»Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen.« Gemäß diesem Leitspruch erhalten Sie in diesem Kapitel einen Überblick über die Entwicklung der SAPLösung für das Rechnungswesen. Außerdem finden Sie eine Zusammenfassung der Neuerungen in SAP ERP Financials. 1 Überblick Im Jahr 1972 gründeten fünf ehemalige Mitarbeiter von IBM – Claus Wellenreuther, Hans-Werner Hector, Klaus Tschira, Dietmar Hopp und Hasso Plattner – das kleine Unternehmen SAP in Weinheim. 1977 siedelte SAP dann nach Walldorf um. Bereits von Anfang an war die Buchhaltungssoftware eine der Kernlösungen von SAP. Die Architektur und das Konzept der SAP-Finanzbuchhaltung wurden vor allem von Claus Wellenreuther geprägt. Die ersten Softwarepakete R/1 und R/2 beinhalteten bereits die Komponente RF, wobei der Buchstabe »R« für Realtime (Echtzeit) und der Buchstabe »F« für Finanzbuchhaltung steht. In diesen Versionen war eine Hauptbuchhaltung mit Nebenbüchern für Lieferanten, Kunden und Anlagen verfügbar. In R/2-Zeiten wurde die grafische Benutzeroberfläche maßgeblich durch den Großrechner mit dessen Zeichenorientierung geprägt. Abbildung 1.1 zeigt eine alte Transaktion zur Stammdatenerfassung. Abbildung 1.1 R/2-Benutzeroberfläche 19 Die Komponente RF 1 Überblick Einige Konzepte aus dieser Zeit haben bis zum aktuellen SAP-Release überlebt. Im Folgenden geben wir Ihnen dazu einige Beispiele. 1.1 Berichte und Transaktionscodes Berichte RFBILA00/ RAGITT00 Heutige Auswertungen, die mit den Anfangsbuchstaben »RF« beginnen, haben ihren Ursprung in der Zeit der Komponente RF. Zum Beispiel findet man im aktuellen SAP-Release noch eine Bilanzauswertung mit dem Berichtsnamen RFBILA00. Berichte mit den Anfangsbuchstaben RA stammen aus der gleichen Epoche. »RA« steht für die Applikation Anlagenbuchhaltung. Ein Beispiel dafür ist das Anlagengitter RAGITT00. Wenn Sie Berichte im Finanzwesen allgemein oder in der Anlagenbuchhaltung im Besonderen suchen, ist es also hilfreich, in der Berichtssuche mit RF* oder RA* zu arbeiten. Das Prinzip der Transaktionscodes In der Anfangszeit von SAP wurde die Software ausschließlich mit Berichtsnamen und Transaktionscodes bedient. Für den SAP-Anwender gab es als Hilfsmittel kleine gedruckte Faltmappen, die alle Funktionen und damit einhergehenden Transaktionscodes enthielten. Neben den Berichtsnamen hat auch das Prinzip der Transaktionscodes die Zeit überlebt. Folgende Transaktionscodes finden Sie z.B. im aktuellen SAP-Release: 왘 FB01 – Finanzbuchhaltung, Beleg anlegen 왘 FB02 – Finanzbuchhaltung, Beleg ändern 왘 FB03 – Finanzbuchhaltung, Beleg anzeigen 왘 FD01 – Finanzbuchhaltung, Debitoren anlegen 왘 FD02 – Finanzbuchhaltung, Debitoren ändern 왘 FD03 – Finanzbuchhaltung, Debitoren anzeigen 왘 FK01 – Finanzbuchhaltung, Kreditoren anlegen 왘 FK02 – Finanzbuchhaltung, Kreditoren ändern 왘 FK03 – Finanzbuchhaltung, Kreditoren anzeigen 왘 KS01 – Kostenrechnung, Kostenstelle anlegen 왘 KS02 – Kostenrechnung, Kostenstelle ändern 왘 KS03 – Kostenrechnung, Kostenstelle anzeigen Auch heute können Sie mit diesen Kürzeln schnell auf SAP-Funktionen zugreifen. Die Bedeutung der Transaktionen ist jedoch aufgrund 20 Echtzeitverarbeitung und Belegprinzip 1.2 der Übersichtlichkeit von Menüpfaden und der damit verbundenen Navigationsstrukturen zurückgegangen. In diesem Buch wird deshalb auch der Fokus auf die Menüpfade und weniger auf die einzelnen Transaktionen gelegt. Im Anhang finden Sie ein Verzeichnis der verwendeten Menüpfade dieses Buches, und im Index sind alle Transaktionen, die in diesem Buch vorkommen, aufgeführt. Zusätzlich zu diesen funktionalen Relikten wurden einige konzeptionelle Grundprinzipien bis heute beibehalten. Dazu gehört neben der Echtzeitverarbeitung auch das Belegprinzip. 1.2 Echtzeitverarbeitung und Belegprinzip Die Echtzeitverarbeitung von Informationen sorgte in Bezug auf das Rechnungswesen schon in den ersten SAP-Releases für eine gleichzeitige Verarbeitung der Informationen im Hauptbuch und in den Nebenbüchern. Nach dem Realtime-Prinzip werden vor dem Buchungsvorgang alle angeschlossenen Module auf eine fehlerfreie Verarbeitung geprüft. Dies umfasst Einkauf, Vertrieb, Reisekostenabrechnung, Kostenrechnung und vieles mehr. In der Anfangszeit von SAP war in den meisten Unternehmen eine Tagesendverarbeitung üblich. Die Tagesendverarbeitung hatte jedoch zur Folge, dass Buchungsprüfungen erst spät nach der Datenerfassung erfolgten und anschließend eine Fehlermappe für Korrekturen erstellt wurde. Die abgehefteten physischen Belege mussten für diesen Zweck ein weiteres Mal bemüht werden – ein zusätzlicher manueller Arbeitsschritt. Nur mit einer Echtzeitverarbeitung war aber ein Belegprinzip sinnvoll anwendbar. Das Belegprinzip besteht darin, einen Buchungsbeleg möglichst immer nur einmal betrachten zu müssen. Sind zu diesem Zeitpunkt alle Informationen korrekt, kann dieser elektronisch gebucht und der physische Beleg abgeheftet werden. Selbst heute gibt es am Markt noch Softwarelösungen, die eine Echtzeitverarbeitung und das Belegprinzip nicht vollständig beherrschen. Dort werden Buchungsbelege mit einem periodischen Job alle fünf bis zehn Minuten zur Überprüfung und Verarbeitung herangezogen. Wenn Sie heute im SAP-System bei der Erfassung einer Eingangsrechnung direkt auf einen Fehler in der Zusatzkontierung »Kosten- 21 Tagesendverarbeitung und Fehlermappen 1 Überblick stelle« hingewiesen werden, liegt das an dem immer noch gültigen Prinzip der Echtzeitverarbeitung. Verschiedene Module In der Hauptbuchhaltung (FI-GL) laufen die gesammelten Zahlen aus allen Nebenbüchern zusammen. Auf dieser Grundlage werden Bilanzen erstellt. Die Debitorenbuchhaltung (FI-AR, Accounts Receivable) ist in Echtzeit an das Hauptbuch angeschlossen und ermöglicht ein Forderungsmanagement auf Kunden- und Einzelpostenebene. Neue Geschäfte werden in Form von Rechnungen vom Vertriebsmodul SD (Sales and Distribution) direkt übergeben. FI-AP (Accounts Payable), die Kreditorenbuchhaltung, verwaltet die Lieferanten und damit Verbindlichkeiten eines Unternehmens. Ist das Einkaufsmodul MM (Materialmanagement) im Einsatz, können neue Eingangsrechnungen direkt gegen Bestellungen und Wareneingänge geprüft werden. Bei der Bankbuchhaltung FI-BL (Bank Ledger) handelt es sich um ein »unechtes Nebenbuch«. Bankkonten werden über das Hauptbuch abgebildet, lediglich das Kassenbuch hat hier den Charakter einer kleinen Nebenbuchhaltung. Das Modul CO (Controlling) ist um einiges vielschichtiger, als die Module der Finanzbuchhaltung hier skizziert wurden. Es wird in diesem Bereich nochmals zwischen Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung unterschieden. Die wichtigsten CO-Komponenten sind: 왘 CO-OM – Gemeinkostenrechnung (Overhead Cost Management) 왘 CO-PC – Produktkostenrechnung (Product Costing) 왘 CO-PA – Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (Profitability Analysis) Der Themenkomplex Controlling wird in diesem Buch nicht weiter behandelt. Für eine Vertiefung empfehlen wir Ihnen das Buch »Praxishandbuch SAP-Controlling« von Uwe Brück (SAP PRESS). Gemeinsame Stammdaten Den verschiedenen Modulen liegt jeweils eine gemeinsame Datenbank zugrunde. Der wesentliche Vorteil dieser gemeinsamen Datenbasis besteht darin, dass z.B. Kundenstammdaten für die Module FI und SD nur einmal vorgehalten werden müssen. Das Gleiche gilt für den Einkaufsprozess und die Lieferantendaten für die Module FI und MM. Insbesondere für Prozessschritte, die an den Grenzen der jeweiligen Abteilungen erfolgen, wie etwa eine Kreditlimitprüfung oder die Prüfung von Eingangsrechnungen, ist diese gemeinsame Architektur von Vorteil. 