Nr. 02/17 - Intern – Arbeitgeberverband Zement und Baustoffe

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Arbeitgeberverband
Zement und Baustoffe e.V.
Beckum
Arbeits- und Sozialrecht
Nr. 02/17
24. Februar 2017/gu
An die Mitglieder
I.
II.
ARBEITSVERTRAGSRECHT
1.
Zahlung einer Verzugspauschale von 40,00 Euro bei verspäteter
Entgeltzahlung
2.
Rufbereitschaft ist keine mindestlohnpflichtige Arbeitszeit
BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZ
Betriebsratstätigkeit und vorhergehende Nachtschicht
III.
MASSENENTLASSUNG
Berücksichtigung von Arbeitnehmern in der Elternzeit
IV.
SONSTIGES
Sommerzeit 2017
IV.
STEUERN / VERSICHERUNGEN
Kein Ersatz des Steuerschadens wegen Zahlung der Abfindung vor Fälligkeit
________________________________________________________________________________
Postfachadresse:
Postfach 11 63
59241 Beckum
Telefon: 02521 9335-12
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59269 Beckum
Zu I. 1.:
Zahlung einer Verzugspauschale von 40,00 Euro bei verspäteter
Entgeltzahlung
Urteil des LAG Köln vom 22. November 2016 (12 Sa 524/16):
Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB bei Verzug
des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, einen Anspruch auf Zahlung einer
Pauschale in Höhe von 40,00 Euro.
Nach Auffassung des LAG Köln hat auch der Arbeitgeber eine solche Pauschale an
den Arbeitnehmer zu zahlen, der ihn erfolgreich auf Zahlung rückständigen
Arbeitsentgelts in Anspruch nimmt. Unerheblich ist die Höhe der Klageforderung.
Dem Arbeitnehmer ist es unbenommen, trotz dieser Pauschalregelung, im Einzelfall
einen höheren Schaden darzulegen und zu beweisen, soweit ihm dieser durch eine
verspätete Zahlung des Arbeitsentgeltes durch den Arbeitgeber entstanden ist.
Der pauschale Verzugslohnschaden besteht nur für Entgeltforderungen, das heißt
zum einen das monatliche Entgelt, aber auch alle Sonderzahlungen.
Keinen Entgeltcharakter haben Aufwendungsersatzansprüche (zum Beispiel
Reisekosten).
Zu I. 2.:
Rufbereitschaft ist keine mindestlohnpflichtige Arbeitszeit
Rechtskräftiges Urteil des LAG Hessen vom 21. November 2016
(16 Sa 1257/15):
Die Beklagte betreibt ein Busunternehmen. Der Kläger war dort seit Oktober 2012
beschäftigt. Für die Monate Januar und Februar 2015 machte er die Zahlung von
Mindestlohn für sogenannte „Standzeiten“ geltend. Das sind die Zeiten, die sich aus
der Wartezeit zwischen verschiedenen Touren ergeben.
Aus Sicht des LAG Hessen sind diese Zeiten einer Rufbereitschaft gleichzustellen,
weil es dem Kläger unbenommen gewesen sei, sich vom Fahrzeug zu entfernen und
er nur seine mobile Erreichbarkeit habe sicherstellen müssen. Die Rufbereitschaft
verpflichte den Arbeitnehmer zwar, auf Abruf seine Arbeit aufzunehmen. Er könne
sich hierfür aber an einem Ort seiner Wahl aufhalten, der dem Arbeitgeber
anzuzeigen sei. In der Sache müsse der Arbeitnehmer seine jederzeitige
Erreichbarkeit sicherstellen. Die Rufbereitschaft setze aber – in Abgrenzung zum
Bereitschaftsdienst – voraus, dass der Arbeitnehmer nicht gezwungen sei, sich am
Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten,
sondern dass er unter freier Wahl seines Aufenthaltsortes nur jederzeit erreichbar
sein müsse.
