Geldscheine oder Scheingeld

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Werte in der Wirtschaft
Geldscheine oder Scheingeld
Hat unser Geldsystem ein eingebautes Verfallsdatum?
Roland Heuschmann
I
m Werbespot einer Bank knickt jemand einen
50-Euro-Schein und fragt: „Haben Sie das schon
mal gemacht? Ist ganz einfach! Nehmen Sie Ihr
Geld selbst in die Hand!“ Viele Menschen haben
mittlerweile Misstrauen und Unsicherheit, wenn
sie ihre Euroscheine in der Hand haben. Sind diese
Gefühle berechtigt? Was sind die eigentlichen Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise? Warum fehlt
überall Geld, obwohl die Geldmenge ständig steigt?
Es gibt viele Fragen, auf die kaum Antworten gegeben werden!
Was ist Geld?
Erste lydische Münze aus
dem 7. Jh. vor Christus
Foto: © Wikipädia
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Der ursprüngliche direkte Warentausch brachte
zahlreiche Probleme mit sich, wenn man beispielsweise nicht anbieten konnte, was der andere benötigte oder wenn die Tauschobjekte unterschiedliche
Werte darstellten und nicht teilbar waren. So entstand bereits vor mehreren Jahrtausenden das sogenannte
„natürliche Geld“. Dies waren Gegenstände, denen ein allgemeiner
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Wert zugesprochen wurde: Perlen, Muscheln, Steine, Metalle, Salz, Kakaobohnen usw.
Vor allem die Metalle konnten sich im Laufe der
Zeit als Geld durchsetzen. Im 7. Jh. vor Christus
wurden die ersten Münzen geprägt. Ca. 750 n. Chr.
wurde das Münzwesen unter staatliche Aufsicht gestellt und das gesamte westliche Europa erhielt eine
einheitliche Währung, die sich jedoch bald wieder
auflösen sollte. Weil sich vor allem für Händler große Mengen an Münzen unpraktisch erwiesen, wurden im 10. und 11. Jh. „Depotscheine“ herausgegeben, die Vorläufer unseres Papiergeldes.
In Europa trat das erste Papiergeld im 15. Jh. in
Spanien in Erscheinung. Da das Vertrauen der Bevölkerung in diese quasi wertlosen Banknoten nicht
sehr groß war, wurde eine „Annahmeverpflichtung“
verhängt. Außerdem gab es die Zusicherung, dass
die Papierquittungen jederzeit in Gold- und Silbermünzen umgetauscht werden können. Dass dieses
Versprechen nicht immer eingehalten wurde, zeigt
der erste „Bank Run“1 von 1797 in England.
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1867 beschloss man auf einer internationalen
Währungskonferenz, dass jede Banknote zu einem
festen Tauschkurs in Gold eingetauscht werden können musste. Wenige Jahre später wurde in Deutschland die Reichsbank gegründet und der bargeldlose Zahlungsverkehr eingeführt. Dieser sogenannten
„Goldstandard“2 wurden 1914 bei Ausbruch des
ersten Weltkrieges abgeschafft, um die gewaltigen
Kriegskosten und die Reparationszahlungen nach
Kriegsende zu finanzieren. Die enorme Ausweitung
der Geldmenge führte in Deutschland zur ersten Hyperinflation,3 die erst 1923/24 durch eine Währungsreform beendet werden konnte. In einer weiteren
Reform ersetzte man 1945 die Reichsmark durch die
D-Mark. Wir erinnern uns alle an das Jahr 2002, in
dem die D-Mark vom Euro abgelöst wurde.
Die Probleme unseres Geldsystems:
„Würden die Menschen verstehen, wie
unser Geldsystem funktioniert, hätten
wir eine Revolution — und zwar schon
morgen früh.“ (Henry Ford 1863-1947)
Wer und was wurde in den vergangenen Jahren nicht alles für die Finanzkrise verantwortlich
gemacht: die Banken, die Politiker, die Marktwirtschaft, der Kapitalismus, die Spekulanten, die Griechen, die Amerikaner, die Rating-Agenturen, die
Zocker, die mangelnde Finanzmarktkontrolle, die
Börsen, die Schulden, die Finanzminister, der Euro,
der Dollar, der ..., die ..., das ...!
Alle vergangenen und gegenwärtigen globalen
Finanz- und Wirtschaftsprobleme lassen sich jedoch
auf die eine oder andere Weise auf das herrschende
Geldsystem zurückführen.
Problem 1: Das ungedeckte Papiergeld
„Aus der Geschichte wissen wir, wie Papiergeld endet. Zum ersten Mal in der Geschichte ist alles Geld
der Welt von nichts mehr gedeckt. Das ist das übelste System, das je vom Menschen erfunden wurde.“
– Ferdinand Lips.