22 Integration 1.3 Das Belegprinzip sorgt dafür, dass die Informationen von allen relevanten Modulen in Echtzeit geprüft und anschließend zur Verfügung gestellt werden. Damit verfügt das Controlling unmittelbar über Informationen zu Erlös- und Aufwandspositionen. Das Gleiche gilt für die Bankbuchhaltung, in der zukünftige Geldmittelabflüsse aus Bestellanforderungen, Bestellungen und Kreditoren sowie zukünftige Geldmittelzuflüsse aus Aufträgen und Fakturen in Echtzeit vorliegen. Dieser Integrationsaspekt wird in diesem Buch in den jeweiligen Kapiteln zur Debitoren-, Kreditoren- und Bankbuchhaltung ausführlich beschrieben. 1.3 Integration Als SAP-Anwender können Sie innerhalb einer einheitlichen Benutzeroberfläche Funktionen in Finanzwesen, Einkauf, Verkauf oder Controlling aufrufen – vorausgesetzt, die notwendigen Benutzerberechtigungen liegen vor. Dieser Umstand ist einer der wichtigsten Vorteile eines integrierten Systems. Im konkreten Anwendungsfall ist er hilfreich, um den Belegfluss zu verfolgen, indem z.B. ein Absprung aus der Fälligkeitsanalyse in die Debitorenbuchhaltung und anschließend in das Vertriebsmodul SD möglich ist. Ein ähnlicher Drilldown im Berichtswesen ist z.B. von der Liquiditätsübersicht in die Kreditorenbuchhaltung und anschließend in den Einkauf denkbar. Diese beiden Beispiele für Anwendungsfälle demonstrieren den Integrationsvorteil einer einheitlichen Benutzeroberfläche in Kombination mit dem internen Belegfluss. Andere Softwarelösungen, die mit »Datensilos« und Schnittstellen arbeiten, werden diese Möglichkeiten kaum bieten können. Einheitliche Benutzeroberfläche Das SAP-Produkt für das Rechnungswesen heißt nun SAP ERP Financials. Außer den Anwendungen für Finanzbuchhaltung und Controlling wird unter diesem Dach noch einiges mehr zusammengefasst. SAP ERP Financials umfasst die folgenden Bereiche: SAP ERP Financials 왘 Finanzwesen (FI) Mit FI können Sie alle buchhalterischen Daten verwalten und darstellen, Geschäftsvorfälle nach dem Belegprinzip aufzeichnen, einen integrierten Datenfluss ermöglichen, Buchhaltungsdaten in Echtzeit zur Verfügung stellen und automatische Buchungen im Hauptbuch vornehmen. All diese Bereiche sind Thema dieses Buches. 23 1 Überblick 왘 Controlling (CO) CO bietet Funktionen für die Koordination, Überwachung und Optimierung der unternehmerischen Aktivitäten. CO ist nicht nur mit FI, sondern auch eng mit den Produktions- und Logistikmodulen integriert, sodass alle Daten, die für die Kostenrechnung relevant sind, automatisch dort einfließen können. 왘 Forderungs- und Kreditmanagement Mithilfe von Funktionen für das Forderungs- und Kreditmanagement und der elektronischen Rechnungsabwicklung kann das Working Capital optimiert werden, indem Geldflüsse von der Bestellung bis zur Bezahlung sowie umgekehrt vom Auftragseingang bis zum Geldeingang überwacht und verbessert werden. Dafür stehen verschiedene Produkte zur Verfügung, von denen einige (Dispute, Collections und Credit Management sowie Biller Direct) auch Thema dieses Buches sind. (Die entsprechenden Funktionen wurden über einen langen Zeitraum unter dem Oberbegriff Financial Supply Chain Management (FSCM) eingeordnet, der auch teilweise aktuell noch im Anwendungsmenü enthalten ist. Inzwischen ist dieser Oberbegriff offiziell weggefallen, die darunter versammelten Funktionen bestehen aber fort.) 왘 Treasury Mit SAP Treasury and Risk Management werden Geschäfte an Kapitalmärkten sowie der interne und externe Zahlungsverkehr optimiert. Wertpapiere, Geld-, Devisen- und Derivatgeschäfte werden mit dem entsprechenden Nebenbuch abgedeckt. Das Praxishandbuch SAP-Finanzwesen beleuchtet einen kleinen Aspekt des Zahlungsverkehrs, nämlich das Thema SEPA und die SAPLösung Bank Communication Management. 1.3.1 Neuerungen in SAP ERP Financials (Release SAP ERP 6.0) Das Release SAP ERP 6.0 ist für neue SAP-Kunden das Startrelease und für Bestandskunden die Plattform für ein Zielrelease. Die vorliegende fünfte Auflage des Praxishandbuchs SAP-Finanzwesen basiert auf diesem Release und soll sowohl Grundkenntnisse im SAP-Finanzwesen vermitteln als auch Neuerungen von ERP 6.0 gegenüber dem Vorgängerrelease R/3 herausstellen. Was die Neuerungen anbelangt, sind im Wesentlichen die folgenden Funktionen zu nennen: 24 Integration 왘 Das neue Hauptbuch Die Erneuerung der Kernkomponente des Rechnungswesens ist sicherlich die größte Neuerung im ERP-Release. Kapitel 2, »Hauptbuchhaltung«, geht auf die grundsätzliche Rolle des klassischen Hauptbuchs FI-GL ein und stellt die Neuerung im Kontext dar. 왘 Accrual Engine Abgrenzungsbuchungen werden in Kapitel 7, »Abschlussarbeiten«, näher behandelt. Bisher konnten diese ausschließlich mit Dauerbuchungen erstellt werden. Die Accrual Engine bietet dazu eine neue Alternative. 왘 Intercompany-Abstimmung Geschäftsbeziehungen innerhalb einer Unternehmensgruppe erzeugen Intercompany-Buchungsbelege. Sie müssen im Rahmen der Abschlussarbeiten abgestimmt werden. Kapitel 7 stellt Ihnen die Neuerungen in diesem Bereich vor. 왘 Elektronische Umsatzsteuermeldung Eine kleine Neuerung bietet die elektronische Umsatzsteuermeldung. Bisher konnten ausschließlich Papierdokumente an die Behörden gesendet werden. Kapitel 7 beschreibt die Vorgehensweise des durchgängigen elektronischen Prozesses. 왘 Forderungsmanagement Das Forderungsmanagement – ehemals Teil von FSCM (Financial Supply Chain Management) – ist im SAP ERP-Release umfassend erneuert worden. Mit neuen Lösungen zum Credit, Collections und Dispute Management sowie mit der Komponente Biller Direct kann der Geschäftsprozess besser unterstützt werden. Kapitel 4, »Debitorenbuchhaltung«, zeigt hier die Potenziale. 왘 Bankenkommunikation Diese neue Lösung ermöglicht einen direkten Austausch der Zahlungsträgerdateien bzw. Kontoauszüge mit den jeweiligen Hausbanken. Details dazu liefert Kapitel 6, »Bankbuchhaltung«. 왘 Möglichkeit eines Self-Services für die Anlageninventur Dieses Szenario wurde für SAP Deutschland entworfen und dient als Beispiel dafür, was mit der neuen Basisinfrastruktur SAP NetWeaver alles möglich ist. Kapitel 7, »Abschlussarbeiten«, bietet Ihnen davon einen Eindruck. 왘 Verbesserungen im Abschreibungslauf und im periodischen Bestandsbucher Diese Neuerung ist für den Anwender nicht auf den ersten Blick 25 1.3 1 Überblick ersichtlich, weil hier die Laufzeit der Programme mit einer neuen Architektur optimiert worden ist. Kapitel 7 schildert den Prozessschritt Abschreibungslauf. 