Die Rufbereitschaft sei daher nicht als vergütungspflichtige Arbeitszeit im Sinne des
§ 611 Abs. 1 BGB anzusehen, so dass für diese Zeiten kein Mindestlohn zu zahlen
sei.
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Zu II.:
Betriebsratstätigkeit und vorhergehende Nachtschicht
Urteil des BAG vom 18. Januar 2017 (7 AZR 224/15):
Der Kläger ist Betriebsratsmitglied und arbeitet im Dreischichtbetrieb. Am 17. Juli
2013 war er für die Nachtschicht bis 06:00 Uhr morgens, bei einer Pause von
02:30 Uhr bis 03:00 Uhr, eingeteilt. Am gleichen Tage nahm er von 13:00 Uhr bis
15:30 Uhr an einer Betriebsratssitzung teil. Mit Rücksicht auf diese
Betriebsratssitzung stellte er in der vorherigen Nachtschicht seine Arbeit um
02:30 Uhr ein, um die 11-stündige Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZG in Anspruch zu
nehmen. Der Arbeitgeber schrieb nur die Zeit bis 03:00 Uhr und die Zeit zwischen
05:00 Uhr und 06:00 Uhr dem Arbeitszeitkonto gut. Mit der obigen Klage hatte das
Betriebsratsmitglied auch eine Gutschrift für die Zeiten zwischen 03:00 Uhr und
05:00 Uhr verlangt.
Das BAG führt dazu aus, dass es dahinstehen könne, ob die Zeit der Erbringung von
Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbZG sei und deshalb § 5
Abs. 1 ArbZG (Ruhezeit von 11 Stunden) Anwendung finde. Jedenfalls sei bei der
Beurteilung, ob dem Betriebsratsmitglied in einer solchen Situation die Fortsetzung
der Arbeitszeit in der Nachtschicht wegen der bevorstehenden Betriebsratstätigkeit
unzumutbar sei, die Wertung des § 5 Abs. 1 ArbZG zu berücksichtigen.
Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats auch dann von ihrer
beruflichen Tätigkeit ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn eine
außerhalb der Arbeitszeit liegende erforderliche Betriebsratstätigkeit die
Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar gemacht hat. Im vorliegenden Fall war
dem Betriebsratsmitglied die Erbringung der Arbeitsleistung am 17. Juli 2013
jedenfalls ab 03:00 Uhr (eigentlich wohl schon ab 02:00 Uhr) wegen der um
13:00 Uhr beginnenden Betriebsratssitzung unzumutbar gewesen.
Zu III.:
Berücksichtigung von Arbeitnehmern in der Elternzeit
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 2016 (1 BvR 3634/13):
Mit obigem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die
mögliche Nichtberücksichtigung von Arbeitnehmern in Elternzeit im Rahmen eines
Massenentlassungsverfahrens gegen den Gleichheitssatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG
verstößt.
Die
Beschwerdeführerin
war
bei
der
Beschwerdegegnerin
(Fluggesellschaft) als Mitglied des Bodenpersonals in Deutschland beschäftigt.
Die Fluggesellschaft stellte Ende 2009 alle Flüge von und innerhalb Deutschlands
ein und kündigte deswegen allen Arbeitnehmern mit einem Arbeitsplatz in
Deutschland. Nach Erstattung einer Massenentlassungsanzeige sprach sie im Winter
2009 entsprechende Kündigungen aus. Diese Kündigungen erwiesen sich im
Nachhinein als unwirksam, weil das nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG erforderliche
Konsultationsverfahren bei der Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß
durchgeführt worden war.
3
Die Beschwerdeführerin hatte zwar bei der für den Arbeitsschutz zuständigen
obersten Landesbehörde die Zustimmung zur Kündigung in der Elternzeit erhalten;
dies allerdings erst im März 2010. Da die Massenentlassungsanzeige im Jahr 2009
erfolgt und die Kündigung der Elternzeitlerin nicht in die 30-Tage-Frist des § 17 Abs.
