FACHBERICHTE Sanierung von Fernwärmeleitungen Unter Einsatz von Kunststoff vergütetem Zementmörtel Rehabilitation of district heating pipelines using polymer-enriched cement mortar Von Reinhard Büssing und Dr. Wolfgang Berger Nahezu alle Städte in Rumänien werden durch Heizkraftwerke mit Fernwärme versorgt. Teilweise werden die Fernwärmenetze mit unbehandeltem Wasser betrieben. Der Fortschritt der Korrosion ist an vielen Leitungssystemen zu beobachten. Aus der Erfahrung des Autors müssen in den nächsten Jahren mehrere hundert Kilometer Fernwärmeleitungen ausgetauscht oder saniert werden. Auch die Stadt Pitesti betreibt ein Fernwärmenetz von mehr als 100 km Länge. 2006 wurde der erste Versuchseinsatz zur Sanierung dieser Leitungen mit dem von der Firma Minova entwickelten Tekflex DP vorgenommen. Nach Beendigung der Heizperiode zeigte sich, dass diese Anwendung erfolgreich war. Um weitere Aussagen zu erhalten, wurde das FITR in Weimar beauftragt, realitätsnahe Tests an nachträglich ausgekleideten Stahlrohren durchzuführen. Der folgende Beitrag fasst die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Practically all towns and cities in Romania are supplied with district heating from cogeneration plants. The district heating transmission systems are in some cases operated using untreated water, and the advance of corrosion is observable on many piping systems. The authors‘ experience indicates that the replacement or rehabilitation of several hundred kilometers of district heating transmission pipelines will be necessary in the next few years. The City of Pitesti also operates a district heating network of more than 100 km length. Initial trials for rehabilitation of these pipelines using Tekflex DP, developed by Minova, took place in 2006. The success of this application became apparent after the end of the heating period. In order to obtain further information and data, the FITR in Weimar was commissioned to perform realistic tests on retrolined steel pipes. The following article summarizes the results of this study. Untersuchungsgegenstand Das Forschungsinstitut für Tief- und Rohrleitungsbau Weimar e. V. wurde durch die Minova CarboTech GmbH mit Sitz in Essen beauftragt, die Eignung einer neu entwickelten Innenbeschichtung für warmgehende Leitungen, TEKFLEX DP, für den Einsatz bei der Sanierung von Fernwärme-/Dampftrassen nachzuweisen. Hierzu sollten mit TEKFLEX DP beschichtete Stahlrohre extremen Temperaturlastwechseln mit mindestens 100 K Temperaturdifferenz ausgesetzt werden, um nachzuweisen, dass TEKFLEX DP als Innenbeschichtung für die Leitungssanierung den üblichen Betriebszuständen in modernen Fernwärmenetzen sicher widerstehen kann. Die Untersuchung erfolgte in folgenden Schritten: ■ Optische Erfassung des Ausgangszustandes der Innenbeschichtung mittels TVInspektion ■ Aufheizen der Prüfrohre mittels Heißwasser auf eine Temperatur am Außenmantel der Stahlrohre von ca. 115 bis 120 °C ■ Gewährleistung einer Temperaturspreizung bei der Umsetzung der Lastwechsel von min. 100 K ■ Betriebsdruck max. 13 bar ■ Durchführung des Abkühlprozesses in einem Zeitraum von ≤ 30 min ■ Optische Erfassung des Zustandes der Beschichtung nach Abschluss der Temperaturlastwechsel mittels TV-Inspektion ■ ■ ■ Vergleich des Anfangs- und des Endzustandes Bewertung der Veränderungen Rückschluss auf die Eignung Ausführung der Untersuchung Für die Untersuchungen wurden drei Stahlrohre DN 250 mit einer Länge von 6 m von der Firma R. Heitkamp Rohrbau GmbH, jetzt BRT Berkel Rohrtechnik GmbH, im Anschleuderverfahren mit der TEKFLEX DP Innenbeschichtung ausgekleidet. Die