Wie bereits oben erwähnt, wurde in Zeiten des
Krieges die Bindung der Währung an Gold aufgehoben. Dies geschah natürlich nicht nur in Deutschland. Im Jahr 1944 wurde in den USA das BrettonWoods-Abkommen4 unterzeichnet, welches nach
dem Zweiten Weltkrieg ein stabiles Währungssystem
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mit dem Dollar als Leitwährung sicherstellen sollte.
Durch die Möglichkeit der Einlösung von Dollarnoten in Gold und die festen Wechselkurse der großen
Währungen zum Dollar bestand zumindest theoretisch eine Golddeckung des Geldes.5 Aufgrund der
expansiven Geldpolitik vieler Länder und der Tatsache, dass die Goldvorräte der USA nicht einmal
ausreichten, um die Dollarreserven Frankreichs einzulösen, brach das System 1971 zusammen. Damit
wurde der letzte „Bremsklotz“ gegen die Ausweitung der Geldmenge abgeschafft.
Aber wie kann denn die Geldmenge überhaupt
vergrößert werden? Woher kommt all das neue
Geld? Dazu müssen wir kurz das sogenannte „Teilreserve-Bankwesen“ beleuchten. Die meisten Menschen denken, dass Banken Geld als Darlehen
verleihen, das sie von anderen Kunden als Einlagen erhalten haben. Die Differenz zwischen dem
Zinssatz für Guthaben und dem Zinssatz für Darlehen wäre dann der Gewinn der Bank. Diese Annahme ist grundlegend falsch. Banken verleihen kein
Geld, sie schaffen Geld aus dem Nichts (Fiat-Money).6 Dies gilt nicht nur für Zentralbanken, sondern
auch für Geschäftsbanken. Die Bank muss lediglich
eine sogenannte Mindestreserve bei der Zentralbank hinterlegen. Die Mindestreserve beträgt derzeit in Deutschland
je nach Art der Einlagen zwischen
1,5% und 2%.7 Das heißt: Mit einer
Einlage von 1.000 Euro bei der Zentralbank kann die Geschäftsbank
50.000 Euro neues Geld in Form von
Buchgeld schaffen. Dieses wird nun
in Form eines Darlehens auf dem
Konto des Kunden gutgeschrieben.
Im Normalfall wird dieses Geld ganz
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Eine gigantische Banknote – ob so das Monopoly-Geld aussieht, mit
dem gerade der EuroRettungsschirm aufgestockt wird?
Die Bindung der Währung an Gold wurde
weitgehend aufgehoben.
Das Bild zeigt Baren in
Fort Knox, USA
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ren, wenn nicht die Geldmenge entsprechend erhöht
würde. Durch den Zinseszinseffekt muss diese Ausweitung jedoch exponentiell geschehen. Ein Beispiel soll
dieses Prinzip verdeutlichen: Hätte Joseph vor ca. 2000
Jahren für Jesus 1 Cent auf ein Sparbuch mit 5 % jährlichen Zinsen eingezahlt, hätte er heute ein Vermögen
von ca. 300 Milliarden Erdkugeln aus Gold. Die Summe in Euro wäre eine 43 mit 39 Nullen hinten dran. Betrachtet man Grafiken z. B. bezüglich der Geldmenge
der USA oder der Staatsverschuldung der BRD, zeigt
sich Kurven mit solche Exponentialfunktionen.
„Jeder, der glaubt, dass exponentielles Wachstum
in einer endlichen Welt für immer weitergehen kann,
ist entweder verrückt oder ein Wirtschaftswissenschaftler.“11
Papiergeld
lässt sich einfach und in
übergroßen
Menge herstellen
oder teilweise wieder auf ein Girokonto einer anderen Person oder Firma überwiesen, z. B. für den
Kauf eines Autos. Damit wird das Geld wieder zu einer Einlage bei derselben oder einer anderen Bank.
Damit kann aus der Einlage wieder neues Geld im
Verhältnis 1 zu 50 geschaffen werden – das Wunder
der Geldschöpfung.8
Erhöht sich nun die Geldmenge schneller als das
Bruttosozialprodukt9 eines Landes, kommt es zur Inflation, also zu einer Preissteigerung im Handel bzw.
zum Verfall des Geldwertes. Jörg Guido Hülsmann
schreibt zu den ethischen Aspekten dieses Systems:
„Eine Rechtfertigung der Wertminderung und des
Teilreserve-Bankwesens ist nicht möglich. Keine Theorie der Ethik verteidigt Lügen oder Geldfälscherei.”10
Problem 2:
Das Zins- und Zinseszinssystem
Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Tatsache,
dass alles neu geschaffene Geld mit Zinsen fällig wird.
