P − PoR ) A opt a oR ⋅ (P P − PoR ) >0 0 ∆ (∆V B ) 0 ∆ (∆V A ) Ausbeutungsfall Kapitel E III II I Fallgruppe 272 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Tab. E 15/2 IV III II I Fallgruppe 0 opt oR −a ) −a EoR ⋅ P E a oR ⋅ PP − <0 opt opt PoR − W 0 (a oR − a P ) − W IV (A − a P ) − W 0 (A − a P ) 2 >0 + W IV (A − a P ) 2 Übersicht über die Wirkungen der Regulierung auf die gesamten Aktionärsgruppen bei Paketkauf im Synergiefall <0 0 opt C + W (a −a DoR ⋅ PoR − 2 >0 D opt a oR ⋅ (P P − PoR ) opt oR >0 D opt a oR ⋅ (P P − PoR ) >0 0 ∆ (∆V E ) 1 opt ⋅ ∆a D ⋅ (P P − PoR ) 2 P Synergiefall 0 ∆ (∆V ) D 3 Analyse des Übernahmeprozesses 273 Kapitel E 274 Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Die für den Paketfall gefundenen Ergebnisse sollen noch einmal anhand eines abschließenden Beispiels verdeutlicht werden. Beispiel E 11 Es soll auf die Daten der Beispiele E 6, E 7, E 9 und E 10 zurückgegriffen werden. Die Ausgangsgrößen sind demnach A = 8.000 Aktien, a * = 3.200 Aktien, WÜIn = 440 GE, IV A ⋅ TRANSÜ + SYN Ext = 400 GE, β = 0,01 , a P = 3.200 , P P = 445 GE. Ü = 40.000 , C Die Steigung der Bewertungsfunktion in t = 0 betrage α = 0,0125 , der Abszissenabschnitt beträgt alternativ C 0 = 410 GE , was den Ausbeutungsfall bedeutet, und C 0 = 380 , was den Synergiefall repräsentiert. In den vorgenannten Beispielen wurden folgende Ergebnisse ermittelt: A B D E a oR = 800 , a oR = 1.200 , a CoR = 2.800 , a oR = 2.000 , a oR = 2.800 , B a AmR = 2.800 , a oR = 1.700 , a CoR = 300 , a DmR = 4.500 , a EmR = 300 , B C D E A ∆VoR = +4.000 , ∆VoR = −9.000 , ∆VoR = −51.800 , ∆VoR = +55.000 , ∆VoR = +32.200 , A B C D ∆VmR = +49.000 , ∆VmR = −18.062,50 , ∆VmR = −6487,50 , ∆VoR = +165.937,50 , E ∆VoR = +2.512,50 . Als Übernahmegewinn wurde in der Situation ohne Regulierung 64.000 GE und in der Situation mit Regulierung 1.500 GE ermittelt. Der vorliegende Fall P6/2 gehört gem. Tabelle E 12 zur Fallgruppe II. a) Ausbeutungsfall Die Differenzen der Gruppengrößen ergeben sich gem. Tabelle E 13 als ∆a A = opt P P − PoR 445 − 420 = = +2.000 , α 0,0125 ∆a B = opt opt P P − PoR P P − PoR 25 25 − = − = +500 und β α 0,01 0,0125 ∆a C = − opt P P − PoR 25 =− = −2.500 . β 0,01 Diese Ergebnisse hätten auch direkt als Differenz der ermittelten Gruppengrößen mit und ohne Regulierung ermittelt werden können. Die Gruppe A derjenigen Aktionäre, die mit Gewinn verkaufen können, wird um 2000 größer. Da die Steigung β der Angebotsfunktion kleiner ist als die Steigung α der Bewertungsfunktion in der Ausgangssituation, wird auch die Gruppe B größer, und zwar um 500 Aktionäre. Die Gruppe C der Minderheitsaktionäre wird dementsprechend um 2.500 kleiner. Die Wirkung der Regulierung auf die Angehörigen der jeweiligen Gruppen in der Ausgangssituation betragen gem. Tabelle E 15/1 3 Analyse des Übernahmeprozesses 275 A opt ∆(∆V A ) = a oR ⋅ (P P − PoR ) = 800 ⋅ (445 − 420) = +20.000GE , opt ∆(∆V B ) = aBoR ⋅ (P P − PoR ) = 1.200 ⋅ (445 − 420) = +30.000GE und ∆(∆V C ) = −∆a C ⋅ opt P P − PoR 445 − 420 = 2.500 ⋅ = +31.250GE . 2 2 Alle Aktionäre der Gruppen A und B der Situation ohne Regulierung können durch die Regulierung einen Gewinn gegenüber der unregulierten Situation erzielen. Von der Gruppe C der Situation ohne Regulierung können 2.500 durch die Regulierung ihr Vermögen erhöhen, für die restlichen 300 ergibt sich in beiden Situationen die gleiche vermögensmäßige Betroffenheit. Insgesamt erhalten die Aktionäre durch die Regulierung einen Vermögenszuwachs von 81.250 GE. Dieser Vermögenszuwachs geht mit einer Reduzierung des Übernahmegewinns des Bieters in Höhe von 62.500 GE einher. Dieser Unterschied ist wir folgt zu erklären: Die Summe der Gewinne der Gruppen A und B entspricht dem Mehrpreis von 50.000 für die in der Situation ohne Regulierung gekauften Aktien, also aus Sicht des Bieters dem Preiseffekt, der seinen Übernahmegewinn entsprechend mindert. Die restliche Gewinnminderung in Höhe von 12.500 GE ergibt sich als Netto-Mengeneffekt. Für die 2.500 Aktien, die er mit Regulierung mehr kauft, muss er insgesamt 1.112.500 GE bezahlen (Mengeneffekt I), der innere Wert der Aktien beträgt aus seiner Sicht aber nur 1.100.000 GE (Mengeneffekt II). Die 2.500 zusätzlich verkaufenden Aktionäre messen den Aktien aber im Durchschnitt den Wert von 432,50 GE zu. Der Wert dieser Aktien beträgt für diese Aktionäre also insgesamt nur 1.081.250. Die Differenz zum inneren Wert aus der Sicht des Bieters in Höhe von 18.750 GE stellt den Betrag dar, um den der Vermögenszuwachs der Aktionäre die Vermögensminderung des Bieters übersteigt. b) Synergiefall Die Änderungen der Gruppengrößen ergeben sich gem. Tabelle E 13 als ∆a D = opt P P − PoR 445 − 420 = = 2.500 und 0,01 β ∆a E = − opt P P − PoR = −2.500 . β Die zusätzlichen Gewinne durch die Regulierung ergeben sich für die Angehörigen der Gruppen der Situation ohne Regulierung gem. Tabelle E 15/2 als D opt ∆(∆V D ) = a oR ⋅ (P P − PoR ) = 2.000 ⋅ (445 − 420) = 50.000GE und ∆ (∆V E ) = 1 1 opt ⋅ ∆a D ⋅ (P P − PoR ) = ⋅ 2.500 ⋅ (445 − 420) = 31.250GE 2 2 Der Vermögenszuwachs der Gruppe D entspricht aus der Sicht des Bieters dem Preiseffekt. Der Zusatzgewinn der Gruppe E beträgt ebenso wie derjenige der Minderheitsaktionärsgruppe C im vorher betrachteten Ausbeutungsfall 31.250 GE, was sich dadurch ergibt, dass die Fälle in diesem Beispiel die gleiche Steigung haben. 276 4 Kapitel E Modelltheoretische Untersuchung der Regulierung Wertung der Modellergebnisse Die modelltheoretische Untersuchung hat gezeigt, dass der Übernehmer durch die Regulierung nie besser gestellt werden kann; sofern aber eine der Preisregeln greift, verringert sich sein Übernahmegewinn. Die Verringerung des Gewinns resultiert aus zwei Effekten: • dem Preiseffekt, also dem Mehrpreis für die ohne Regulierung optimale Menge zu kaufender Aktien, und • dem Netto-Mengeneffekt, also dem Preis für die zusätzlich zu kaufenden Aktien abzüglich deren innerem Wert. Die Verringerung des Übernahmegewinns kann so weit gehen, dass eine ohne Regulierung aus der Sicht des Bieters vorteilhafte Übernahme mit Regulierung nicht vorteilhaft ist. Dies führte in der Modellwelt dazu, dass der Bieter die unvorteilhafte Übernahme unterlässt. Das vom Gesetzgeber propagierte Nebenziel, ein Übernahmerecht zu schaffen, das Unternehmensübernahmen weder fördert noch verhindert,1 wurde nach den Ergebnissen des Modells also verfehlt. Dies ist wenig überraschend: Die Regulierung beschneidet den Bieter in der Freiheit der Ausgestaltung seines Angebots. Im für den Bieter günstigsten Fall ist seine im unregulierten Fall optimale Strategie durch die Regulierung nicht betroffen. Dann kann er sie auch in der regulierten Situation wählen. Ist aber seine Optimalstrategie durch die Regulierung verboten, so kann jede Abweichung hiervon nur zu einer Verschlechterung seiner Situation führen. Fraglich ist insofern, ob die Schlechterstellung des Bieters durch das Schutzziel des Übernahmegesetzes gerechtfertigt ist und ob dieses Ziel durch die Regulierung in angemessener Weise erreicht wird. Als Hauptziel für die Einführung der Pflichtangebotsregelung sowie der Regeln zur Ausgestaltung von Übernahme- und Pflichtangeboten als Vollangebot mit bestimmten Mindestpreisregeln hat der Gesetzgeber den Schutz der Aktionäre der Zielgesellschaft genannt. Diese Aktionäre sollen vor Vermögenseinbußen geschützt werden, die dadurch entstehen können, dass sie Gefahr laufen, erstmals in die Position von Minderheitsaktionären eines abhängigen Unternehmens zu geraten oder sich einem neuen Mehrheitsaktionär gegenüber zu sehen.2 Von dieser Gefahr sind nicht nur diejenigen Aktionäre betroffen, die tatsächlich als Minderheitsaktionäre nach der Übernahme in der Gesellschaft verbleiben, sondern auch 1 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 28. 2 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 34, 60. 4 Wertung der Modellergebnisse 277 diejenigen, die, um eine solche Stellung zu vermeiden, ihre Aktien zu einem Preis verkaufen, der unterhalb ihrer Werteinschätzung ohne Übernahme liegt. Nach der hier vertretenen Auffassung wird eine gesetzliche Regulierung dem Ziel des Schutzes vor derartigen Vermögenseinbußen dann gerecht, wenn es gewährleistet, dass die Aktionäre der Zielgesellschaft nach der Übernahme mindestens das gleiche Vermögen haben wie vorher. Jeder übernahmebedingte Vermögenszuwachs wird als Gewinn interpretiert, den die Aktionäre erlangen.1 Es wurde herausgearbeitet, dass sich in der unregulierten Situation Konstellationen ergeben können, in denen einzelne Aktionärsgruppen durch die Übernahme Vermögenseinbußen erleiden. Tabelle E 16 bildet die Vermögensänderungen der Angehörigen der einzelnen Gruppen durch die Übernahme in einer Situation ohne Regulierung ab. Ein Pluszeichen ist dabei als Vermögenserhöhung (Gewinn) und ein Minuszeichen als Vermögenseinbuße (Verlust) zu interpretieren. Ausbeutungsfall Synergiefall ∆V ∆V ∆V ∆V ∆VjE + − − + + A j Tab. E 16 B j C j D j Vermögensänderungen der Zielgesellschaftsaktionäre ohne Regulierung Man erkennt leicht, dass sich nicht in allen Fällen ein Schutzbedürfnis ergibt. In den unter dem Oberbegriff Synergiefall zusammengefassten Konstellationen, die sich dadurch auszeichnen, dass positive Synergieeffekte eventuelle Ausbeutungen übertreffen, machen alle Aktionäre der Zielgesellschaft einen Gewinn, entweder dadurch, dass ihnen ein über ihrem individuellen Wert liegender Preis gezahlt wird oder dadurch, dass sie als Minderheitsaktionäre in der Gesellschaft verbleiben und an der Wertsteigerung ihrer Aktie durch die Synergieeffekte teilhaben. Ein Schutzbedürfnis ergibt sich aber in den unter dem Begriff Ausbeutungsfall subsumierten Konstellationen. Es wurde in der Untersuchung gezeigt, dass es in diesen Fällen mindestens eine Gruppe von Aktionären gibt, die ihre Aktien mit Verlust an den Übernehmer verkaufen (Gruppe B). Ihr Verlust resultiert aus der drohenden Ausbeutung, da sie nur zu diesem Preis an den Übernehmer verkaufen, damit sie nicht in die individuell noch nachteiligere Position von Minderheitsakti- 1 Als „Nulllinie“ wird also das Vermögen der Aktionäre vor dem Übernahmeversuch angenommen. Die Festlegung dieser Referenzgröße zur Beurteilung der Angemessenheit des Schutzsystems ist im Gegensatz zu den bisher entwickelten Modellergebnissen rein ethischnormativer Natur. Je nach Ausprägung des Verständnisses von „Gerechtigkeit“ sind auch andere Referenzwerte denkbar. Hierauf wird weiter unten noch zurückzukommen sein. 278 Kapitel E Modelltheoretische Analyse der Regulierung onären gelangen. Daneben gibt es in den Fällen, in denen nicht alle Aktien gekauft werden, eine Gruppe von Minderheitsaktionären (Gruppe C), die nach wie vor durch die drohende Ausbeutung Vermögenseinbußen erleiden. Es kann jedoch selbst im Ausbeutungsfall Aktionäre geben, die durch die Übernahme einen Gewinn erzielen (Gruppe A), weil der gebotene Preis ihren individuellen Wert der Aktie übersteigt. Dieser Gewinn kann im Einzelfall sogar größer sein als die Verluste der beiden anderen Gruppen. