Evolution rückwärts

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WISSENSCHAFT 61
F R A N K F U R T E R A L L G E M E I N E S O N N TAG S Z E I T U NG , 2 6 . F E B RUA R 2 0 1 2 , N R . 8
SOZIALE SYSTEME
A bis Z
Benzin
Drum prüfe,
wer sich bindet
Lange Zeit konnte Treibstoffkosten
sparen, wer einen Diesel fuhr. Jetzt
aber ist Diesel plötzlich fast ebenso
teuer wie Benzin. Woran liegt das?
VO N J Ü R G E N K AU B E
A
I
mmer weniger Leute sind verheiratet, berichten Statistiker.
Gerade einmal die Hälfte aller
Amerikaner, wurde beispielsweise
vor kurzem ermittelt, lebt in einer
Ehe. 1960 waren es noch mehr als
siebzig Prozent. Das entspricht
auch deutschen Zahlen. Doch geben sie schon eine hinreichende Information über einen Wandel der
Lebensführung? Das kann man bezweifeln. Schon die längere Lebenserwartung von Witwen sorgt
dafür, dass die Ehequoten nach unten gehen.
Der Soziologe Claude Fisher
(Berkeley) hat gerade einen anderen Einwand gegen die These vom
allmählichen Verfall der Ehe vorgebracht. Er hat nämlich darauf hingewiesen, dass die Zeit von 1950
bis 1970 eine ziemlich untypische
war. Die heutigen Verheiratungsquoten entsprechen in etwa dem,
was auch vor dem Zweiten Weltkrieg normal war.
Zwischen 1950 und 1960 heirateten die Paare früher. Die Braut war
1960 im Durchschnitt 20 Jahre alt,
der Bräutigam 23. Heute wird ungefähr in dem Alter geheiratet, das
auch um 1920 herum schon typisch
war: die Braut ist 26, ihr Gatte 29.
Doch anders als damals leben
heute viele Paare erst eine ganze
Weile zusammen, bevor sie zum
Standesamt gehen. Das ist der eigentlich interessante Vorgang:
Was abnimmt, ist weniger das Heiraten selbst als die sofortige Heirat
nach dem Kennenlernen. Das ehelose Zusammenleben praktizierten
vor fünfzig Jahren kaum zwei Prozent der Zwanzigjährigen, heute
sind es fast ein Drittel. Mit Vierzig
sind fast alle verheiratet oder verheiratet gewesen, aber ein viel kleinerer Anteil ist es eben ohne vorhergehende Ehe auf Probe.
Das geht mit einer größeren Toleranz für vorehelichen Sex einher.
Man lebt nicht in Sünde zusammen. Es wird den Paaren vielmehr
zugestanden, die Liebe erst lernen
zu müssen, und es werden Lernfehler toleriert, was möglich ist, weil
das Zusammenleben dank Geburtenkontrolle nicht sofort zu Kindern führt, die die Kosten des Lernens zu tragen haben. Und selbst
wenn Familienbildung folgt, wird
Lernen erlaubt. Das Zusammenleben ist nach wie vor instabiler als
die Ehe, auch wenn seine Instabilität abnimmt. Aber die Gesellschaft
nimmt das verbleibende Risiko hin
und stellt es ins Belieben der Paare. In einer Umfrage, die Fisher zitiert, war sich sogar die Hälfte aller Paare uneinig darüber, seit
wann genau sie zusammenleben.
Claude Fisher: „Marrying – Up, Down, Sideways“, Februar 2012; im Internet unter
https://madeinamericathebook.wordpress.com
Anderswo kennt man ihn als Renke oder Maräne. Die diversen Arten sind nur schwer auseinanderzuhalten.
Evolution rückwärts
Der Felchen gilt dem
Feinschmecker als
besonders lecker. Es
gibt die verschiedensten
Arten. In der Schweiz
musste man allerdings
schon einige von der
Karte streichen.