왘 Arbeitsvorrat für die Wechselkurspflege Um die Wechselkurspflege zu erleichtern, wurde die Möglichkeit geschaffen, mit Arbeitsvorräten zu arbeiten. In Kapitel 7 wird das anhand eines Beispiels bei der Fremdwährungsbewertung geschildert. In den einzelnen Kapiteln dieses Praxishandbuchs wird jeweils ausführlich Bezug auf diese hier kurz angerissenen Neuerungen genommen. Sie stehen jedoch exemplarisch für das, was sich in SAP ERP Financials insgesamt geändert hat. Einen wesentlich detaillierteren Überblick über SAP ERP Financials erhalten Sie mit dem ERP Solution Browser. Das technische Tool ist im Internet unter www.sapsolutionbrowser.com frei erhältlich und nicht nur auf den Applikationsbereich Financials beschränkt. Abbildung 1.2 illustriert die Möglichkeiten des Tools. Auf der linken Seite geben Sie das Startrelease und anschließend das Zielrelease ein. Mit der Einschränkung auf die gewünschte Applikation werden Delta-Funktionen aufgelistet. Abbildung 1.2 ERP Solution Browser 26 Integration Ein zusätzlicher Detaillierungsgrad zeigt die funktionale Beschreibung, gepaart mit dem betriebswirtschaftlichen Nutzen (siehe Abbildung 1.3). Solution Browser Abbildung 1.3 Die Lösung im Detail Darüber hinausgehende Informationen bieten die Release Notes, die einige hundert Seiten umfassen. Im nächsten Abschnitt beschreiben wir kurz, was Sie bei einem Releasewechsel beachten sollten. 1.3.2 Releasewechsel Dank der Architektur der SAP-Lösung gibt es innerhalb eines Releases keine Versionsprobleme zwischen den einzelnen Modulen wie SD, MM, FI und CO, da sie in einer einheitlichen Version ausgeliefert werden. In der Vergangenheit waren Releasewechsel für Kunden immer große Projekte, für die viel Zeit und Geld investiert werden musste. Insbesondere eigene Programmierungen und Neuerungen erforderten Arbeitsaufwand. Häufig waren umfangreiche Tests, Anpassungen und Schulungen der Anwender notwendig. SAP-Releases Die bisherige Releasereihenfolge bei SAP in der jüngeren Vergangenheit lässt sich wie folgt darstellen: 왘 R/3 4.0 왘 R/3 4.5 27 1.3 Keine Versionsproblematik 1 Überblick 왘 R/3 4.6 왘 R/3 4.7 (auch R/3 Enterprise genannt) 왘 ERP 5.0 (ehemals mySAP ERP 2004 bzw. ECC 5.0 (Enterprise Core Component)) 왘 ERP 6.0 (ehemals mySAP ERP 2005 bzw. ECC 6.0) Stabiler Kern und Neuerungen Nicht selten wurden Releasewechsel wegen des hohen Investitionsvolumens aufgeschoben, selbst wenn einige neue Funktionen Prozessverbesserungen mit sich gebracht hätten. Es war aus Gesamtkostensicht um einiges günstiger, das eine oder andere Release einfach zu überspringen. Ein CIO brachte es mit dem folgenden Satz auf den Punkt: »Ihr [SAP] dürft mein ERP-Kernsystem alle fünf Jahre anfassen – und bitte sehr an einem Samstag.« Auf der anderen Seite möchten viele Firmenchefs häufig (jedes Quartal) verbesserte Prozesse haben – ein klassisches Spannungsfeld zwischen Stabilität auf der einen und dynamischer Veränderung/Verbesserung auf der anderen Seite, mit dem sich SAP konfrontiert sah. Ein weiteres Anliegen, das von SAP-Kunden in der Vergangenheit immer wieder vorgebracht wurde, betrifft funktionale Veränderungen innerhalb des ERP-Systems: Häufig sollte eine neue Funktion im Finanz- und Rechnungswesen genutzt werden, andere Neuerungen in den Bereichen Personalabrechnung, Einkauf oder Verkauf waren dagegen zuerst einmal nicht interessant. In der Vergangenheit wurden bei einem Releasewechsel neue Funktionen jedoch immer für alle Bereiche sichtbar und teilweise direkt aktiv. Diesen »Big-BangAnsatz« wollten die SAP-Kunden vermeiden. Stattdessen waren kleine Projekte mit jeweils berechenbaren Gegenüberstellungen der Projektkosten und des Prozessnutzens erwünscht. Eine Antwort auf diese zwei Dimensionen der Herausforderung sind die Erweiterungspakete (Enhancement Packages, EHPs). Der Kern bleibt stabil, und gleichzeitig wird es möglich, Prozessverbesserungen ohne Releasewechsel durchzuführen – kleine funktionale Verbesserungen in einem Themenbereich anstelle eines »Big Bangs« sind möglich. 1.3.3 Zweiter Anlauf Erweiterungspakete (EHPs) Die Idee eines stabilen Kerns und funktionaler Verbesserungen in Form von kleinen Paketen ist in der SAP-Welt nicht neu. Bereits in 28 Integration Release 4.7 gab es mit den Extension Sets einen ähnlichen Ansatz. Dieser Versuch war allerdings nicht erfolgreich, unter anderem weil die verschiedenen SAP-Branchenlösungen (etwa 27) zu Veränderungen des ERP-Kerns drängten. Darüber hinaus entstand zu diesem Zeitpunkt mit der neuen SAP-Basiskomponente SAP NetWeaver eine Infrastruktur, die ebenfalls berücksichtigt werden musste. Die Erfahrung aus dieser Zeit zeigt, dass es durchaus schwierig ist, einen Kern stabil zu halten und trotzdem Neuerungen zu entwickeln. Was die Erweiterungspakete angeht, sind die Rahmenbedingungen jedoch gut. Mit den Erweiterungspaketen werden bereits seit 2005 funktionale Erweiterungen zum ERP 6.0-Kern angeboten. Die EHPs 1 bis 6 stehen bereits allgemein zur Verfügung. Welches Release und welches Erweiterungspaket bei Ihnen zum Einsatz kommt, können Sie in der Menüleiste über System Status abfragen. Es erscheint dann ein zusätzliches kleines Fenster, in dem wie in Abbildung 1.4 die Releasenummer dargestellt wird. Im Beispiel sind das Release SAP ERP 6.0 und das Erweiterungspaket 6 (EHP 6) technisch vorhanden. Abbildung 1.4 Übersicht des Releases 29 Systemstatus 1.3 1 Überblick Weil funktionale Neuerungen thematisch gekapselt und zunächst inaktiv sind, müssen sie im Customizing aktiviert werden. Der Menüpfad Werkzeuge 폷 Customizing 폷 IMG Projektbearbeitung 폷 F5 폷 SAP Customizing Einführungsleitfaden 폷 Business Functions aktivieren führt zu den Business Function Sets, die die funktionalen Erweiterungen der im SAP-System technisch vorhandenen Erweiterungspakete repräsentieren. Die Aktivierung einzelner Business Functions generiert im SAP-System neue Customizing-Menüpfade, und die Neuerungen werden in der Anwendung sichtbar. Abbildung 1.5 Aktivierung der Erweiterungspakete Abhängigkeiten Aus Abbildung 1.5 geht ebenfalls hervor, dass es Abhängigkeiten zwischen den neuen Funktionen gibt. Neuerungen zum Hauptbuch sind etwa in den Erweiterungspaketen 2, 4 und 6 zu finden. EHP 6 baut jedoch auf 4 auf, weshalb nur eine gemeinsame Aktivierung sinnvoll ist. Mit dieser Technik ist es möglich, kleine überschaubare Projekte für die Einführung funktionaler Neuerungen durchzuführen. Der sonst übliche »Big-Bang-Ansatz« gehört damit der Vergangenheit an. Trotz dieser technischen Neuerung bedarf es der im Projekt üblichen Vorgehensweise aus Konzeption, Konfiguration, Test und Produktivsetzung. Die Erweiterungspakete legen den Grundstein für eine auch zukünftig lange bestehende Softwaregeneration. Im nächsten Abschnitt gehen wir kurz auf die Wartungsstrategien von SAP ein. 30 Fazit 1.3.4 Wartungsstrategie Damit die Kunden für das SAP ERP-Release Planungssicherheit haben, gibt es bereits lange im Voraus eine Zusage von SAP, wie lange für die Lösung eine Wartung garantiert wird (siehe auch unter http://service.sap.com/releasestrategy). Insbesondere für die Veränderung der Software im Hinblick auf gesetzliche Vorgaben ist diese Aussage wichtig. Aktuell stellt sich die Situation so wie in Abbildung 1.6 dar. Abbildung 1.6 Wartungsstrategie (Quelle: SAP) Die Wartung wurde von Dezember 2015 auf das Jahr 2020 verlängert. Das bedeutet, SAP entwickelt die Software im Hinblick auf gesetzliche Anforderungen weiter. In Hinweis 1648480 wird dieser Zusammenhang ausführlich beschrieben. 