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass es Aktionäre gibt, die ausbeutungsbedingte Verluste erleiden, sodass sich das beschriebene Schutzbedürfnis ergibt. In der Untersuchung wurden weiterhin die Wirkungen der Regulierung auf das Vermögen der Zielgesellschaftsaktionäre analysiert. Es zeigte sich, dass man keineswegs davon ausgehen kann, dass die beschriebene Gefahr durch die gesetzlichen Regeln in allen Fällen behoben oder zumindest abgemildert wird. Es kann nicht einmal eine für alle Fälle und Aktionärsgruppen positive Wirkung festgestellt werden. Im Gegenteil konnten Bedingungen für Fälle herausgearbeitet werden, in denen entweder gar keine Wirkung auftritt oder sich sogar die unerwünschte Wirkung ergibt, dass sich einzelne Gruppen von Aktionären oder gar alle Aktionäre schlechter stellen als ohne Regulierung. In der folgenden Tabelle E 17 sind die Wirkungen der Regulierung auf das Endvermögen für alle Fälle, in denen ohne Regulierung eine Übernahme stattfinden würde sowohl für Streubesitz als auch Paketkauf sowie für Ausbeutungs- und Synergiefall, verdichtet dargestellt. Ein Pluszeichen ist dabei als Erhöhung des Endvermögens in der regulierten Situation gegenüber der unregulierten Situation zu interpretieren, entsprechend ein Minuszeichen als Minderung und ein Gleichheitszeichen als Ausweis, dass das Endvermögen der betrachteten Aktionäre in beiden Situationen gleich groß ist. 4 Wertung der Modellergebnisse 279 Ausbeutungsfall Fall-gruppe Fälle I S1/1, S2/1, S3/1, P1/1, P2/1, P3/1, P5/1, P6/1, P7/1 ∆(∆V ) ∆(∆V ) A j = B j Synergiefall ∆(∆V ) ∆(∆VjD ) ∆(∆V jE ) = = = C j = + II S2/2, S3/2, P2/2, P3/2, P6/2, P7/2 für + j≤a + opt mR + für ; j ≤ a opt mR ; + = für j>a = opt mR für j > a opt mR III S1/2, S2/4, S3/4, P1/2, P2/4, P3/4, P5/2, P6/4, P7/4 + + + + + IV S1/3, S2/3, S2/5, S3/3, S3/5, P1/3, P2/3, P2/5, P3/3, P3/5, P5/3, P6/3, P6/5, P7/3, P7/5 − + + − − Tab. E 17 Zusammenfassung der Wirkungen der Regulierung auf die Aktionäre der Zielgesellschaft In allen Fällen der Fallgruppe I ergibt sich keine Vermögensänderung für die Zielgesellschaftsaktionäre durch die Regulierung. Dies wäre nur dann sachgerecht, wenn sich in diesen Konstellationen das beschriebene Schutzbedürfnis nicht ergäbe. Dies trifft aber wie oben gezeigt zumindest für den sog. Ausbeutungsfall nicht zu. Es gibt dann stets eine Gruppe von Aktionären, die einen Verlust erleiden, weil sie ihre Aktien unter ihrem individuellen Wert an den Übernehmer verkaufen (Gruppe B). Daneben gibt es in den Fällen, in denen nicht alle Aktien gekauft werden – das sind alle Fälle der Fallgruppe außer S1/1 und P1/1 – eine Gruppe von Minderheitsaktionären (Gruppe C), die nach wie vor durch die drohende Ausbeutung Vermögenseinbußen erleidet. Im Synergiefall ist das Ergebnis hingegen als sachgerecht zu bezeichnen, da das Schutzbedürfnis in diesem Fall gar nicht besteht, weil alle Aktionäre schon ohne Regulierung Vorteile aus der Übernahme ziehen. 280 Kapitel E Modelltheoretische Analyse der Regulierung Bei der Betrachtung der Ergebnisse für die Fallgruppen II und III könnte man demgegenüber auf ersten Blick meinen, dass die Regulierung zu einer Verbesserung der Situation führe. Fast alle Aktionäre werden mit Regulierung besser gestellt als ohne Regulierung und kein Aktionär wird schlechter gestellt. Zudem wurde herausgearbeitet, dass in diesen Fallgruppen die Gruppe A der Aktionäre, die mit Gewinn verkaufen können, stets größer oder gleich groß ist wie im unregulierten Fall sowie dass die Gruppe C der verbleibenden Minderheitsaktionäre mit Regulierung stets kleiner oder gleich groß ist. Doch auch hier ist eine differenziertere Betrachtung notwendig. Sieht man sich zunächst den Ausbeutungsfall an, so ist zum einen festzustellen, dass dann, wenn nicht alle Aktien gekauft werden – also in allen Fällen der Fallgruppe II – eine Gruppe von Minderheitsaktionären verbleibt, die ohne und mit Regulierung die gleichen Vermögensverluste durch Ausbeutung erleidet. Zum anderen werden die Vermögensverluste bei den verkaufenden Aktionären nur dann vollständig kompensiert, wenn sie mit Regulierung der Gruppe A angehören, da auch die Aktionäre der Gruppe B einen Verlust beim Verkauf erleiden. Dennoch ist unbestreitbar eine Verbesserung eingetreten. Bedenken ergeben sich eher aus einem anderen Grund. Die Aktionäre, die ohne Regulierung der Gruppe A angehören, können selbst bei drohender Ausbeutung ihre Aktien mit Gewinn verkaufen. Für sie besteht also eigentlich gar kein Schutzbedürfnis. Dennoch werden sie in der Situation mit Regulierung noch besser gestellt. Mag man dies für den Ausbeutungsfall noch hinnehmen, ist dieses Ergebnis für den Synergiefall doch mehr als fragwürdig. Wie bereits mehrfach festgestellt wurde, besteht im Synergiefall für keine der Aktionärsgruppen ein Schutzbedürfnis. Trotzdem erhalten die Aktionäre durch die Übernahme bei Regulierung in den Fallgruppen II und III einen zusätzlichen Gewinn, der mit einer Gewinnminderung des Übernehmers einhergeht. Es stellt sich die Frage, mit welcher Berechtigung der Übernehmer hier zu Gunsten der nicht schutzwürdigen, da nicht ausbeutungsbedrohten, Aktionäre schlechter gestellt werden soll. Diese Schlechterstellung des Übernehmers führt in den Fällen der Fallgruppe IV dazu, dass die ohne Regulierung für den Bieter vorteilhafte Übernahme mit Regulierung nicht vorteilhaft ist. In diesem Modell mit einseitiger Sicherheit des Bieters führt das zu dem Ergebnis, dass die Übernahme dann unterbleibt. Dies mag man für den Ausbeutungsfall als sinnvoll einstufen, da den Aktionären dann die drohende Ausbeutung erspart bleibt. Zu beachten ist allerdings auch hier, dass den Aktionären der Gruppe A der ansonsten anfallende Gewinn durch die Übernahme entgeht. Ein für alle Beteiligten nachteiliges Ergebnis ergibt sich in den Fällen der Fallgruppe IV bei Synergie, da die sowohl für alle Aktionäre als auch für den Bieter ohne Regulierung vorteilhafte Übernahme durch die Regulierung verhindert wird. Die Fallgruppe IV umfasst zahlenmäßig die meisten Fälle, womit natürlich keine 4 Wertung der Modellergebnisse 281 Aussage über die empirische Häufigkeit der einzuordnenden Konstellationen in der Realität getroffen werden kann. Es ist jedoch anzunehmen, dass es eine nennenswerte Anzahl von Fällen gibt, in denen die Regulierung dazu führt, dass eine Übernahme unterbleibt. Dies dürfte insbesondere im Paketfall so sein, in dem einem bisherigen Großaktionär ein Preis, der oftmals deutlich über dem bisherigen Börsenkurs liegt, gezahlt werden muss. Mit dem höheren Paketpreis müssen nämlich i.d.R. externe Vorteile des bisherigen Großaktionärs abgegolten werden, die dieser z.B. aus externen Synergieeffekten bezieht. Den Kleinaktionären, die diesen externen Vorteil bisher nicht hatten, muss aber mit Regulierung der gleiche Preis gezahlt werden wie dem Großaktionär. Das ist nach der hier vertretenen Auffassung nicht nur nicht sachgerecht, sondern führt in den beschriebenen Fällen auch dazu, dass die Übernahme unvorteilhaft wird. Nun wird vereinzelt argumentiert, ein gezahlter Paketzuschlag sei Ausdruck der Ausbeutung, die ein bisheriger Paktinhaber betreibe, insofern sei es notwendig, dass der Erwerber auch den Streubesitzaktionären diesen Zuschlag gewähre, um ihrem Schutzbedürfnis gerecht zu werden.1 Damit wird im Ergebnis eine andere Referenzgröße für die Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung angenommen. Während in dieser Arbeit das Vermögen der Aktionäre vor dem Übernahmeversuch als Referenzgröße dient, scheint bei dieser alternativen Sichtweise ein fiktives Vermögen als Vergleichsmaßstab herangezogen zu werden, welches sich ergäbe, wenn die Aktien in der Situation vor der Übernahme nicht ausgebeutet würden.2 Die Festlegung der Referenzgröße ist letztlich Ausdruck dessen, was als „gerecht“ anzusehen ist und damit einer Bewertung in Kategorien wie „richtig“ oder „falsch“ weitgehend entzogen. Doch selbst wenn man dieser hier nicht zugrunde gelegten Gerechtigkeitsauffassung folgen würde, ist die Argumentation vor dem Hintergrund der vorgenommenen modelltheoretischen Untersuchung in mehrfacher Hinsicht als problematisch anzusehen: • Die Argumentation unterstellt implizit, dass der gezahlte Paketpreis zugleich den Grenzpreis des bisherigen Paketaktionärs unter Einschluss von Sondervorteilen widerspiegelt. Selbst wenn man zunächst davon ausgeht, dass der Paketinhaber tatsächlich zu diesem Grenzpreis verkauft, lässt sich 1 Vgl. z.B. REUL (1991), S. 214; BUSCH (1996), S. 102 – 103. 2 Wie unten gezeigt wird, schwebt den Anhängern der Gleichbehandlung allerdings tatsächlich sogar eine noch weiter gehende Referenzgröße vor. Kapitel E 282 Modelltheoretische Analyse der Regulierung aus der Tatsache, dass ein Paketzuschlag gezahlt wird, kein Rückschluss darauf ziehen, dass ein bisheriger Paketaktionär Ausbeutung betrieben hat: • – Ein über dem Börsenkurs liegender Paketpreis kann zum einen Ausdruck des Umstandes sein, dass der Paketaktionär den inneren Wert der Aktie höher einschätzt als den Börsenkurs, was in der vorgelegten Modellierung alle aktuellen Zielgesellschaftsaktionäre tun. – Weiterhin vernachlässigt diese Argumentation die Möglichkeit, dass Sondervorteile eines Paketaktionärs auch auf externen Synergieeffekten beruhen können, also auf solchen Zusatzvorteilen des Beteiligungsbesitzes, die nicht mit einer Ausbeutung der Minderheitsaktionäre einhergehen. Auch wenn man annimmt, dass der bisherige Paketinhaber Ausbeutung betreibt, es keine externen Synergieeffekte gibt und der Paketinhaber zu seinem Grenzpreis verkauft, sodass sich eine Kontrollprämie tatsächlich allein als Wert der betriebenen Ausbeutung ergibt, führt die Gewährung des gleichen Preises an alle Aktionäre systematisch zu einem Übertreffen des Wertes einer fiktiv nicht ausgebeuteten Aktie, wie anhand der folgenden Überlegung verdeutlicht werden soll: Zur Isolierung des Effekts sei angenommen, dass alle Aktionäre einschließlich des Paketinhabers sowohl den inneren Wert der Aktien als auch den Betrag der betriebenen Ausbeutung durch den bisherigen Paketinhaber gleich bewerten und dass es keine Synergieeffekte – weder interne noch externe – gebe. Dann beträgt der Grenzpreis des Paketinhabers für sein Paket (E 241) GrP P = a P ⋅ W In + A ⋅ TRANSP , mit GrP P Grenzpreis des bisherigen Paketinhabers und TRANSP Wert der durch den bisherigen Paketinhaber betriebenen Ausbeutung. Der Paketzuschlag pro Aktie beläuft sich dann auf A ⋅ TRANSP . aP Da a P in allen Fällen, in denen es vor der Übernahme überhaupt Minderheitsaktionäre gibt, kleiner als A sein muss, beträgt der Paketzuschlag pro Aktie stets ein Vielfaches der vom bisherigen Paketinhaber tatsächlich pro Aktie durchgeführten Ausbeutung. Daher führt eine Weitergabe des Paketzuschlags an alle Aktionäre insgesamt zu einem Ausgleich, der um den 4 Wertung der Modellergebnisse 283 A größer ist als die durch den bisherigen Paketaktionär vorgenomaP mene Ausbeutung. Bei einem Paket von z.B. 40 % muss der Kontrollerwerber den 2,5-fachen Wert der bisher betriebenen Ausbeutung als Zuschlag auf den bisherigen Wert der Aktien gewähren. Die Aktionäre erhalten dadurch den Wert ihrer fiktiv nicht ausgebeuteten Aktie plus einen Zuschlag in Höhe des 1,5-fachen der bisherigen Ausbeutung pro Aktie. Selbst bei Anwendung der bei dieser Argumentation angenommenen Referenzgröße des Wertes einer fiktiv nicht ausgebeuteten Aktie führt die Ausdehnung des Paketzuschlags auf alle Aktionäre bei isolierter Betrachtung also zu einem systematischen „Überschießen“ des Ausgleichs. Faktor • Schließlich ist schon die implizite Unterstellung der Argumentation, dass der bisherige Paketinhaber zu seinem Grenzpreis unter Einrechnung der Sondervorteile verkauft, in Frage zu stellen. Es fragt sich, warum er dies tun sollte. Denkbar ist wohl auch, dass der Paketaktionär, der sich in einer guten Verhandlungsposition befindet, versucht, einen Teil des Übernahmegewinns des Übernehmers zu erlangen. Selbst bei Zugrundelegung der alternativen Gerechtigkeitsauffassung ist also eine Ausdehnung von Paketpreisen in voller Höhe auf alle Aktionäre der Zielgesellschaft mit dieser Argumentation nicht haltbar. Sofern in diesem Sinne Gleichbehandlung gefordert wird, lässt sich dies nicht durch die implizit vorgeschlagene ethisch-normative Grenze des Mindestausgleichs begründen, sondern nur durch eine hiervon nochmals abweichende Referenzgröße, die den Aktionären der Zielgesellschaft aus wie auch immer gearteten Gerechtigkeitsüberlegungen zusätzlich einen gewissen Mindestanteil am Übernahmegewinn sichern will.1 Nach hier vertretener Auffassung ist eine derartige Mindest-Gewinnbeteiligung aber nicht mehr von dem vom Gesetzgeber beschriebenen besonderen Schutzbedürfnis des Minderheitsaktionärs, der sich einem neuen kontrollierenden Aktionär gegenüber sieht, abgedeckt. Hinzu kommt, dass die beabsichtigte Wirkung ins Gegenteil verkehrt wird, wenn die Mindest-Gewinnbeteiligung der Zielgesellschaftsaktionäre dazu führt, das der Gewinn des Übernehmers so stark geschmälert wird, dass er eine sonst durchgeführte für alle Aktionäre vorteilhafte Übernahme unterlässt. Besonders bedauerlich ist dieses Ergebnis unter dem Blickwinkel des Minderheitenschutzes in den Fällen, in denen ein bisheriger Paketbesitzer die Minderheitsaktionäre in großem Umfang ausgebeutet hat. Ein Übernehmer, der keine Ausbeutung plant, muss den Ausbeutungsvorteil nicht nur an den bisherigen Paketinhaber zahlen, sondern auch an die Aktionäre, die er von der Ausbeutung „befreit“, 1 So ist wohl die Forderung von REUL und anderen Anhängern der Gleichbehandlung zu verstehen. 