Dr. Rainer Kluge 19.03.2010 Gefahren der landwirtschaftlichen Produktion – Gefühle versus Tatsachen Seit Jahren nimmt die Skepsis breiter Kreise der Bevölkerung gegenüber der Produktionsweise der herkömmlichen Landwirtschaft zu. Angeheizt durch die Medien wird zunehmend an der Qualität der erzeugten Nahrungsmittel gezweifelt. In Verbindung damit steigt die Angst vor gesundheitlichen Risiken und erreicht teilweise hysterische Züge. Was ist dran an diesen häufig gefühlten Risiken? Darauf versucht der nachfolgende Beitrag auf der Grundlage objektiver Ergebnisse zu antworten. Vom Mangel zur Luxusversorgung Es gab einmal eine Zeit in Deutschland, da stand der wissenschaftliche Fortschritt auf dem Agrarsektor bei breiten Kreisen der Bevölkerung hoch im Kurs. Neue Erkenntnisse von Forschern, wie Justus von Liebig, des Begründers der Agrikulturchemie und der mineralischen Düngung, wurden Mitte des 19. Jahrhunderts von den Landwirten dankbar aufgegriffen. Diese hohe Wertschätzung und die zügige Entwicklung von Phosphor- und Kaliumdüngern, heute als sogenannte „Kunstdünger“ mehr verunglimpft als akzeptiert, trugen maßgeblich dazu bei, dass die agrarische Produktion im Zeitraum von 1873 bis 1913 um 90 % gesteigert werden konnte. Das machte die Versorgung der wachsenden Bevölkerung mit Lebensmitteln zunehmend sicherer. Hungersnöte – früher periodisch an der Tagesordnung – konnten nun zuverlässig verhindert werden. Der Agrarwissenschaftler Carl Sprengel und später Liebig hatten zudem mit dem Gesetz vom Minimum die wissenschaftlichen Grundlagen für eine gezielte Mineraldüngung landwirtschaftlicher Kulturen gelegt, auf dessen Grundlage vorwiegend von deutschen Forschern, insbesondere von Eilhard Alfred Mitscherlich, bis Mitte des 20. Jahrhunderts alle wesentlichen Fragen einer optimalen Pflanzenernährung und Düngung geklärt werden konnten. Schon früh wurde deutlich, den Landwirten anschaulich dargestellt anhand der „MinimumTonne“, dass fast immer der Nährstoff Stickstoff, der Motor des Pflanzenwachstums, fehlte, um höhere Erträge zu erzielen. Da war die großtechnische Bindung von Luftstickstoff in Ammoniak mit Hilfe der Haber-Bosch-Synthese, einer deutschen Erfindung, Anfang des 20. Jahrhunderts ein weiterer entscheidender Meilenstein. Fortan konnten Stickstoffdünger, wie Harnstoff und Kalkammonsalpeter, in großen Mengen kostengünstig hergestellt werden. Das trug maßgeblich dazu bei, die für die Volksernährung wesentlichen Erträge an Getreide und Hackfrüchten auf hohem Niveau zu stabilisieren. Diese fortschrittsfreundliche Stimmung hielt auch noch in der Aufbauphase nach dem 2. Weltkrieg an. Der Bevölkerung waren damals, durch Hunger und jahrelangen Mangel an Nahrungsmitteln gebeutelt, kritische Sichtweisen zu chemisch produzierten „Kunstdüngern“ kaum zu vermitteln. Man schätzte eher die Möglichkeiten der durch die Chemie unterstützten Landwirtschaft und die dadurch stabilere Ernährungslage. Erst mit Beginn der Überflussgesellschaft in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mehrten sich die Stimmen, die den Einsatz von „Kunstdüngern“, vor allem auch chemischer Pflanzenschutzmittel, in der Pflanzenproduktion zunehmend kritisch hinterfragten. Zweifellos hatten daran auch fehlerhafte Entwicklungen, wie der zu sorglose und überhöhte Einsatz von Agrarchemikalien, ihren Anteil. Mehr noch war es aber die junge Generation der 68er Bewegung, die bewährte Erfahrungen der konventionellen Landwirtschaft verstärkt und grundsätzlich anzweifelte und an deren Stelle das neue Ideal einer rein ökologischen Landwirtschaft, frei von jeglicher Chemie, propagierte. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass diese Generation, für die ein überbordendes Angebot an preisgünstigen Lebensmitteln inzwischen selbstverständlich gewor1 den war, keinerlei Bezug mehr hatte zu den Nöten früherer Jahrzehnte. Zudem war diese junge Avantgarde in ihrem radikalen Überschwang, alle früheren Erkenntnisse infrage zu stellen, kaum noch bereit, sich gründlich mit den bahnbrechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen der deutschen Agrarforschung auseinander zu setzen. In der Neuzeit und im Überfluss angekommen brauchte man sie, so scheint es noch heute, schlicht nicht mehr. Umso leichter ließen sich in der öffentlichen Meinung scheinbar „fortschrittliche“ Ansichten etablieren, nach denen nur die ökologische Wirtschaftsweise unter konsequentem Ausschluss von „Kunstdüngern“ und chemischen Pflanzenschutzmitteln als einzig sinnvolle Alternative massiv zu fördern sei, um