b) Rechtslage bei richtiger Eintragung und Bekanntmachung, §15 Abs.2 S.1 HGB Nach §15 Abs.2 S.1 HGB muss ein Dritter eine Tatsache gegen sich gelten lassen, wenn sie ordnungsgemäß eingetragen und bekanntgemacht worden ist. Kaufmann K kauft bei A. K wird durch P vertreten. Die Prokura ist aber bereits widerrufen worden. Dies ist auch ordnungsgemäß im Handelsregister eingetragen. P legt A eine alte Vollmachtsurkunde vor. Kann A von K Lieferung verlangen? Anspruch des A gegen K aus §433 Abs.1 BGB Voraussetzung eines solchen Anspruchs wäre, dass K durch den Prokuristen P vertreten wurde. Die Prokura ist allerdings widerrufen worden. Nach §15 Abs.2 S.1 HGB muss A sich dies entgegenhalten lassen. Allerdings fragt es sich, ob sich A auf §172 Abs.2 BGB berufen kann. §15 Abs.2 S.2 HGB verlängert den Schutz von Abs.1 unter bestimmten Voraussetzungen. c) Positive Publizität, §15 Abs.3 HGB Bei §15 Abs.3 HGB geht es darum, dass die einzutragende Tatsache von vornherein falsch eingetragen war. Man vertraut nun nicht auf das Schweigen, sondern auf das Reden des Handelsregisters. Voraussetzungen des §15 Abs. 3 HGB: ● einzutragende Tatsache ● unrichtige Bekanntmachung ● Gutgläubigkeit des Dritten ● Handeln im Geschäfts- oder Prozessverkehr ● Veranlasserprinzip Rechtsfolge: Der Dritte kann sich auf die falsch bekanntgemachte Tatsache berufen. Erbin und Alleininhaberin des Unternehmens des verstorbenen Kaufmanns K ist die minderjährige M. Aufgrund eines Fehlers ihrer Eltern wird P als Prokurist des Unternehmens eingetragen und bekanntgemacht. P bestellt für M 100 PCs bei V, weil V sein Freund ist. V verlangt Bezahlung. Anspruch des V aus §433 Abs.2 BGB Voraussetzung dafür ist, dass zwischen V und M, M vertreten durch P, ein Vertrag geschlossen worden ist. P kann M vertreten, falls er als Prokurist bestellt worden ist. Dies ist nicht der Fall. Allerdings muss sich gemäß §15 Abs.3 HGB derjenige, in dessen Sachen etwas einzutragen war, gegenüber einem Dritten, der auf die einzutragende Tatsache vertraut hat, daran festhalten lassen, sofern die einzutragende Tatsache unrichtig bekanntgemacht worden ist. Dies gilt allerdings nur, sofern V gutgläubig ist. Fraglich ist, ob der Minderjährigenschutz Vorrang vor §15 Abs.3 HGB hat. Im vorliegenden Fall wird dies nicht der Fall sein, da die Eltern der M für den Fehler verantwortlich sind. 5. Die nicht auf §15 HGB beruhende Rechtsscheinhaftung Wer eine unrichtige Erklärung zum Handelsregister abgibt oder eine unrichtige Eintragung nicht beseitigt, muss sich gegenüber gutgläubigen Dritten daran festhalten lassen. Arzt A lässt seine Arztpraxis ins Handelsregister eintragen. Er gibt mündlich eine Bürgschaftserklärung gegenüber G ab. Kann G aus der Bürgschaft vorgehen? Anspruch des G gegen A aus §765 BGB Gemäß §766 BGB bedarf eine Bürgschaft der Schriftform. Sofern diese nicht eingehalten wird, ist die Bürgschaft nicht wirksam (§125 BGB). Allerdings könnte zu Lasten des A §350 HGB eingreifen. Voraussetzung dafür wäre, dass A Kaufmann ist. Dies ist weder nach §1 noch nach §2 noch nach §5 HGB der Fall. Allerdings könnte es sein, dass sich A gemäß §15 Abs.3 HGB wie ein Kaufmann behandeln lassen muss. Es fehlt allerdings an einer einzutragenden Tatsache. Gemäß dem Satz, dass derjenige, der eine unrichtige Erklärung zum Handelsregister abgegeben hat, sich an dieser gegenüber gutgläubigen Dritten festhalten lassen muss, wird A gleichwohl wie ein Kaufmann behandelt. Demgemäß ist die Bürgschaft nach §350 HGB wirksam. A kann aus ihr in Anspruch genommen werden. Bislang war nur von Erklärungen gegenüber dem Handelsregister die Rede. Auch sonst gilt aber der Satz, dass derjenige, der in zurechenbarer Weise den Rechtsschein setzt, er sei Kaufmann, sich wie ein solcher gegenüber gutgläubigen Dritten behandeln lassen muss. Makler M erklärt gegenüber Kaufinteressent K im Beisein des Verkäufers V, V sei Kaufmann. Daher müsse seine Bürgschaft nicht schriftlich abgefasst werden. V verbürgt sich mündlich gegenüber K. K klagt aus der Bürgschaft. Der Anspruch des K könnte sich aus §765 BGB ergeben, sofern dem nicht §§766, 125 BGB entgegenstehen. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn V ein Kaufmann wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Allerdings könnte es sein, dass er sich wie ein solcher behandeln lassen muss. Voraussetzung dafür wäre, dass er in zurechenbarer Weise den Rechtsschein gesetzt hat, Kaufmann zu sein. Dies ist vorliegend der Fall. Demgemäß muss sich V gegenüber gutgläubigen Dritten, wie hier dem K, so behandeln lassen, als wäre er Kaufmann. V kann aus der Bürgschaft in Anspruch genommen werden.