1 KSchG gefallen war, hatte die Arbeitgeberin nicht erneut eine Massenentlassungsanzeige gefertigt. Das BAG hatte die Rechtsansicht der Fluggesellschaft bestätigt.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun das Urteil des BAG aufgehoben und dazu
erklärt, dass das Warten auf die Erklärung der obersten Landesbehörde dazu geführt
habe, dass die Kündigung der Mitarbeiterin außerhalb des für eine
Massenentlassung
relevanten
30-Tage-Zeitraums
ausgesprochen
wurde.
Hieraus ergebe sich gerade ein geringeres Schutzniveau für Personen, die nach dem
Willen des Gesetzgebers besonderen Kündigungsschutz genießen. Diese
Benachteiligung könne nur dadurch vermieden werden, dass Kündigungen, die auf
Grund eines behördlichen Zustimmungserfordernisses außerhalb des 30-TageZeitraums zugehen, so behandelt werden, wie Kündigungen, die unter den
Massenentlassungsschutz fallen. Daneben führe dies auch zu einer faktischen
Benachteiligung wegen des Geschlechts, da Elternzeit in evident höherem Maß von
Frauen beansprucht werde. Eine Rechtfertigung könne nicht daraus hergeleitet
werden, dass § 18 Abs. BEEG gleichwertigen Kündigungsschutz eröffne.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist mehr als überraschend.
Sie muss wohl auch auf andere Formen des Sonderkündigungsschutzes übertragen
werden (insbesondere Pflegezeit, schwerbehinderte Arbeitnehmer). Es bleibt
abzuwarten, wie das BAG die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen
wird. Für die Berechnung der Schwellenwerte und des 30-Tage-Zeitraumes nach
§ 17 Abs. 1 KSchG könnte es zukünftig auf den Zeitpunkt der Anzeige ankommen
und nicht mehr wie bisher auf den Zugang der Kündigung.
Zu IV.:
Sommerzeit 2017
In diesem Jahr beginnt die Sommerzeit am Sonntag, dem 26. März 2017, und endet
am Sonntag, dem 29. Oktober 2017.
Im Zeitpunkt des Beginns der Sommerzeit wird die Uhr um eine Stunde von
02:00 Uhr auf 03:00 Uhr vorgestellt und im Zeitpunkt des Endes der Sommerzeit um
eine Stunde von 03:00 Uhr auf 02:00 Uhr zurückgestellt.
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Zu V.:
Kein Ersatz des Steuerschadens wegen Zahlung der Abfindung vor
Fälligkeit
Urteil des BAG vom 23. Juni 2016 (8 AZR 757/14):
Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis des Klägers gekündigt. Nach Erhebung der
Kündigungsschutzklage schlossen die Parteien einen Vergleich mit der Regelung,
dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Dezember 2011 enden sollte.
Die Abfindung und das Entgelt für Dezember 2011 rechnete die Beklagte dann im
Dezember 2011 ab und wies den Betrag auch an.
Der Kläger verlangt nun von der Beklagten den Ersatz des Steuerschadens für das
Jahr 2011, da er der Ansicht ist, die Abfindung hätte erst im Januar 2012 (mit den
niedrigeren Steuersätzen) ausgezahlt werden dürfen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen, ebenso das
Bundesarbeitsgericht.
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist der Vergleich so auszulegen, dass der
Kläger (Arbeitnehmer) die Abfindung nicht vor Ablauf des 31. Dezember 2011
verlangen könne; die Beklagte (Arbeitgeberin) sie aber vorher bewirken könne,
da kein Fälligkeitszeitpunkt vereinbart wurde. Im Übrigen hätten die Parteien keine
Vereinbarung des Inhalts geschlossen, dass die Beklagte nicht berechtigt sein sollte,
die Abfindung vor deren Fälligkeit zu zahlen.
Soweit die Parteien einen bestimmten Zeitpunkt vereinbaren wollen, zu dem
„frühestens“ oder „spätestens“ gezahlt werden soll, müssen sie dies vereinbaren.
Freundliche Grüße
ARBEITGEBERVERBAND
ZEMENT UND BAUSTOFFE E. V.
Christoph Pundt
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