die konventionelle Pflanzenproduktion, inzwischen schon leichtfertig als umweltschädlich und unökologisch stigmatisiert, zurückzudrängen. Verfechter dieser unausgewogenen These, wie die ehemalige Landwirtschaftsministerin Renate Künast, konnten in der Öffentlichkeit unwidersprochen Mineraldünger und anderen Agrarchemikalien als „Gifte“ stigmatisieren, auf die man tunlichst verzichten müsse, und damit ihre Unkenntnis agrikulturchemischer Zusammenhänge eindrucksvoll dokumentieren – ein Tiefpunkt für den Forschungsstandort Deutschland, der in den Aufbruchzeiten der Agrarforschung in der Welt hoch geschätzt war. Heute ist den meisten Menschen gar nicht mehr bewusst, dass es zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft eine Menge Gemeinsamkeiten gibt, die es im Interesse der Produktion qualitativ hochwertiger Nahrungsmittel zu nutzen und weiterzuentwickeln gilt. Auch die konventionelle Wirtschaftsweise arbeitet – was von Verfechtern des ökologischen Landbaues meist nicht verstanden oder unterschlagen wird – eindeutig „biologisch“ und auch „ökologisch“, wenn sie – was für jede Produktion gilt – nach den „Regeln guter fachlicher Praxis“ erfolgt. Bewusst ist auch kaum Jemandem, verwöhnt von der überbordenden Vielfalt der Nahrungsmittel in unserem Land („Luxusversorgung“), dass die konventionelle Landwirtschaft unverzichtbar ist, weil sie mit ihren zunehmend effizienteren Methoden, darunter auch mit Hilfe der ungeliebten Agrarchemikalien, den Großteil der benötigten Nahrungsmittel schafft und deshalb für die Ernährungssicherheit im Lande unverändert wichtig bleibt. Die ökologische Produktion mit ihren besonderen, meist aufwändigeren Produktionsmitteln („ohne Chemie“) wird auch künftig nur einen kleinen Teil der erforderlichen Gesamtproduktion abdecken können. Daran zweifeln selbst ausgewiesene Vertreter dieser Produktionsweise nicht. Wie Risikoängste entstehen ... Es ist ein schwer zu erklärendes Phänomen, dass die Angst in der Bevölkerung, durch qualitativ schlechte oder unhygienische Nahrungsmittel gesundheitlich geschädigt, ja gar vergiftet zu werden, heute wesentlich größer ist als in früheren Zeiten. Noch nie war das Angebot hochwertiger geprüfter Nahrungsmittel so vielseitig, noch nie die staatliche Überwachung der Lebensmittelqualität, darunter auch des Trinkwassers, so gründlich und hoch organisiert wie heute. Trotzdem bestehen diese Ängste in breiten Kreisen nachweislich, meist mehr gefühlt als objektiv nachweisbar – und sind auch Ernst zu nehmen. Eine Ursache dafür dürfte sein, dass das Sicherheitsbedürfnis der Menschen allgemein, nicht nur im Bereich der Lebensmittelsicherheit, unter Bedingungen einer saturierten, oft sogar luxuriösen Lebensweise in der Regel noch zunimmt. Dabei ist die gestiegene Sensibilisierung breiter Bevölkerungskreise für Fragen des Umweltschutzes und der Nahrungsmittelqualität grundsätzlich als positiv einzuschätzen – Ausdruck des mündigen Bürgers. Problematisch wird es nur, wenn daraus irrationale Ansichten und Forderungen abgeleitet werden. Dazu gehören zum Beispiel überspitzte Kriterien an die Schadstofffreiheit und Hygiene von Lebensmitteln, die häufig kaum realisierbar und meist auch wissenschaftlich gar nicht erforderlich, zudem überwiegend noch unwirtschaftlich sind. Solche „abgehobenen“ Forderungen haben ihre Ursache überwiegend in der zunehmenden Unkenntnis breiter Bevölkerungskreise über die praktischen Bedingungen der Nahrungsmittelerzeugung in Gartenbau und Land2 wirtschaft. Vor hundert Jahren, als noch die Mehrheit der Bevölkerung in der Landwirtschaft beheimatet war, wusste Jeder aus seiner praktischen Erfahrung, was machbar ist und was nicht, konnte die Lebensmittelqualität realistisch beurteilen. Heute dagegen sind Menschen zunehmend verunsichert, wissen mit den oft ausufernden Angaben zur Lebensmittelqualität wenig anzufangen. Entsprechend steigen die Ängste, nimmt die gefühlte Risikoangst zu. Gefördert wird dieses Angstverhalten leider durch den Druck der Medienöffentlichkeit, den vor allem Aktivisten aller Art, häufig aus Verbänden wie Greenpeace, BUND und anderen, gezielt aufbauen. Dabei soll die gute Arbeit solcher Organisationen nicht herabgesetzt werden. Es ist aber unverkennbar, dass die Meinungsbildung der Menschen zunehmend von „Experten“ in Talkshows und Zeitungen geformt wird, die nicht der objektiven Wahrheit nach Stand von Wissenschaft und Technik verpflichtet sind, sondern häufig auch persönliche Geschäftsinteressen verfolgen. Hier gilt dann das Wort des „Gurus“. Eine