Das LHC-Experiment

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HS Schlüsselexperimente der Elementarteilchenphysik
Markus Kern
WS 2008/2009
Das LHC-Experiment
I. Der Large Hadron Collider
I.1 Überblick
Der LHC ist ein ringförmiger Teilchenbeschleuniger mit einem Umfang von ca. 27 km. Er befindet sich 100
m unter der Erde zwischen dem Genfer See und dem Juragebirge. Im LHC werden Protonen auf
99,9999991% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und mit einer Schwerpunktsenergie von 14 TeV
aufeinander treffen.
Dabei entstehen viele bekannte und hoffentlich auch unbekannte Teilchen, die in den beiden
Universaldetektoren CMS und ATLAS detektiert werden sollen. Daneben werden am LHCb CPVerletzungen in B-Mesonensystemen und am ALICE-Detektor die bei der Kollision von Bleiionen
entstehenden Quark-Gluonen-Plasmen untersucht.
I.2 Beschleunigerrohr
Das Beschleunigerrohr des LHC besteht aus über 1000 15m langen und 35t schweren Dipolmagneten.
Die Niobium-Titan Spulen werden bei einer Temperatur unter 10K supraleitend, um das benötigte
Magnetfeld von 8,33T zu erreichen müssen die Magnete jedoch mit flüssigem Helium auf 1,9K (kälter als
der Weltraum!) gekühlt werden.
I.3 Stillstand des LHC
Die Notwendigkeit der Supraleitung wurde wenige Tage nach der ersten Inbetriebnahme des
Beschleunigers deutlich. Der durch die Magnete fließende Strom führte bei einer defekten elektrischen
Verbindung zu lokaler Erwärmung. Dadurch gab es einen quench und die Magnete fielen aus der
supraleitenden Phase. Durch die Hitze wurden Kabel, Rohre und mehrere Magnete beschädigt, ferner trat
eine große Menge Helium aus.
Nach umfangreichen Reparaturmaßnahmen und weiteren Tests wir der LHC voraussichtlich im Juli 2009
wieder in Betrieb gehen.
II. Die Physik am LHC
II.1 Das Standardmodell
Das Standardmodell ist eine Eichtheorie, die auf der Eichgruppe SU(3) C x SU(2)W x U(1)Y beruht.
Das Eichprinzip beschreibt dabei, dass die Invarianz einer Gleichung unter lokalen (ortsabhängigen)
Phasentransformationen die Existenz eines Vektorfeldes erfordert, das mittransformiert wird.
Das führt beispielsweise bei lokalen Transformationen bzgl. SU(3)C zur Existenz der Gluonenfelder.
Ein Nachteil des Eichprinzips ist die Notwendigkeit von masselosen Teilchen, massebehaftete Teilchen
zerstören die Invarianz der Gleichungen. Experimente haben gezeigt, dass die W und Z Bosonen
massebehaftet sind, um das Standardmodell zu retten wurde der Higgsmechanismus eingeführt, der den
zunächst masselosen W und Z Bosonen durch Wechselwirkung mit dem Higgsfeld Masse verleiht.
Die Wechselwirkung wird dabei durch das bisher noch nicht nachgewiesene Higgsboson vermittelt.
II.2 Higgsproduktion und Higgszerfall
Die theoretischen Anforderungen an die Higgsmasse schränken deren Wertebereich auf den mit dem
LHC untersuchbaren Bereich ein, so dass es im Falle der Existenz am LHC entdeckt werden wird.
Die wichtigsten Produktionskanäle des Higgs sind die Gluonfusion und die Vektorbosonfusion.
Die Zerfallskanäle sind von der Higgsmasse abhängig. Als Wichtigste seien folgende genannt: Bei einem
leichten Higgsboson ist der Zerfall in zwei Gammaquanten bevorzugt, der ein klares Signal im ECAL des
CMS-Detektors hinterlassen sollte. Bei einem schwereren Higgsboson ist der Zerfall in zwei Z von
Interesse, da diese wiederum in vier Leptonen, z. B. Myonen zerfallen können und dies ein gut
detektierbares Signal in den Myonenkammern nach sich ziehen sollte.
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II.3 Probleme des Standardmodells
Trotz aller Erfolge des Standardmodells weißt es noch viele Probleme und offene Fragen auf, die auf eine
notwendige Erweiterung des Modells hinweisen:
Das Eichproblem: Warum gibt es 3 unabhängige Eichgruppen? Ist nur eine Eichgruppe möglich?
Das Parameterproblem: Es gibt mindestens 18 freie Parameter im SM. Können sie reduziert werden?
Das Ladungsproblem: Warum sind die el. Ladungen von Elektron und Proton genau entgegengesetzt?
Das Hierarchieproblem: Warum ist die schwache Skala so klein verglichen mit der GUT Skala?
Das Fine-Tuning-Problem: Strahlungskorrekturen zur Higgsmasse sind viele Größenordnungen größer als
die Masse selbst, daher müssen die Parameter des Higgspotentials unnatürlich fine-getunt werden
II.4 Supersymmetrie
Die Supersymmetrie stellt eine elegante Erweiterung des Standardmodells dar, die auch einige der oben
erwähnten Probleme lösen kann.
Die Supersymmetrie setzt eine Symmetrie zwischen Fermionen und Bosonen voraus. Zu jedem Fermion
gibt es ein supersymmetrisches Boson und zu jedem Boson gibt es ein supersymmetrisches Fermion.