Schichtdicke betrug ca. 15 mm und wurde nach dem Anschleudern im ursprünglichen Zustand belassen, ohne Glättung der Oberfläche (Bild 1). Auf dem Versuchsfeld des Forschungsinstituts für Tief- und Rohrleitungsbau Weimar e. V. erfolgte der Zusammenbau der drei Einzelrohre zur Versuchsstrecke sowie die Komplettierung mit allen erforderlichen Armaturen und Sicherungseinrichtungen zu einem funktionsfähigen Versuchsstand. Bild 1: Beschichtetes Stahlrohr Fig. 1: Coated steel pipe 3R international (47) Heft 7/2008 buessing.indd 421 421 28.07.2008 1:41:37 Uhr FACHBERICHTE ■ ■ ■ ■ Bild 2: Typischer Temperaturverlauf während eines Temperaturlastwechsels Fig. 2: Typical plot of temperature during a temperature-load cycle Zur Einhaltung der festgelegten Temperaturen in der Versuchstrecke wurden zwei Temperaturgeber am Auslass der Versuchsstrecke in 6und 12-Uhr-Position angeordnet. Sie dienten gleichzeitig zur Steuerung der Heißwasserbereitungsanlage. Mittels Datenlogger konnten die aktuellen Temperaturen abgelesen und die Datensätze gespeichert werden. Zusätzlich wurden die Temperatur des Kaltwassers und die Außentemperatur 50 cm über dem Boden gemessen und aufgezeichnet. Bei jedem Einzelversuch wurde zuerst die Versuchsstrecke mittels Heißwasser aus der Heißwasserbereitungsanlage aufgeheizt. In Abhängigkeit von der Temperatur des Kaltwassers, das im Anschluss für den extremen Temperaturlastwechsel sorgen sollte, erfolgte die Aufheizung bis auf eine Temperaturdifferenz von min. 100 K zwischen Wasser und Stahlrohr. Danach wurde die Heißwasserzirkulation über die Versuchsstrecke außer Betrieb gesetzt und der Auslass zur Druckentspannung sowie zur Vermeidung von Druckschlägen geöffnet. Unmittelbar danach erfolgte mittels einer Saugpumpe die Einspeisung des Kaltwassers aus einem bereitstehenden Wasserhänger mit 10 m³ Fassungsvermögen über den Zulauf in die Versuchsstrecke. Der typische Temperaturverlauf während eines Temperaturlastwechsels ist in Bild 2 dargestellt. Ergebnisse Die Untersuchung zum Nachweis der Eignung der TEKFLEX DP Innenbeschichtung für die Verwendung bei der Sanierung von Fernwärme-/Dampftrassen kam zu folgenden Ergebnissen: ■ 11 extreme Temperaturlastwechsel mit mehr als 100 K Temperaturdifferenz führten zu keiner sichtbaren Beschädigung an der TEKFLEX DP Innenbeschichtung. ■ Vor Beginn der Temperaturlastwechsel in der Innenbeschichtung vorhandene Risse, die nach DVGW Arbeitsblatts W 343 bei kaltgehenden Leitungen unkritisch sind, wurden nach der Versuchsdurchführung verschlossen vorgefunden (z. B. Bild 3). Ein Ablösen der Innenbeschichtung von der Stahlrohrinnenwandung wurde nicht festgestellt. Die Funktion der TEKFLEX DP Innenbeschichtung als passiver und aktiver Korrosionsschutz der Stahlrohre ist dadurch für die späteren Einsatzbedingungen gegeben. Eine durchgeführte Hochdruckreinigung der Versuchsrohre führte zu keiner sichtbaren Ablösung von Beschichtungsbestandteilen. Es kann davon ausgegangen werden, dass gegenüber der Simulation auf dem Versuchsfeld im Betrieb geringere Temperaturlastwechsel auftreten und auch bei Havarien nicht zu erwarten sind. Dies lässt die gesicherte Aussage zu, dass die TEKFLEX DP Innenbeschichtung für den Einsatz in Fernwärmeleitungen geeignet ist. Auch die Untersuchung der beschichteten Fernwärmerohre in Pitesti nach der Heizperiode ergab keine Beanstandungen. So wurde dann auch 2007 ein weiterer Auftrag an die Firma Heitkamp Rohrbau, jetzt Berkel Rohrtechnik, erteilt. Diese Arbeiten wurden gemeinsam mit einem rumänischen Tief- und Rohrleitungsbauer durchgeführt. Sanierung von Fernwärmeleitungen mittels