Seniorenpolitisches Gesamtkonzept: Die Bedeutung der psychosozialen Betreuung in der Palliativ- und Hospizversorgung 28.01.2016 Dr. Elisabeth Jentschke Interdisziplinäres Zentrum Palliativmedizin Dipl. Psych.Gerontologin u. Dr. Psychoonkologin Leitende Oberärztin: med. Birgitt van Oorschot Der Geriatrische Patient Intellekt. Abbau am Bsp. der Demenz Instabilität Isolation Multimorbidität und Chronizität Imobilität am Bsp. der Depression Inkontinenz Der Geriatrische Patient Multimorbidität Chronizität Krebs ist statistisch gesehen auch eine Erkrankung des höheren Lebensalters (Meier-Baumgartner 2012, DGKF 2015) 25% der über 65jährigen leiden an einer psychischen Erkrankung. Im Alter dominieren hirnorganische Erkrankungen sowie depressive Störungen (4. Altenbericht 2002 Gerontologie & Geriatrie 2015) Palliative Geriatrie – immer noch defizitär! ► In Altenpflegeeinrichtungen, Geriatrien, auf Palliativstationen und in der häuslichen Pflege kommt den betroffenen alten Menschen noch zu wenig palliative Hilfe und Sterbebegleitung zugute. ► Insbesondere die wachsende Gruppe der Demenzkranken benötigt eine adäquate Palliativbetreuung durch ein multidisziplinäres Team! Schmerztherapeutische Weiterbildung der Ärzte in Pflegeheimen n= 204 (Jentschke 2007) 50 40 30 Prozent 20 10 0 weiß nicht keiner die wenigsten ja, die meisten Palliativmedizinische Weiterbildung der Ärzte Zusatzausbildung in schmerztherapeutischen Behandlungsmaßnahmen der Pflegekräfte in Pflegeheimen n=204 (Jentschke 2007) 70 60 50 40 30 Prozent 20 10 0 keiner die wenigsten einige Palliativmedizinische Weiterbildung der Pflegekräfte Maßnahmen im Verlauf der Demenz Leichte Demenz Mittlere Demenz Schwere Demenz Diagnostik / Beratung/ Medikamente Progressionsverhinderung Medizinische Versorgung / palliative Maßnahmen Therapie der Verhaltensänderung Aufbau eines Hilfesystems Kognitive Phase Verhaltensänderung Körperliche Symptome Leitsymptomatik Kognitive Störungen: Nicht-Kognitive Störungen: Gedächtnis Orientierung Denken Aufmerksamkeit Sprache Praxie Exekutivleistungen Sozialer Rückzug Misstrauen Aggressivität Agitiertheit Angst Schlaf-Wach-Rhythmus Wahn, Halluzination herausforderndes Verhalten 1. Phase der mangelhaften Orientierung: Leugnen der Defizite 2. Phase der Zeitverwirrtheit: die Gefühlsebene steht im Vordergrund 3. Phase der sich wiederholenden Bewegungen: Die palliative Versorgung Demenzkranker ist als Prozess zu sehen. Klänge, nonverbale Kommunikation, taktile Reize Schmerzbehandlung Schmerztherapie bei älteren Menschen mit eingeschränkter Kommunikation ECPA = Echelle comportementale de la douleur pour personnes âgées non communicantes) Beobachtungen vor der Pflege Erfassung mit BESD o. BISAD ITEM 1 Gesichtsausdruck Blick und Mimik 0 entspannter Gesichtsausdruck 1 besorgter, gespannter Blick 2 ab und zu Verziehen des Gesichts, Grimassen 3 verkrampfter und /oder ängstlicher Blick 4 vollständig starrer Blick / Ausdruck ECPA: Schmerzschema (Morello et al 2002, Kunz 2003) (BISAD: Fischer 2013) Demenz und Palliativmedizin (Kastener et al. 2014) Spezielle Problemfelder: -Sterbeverlauf -Ernährungsfragen -Einschränkung des maßgeblichen Willens -Umgang mit Schmerzen -Depressionen Häufigkeit der Depression In % (Linden et al. 1998; Gutzmann et al. 2015) 100 90 Allgemeinbevölkerung 80 in Privathaushalten lebend > 65 Jahre 70 in Alten- & Pflegeheimen lebend > 65 Jahre 60 50 25-45% 40 30 20 10 0 2-7% 5-10% Folie 17 Erkennungsprobleme der Depression im Alter ►Klient zeigt sein Leid nicht ►Rein somatisches Krankheitsverständnis ►Schwierige Abgrenzung zu Demenz ►Multimorbidität Depression wird als normale Begleiterscheinung von Alter oder Lebenskrisen verkannt und ist ein Risiko für Suizid! Suizidforscher gehen davon aus, dass aufgrund der alternden Gesellschaft, insbesondere durch die Zahl der Hochaltrigkeit, die Zahl der Suizide alter Menschen zunehmen wird (Erlemeier 2011). Folie 5 Suizide je 100.000 Einwohner Suizidraten in der BRD (Bundesinstitut Bevölkerungsforschung 2012) 100 90 80 Gesamt Frauen 70 60 Männer 50 40 30 20 10 Altersklassen Multifaktorielle Gründe für den Alterssuizid ► In den meisten Fällen sind diese Motive höchst unterschiedlich und verschieden zu gewichten und lassen sich in ► körperliche, soziale und psychische Faktoren klassifizieren. Symptomlast von Palliativpatienten Depression Sinnlosigkeit Verzweiflung Patient Angehörige Bestrafungsüberzeugung Schuldgefühle Hoffnungslosigkeit Angst Psychologische Unterstützung Sinnbasierte Interventionen Dignity-therapy (Chochinov et al. 2011) Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung Fokus auf Wachstum und Sinnstiftung vs. Problemorientierung Psychologische Begleitung am Beispiel der Würdetherapie (Dignity Therapy) • • D.T. ist eine „spezielle individualisierte Kurzzeit-Psychotherapie“ für Patienten und ihre Familien, die mit lebensbedrohenden Krankheiten leben (Chochinov et al. 2011) Ziel: psychosoziale und existenzielle Not der Palliativpatienten lindern Physische Unterstützung Psychische Unterstützung Spirituelle Unterstützung Soziale Unterstützung Nahezu jeder zweite Palliativpatient sowie jeder dritte Angehörige benötigt psychosoziale Interventionen (Lindena et al. 2005, Fegg & Pestinger 2012, Kastner et a.2014) Was wird von einer Geriatrie der Zukunft erwartet? ► fundierte Schmerztherapie u. Symptomkontrolle sowie ► Einsatz eines multidisziplinäres Teams (Arzt, Pflege und Palliativpsychologe bzw. Gerontologe etc.) ►Erhalt bzw. zur Verbesserung der Lebensqualität gelingt nur mit Erweiterung der Palliativmedizin hin zur Palliativen Geriatrie! Zu Hause / stationär / teilstationär / auch auf dem Land!