Sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische

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24 | tag für tag 01 / 11 | Gesundheit und Sicherheit
Sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische
Betreuung neu geregelt Am 1.Januar 2011 ist die neue
Unfallverhütungsvorschrift »Betriebsärzte und Fachkräfte
für Arbeitssicherheit« in Kraft getreten. Damit gibt es erstmals für alle Betriebe eine einheitliche und gleich lautende
Vorgabe, mit der das Arbeitssicherheitsgesetz umgesetzt
wird. Der Betreuungsbedarf richtet sich jetzt noch mehr nach
den tatsächlich vorliegenden Gefährdungen und Bedürfnissen.
Die Änderungen der neuen DGUV Vorschrift betreffen
vor allem die Regelbetreuung für Betriebe mit mehr als
zehn Beschäftigten. Für Betriebe, die sich für das »Alternative Betreuungsmodell« oder die Regelbetreuung
nach Anlage 1 der alten BGV A2 entschieden haben,
bleibt alles beim Alten. Neu ist lediglich, dass jetzt jeder
Betrieb, der im Jahresdurchschnitt 50 Mitarbeiter oder
weniger beschäftigt, das Alternative Betreuungsmodell
wählen kann.
Regelbetreuung für Betriebe mit mehr als zehn
Beschäftigten Die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung besteht zukünftig aus zwei ganz
neuen Komponenten: Der Grundbetreuung, für die in
der Unfallverhütungsvorschrift abhängig von den Gefährdungen feste Einsatzzeiten vorgegeben werden,
und dem betriebsspezifischen Betreuungsanteil, der
von jedem Betrieb selbst zu ermitteln ist. Durch die
Grundbetreuung wird sicher gestellt, dass für vergleichbare Betriebe identische Grundanforderungen bestehen.
Der betriebsspezifische Teil stellt sicher, dass der Betreuungsumfang den betrieblichen Erfordernissen ent-
spricht. Bei den Einsatzzeiten wird nicht mehr zwischen
der Einsatzzeit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und
der Einsatzzeit des Betriebsarztes unterscheiden: beide
erbringen die Gesamtbetreuung gemeinsam.
Grundbetreuung für Betriebe mit mehr als zehn
Beschäftigten Bei der Grundbetreuung müssen Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit elementare Aufgaben erfüllen, die im Arbeitssicherheitsgesetz
vorgeschrieben sind. Dazu gehören u. a. die Untersuchung von Unfällen, die Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung und der Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie die Teilnahme an Besprechungen.
Für diese Aufgaben steht als gemeinsames Zeitkontingent eine jährliche Einsatzzeit pro Mitarbeiter zur
Verfügung. Diese Einsatzzeit ist je nach Gefährdungen
in drei Betreuungsgruppen gestaffelt und beträgt für
Betreuungsgruppe I (hohe Gefährdung):
2,5 Stunden
Betreuungsgruppe II (mittlere Gefährdung):
1,5 Stunden
Betreuungsgruppe III (niedrige Gefährdung):
0,5 Stunden.
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Jeder Betrieb muss selbst entscheiden, wie die Einsatzzeit auf Betriebsarzt und Fachkraft aufgeteilt wird. Als
Randbedingung ist zu beachten: Jede Fachdisziplin
muss mindestens 20 Prozent des Grundbetreuungsumfangs und mindestens 0,2 Stunden pro Jahr und
Beschäftigtem erhalten. Zu welcher Betreuungsgruppe
ein Betrieb gehört, ergibt sich aus der Betriebsart entsprechend dem Wirtschaftszweige-Schlüssel, dem
so genannten WZ-Schlüssel, der dem europäischen
NACE-Code entspricht. Dokumentiert ist das in Anlage
2 der DGUV Vorschrift 2. Die Zuordnung zu einer der
drei Betreuungsgruppen gilt für den gesamten Betrieb.
Dabei ist der vorherrschende Betriebszweck ausschlaggebend.
>>
»Die Änderungen bei der
sicherheitstechnischen und
arbeitsmedizinischen Betreuung betreffen nur Betriebe
mit mehr als zehn Beschäftigten, die eine Fachkraft und
einen Betriebsarzt bestellt
haben bzw. bestellen müssen.
Für Teilnehmer am Alternativen Betreuungsmodell bleibt
alles wie es ist.«
Albrecht H. Glöckle, Leiter des Bereichs
Aufsicht und Beratung, Leiter des Fachbereichs Druck und Papierverarbeitung
Betreuungsmodelle der DGUV Vorschrift 2
Betriebsgröße
(Anzahl der)
Beschäftigten)
< 10
Betreuungsmodelle
Unternehmermodell
Regelbetreuung
Optional
feste Betreuungsfristen
Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung
11 – 50
> 50
nein
Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung
Einsatzzeiten pro Mitarbeiter in der Grundbetreuung
Betreuungsgruppe I
Betreuungsgruppe II
Betreuungsgruppe III
hoch
mittel
niedrig
Einsatzzeitensumme
Betriebsarzt und
Fachkraft (Std./Jahr
je Beschäftigtem)
2,5
1,5
0,5
Geringste mögliche
Einsatzzeit je Fachdisziplin (Std./Jahr
je Beschäftigtem)
0,5
0,3
0,2
Gefährdungen
Quelle: Brücke 6/2010
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Zusammenwirken der betrieblichen Akteure
Unternehmer
Konsens finden
wirkt mit (Mitbestimmung)
ermittelt und verteilt Aufgaben,
vereinbart schriftlich und überträgt
beraten,
unterstützen
Fachkräfte für
Arbeitssicherheit
Betriebsrat
beraten, informieren,
kooperieren
kooperieren
Betriebsärzte
Quelle: Brücke 6/2010
Eine Unterscheidung nach einzelnen Tätigkeiten oder
Betriebsbereichen, z. B. Fertigung, Vertrieb oder Verwaltung, ist nicht möglich. In den Betrieben unserer
Branche gibt es üblicherweise nur die Betreuungsgruppen II und III.