Dabei gilt folgende Nomenklatur:
SUSY Partner von Fermionen erhalten ein vorangestelltes „s“ (Elektron  Selektron), bei Bosonen ersetzt
man die Endung „on“ durch „ino“ (Photon  Photino) oder hängt ein „ino“ (Z  Zino) an.
Eine perfekte Symmetrie erfordert identische Particle- und Sparticlemassen. Bisher wurden jedoch keine
entsprechenden Sparticles gefunden  SUSY ist eine gebrochene Symmetrie.
Das supersymmetrische Modell erlaubt die Vereinigung der WW bei hohen Energien, was im SM nicht
möglich ist, da kein gemeinsamer Schnittpunkt vorhanden ist, dies löst das Eichproblem.
Das Fine-Tuning-Problem wird durch die nun in Strahlungskorrekturen enthaltenen Superpartner gelöst.
Die Korrekturwerte unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen und heben sich damit gegenseitig auf.
II.5 Das minimal supersymmetrische Standardmodell
Das minimal supersymmetrische Standardmodell ist die kleinstmögliche Erweiterung des Standardmodells
zu einem supersymmetrischen Modell.
In supersymmetrischen Modellen existiert eine neue multiplikative Quantenzahl, namens „R-Parität“, die
 3BL2S
im MSSM erhalten ist. Die Quantenzahl lässt sich mit folgender Formel berechnen: R   1
Für Standardmodellteilchen ergibt sich R=+1 und für supersymmetrische Teilchen gilt R=-1.
Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen:
– Das LSP ist stabil und damit ein Kandidat für dunkle Materie
– Sparticles können nur paarweise erzeugt werden
– Jedes schwerere Sparticle zerfällt in eine ungerade Anzahl von LSPs
II.6 Nachweis eines SUSY Ereignisses
Jede Zerfallskette von Sparticles endet mit den LSPs, die mit dem leichtesten Neutralino identifiziert
werden. Da diese Teilchen nicht mit gewöhnlicher Materie wechselwirken, verlassen sie jeden Detektor
ungehindert. Dennoch besteht eine Nachweismöglichkeit durch messen der fehlenden Energie. Das
erfordert natürlich ein entsprechend gutes Kalorimetersystem.
III. Der CMS-Detektor
III.1 Der Spurendetektor
Der Spurendetektor besteht aus Pixeldetektoren und Siliziumstreifendetektoren. Teilchen erzeugen beim
Durchfliegen durch den Detektor Elektronen-Loch-Paare, die als elektrische Signale registriert werden.
Durch die besondere Anordnung der Detektoren ist eine dreidimensionale Rekonstruktion der
Teilchenspur möglich.
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Jedes der 65 Millionen Pixel hat eine Querschnittsfläche von ca. 150 x 150 µm. Im Gegensatz dazu
überdecken alle Siliziumstreifen entsprechend angeordnet eine Fläche von über 200m 2.
III.2 Karlsruher Beteiligung
Am KIT wurden mehr als 8000 Sensoren mit 2 selbstentwickelten automatischen Probestationen überprüft
und mehr als 100 Petals für den Tracker gebaut. Dabei enthält jedes Petal ca. 20 Module mit
ca. 16000 Streifen.
Auf der Homepage des Instituts für Experimentelle Kernphysik ist dies mit vielen Fotos dokumentiert.
III.3 Das elektromagnetische Kalorimeter (ECAL)
Das ECAL ist ein Szintillationskalorimeter und besteht aus fast 80 000 PbWO4 Kristallen. Diese Kristalle
besitzen eine geringe Strahlungslänge X0=0,89cm und eine schnelle Reaktionszeit, denn 80% des Lichts
werden innerhalb von 25ns emittiert. Die Lichtausbeute ist bei diesem Material mit 30 Photonen/MeV eher
gering, deswegen wird das Licht nach den Kristallen verstärkt und erst dann über optische Fasern
weitergeleitet.
III.4 Das hadronische Kalorimeter (HCAL)
Das HCAL ist ein inhomogenes (sampling) Kalorimeter, das abwechselnd aus unempfindlichen dicken
Messingplatten und empfindlichen Szintillationsmaterial besteht. Im HCAL wird, wie der Name bereits
vermuten lässt, die Energie von Hadronen gemessen. Die Hadronen verlieren ihre Energie durch starke
Wechselwirkung mit den Kernen des Absorbermaterials, deshalb muss die höhere mittlere freie Weglänge
berücksichtigt werden und das HCAL entsprechend größer als das ECAL aufgebaut werden.
III.5 Solenoid
Der CMS Magnet ist der größte supraleitende Magnet, der je gebaut wurde, wiegt 12 000 Tonnen, ist
100 000 mal stärker als das Erdmagnetfeld und hat genug Energie um 18 Tonnen Gold zu schmelzen.
III.6 Der Myonendetektor
Um Myonen zu detektieren wurden im CMS verschiedene mit Gas gefüllte Driftkammern eingebaut, die an
die jeweilige Myonenrate angepasst sind. Durchfliegende Myonen ionisieren das Gas, die dabei
freiwerdenden Elektronen driften zu positiv geladenen Drähten. Der Ort des Durchgangs lässt sich durch
Messung der Driftzeit berechnen.
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