Praktikum Werkstoffe II – WS 2006 / 2007 Versuch 11: Computersimulation von Materialien Verfasser Sylvie Ruch Versuchsteilnehmer Annette Altwegg Patricia Doll Sylvie Ruch Assistent Feiwu Zhang 23.05.07 [email protected] Praktikum II: Werkstoffe Computersimulation von Materialien 1. Zusammenfassung In diesem Versuch wurde eine Computersimulation mit dem Simulationspacket VASP durchgeführt. In einem ersten Teil wurde das Volumen der Einheitszelle von Diamant unter unterschiedlichem Druck (0-60 kbar) simuliert. Als Resultat erhielt man 43.15-43.70 Å3. Daraus liess sich ein E-Modul für Kompression (Bulk Modulus) von 475 GPa errechnen. Verglichen mit dem experimentell bestimmten Wert von 443 GPa bedeutet dies einen Unterschied von etwa 7%. Weiter wurden die Elektronendichten in den Einheitszellen von Diamant, Benzen, Graphit und NaCl bildlich dargestellt. In einem zweiten Versuch wurden die Bewegungsbahnen von Wasserstoff bei unterschiedlichen Temperaturen (10K, 100K, 1000K, 3000K) visualisiert. Anhand der Simulation sollte der Wasserstoff bei 10 bzw. 100 K in festem zustand sein. Bei 1000K und 3000K hingegen ist er nicht mehr fest. 2. Einführung 2.1. Ziel Computersimulationen sind heute ein wichtiges Instrument. In der Materialwissenschaft werden sie benützt, um die Eigenschaften neuer Materialien vorauszusagen oder um schädliche bzw. günstige Materialverarbeitungsprozesse zu bestimmen. Dieses Praktikum sollte einen ersten Einblick in dieses Gebiet ermöglichen. In diesem Versuch sollte einerseits die Volumenänderung von Diamant bei unterschiedlichem Druck, andererseits die Atombewegung von Wasserstoff bei unterschiedlichen Temperaturen simuliert werden. 2.2. Theoretische Grundlagen 2.2.1. Energiepotentiale Für die Simulation wurde das Simulationspacket VASP (Vienna Abinitio Simulation Package) verwendet. Grundlage der Simulationen sind quantenmechanische Berechnungen von Energiepotentialen eines atomaren Systems. Diese Energiepotentiale setzen sich zusammen aus der Abstossung zwischen gleichen Ladungen (Kern-Kern (Enn), Elektron-Elektron (Eee)) und der Anziehung zwischen den Atomen (Ene). In der Quantenmechanik wird das Energiepotential der Elektronen zusätzlich noch aufgetrennt: in die kinetische Energie der Elektronen (Ekin), die Abstossung durch Coulombkräfte (Ehart) und einen nur annäherungsweise bekannten Korrekturfaktor (Exc). In der Übersicht lässt sich also schreiben: Etot = Enn + Eee + Ene mit Eee = Ekin + Ehart + Exc Annette Altwegg, Patricia Doll, Sylvie Ruch -2- Praktikum II: Werkstoffe Computersimulation von Materialien 2.2.2. Molekulare Bewegung In diesem Versuch sollte auch die molekulare Bewegung von Wasserstoff simuliert werden. Die ‚molecular dynamics’ (MD) Simulation ist eine Variante, um solche dynamische Systeme zu berechnen. MD ist eine Simulation des zeitabhängigen Verhaltens eines Molekularensystems wobei folgende Schritte durchgeführt werden: Ausgangspositionen der Atome werden festgelegt. In einem Molekül muss es sich dabei nicht um die optimale Geometrie handeln. In Flüssigkeiten startet man meist mit einem Gitter welches dann durch Schmelzen aufgebrochen wird. Die Startgeschwindigkeiten werden gewählt. Sie müssen der MaxwellBoltzmann Verteilung einer Temperatur gehorchen. Mittels DFT werden die Kräfte, die auf die Atome wirken berechnet. Die neuen Atompositionen kurze Zeit später werden berechnet. Dies geschieht mit der numerischen Integration von Newtongleichungen der Bewegung mit Gebrauch der Informationen aus den vorherigen Schritten. Nun werden die neuen Geschwindigkeiten und Beschleunigungen der Atome berechnet. Befindet sich das System an diesem Punkt noch nicht im Gleichgewicht, wiederholt man ab dem 3. Schritt (Kräfte berechnen). Ist das Gleichgewicht erreicht, kann man fortfahren. Die Atomkoordinaten werden für jeden Zeitschritt berechnet und gespeichert. Dies wird fortgeführt bis die gewünschte Genauigkeit der Daten erreicht ist. Die Atombahnen können nun analysiert werden. In ab-initio MD werden die Kräfte durch die exakte Lösung der Kohn-Sham Gleichung für die Elektronenkonfiguration bestimmt. Ist die Elektronenkonfiguration einmal bekannt, können die Kräfte mit dem Hellmann-Feynman Theorem berechnet werden: Fij H Rij Fij steht für die Kraft, welche auf das i-te Atom an der