1.4 Fazit Als aktuelle Standortbestimmung kann es nicht schaden, die Vergangenheit in einem Kurzdurchlauf Revue passieren zu lassen. Der Leitspruch »Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen« ist sicherlich für viele Lebenslagen gültig. Im Kontext von SAP ERP bzw. der SAP-Lösung für das Finanz- und Rechnungswesen fällt es mit Kenntnissen über die Vergangenheit leichter, die eigene aktuelle Situation zu verstehen und – fast noch wichtiger – diese auch zu bewerten. Software ist ein langlebiges Investitionsgut. Das Release 31 1.4 1 Überblick SAP ERP 6.0 ist das empfohlene Zielrelease für Upgrades und dient als Ausgangspunkt für funktionale Erweiterungspakete. Alle diese Neuerungen sind in die fünfte Auflage des Praxishandbuchs Finanzwesen eingearbeitet worden. Der Themenschwerpunkt der nächsten Kapitel liegt auf den Funktionen der Haupt-, Kreditoren-, Debitoren- und Anlagenbuchhaltung sowie auf den periodischen Abschlussarbeiten. 32 Die Hauptbuchhaltung bildet das Herzstück des Finanz- und Rechnungswesens. Es gibt eine zentrale Möglichkeit, dieses Element auszuprägen – das neue Hauptbuch. 2 Hauptbuchhaltung Dieses Kapitel behandelt die betriebswirtschaftlichen Grundlagen der Hauptbuchhaltung und beschreibt die SAP-Komponente FI-GL (General Ledger). Viele Organisationsbegriffe wie Mandant, Buchungsund Kostenrechnungskreis, Geschäftsbereich oder Kontenplan werden grundsätzlich erklärt und in einen Gesamtzusammenhang gebracht. Da der Aufbau einer funktionierenden Buchhaltung stark von den Ausprägungen der Stamm- und Belegdaten abhängt, werden auch diesem Thema einige Abschnitte gewidmet. Die wesentliche Neuerung in Release SAP ERP 6.0 besteht im neuen Hauptbuch. Was sich genau hinter diesem Themenkomplex verbirgt und für welche Firmen der Einsatz des neuen Hauptbuchs lohnenswert ist, wird in einem separaten Abschnitt näher beleuchtet. 2.1 Grundlagen Im zentralen Bereich Rechnungswesen werden im SAP-System die buchhalterisch relevanten Daten eines Unternehmens erfasst, gesteuert, verteilt und dokumentiert. Innerhalb des Rechnungswesens wird zwischen einem externen Rechnungskreis (SAP-Modul Financials, FI) und einem internen Rechnungskreis (SAP-Modul Controlling, CO) unterschieden. Der externe Rechnungskreis umfasst die Haupt- und Geschäftsbuchhaltung mit den gesetzlich vorgeschriebenen Nebenbüchern, und der interne Rechnungskreis beinhaltet die Kosten- und Leistungsrechnung. Die beiden Bereiche Finanzbuchhaltung (Buchführung) und Kosten- und Leistungsrechnung werden oft durch die Bereiche Statistik und Planung ergänzt. 33 Externes/internes Rechnungswesen 2 Hauptbuchhaltung 2.1.1 Kosten- und Leistungsrechnung Die Buchführung versorgt die Kosten- und Leistungsrechnung mit den relevanten Aufwands- und Erlösbuchungen. Die Kosten- und Leistungsrechnung ergänzt dieses Datenmaterial um kalkulatorische Wertansätze und Verrechnungen, die ebenfalls auf den Sachkonten eines gemeinsam genutzten Kontenplans zu buchen sind. Damit lassen sich im SAP-System das Controlling mit allen Einzelvorgängen und die Hauptbuchhaltung aufeinander abstimmen. Die Statistik liefert betriebliche Auswertungen durch Vergleichsrechnungen gegenüber früheren Perioden oder Unternehmen der gleichen Branche. Sie dient als Basis für die Planung des Unternehmensgeschehens, um eine Entscheidungsgrundlage für die Zukunft zu erhalten. Integration von Buchhaltung und Kostenrechnung Die Integration von Buchhaltung und Kostenrechnung wird durch folgende Instrumente gewährleistet: 왘 gemeinsamer Kontenplan 왘 durchgängiges Belegprinzip mit Einzelbelegbuchung nach dem Realtime-Prinzip 왘 parallele Kontierungsmerkmale für die Haupt- und Nebenbücher sowie die Kosten- und Leistungsrechnung 왘 Abstimmungen hinsichtlich periodischer und vorgangsbezogener Belege und Summen 왘 wechselseitiger Verrechnungsfluss von Haupt- und Nebenbuchhaltung in die Systeme der Kosten- und Leistungsrechnung Dabei bestehen besonders enge Beziehungen zwischen: 왘 der Hauptbuchhaltung (Sachkontenbuchhaltung, Aufwendungen) und dem Gemeinkostencontrolling 왘 der Anlagenbuchhaltung und dem Projektcontrolling (Investitionsmanagement) 왘 der Materialbuchhaltung und dem Produktcontrolling 왘 der Ergebnisrechnung mit allen Buchhaltungssystemen Dieses Buch legt seinen Schwerpunkt auf die Finanzbuchhaltung (das externe Rechnungswesen), deren Aufgaben und Entwicklung im nächsten Abschnitt erläutert werden. 34 Grundlagen 2.1.2 2.1 Ziele der Hauptbuchhaltung Die zentrale Aufgabe der Hauptbuchhaltung ist die Gesamtdarstellung des externen Rechnungswesens und damit der Konten. Die Aufnahme und Sammlung aller Geschäftsvorfälle (etwa Primärbuchungen oder Abrechnungen aus dem internen Rechnungswesen) in ein betriebswirtschaftlich integriertes Softwaresystem garantiert zu jedem Zeitpunkt, dass die Kontenführung vollständig und abgestimmt ist. Das Hauptbuch gilt als ganzheitlicher Nachweis aller Geschäftsvorfälle. Es stellt die zentrale und aktuelle Komponente der Rechnungslegung dar. Der Nachweis der einzelnen Vorgänge ist in Echtzeit aktuell zu jedem Zeitpunkt über Belege, Einzelposten und Verkehrszahlen auf unterschiedlichen Ebenen verfügbar, z.B.: Vorgänge in Echtzeit 왘 Kontenführung 왘 Journalschreibung 왘 Summen/Saldenverkehrszahlen 왘 Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) Zentrale Größe des Rechnungswesens ist die Bilanz, eine kurz gefasste Übersicht über Vermögen und Schulden eines Unternehmens. Die Bilanz gibt Auskunft über die in Geld gemessene Größe, Art und Zusammensetzung des Vermögens eines Unternehmens zu einem genau bestimmten Zeitpunkt und stellt fest, mit wie viel eigenem und fremdem Kapital das Vermögen finanziert worden ist. Zu Beginn eines Geschäftsjahres wird die Bilanz in die einzelnen Bestandskonten aufgelöst. Diese dienen zur fortlaufenden und übersichtlichen Einzelabrechnung jeder Bilanzposition. 2.1.3 Bilanz Konfiguration des Systems In der Einführungsphase muss zunächst im Rahmen der Systemkonfiguration (Customizing) das ausgelieferte SAP-Standardsystem an die speziellen Belange des Kunden angepasst werden. Die interne Organisation des SAP-Kunden und die vorgedachten Strukturen im SAP-System müssen in diesem Prozess in Einklang gebracht werden. Dies betrifft zum einen die statische Gliederung des Unternehmens und zum anderen die Funktionen des SAP-Systems, mit denen die im Unternehmen vorhandenen betrieblichen Abläufe automatisiert werden können. Bei der kundenspezifischen Anpassung eines SAPSystems werden hauptsächlich die Inhalte der Tabellen eingestellt, 35 Systemkonfiguration bzw. Customizing 2 Hauptbuchhaltung die im SAP-System steuernde Funktionen haben. Eine Änderung der Standardprogramme mittels Programmierung wird vermieden. SAP-Ordnungsbegriffe Zentrale Ordnungsbegriffe eines SAP-Systems sind aus der Sicht der Finanzbuchhaltung der Mandant (in der Regel die Konzernebene), der Kontenplan und der Buchungskreis (in der Regel die Ebene des Einzelunternehmens). Bei Einsatz des SAP-Moduls CO (Controlling) kommt außerdem die Organisationseinheit Kostenrechnungskreis hinzu, in der die Belange der Kosten- und Leistungsrechnung und damit alle innerbetrieblichen Geschäftsvorfälle abgebildet sind. 2.1.4 Mandant Der Mandant ist die höchste Hierarchieebene im SAP-System. Jeder Mandant ist eine in sich abgeschlossene Einheit mit getrennten Stammsätzen und einem vollständigen Satz von Tabellen. Alle Eingaben werden getrennt nach Mandanten gespeichert, um die Einhaltung einheitlicher Verarbeitungsregeln zu gewährleisten. Ein Mandant ist demnach eine systemtechnische Nutzungseinheit der SAP-Software. Die Verarbeitung und Auswertung der Daten sind nur innerhalb eines Mandanten durchführbar. So ist es beispielsweise nicht möglich, Debitoren verschiedener Mandanten in einem Mahnlauf auszuwerten. Festlegungen, die auf Mandantenebene getroffen werden, gelten für alle Organisationsstrukturen dieses Mandanten (Buchungskreise, Geschäftsbereiche etc.). Die Zugangsberechtigung wird getrennt nach Mandanten vergeben. Damit ein Benutzer in einem Mandanten arbeiten kann, muss innerhalb des Mandanten ein Benutzerstammsatz angelegt werden. 