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E-Mail Markus.Brohm
@Landkreistag.de
AZ:
III-770-55
Datum: 26.5.2014
Per E-mail: [email protected]
Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)
Sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender Dr. Ramsauer,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
mit Blick auf die Anhörungen zur EEG-Novelle am 2. und 4. Juni im Ausschuss für Wirtschaft
und Energie des Deutschen Bundestages bedanken wir uns für die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme.
Einige Kritikpunkte des Deutschen Landkreistages am EEG-Referentenentwurf sind durch
die Ergebnisse des Bund-Länder-Energiegipfels vom 1.4.2014 und ihre Übernahme in den
Regierungsentwurf relativiert worden. Sie bleiben im Grundsatz aber weiterhin aktuell. Insoweit dürfen wir an dieser Stelle auf unsere ursprüngliche Stellungnahme zum EEGReferentenentwurf verweisen und sie Ihnen als Anlage nochmals beifügen.
Allgemein vorausschicken möchten wir, dass die Diskussion um das EEG nicht auf die
Strompreisentwicklung allein reduziert werden darf. Die Preissteigerungen der letzten Jahre
sind nur etwa zur Hälfte auf das EEG zurückzuführen, und die Dynamik der Umlagesteigerung ist nach wissenschaftlicher Einschätzung (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Leipzig) durch die erfolgten Förderungskürzungen bereits gebrochen: Die hohen Kosten sind
vor allem in der Vergangenheit angefallen und wirken über die 20-jährige Garantie (noch)
weiter fort. Der aktuelle Zubau an erneuerbaren Energien zeitigt dagegen weitaus geringere
Kosteneffekte.
Entscheidend ist aus unserer Sicht, dass das EEG weiterhin einen Beitrag für die Akzeptanz
der Energiewende vor Ort leisten muss. Durch den dezentralen Ausbau der erneuerbaren
Energien und den unumgänglichen Bau neuer Übertragungsleitungen und die Anpassungen
der Verteilernetze werden insbesondere die Menschen im ländlichen Raum in besonderer
Weise von der Energiewende betroffen. Es ist daher wichtig, dass sie diese selbst mitgestalten und an ihr teilhaben können. Energieprojekte in Bürgerhand sind insoweit von essentieller Bedeutung, um die Akzeptanz der Energiewende vor Ort zu sichern. Durch den Gesetzentwurf für eine Reform der EEG werden die Rahmenbedingungen für solche Bürgerenergieprojekte jedoch insgesamt verschlechtert.
Für das Gelingen der Energiewende ist ferner von Wichtigkeit, die dezentrale Nutzung der
vor Ort erzeugten Energien weiter zu fördern, um die Stromnetze zu entlasten und den Aus-
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bau der Netze auf das Nötigste zu minimieren, und grundlastfähige Systemlösungen wie
Power-to-Gas voranzutreiben.
Vor diesem Hintergrund dürfen wir zu den nachstehenden Aspekten der EEG-Novelle wie
folgt Stellung nehmen:
Windenergie an Land: Als wichtige Verbesserung gegenüber dem Referentenentwurf
begrüßen wir, dass nach dem Regierungsentwurf im Falle eines Repowerings nur der
Nettozuwachs an installierter Leistung auf den Ausbaukorridor angerechnet werden soll.
Die Verknüpfung eines Ausbaukorridors für die Windenergie an Land – ebenso wie für
die anderen Erneuerbaren Energien – mit einem „atmenden Deckel“, der bei Überschreitung des Ausbauziels zu einer Kürzung der Einspeisevergütung führt, sehen wir dagegen
weiterhin kritisch: Angesichts der gerade bei Windenergieanlagen technologiespezifisch
langen Planungs- und Realisierungszeiten dürfte es insbesondere für Bürgerprojekte
künftig schwierig sein, verlässliche Wirtschaftlichkeitsprognosen anzustellen, da das Maß
der zubauabhängigen Degression der Fördersätze bei Projektvorlaufzeiten von über zwei
Jahren kaum zuverlässig abzuschätzen ist. Die mit einem atmenden Deckel gemachten
Erfahrungen im PV-Bereich sind insofern nicht auf die Windenergie übertragbar.
Bioenergie: Mit Blick auf die Förderung der Bioenergie begrüßen wir im Grundsatz eine
Konzentration auf Abfall- und Reststoffe, halten den für die grundlastfähige Bioenergie
vorgesehenen Ausbaupfad von lediglich 100 MW aber für deutlich zu niedrig.
Eigenstromversorgung und EEG-Umlage: Dezentrale Energieversorgungskonzepte sind
im Sinne der Energiewende, reduzieren den notwendigen Leitungsausbau und sollten
daher auch weiterhin durch eine Befreiung von der EEG-Umlage unterstützt werden.