284 Kapitel E Modelltheoretische Analyse der Regulierung und zwar stets als Vielfaches der tatsächlich betriebenen Ausbeutung pro Aktie. Führt dies dazu, dass die ansonsten vorteilhafte Übernahme nicht mehr vorteilhaft ist, wird die „Befreiung“ von der Ausbeutung gerade durch die Regelung, die eigentlich dem Minderheitenschutz dienen soll, verhindert. Konzernverhältnisse, die auf umfassender Ausbeutung eines abhängigen Unternehmens aufbauen, werden also durch die Gleichpreisregel bei Übernahme- und Pflichtangeboten geradezu zementiert. Die Gleichpreisregel stellt nach Auffassung des Verfassers zwar die insgesamt problematischere Regelung dar, doch auch die Börsenpreisregel kann in bestimmten Konstellationen zu unbilligen Ergebnissen führen. Es ist den Aktionären mindestens der gewogene Durchschnittspreis der letzten drei Monate vor der Veröffentlichung der Absicht ein Angebot abzugeben bzw. vor der Kontrollerlangung anzubieten. Die Gründe dafür, warum Kurse innerhalb eines Zeitraums unterschiedlich hoch sind, können jedoch vielfältig sein und müssen nicht mit der Übernahme in Verbindung stehen. In der hier vorgelegten Modellierung ergeben sich im Zeitablauf schwankende Kurse vor dem Betrachtungszeitraum allein durch die Realisation einzelner Ausprägungen der Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Rückflüsse. Dadurch sind die Bewertungen aller Aktionäre einem ständigen Wandel unterworfen, wobei der Börsenkurs sich jeweils aus der niedrigsten Bewertung im zum jeweiligen Zeitpunkt aktuellen Aktionärskreis ergibt. Sinken im Referenzzeitraum die Bewertungen und damit der Börsenkurs aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens im Besonderen oder des wirtschaftlichen Umfelds im Allgemeinen, so werden dem Aktionär einer Zielgesellschaft derartige Wertverluste bei einer Übernahme zumindest teilweise ausgeglichen. Gerade in Zeiten auf breiter Front fallender Börsenkurse – wie in dem Zeitraum in dem diese Arbeit entstand – muss ein Übernehmer in der Regel Kurse deutlich oberhalb der aktuellen Börsenbewertung bieten. Sofern sich dadurch ein höherer Übernahmepreis als ohne Regulierung ergibt, ist dieser allein dadurch induziert, dass die historische Bewertung innerhalb des Referenzzeitraums im Durchschnitt höher war und stellt nicht auf die aktuelle Situation ab. Dennoch dürfte sich der Umfang der hieraus resultierenden Umverteilung des möglichen Gewinns aus der Transaktion vom Übernehmer hin zu den Zielgesellschaftsaktionären bei nicht allzu stark schwankenden Börsenkursen in Grenzen halten. Gerade allerdings in Fällen, in denen ein Unternehmen in existenzbedrohende wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, was in aller Regel mit einem starken Verfall des Börsenkurses einhergeht, wird unter Umständen die „Rettung“ des Unternehmens durch einen Übernehmer, der die Sanierung der Zielgesellschaft betreiben will, unnötig erschwert.1 1 Der Gesetzgeber hat zwar die Möglichkeit vorgesehen, dass in Sanierungsfällen eine Befreiung von der Angebotspflicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausgespro- 4 Wertung der Modellergebnisse 285 Daneben kann es zu weiteren unbilligen Ergebnissen kommen, wenn die Spekulation auf das Übernahmeangebot in die Kursbildung mit einbezogen wird. Dieser Gedankengang soll hier ohne nähere modelltheoretische Analyse nur grob skizziert werden. In dieser Modellierung kommt es im Zeitpunkt nach Veröffentlichung der Absicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots allein durch die Erwartung des Angebots zu einem spekulativen Anstieg des Börsenkurses. Diese mögliche spekulative Erhöhung des Börsenkurses stellt auch den Grund dar, warum der Beobachtungszeitraum für die Ermittlung des Durchschnittsbörsenkurses mit der Veröffentlichung der Absicht zur Angebotsabgabe endet.1 Ein solcher Effekt ist aber auch denkbar, wenn bereits vor der Veröffentlichung Gerüchte über die bevorstehende Übernahme kursieren. Kommt es innerhalb des Referenzzeitraums zu derartigen spekulativen Kursanstiegen, so erhöht sich dadurch der Durchschnittskurs. Da in der gesetzlichen Regulierung aber der Durchschnittskurs eine Untergrenze des Preises darstellt, der im Rahmen des Angebots gezahlt werden muss, ergibt sich für die Spekulanten eine gewisse Risikoabsicherung nach unten. Dies dürfte tendenziell zu höheren Spekulationszuschlägen führen, die wiederum den Durchschnittskurs noch mehr erhöhen etc. Die Spekulation auf den zu zahlenden Preis im Rahmen des öffentlichen Angebots ist insofern mit Regulierung selbstverstärkend. Tritt dieser Effekt ein, wird der Preis für eine Übernahme ebenfalls in sachlich nicht gerechtfertigter Weise in die Höhe getrieben. chen werden kann, diese Befreiungsmöglichkeit bezieht sich allerdings nicht auf Übernahmeangebote und die dabei zu beachtende Börsenpreisregel, die hier zur Diskussion steht. Vgl. § 9 S. 1 Nr. 3 WpÜG-VO i.V.m. § 37 Abs. 2 WpÜG. 1 Vgl. PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 24; THUN (2002), § 31, Rn. 89. Kapitel E 286 5 Modelltheoretische Analyse der Regulierung Modellkritik Zum Abschluss dieses Kapitels sollen noch einige kritische Überlegungen dazu angestellt werden, inwiefern die Ergebnisse des entwickelten Grundmodells auf die Wirklichkeit übertragen werden können. Grundsätzlich gelten im Rahmen einer modelltheoretischen Analyse hergeleitete Ergebnisse nur für die in dem Modell verwendeten Annahmen. Diese bilden die Realität entsprechend der Natur eines Modells nur in vereinfachender, vergröbernder und verallgemeinernder Form ab. Insofern sind die gewonnenen Erkenntnisse nur mit einer gewissen Vorsicht übertragbar. Während leider in vielen modelltheoretischen Untersuchungen der Eindruck zu vermitteln versucht wird, man könne anhand des Modells uneingeschränkt die wirkliche Welt erklären, soll in dieser Arbeit auch aufgezeigt werden, welche Schwierigkeiten einer allzu unbekümmerten Übertragung auf reale Übernahmesituationen entgegenstehen. Daher sollen zumindest einige ausgewählte Modellannahmen einer kritischen Reflektion unterzogen werden. Hierdurch werden zugleich Ansatzpunkte für mögliche Modellerweiterungen und -variationen identifiziert. Zunächst sei auf die Bewertungsannahmen für die Aktionäre der Zielgesellschaft eingegangen. Die diesbezüglich vielleicht auffälligste vereinfachende Annahme besteht darin, dass sich durch die aufsteigende Sortierung der einzelnen Werte bei stetiger Betrachtung Bewertungsfunktionen ergeben, die stets linearen Verlauf haben. Diese Annahme dient allein der rechnerischen Vereinfachung. Grundsätzlich wäre die in der Arbeit gewählte Vorgehensweise aber auch mit nichtlinearen Funktionen möglich. Notwendig ist allein die Kenntnis aller Bewertungen, die dann zu einer Bewertungsfunktion aggregiert werden können. Für die gewonnenen Erkenntnisse hingegen ist die Linearität der Funktion nicht wesentlich. Bedeutsamer für die gefundenen Ergebnisse ist demgegenüber die Annahme, dass die Bewertung der Änderungen der künftigen Zahlungsreihen durch eine Übernahme in einer bestimmten Weise homogen erfolgt. Zum einen hat für alle Aktionäre die resultierende Wertänderung das gleiche Vorzeichen. Das bedeutet, dass alle Aktionäre einheitlich entweder vom Ausbeutungsfall oder vom Synergiefall ausgehen. Dies muss in der Realität keineswegs so sein. Denkbar ist, dass ein Teil der Aktionäre von Wertsteigerungen und ein anderer Teil von Wertminderungen im Falle der Übernahme ausgeht. Die Gründe hierfür sind letztlich die gleichen, die allgemein dazu führen können, dass unterschiedliche Wirtschaftssubjekte einer unsicheren künftigen Zahlungsreihe einen unterschiedlichen Wert beimessen.1 Aber damit ist die vorgenommene Vereinfachung noch nicht erschöpft. Die hier 1 Vgl. dazu Abschnitt D 2. 5 Modellkritik 287 getroffene Homogenitätsannahme besagt weiter, dass die resultierende Wertänderung zwar bei allen Aktionären einen unterschiedlichen Betrag haben kann, dass sich durch die Einbeziehung dieser Faktoren aber die Rangfolge der Werteinschätzungen nicht ändert. Erst durch diese Annahme ist es möglich, die Differenz der Bewertungsfunktionen an einer bestimmten Stelle als Differenz der jeweiligen Werte für einen bestimmten Aktionär zu interpretieren. Ohne diese Annahme könnte es geschehen, dass ein Aktionär – genauer gesagt die Abbildung seiner Werteinschätzung – beim Übergang von der einen zur anderen Bewertungsfunktion mehr oder weniger weit nach rechts oder links „wandert“. Dadurch wäre eine Zuordnung zu den einzelnen Aktionärsgruppen nur noch dann problemlos möglich, wenn durch diese „Wanderung“ die Gruppengrenzen nicht überschritten würden. Bei aller Einschränkung, die durch diese spezifische Homogenitätsannahme entsteht, sei jedoch auch hervorgehoben, dass die hier getroffene Annahme gegenüber allen anderen Arbeiten, die die Thematik modellmäßig oder mit Beispielrechnungen behandeln, deutlich verallgemeinert ist. Typischerweise wird nämlich von einer homogenen Bewertung der Art ausgegangen, dass alle Aktionäre den Aktien den gleichen Wert zuordnen und auch die Wertänderung durch die Übernahme von allen gleich hoch eingeschätzt wird.1 In der hier vorgelegten Modellierung wird immerhin zugelassen, dass sich die Werte unterscheiden, nur die sich dadurch ergebenden Rangfolgen wurden als gleich angenommen. Zudem sind auch noch Lockerungen dieser Annahme im Rahmen von Modellerweiterungen denkbar, sollen allerdings in dieser Arbeit nicht mehr vorgenommen werden. Noch ein weiteres Problem, das sich aus den Bewertungsannahmen ableitet, wird in dem Grundmodell ausgeblendet. Es wird hier unterstellt, dass die Bewertung nur nach dem individuell unsicherheitsadjustiert diskontierten Wert der Ausschüttungserwartungen vorgenommen wird und dass diese von dem institutionellen Rahmen bezüglich der Regulierung der Übernahme unabhängig sind. Nur im Zeitpunkt t = II wird eine Spekulation auf eine Übernahmeprämie in den Kalkül mit einbezogen, wobei auch dort dieser „Spekulationswert“ gedanklich von dem „Fundamentalwert“, der sich aus der Ausschüttungserwartung ergibt, klar getrennt wird. Solange die Bewertungskalküle tatsächlich so funktionieren und es keinen Grund gibt, dass die Ausschüttungserwartungen von der Regulierung des Übernahmevorgangs abhängen sollen, ergibt sich die Folge, dass die Bewertungen von der Art der Regulierung unabhängig sind. An beiden Voraussetzungen können jedoch auch Zweifel bestehen. 