sachliche Diskussion mit Andersdenkenden ist kaum mehr vorgesehen und wird in der Regel durch ideologische Glaubenssätze und Postulate ersetzt. Die sich jagenden Lebensmittelskandale der letzten Jahre haben teilweise zu einer Atmosphäre des Alarmismus und der Panikmache geführt, die manchmal schon paranoide Züge trägt. Mit oft maßlosen Übertreibungen von Gefährdungsszenarien wird den Bürgern periodisch Angst und Schrecken eingejagt, ohne dass dazu ausreichende, wissenschaftlich belastbare Beweise vorgelegt werden. Die pure Behauptung schlimmer Folgen reicht meist aus, um die Öffentlichkeit zu einem vielfachen Aufschrei zu veranlassen. Bedauerlich nur, dass selbst der Staat sich gelegentlich in dieses, häufig hysterische Szenario einreiht, die wirklichen Experten aus Forschung und Wissenschaft unter diesen Bedingungen meist wenig Gehör finden, nicht selten auch resignieren. Abwägung statt „Nullrisiko“ „Nullrisiko“ bzw. „Nulltoleranz“ sind beliebte, gerade von der Politik gern gebrauchte Schlagworte, mit denen eine unnachgiebige, keinerlei Risiken mehr duldende Haltung demonstriert wird. Sie sind auch durchaus angebracht, zum Beispiel bei der juristischen Verfolgung von Kindesmissbrauch und ähnlich schwerwiegenden Delikten, jedoch kaum geeignet, Fragen des Umweltschutzes und der Risiken der Nahrungsmittelproduktion und –sicherheit kompetent zu klären. Denn hierbei geht es nicht darum, eine totale, „100%ige“ Sicherheit zu gewährleisten, sondern vielmehr darum, ausgewogene Entscheidungen zu treffen, die Belange der Wirtschaft mit Anforderungen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes optimal verknüpfen. Das ist nur mit Hilfe objektiver Abwägungen von Nutzwirkungen und Risiken möglich. Maximalforderungen nach „Nullrisiko“ bzw. „Nulltoleranz“ sind dagegen im Regelfall unverhältnismäßig und überwiegend auch unnötig, zudem – wie die Praxis zeigt – in ihrer Umsetzung stets sehr teuer. Ziel muss es vielmehr sein, für Gefährdungssituationen wissenschaftlich fundierte Restrisiken zu bestimmen, die tolerierbar sind und einen hinreichenden Schutz von Bürgern und Umwelt gewährleisten. Das ist Aufgabe des Staates und seiner Fachleute, in der er sich durch Alarmismus und Panikmache nicht beeinflussen lassen darf. Beispiele überzogener Risikoängste Leider ist die Bundespolitik in den letzten Jahren auf manche Panikmache eingeschwenkt und hat versucht, durch spektakuläre, meist überzogene Maßnahmen a la „Nulltoleranz“ die Meinungsführerschaft zurückzugewinnen. Jüngstes Beispiel ist die Kampagne zur Abwehr der Schweinegrippe, die bei objektiver Abwägung aller Fakten auf deutlich niedrigerem Aufregungs- und Kostenniveau hätte erfolgen können. Was unausgewogener Aktionismus und staatliche Regelungswut bei der Bewältigung von Krisen an teilweise kuriosen und aberwitzigen Auswirkungen zeitigen kann, zeigt eine kleine Auswahl von Beispielen aus der landwirtschaftlichen Pflanzen- und Tierproduktion. „BSE-Krise“ 3 Ein Beispiel für staatliche Regelungswut ohne Maß und Mitte ist die „BSE-Krise“. Ihre Bilanz ist erschütternd (vgl. Kasten 1). Schon zu Beginn war es nach Lage der wissenschaftlichen Fakten eindeutig unverhältnismäßig, von einer „BSE-Seuche“ zu sprechen und das über Jahre fortgesetzt. Dass die Medien solche Schlagzeilen gern aufgegriffen und die Verbraucher mit Horrorvisionen von massenhaftem Auftreten der neuen Creutzfeld-Jacob-Krankheit (nCJK) beim Menschen durch Verzehr von BSE-infiziertem Rindfleisch erheblich verunsichert haben, muss man leider als Merkmal unserer hysterischen Medienlandschaft konstatieren. Die Verantwortlichen von Staat und Politik hätten jedoch schon zu Beginn fachlich fundierte Abwägungsprozesse in Gang bringen und der Panikmache durch objektiv begründete, der Lage angemessene Maßnahmen entgegentreten müssen. Stattdessen wurde auf Basis des untauglichen Prinzips der „Nulltoleranz“ ein Mammutprogramm mit einem gigantischen Kostenaufwand aufgelegt, ohne zu hinterfragen, ob angesichts der damals schon relativ geringen Quoten von positiven BSE-Fällen zum Beispiel die brachialen Keulungen ganzer Rinderbestände und auch die totale Untersuchungsdichte zu erheblichen Kosten überhaupt notwendig waren. Besonders verantwortungslos war es, dass wissenschaftliche Hinweise, nach denen die Infektionsthese anfechtbar ist und weitere alternative Thesen unbedingt geprüft werden müssen, um zu einer realistischen und belastbaren Beurteilung zu kommen, offenkundig bewusst ignoriert wurden. Die einseitige Forschungspolitik der damaligen grünen