Das neue Rechnungslegungsgesetz (nRLG) Allgemeines Die Bundesversammlung hat am 23.12.2011 das neue Rechnungslegungsgesetz verabschiedet. Der Bundesrat hat am 23.11.2012 entschieden, das neue Gesetz auf den 1.1.2013 in Kraft zu setzen. Gültigkeit der neuen Bestimmungen Die Übergangsbestimmungen sehen vor, dass die Unternehmen zwei Jahre Zeit haben, um die neuen Rechnungslegungsvorschriften zu implementieren. Ab dem Geschäftsjahr 2015 ist das neue Gesetz zwingend anwendbar. Für die neuen Bestimmungen der Konzernrechnung gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren, d.h. das neue Gesetz muss ab dem Geschäftsjahr 2016 angewendet werden. Für die Ermittlung der Konsolidierungspflicht sind die zwei vorangehenden Geschäftsjahre massgebend. Rechtsformunabhängigkeit im Gesetz Die Rechnungslegung wird rechtsformneutral, d.h. die anzuwendenden Vorschriften hängen nicht mehr von der Rechtsform, sondern von der Unternehmensgrösse ab (Kleinstunternehmen, KMU, Grössere Unternehmen). Schwellenwert Kleinstunternehmen Mit dem neuen Rechnungslegungsgesetz wurde ein zusätzlicher Schwellenwert eingeführt. Die Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung besteht für Einzel- und Personenunternehmen sowie für juristische Personen. Liegt der Umsatzerlös bei Einzelunternehmen oder Personengesellschaften unter CHF 500’000, hat das Unternehmen lediglich über Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen (Art. 957 Abs. 2 nOR). Ausnahmen Von der Geltung des neuen Rechnungslegungsgesetzes ausgenommen sind Vereine und Stiftungen, bei denen keine Verpflichtung für einen Eintrag ins Handelsregister besteht; etwa Vereine ohne wirtschaftlichen Zweck. Ebenfalls ausgenommen sind Stiftungen, bei denen keine Revisionspflicht besteht. Grundsätze der Rechnungslegung Die bekannten Grundsätze der Rechnungslegung (Verrechnungsverbot, Unternehmensfortwww.gewerbetreuhandag.ch führung, Vollständigkeit, Niederstwertprinzip, Stetigkeit) gelten weiterhin für alle Rechnungslegungspflichtigen. Auch in Zukunft gilt das Massgeblichkeitsprinzip: Der handelsrechtliche Jahresabschluss dient als Steuerbemessungsgrundlage. Weiterhin sind auch die steuerrechtlich erlaubten Bewertungen wie Einmalabschreibungen, der Warendrittel sowie das Pauschaldelkredere zulässig. Vorsichtsprinzip weiterhin Basis – „True and fair view“ nur im Ansatz Das neue Gesetz verlangt, dass die Rechnungslegung ein „zuverlässiges Urteil“ (Art. 958 Abs. 1 nOR) über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens ermöglicht. Als Basis gilt weiterhin das Vorsichtsprinzip. Nach wie vor möglich ist die Bildung und Auflösung von stillen Reserven. Nicht mehr begründete Rückstellungen müssen nicht aufgelöst werden. Bewertungsvorschriften Neu gilt der Grundsatz der Einzelbewertung. Dies kann insbesondere bei Liegenschaften und Beteiligungen wesentliche Folgen haben. Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten dürfen nicht mehr aktiviert werden. Eine Neuerung bei den Bewertungsvorschriften stellt die Bewertung zu beobachtbaren Marktpreisen dar. Demnach dürfen Aktiven mit Börsenkurs oder einem anderen beobachtbaren Marktpreis zu diesem Wert bewertet werden, auch wenn dieser über dem Anschaffungswert liegt. Bilanz Das neue Gesetz enthält detaillierte Gliederungsund Ausweisvorschriften (Art. 959a nOR). Diese entsprechen den Positionen und der Reihenfolge des KMU-Kontenplans. Grundsätzlich unterscheidet sich die Gliederung unwesentlich von den bisherigen Vorschriften: Gründungskosten dürfen