Position Rij in Richtung seiner jten Koordinate wirkt. Annette Altwegg, Patricia Doll, Sylvie Ruch -3- Praktikum II: Werkstoffe Computersimulation von Materialien 2.3. Hypothese Mit dem Simulationspacket VASP sollte man den E-Modul von Diamant (unter Kompression) berechnen und die Atombewegungen von H bei verschiedenen Temperaturen zur Bestimmung des Aggregatszustandes simulieren können. Annette Altwegg, Patricia Doll, Sylvie Ruch -4- Praktikum II: Werkstoffe Computersimulation von Materialien 3. Materialien und Methoden 3.1. Materialien Für die Simulation wurde das Simulationspacket VASP verwendet. Es läuft auf einem PC-Cluster mit Linux-Betriebssystem. 3.2. Methoden 3.2.1. Simulation des Diamantvolumens Es wurde das Volumen der Einheitszelle von Diamant bei den verschiedenen Drücken 20, 40 und 60 kbar berechnet. Wichtige Daten wie die Atompositionen wurden in vorbereiteten Konfigurationsdateien angegeben. So ist zum Beispiel die Incar Datei das zentrale Input file von VASP. Hier konnte der Druck eingegeben und verändert werden. Mit den jeweiligen Volumen welche die Simulation lieferte, kann der Elastizitätsmodul für Kompression K (Bulkmodulus) berechnet werden: 1 V K V P 0 1 Zusätzlich wurde auch die Elektronendichte in den Einheitszellen bildlich dargestellt und zwar jeweils für Diamant, Graphit, NaCl und festes Benzen. 3.2.2. Temperaturabhängige Atombewegung von Wasserstoff Wiederum waren die wichtigen Konfigurationsdateien schon vorbereitet. Die MD Simulation von Wasserstoff wurde bei konstantem Druck für vier verschiedene Temperaturen (10K, 100K, 1000K, 3000K) durchgeführt. Die Resultate der Simulation (Trajektorien) wurden ebenfalls visuell dargestellt. Anhand der Atombewegung konnte auf den Aggregatszustand zurückgeschlossen werden. Annette Altwegg, Patricia Doll, Sylvie Ruch -5- Praktikum II: Werkstoffe Computersimulation von Materialien 4. Resultate 4.1. Simulation des Diamantvolumens Tab.1. Resultate der Simulation Druck (kbar) 0 20 40 60 Volumen (Å3) 43.70 43.51 43.33 43.15 Elastizitätsmodul (GPa) 460 481 483 Der Druck wurde wie erwähnt als Parameter festgelegt. Das Volumen ist das Resultat der Simulation, der Elastizitätsmodul konnte aus den beiden anderen Werten gemäss der Formel von 3.2.1 ausgerechnet werden. Der Durchschnittliche EModul Beträgt 475 GPa. Abb. 1. Elektronendichte in Diamant Abb. 3. Elektronendichte in Graphit Annette Altwegg, Patricia Doll, Sylvie Ruch Abb. 2. Elektronendichte in Benzen Abb. 4. Elektronendichte in NaCl -6- Praktikum II: Werkstoffe Computersimulation von Materialien 4.2. Temperaturabhängige Atombewegung von Wasserstoff Bei diesem Teilversuch wurde jeweils von einem konstanten Druck von 80 GPa ausgegangen. Die Simulation der Atombahnen lieferte folgende Bilder: Abb. 5. Spur der Atombahnen bei 10K Abb. 7. Spur der Atombahnen bei 1000K Abb. 6. Spur der Atombahnen bei 100K Abb. 8. Spur der Atombahnen bei 3000K Wie in den Abbildungen 5-8 ersichtlich liefert die Simulation mit zunehmender Temperatur eine grössere Atombewegung. Die fast verschwindend kleinen Bahnen bei 10 bzw. 100 K sind als fester Aggregatszustand zu deuten. Die Bewegungen bei 1000 und 3000 K zeigen, dass der Wasserstoff nach dieser Simulation bei diesen Temperaturen nicht mehr fest sein kann. Annette Altwegg, Patricia Doll, Sylvie Ruch -7- Praktikum II: Werkstoffe Computersimulation von Materialien 5. Diskussion Der Durchschnittliche E-Modul unter Druck (Bulk Modulus) von Diamant sollte laut der Simulation etwa bei 475 GPa liegen. Experimentell Bestimmt liegt er mit 443 GPa somit etwas unter diesem Wert. Die Abweichung ist mit rund 7% allerdings relativ gering und kann damit erklärt werden, dass teilweise nur mit Näherungen gerechnet werden kann. Auch die Simulation der Atombewegung von Wasserstoff liefert sinnvolle Resultate. So ist anzunehmen, dass Wasserstoff bei 10 und 100 K fest, bei 1000 und 3000 K nicht mehr fest ist. Insgesamt kann man also sagen, dass sich mit Computersimulationen das Verhalten von relativ gut bekannten Systemen recht gut voraussagen lässt. 6. Quellenverzeichnis 1. Versuchsanleitung Praktikum II, Studiengang Materialwissenschaft, SS 07: Practical 11, Computer simulation of materials 2. http://www.physik.uni-kl.de/urbassek/ (19.05.07) Annette Altwegg, Patricia Doll, Sylvie Ruch -8-