Bundesministerin Renate Künast setzte, entgegen der bewährten Strategie einer entscheidungsoffenen Forschung, ausschließlich auf die wissenschaftliche Bearbeitung der Infektionsthese und stellte dafür enorme Steuermittel zur Verfügung. Die Prüfung der alternativen Thesen wurde dagegen nicht gefördert, ja sogar regelrecht behindert. Bis heute liegt kein Beleg aus der aufwändigen Projektforschung des Friedrich-LöfflerInstitutes vor, dass die Infektionsthese zutrifft und sich der hohe Finanzaufwand gelohnt hat. Ungeachtet der inzwischen extrem niedrigen BSE-Befallsquote wird auch heute noch das staatlich verordnete, teure BSE-Testprogramm weiter durchgezogen, zwar nur noch bei Rindern von mehr als 30 Monaten, aber für diese ohne Ausnahme. Dabei hat es äußerst seltene Fälle von Rinderwahnsinn früher auch schon gegeben, wie Tierzüchter und Schlachtexperten berichten. Wenn dann noch berücksichtigt wird, dass zum einen die Infektionsthese bis heute nicht bewiesen ist und es zum anderen keine wissenschaftlichen Belege für Fälle von nCJK-Erkrankungen beim Menschen als Folge des Verzehrs von BSE-verseuchtem Rindfleisch gibt, dann ist das weiter laufende BSE-Testprogramm ein regelrecht tragisches Beispiel für ausufernde staatliche Regelungswut, die jeder fachlichen Begründung entbehrt. Knochenfragmente im Kompost und BSE-Risiko Die Angst vor BSE führte in 2004 zu einer weiteren Staatsaktion, die in ihrer hektischen und irrationalen Durchführung kabarettreife Züge annahm. Weil in Rübenmelasseschnitzeln Knochenfragmente gefunden worden waren, die auf die verbotene Einmischung von Tiermehl und damit auf BSE-Verdacht hindeuteten, wurden große Partien dieses wertvollen Futtermittels aus dem Verkehr gezogen. Die Südzucker AG ging in vorauseilendem Gehorsam noch weiter und verbot die Kompostanwendung beim Anbau von Zuckerrüben, weil über den Kompost Knochenfragmente aus Tiermehl in den Boden eingebracht, dort an Zuckerrüben anhaften und bei deren Verarbeitung in der Zuckerfabrik schließlich im Rübenmelasseschnitzel landen könnten. Zahlreiche Landwirte wurden durch diese stringente Anwendung der „Nulltoleranz“ wirtschaftlich erheblich verunsichert, war doch bisher der Kompost für sie ein wertvolles Düngemittel, mit dem vor allem die Humusbilanz der Böden und damit ihre Fruchtbarkeit verbessert werden konnten. Sollten sie nun wegen des Komposteinsatzes auf ihren Zuckerrüben und damit auf erheblichen Kosten sitzen bleiben? Die staatliche Fachaufsicht und auch die Experten der Südzucker AG schienen in ihrer gefühlten Angst, nun vor einem erneuten „Einfallstor“ für die „BSE-Seuche “ zu stehen, zeitweise von jeglichem gesunden Menschenverstand verlassen gewesen zu sein. In den Medien 4 wurde erneut die „Panikkarte“ gespielt, von „erheblichen Risiken“ für die Gesundheit der Menschen gesprochen, nach der „BSE-Krise“ schon wieder „Deutschland am Abgrund“ – so stellte es sich dem unbeteiligten Bürger dar. Auch hier zeigte eine objektive, auf Fakten beruhende abwägende Risikoanalyse, dass diese Verbotskampagne übereilt und unüberlegt, ja regelrecht irrational und damit unnötig war – und das vernünftige Prinzip der Kreislaufwirtschaft, geeignete Ressourcen im Kreislauf zu führen, schwer beschädigt hat (vgl. Kasten 2). Bei ruhiger Überlegung wäre schnell klar geworden, dass nicht bei Tiermehl generell, sondern nur bei Knochenfragmenten von Rindern, sollten sie denn infektiös gewesen sein, die Gefahr eines BSE-Infektion bestanden hätte. Schon damals war durch die BSE-Testung bekannt, dass nur ein äußerst geringer Anteil der Rinder positiv auf BSE getestet worden war. Diese Tierkörper wurden zudem garantiert vernichtet und gingen nicht in die Tiermehlherstellung. Regelrecht aberwitzig und irrational war deshalb die Risikovermutung, dass Rübenmelasseschnitzel mit BSE verseucht sein könnten, weil ihnen – so die lange Verdachtskette – BSEhaltige Knochenfragmente anhaften könnten, die wiederum aus Kompost stammen könnten, der in den Boden eingearbeitet worden war. In den Kompost sollten diese gefährlichen BSERelikte durch Mitkompostierung von Tiermehl gelangt sein, das wiederum mit BSE-infizierten Knochenresten aus Rindertiermehl belastet gewesen sein könnte. Das ausgeprägte Bedürfnis nach absoluter Sicherheit, leider ein Ergebnis des in diesen Fällen untauglichen Prinzips der „Nulltoleranz“, hat hier den mit der Abwehr der BSE-Gefahr betrauten „Experten“ einen ziemlichen Streich gespielt. In diesem Konglomerat von nicht bewiesenen Vermutungen und Verdachtsmomenten waren weitere