1 Vgl. z.B. REUL (1992), S. 213 – 222; MUNSCHECK (1999), S. 36 – 37; RAU-BREDOW (1999a), S. 149; R AU-BREDOW (1999b), S. 767; HOUBEN (2000), S. 1882 – 1883 288 Kapitel E Modelltheoretische Analyse der Regulierung • Die Bewertung der Aktien könnte auch ohne konkrete Übernahmeversuche durch die Spekulation auf generell mögliche Übernahmen und damit verbundene Übernahmeprämien im Rahmen öffentlicher Anbote mitbestimmt werden. Wesentlicher Kern der Argumentation von EASTERBROOK/FISCHEL ist, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Übernahme bei einer den Bieter beschränkenden Regulierung kleiner ist als ohne, da Übernahmen zum Teil blockiert werden.1 Hieraus den Schluss zu ziehen, dass dann die Bewertungen ohne Regulierung systematisch höher sein müssten, ist allerdings etwas voreilig. Zwar ist es auch nach den hergeleiteten Modellergebnissen plausibel, dass Übernahmen mit Regulierung weniger wahrscheinlich sind, wenn sie aber dennoch stattfinden, können die Aktionäre mindestens mit dem gleichen Preis, in vielen Fällen jedoch mit einem höheren Preis als ohne Regulierung rechnen. Welcher der beiden gegenläufigen Effekte überwiegt, kann nicht allgemein bestimmt werden. • Fraglich ist, ob sich die unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten für Übernahmen in den Vergleichssituationen mit und ohne Regulierung u.U. auch auf die erwarteten Ausschüttungen auswirken. Auch in diese Erwartungen können Annahmen darüber einfließen, wie wahrscheinlich eine Änderung der Kontrollverhältnisse und damit möglicherweise der Geschäftspolitik in der Zukunft ist, womit Änderungen des künftigen Ausschüttungsstroms verbunden wären. Auch bezüglich derartiger Einflüsse auf die Bewertung kann jedoch nicht festgestellt werden, dass diese systematisch für höhere Bewertungen auf einem unregulierten Markt führen würden. Wie gezeigt wurde, können Übernahmen sowohl den Ausschüttungsstrom erhöhen als auch mindern. Welche Wirkungsrichtung wahrscheinlicher ist, kann nicht allgemein gesagt werden. Weitere Rückwirkungen können sich nach der Managementdisziplinierungshypothese von MANNE ergeben: Wenn eine stärker ausbeutungsbedrohte Unternehmensleitung sich mehr Mühe bei der Leitung der Unternehmung gibt und dadurch bessere Ergebnisse erwirtschaftet als bei geringerer Bedrohung, dann können sich daraus höhere Ausschüttungen ergeben.2 Die Gültigkeit dieser Hypothese wird allerdings in der Literatur vielfach bezweifelt.3 Doch selbst wenn man akzeptiert, dass es zu solchen Effekten kommen kann, ist nicht gesagt, dass diese eventuelle negative Wirkungen durch die oben beschriebenen Effekte überkompensieren. 1 Vgl. EASTERBROOK /FISCHEL (1982), S.709 – 712. Vgl. dazu auch Abschnitt B 5.2. 2 Vgl. MANNE (1965). Vgl. dazu Abschnitt B 5.2. 3 Vgl. z.B. KRAUSE (1996a), S. 94 – 99. 5 Modellkritik 289 Bei abweichenden Bewertungsannahmen gibt es also mögliche Gründe dafür, dass bereits die Bewertung der Aktien von der Regulierung des Übernahmevorgangs abhängig sein kann. Es kann allerdings nicht pauschal gesagt werden, ob dies zu höheren Bewertungen im Fall mit oder ohne Regulierung führen würde. Die Wirkung müsste nicht einmal für alle Aktionäre die gleiche Wirkungsrichtung haben. Allerdings sind auch zu diesem Aspekt, der in der vorliegenden Modellierung durch die Annahmen ausgeklammert ist, Modellvariationen denkbar, die derartige Wirkungen berücksichtigen. Auch die Informationsannahme der einseitigen Sicherheit stellt eine starke Vereinfachung der realen Situation dar. Diese Annahme besagt, dass zwar hinsichtlich der künftigen Ausschüttungen Unsicherheit vorliegt, der Bieter aber vor der Abgabe des Angebots die sich ergebende Angebotsfunktion der Aktionäre voraussieht. In der Realität ist jedoch auch diese Größe unsicher. Aus der Annahme der einseitigen Sicherheit folgt, dass der Bieter nicht Gefahr läuft, sich über den Verlauf der Angebotsfunktion zu irren und eine nicht gewinnoptimale Preis-MengenKombination festzulegen. Hieraus folgt im vorliegenden Modell auch das Ergebnis, dass der Bieter selbst in der Situation ohne Regulierung stets nur Vollangebote abgibt. Es ist dennoch fraglich, ob eine Abweichung von dieser vereinfachenden Annahme zu grundsätzlich anderen Ergebnissen führen würde. Ein realer Bieter wird versuchen, sich eine Vorstellung von der Angebotsfunktion zu machen. Das Ergebnis dieser Überlegungen stellt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung verschiedener denkbarerer Verläufe dar. Nach dieser Vorstellung wird er die Konditionen des Angebots ausrichten. Eine einfache Modellvariation, die die Unsicherheit berücksichtigt, könnte beispielweise davon ausgehen, dass der Bieter risikoneutral ist. Dann kann er in ganz ähnlicher Weise wie im hier behandelten Grundmodell mit einseitiger Sicherheit den Erwartungswert für seinen Übernahmegewinn maximieren und dadurch den Angebotspreis festlegen. Das Problem für den Bieter liegt darin, dass er nicht sicher weiß, wie viele Aktien ihm für diesen Preis angedient werden. Der tatsächliche Übernahmegewinn, der sich ex post ergibt, kann also mehr oder weniger stark von dem ex ante erwarteten abweichen. Die Wirkung der Regulierung auf den Bieter ist dann ähnlich wie im Grundmodell. Ist er durch die Mindestpreisregeln gezwungen, einen höheren Preis zu bieten als den, welchen er in der unregulierten Situation gewählt hätte, so treten die beschriebenen Mengen- und Preiseffekte auf. Diese können so groß sein, dass die Übernahme einen negativen Erwartungswert hat, sodass der Bieter von dem Übernahmeversuch absieht. Die Ergebnisse aus Sicht des Bieters müssten also in ihrer Grundtendenz erhalten bleiben. Nichts grundsätzlich anderes wäre zu erwarten, wenn statt Risikoneutralität andere Risikoeinstellungen unterstellt würden. Dann wären allerdings zusätzliche Annahmen zur Umsetzung der Risikopräferenz in einen Entscheidungskalkül notwendig. 290 Kapitel E Modelltheoretische Analyse der Regulierung Aus der Sicht der Aktionäre der Zielgesellschaft dürften sich ebenfalls keine gravierenden Änderungen ergeben. Durch die Abgabe des Angebots mit einer Mindestquotenbedingung entspricht ihre Angebotsfunktion der Bewertungsfunktion bei gelungener Übernahme. Dies ändert sich auch nicht durch eine gelockerte Informationsannahme. Da die Wirkungen auf die Aktionäre durch die tatsächlichen Bewertungsfunktionen determiniert sind, ergeben sich auch diesbezüglich keine grundsätzlichen Änderungen zum Grundmodell. Insofern scheinen die gefundenen Ergebnisse im Wesentlichen auch bei einer Lockerung der Informationsannahmen stabil zu bleiben. Die Modellierung würde allerdings um ein Vielfaches komplizierter. Als letzter Aspekt soll noch auf die Vereinfachungen bezüglich der gesetzlichen Vorschriften im Modell eingegangen werden. In Teil C wurden die materiellgesetzlichen Regelungen vollständig dargelegt. Im Modell wird von diesen Bestimmungen nur ein gewisser Ausschnitt analysiert. Angesichts der Vielzahl der zu beachtenden Vorschriften wäre etwas anderes im Rahmen einer solchen Arbeit auch gar nicht möglich. Der analysierte Ausschnitt deckt den Bereich ab, der vom Verfasser als Kern der Regulierung angesehen wird. Hierdurch können zwar bereits wesentliche Wirkungszusammenhänge aufgedeckt werden, eine vollständige Analyse der Wirkungen des Gesetzes liegt damit aber noch nicht vor. Das entwickelte Grundmodell ist allerdings so allgemein formuliert, dass sich daraus leicht Modellvariationen ableiten lassen, die andere Aspekte der Regulierung mit einbeziehen oder isoliert betrachten. Ein Beispiel für eine solche Variation wird in Kapitel F gegeben. Bereits anhand dieser Ausführungen zu ausgewählten Annahmen wird deutlich, dass eine Übertragung der anhand des Modells gewonnenen Erkenntnisse auf die Realität nur mit gewisser Vorsicht möglich ist. Dennoch scheinen grundsätzliche Ergebnisse auch bei einer Lockerung der einzelnen Annahmen weitgehend stabil zu bleiben. Genauere Aussagen können mit Erweiterungen und Variationen des entwickelten Modells gewonnen werden. Equation Section 6 F Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist 292 Kapitel F Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist 1 Allgemeines 1 293 Allgemeines In der bisherigen Untersuchung wurden Ergebnisse in dem aufgestellten Grundmodell hergeleitet, die bereits einen guten Einblick in die grundsätzlichen Wirkungen der gesetzlichen Regulierung von Übernahmeangeboten ermöglichen. In dem Grundmodell wurden jedoch einerseits recht stark abstrahierende Annahmen getroffen, andererseits wurde die Regulierung durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz in vereinfachender Form zu Grunde gelegt. Das Modell wurde jedoch bewusst so allgemein formuliert, dass es leicht modifiziert werden kann, um es mit weniger strengen Annahmen weiter der realen Situation anzunähern oder weitere Elemente der gesetzlichen Regulierung einzubeziehen. Letzteres soll hier zum Abschluss der modelltheoretischen Untersuchung noch gezeigt werden. Anhand einer Modellvariation soll untersucht werden, wie sich die Einbeziehung der verlängerten Annahmefrist (sog. Zaunkönigregelung) auf die gefundenen Ergebnisse auswirkt. Nach dieser Regelung ist es den Aktionären möglich, noch zwei Wochen nach Ablauf der Annahmefrist und damit in Kenntnis des Ergebnisses des Übernahmeversuchs dem Bieter ihre Aktien zu den Konditionen des öffentlichen Angebots anzudienen. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Bieter bei dem Angebot eine Mindestquote festgesetzt hat und diese nicht erreicht wurde.1 Mit der Regelung will der Gesetzgeber der besonderen Situation Rechnung tragen, in denen sich Minderheitsaktionäre befinden, denen ein koordiniertes Verhalten bei der Entscheidung über das Übernahmeangebot faktisch nicht möglich ist.2 Gerade die verlängerte Annahmefrist wird in der Literatur einhellig befürwortet, da sie den auf den Aktionären liegenden Druck, aus Furcht vor der nachteiligen Situation als Minderheitsaktionär die Aktie zu einem Preis unterhalb der eigenen Werteinschätzung zu verkaufen, beseitigen soll.3 Es wird allerdings auch die Auffassung vertreten, durch den Verzicht auf die Fristverlängerung bei Erreichen einer gesetzten Mindestquote werde die Befreiung von der Drucksituation wieder aufgehoben.4 Daher erscheint die Regelung besonders interessant für eine ökonomische Analyse. Die folgende Untersuchung baut auf den für das Grundmodell gefundenen Ergebnissen auf. Dadurch kann die Analyse in verkürzter Form erfolgen. Es wird lediglich untersucht, inwieweit sich die hergeleiteten Ergebnisse durch die Einbeziehung der verlängerten Annahmefrist ändern. Außerdem soll die Betrachtung auf den Streubesitzfall beschränkt werden. Die Grundannahmen des Modellrahmens 1 Vgl. dazu die Darstellung in Abschnitt C 6.2.7. 2 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 46. 3 Vgl. PÖTZSCH/MÖLLER (2000), S. 17; LIEBSCHER (2001), S. 865; SCHMIDT/PRIGGE (2002), S. 235 – 236; STEINMEYER/HÄGER (2002), § 16 Rn. 6. 4 Vgl. GEIBEL (2002), § 16, Rn., 26. 293 294 Kapitel F Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist bleiben bei der Modellvariation vollständig erhalten,1 die sonstigen Annahmen des Grundmodells werden nur teilweise modifiziert. Nachfolgend werden zuerst die Abweichungen der Modellvariation gegenüber dem Grundmodell beschrieben.2 In Rahmen der Untersuchung des Übernahmeprozesses wird zunächst der Kalkül der Aktionäre der Zielgesellschaft analysiert.3 Sodann wird untersucht, wie sich die Regelung auf die optimale Strategie des Bieters auswirkt.4 Schließlich werden die Wirkungen auf die vermögensmäßige Betroffenheit der Aktionäre der Zielgesellschaft hergeleitet5 und mit der Situation ohne Regulierung sowie der Situation mit Regulierung ohne verlängerte Annahmefrist verglichen.6 1 Vgl. Abschnitt D 3.1. 2 Vgl. Abschnitt F 2. 3 Vgl. Abschnitt F 3.1. 4 Vgl. Abschnitt F 3.2. 5 Vgl. Abschnitt F 3.3. 6 Vgl. Abschnitt F 3.4. 