2.1.5 Kontonummer und Bezeichnung Kontenplan Der Kontenplan ist ein systematisch gegliedertes Verzeichnis aller Sachkontenstammsätze, die in einem oder mehreren Buchungskreisen benötigt werden. Der Kontenplan enthält zu jedem Sachkontenstammsatz die Kontonummer, die Kontenbezeichnung sowie steuernde Informationen. Man kann innerhalb eines Mandanten beliebig viele Kontenpläne verwenden. Dies ist etwa dann notwendig, wenn die Buchungskreise unterschiedlichen Branchen oder Nationalitäten angehören. Die Kontenpläne, die innerhalb eines Mandanten verwendet werden, bilden das Kontenplanverzeichnis. 36 Grundlagen 2.1.6 Buchungskreis Ein Buchungskreis ist die kleinste organisatorische Einheit, für die eine vollständige, in sich abgeschlossene Buchhaltung abgebildet werden kann. Dies beinhaltet die Erfassung aller buchungspflichtigen Ereignisse und die Erstellung aller Nachweise für einen gesetzlichen Einzelabschluss (Bilanz und GuV) und das Meldewesen. Ein Buchungskreis ist also eine selbstständig bilanzierende Einheit. Für einen Mandanten können fast beliebig viele Buchungskreise eingerichtet werden. Jedem Buchungskreis muss dabei genau ein operativer Kontenplan zugeordnet werden, der von mehreren Buchungskreisen verwendet werden kann. 2.1.7 Ebene des Einzelabschlusses Geschäftsbereich Ein Geschäftsbereich ist eine organisatorische Einheit innerhalb eines Mandanten, die keinen rechtlichen Bestimmungen unterliegt. Er beschreibt einen abgegrenzten Aufgaben- oder Verantwortungsbereich im Unternehmen. Geschäftsbereiche sind nur für interne Zwecke geeignet, insbesondere zur Auswertung und Analyse interner Daten. Vor allem der Geschäftsbereich als Ebene der Finanzbuchführung bildet eine nicht selbstständige organisatorische Einheit innerhalb eines Mandanten. Damit ist es möglich, alle Verkehrszahlen und Ergebnisse (Bilanz und GuV) je Geschäftsbereich zu speichern, zu verwalten und auszuwerten. Aufgrund interner Verrechnungen sind Sie mithilfe der Geschäftsbereiche in der Lage, beliebige Ergebnisebenen (Sparten, Werke, Verkaufsorganisationen etc.) nach betriebswirtschaftlich relevanten Inhalten gegliedert abzubilden. 2.1.8 2.1 Aufgaben- oder Verantwortungsbereich Profit-Center Profit-Center stellen eine managementorientierte Einteilung des Unternehmens dar und dienen somit der internen Steuerung, d.h. dem Verkauf und Bezug von Leistungen anderer Abteilungen. Eine weitere wichtige Aufgabe der Profit-Center-Rechnung ist die Ermittlung bestimmter Kennzahlen (Return on Investment, Cashflow, Working Capital). Auf Profit-Center werden Ergebnisse ausgewiesen, die nach dem Umsatz- und/oder Gesamtkostenverfahren ermittelt werden. Die kosten- und erlösführenden Objekte des Systems (Innenauftrag, Kundenauftrag, Ergebnisobjekt, Anlage, Kostenstelle) werden jeweils genau einem Profit-Center zugeordnet. Mithilfe einer Zusatz- 37 Firma in der Firma 2 Hauptbuchhaltung kontierung bei der Belegerfassung wird jeder ergebnisrelevante Geschäftsvorfall auf das zugehörige Profit-Center abgebildet. Falls ein Kontierungsobjekt nicht zugeordnet ist, werden die entsprechenden Kosten und Erlöse innerhalb der Profit-Center-Rechnung auf das sogenannte Dummy-Profit-Center gebucht, das wie jedes reale ProfitCenter im SAP-System als Stammsatz vorhanden sein muss. 2.1.9 Strukturierung des Controllings Kostenrechnungskreis Ein Kostenrechnungskreis ist die organisatorische Einheit innerhalb eines Unternehmens, für die eine vollständige, in sich geschlossene Kostenrechnung durchgeführt werden kann. Der Kostenrechnungskreis strukturiert ein Unternehmen aus der Sicht des Controllings. Das Controlling versteht sich als Führungsfunktion mit der Aufgabe, die Entscheidungsträger des Unternehmens mit Informationen zu versorgen. Dabei geht es im Wesentlichen um die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, meistens gegliedert nach folgenden Verantwortungsbereichen: 왘 Planung und Kontrolle der Kosten 왘 Planung und Kontrolle der Ergebnisentwicklung 왘 Ermittlung der Kostenkalkulation Im Gegensatz zur Finanzbuchhaltung, für die restriktive gesetzliche Vorlagen gelten, ist das interne Rechnungswesen frei von äußeren Regeln. Da die Kostenrechnung nach den Vorstellungen der Unternehmensführung aufgebaut werden kann, ist es möglich, den speziellen Gegebenheiten und Anforderungen eines Unternehmens Rechnung zu tragen. Um eine Datenübernahme in Echtzeit aus der Finanzbuchhaltung zu gewährleisten, muss jeder Kostenrechnungskreis mindestens einem Buchungskreis zugeordnet sein. Dabei gilt Folgendes: 왘 Die Buchungskreise und der Kostenrechnungskreis verwenden denselben operativen Kontenplan. 왘 Falls die Buchungskreise mit verschiedenen Währungen arbeiten, verwenden die Objekte eines Buchungskreises die Buchungskreiswährung als Objektwährung. Innerhalb des Kostenrechnungskreises wird das Unternehmen in einzelne Verantwortungsbereiche gegliedert. Innerhalb des SAP-Systems sind dies folgende Verantwortungsbereiche: 38 SAP-Komponente FI-GL 2.2 왘 Kostenstelle 왘 Einhaltung eines Kostenbudgets (Kostenkontrolle) 왘 Profit-Center 왘 betriebswirtschaftlicher Erfolg 왘 Investment-Center 왘 Investitionsrahmen (Profit-Center mit Vermögen) Diese allgemeinen Strukturen und Aufgaben des Rechnungswesens müssen im Kontext der SAP-Komponente FI-GL abgebildet werden. 2.2 SAP-Komponente FI-GL Die Komponente für die Hauptbuchhaltung, FI-GL (General Ledger), kann in den seltensten Fällen isoliert betrachtet werden. Die Werteflüsse mit Beteiligung der Hauptbuchhaltung beginnen z. B. in anderen SAP-Komponenten wie MM (Materials Management, Materialwirtschaft), SD (Sales and Distribution, Vertrieb) oder PP (Produktionsplanung). Darüber hinaus bedient das Hauptbuch das Controlling mit Werten. Beispielhaft sollen einige Sachverhalte im Folgenden kurz dargestellt werden: 왘 Wareneingang/Rechnungseingang (MM) Im Einkaufsprozess erhält man nach einer Bestellung in der Regel zunächst die angeforderte Ware, was zu einer Erhöhung des Materialbestands führt. Entsprechend wird im Hauptbuch auf dem Materialbestandskonto eine Mitbuchung durchgeführt (Kontenfindung im Materialstamm). Die Gegenbuchung erfolgt auf dem Wareneingangs-/Rechnungseingangskonto (WE/RE), das bei Eingang der Rechnung durch das Verbuchen der Verbindlichkeit auf dem Lieferantenkonto wieder ausgeglichen wird. 