Denkfehler und übersehene Fakten kaum noch von Bedeutung. So waren vom Verbot der Kompostanwendung auch Grünkomposte betroffen, obwohl sie nachweislich nur aus pflanzlichem Grünmaterial hergestellt werden, d.h. mit Tiermehl überhaupt nicht in Berührung kommen. Bald stellte sich zudem heraus, dass landwirtschaftliche Böden seit altersher erhebliche Mengen an Knochenfragmenten enthalten, die von Wildtieren stammen, aber auch mit den Wirtschaftsdüngern in die Böden gelangen. Nach Hochrechnungen wurde bestätigt, dass Knochenreste aus Tiermehlen allenfalls 0,002 % (!) des gesamten Knochenanteiles im Boden ausmachen. Eine Identifizierung verbotener Tiermehleinmischung anhand der Untersuchung von Rübenmelasseschnitzeln auf Knochenfragmente – darauf basierte der staatliche BSE-Verdacht – war und ist demnach objektiv nicht möglich. Letztlich zeigte eine gründliche Abschätzung der gesamten Risikokette, dass das Risiko, dass am Zuckerrübenaufwuchs BSE-kontaminierte Partikel anhaften könnten, 1/ 210 – 230 Millionen (!) beträgt. Das heißt, es besteht praktisch kein Risiko, dass Rübenmelasseschnitzel mit BSEkontaminiertem Material als Folge der landbaulichen Kompostverwertung belastet werden. Die Absurdität des Kompostverbotes wird noch durch folgende Überlegungen unterstrichen: Es war damals schon bekannt, dass bundesweit – zum Glück bis heute noch nicht – kein Fall der neuen Creutzfeld-Jakob-Krankheit (nCJK) beim Menschen als Folge des Verzehrs von BSE-verseuchten Rindfleischprodukten bekannt geworden war und ist. Eine solche Infektion ist, wie man inzwischen weiß, extrem unwahrscheinlich. Trotzdem wurden durch das Kompostverbot die Nutztiere, für die eine Fütterung mit absolut BSE-freiem Futter garantiert werden sollte („Nulltoleranz“), faktisch besser geschützt als die Menschen. Diese hatten schließlich vorher die Tierprodukte verspeist, deren Reste dann später als Fleisch- und Knochenreste über die Kompostierung oder als Fleisch- und Knochenmehle in die landwirtschaftliche Verwertung gelangten. Um ein Haar wären die eindeutigen Vorteile der Verwertung von Komposten u.a. organischen Abfällen für die Humusbilanz und Düngung sowie für die Erhaltung einer optimalen Bodenfruchtbarkeit diesen irrationalen und fachlich nicht nachvollziehbaren Bestrebungen nach absoluter Sicherheit geopfert worden. 5 Cadmiumrisiko für Böden bei Kompostanwendung Auch bei der Bewertung von Schwermetalleinträgen in Böden durch Sekundärrohstoffdünger sind Überspitzungen zu beobachten, die einer abwägenden Risikoanalyse nicht standhalten. In der Regel mündet die Forderung radikaler Bodenschützer in der Maximalforderung, in Böden nicht die geringste Schwermetallanreicherung zuzulassen („Null-Toleranz“). Das wäre zwar ideal, ist aber unverhältnismäßig und praxisfremd. Ohne ein tolerierbares Restrisiko abzuschätzen, wie das eine praxisorientierte Risikoanalyse erfordert, könnten unbestreitbare Vorteilswirkungen, wie zum Beispiel von Komposten, nicht genutzt werden. So wird neuerdings die Einhaltung des absoluten „status quo“ für Cadmium (Cd) im Boden gefordert, der eine Kompostanwendung praktisch ausschließen würde. Eine wissenschaftliche Risikoabwägung der Cd-Anreicherung in Böden bei landwirtschaftlicher Kompostanwendung zeigt, was davon zu halten ist (vgl. Kasten 3). Die Recherche belegt, dass die Cd-Gesamtgehalte von Ackerböden bei regelmäßiger Kompostanwendung in großen Zeiträumen zwar gering ansteigen können. Sie werden aber, ausgehend von unbelasteten Böden mit mittleren Cd-Gehalten, in überschaubaren Zeiträumen von bis zu 100 Jahren niemals bedenklich hohe Gehalte, schon gar nicht im Bereich von Vorsorge- oder gar Belastungswerten erreichen. Dazu fällt die Cd-Zufuhr viel zu gering aus. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Böden durch eine überhöhte Cd-Anreicherung ist deshalb heute selbst bei langjähriger Kompostanwendung praktisch ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass bei Kompostanwendung die mobilitätsbestimmenden Bodenfaktoren „Steigerung der pH-Werte und der Humusgehalte“ den entscheidenden Einfluss auf die CdAufnahme der Pflanzen haben. Regelmäßige Kompostgaben führen deshalb bei einem gegebenen geogenen Niveau der Cd-Gesamtgehalte des Bodens sogar zu einem Rückgang der Cd-Aufnahme der Pflanzen und sinkenden Cd-Gehalten. Insgesamt ist festzustellen: Das Risiko einer möglichen Cd-Anreicherung von Böden durch Kompostanwendung ist nach Faktenlage objektiv minimal und deshalb als nachrangig und kalkulierbar einzustufen. Ausgehend davon ist es