Zementmörtelauskleidung Vorbereitende Arbeiten Erfassung von Daten Anhand von Planunterlagen sowie Ortsbegehungen sind folgende Parameter zu ermitteln: Material und Durchmesser der Leitungen im Sanierungsgebiet, Rohretagen, Richtungsänderungen, insbesondere die Lage der Ausdehnungsbögen, Abzweige, Hausanschlüsse, Armaturen und soweit aus Störfällen oder Reparaturmaßnahmen bekannt, der Außen- Bild 3: Querriss (links) und verschlossener Querriss (rechts) bei 4,8 m in 9,15 Uhr Fig. 3: Transverse crack (left) and closed crack (right) at 4.8 m and 9.15 position 422 3R international (47) Heft 7/2008 buessing.indd 422 28.07.2008 1:41:40 Uhr FACHBERICHTE und Innenzustand der Leitungen. Eine Sanierung mittels Zementmörtelauskleidung sollte nur dann vorgenommen werden, wenn die Sicherheit der Aufnahme der statischen und dynamischen Belastungen gegeben ist. Erstellung der Baugruben Die manuelle oder maschinelle Erstellung der Baugruben sollte so geplant werden, dass diese an Hindernissen oder Zwangspunkten wie Schiebern, Abzweigen, Hydranten oder Ventilen liegen. Der Abstand der Baugruben ist abhängig vom Durchmesser der Leitung sowie der örtlichen Situation. Bei Nennweiten von DN 80 bis DN 500 können Abschnitte bis zu 180 m, in der Regel 100 m, gewählt werden. Bei Nennweiten von DN 600 und darüber sind Abschnitte von bis zu 400 m, in Einzelfällen auch noch länger, möglich. Im Allgemeinen werden Streckenlängen von 180 m Länge ausgeführt. Die Ausschachtung muss bis 30 cm unter der Rohrsohle erfolgen. Die Baugrubensohle sollte mit einer Schotterschicht bedeckt werden. Länge und Breite richten sich nach dem Durchmesser. Bei Leitungen von DN 80 bis DN 400 sind Abmessungen von 1,00 m x 1,50 m üblich, bei größeren Durchmessern 1,50 m x 2,50 m bis 3,50 m. Trennung der zu sanierenden Rohrleitung Bei Nennweiten von DN 80 bis DN 500 werden Rohrstücke von 1,20 m bis 1,50 m aus der vorhanden Leitung mittels Rohrscheider oder anderen mechanischen Geräten herausgetrennt. Die in die Baugrube hereinragenden Rohrenden sollen mindestens 15 cm lang sein. Bei Nennweiten ab DN 600 werden 1,50 m bis 2,00 m lange Halbschalen aus der Leitung, meist mittels Schweißbrenner getrennt. Reinigungsverfahren Die Wahl des Reinigungsverfahrens ist von verschiedenen Parametern abhängig, wie: Werkstoff der Leitung, Nennweite, Bögen, Armaturen oder Formstücken, chemischer Zusammensetzung der Inkrustationen und Resten von Altbeschichtungen wie z. B. Bitumen, Es ist darauf zu achten, das Reinigungsverfahren Rohr schonend auszuwählen, damit Beschädigungen der Leitung vermieden werden. Die Aufgabenstellung bei der Wahl des Reinigungsverfahrens hat das Ziel alle Inkrustationsprodukte zu entfernen und eine Rohroberfläche zu schaffen, die dem Zementmörtel während der Beschichtungsphase eine ausreichende Haftung gewährleistet. Eine metallisch blanke Oberfläche wird nicht benötigt. Bei Rohrleitungen mit einer Bitumen Innenbeschichtung, die Blasen aufweist, müssen diese geöffnet werden. Ebenso sind alle nicht haftenden Partikel zu entfernen. Auch hier ist es nicht nötig, eine metallisch blanke Rohrwand zu erzielen. Die Entsorgung der Korrosionsprodukte sollte umweltgerecht erfolgen. Beim Einsatz von Reinigungsverfahren, die Wasser benötigen, werden die Korrosionsprodukte herausgefiltert, das Wasser in der Regel aufbereitet und wieder verwendet. Nach der Reinigung darf kein Restwasser in der Leitung verbleiben. Mechanische Reinigung Diese Art der Reinigung hat sich als effektiv und Rohr schonend erwiesen, deshalb ist es weltweit das Verfahren, das am meisten eingesetzt wird. Nach dem Öffnen der Leitung wird