nicht mehr aktiviert werden, nicht einbezahltes Grundkapital wird in den Aktiven aufgeführt, die kurzfristigen verzinslichen Verbindlichkeiten müssen separat ausgewiesen werden, eigene Kapitalanteile sind zwingend als Minusposten im Eigenkapital zu bilanzieren und die gesetzlichen Kapitalreserven sind gesondert auszuweisen. Dezember 2012 Das neue Rechnungslegungsgesetz (nRLG) Erfolgsrechnung Die Erfolgsrechnung (Art. 959b nOR) kann als Produktions- oder Absatzerfolgsrechnung dargestellt werden. Neu wird zwischen ausserordentlichem, einmaligem und periodenfremdem Aufwand und Ertrag unterschieden (bisher nur ausserordentlich). Anhang Neu müssen alle Unternehmen einen Anhang (Art. 959c nOR) erstellen. Eine Ausnahme bilden Einzelunternehmen und Personengesellschaften, wenn sie nicht zur Rechnungslegung nach den Vorschriften für grössere Unternehmen verpflichtet sind. Der Anhang muss zusätzlich folgende Angaben enthalten: angewandte Grundsätze, Angaben über Vollzeitstellen, Eventualverbindlichkeiten, Erklärungen zu ausserordentlichen, einmaligen oder periodenfremden Positionen der Erfolgsrechnung, Angaben zu wesentlichen Ereignissen nach dem Bilanzstichtag. Gegenüber dem bisherigen Recht kann u.a. auf folgende Angaben im Anhang verzichtet werden: Brandversicherungswerte, Angaben über die Durchführung einer Risikobeurteilung (diese sind neu im Lagebericht anzubringen). Zusätzliche Vorschriften für grössere Unternehmen Unternehmen, die einer ordentlichen Revision unterstehen sowie diejenigen, welche zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet sind, müssen im Anhang zusätzliche Angaben machen (Honorare Revisionsstelle, Fälligkeiten der langfristigen Verbindlichkeiten) sowie eine Geldflussrechnung und einen Lagebericht erstellen. Der Inhalt des Lageberichtes ist in Art. 961c nOR geregelt. Auf die Geldflussrechnung und den Lagebericht kann im Einzelabschluss verzichtet werden, wenn eine Konzernrechnung erstellt wird. www.gewerbetreuhandag.ch Rechnungslegung nach einem anerkannten Standard Die Rechnungslegung nach einem anerkannten Standard ist nur zwingend für börsenkotierte Gesellschaften, Genossenschaften mit mindestens 2’000 Genossenschaftern sowie Stiftungen, die zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind. Fazit Die Zusammenfassung im 32. Titel des nOR sowie die rechtsformneutrale Regelung der Rechnungslegung erweist sich als sinnvoll und verbessert die Übersichtlichkeit. Es besteht nach wie vor eine grosse Freiheit bezüglich der Bildung und Auflösung von stillen Reserven. Die Handelsbilanz bleibt weiterhin Anknüpfungspunkt für die Steuerbemessung. Wie dies in der Praxis in Zukunft angewendet wird, ist noch nicht voraussehbar. Nächste Schritte – was ist zu tun? Bereits heute kann folgendes abgeklärt werden: • Sind die Grössenkriterien für ein „grosses“ Unternehmen erfüllt? • Entsprechen die Gliederungsvorschriften der Bilanz und der Erfolgsrechnung den Vorschriften von Art. 959a und 959b nOR? • Müssen aufgrund des Grundsatzes der Einzelbewertung Neubewertungen vorgenommen werden? • Sind zusätzliche Angaben für den Anhang aufzubereiten? • Ab welchem Geschäftsjahr sollen die neuen Bestimmungen angewendet werden (freiwillige Anwendung bereits ab Geschäftsjahr 2013 möglich)? Es bestehen noch etliche Ungereimtheiten und auslegungsbedürftige Vorschriften. Diese werden durch Praxis und Lehre in den nächsten Jahren gelöst werden. Wir freuen uns, Sie in dieser Zeit in Fragen der Rechnungslegung zu unterstützen. Dezember 2012