unverhältnismäßig und fachlich sogar falsch, vor einer Kompostanwendung in der Landwirtschaft mit dem Argument des Cd-Risikos zu warnen. Durch reguläre Kompostgaben wird weder der gegebene Cd-Status von Ackerböden kurz- und mittelfristig verändert, noch werden auf solchen Flächen produzierte pflanzliche Nahrungsmittel erhöhte Cd-Gehalte aufweisen, die die Kriterien der Lebensmittelsicherheit nicht mehr erfüllen. „Aufklärung“ durch die Medien Schon seit Jahren fördern die Medien das zunehmende Sicherheitsbedürfnis der Menschen nach Kräften. Ein Lebensmittelskandal, neuartige Gesundheitsgefährdungen durch die Nahrungsmittel lassen sich journalistisch allemal besser vermarkten als sachliche, schon gar nicht positive Informationen. So konnte in der deutschen Öffentlichkeit allmählich ein regelrecht schiefes und unsachliches Bild entstehen. Hier die industrielle, die sogenannte „konventionelle“ Landwirtschaft, voll von Gefahren, umweltfeindlich, mit „Giften“, wie „Kunstdüngern“ und chemischen Pflanzenschutzmitteln arbeitend, vor deren Produkten prinzipiell Vorsicht geboten ist. Dort die positive „Alternative“ einer „ökologischen Landwirtschaft“, transparent, ohne „Gifte“ arbeitend, nur der heilen Umwelt und den guten gesunden Nahrungsmitteln für die Verbraucher verpflichtet. Dieses bedauerliche Klischee wird inzwischen auch durch das öffentliche Fernsehen mit Erfolg bedient. Immer wieder werden in als wissenschaftlich ausgegebenen Sendungen einseitige „Wahrheiten“ verbreitet (z.B. in der ZDF-Sendung „Abenteuer Wissen“, vgl. Kasten 4), die den Bürger und Zuschauer eher desinformieren als über die objektive Lage in der Landwirtschaft aufklären. Da sich die breite Masse der Bevölkerung heute kaum mehr ein eigenes Bild machen kann, greifen diese „Botschaften“ durchaus, erzeugen bei den Menschen – entgegen den Fakten – Unsicherheit, Ängste, ja manchmal Panik. Der Auftrag des Grund6 gesetzes, sachlich, objektiv und umfassend zu informieren, wird durch solche Sendungen nicht selten grob verletzt. Dabei soll nicht vernachlässigt werden, dass es Aufgabe der Medien ist, möglichst kritisch zu informieren und auch Schwachstellen und Fehlentwicklungen der konventionellen Landwirtschaft herauszuarbeiten. Das sollte aber grundsätzlich ausgewogen und objektiv erfolgen, im Kontext mit nachweislichen Vorteilen dieser Wirtschaftsweise. Es ist einfach irreführend, wie das in „wissenschaftlichen“ Sendungen immer wieder kolportiert wird, die kuschlige, grundsätzlich gute und umweltfreundliche Ökolandwirtschaft im kleinbäuerlichen Hofmasstab der grundsätzlich negativ belegten, industriellen Landwirtschaft mit all ihren Risiken für die Endverbraucher gegenüber zu stellen. Sicher hat die konventionelle Landwirtschaft auch Irrwege durchlaufen, zum Beispiel früher zu viel Dünger oder Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Das ist aber doch seit Jahren nicht mehr die Realität! Die konventionelle Landwirtschaft arbeitet, schon aus Kostengründen, mit immer weniger „Kunstdüngern“, setzt heute deutlich weniger chemische Pflanzenschutzmittel ein zugunsten alternativer Verfahren, bemüht sich, schon aus Gründen einer nachhaltigen Produktion, um eine hohe Bodenfruchtbarkeit, forciert die Humusreproduktion. Zudem ist sie für eine gesicherte Versorgung der Bevölkerung eindeutig unverzichtbar, so wie auch die ökologische Landwirtschaft ihre unbestreitbare Bedeutung als Ergänzung für eine gesunde Ernährung hat. Hier immer wieder Gegensätze aufzubauen, wie es bestimmte Medien und auch Interessenverbände tun, hat teilweise ökofundamentalistische Züge. Zum Glück ist die objektive Situation der deutschen Landwirtschaft deutlich besser als die gefühlte und von den Medien unterstützte Risikodiskussion in Deutschland. Zum Glück gibt es zunehmend gut ausgebildete Landwirte, die die modernen wissenschaftlichen Erkenntnisse einsetzen, mit neuen Sorten, weniger Agrochemikalien und neuem Know How der Bodenbearbeitung gute und qualitativ hochwertige Erträge erzielen. Die pflanzlichen Nahrungsmittel erfüllen heute durchweg die Anforderungen einer modernen Ernährungswissenschaft und unterscheiden sich in den ernährungstechnischen Kennwerten nachweislich nicht von ökologisch produzierten Produkten. Zudem verfügt Deutschland über eine leistungsfähige Agrarforschung, die in den letzten Jahrzehnten – offenkundig unbemerkt von der kritischen Öffentlichkeit und den „Experten“ mancher Talkshows – ein inzwischen gut funktionierendes System der umweltfreundlichen Pflanzenproduktion erarbeitet hat, dass von der „konventionellen“ Landwirtschaft mit wissenschaftlich geprüften „Regeln guter fachlicher Praxis“ inzwischen Stück für Stück umgesetzt wurde. – Eindeutiger Vorteil einer großen komplexen Volkswirtschaft wie der deutschen, dass die zahlenmäßig kleine Gruppe von Landwirten und Agrarexperten heute eine gute und wertvolle Arbeit für die gesunde Volksernährung und auch den Umweltschutz leistet – fast unbemerkt von großen Teilen der Bevölkerung, darunter auch der oft aufgeregten und von Ängsten gebeutelten Medienöffentlichkeit. 