VO N B E AT E K I T T L
Ole Seehausen steht in Ölzeug auf
einem schaukelnden Boot auf dem
Brienzer See und hält einen schlanken handspannenlangen Fisch in
die Höhe. Er hat ihn aus 250 Metern Tiefe hochgezogen. So tief
unten wurden hier noch keine Felchen nachgewiesen. Könnte es
sich vielleicht um eine neue, bislang unbekannte Art handeln?
„Das werden erst die morphologischen und genetischen Untersuchungen zeigen“, sagt Seehausen,
der als Professor für Aquatische
Ökologie und Evolution an der
Universität Bern forscht.
Was ihre Fischvielfalt betrifft,
bergen die Schweizer Seen noch
immer Überraschungen. In vielen
Fällen geben nur die Fischereistatistiken Auskunft. Doch die Fischer setzen ihre Netze nicht tiefer als hundert Meter. Seehausen
und seine Kollegen befischen deshalb im Rahmen des internationalen „Projet Lac“ systematisch diverse Seen, um einen besseren
Überblick zu bekommen. Am Beispiel der Felchen zeigt sich, dass
das nicht ganz so einfach ist. Sie
sind die mit Abstand bedeutendste
INS NETZ GEGANGEN
W
enn man einen Text ins
Englische übersetzen
oder auf Englisch verfassen muss, kämpft man als Nichtmuttersprachler nicht selten mit
der Schwierigkeit, dass einem entweder ein Wort fehlt, beispielsweise die korrekte Präposition, oder
dass der verfasste Text seltsam hölzern klingt, weil die Wortstellung
innerhalb des Satzes verbesserungswürdig ist.
Für diese und ähnliche Probleme bietet sich der Service von
www.netspeak.org an (funktioniert
mit dem Explorer nicht immer; gegebenenfalls Chrome, Opera, Safari oder Firefox versuchen). Hier
können Sie in die Suchzeile eine
englische Phrase eingeben, bei der
ein Wort oder mehrere Wörter
fehlen. Solche Unbekannten müssen durch Fragezeichen ersetzt werden. Probieren Sie es mit „waiting
? dinner“. Sie erhalten nun mehrere Vorschläge, die alle sprachlich
richtig sind, geordnet nach der
Häufigkeit der Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch. Falls Ihnen mehrere Wörter hintereinander fehlen, können Sie mehrere
Fragezeichen setzen oder drei
Punkte in Folge tippen. Sehr nützlich ist auch die Funktion „bessere
Abb. Natural History Museum, London
Alternative“. Wenn Sie beispielsweise nicht wissen, ob es „as soon
as“ oder „as soon like“ heißt, geben Sie einfach „as soon“ ein und
erhalten die vermutlich richtige
Antwort. Zu guter Letzt können
Sie für Unsicherheiten in der Wortstellung (heißt es etwa „for members only“ oder „only for members“?) die Wörter in geschweifte
Klammern setzen – Netspeak zeigt
Ihnen an, welche der möglichen
Reihungen die gebräuchlichste ist.
Sehr praktisch.
Nun unser Rätsel: Es gibt eine
Sprache, in der freie Wortstellungen möglich sind. Und trauernden
Frauen ist es verboten, sie zu sprechen: Statt Laute zu äußern, dürfen nur noch Gebärden verwendet
werden. Wie heißt diese Sprache?
Bitte senden Sie Ihren Lösungsvorschlag per E-Mail wie üblich an
[email protected]. Unter allen Einsendern verlosen wir einen
25-Euro-Einkaufsgutschein von libri.de. Einsendeschluss ist Mittwoch, der 29. Februar 2012 um 21
Uhr. Das Rätsel der vergangenen
Woche hat Elsa Müller-Spielmann
aus Wiesbaden gewonnen. Ihr Lösungsvorschlag lautete „Zelig“.
Herzlichen Glückwunsch!
Jochen Reinecke
kommerziell genutzten Seefische
der Schweiz. Die Gattung ist äußerst artenreich, Maränen und
Renken gehören dazu, aber auch
Brackwasserfische wie der Ostseeschnäpel. Äußerlich lassen sich die
verschiedenen Arten manchmal
nur schwer auseinanderhalten. Berufsfischer unterscheiden pro See
maximal zwei bis drei. Auf der Basis von historischen Bestandsaufnahmen, morphologischen Daten sowie genetischen Analysen konnten
die Forscher inzwischen jedoch bis
zu fünf Felchen-Arten pro Gewässer identifizieren.