2 Beschreibung der Modellvariation 2 295 Beschreibung der Modellvariation Durch die verlängerte Annahmefrist haben die Aktionäre, die nicht innerhalb der regulären Annahmefrist verkauft haben, eine zweite Möglichkeit, dem Bieter ihre Aktie anzudienen, sofern eine gesetzte Mindestquote erreicht wurde. Dementsprechend ist der zeitliche Modellablauf um diese zweite Verkaufsmöglichkeit zu erweitern. Es ergeben sich statt sechs dann acht Betrachtungszeitpunkte: Bekanntgabe der Übernahmeabsicht, ggf. Paketkauf 0 I Börsenhandelsmöglichkeit Abb. F 1 Abgabe des Übernahmeangebots (1. Runde) II Börsenhandelsmöglichkeit III Kauf im Rahmen des Übernahmeangebots IV Einreichung der Aktien (1. Runde) V ggf. Kauf im Rahmen der Nachfrist (2. Runde) VI ggf. Einreichung (2. Runde) VII VIII t Börsenhandelsmöglichkeit Zeitlicher Modellablauf mit verlängerter Annahmefrist In Zeitpunkt t = VI wird die Anzahl der im Rahmen des Angebotes angedienten Aktien bekannt gegeben. Damit startet, sofern nicht eine Mindestquote verfehlt wurde, eine zweite Einkaufsrunde, in der die Aktionäre, die noch nicht verkauft haben, die Möglichkeit haben, dem Bieter ihre Aktie anzudienen. Der Bieter muss dann in t = VII alle ihm in der zweiten Runde angedienten Aktien kaufen. Das Ergebnis dieser zweiten Runde wird in t = VIII bekannt gegeben. Es wird in dieser Variation nur der Fall untersucht, in dem der Bieter eine Mindestquotenbedingung in Höhe seiner Kontrollquote setzt. Es sei auch allen Aktionären bekannt, dass die Mindestquote mit der Kontrollquote des Bieters übereinstimmt. Zu einer zweiten Einkaufsrunde kommt es also nur dann, wenn die Übernahme im Zeitpunkt t = VI bereits gelungen ist. Dieses Ergebnis ist unter den genannten Voraussetzungen dann allen Aktionären bekannt. Der Bieter hat auch in der Modellvariation ein überlegenes Wissen in der Art, dass er den Verlauf der Angebotsfunktionen, die sich ergeben, richtig antizipieren kann. Wie im Grundmodell soll dies den Aktionären nicht bekannt sein, sodass sie im Zeitpunkt t = IV noch die Möglichkeit in ihren Kalkül einbeziehen, dass die Übernahme misslingt. 295 Kapitel F 296 Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist 3 Analyse des Übernahmeprozesses 3.1 Kalkül der Aktionäre der Zielgesellschaft Unter den getroffenen Annahmen stellt sich die Entscheidungssituation für die Aktionäre der Zielgesellschaft wie folgt dar: t = IV V t=V Übernahme gelingt K Übernahme gelingt Übernahme gelingt nicht t = VI V P Abb. F 2 Wj− P Übernahme gelingt nicht K Wj+ Wj− Entscheidungssituation für die Zielgesellschaftsaktionäre Ein Aktionär der Zielgesellschaft muss sich in t = IV entscheiden, ob er seine Aktie zum Verkauf einreicht oder nicht (V oder K). Reicht er die Aktie zum Verkauf ein, so hängt die Tatsache, ob sie tatsächlich vom Bieter erworben wird, vom Erreichen der gesetzten Mindestquotenbedingung und damit vom Erfolg des Übernahmeversuchs in der ersten Runde ab. Sofern der Versuch erfolgreich ist, erhält er den Preis P für seine Aktie, andernfalls behält er seine Aktie und der Übernahmeversuch ist beendet. Nur für den Fall, dass der Aktionär in der ersten Runde nicht verkauft (K), die Übernahme aber insgesamt in der ersten Runde gelingt, erhält er im Zeitpunkt t = VI in Kenntnis dieser Sachlage die Möglichkeit, sich erneut für oder gegen den Verkauf zu entscheiden. Entscheidet er sich in diesem Zeitpunkt, seine Aktie einzureichen, so ist der Bieter verpflichtet, sie zum Preis P zu erwerben. Verkauft der Aktionär auch in diesem Zeitpunkt nicht, so wählt er bewusst das Verbleiben in der nunmehr abhängigen Gesellschaft als Minderheitsaktionär. Die für den Aktionär jeweils resultierenden Ergebnisse sind am Ende eines jeden Astes eingetragen. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 297 Für den Aktionär gibt es nun nicht mehr nur zwei, sondern drei Strategien: Strategie 1: Verkauf in t = IV Strategie 2: Kein Verkauf in t = IV, bei gelungener Übernahme Verkauf in t = VI Strategie 3: Kein Verkauf in t = IV, bei gelungener Übernahme kein Verkauf in t = VI Es lassen sich nun schrittweise die Grenzpreise ableiten, die dem Aktionär in den Zeitpunkten t = IV bzw. t = VI geboten werden müssen, damit er zum Verkauf bereit ist. Diese können dann zu den jeweiligen Angebotsfunktionen aggregiert werden. Insofern muss zunächst der Kalkül der einzelnen Aktionäre in den unterschiedlichen Zeitpunkten bestimmt werden. Besonders einfach ist dies für den Zeitpunkt t = VI. Ist in dieser Situation, in der der Aktionär weiß, dass die Übernahme erfolgreich ist, der gebotene Preis mindestens so hoch wie die Einschätzung des Werts seiner Aktie bei Abhängigkeit Wj+ , so ist er zum Verkauf bereit. Die Strategie 3 wird dann von Strategie 2 dominiert.1 Liegt der gebotene Preis dagegen unterhalb dieses Wertes, wird er nicht verkaufen. Dann wird Strategie 2 von Strategie 3 dominiert. Die Situation in t = VI entspricht damit aus der Sicht der Aktionäre zumindest im Ergebnis der im Grundmodell bei Abgabe des öffentlichen Angebotes modellierten Situation. Etwas diffiziler gestaltet sich hingegen der Kalkül für den Zeitpunkt t = IV. Betrachtet sei zunächst der Synergiefall ( Wj+ > Wj− für alle Aktionäre). Liegt der gebotene Preis P unterhalb des Wertes Wj− , so ist Strategie 3 die dominante Strategie. Der Aktionär wird zu diesem Preis dann in t = IV nicht verkaufen (und auch in t = VI nicht). Dies gilt auch noch für den Fall, dass die Relation Wj+ > P ≥ Wj− gilt. Ist hingegen P ≥ Wj+ so ergäbe sich unter der bisher getroffenen vereinfachenden Annahme, dass der Aktionär den Ausgang der Übernahme als unabhängig von seiner eigenen Entscheidung ansieht, eine Indifferenz zwischen Strategie 1 und Strategie 2. Das wäre bezogen auf den Zeitpunkt t = IV gleichbedeutend mit einer Indifferenz zwischen Verkauf und Abwarten. Zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt man nur, wenn die besagte Annahme aufgegeben wird. Geht der Aktionär davon aus, dass seine Entscheidung in t = IV zumindest einen marginalen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens hat, so wird er bereits in t = IV seine Aktie zum Verkauf andienen, damit die Wahrscheinlichkeit, dass die Mindest- 1 Dabei wird hier – wie bisher in dieser Untersuchung auch – davon ausgegangen, dass der Aktionär bei einem gebotenen Preis in Höhe des Grenzpreises, bei dem theoretisch Indifferenz zwischen Verkauf und Nichtverkauf besteht, den Verkauf wählt. 297 298 Kapitel F Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist quote erfüllt wird, zumindest geringfügig steigt. Vor dem Hintergrund, dass er sich in dieser Situation durch Abwarten keinesfalls besser stellen kann, wird er in t = IV seine Aktie zum Kauf andienen. Sieht man sich als Nächstes den Ausbeutungsfall ( Wj− > Wj+ für alle Aktionäre) an, so ergibt sich Folgendes: So lange P < Wj+ gilt, ist die Strategie 3 dominant. Ist hingegen Wj− > P ≥ Wj+ , so ergäbe sich unter der ursprünglich getroffenen Annahme, dass das eigene Verhalten als irrelevant für den Erfolg des Übernahmeversuchs angesehen wird, eine Indifferenz zwischen Strategie 1 und 2. Erst durch Aufhebung dieser vereinfachenden Annahme kommt es zu dem eindeutigen Ergebnis, dass Strategie 2 vorgezogen wird, da durch Abwarten in t = IV die Wahrscheinlichkeit für das in diesem Fall aus Sicht des Aktionärs günstige Scheitern des Übernahmeversuchs marginal gesteigert werden kann. Damit ergibt sich für den Zeitpunkt IV, dass der Aktionär bei einem gebotenen Preis unterhalb von Wj− stets zunächst abwarten wird, da er entweder Strategie 2 oder 3 spielt. Erst bei einem Preis mindestens in Höhe von Wj− wird er den sofortigen Verkauf (Strategie 1) vorziehen, allerdings wiederum nur, weil er damit die Wahrscheinlichkeit für das dann aus seiner Sicht günstige Erreichen der Mindestquote marginal erhöhen kann. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass alle Aktionäre im Synergiefall im Zeitpunkt t = IV ihre Aktie nur zu einem Preis mindestens in Höhe ihrer Wertschätzung Wj+ verkaufen würden. Durch Aggregation ergibt sich die Angebotsfunktion (F 1) W IV (a) = W + (a) , wenn Wj+ > Wj− für alle Aktionäre. Im Ausbeutungsfall verkaufen die Aktionäre in t = IV hingegen nur, wenn ihnen mindestens der Wert Wj− für ihre Aktien geboten wird. Damit ergibt sich für diesen Fall die Angebotsfunktion (F 2) W IV (a) = W − (a) , wenn Wj− > Wj+ für alle Aktionäre. In Zeitpunkt t = IV ist also jeweils die höhere der beiden Funktionen W − (a) und W + (a) die relevante Angebotsfunktion. Daraus ergibt sich auch, dass der Druck auf die Aktionäre, ihre Aktien im Ausbeutungsfall auch unter ihrer Werteinschätzung zu verkaufen, in der Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist nicht auftritt. Im Zeitpunkt t = IV verkaufen die Aktionäre selbst bei vorhersehbarer Ausbeutung nur, wenn ihnen mindestens ihre Werteinschätzung bei Unabhängigkeit geboten wird. Wird weniger geboten, entsteht kein Druck, dennoch aus Angst 3 Analyse des Übernahmeprozesses 299 vor der Minderheitsposition zu verkaufen. Falls die Übernahme gelingt, kann der Aktionär in t = VI immer noch verkaufen. In t = VI ergibt sich durch Aggregation der Einzelkalküle die Angebotsfunktion W VI (a) = W + (a) .1 In der folgenden Abbildung sind die beiden Angebotsfunktionen für den Ausbeutungsfall zusammengefasst. W IV (a) W − (a) W IV (a) = W − (a) W + (a) ∆W + W VI (a) = W + (a) P′ C0 = CIV a* Abb. F 3 a′ a ′′ A Angebotsfunktionen bei Modellvariation, Ausbeutungsfall − In der ersten Einkaufsrunde gilt die Angebotsfunktion W IV (a) = W (a) , die den Werteinschätzungen der Aktionäre bei Unabhängigkeit entspricht. Bietet der Übernehmer beispielweise den Preis P′ , so kann er in der ersten Runde a ′ Aktien erwerben. Da diese Anzahl größer ist als die Kontrollquote a * , ist die Übernahme nach der ersten Runde gelungen. Es kommt zu der Verlängerung der Annahmefrist, in der die Aktionäre, die bisher nicht verkauft haben, die erneute Möglichkeit haben, ihre Aktien anzudienen. Diese Aktionäre wissen nun, dass die Übernahme bereits gelungen ist. Die Angebotsfunktion W VI (a) entspricht daher den Bewertungen bei Abhängigkeit. In der zweiten Runde werden demnach die Aktionäre, 1 Zu beachten ist, dass das Argument a in dieser Darstellung die Gesamtzahl gekaufter Aktien darstellt, demnach auch die Aktien enthält, die im Rahmen eines Paketkaufs oder im Rahmen der ersten Runde im öffentlichen Übernahmeangebot gekauft werden. 299 Kapitel F 300 Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist die auf der Angebotsfunktion zwischen a ′ und a ′′ abgebildet sind, ihre Aktien an den Erwerber verkaufen. Im Synergiefall kommt es hingegen unter den getroffenen Annahmen nie zu weiteren Käufen in einer zweiten Einkaufsrunde. Bereits in t = IV verlangen die Aktionäre den vollen Ausgleich für die Synergievorteile. Es gilt in t = IV und in t = VI die gleiche Angebotsfunktion W + (a) , welche im Synergiefall die höhere der beiden Kurven darstellt. Kann der Bieter mit seinem gebotenen Preis in der ersten Runde die Kontrollquote erreichen, so verkaufen alle verkaufswilligen Aktionäre. Alle Aktionäre, die nicht verkaufen, schätzen der Wert der Aktie bei gelungener Übernahme höher ein als den gebotenen Preis. Daher wird keiner von ihnen mehr innerhalb der verlängerten Annahmefrist verkaufen. 