왘 Warenausgang/Rechnungsausgang (SD) Analog verläuft der Verkaufsprozess »Warenausgang und Rechnungsausgang« in der Debitorenbuchhaltung. Auch hier empfängt die Hauptbuchhaltung nach der Erfassung des Kundenauftrags und der Auslieferung der Ware lediglich Werte aus den angeschlossenen Modulen. 왘 Anlagenzugang aus der Anlagenbuchhaltung (FI-AA) Beim Kauf eines Wirtschaftsgutes bzw. einer Anlage von einem Lieferanten erstellt das SAP-System eine Buchung mit einigen au- 39 Werteflüsse im SAP-System Einkaufsprozess Verkaufsprozess Anlagenbuchhaltung 2 Hauptbuchhaltung tomatisch abgeleiteten Buchungszeilen. Das über den Kontenfindungsschlüssel im Stammsatz des Anlagegutes bestimmte Bestandskonto (Klasse 0) erhöht seinen Wert um den durch den Lieferanten in Rechnung gestellten Betrag. Die Gegenbuchung erfolgt auf dem Kreditorenkonto und parallel dazu auf dem im Kreditorenstammsatz hinterlegten Verbindlichkeitskonto (Abstimmkonto, siehe Abschnitt 2.3.3, »Sachkontenpflege des Buchungskreissegments«). Produktionsplanung 왘 Abrechnung eines Fertigungsauftrags aus der Produktionsplanung (PP) Die Abrechnung eines Fertigungsauftrags gestaltet sich im SAP-System wie bei allen Auftragsarten nach einer bestimmten Logik. Die auf dem Fertigungsauftrag gesammelten Kosten werden nach einer hinterlegten Systematik zusammengefasst und anhand einer festgelegten Regel weiterverrechnet. Dabei wird der Fertigungsauftrag über die primäre Kostenart »Fabrikleistung« entlastet, entsprechend erhöht die Abrechnung den Bestand an »Fertigerzeugnissen«. 왘 Werteflüsse in das Controlling (CO) Werteflüsse, die ausgehend von der Hauptbuchhaltung in andere Module bzw. Komponenten fließen, werden anhand der Beispiele »Materialentnahme mit Kostenstellenbuchung« und »Abschreibungen aus der Anlagenbuchhaltung« näher erläutert. 왘 Materialentnahme durch Kostenstelle Bei der Erfassung einer Materialentnahme verrechnet das SAPSystem Mengen und Werte zwischen verschiedenen Objekten. Im Stammsatz des Materials ist ein Preis hinterlegt, der zur Bewertung einer Materialbewegung herangezogen wird (in der Regel der Standardpreis). Bei der Erfassung einer Materialentnahme muss man die Materialnummer sowie die entnommene Menge angeben. Der Wert der Materialbewegung berechnet sich als Produkt aus der Menge mit dem hinterlegten Preis des Materials. Im SAP-System wird nun der Wert des Materialbestands entsprechend reduziert und eine Mitbuchung auf dem Materialbestandskonto ausgeführt. Die Gegenbuchung erfolgt auf einer primären Kostenart (Sachkonto in FI), die zwingend eine Zusatzkontierung auf einem CO-Objekt erfordert. Zusatzkontierung 왘 Abschreibungen aus der Anlagenbuchhaltung Auch bei Buchungen von Abschreibungen innerhalb der Anlagenbuchhaltung werden Werte, ausgehend von der Finanzbuch- Wertberichtigungskonto 40 Stammdaten 2.3 haltung, an das Controlling übermittelt. In diesem Beispiel werden zwei Bewertungsbereiche betrachtet: zum einen der handelsrechtliche und zum anderen der kalkulatorische Wertansatz. Bei der indirekten Methode bucht man (im Gegensatz zur direkten Methode) die handelsrechtliche Abschreibung nicht direkt auf dem Bestandskonto, auf dem der Zugang gebucht wurde, sondern man bucht die Abschreibung indirekt auf dem sogenannten Wertberichtigungskonto, das ebenfalls als Bestandskonto geführt wird. Die Gegenbuchung erfolgt auf einem neutralen Aufwandskonto (Erfolgskonto). Dadurch ist gewährleistet, dass der Bestandswert der Anlage reduziert wird und der entsprechende Betrag in die GuV fließt. Die kalkulatorische Abschreibung bucht man auf einer primären Kostenart. Dies führt dazu, dass der jeweilige Betrag über eine Zusatzkontierung (CO-Objekt) in die Kostenrechnung übermittelt wird. Die Gegenbuchung erfolgt auf dem Erfolgskonto »Wertberichtigung«. Da die beiden betroffenen Konten Erfolgskonten sind, bleibt die kalkulatorische Abschreibung kostenneutral. Wie auch immer die Werteströme ins Hauptbuch sein mögen: Die Komponente FI-GL bildet auf der Ebene des Einzelabschlusses den Kern des Rechnungswesens. Mit dem neuen Hauptbuch, das mit SAP ERP eingeführt wurde, bietet sich eine zweite Alternative, wie man die Hauptbuchhaltung organisieren kann. Nähere Ausführungen dazu finden Sie in Abschnitt 2.6, »Das neue Hauptbuch in SAP ERP Financials«. Unabhängig davon, ob das klassische oder das neue Hauptbuch im SAP-System zum Einsatz kommt, sieht die Definition der Stammdaten bzw. die Durchführung manueller Buchungen zu 99% identisch aus. 2.3 Neues Hauptbuch Stammdaten Die Finanzbuchhaltung verwendet Sachkonten zur buchhalterischen Abbildung von Geschäftsvorfällen. Dabei unterscheidet man zwischen Bestands- und Erfolgskonten. Auf Bestandskonten werden die Zu- und Abgänge eines Bestands geführt, sie werden am Geschäftsjahresende über die Bilanz abgeschlossen. Der Saldo eines Bestandskontos wird zum Geschäftsjahreswechsel auf sich selbst vorgetragen. Auf Erfolgskonten werden dagegen die Aufwendungen und Erträge 41 Bestands- und Erfolgskonten In der Anlagenbuchhaltung werden Wirtschaftsgüter verwaltet, die dem Unternehmen für die Wertschöpfung dauerhaft zur Verfügung stehen. Dieses Kapitel beschreibt Programme von SAP ERP Financials für die effiziente und transparente Organisation der Anlagenverwaltung. 5 Anlagenbuchhaltung Dieses Kapitel behandelt zum einen die betriebswirtschaftlichen Grundlagen der Anlagenbuchhaltung und beschreibt zum anderen das SAP-Nebenbuch FI-AA (Asset Accounting, Anlagenbuchhaltung). Neben der Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung handelt es sich bei der Anlagenbuchhaltung um eines der wichtigsten Nebenbücher. Je anlagenintensiver ein Unternehmen ist, desto größer ist die Bedeutung von FI-AA. Sachanlagen werden nicht nur mit ihrem physischen Standort, sondern auch wertmäßig verwaltet. Eine Bewertung der Wirtschaftsgüter erfolgt neben lokalen Rechnungslegungsvorschriften häufig auch nach IFRS oder US-GAAP. Dem Abschreibungslauf und damit der parallelen Bewertung kommt in diesem Kontext eine Hauptfunktion innerhalb der Anlagenbuchhaltung zu. Als besondere Neuerung in Release SAP ERP 6.0 ist das Programm für den Abschreibungslauf zu nennen, das in Kapitel 7, »Abschlussarbeiten«, näher beschrieben ist. 5.1 Betriebswirtschaftliche Grundlagen Das Anlagevermögen lässt sich in Sachanlagen, immaterielle Anlagen und Finanzanlagen unterteilen. Sachanlagen sind langfristig im Unternehmen befindliche Wirtschaftsgüter (Gebäude, Maschinen etc.). Zu den immateriellen Sachanlagen gehören Patente und Konzessionen. Finanzanlagen sind Beteiligungen an anderen Unternehmen, langfristig gehaltene Wertpapiere und langfristige Darlehens- und Hypothekenforderungen. Die klassische Anlagenbuchhaltung umfasst den gesamten Lebenslauf der Anlagen von der Bestellung oder dem ersten 299 Abbildung von Sachanlagen 5 Anlagenbuchhaltung Zugang (der gegebenenfalls noch als »Anlage im Bau« (AiB) geführt wird) bis zum Abgang. Zwischen diesen beiden Zeitpunkten werden die Werte für Abschreibungen, Zinsen, Versicherung