7 Kasten 1: BSE-Krise (Beginn etwa 2000) Gefühltes bzw. prognostiziertes Risiko: Massenhafte Verbreitung der Tierkrankheit Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) bei Rindern, als Folge davon durch Verzehr von verseuchtem Rindfleisch massenhafte Verbreitung der meist tödlichen neuen Creutzfeldt-Jacob-Krankheit (nCJK) beim Menschen Einstufung der Krankheit als gefährliche „BSE-Seuche“ Staatliche Abwehrmassnahmen im Kontext einer abwägenden wissenschaftlichen Risikoanalyse: Verfütterungsverbot von Tiermehl sinnvoll Keulung ganzer Rinderkohorten bei Einzelbefall überzogen, enorme Verluste Testung aller jungen Schlachtrinder, 2001 – 2007 insg. 16.643.000 Tests, Befallsquote insgesamt 402 Rinder entspr. 0,0024 % (!) weit überzogen, enorme Kosten von ca. 550 Mio. € (!), Stichprobenuntersuchung ab 2002 wäre völlig ausreichend gewesen Auflage eines Forschungsprogramms von ca. 500 Mio € (!), ausschließliche Prüfung der Infektionsthese dogmatische Forschungspolitik mit überhöhtem Finanzaufwand: keine ergebnisoffene Forschung, da Ignorierung weiterer alternativer Thesen und deren Prüfung Gesamteinschätzung staatlicher Massnahmen: Einstufung von BSE als „Seuche“ unverhältnismäßig, BSE war und ist eine seltene Krankheit Medienkampagne mit Horrorvisionen von hoher Ansteckungsgefahr für Menschen unverhältnismäßig und fachlich nicht belegt, führte grundlos zu massiver Verunsicherung der Bevölkerung BSE-Testprogramm Beispiel für staatliche Regelungswut Forschungsprogramm unprofessionell und enorm überteuert, einseitige Politik der grünen Landwirtschaftsministerin Renate Künast 8 Kasten 2: Tierische Bestandteile in Rübenmelasseschnitzeln: Verbot der Kompostanwendung beim Anbau von Zuckerrüben durch die Südzucker-AG (2004) Gefühltes bzw. prognostiziertes Risiko: Funde von Knochenfragmenten in Rübenmelasseschnitzeln (Tierfutter) in 2004 Indiz für verbotene Verwendung von Tiermehl im Tierfutter („Nulltoleranz“) Gefahr der BSE-Infektion bei Verfütterung an Rinder erhebliches Risiko Massnahmen: große Partien positiv getesteter Rübenmelasseschnitzel wurden vernichtet Südzucker-AG verbot Zuckerrübenanbauern Verwendung von Sekundärrohstoffdüngern, darunter Komposten Begründung: Rübenmelasseschnitzel könnten anhaftende Knochenfragmente aus dem Boden, verursacht durch eingebrachte Komposte, enthalten und dadurch BSE-Infektion bei Rindern auslösen Ergebnisse der abwägenden wissenschaftlichen Risikoanalyse zum Kompostverbot im Zuckerrübenanbau: Knochenfragmente als Indiz für BSE-infiziertes Rindertiermehl völlig ungeeignet, da nicht identifizierbar Komposte und Böden enthalten große Mengen an natürlichen Knochenfragmenten (z.B. Vögel, Mäuse, Ratten), die völlig risikolos sind irrationale Sicherheitsforderung Vom pauschalen Kompostverbot waren auch reine Pflanzenkomposte betroffen, die nachweislich nie Tiermehlabfälle enthielten (!) unverhältnismäßig überzogene Sicherheitsanforderung Risiko einer Einschleppung von BSE-infiziertem Tiermehl von Rindern in Biokomposte und bei deren Anwendung in den Boden Ergebnis der wissenschaftlichen Risikoanalyse: das Risiko, dass BSE-kontaminierte Partikel am Zuckerrübenaufwuchs anhaften könnten, beträgt 1/ 210 – 230 Millionen (!), d.h. es geht praktisch gegen Null („Nullrisiko“) Möglicher Anteil der Knochenfragmente aus Tiermehlen erreicht bei Kompostanwendung etwa 0,002 % (!) der Knochenanteile insgesamt im Boden praktisch nicht nachweisbar, irrationale Forderung Gesamteinschätzung: Indizienkette Fund von Knochenfragmenten = Indiz für verbotene Tierfuttereinmischung = BSE-Verdacht fachlich unsinnig und überzogen Verbot der Kompostanwendung im Zuckerrübenanbau irrational und untaug- lich, zudem völlig unnötig, da „Nullrisiko“ für BSE-Infektion von Rindern durch Rübenmelasseschnitzel eine Ursache: Prinzip der Nulltoleranz für Tiermehl in Futtermitteln sinnvoll und praktikabel wäre Festlegung von Vorsorgewerten für tierische Verunreinigungen (Knochenfragmente) im Futtermittelrecht 9 Kasten 3: Cadmium-Akkumulation in Böden durch Kompost Gefühltes bzw. prognostiziertes Risiko: Bei landwirtschaftlichem Komposteinsatz werden Böden irreversibel mit Cadmium (Cd) aufgefüllt, deshalb in Zukunft für Produktion unbelasteter Nahrungsmittel nicht mehr nutzbar erhebliches Risiko für Bodenschutz, Kompostverbot Ergebnisse der abwägenden wissenschaftlichen Risikoanalyse: Cd-Zufuhr einer Kompost-Regelgabe: jährlich etwa 2 – 3 g/ha > Cd-Entzug Ernteprodukt jedoch sehr geringer Cd-Positivsaldo Anhebung Cd-Gehalte Boden je Kompostgabe etwa 0,001 mg/kg Cd sehr geringe Anhebung, analytisch erst nach 20 ... 