Der Darlehensnehmer muss nicht nur die Darlehenssumme erwirtschaften und an die Bank zurückbezahlen, sondern auch den Zins. Dieser wurde jedoch bei
der Geldschöpfung nicht mit geschaffen und kann daher nur in irgendeiner Form der Gesamtmenge des
vorhandenen Geldes entnommen werden. Dies würde
zwangsläufig an anderer Stelle zur Insolvenz von Privatpersonen, Unternehmen oder ganzen Staaten füh-
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Z für Zukunft
Unser auf Schulden und Zinseszins aufgebautes
Geldsystem hat somit ein eingebautes „Verfallsdatum“. Es ist ein Schneeballsystem, das langfristig
nicht funktionieren kann. Aber wie sagte bereits der
britische Ökonom John Maynard Keynes auf den Einwand, seine Theorie könne nur auf kurze Sicht funktionieren: „In the long run we are all dead“ („Am
Ende sind wir alle tot“).
Somit sind alle Versuche, die Finanzkrise mit
weiteren Schulden zu bekämpfen, zum Scheitern
verurteilt. Aber eine drastische Verringerung der
Schulden und damit der Geldmenge würde zu einem
unkontrollierbaren Einbruch der Wirtschaft führen.
Eine Sackgasse.
Wem dient dieses System?
Dieses System des „schlechten Geldes“ dient dem
Staat und den Banken auf Kosten der Bürger. Die langfristigen Folgen bestehen in schleichender Verarmung
der Bürger und einem Rückgang der Wirtschaftskraft.
Gutes Geld würde die Eigentumsrechte der Bürger
achten und bewahren. Der Schutz des Eigentums wiederum wäre ein hoher Wert christlicher Ethik.
Was wir tun können:
Möglichst keine Schulden machen, auch
wenn das Verzicht auf manchen Luxus bedeutet.
Befassen Sie sich näher mit dem Geldsystem und mit der „Österreichischen Schule der
Nationalökonomie“
(Leseliste
unter
http://
www.smartinvestor.de/wienermelange). Dazu be-
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8) Dieser Vorgang wird in der Broschüre „Geld und Geldpolitik“ der Deutschen Bundesbank bestätigt (S. 69f). Der Vorgang
entspricht der Entstehung von Zentralbankgeld. In der Regel
gewährt die Geschäftsbank einem Kunden einen Kredit und
schreibt ihm den entsprechenden Betrag auf dessen Girokonto
gut. Wird dem Kunden ein Kredit über 1.000 Euro gewährt (z. B.
Laufzeit 5 Jahre, 5 %), erhöht sich die Sichteinlage des Kunden
auf seinem Girokonto um 1.000 Euro. Es ist Giralgeld entstanden bzw. es wurden 1.000 Euro Giralgeld geschöpft.
9) Es beschreibt den Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einer Periode mithilfe von Produktionsfaktoren hergestellt werden.
10) Jörg Guido Hülsmann: Die Ethik der Geldproduktion. Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, 2007, S. 119. In diesem Kapitel
beschreibt Hülsmann eindrücklich die Parallelen zwischen den
Geldfälschungen im Lauf der Geschichte und dem heutigen Teilreserve-Bankwesen.
11) Kenneth Ewart Boulding (1910-1993), US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler
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Andere Menschen informieren und sensibilisieren.
Roland Heuschmann, Technischer Fachwirt Telekom, Theologe M.A., Trainer bei Berufsorientierungsseminaren, Edelmetallhändler, verheiratet, Vater von drei Kindern. Kontakt:
www.kapitalsichern.de
1) Bei einem Bank Run (dt. etwa: „Ansturm auf eine Bank“) versuchen viele Anleger einer Bank, kurzfristig ihre Einlagen abzuheben. Da eine Bank nur einen Bruchteil ihres Vermögens als Bargeld bereithält, kann dies zur Insolvenz einer Bank führen.
2) Goldstandard bedeutet: Es darf nur soviel Papiergeld gedruckt
werden, wie Goldreserven vorhanden sind.
3) Vereinfacht ist eine Hyperinflation eine unkontrollierbare Inflation mit extrem hoher monatlicher Rate.
4) Weitere Infos: http://de.wikipedia.org/wiki/Bretton-Woods-System
5)
Deutlich wird die Golddeckung am Aufdruck der älteren Dollar-Noten, z. B.: ONE SILVER DOLLAR PAYABLE TO THE BEARER
ON DEMAND (Ein Silberdollar, auf Verlangen dem Überbringer
zu bezahlen). Auf neueren Dollarnoten findet sich hingegen der
Aufdruck „IN GOD WE TRUST“.
6) Der Begriff ist vom lateinischen fiat („Es werde“) abgeleitet.
7) In der Europäischen Währungsunion wurde die Mindestreserve
am 18.01.2012 von 2 % auf 1 % gesenkt.
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