ein Glasfaserstab zur anderen Baugrube geschoben, am Stab wird ein Zugseil befestigt und zurückgezogen. An diesem Seil werden ein oder mehrere Federstahlkratzer befestigt (Bild 4). In mehreren Arbeitsgängen, abhängig von der Dicke und Härte der Inkrustationen oder Altbeschichtungen, werden diese Kratzer mittels einer Winde durch die Leitung gezogen. Hierbei werden die Korrosionsprodukte und Altbeschichtungen gelöst. Dieser Vorgang wird solange durchgeführt, bis das Rohr einen aus- Minova CarboTech hervorragende Lösungen für die Kanal- und Rohrleitungssanierung Die Harze und Verfahren der Minova CarboTech werden allen Anforderungen und Schadensbildern in der Kanal- und Rohrleitungssanierung gerecht! 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Die Streckenabschnitte werden nach örtlicher Situation zwischen 100 m – 600 m gewählt. Reinigung von Hand Bei begehbaren Leitungen mit einem Durchmesser von mindestens 600 mm wird die Reinigung in Bereichen, in denen eine mechanische Reinigung nicht möglich ist, an kurzen Abschnitten oder kritischen Bereichen wie Formstücken oder Krümmern, eventuell auch zur Nachreinigung von Abzweigen oder Muffen, von Hand durchgeführt. Dazu benutzt man Spachtel, Drahtbürsten oder geeignete mechanische bzw. elektrische Schleifgeräte. Diese Art der Reinigung ist sehr kostenintensiv und wird deshalb nur in Ausnahmefällen angewendet. Bild 4: Federstahlkratzer, dieses System wird bei der mechanischen Reinigung bei großen Nennweiten DN 400 bis DN 1200 eingesetzt Fig. 4: Spring-steel scraper; this system is used for mechanical cleaning of DN 400 to DN 1200 lines reichenden Reinigungsgrad aufweist. Die benötigte Zugkraft kann mehrere Tonnen betragen. Anschließend werden mit Gummischeibenmolchen die verbliebenen gelösten Bestandteile aus der Leitung entfernt. Eine Kontrolle kann visuell oder mittels CCTV Inspektion erfolgen. Das Verfahren kann bei metallischen (Grauguss, duktiles Gusseisen, Stahl, andere Metalle) Rohrleitungen der Nennweiten DN 80 bis DN 2000, ggf. auch darüber hinaus, eingesetzt Hydraulische Reinigung Molche aus unterschiedlichsten Materialien, wie Schaumstoff, Plastik oder Metall, werden mit Hilfe des anstehenden Wasserdrucks durch die zu reinigende Leitung transportiert. Diese Molche, die teilweise mit Korund- oder Stahlapplikationen bestückt sind, können über große Längen die Inkrustationen in Transportleitungen mit gleich bleibendem Durchmesser lösen und aus der Leitung fördern. Hierbei fallen extrem große Wassermengen an, deshalb wird dieses Verfahren in der Regel nur bei kleineren Leitungsdurchmessern eingesetzt. Es können mehrere Kilometer in einem Abschnitt gereinigt werden. Das Verfahren eignet sich für alle Rohrwerkstoffe und wird in den Nennweiten von 80 bis 1000 mm eingesetzt. Wasserhochdruckreinigung Diese Art der Reinigung, bei der Düsen, Kettenschleudern oder Rohrfräsen bei einem maximalen Wasserdruck von 180 bar eingesetzt werden, eignet sich nur bei Rohrleitungen mit geringen Inkrustationen und Korrosionsprodukte oder als zweiter Reinigungsschritt zur Nachreinigung der mechanischen oder Handreinigung. Sie wird in den Nennweitenbereichen von 80 bis 1000 mm eingesetzt und wird für alle Rohrmaterialien verwendet. Wasserhöchstdruckreinigung Selbst sehr schwer zu lösende Inkrustationen können mit Drücken von bis zu 2500 bar bei sehr geringem Wasserbedarf gelöst werden. Die Düsen treiben sich nach dem Rückstoßprinzip voran. Der Nennweitenbereich bei DN 80 bis über DN 3000. Die Strecken sind zwischen 80 und 200 m lang. Bild 5: Verschiedene Luftmotoren für Rohrleitungen von DN 80 bis DN 500 Fig. 5: Various air motors for DN 80 to DN 500 pipelines 424 Mit diesem Verfahren werden sehr hohe Reinigungsgrade erzielt, es kann für nahezu alle Rohrmaterialien verwendet werden, es sollte jedoch nur von Spezialisten mit langjähriger Erfahrung eingesetzt werden, da bei unsachgemäßem Einsatz sehr leicht die Rohrleitung beschädigt wird. Bild 6: Auskleidung einer Rohrleitung DN 800 mit einer bemannten, elektrisch betriebenen Schleudermaschine Fig. 6: Lining of a DN 800 pipeline using a manned electrically operated centrifugal applicator Anschleuderverfahren zur Auskleidung von Fernwärmeleitungen mit Zementmörtel Beim Anschleuderverfahren unterscheidet man zwei unterschiedliche Verfahrensvarianten: Nicht begehbare Rohrleitungen von 80 bis 500 mm Durchmesser Nach Beendigung der Vorarbeiten wird ein Schlauchpaket, bestehend aus Mörtel- und Luftschlauch mittels Klebebändern mit einem Zugseil verbunden und in den Sanierungsabschnitt eingezogen. An den Kupplungen wird ein Luftmotor (Bild 5) angeschlossen, der mit einer Hohlwelle versehen ist. In Zwangsmischern wird der benötigte Mörtel gemischt und mittels einer 3-Kolben- oder Monopumpe über die Schlauchleitungen in den Luftmotor gepumpt, der mit hoher Drehzahl rotierende Schleuderkopf wirft die Fertigmörtelmischung Tekflex DP gegen die Rohrwand. Die Kornverteilung ist homogen und durch die hohen Rotationskräfte wird eine optimale Verdichtung erreicht. Der Luftmotor ist mit einem Kufenfahrgestell aus Federstahl versehen, der eine Zentrierung im Rohr ermöglicht. Dem Luftmotor kann eine Glättvorrichtung nachgeschaltet sein. Heutzutage verzichtet man meist auf eine Glättung, da die Ovalität der Altrohre, Durchmessertoleranzen von mehreren mm, eine gleichmäßige Schichtdicke der Auskleidung verhindern. Die Pumpenförderrate in Kombination mit der Zuggeschwindigkeit bestimmt die Mörtelschichtdicke. Die Schichtdicke der Auskleidungsschicht ist Nennweitenabhängig und beträgt in dem 3R international (47) Heft 7/2008 buessing.indd 424 28.07.2008 1:41:42 Uhr FACHBERICHTE hier vorgestellten Bereich 4,0 bis 6,0 mm. Die maximalen Streckenabschnitte betragen zwischen 70 und 200 m. Begehbare Rohrleitungen von 600 bis über 3000 mm Durchmesser In diesen Durchmesserbereichen werden selbst fahrende, elektrisch betriebene, bemannte Schleudermaschinen eingesetzt. Ein eingebauter Mörtelbehälter mit einem Schneckentransportsystem, der über eine 3Kolbenpumpe ständig nachgefüllt wird, sorgt für gleichmäßige Mörtelzufuhr zum Schleuderkopf. Nachgeschaltete rotierende Glättkellen können eingesetzt werden, um die Rauhigkeiten der Mörtelschicht zu vermindern (Bild 6). Bei starker Ovalität der Rohre ist darauf zu verzichten, um möglichst gleichmäßige Dicken zu erzeugen. Die Fahrgeschwindigkeit und die zugeführte Mörtelmenge ergeben die Dicke der Auskleidungsschicht, die zwischen 6,0 und 10.0 mm liegen sollen. Starke Korrosionsschäden oder Wässer mit hohen Kohlensäureanteilen erfordern höhere Schichtdicken. In der Regel können Schichtdicken bis zu 12,0 mm in einem Arbeitsgang aufgetragen werden. Bei noch größeren Schichtdicken sind zwei Arbeitsgänge erforderlich. Hierbei ist darauf zu achten, dass zur Erzielung eines Verbundes zwischen den Schichten, die erste Schicht feucht ist. Die maximalen Streckenabschnitte betragen zwischen 200 und 500 m, in Sonderfällen bei Nennweiten ab DN 1600 sind Streckenlängen von bis zu 5000 m realisierbar. Es ist besonders darauf hinzuweisen, dass die elektrische Installation den Sicherheitsvorschriften entsprechen muss, da es in der Bild 8: Schon nach wenigen Stunden beginnt die Kristallisation in den Haarrissen (links), nach kurzer Zeit sind die Risse geschlossen, der Korrosionsschutz ist gewährleistet Fig. 8: Crystallization in the hairline cracks starts after only a few hours (left), after a short time, the cracks are closed and protection against corrosion is assured Vergangenheit mehrere, zum Teil tödliche Unfälle gegeben hat. Mörtelfestigkeiten Die Mörtelfestigkeiten sind geringer als im DVGW-Arbeitsblatt W 343 für Trinkwasserleitungen angegeben, dies ist auf die verschiedenen Kunststoffzusätze zurückzuführen. Das Ausbreitmaß, ebenfalls ein Indikator für die Festigkeiten, soll zwischen 13 und 17 cm liegen. Bei kleineren Nennweiten, bedingt durch die dünnen Schläuche sowie die zu pumpenden Streckenlängen werden Ausbreitmaße bis maximal 23 cm toleriert (Bild 7). Die Druckfestigkeit nach 28 Tagen liegt beim Anschleuderverfahren für Fernwärmeleitungen bei ca. 30 N/mm2, die Biegezugfestigkeit bei 5 N/mm2. Maßnahmen nach erfolgter Auskleidung Nach Beendigung des Beschichtungsvorganges ist sicher zu stellen, dass der Erhärtungsvorgang des Mörtels unter ausreichendem Feuchtigkeitsangebot bei einer Mindesttemperatur von +5 °C erfolgen kann. Deshalb werden nach Abschluss der Auskleidungsarbeiten beide Rohrenden sorgfältig mit einer Plastikfolie verschlossen. Dies verhindert das Austrocknen der Beschichtung, das Eindringen von Fremdkörpern, Tieren oder Grund- oder Regenwasser und unterdrückt die Rissbildung. Bei hohen Temperaturen kann es erforderlich sein, täglich geringe Wassermengen der Beschichtung zu zuführen. Eine Beschleunigung des Aushärtevorgangs kann mit heißem Dampf erfolgen. Dies wird jedoch nur selten angewendet, da der Nutzen meist in keinem Verhältnis zum Aufwand steht. Bild 7: Kellenprobe und Ausbreitmaß geben Aufschluss über die Eignung des Mörtels Fig. 7: Trowel-sample and degree of spread provide information on the mortar’s suitability for use Rissbildung und „Selbstheilung“ Je größer der Wasser-/Zementfaktor ist, desto höher ist das Risiko der Rissbildung, da der Zementmörtel schwindet und dadurch reißt. Jede Wasserzugabe, die über dem stöchiometrischen Bedarf des Zements liegt, kann die Rissbildung auslösen. Auch Austrocknungsvorgänge der Auskleidungsschicht, z. B. bei den erforderlichen Rohrbauarbeiten, können Risse erzeugen. In Fernwärmeleitungen können Risse mit Breiten bis zu 1,5 mm innerhalb weniger Tage „verheilt“ sein (Bild 8). Bei Transportleitungen >DN 1000 konnte beobachtet werden, dass Risse mit einer Breite von 1 - 3 mm innerhalb von 60 Stunden geschlossen waren. Dies beruht auf mehreren Faktoren. Der Zement der Auskleidung nimmt Wasser auf und erfährt eine Volumenvergrößerung. Durch das Quellen werden die Risse verschlossen. Die Zementmörtelauskleidung ist das einzige Sanierungsverfahren, das einen aktiven und passiven Korrosionsschutz ermöglicht. Beim aktiven Korrosionsschutz wird aus den Flanken der Risse, während des Betriebs der Leitung, Calciumoxyd herausgelöst. Durch die stark alkalische Umgebung bildet sich daraus Calciumhydroxid. Aufgrund der damit verbundenen Volumenvergrößerung wird der Riss durch eine anfangs Gel artige Masse verschlossen. In der Folge reagiert das Calciumhydroxid mit den Kohlensäureanteilen des Wassers, es bildet sich wasserunlösliches Calciumkarbonat, das in den Rissen auskristallisiert. An die Rissflanken lagern sich weitere vom Wasser mit geführte Oxyde, z. B. Eisen- oder Manganoxide, an. Der aktive Korrosionsschutz funktioniert folgendermaßen: das Wasser der Rohrleitung durchdringt die Mörtelschicht, geringe Mengen Eisenoxid werden von der Rohrwand gelöst. Die alkalische Umgebung bewirkt eine Umwandlung in Eisenhydroxid. Dies ist mit einer Volumenvergrößerung verbunden. Das Eisenhydroxid wandert durch den entstehenden Druck in die Poren und Hohlräume des Mörtels und verschließt diese im Laufe der Zeit. Ein weitere Zutritt von Wasser zur Rohrwandung ist damit unterbunden, Innenkorrosion somit verhindert. 