Diese Vielfalt entstand erst nach
der jüngsten Eiszeit, die im Voralpenraum tiefe und kalte Seen hinterließ, in denen sich die Fische auf
unterschiedliche Lebensweisen spezialisieren konnten. Die einen entwickelten nach unten gerichtete
Mäuler, um Muscheln und Bodenlebewesen zu fressen, andere bildeten ihre Kiemenreusen aus, um
frei umherschwimmende Nahrung besser filtern zu können.
Dies führte zu markanten genetischen Unterschieden; Fachleute
sprechen in solchen Fällen von
„adaptiver Radiation“, wofür die
Familie der Buntbarsche (Cichlidae) etwa im afrikanischen Viktoriasee ein bekanntes Beispiel ist.
Mindestens 29 Arten von Felchen hat man im Laufe der Zeit in
den Voralpenseen gefunden, 27 davon in der Schweiz. Doch in jüngerer Zeit gingen den Forschern immer weniger Arten ins Netz. Hinter diesem Schwund steckt eine
Art Rück-Evolution, berichten
Seehausen und seine Kollegen in
einer Studie, die unlängst in Na-
ture erschienen ist. Ausgelöst wurde die Entwicklung durch hohe
Belastungen mit Nährstoffen. Bevor in den Kläranlagen sogenannte Phosphatstufen errichtet wurden, gelangte Dünger aus der
Landwirtschaft ungehindert in die
Seen. Das förderte das Wachstum
von Algen, die schließlich zu Boden sanken und sich zersetzten,
was den Sauerstoffgehalt am
Grund dramatisch sinken ließ.
Leidtragende waren vor allem
Der Berufsfischer
liebt die Masse,
der Ökologe fordert
die Vielfalt.
jene Felchen-Arten, die in größeren Tiefen laichten. Die Fische waren gezwungen, ins flachere Wasser auszuweichen, wo sie auf ihre
Verwandten trafen, mit denen sie
Bastardverbindungen eingingen.
Zunächst blieb das unbemerkt:
Die Gesamtmasse des Fischbestands nahm nicht ab, sondern
mancherorts dank der Nährstoffe
sogar zu. So blieb die Hybridisierung der Arten lange Zeit auch
den Umweltschützern verborgen.
„Im Naturschutz wird kaum wahrgenommen, dass eine Art durch
das Verschmelzen mit SchwesterArten aussterben kann“, sagt Ole
Seehausen. Dieser Schwund durch
Vermischung ist auch schon bei anderen Fischen, Vögeln und Kojoten nachgewiesen worden. Er tritt
dort auf, wo der Mensch abwechs-
lungsreiche Lebensräume homogenisiert.
Im Ökosystem der Voralpenseen hatte das unangenehme Folgen. Felchen sind dort die wichtigste Fischgattung. Als einzige
verzehren sie Plankton aller Größen sowie Bodenorganismen
selbst in größten Tiefen. Generell
nutzen besonders Spezialisten ihre
jeweilige Nische. Artenvielfalt
sorgt dafür, dass der Energiekreislauf effizienter funktioniert. „Es
ist ein gewaltiger Unterschied, ob
in einem See nur ein Generalist in
mittleren Wassertiefen lebt oder
ob alle Zonen genutzt werden“,
sagt Seehausen.
Das belegen Experimente, die
an der Eidgenössischen Anstalt für
Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag)
unternommen wurden. In Plastikbottichen mit Seewasser wurden jeweils ein gutes Dutzend Fische gehalten, die entweder auf freischwimmende algenfressende Krebschen
oder auf Beutetiere am Boden spezialisiert waren. Wo die Fische die
Algenfresser dezimierten, explodierte das Algenwachstum, und das
Wasser trübte sich. In den Bottichen mit Fischen, die Bodentiere
fraßen, blieb das Wasser klar.