und andere Zwecke weitgehend automatisch errechnet und in vielfältiger Form im Informationssystem zur Verfügung gestellt. Eine Auswertung ermöglicht die Abschreibungsvorausschau und Simulation der Wertentwicklung im Anlagevermögen. Landesversionen Die Komponente FI-AA ist für den internationalen Einsatz in vielen Ländern konzipiert und branchenunabhängig ausgelegt. Dies bedeutet z.B., dass keine landesspezifischen Bewertungsvorschriften fest programmiert sind. Insbesondere wenn es um Abschreibungen geht, ist dies ein Vorteil. Parallele Wertansätze nach lokalen und internationalen Vorschriften im Bereich der Abschreibungen sind heute Standard. Die Kriterien zur Aktivierung eines Vermögensgegenstands nach lokalen Vorschriften und die Aktivierungskriterien eines Vermögenswertes nach IAS entsprechen einander im überwiegenden Teil der Fälle, sodass es, bis auf wenige Ausnahmen beim immateriellen Vermögen, keine relevanten (praktischen) Unterschiede zwischen den Aktivierungsvoraussetzungen gibt. Zentrale Aufgabe bei der Einführung eines SAP-Systems ist es, die Organisation und die Strukturen des Unternehmens im System abzubilden. Die Organisationsstrukturen sind im SAP-System nach den Bereichen eines Unternehmens gegliedert und können unabhängig voneinander definiert werden. Die Integration des SAP-Systems bedingt jedoch eine Zuordnung der einzelnen Bereiche und deren Organisationsstrukturen zueinander. Im nächsten Abschnitt werden die Organisationseinheiten der Komponente FI-AA und deren Zuordnungen beschrieben. 5.2 Integrationsaspekte SAP-Softwarekomponente FI-AA Die SAP-Komponente für die Anlagenbuchhaltung FI-AA dient innerhalb des SAP-Systems der Verwaltung und Überwachung des Sachanlagevermögens. Im Rahmen der vielfältigen Integrationsbeziehungen des SAP-Systems werden Daten sowohl von anderen Systemen direkt in die Anlagenbuchhaltung übernommen als auch von der Anlagenbuchhaltung an andere Systeme weitergegeben. So ist es etwa beim Kauf von Anlagen möglich, den Rechnungs- und Wareneingang im SAP-Modul MM (Materials Management, Materialwirtschaft) direkt auf die Anlagen in der Komponente FI-AA zu kontieren. Abschreibun- 300 SAP-Softwarekomponente FI-AA 5.2 gen und Zinsen können direkt an die Finanzbuchhaltung (FI) und an die Kostenrechnung (CO) weitergegeben werden. Die Anlagenbuchhaltung wird ebenso wie die Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung als Nebenbuch der Finanzbuchhaltung behandelt. Damit die Komponente FI-AA alle gesetzlichen und buchhalterischen Anforderungen erfüllt, ist es notwendig, einige Organisationselemente zu definieren. 5.2.1 Kontenplan und Bewertungsplan Der Bewertungsplan fasst zulässige Bewertungen je Bewertungsbereich (lokales Recht, Steuerrecht, IAS etc.) zusammen. Dabei beschreibt der Bewertungsbereich den Rechenzweck. Der Bewertungsplan ist damit also ein nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgestelltes Verzeichnis von Bewertungsbereichen. Der Verweis eines Buchungskreises auf einen Bewertungsplan ist unabhängig vom Verweis auf einen Kontenplan. Jeder Buchungskreis verwendet genau einen Kontenplan und einen Bewertungsplan, wobei keine feste Beziehung zwischen Kontenplan und Bewertungsplan definiert wird. Dies bedeutet, dass mehrere Buchungskreise denselben Kontenplan nutzen können, obwohl sie auf unterschiedliche Bewertungspläne verweisen (und umgekehrt). Die Anlagenbuchhaltung bezieht sich auf die Buchungskreisdefinition in der Hauptbuchhaltung. Ein Buchungskreis muss dabei zunächst in FI eingerichtet werden. Anschließend wird dem Buchungskreis ein Bewertungsplan zugeordnet (siehe Abbildung 5.1). Im System können Sie mehrere Bewertungspläne für die Anlagenbuchhaltung definieren. In der Regel wird pro Land ein Bewertungsplan eingerichtet, den alle Buchungskreise des Landes verwenden. Diesen Bewertungsplan müssen Sie zunächst von dem Referenzbewertungsplan kopieren, der im System vorhanden ist. Folgende Objekte sind an einen Bewertungsplan gebunden: 왘 Bewertungsbereiche 왘 Investitionsfördermaßnahmen 왘 Abschreibungsschlüssel 왘 Charakteristika der Bewegungsarten SAP liefert als Referenz landestypische Bewertungspläne (Musterbewertungspläne), in denen die unterschiedlichen Bewertungsbereiche in maximaler Ausprägung gepflegt sind. 301 Zuordnung je Land 5 Anlagenbuchhaltung Abbildung 5.1 Definition von Bewertungsplänen 5.2.2 Bewertungsbereich Ein Bewertungsbereich dient der zweckgebundenen Bewertung des Anlagevermögens. In einem Bewertungsbereich sind alle Informationen hinterlegt, die die Bewertung des Wirtschaftsgutes betreffen. Die SAP-Komponente FI-AA bietet dabei folgende Möglichkeiten: 왘 Pro Anlage sind bis zu 99 Bewertungsbereiche nebeneinander verwendbar. 왘 Die Werte eines Bereichs können wahlweise in FI mitgebucht werden. 왘 Die Bewertungsbereiche sind frei verwendbar. Es gibt keine systembedingten Vorgaben. Parallele Bewertungen Für jeden Bewertungsbereich lassen sich alle Arten der Abschreibungs-, Zins- und Aufwertungsrechnung einsetzen. Unterschiedliche Bewertungsbereiche können die gleichen Werte und Abschreibungsparameter führen, diese aber in unterschiedlichen Währungen aus- 302 SAP-Softwarekomponente FI-AA 5.2 weisen. Mithilfe der Bewertungsbereiche können Anlagenbestände und Bewegungen unterschiedlich bewertet werden. So gibt es etwa verschiedene Wertansätze für folgende Fragestellungen bzw. betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte: 왘 die lokale Bilanzierung nach regionalen Erfordernissen 왘 die Steuerbilanz (soweit eine andere Bewertung erlaubt ist) 왘 die Bilanz nach den IAS (soweit die Bewertung erforderlich ist) 왘 das interne Rechnungswesen 왘 die parallele Rechnungslegung (z.B. im Rahmen einer Konzernbilanzierung) Dabei werden, wie in Abbildung 5.2 dargestellt, pro Anlage und Bewertungsbereich (Bestandswerte, Abschreibungen, Restbuchwerte etc.) separate Verkehrszahlen geführt. Der Bewertungsbereich 01 bucht online ins Hauptbuch, und die Belegübernahme erfolgt eins zu eins. Das heißt, jeder originäre Beleg, der auf eine Anlage kontiert ist, wird bei der Onlinebuchung auf genau eine Anlage ohne Verdichtung gebucht. Abbildung 5.2 Bewertungsbereiche einer Anlage Onlineintegration von Bewertungsbereich 01 Eine Onlineintegration in die Haupt-, Kreditoren- oder Debitorenbuchhaltung und das Controlling bietet nur der führende Bewertungsbereich 01. 303 Echtzeitintegration 5 Anlagenbuchhaltung Die Buchung in die anderen Bereiche erfolgt periodisch. Es werden Sammelbelege geschrieben. Im Rahmen der Systemkonfiguration deaktivieren Sie beim eigenen Bewertungsplan die nicht benötigten Bewertungsbereiche und fügen die nicht vorhandenen Bewertungsbereiche hinzu. Es ist jederzeit möglich, deaktivierte Bewertungsbereiche nachträglich wieder zu aktivieren. 