3R international (47) Heft 7/2008 buessing.indd 425 425 28.07.2008 1:41:44 Uhr FACHBERICHTE Maßnahmen nach erfolgter Sanierung Durch die Zementmörtelauskleidung erfolgt eine begrenzte Beseitigung von Undichtigkeiten der Rohrleitung. Sind solche Fehlstellen bekannt, ist es ratsam, eine dickere Beschichtung zu wählen. Je länger der Mörtel Zeit hat auszuhärten, die Leitung sollte bei größeren Fehlstellen frühestens nach sieben Tagen, besser jedoch noch später, wieder in Betrieb genommen werden. Ebenfalls hat sich bewährt, die Leitung während des Aushärtens der Auskleidungsschicht, mit Wasser zu füllen. Die Druckprüfung sollte frühestens nach sieben Tagen erfolgen. Die Prüfung wird mit dem 1,2-fachen Betriebsdruck der Leitung durchgeführt. Besonderheiten Der kunststoffvergütete Mörtel Tekflex DP verhält sich beim Mischen, Pumpen, Anschleudern und Aushärten völlig anders als der in der Sanierung von Trinkwasserleitungen eingesetzte Zementmörtel. Durch die beim Tekflex DP eingesetzten unterschiedlichen Verzögerer muss das Material sehr lange, 8 bis 15 min, gemischt werden, um die entsprechenden, gewünschten Reaktionen während des Mischvorgangs zu erzeugen. Danach liegt die Pumpbarkeit bei bis zu 2,5 Stunden. Die Pumpendrücke erreichten pumpenseitig über 150 bar bei 1,5“ Schläuchen und 150 m Länge, also bis zum 5-fachen des beim Zementmörtel üblichen Wertes. Je nach Umgebungstemperatur kann es bis zu 60 Stunden dauern bis die Leitung wieder in Betrieb genommen werden kann. Die Druckfestigkeiten sind niedriger als beim herkömmlichen Zementmörtel. Wirtschaftlichkeit Bei Nennweiten von DN 600 und größer sind im Allgemeinen Sanierungsabschnitte von 300 bis 500 m möglich. Betrachtet man nur die direkten Kosten, ist davon auszugehen, dass die Sanierung erheblich günstiger ist als eine Neuverlegung. Werden auch die indirekten Kosten betrachtet, ist mit einer weiteren Preisverminderung gegenüber einer Neuverlegung zu rechnen. Bei Versorgungsleitungen der Nennweiten DN 80 bis DN 500 betragen die Sanierungsabschnitte, bedingt durch die örtliche Situation, zwischen 70 und 180 m. Dennoch sind die Kosten geringer als bei einer Neuverlegung. Werden die indirekten Kosten mit einbezogen, wird die Preisdifferenz noch deutlicher. Je länger die Sanierungsabschnitte gewählt werden können, desto größer ist die Preisdifferenz verglichen mit einer Neuverlegung. Abschreibungstechnisch können mit Zementmörtel sanierte Leitungen mit neu verlegten 426 Leitungen gleich gesetzt werden. Die Versorgungsunternehmen in Deutschland haben mehr als 40 Jahre Erfahrung mit Zementmörtelauskleidungen für Trinkwasserleitungen. Neuverlegte Trinkwasserleitungen werden über 40 Jahre abgeschrieben. Durch die langjährige Erfahrung mit diesem Sanierungsverfahren wird auch hier eine Abschreibung über bis zu 40 Jahren vorgenommen. Literatur [1] DIN 2614 „Zementmörtelauskleidungen für Gußrohre, Stahlrohre und Formstücke. Verfahren, Anforderungen, Prüfungen.“ [2] DIN 2880 „Anwendung von Zementmörtelauskleidungen für Gußrohre, Stahlrohre und Formstücke.