3.2 Strategie des Bieters Annahmegemäß kennt der Bieter in diesem Modell die Angebotsfunktionen bereits vor der Abgabe seines Angebotes. Für ihn ist die Gesamtzahl der im gesamten Übernahmeverfahren erworbenen Aktien relevant. Ob diese Aktien in der ersten oder zweiten Einkaufsrunde erworben werden, ist hingegen unerheblich. Die Anzahl der insgesamt erworbenen Aktien bestimmt sich grundsätzlich nach der Angebotsfunktion im Zeitpunkt t = VI, die der Angebotsfunktion im Grundmodell ohne verlängerte Annahmefrist entspricht. Es ergibt sich in der Modellvariation allerdings die Nebenbedingung, dass der Übernehmer in der ersten Einkaufsrunde die Kontrollquote erreichen muss. Im Synergiefall hat dies keine Auswirkung auf den Kalkül des Bieters, da ohnehin nur in der ersten Runde Aktien gekauft werden. Für den Ausbeutungsfall ergeben sich jedoch andere Ergebnisse, da in der ersten und in der zweiten Runde jeweils eine andere Angebotsfunktion gilt und in beiden Runden Aktien gekauft werden. Dieser Zusammenhang wird anhand der folgenden Abbildung verdeutlicht: 3 Analyse des Übernahmeprozesses 301 W IV (a) W IV (a) W IV (a) = W − (a) − W (a) W + (a) W VI (a) = W + (a) ∆W + opt opt PmR = Pˆ mR − W (a * ) C0 = CIV a* Abb. F 4 ˆ opt a eR a opt mR = a mR A Strategie des Bieters I, Ausbeutungsfall Der Bieter kann zunächst wie im Grundmodell seinen optimalen Preis anhand der Funktion W + (a) bestimmen. Das Ergebnis dieser Preisermittlung entspricht dem opt Ergebnis im Grundmodell und soll daher genauso wie dort mit PmR bezeichnet werden. Sofern dieser Wert wie in Abbildung E 29 nicht unterhalb von W − (a * ) liegt, ergeben sich keine Abweichungen in der Strategie gegenüber dem Grundmodell. Es gilt für die optimalen Preise und Mengen bei Regulierung mit opt verlängerter Annahmefrist ( P̂mR und â opt mR ): opt opt opt (F 3) P̂mR für PmR ≥ W − (a * ) und = PmR opt opt − * (F 4) â opt mR = a mR für PmR ≥ W (a ) . Der einzige Unterschied ist, dass die Aktien in zwei Runden gekauft werden. Im Rahmen des Angebots werden in der ersten Einkaufsrunde zunächst a eR Aktien erworben, wobei (F 5) a eR = opt P̂mR − C0 α gilt. Innerhalb der verlängerten Annahmefrist werden dann noch zusätzlich eR â opt Aktien gekauft. Wie sich die Käufe auf die beiden Runden aufteilen, ist mR − a 301 Kapitel F 302 Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist unerheblich, solange nur in der ersten Runde mindestens a * Aktien gekauft weropt den, was durch die Bedingung PmR ≥ W − (a * ) gesichert ist. Insofern kann für diesen Fall auf die für das Grundmodell hergeleiteten Ergebnisse verwiesen werden.1 opt Gilt hingegen PmR < W − (a * ) , ergibt sich die in Abbildung F 5 dargestellt Situation. W IV (a) W IV (a) = W − (a) W VI (a) W − (a) W + (a) ∆W + W VI (a) = W + (a) opt W − (a * ) = Pˆ mR opt PmR C0 = CIV a ′ a * = a eR Abb. F 5 ˆ opt ˆ * a opt mR a mR = a A Strategie des Bieters II, Ausbeutungsfall Zu dem optimalen Preis mit Regulierung, aber ohne verlängerte Annahmefrist, könnte in der beispielhaft verdeutlichten Situation in der ersten Runde nur die Menge a ′ erworben werden. Damit wäre aber die Kontrollquote, die zugleich die Mindestquote darstellt, nicht erreicht. Der Übernahmeversuch wäre gescheitert, es käme erst gar nicht zu einer zweiten Einkaufsrunde. Insofern muss der Übernehmer mindestens den höheren Wert W − (a * ) als Preis bieten. Ist zu diesem Preis die Übernahme für ihn noch lohnend, so wird dies der optimale Preis mit Regulierung mit verlängerter Annahmefrist. Es werden dann in der ersten Runde a eR = a * Aktien gekauft. Setzt man den Wert W − (a * ) mit der Angebotsfunktion W VI (a) gleich, so ergibt sich die zu diesem Preis zugehörige Menge Aktien â * , die insgesamt gekauft werden muss: 1 Vgl. Abschnitt E 3.2.1.1. 3 Analyse des Übernahmeprozesses (F 6) â * = 303 C − − C+ + a * ⋅ α C− − C+ + a * ⋅α , falls ≤A. β β Übersteigt der Wert des rechten Terms die Anzahl ausgegebener Aktien, so ist die zugehörige Menge: (F 7) â * = A , falls C− − C+ + a * ⋅α > A. β Die Übernahme ist noch vorteilhaft, wenn der zu zahlende Preis W − (a * ) noch unterhalb des durchschnittlichen Wertes einer Aktie für den Erwerber bei einer Beteilung von â * Aktien liegt. Die Bedingung für die Vorteilhaftigkeit lautet demnach (F 8) W − (a * ) < W Ü (aˆ * ) . Der optimale Preis mit Regulierung unter Einbeziehung der verlängerten Annahmefrist beträgt dann opt (F 9) P̂mR = W − (a * ) . In der nachfolgenden Tabelle F 1 sind die optimalen Strategien des Bieters noch einmal zusammengefasst: 303 Kapitel F 304 Bedingungen opt ≥ W − (a * ) PmR Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist opt P̂mR â opt mR opt 1 PmR 2 a opt mR W − (a * ) C − − C+ + a * ⋅ α β W − (a * ) A kein Kauf kein Kauf opt < W − (a * ) PmR C− − C+ + a * ⋅α ≤A β W − (a * ) < W Ü (aˆ * ) opt PmR < W − (a * ) C− − C+ + a * ⋅α >A β W + ( aˆ * ) < W Ü (A) opt < W − (a * ) PmR W − (a * ) ≥ W Ü (aˆ * ) Tab. F 1 Optimale Preis-Mengen-Kombinationen des Bieters bei Regulierung mit verlängerter Annahmefrist 3.3 Wirkungen der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft Es ergeben sich im Ausbeutungsfall wie im Grundmodell bis zu drei Gruppen von opt ≥ W − (a * ) kommt es sogar zu den exakt gleichen Aktionären. Für den Fall PmR Ergebnissen wie in der Situation mit Regulierung ohne verlängerte Annahmefrist. Insofern kann auf die obigen Ausführungen zu den Wirkungen bei Regulierung verwiesen werden.3 opt In der nachfolgenden Abbildung ist eine Situation mit PmR < W − (a * ) dargestellt. 1 Vgl. Tabelle E 5 in Abschnitt E 3.2.1.1. 2 Vgl. Tabelle E 5 in Abschnitt E 3.2.1.1. 3 Vgl. Abschnitt E 3.2.2. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 305 W IV (a) W VI (a) W − (a) W + (a) W − (a) w opt W − (a * ) = Pˆ mR opt PmR W + (a) v u C0 = CIV a ′ a * = a eR Abb. F 6 opt a opt mR â mR A Wirkungen der Übernahme auf die Aktionäre der Zielgesellschaft bei Regulierung mit verlängerter Annahmefrist In diesem Fall gilt für die jeweiligen Größen der Aktionärsgruppen A, B und C â AmR = a * , * aˆ BmR = aˆ opt mR − a und opt − * aˆ CmR = A − aˆ opt mR , jeweils für PmR < W (a ) . Durch die verlängerte Annahmefrist ergibt sich eine wichtige Besonderheit in der Modellvariation: Sofern die Übernahme gelingt, ist die Gruppe A der Aktionäre, die mit Gewinn an den Übernehmer verkaufen, stets besetzt und hat mindestens die Größe a * . Dies ergibt sich aus der zwingenden Nebenbedingung, dass in der opt ersten Runde die Kontrollquote erreicht werden muss, was nur bei P̂mR ≥ W − (a * ) gelingt. Damit ist durch die verlängerte Annahmefrist garantiert, dass mindestens so viele Aktionäre mit Gewinn verkaufen können, wie es der Kontrollmehrheit entspricht. Die Vermögensänderungen der Gruppenangehörigen ergeben sich wie im Fall mit Regulierung ohne verlängerte Annahmefrist. Sie sind in Abbildung F 6 grau gekennzeichnet, wobei Teilfläche u den Gewinn der Gruppe A kennzeichnet und die Teilflächen v und w die jeweiligen Verluste der Gruppen B und C. Auf eine explizite formelmäßige Angabe kann verzichtet werden. Die für den Fall mit Regulie- 305 Kapitel F 306 Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist rung ohne verlängerte Annahmefrist hergeleiteten Formeln sind analog anwendbar.1 Im Synergiefall ergeben sich, wie oben nachgewiesen, keine Änderungen im Kalkül des Bieters gegenüber der regulierten Situation ohne verlängerte Annahmefrist. Daher ergeben sich auch keine Änderungen hinsichtlich der vermögensmäßigen Betroffenheit der Aktionäre gegenüber der Situation mit Regulierung ohne verlängerte Annahmefrist.2 3.4 Wirkungen der Regulierung Wie bereits herausgearbeitet wurde, ergeben sich sowohl für den Ausbeutungsfall opt mit PmR ≥ W − (a * ) als auch für den Synergiefall exakt die gleichen Ergebnisse wie im Grundmodell ohne verlängerte Annahmefrist.3 Insofern kann die Beschreibung der Wirkungen der Regulierung unter Einbeziehung der verlängerten Annahmeopt < W − (a * ) frist auf das Vermögen der Aktionäre auf den Ausbeutungsfall mit PmR beschränkt werden. Auch für diesen Fall ergeben sich grundsätzlich analoge Ergebnisse. Daher soll statt einer ausführlichen formalen Analyse der hier ebenso auftretenden vier Fallgruppen nur auf die Besonderheiten bei Einbeziehung der verlängerten Annahmefrist hingewiesen werden. Diese Besonderheiten lassen sich anhand der nachfolgenden Abbildung F 7 verdeutlichen. 1 Vgl. für diese Formeln Abschnitt E 3.2.2.1.1. 2 Vgl. hierzu Abschnitt E 3.2.2.1.2. 3 Vgl. zu den Wirkungen in diesen Fällen Abschnitt E 3.3.2. 3 Analyse des Übernahmeprozesses 307 W IV (a) W VI (a) W − (a) W + (a) W IV (a) = W − (a) ∆W + W VI (a) = W + (a) opt W − (a * ) = Pˆ mR opt PmR opt PoR C0 C+ a * a opt oR a Abb. F 7 A oR a A mR â opt a opt mR â mR A A mR Wirkungen der Regulierung mit verlängerter Annahmefrist Abgebildet ist eine Situation, in der der optimale Preis mit Regulierung ohne veropt unterhalb von W − (a * ) liegt, sodass die Übernahme längerte Annahmefrist PmR zu diesem Preis in der ersten Runde scheitern würde. Der Bieter muss mindestens opt den Preis P̂mR = W − (a * ) bieten, damit die Übernahme stattfinden kann. Man erkennt in der Abbildung zunächst, dass sich die Größe der Gruppe A auf â AmR = a * erhöht. Wie der Zeichnung ebenfalls zu entnehmen ist, wäre Gruppe A bei Regulierung ohne verlängerte Annahmefrist kleiner als a * . In den Fällen mit opt PmR < W − (a * ) , in denen die Gruppe A sonst nicht größer als a * wäre, sorgt die verlängerte Annahmefrist dafür, dass diese Mindestgröße erreicht wird. In den opt Fällen mit PmR ≥ W − (a * ) ist diese Größe ohnehin erreicht oder überschritten. Bei Regulierung mit verlängerter Annahmefrist ist also gewährleistet, dass mindestens so viele Aktionäre mit Gewinn an den Übernehmer verkaufen können, wie es der Kontrollquote entspricht. Weiterhin kann man an der Abbildung ablesen, dass durch den höheren zu bietenden Preis auch der Umfang, in dem sich die Größe der Gruppe C von Minderheitsaktionären verkleinert, noch größer ist als es bei gleicher Situation mit Regulierung ohne verlängerte Annahmefrist der Fall wäre. 307 308 Kapitel F Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist Die Vermögensänderung der Aktionäre der Zielgesellschaft im Vergleich zur Situation ohne Regulierung ist in Abbildung F 7 als grau markierte bzw. schraffierte Fläche eingezeichnet, wobei die ausgefüllte untere Teilfläche der Vermögenserhöhung bei Regulierung ohne verlängerte Annahmefrist entspricht und der darüber schraffiert eingezeichnete Bereich die zusätzliche Verbesserung durch die verlängerte Annahmefrist bzw. den dadurch erforderlichen höheren Preis abbildet. Zur Berechnung der Vermögensänderungen der Gruppenangehörigen können die im Grundmodell hergeleiteten Formeln analog angewendet werden.1 opt Durch die im Ausbeutungsfall mit PmR < W − (a * ) notwendige Preiserhöhung gegenüber der Situation mit Regulierung ohne verlängerte Annahmefrist kann es dazu kommen, dass eine in dieser Situation für den Bieter noch lohnende Übernahme mit verlängerter Annahmefrist nicht mehr lohnend ist. Diese zusätzliche Blockadewirkung kann allerdings nur in den Fällen auftreten, in denen weniger als a * Aktionäre den gebotenen Preis höher einschätzen als den Wert der Aktie ohne Übernahme. Es werden also nur solche Übernahmen zusätzlich verhindert, in denen es ohne verlängerte Annahmefrist nur deswegen zur Übernahme kommt, weil die Aktionäre im einstufigen Übernahmeverfahren befürchten müssen, bei Nichtverkauf als Minderheitsaktionäre in der Gesellschaft zu verbleiben. Es werden also gerade diejenigen Übernahmen verhindert, bei denen der durch die drohende Ausbeutung hervorgerufenen Abgabedruck die Übernahme zu diesem Preis überhaupt erst möglich macht. Im Synergiefall dagegen kann es nicht zu einer zusätzlichen Blockadewirkung kommen, da dann die verlängerte Annahmefrist nicht zu höheren Preisen führt. 1 Vgl. die Tabellen E 10 und E 11 in Abschnitt E 3.3.2.4. 4 Wertung der Ergebnisse der Modellvariation 4 309 Wertung der Ergebnisse der Modellvariation Die Untersuchung im Rahmen der Modellvariation hat gezeigt, dass sich für den Bieter durch die Regulierung mit verlängerter Annahmefrist grundsätzlich die gleichen Wirkungen ergeben wie ohne verlängerte Annahmefrist, in einigen Fällen aber in stärkerem Ausmaß. Wie bereits in Teil E herausgearbeitet wurde, ist die optimale Strategie, die ohne Regulierung gewählt würde, im aus der Sicht des Bieters günstigsten Fall durch die gesetzlichen Einschränkungen nicht berührt. Dann ist die Wirkung der Regulierung auf das Vermögen des Bieters neutral. In allen anderen Fällen wird sein Übernahmegewinn verringert. Dies kann unter Umständen so weit gehen, dass bei der Übernahme für ihn sogar ein Verlust entstünde bzw. dass er wegen Unvorteilhaftigkeit auf die Übernahme verzichtet. Der Gewinn reduziert sich durch die verlängerte Annahmefrist noch weiter, wenn der Ausbeutungsfall vorliegt und der ohne verlängerte Annahmefrist optimale Preis unterhalb des Wertes liegt, den mindestens die Kontrollmehrheit der Aktionäre höher einschätzt als den Wert ohne Übernahme. Zu diesem Preis würde in dem hier ausschließlich untersuchten Fall mit Mindestquotenbedingung die Übernahme bereits in der ersten Runde scheitern, da nicht genügend Aktionäre in der regulären Annahmefrist ihre Aktien einreichen würden. Daher muss der Übernehmer einen höheren Preis bieten, um in der ersten Runde die Kontrollmehrheit zu erreichen. Dadurch ergibt sich in dieser Konstellation eine Verstärkung des in Teil E beschriebenen Preiseffekts und des Netto-Mengeneffekts, die sich beide mindernd auf den Übernahmegewinn auswirken. Diese zusätzliche Gewinnminderung kann, wenn sie groß genug ist, dazu führen, dass eine Übernahme, die mit Regulierung ohne verlängerte Annahmefrist noch vorteilhaft wäre, mit verlängerter Annahmefrist nicht mehr lohnend ist. Durch die verlängerte Annahmefrist kann der Bieter also allenfalls negativ betroffen sein. Es ist daher wiederum zu fragen, ob die Schlechterstellung des Bieters durch das Schutzbedürfnis der Aktionäre der Zielgesellschaft gerechtfertigt ist. Auch aus der Sicht der Aktionäre der Zielgesellschaft ergeben sich weitgehend analoge Ergebnisse wie im Grundmodell. Man kann die gleichen vier Fallgruppen unterscheiden wie im Grundmodell. Insofern sei auf die Wertung der Ergebnisse des Grundmodells verwiesen.1 Es ergeben sich jedoch aus der Sicht der Zielgesellschaftsaktionäre einige wichtige Besonderheiten, auf die hier hingewiesen werden soll. Das wichtigste Charakteristikum der Regulierung mit verlängerter Annahmefrist ist die Tatsache, dass der Druck von den Aktionären genommen wird, ihre Aktien bei einem Übernahmeangebot auch zu einem Preis zu verkaufen, der unterhalb 1 Vgl. Abschnitt E 4. 