5.2.3 Bewertungsparameter Die SAP-Komponente FI-AA bietet sehr flexible Gestaltungsmöglichkeiten der einzelnen Bewertungsbereiche. Dies wird durch die Verwendung zahlreicher Bewertungsparameter erreicht, mit denen Sie die unterschiedlichen Einflussgrößen der Abschreibungsrechnung festlegen können. Dabei handelt es sich um die in Abbildung 5.3 aufgelisteten Größen. Abbildung 5.3 Bewertungsparameter eines Bewertungsbereichs 304 SAP-Softwarekomponente FI-AA 5.2.4 5.2 Überleitung von Werten in das Hauptbuch Im Rahmen der Konfiguration des SAP-Systems geben Sie an, ob und wie die Werte aus den Bewertungsbereichen im Hauptbuch gebucht werden. Bei der Definition der einzelnen Bewertungsbereiche legen Sie jeweils Folgendes fest: 왘 ob keine Werte gebucht werden sollen 왘 ob die Bestände in Echtzeit und die Abschreibungen periodisch gebucht werden sollen 왘 ob die Bestände und Abschreibungen periodisch gebucht werden sollen 왘 ob nur die Abschreibungen periodisch gebucht werden sollen 왘 ob nur die Bestände periodisch gebucht werden sollen 왘 ob nur die Bestände direkt gebucht werden sollen In Abbildung 5.4 sind die Ausprägungen des Bewertungsbereichs 60 (Handelsrecht) zu sehen. Abbildung 5.4 Buchungen im Hauptbuch 305 Bewertungsbereiche definieren 5 Anlagenbuchhaltung Bewertungsbereich 01 Das System gibt für den Bewertungsbereich 01 vor, dass die Bestände in Echtzeit ins Hauptbuch gebucht werden müssen. Mit der periodischen Bestandsbuchung können Sie auch die Werte der anderen Bewertungsbereiche im Hauptbuch buchen. Die jeweiligen Bewertungsbereiche können ihre Bestandswerte auch vom Bewertungsbereich 01 übernehmen und dennoch andere Abschreibungswerte errechnen und im Hauptbuch buchen. Die Abschreibungen werden in der Regel periodisch erfasst und im Hauptbuch gebucht. Sie können auch Bewertungsbereiche definieren, die keine Werte ins Hauptbuch weiterleiten und nur internen Auswertungszwecken dienen (etwa einen Bewertungsbereich für Steuerrecht). 5.2.5 Abbildung von Sonderposten Abgeleitete Bewertungsbereiche Die bisher betrachteten Bereiche werden als echte Bewertungsbereiche bezeichnet. Im Unterschied dazu existieren im System noch die sogenannten abgeleiteten Bewertungsbereiche. Ein abgeleiteter Bereich kann aus zwei oder mehreren echten Bewertungsbereichen zusammengesetzt sein, die durch Addition oder Subtraktion verbunden sind. Eine Anwendungsmöglichkeit ist etwa die Berechnung von Sonderposten als Differenz zwischen steuerlich zulässiger Abschreibung und gebotener Abschreibung nach lokalem Recht. Die Buchwertvorschriften eines abgeleiteten Bewertungsbereichs werden bei jeder Buchung und Abschreibungsänderung in den zugehörigen echten Bereichen geprüft. Haben Sie diese grundsätzlichen Definitionen im Modul FI vorgenommen, müssen Sie für einen erfolgreichen Einsatz von FI-AA auch das Modul CO betrachten. 5.2.6 Integration ins Controlling Eine Anlage wird einem Objekt der Kostenrechnung zugeordnet (siehe Abbildung 5.5). Dabei können Sie folgende Objekte der Kostenrechnung verwenden: 왘 Kostenstelle 왘 (Innen-)Auftrag (echt oder statistisch) 왘 Leistungsart CO-Objekte für Abschreibungsbuchungen Die Abschreibungen können Sie von jedem Bewertungsbereich in die Kostenrechnung buchen. Für die kalkulatorischen Abschreibungen einer Anlage wählen Sie eine der drei folgenden Möglichkeiten: 306 SAP-Softwarekomponente FI-AA 왘 Belastung einer Kostenstelle 왘 Belastung eines (echten) Auftrags 왘 Belastung einer Kostenstelle und eines statistischen Auftrags Abbildung 5.5 Zuordnung einer Anlage zur Kostenrechnung Abschreibung auf mehrere Ausprägungen eines CO-Objekts Soll die Abschreibung z.B. auf mehrere Kostenstellen gebucht werden, ist eine Umlage oder Verteilung im Modul CO notwendig, etwa wenn ein Gebäude von mehreren Abteilungen genutzt wird und die Kosten der Abschreibung den verschiedenen Bereichen belastet werden sollen. Im Anlagenstammsatz lässt sich immer nur eine Ausprägung des CO-Objekts hinterlegen. Hinterlegen Sie im Stammsatz einer Anlage sowohl eine Kostenstelle als auch einen Innenauftrag, wird nur der Innenauftrag mit den Abschreibungskosten belastet. Neben den Modulen FI und CO kommen unter Umständen weitere SAP-Komponenten zum Einsatz. 5.2.7 Aspekte der Integration Im Rahmen der vielfältigen Integrationsbeziehungen des SAP-Systems werden Daten sowohl von Modulen direkt in die Anlagenbuchhaltung übernommen als auch von der Anlagenbuchhaltung an andere Module 307 FI-AA, FI, CO und EAM 5.2 5 Anlagenbuchhaltung weitergegeben. So ist es zum Beispiel beim Kauf bzw. bei der Selbsterstellung von Anlagen möglich, den Rechnungs-/Wareneingang bzw. die Entnahme von Material aus dem Lager im Modul MM direkt auf die Anlagen in der Komponente FI-AA zu kontieren. Dagegen können Abschreibungen und Zinsen direkt an die Finanzbuchhaltung (FI) und an das Controlling (CO) weitergegeben werden. Aktivierungspflichtige Instandhaltungsleistungen lassen sich aus der Instandhaltung (Enterprise Asset Management, EAM, ehemals Plant Maintenance, PM)) auf die jeweiligen Anlagen abrechnen. Abbildung 5.6 illustriert das Zusammenspiel der verschiedenen Module. Abbildung 5.6 Integrationsüberblick für FI-AA Anlagen im Bau Eine Anlage wird zunächst von einem Kreditor geliefert oder im eigenen Unternehmen erstellt. In letzterem Fall kommt das Objekt »Anlage im Bau« ins Spiel. Dabei werden von Dritten (Objekt »Kredi- 308 Stammdaten tor«) Teile der Anlage geliefert oder Leistungen erbracht. Falls das Investitionsmanagement (IM) oder Controlling (CO) von SAP produktiv ist, können Sie über einen Investitionsauftrag bzw. einen speziellen Innenauftrag Eigenleistungen erfassen. Materialentnahmen kontieren Sie entweder direkt auf das Objekt »Anlage im Bau« oder zunächst auf den entsprechenden Innenauftrag. Der entsprechende Auftrag wird zunächst in periodischen Abständen auf die zugehörige »Anlage im Bau« abgerechnet, bevor er mithilfe einer speziellen Transaktion auf eine oder mehrere Anlagen aktiviert wird. In der Nutzungsphase wird die Anlage nach festgelegten Regeln periodisch abgeschrieben. Die errechneten Abschreibungen werden entsprechend verbucht, parallel dazu wird das im Stammsatz der Anlage hinterlegte CO-Objekt (Kostenstelle bzw. Auftrag) mit den Abschreibungskosten belastet. So geht es weiter bis zum »Lebensende« der Anlage, die irgendwann entweder verschrottet oder an einen Kunden verkauft wird. Sind Konten- und Bewertungsplan definiert und Integrationsaspekte zum Controlling (CO), zur Materialwirtschaft (MM), zur Instandhaltung (EAM) und zum Investitionsmanagement (IM) berücksichtigt, liegt ein solides Fundament vor. Im nächsten Schritt können Sie mit der Definition der Stammdaten beginnen. 5.3 Stammdaten Betrachtet man die verschiedenen Nebenbücher des SAP-Systems, bilden die Stammdaten in jedem Bereich eine wichtige Ausgangsbasis für spätere Geschäftsvorfälle. Insbesondere in der Anlagenbuchhaltung sind die hinterlegten Stammsatzinformationen von besonderer Bedeutung. Für die Gliederung des Anlagevermögens stehen im SAPSystem drei Strukturbegriffe zur Verfügung (siehe Abbildung 5.7): 왘 Bilanzielle Ebene Auf der bilanziellen Ebene ist im SAP-System eine dreistufige Hierarchie vorhanden. Dabei wird zwischen der Bilanzversion, der Bilanzposition und dem Hauptbuchkonto differenziert. 왘 Klassifizierende Ebene Auf der klassifizierenden Ebene wird das Anlagevermögen mithilfe von Anlagenklassen strukturiert. Dabei lässt sich eine Strukturierung nach rechtlichen bzw. betriebswirtschaftlichen Erfordernissen abbilden. Jede Anlage ist genau einer Anlagenklasse 309 5.3