“ [3] KTW-Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes. [19] Hofer, P.: Planung der langfristigen Erneuerung von Wasserrohrnetzen, 3R International 33 (1994) Nr. 1/2, S. 19-25 [20] Holtschulte, HJ.: Zementmörtelauskleidung von erdverlegten Wasserrohrleitungen kleiner Durchmesser, ndz (1972) Nr. 10, S.449-454 [21] Holtschulte, H.: Der Innenschutz von Rohrleitungen unter besonderer Berücksichtigung Zementmörtelauskleidung – praktische Erfahrungen, gwf Wasser/Abwasser 38 (1984) Nr. 3, S. 88-95 [22] Holtschulte, H.: Sanierung von Wasserrohrnetzen aus Guß- und Stahlrohren, gwf Wasser/ Abwasser 125 (1984) Nr. 7, S. 333-334 [23] Holtschulte, H.: Erfassung und Bewertung von technischen Daten und Leistungen als Entscheidungshilfen für Unterhaltungsmaßnahmen in Rohrnetzen, WAT 1980 Aachen, DVGW-Schriftenreihe Wasser Nr. 23, S. 251-264 [5] Trinkwasserverordnung, 05.12.1990 [24] Holtschulte, Heinrich, Schwenk: Langzeit Feldversuche zum Korrosionsschutz von Wasserrohrnetzen mit Zement- und Zementmörtelauskleidung, gwf Wasser/Abwasser 131 (1990) Nr. 6, S. 317-325 [6] DVGW-Arbeitsblatt W 343 „Sanierung von erdverlegten Guß- und Stahlrohrleitungen durch Zementmörtelauskleidung. Einsatzbereiche, Anforderungen und Prüfungen“ [25] Hügging, A.: Betriebserfahrungen mit der Zementmörtelauskleidung an Trinkwasserleitungen, 3R International 6 (2000) Nr. 6, S. 344-348 [7] DVGW-Arbeitsblatt W 270 „Vermehrung von Mikroorganismen auf Materialien für den Trinkwasserbereich. Prüfung und Bewertung“ [26] Naber, G.: Über die Zementmörtelauskleidung großer Stahlrohre, Beton (1971) Nr. 11, S. 441444 [8] DVGW-Arbeitsblatt W 346 „Guß- und Stahlrohrleitungsteile mit ZM-Auskleidung. Handhabung“ [27] Naber, G.: Praktische Erfahrungen mit Zementmörtelauskleidung großer Stahlrohre in situ, 3R International 14 (1975) Nr. 3, S. 3-8 [9] DVGW-Arbeitsblatt W 400 „Technische Regeln Wasserverteilungsanlagen“ [28] Riege, U.: Sanierung von Trinkwasserrohrleitungen mit Zementmörtelauskleidung, bbr 50 (1999) Nr. 1, S. 26-30 [4] Bundesgesetzblatt, Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung 21.05.2001 [10] DVGW-Arbeitsblatt W 291 „Desinfektion von Wasserversorgungsanlagen“ [11] DVGW-Arbeitsblatt W 347 „Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich“ [12] Rohrleitungssanierungsverband e.V., Sonderdruck „50 Jahre Rohrsanierungssanierung mit Zementmörtelauskleidung in Deutschland“ [13] Von Baeckmann, Schwenk, Prinz „Handbuch des kathodischen Korrosionsschutzes“, Weinheim, 1989 [14] Beck, D.: Sanierung von Wasserleitungen mittels ZM-Auskleidung – aus der Sicht des Auftragnehmers, gwf Wasser Spezial 136 (1995) Nr. 14, S.160-161 [15] Berger, W.; Büssing, R.: Zementmörtelauskleidung für Fernwärmeleitungen, bbr (2004) Nr. 12, S. 24 ff. [16] Gierig, Schretenmayr, Schwenk: Erfahrungen mit Zementmörtel ausgekleideten Stahlrohren für den Transport von weichem und saurem Rohwasser einer Talsperre, gwf Wasser/Abwasser 135 (1994) Nr. 10, S. 573-597 [29] Wildermuth, R.: Grabenlose Sanierung mit dem Anschleuderverfahren, Sanierung von Rohrleitungen, Sonderheft bbr/rbv (1999) S. 65-67 [30] Zech, H.: Trinkwasser für München, Zementmörtelauskleidung bei Großrohren, 3R International 27 (1999) Nr. 3/4, S. 184-187 [31] Zementmörtel als Korrosionsschutz, vor 120 Jahren, ndz (1993) Nr. 5, S. 238 Autor: Reinhard Büssing SB Projektentwicklung, Herdecke Tel. +49-2330/974144 E-Mail: [email protected] [17] Heck, R.: Rohrsanierungsprogramm der Hamburger Wasserwerke, Der Rohrsanierer 1 (1990) Nr. 3, S. 56-64 Dr.-Ing. Wolfgang Berger FITR Forschungsinstitut für Tiefund Rohrleitungsbau Weimar e.V., Weimar [18] Hirner, W.: Sanierung mittels ZM-Auskleidung – aus der Sicht des Auftraggebers, gwf Wasser Spezial 136 (1995) Nr. 14, S. 162-167 Tel. +49-3643/8268-0 E-Mail: 3R international (47) Heft 7/2008 buessing.indd 426 28.07.2008 1:41:44 Uhr