Wir begrüßen insofern die zwischen Bund und Ländern getroffene Vereinbarung, dass
zumindest die Eigenstromerzeugung aus bestehenden oder bereits genehmigten Anlagen im Sinne einer Bestandsschutzregelung auch weiterhin von der EEG-Umlage befreit
bleiben soll.
Die für Neuanlagen vorgesehenen Bagatellgrenzen von 10 KW und 10 MWh, unterhalb
derer Anlagen auch künftig von der EEG-Umlage befreit bleiben sollen, halten wir dagegen für deutlich zu niedrig: Die Grenze sollte insbesondere für KWK-Anlagen deutlich
höher angesetzt werden und sich z.B. an Mehrfamilienhäusern und kleineren Gewerbebetrieben orientieren (Einsatz von Mini-BHKW bis 50 KW). Sofern sie von der EEGUmlage befreit blieben, könnten in großen Wohnanlagen wegen des hohen wärme- und
ganzjährigen Warmwasserbedarfs KWK-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 50 KW
und Laufzeiten von bis zu 6.000 h/Jahr wirtschaftlich betrieben werden; die vorgeschlagene Bagatellgrenze von 10 MWh wäre dagegen bereits nach 200 Betriebsstunden ausgeschöpft. Um den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung in größeren Wohneinheiten und
kleineren Gewerbebetrieben zu stärken, wäre wenigstens eine Gesamtstrommenge von
400 MWh für KWK als Bagatellgrenze sinnvoll.
Stichtagsregelung: Außerst kritisch sehen wir weiterhin die Stichtagsregelung in
§ 96 Abs. 3 EEG 2014 (Entwurf), nach der Anlagen, die nach dem 31.7.2014 und vor
dem 1.1.2015 in Betrieb genommen würden, einen Vergütungsanspruch nach dem EEG
2012 (nur) dann haben sollen, wenn die betreffenden Anlagen eine Genehmigung oder
Zulassung vor dem 23.1.2014 erhalten haben (Tag der Veröffentlichung der Eckpunkte
zur EEG-Novelle).
Diese kurzen Übergangsfristen dürften nach Einschätzungen unserer Mitglieder zahlreiche Projektfinanzierungen gefährden. Insbesondere bei Windkraftanlagen sind die Investitionen und Planungen sehr langfristig. Für die – auch verfassungsrechtlich gebotene –
Gewährung von Vertrauensschutz sollte hier deshalb auf den Zeitpunkt der Einreichung
der Genehmigungsunterlagen abgestellt werden, da bereits zu diesem Zeitpunkt alle we-
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sentlichen Kosten für Gutachten, Genehmigungsunterlagen, Vorverträge usw. bereits
angefallen sind.
Der Vollständigkeit halber weisen wir darauf hin, dass ein Gutachten des ehemaligen
Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, gegenüber
der Stichtagsregelung in § 96 Abs. 3 EEG erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken
äußert.
Verpflichtende Direktvermarktung: Kritisch sehen wir auch die vorgesehene verpflichtenden Direktvermarktung oberhalb bestimmter Bagatellgrenzen, die jährlich abgesenkt
werden. Die verpflichtende Direktvermarktung dürfte vor allem kleinere Anlagenbetreiber
vor erhebliche Probleme stellen, nachdem völlig offen ist, wer ab 2017 als möglicher Direktvermarkter auftreten könnte. Die daraus resultierenden Unsicherheiten dürften insbesondere die in Planung befindlichen Bürgerenergieprojekte und deren Finanzierung gefährden. Die vorgesehenen Bagatellgrenzen sollten daher angehoben werden.
Ermittlung der Förderhöhe über ein Ausschreibungsmodell: Kritisch sehen wir schließlich
auch das im Gesetzentwurf bereits formulierte Ziel, spätestens 2017 die Förderhöhe für
Erneuerbare Energien generell im Rahmen von Ausschreibungen wettbewerblich zu ermitteln. Wenngleich diese Umstellung erst durch ein weiteres Gesetzgebungsverfahren
erfolgen soll und zunächst Erfahrungen mit Ausschreibungsmodellen für PV-Freiflächenanlagen im Rahmen eines Pilotvorhabens gesammelt werden sollen, möchten wir bereits
an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Ausschreibungsmodelle vor allem kleinere und
dezentrale (Bürger-)Energieprojekte zu benachteiligen drohen. Unsicherheiten bezüglich
der zu erzielenden Einnahmen gefährden absehbar die (Fremd-)Finanzierung solcher
Projekte. Es muss sichergestellt werden, dass Bürgerwindparks und genossenschaftliche
Projekte auch in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Energiewende
leisten können und die Akteursvielfalt erhalten bleibt.
Wir bitten um Berücksichtigung unserer Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Dr. Ralf Bleicher
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