Betriebsspezifische Betreuung Die betriebsspezifische Betreuung ergänzt die Grundbetreuung und
berücksichtigt die betrieblichen Besonderheiten. Damit
sind spezielle Gefährdungen gemeint, die sich z. B.
daraus ergeben, mit welchen Maschinen und mit welchen
Arbeitsstoffen ein Betrieb arbeitet.
Foto: fotolia
Wie hoch die Einsatzzeit dafür ist, muss der Betrieb
selbst ermitteln und festlegen. Dabei muss er sich vom
Betriebsarzt und von der Fachkraft für Arbeitssicherheit
beraten lassen. Der Betriebsrat hat ein Recht auf Mitwirkung. Die vereinbarten Ergebnisse müssen schriftlich dokumentiert werden.
Der Bedarf an betriebsspezifischer Betreuung wird
vom Unternehmer in einem Verfahren ermittelt, das
Aufgabenfelder, Auslöse- und Aufwandskriterien
berücksichtigt. Beschrieben ist dieses Verfahren im
Anhang 4 der DGUV Vorschrift 2.
Insgesamt gibt es 16 Aufgabenfelder, darunter sind
solche, die regelmäßig betrachtet werden müssen, etwa
die Erfordernis arbeitsmedizinischer Vorsorge, und
solche, die nur vorübergehend von Bedeutung sind, z. B.
die Beschaffung von grundlegend neuartigen Maschinen. Der Umfang und die Leistungen der betriebsspezifischen Betreuung können sich in einem Betrieb ändern
und müssen regelmäßig an die betriebliche Entwicklung
und den Stand von Sicherheit und Gesundheit angepasst werden.
Das Verfahren erfordert, dass der Unternehmer
alle Aufgabenfelder hinsichtlich ihrer Relevanz für die
betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung
regelmäßig, insbesondere nach wesentlichen Änderungen prüft.
Den konkreten Zeitaufwand muss der Betrieb im
Einzelfall selbst abschätzen. Das Verfahren liefert also
nicht ohne Weiteres eine konkrete Einsatzzeit für die
betriebsspezifische Betreuung.
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Gute Praxis zur Ermittlung der Einsatzzeit für
die betriebsspezifische Betreuung Bei der Festlegung der Einsatzzeiten für Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit nach der bisher gültigen
BGV A2 der ehemaligen BGDP wurden betriebsspezifische Gefährdungen weitgehend berücksichtigt. Die
bisher nach der BGV A2 ermittelte Summe der Einsatzzeiten kann daher als bewährte Praxis für eine erste
Abschätzung der Gesamtbetreuung für einen speziellen
Gewerbszweig herangezogen werden. Jeder Betrieb
hatte dabei unter Berücksichtigung von Zuschlagsfaktoren aufgrund spezieller Gefährdungen seine individuelle Einsatzzeit bestimmt.
Der Umfang der betriebsspezifischen Betreuung
ergibt sich dann in erster Näherung als Differenz zwischen der so ermittelten Gesamtbetreuung und der
Einsatzzeitensumme der Grundbetreuung.
Zur Ermittlung der Einsatzzeiten für die betriebsspezifische Betreuung entwickelt unsere Berufsgenossenschaft einen »Einsatzzeitenrechner«, der
im Internet verfügbar sein wird. Darüber informieren
wir in der nächsten Ausgabe dieser Zeitschrift.
Gefährdungsbeurteilung: wichtiger denn je
Nach dem Arbeitsschutzgesetz müssen alle Betriebe
eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Aus den
dabei ermittelten Gefährdungen ergeben sich Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes. Eine
angemessen durchgeführte Gefährdungsbeurteilung
ist auch die Basis für die Ermittlung der betriebsspezifischen Betreuung.
Übergangsfristen Für die Umsetzung der DGUV
Vorschrift 2 gibt es für die Regelbetreuung von Betrieben mit mehr als 10 Versicherten eine Übergangsfrist
von einem Jahr. Das bedeutet, dass diese Betriebe bis
Ende 2011 Zeit haben, ihren Betreuungsumfang an die
neue Vorschrift anzupassen.
Vorteile und Chancen der neuen DGUV Vorschrift 2
Individuelles Betreuungsangebot mit mehr Flexibilität
Aufgaben und Inhalte statt Einsatzzeiten rücken in den Vordergrund, es gibt keine festen Einsatzzeiten mehr.
Der Betrieb selbst teilt die Betreuungsleistungen auf Betriebsarzt
und Fachkraft für Arbeitssicherheit auf: der Spielraum der Unternehmen wird vergrößert.
Die Kommunikation der Akteure im Betrieb und die Mitwirkung
der betrieblichen Interessenvertretung werden gefördert.
Kleine Betriebe haben die Möglichkeit, das Betreuungsmodell
passgenau auszuwählen.
Gerechtigkeit und Wettbewerbsgleichheit durch Gleichbehandlung der Betriebe
Verbesserte Transparenz
Weitere Informationen
BG-Infoblatt »Gute Praxis: Bewährte Einsatzzeiten zur sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung von Betrieben
der elektronischen Medienerstellung des Druckes und der Papierverarbeitung« (Best.-Nr. 622.1)
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