309 310 Kapitel F Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist ihrer Werteinschätzung bei Unabhängigkeit liegt. Im Grundmodell kann es zu solchen Ergebnissen kommen, weil es in dem einstufigen Übernahmeverfahren nur einmal die Möglichkeit gibt, die Aktien zum Verkauf einzureichen und zu diesem Zeitpunkt der Ausgang des Übernahmeverfahrens noch ungewiss ist. Ein Nichtverkauf ist dann mit der Konsequenz verbunden, bei Gelingen der Übernahme automatisch in die Position eines Minderheitsaktionärs der dann abhängigen Gesellschaft zu kommen. Wie in Teil D hergeleitet, können Aktionäre dadurch bereit sein, ihre Aktien auch unterhalb ihrer Werteinschätzung ohne Übernahme zu verkaufen.1 Hierdurch kann es im Grundmodell vorkommen, dass nur durch diesen Abgabedruck die Übernahme zu einem derart niedrigen Preis überhaupt erst gelingt. Daher kann u.U. die Übernahme gelingen, obwohl die Mehrheit der Aktionäre, im Extremfall vielleicht alle Zielgesellschaftsaktionäre, die Übernahme zu den gebotenen Konditionen für nicht vorteilhaft hält. Ein derartiges Ergebnis wird durch das zweistufige Verfahren vermieden, das sich durch die Einbeziehung der verlängerten Annahmefrist in der hier untersuchten Form mit Mindestquotenbedingung ergibt. In der ersten Einkaufsrunde entsteht kein Druck auf die Aktionäre, ihre Aktien auch unterhalb ihrer Werteinschätzung bei Unabhängigkeit abzugeben, da sie nicht befürchten müssen, bei Nichtverkauf automatisch in die Position eines Minderheitsaktionärs zu gelangen, falls die Übernahme gelingen sollte. Für diesen Fall verbleibt ihnen nämlich bei einem zweistufigen Verfahren die Möglichkeit, innerhalb der zweiten Runde ihre Aktien – dann in Kenntnis des Gelingens des Übernahmeversuchs – zu den gleichen Konditionen zu verkaufen. Dadurch können sie in der ersten Runde gefahrlos abwarten, während es zu einer zweiten Runde nur kommt, wenn die Übernahme bereits in der ersten Runde gelungen ist. Insofern kann es in keiner der beiden Einkaufsrunden zu dem beschrieben Druck auf die Aktionäre kommen. Dies ist nach hier vertretener Auffassung als ausgesprochen sinnvolle Wirkung der verlängerten Annahmefrist zu werten. Der Abgabedruck resultiert letztlich aus der Furcht der Wertpapierinhaber, später als Minderheitsaktionär der Ausbeutung ausgesetzt zu sein. Die gedankliche Vorwegnahme der Ausbeutung im Kalkül der Aktionäre führt in diesen Fällen dazu, dass der Übernehmer seinen Gewinn auf Kosten der Zielgesellschaftsaktionäre steigern kann. Daher kann es nur als sachgerecht angesehen werden, dass dieser Druck von den Aktionären genommen wird. Aus der Wegnahme des Abgabedrucks resultieren weiterhin positiv zu beurteilende Folgewirkungen. Eine Übernahme ist nur noch zu Preisen möglich, die von 1 Vgl. Abschnitt D 3.3.3. 4 Wertung der Ergebnisse der Modellvariation 311 mindestens so vielen Aktionären höher als der Wert bei Unabhängigkeit eingeschätzt wird, wie es der Kontrollquote entspricht. Damit wird • zum einen gewährleistet, dass die Zahl der Aktionäre, die aus der Transaktion einen Gewinn ziehen können, der Kontrollmehrheit entspricht, • zum anderen werden die Übernahmen blockiert, die nur durch den Abgabedruck überhaupt ermöglicht werden. Die Wegnahme des Abgabedrucks basiert auf der Trennung der (ersten) Verkaufsentscheidung von der im Grundmodell damit verbundenen Konsequenz, im Falle des Nichtverkaufs bei Gelingen der Übernahme automatisch Minderheitsaktionär zu werden.1 Es ist jedoch zu beachten, dass diese Trennung und die daraus resultierenden vorteilhaften Ergebnisse in der Modellvariation nur deshalb uneingeschränkt zum Tragen kommt, weil ein Angebot mit Mindestquotenbedingung zugrunde gelegt wurde. Gibt der Bieter keine Mindestquotenbedingung an, so kommt es auch dann zu einer zweiten Einkaufsrunde, wenn die Übernahme in der ersten Runde noch nicht gelungen ist.2 Für die Aktionäre, die in der ersten Runde noch nicht verkauft haben, kann es dann u.U. in der zweiten Runde zu einem Druck der beschriebenen Art kommen. Das Gleiche würde gelten, wenn bei einem Nichterreichen einer gesetzten Mindestquote trotzdem noch eine zweite Einkaufsrunde eingeleitet würde. Die in der juristischen Literatur vertretene Auffassung, durch die Nichtgewährung der verlängerten Annahmefrist in diesen Fällen würde die Befreiung von der Drucksituation wieder aufgehoben,3 geht daher eindeutig fehl. Es gilt genau das Gegenteil: Gerade durch diese Regel wird gewährleistet, dass es nicht innerhalb der verlängerten Annahmefrist doch noch zu einer solchen Drucksituation kommen kann. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich ein zweistufiges Verfahren mit den beschriebenen Wirkungen auch schon allein durch die Einführung eines Pflichtangebots ergeben würde, wenn dieses unabhängig von der Art des Erwerbs der Aktien in jedem Fall abzugeben wäre. Der Gesetzgeber hat aber auf diese Wirkung ver- 1 Damit liegt ihr ein ähnliches Prinzip zu Grunde wie den von BEBCHUK vorgestellten Regulierungsvorschlägen. Vgl. BEBCHUK (1985), S. 1747 – 1749, ; BEBCHUK (1987), S. 931 – 932; BEBCHUK (1988), S. 222. Vgl. dazu auch Abschnitt B 5.2. 2 Nach einer Mindermeinung von STEINMEYER/HÄGER soll bei Übernahmeangeboten jedoch die Angabe einer Mindestquote obligatorisch sein. Vgl. STEINMEYER /HÄGER (2002), § 29, Rn. 13 – 14. Danach könnte dieses Problem gar nicht auftreten. Für diese Auffassung gibt es allerdings keinerlei Anhaltspunkte im Gesetzestext oder in der Gesetzesbegründung, sodass hier mit der ganz h.M. davon ausgegangen wird, dass Übernahmeangebote ohne Mindestquote sehr wohl zulässig sind. 3 Vgl. GEIBEL (2002), § 16, Rn. 26. 311 Kapitel F 312 Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist zichtet, indem er gerade bei Erreichen der Kontrollquote mittels öffentlichen Angebots eine Ausnahme von der Angebotspflicht im Gesetz festschrieb.1 Damit sollte ausweislich der Gesetzesbegründung verhindert werden, dass ein Bieter zwei Angebote nacheinander abgeben müsste, wodurch unnötiger Zeit- und Kostenaufwand entstünde.2 Neben der schon beschriebenen Konsequenz, dass wegen dieser Ausnahme bereits für das Übernahmeangebot die gleichen strengen Regeln gelten müssen wie für das Pflichtangebot, folgt daraus zunächst auch ein Verzicht auf das zweistufige Verfahren, welches dann über die verlängerte Annahmefrist jedoch in ähnlicher Form wieder eingeführt wird. Es ergeben sich allerdings einige gewichtige Unterschiede zwischen einem zweistufigen Verfahren über ein generelles Pflichtangebot und dem Weg des Gesetzgebers mit verlängerter Annahmefrist: • Bei einer ausnahmslosen Pflichtangebotsregelung wird die Quote, bei der die zweite Einkaufsrunde ausgelöst wird, vom Gesetzgeber festgelegt und gilt in jedem Fall. Falls es im Rahmen der ersten Runde, also beim Übernahmeangebot, nicht zum Kontrollerwerb im Sinne des Gesetzes kommt, gibt es keine zweite Runde. • Bei der beschriebenen Regelung mit verlängerter Annahmefrist wird die Quote, bei deren Erreichen es zur zweiten Einkaufsrunde kommt, vom Übernehmer festgelegt. Zudem kann der Bieter auch auf eine derartige Mindestquotenbedingung verzichten mit der Folge, dass es in jedem Fall zu einer zweiten Runde kommt. Dabei lässt sich nicht ohne weiteres pauschal feststellen, welche dieser beiden Ausprägungen eines zweistufigen Verfahrens vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks sinnvoller ist. Beide Alternativen haben Vor- und Nachteile, die im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht untersucht werden sollen. Der Gesetzgeber jedenfalls hat sich für die Möglichkeit einer Ausnahme von der Pflichtangebotsregelung bei gleichzeitig verlängerter Annahmefrist entschieden. Dass er sich bei dieser Entscheidung unter Abwägung des skizzierten Entscheidungsproblems bewusst für diese Ausprägung des zweistufigen Verfahrens entschieden hat, kann jedoch ernsthaft bezweifelt werden. Jedenfalls fehlen jegliche Hinweise auf derartige Überlegungen in der Gesetzesbegründung. Insgesamt ist festzuhalten, dass die Wirkung des zweistufigen Verfahrens, das sich durch die verlängerte Annahmefrist ergibt, als ausgesprochen sinnvoll beurteilt wird. Zusätzliche Wirkungen ergeben sich nur im Ausbeutungsfall, also ausschließlich in dem Fall, in dem nach hiesigem Verständnis überhaupt ein Schutz- 1 Vgl. § 35 Abs.3 WpÜG. 2 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2001), S. 60. 4 Wertung der Ergebnisse der Modellvariation 313 bedürfnis besteht. Dann verhindert die Regelung – zumindest wenn, wie hier unterstellt, eine Mindestquote gesetzt wird – die Entstehung von Abgabedruck auf die Aktionäre der Zielgesellschaft und sorgt dafür, dass nur solche Übernahmen stattfinden, bei denen mindestens die Kontrollmehrheit von der Übernahme profitiert. Übernahmen, die nur durch den Abgabedruck überhaupt ermöglicht werden, werden demgegenüber blockiert. Diese Wirkungen ergeben sich im Übrigen unabhängig von den Mindestpreisregeln der Regulierung, sodass das zweistufige Verfahren bei Übernahmeangeboten auch ohne diese Regeln einen recht wirkungsvollen Schutz gewährleisten und deren Nachteile vermeiden würde. Hierauf wird im Rahmen des Schlusskapitels noch einmal eingegangen. 313 314 Kapitel F Modellvariation mit verlängerter Annahmefrist G Schlussbetrachtung 316 Kapitel G Schlussbetrachtung Schlussbetrachtung 317 Schlussbetrachtung Ziel der vorliegenden Arbeit war die Analyse von Wirkungen der Regulierung von Übernahmevorgängen durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz auf die ökonomische Betroffenheit des Übernehmers und der Aktionäre der Zielgesellschaft. Wesentlicher Kern dieser Regulierung sind die Pflichtangebotsregelung sowie die Vorschriften zu Übernahmeangeboten, die dementsprechend im Mittelpunkt dieser Arbeit standen. Den Schwerpunkt der Betrachtung bildete der Schutz der Zielgesellschaftsaktionäre vor Vermögensverlusten durch die Übernahme. Die Gewährleistung dieses Schutzes wird vom Gesetzgeber als Hauptgrund für die Einführung der genannten Regeln angegeben. Zunächst wurde in den Kapiteln B und C herausgearbeitet, welche Einschränkungen der Handlungsmöglichkeiten der betroffenen Personen durch die Regulierung vorgenommen werden und worin die Motivation des Gesetzgebers für die Verabschiedung dieser Vorschriften zu sehen ist. Es zeigte sich, dass vor allem der Übernehmer durch das Gesetz sehr weitgehend in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt wird. Durch diese einseitige Beschränkung des Übernehmers ist das vom Gesetzgeber propagierte (Neben-)Ziel, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der Übernahmen weder erleichtert noch erschwert, schon im Ansatz in Frage gestellt. Da derartige Beschränkungen der Handlungsfreiheit des Übernehmers für sich betrachtet nur zu einer Erschwerung von Übernahmen führen können, müssten dem zur Erreichung des genannten Ziels andere Regelungen entgegenstehen, die diesen Effekt kompensieren können. Solche Regeln sind jedoch im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz nicht enthalten. Insbesondere das Verbot von Abwehrmaßnahmen durch den Vorstand der Zielgesellschaft kann eine solche Wirkung nicht entfalten, da es nach herrschender Meinung schon vor Inkrafttreten des Gesetzes bestanden hat und durch die vielfältigen Ausnahmen, die das Gesetz nun vorsieht, eher noch ausgehöhlt wird. Insofern konnte bereits an dieser Stelle der Arbeit vermutet werden, dass der Bieter durch die Regulierung tendenziell schlechter gestellt wird und Übernahmen dadurch erschwert werden. Es stellte sich daher die Frage, ob diese einseitige Beschränkung des Übernehmers durch den Schutz der Zielgesellschaftsaktionäre gerechtfertigt ist und diesen erreichen kann. Den Schwerpunkt der Untersuchung stellte eine modelltheoretische Analyse des Übernahmevorgangs dar. Im Rahmen dieser Analyse wurde in Kapitel D zunächst ein allgemeiner Modellrahmen entwickelt, der auf den Bewertungskalkülen der handelnden Personen aufbaut. Innerhalb dieses Modells wurde dann in Kapitel E die Regulierung in idealisierter Form untersucht. In Kapitel F erfolgte im Rahmen einer Modellvariation eine Erweiterung der Untersuchung um die Wirkungen der verlängerten Annahmefrist. Die Ergebnisse der Analysen wurden jeweils am Ende dieser Kapitel zusammengefasst und umfassend gewürdigt. Insofern kann eine 317 318 Kapitel G Schlussbetrachtung ausführliche Wiederholung an dieser Stelle unterbleiben. Stattdessen sollen nur einige Kernergebnisse thesenhaft formuliert werden. Stark verkürzt ergaben sich im Grundmodell die folgenden Befunde: • Der Bieter wird durch die Regulierung grundsätzlich schlechter gestellt. • Die Aktionäre der Zielgesellschaft werden in einigen Fällen besser als ohne Regulierung gestellt und in einigen Fällen schlechter. • Die Fälle, in denen die Aktionäre besser gestellt werden, decken sich nicht genau mit den Fällen, in denen ein Schutzbedürfnis besteht. Einerseits erfolgt nicht immer, wenn ein Schutzbedürfnis besteht, eine Verbesserung, andererseits erfolgt die Besserstellung (auf Kosten des Bieters) auch in Fällen, in denen gar kein Schutzbedürfnis besteht. • Die Gleichpreisregel führt zu einem systematischen „Überschießen“ des Schutzes der Aktionäre der Zielgesellschaft. • Auch die Börsenpreisregel kann eine sachlich nicht gerechtfertigte Besserstellung der Zielgesellschaftsaktionäre auslösen. • Beide Preisregeln können dazu führen, dass für alle Beteiligte vorteilhafte Übernahmen verhindert werden. Damit erwies sich die gesetzliche Regulierung nach den hergeleiteten Modellergebnissen als äußerst zweischneidiges Schwert. Eine positivere Beurteilung ergab sich in Kapitel F hinsichtlich der Wirkungen der verlängerten Annahmefrist: • Das durch die verlängerte Annahmefrist herbeigeführte zweistufige Verfahren ist – zumindest in der untersuchten Ausgestaltung mit Mindestquotenbedingung – in der Lage, den Druck von den Aktionären der Zielgesellschaft zu nehmen, ihre Aktien auch zu einem Preis unterhalb ihrer Werteinschätzung bei Unabhängigkeit abzugeben. • Dadurch ist gewährleistet, dass mindestens eine Anzahl Aktionäre im Umfang der Kontrollmehrheit aus der Transaktion einen Gewinn erzielen kann. • Übernahmen, die nur durch den Abgabedruck überhaupt möglich wären, werden durch die Regelung blockiert. • Die Vorschrift entfaltet ihre Wirkungen nur im Ausbeutungsfall. Im Synergiefall hingegen, in dem gar kein Schutzbedürfnis besteht, entwickelt die Regelung keine Wirkungen. Schlussbetrachtung 319 Mit der Herleitung dieser Ergebnisse ist das Ziel dieser Arbeit eigentlich erreicht. Es sollte lediglich die bestehende gesetzliche Regelung analysiert werden. Die Erarbeitung eines Alternativvorschlags, der erkannte Schwächen vermeiden kann, war ausdrücklich nicht Zielsetzung der Arbeit. Dennoch sollen zum Abschluss aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen einige Ansatzpunkte für mögliche Verbesserungen der gesetzlichen Regelung aufgezeigt werden. Diese können als Anstoß für eine weitere wissenschaftliche Diskussion dienen. Die herausgearbeiteten Schwächen der gesetzlichen Regulierung ergeben sich vor allem auf Grund der Preisregeln. Wird hier auch die Notwendigkeit von Preisregeln für Pflichtangebote nicht grundsätzlich bestritten, so ist ihre Erforderlichkeit für Übernahmeangebote dagegen äußerst fraglich. Die Notwendigkeit der Übertragung von Mindestpreisregeln für Pflichtangebote auch auf Übernahmeangebote ergibt sich nämlich erst aus der gesetzlichen Konzeption, dass nach einem Übernahmeangebot kein Pflichtangebot mehr abgegeben werden muss. Insofern liegt in der Absicht der Gewährung einer Ausstiegsoption im Rahmen der Konzernbildungskontrolle kein originärer Begründungsansatz. Die Begründung leitet sich vielmehr daraus ab, dass das Übernahmeangebot zugleich die Aufgaben des Pflichtangebotes mit übernehmen muss. Eine originäre Begründung für Mindestpreisregeln bei Übernahmeangeboten könnte sich allenfalls aus der beschriebenen Gefahr ergeben, dass die Aktionäre sich auf Grund eines möglichen Abgabedrucks gezwungen sehen könnten, ihre Aktien ggf. auch unter ihrer Werteinschätzung bei Unabhängigkeit zu verkaufen. Wie allerdings in Kapitel F gezeigt wurde, würde dieser Druck bei einer generellen Pflichtangebotsregelung, bei der mindestens der gebotene Preis eines vorausgegangenen Übernahmeangebots zu gewähren ist, gar nicht erst entstehen. Auch nach diesem Begründungsansatz ergibt sich eine Notwendigkeit von Mindestpreisregeln erst durch den Verzicht auf ein Pflichtangebot nach einem Übernahmeangebot. Durch die Befreiung verzichtet der Gesetzgeber zunächst auf die positive Wirkung eines nachgelagerten Pflichtangebots. Er führt sie allerdings gleichzeitig in ähnlicher Form durch die verlängerte Annahmefrist bei Übernahmeangeboten wieder ein. Würde man die Befreiung vom Pflichtangebot nach einem Übernahmeangebot fallen lassen, so könnte man demgegenüber auf Preisregeln bei Übernahmeangeboten verzichten und die in Kapitel F herausgearbeiteten Vorzüge des zweistufigen Verfahrens würden zum Tragen kommen. Eine Übernahme könnte nur zu einem Preis gelingen, der oberhalb der Werteinschätzung der Aktien bei Unabhängigkeit einer gesetzlich bestimmten Kontrollmehrheit liegt. Dieser Preis wird nur von den Grenzpreisen der Aktionäre geprägt, wobei ein preismindernder Abgabedruck ausgeschlossen ist. Eine solche Preisbemessung erscheint im Rahmen von Übernahmeangeboten weit besser geeignet zur Bestimmung der „angemessenen Gegenleistung“ als historische Durchschnittsbörsenkurse oder einzelnen Ak- 319 320 Kapitel G Schlussbetrachtung tionären gezahlte Vorerwerbspreise. Die Entscheidung über die Angemessenheit des Preises läge dann allein in der Hand der Aktionäre. Die gesetzliche Regulierung könnte sich darauf beschränken, dass dem Aktionär die Entscheidung ohne Druck und unter möglichst vollständiger Information ermöglicht wird. Auch nach der geltenden Gesetzeslage wäre ein Verzicht auf Preisregeln bei Übernahmeangeboten möglich. Wie bereits mehrfach erwähnt, wird auch durch die verlängerte Annahmefrist ein zweistufiges Angebotsverfahren eingeführt und damit eine ähnliche Wirkung erzielt wie mit einem generellen Pflichtangebot. Es müsste allerdings sichergestellt werden, dass es nur dann zu einer zweiten Runde kommt, wenn die Übernahme in der ersten Runde gelungen ist. Ansonsten könnte es in der zweiten Runde zum beschriebenen Abgabedruck kommen. Problematisch an beiden Lösungen ist, dass die Kontrollschwelle mit einer zweifachen Funktion belegt wird. Grundsätzlich dient eine Kontrollquote, egal ob gesetzlich fixiert oder durch eine Mindestquote individuell vom Bieter festgelegt, nur der Quantifizierung der für eine Übernahme notwendigen Kontrollintensität. In den obigen Vorschlägen wird ihr aber zusätzlich die Funktion der Bestimmung des angemessenen Mindestpreises auferlegt. Die Quote bestimmt nämlich in beiden Vorschlägen das Argument der Bewertungsfunktion, die zur Bemessung des Mindestpreises herangezogen wird. Es ist jedoch fraglich, ob beide Funktionen mit der gleichen Quote sachgerecht erfüllt werden können. Man könnte argumentieren, dass der Anteil der Aktionäre, für die der gebotene Preis im Ausbeutungsfall ihren Wert bei Unabhängigkeit übersteigt, höher liegen sollte als die Kontrollquote. Bei einer Kontrollquote von 30 % könnten im Extremfall 70 % der Aktionäre den gebotenen Preis für nicht angemessen halten, die Übernahme könnte aber trotzdem gelingen. Abhilfe bei diesem Problem würde eine obligatorische Mindestquotenbedingung mit gesetzlich festgelegter Höhe schaffen, die vom Übernehmer fakultativ noch angehoben werden kann. Denkbar wäre z.B. eine Mindestquotenbedingung von wenigstens 50 % bei Übernahmeangeboten zwingend vorzuschreiben. Dadurch wäre in Anlehnung an das im Aktienrecht vorherrschende Mehrheitsprinzip sichergestellt, dass die absolute Mehrheit der Aktionäre den Preis für angemessen hält und die Übernahme befürwortet. Zudem würde bei der Lösung durch die verlängerte Annahmefrist gewährleistet, dass es wie oben gefordert nur dann zu einer zweiten Runde kommt, wenn die Übernahme in der ersten Runde gelungen ist. Die Konsequenz dieses Vorschlags wäre allerdings, dass Übernahmen mittels öffentlichen Angebots dann nicht mehr durch Kauf von weniger als 50 % der Aktien möglich wären. Mag man dies im Ausbeutungsfall noch für sachgerecht halten, ergäben sich, wenn der Bieter im Synergiefall ohne diese obligatorische Mindestquotenbedingung eine individuelle Kontrollquote von weniger als 50 % angestrebt hätte, wieder unerwünschte Mengen- und Preiseffekte, die potentielle Übernahmegewinne vom Bieter zu den in diesem Fall nicht schutzbedürftigen Aktionären umverteilen würden. Dennoch erscheint dieser Schlussbetrachtung 321 Nachteil insgesamt eher hinnehmbar als diejenigen, die durch die undifferenzierten gesetzlichen Preisregeln entstehen. Bei Pflichtangeboten nach einem Kontrollerwerb durch Börsen- oder Paketkäufe ist dagegen einzusehen, dass eine Mindestpreisregelung grundsätzlich notwendig ist, um die Vorschrift nicht durch einen beliebig niedrig festgesetzten Preis ins Leere laufen zu lassen. Wie gezeigt wurde, sind jedoch weder die Gleichpreisregel noch die Börsenpreisregel in der Lage, diesen Mindestpreis in sachgerechter Weise festzulegen. Insbesondere die Gleichpreisregel ist nach den gewonnenen Erkenntnissen strikt abzulehnen und sollte vollständig aufgegeben werden. Auch eine Lockerung derart, dass bestimmte prozentuale Abschläge auf gezahlte Paketpreise zugelassen werden, wie noch im Referentenentwurf des Gesetzes vorgesehen, würden die durch die Regelung hervorgerufenen unbilligen Ergebnisse nur abmildern, aber nicht beseitigen. Auch der durchschnittliche Börsenpreis kann aus den dargelegten Gründen allenfalls einen groben Anhalt für einen angemessenen Preis bieten. Mangels eines besseren Kriteriums sollte die Regel jedoch zunächst beibehalten werden. Es sollten allerdings in begründeten Ausnahmefällen Befreiungen von der Regel durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ermöglicht werden. Zu untersuchen wäre die Frage, ob in solchen Fällen eine gutachterliche Bewertung, wie sie etwa bei Abfindungen nach konzernrechtlichen Vorschriften durchgeführt wird, ggf. zu besseren Ergebnissen führen kann. Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass die Diskussion um die Regulierung von Übernahmen und öffentlichen Angeboten in Deutschland auch nach Verabschiedung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes keineswegs als abgeschlossen angesehen werden kann. 321 322 Kapitel G Schlussbetrachtung Literaturverzeichnis 323 Literaturverzeichnis ADAMS (1989) Adams, M.: Der Markt für Unternehmenskontrolle und sein Mißbrauch, in: AG 1989, S. 333 – 338. ADAMS (1990) Adams, M.: Was spricht gegen eine unbehinderte Übertragbarkeit der in Unternehmen gebundenen Ressourcen durch ihre Eigentümer?, in: AG 1990, S. 243 – 252. ALBACH (1962) Albach, H.: Investition und Liquidität, Wiesbaden 1962. 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