25 Jahren erfassbar Durch gleichzeitige Erhöhung von pH-Wert und Humusgehalt Boden durch Kompostgabe sinkt Cd-Verfügbarkeit und dadurch auch Cd-Aufnahme Ernteprodukt trotz geringem Cd-Positivsaldo Gesamteinschätzung der Risikoabwägung: Anstieg Cd-Gehalt Boden äußerst gering in überschaubaren Zeiträumen keine Gefahr des Funktionsverlustes der Böden infolge Cd-Kontamination Cd-Aufnahme Ernteprodukte trotz geringen Cd-Positivsaldos rückläufig keine Gefahr unerwünschter Cd-Aufnahme der Nahrungsmittel Gefahr der Überschreitung von Cd-Grenzwerten für Böden bestünde auch bei regelmäßiger Kompostanwendung über Hunderte von Jahren nicht Praktisch kommt eine so lange Kompostanwendung nicht vor, weil sie der „guten fachlichen Praxis“ widerspricht Kompostgaben durch Phosphor- und Humuszufuhr begrenzt, bei Erreichen der Optimalwerte keine Kompostanwendung Gefahr der unkontrollierten Cd-Zufuhr durch Kompostgaben auf Böden mit schon hohen Cd-Gehalten ausgeschlossen verhindert durch gesetzliche Pflicht zur Cd-Analyse Boden vor Kompostgabe Insgesamt ist das Risiko einer unerwünschten Cd-Akkumulation von Böden durch Kompostgaben nachrangig. Kompostgaben bilden auch mittel- und langfristig keine Gefahr für die Funktionsfähigkeit der Ackerböden. Der Cd-Gehalt der Ernteprodukte bleibt auch nach Kompostanwendung niedrig und unbedenklich. 10 Kasten 4: Beispiel für die mediale „Aufklärung“ der Bürger über die konventionelle Landwirtschaft ZDF-Sendung „Abenteuer Wissen“, 17.02.2010, 22:15 Uhr, Thema: Das weiße Gold – vom Segen und Fluch des Kalisalzes (Auszüge) „Botschaften“ der Sendung an interessierte Zuschauer: 1. Zur Mineraldüngung, speziell zu Kalisalz: „Die industrielle Landwirtschaft ist natürlich abhängig von immer mehr Dünger“, „Wir brauchen Unmengen an Düngemitteln“ 2. Zum Kalisalzabbau der Kali und Salz AG im Werratal: „Extreme Auswirkungen für Umwelt und Natur“, „Werra der am stärksten mit Salz belastete Fluss Deutschlands“ 3. Alternative zur konventionellen Landwirtschaft in Deutschland mit erheblichem Einsatz von “Giften“, wie Kunstdüngern und Pflanzenschutzmitteln: Das „Push-Pull“-Verfahren des Schweizer Wissenschaftlers Hans Rudolf Herren, dass mit „rein biologischen“ Methoden auf „Kunstdünger“ und Pflanzenschutzmittel komplett verzichtet angewendet von kenianischen Kleinbauern Ergebnisse einer objektiven Recherche: „Botschaft“ 1: Rückgang des „Kunstdünger“aufwandes in der Bundesrepublik in den letzten 35 Jahren, bei steigenden Erträgen (!): Kalidünger – um über 60 %, Phosphordünger – um über 80 %, Stickstoffdünger – um ca. 30 % „Botschaft“ irreführend und falsch „Botschaft“ 2: Erfolgreiche Bemühungen zur Senkung der Salzfracht in der Werra: 1990 – 40.000 mg Chlorid/L Wasser, heute – 2.500 Chlorid/L Wasser, Zunahme der Anzahl Fischarten im Unterlauf der Werra von 15 Arten (1990) auf heute 24 Arten „Botschaft“ irreführend und falsch „Botschaft“ 3: Pflanzenproduktion ohne Nährstoffzufuhr unmöglich. Richtig vielmehr: Bei extrem niedrigem Ertragsniveau der Kleinbauern in Kenia führen alternative Verfahren, wie Förderung der Bodenfruchtbarkeit durch Pflanzenrückstände und tierische Dünger, wie im „Push-Pull“-Verfahren, zu deutlichen Ertragssteigerungen. Mit alternativen Methoden aber auch Zufuhr an Dünger und Nährstoffen, wenn auch nicht chemisch erzeugter Dünger. Bei hohem Ertragsniveau der deutschen Landwirtschaft sind solche „Alternativen“ jedoch völlig wirkungslos. „Botschaft“ irreführend, unzulässiger Vergleich völlig unterschiedlicher Voraussetzungen Gesamteinschätzung: Die Sendung bediente bewährte Klischees von der „bösen“ industriellen Landwirtschaft unter Verwendung von „Giften“ im Kontrast zu der „guten“ kleinbäuerlichen Landwirtschaft aus Zeiten, in denen „noch alles in Ordnung“ war. Anstatt Aufklärung über tatsächliche Verhältnisse, wie es von einer „wissenschaftlichen“ Sendung des öffentlichen Fernsehens zu erwarten wäre, wurden die Zuschauer desinformiert. 11