„Wenn wir die genetische Vielfalt
verlieren, büßen wir nicht nur die
Fische ein“, sagt Blake Matthews
von der Eawag, „sondern auch die
vielen Verknüpfungspunkte innerhalb des Nahrungsnetzes.“
Im Sinne einer ausgewogenen
Bilanz wäre also ein gezieltes Management der Fischbestände nötig. Man ist auf diesem Weg schon
ein Stück vorangekommen. Fi-
IN DEN STERNEN
DA LACHT DAS LABOR
Lee Lorenz
„Mit wem könnten wir uns hier denn
mal über ein Global Investment unterhalten?“
scher und Fischereibehörden unterscheiden mittlerweile zwischen
rasch und langsam wachsenden Beständen, zwischen solchen, die im
Winter, und solchen, die im Sommer laichen. Unterschiedliche Fangzeiten und Maschenweiten sollen
dem Rechnung tragen. Es ist außerdem verboten, bei der Produktion
von Fischnachwuchs Felchen aus
verschiedenen Seen zu verpaaren.
„Bereits heute werden die Unterschiede zwischen den Felchen-Populationen bei der Bewirtschaftung
berücksichtigt“, sagt Daniel Hefti
vom Fachbereich Fischerei des Bundesamtes für Umwelt.
Fachleuten wie Ole Seehausen
reicht das noch nicht. Äußerliche
und genetische Merkmale müssten
noch berücksichtigt werden. Untersuchungen würden belegen,
dass eine Vermischung der Arten
bei der Aufzucht bereits vorgekommen ist. In den stark verschmutzten Seen des Mittellandes können
Felchen bis heute ohne Nachhilfe
keine Nachkommen produzieren.
Dort ist von der einstigen Fülle
nicht mehr viel übrig geblieben.
Nur in vergleichsweise sauberen Seen wie dem Brienzer, dem
Thuner und dem Vierwaldstätter
See konnten die meisten Arten getrennt überleben. Um sie zu erhalten, müssten diese Gewässer weiterhin nährstoffarm bleiben. Am
Brienzer See aber dringen die Fischer darauf, die Phosphatabscheidung in den Kläranlagen wieder
zu vermindern, um den Nährstoffgehalt zu erhöhen, damit sie mehr
und größere Fische fangen können. Genau das aber würde auf längere Sicht das Gegenteil bewirken.
llah ist groß, Allah ist mächtig, der Liter Benzin kostet
bald zwei Mark sechzig“ –
das konnte man in den achtziger
Jahren auf einem Aufkleber lesen,
mit dem Autofahrer ihren Unmut
über die stets viel zu hohen Spritpreise kundtaten. Das Schimpfen
an der Zapfsäule ist seither nicht leiser geworden. Im Gegenteil, eilen
die Preise doch auch dieser Tage
wieder einmal von einem Rekordhoch zum nächsten. Dabei kommt
dem Spritdurst der mobilen Gesellschaft bereits zugute, dass die Erdöl-Raffinerien heutzutage mit aller
chemischer Raffinesse so viel Benzin und Diesel als möglich aus jedem Barrel Rohöl pressen.
Das Verfahren beginnt mit der
Destillation des entwässerten, entsalzten und von Schwermetallen befreiten Rohöls. Stufenweises Erhitzen trennt zuerst die gasförmigen
und leicht flüchtigen Bestandteile
ab, für welche die chemische Industrie vielfältige Verwendung hat.
Mit steigender Temperatur erhält
man nacheinander die Fraktionen
von Benzin, Kerosin und Diesel; gefolgt von Heizöl, Schweröl und den
halbfesten Resten wie Paraffin und
Bitumen. Welche Mengen von welcher Fraktion gewonnen werden,
bestimmt allein die Zusammensetzung des Rohöls, die wiederum von
dessen Provenienz abhängt.
Weil aber alle Rohöl-Fraktionen
mehr oder weniger lange Ketten
aus Kohlenstoffatomen sind, deren
freie chemische Bindungen von
Wasserstoffatomen okkupiert werden, kann man nach der Destillation die langen, unerwünschten Ketten aufspalten und auf diese Weise
den Anteil der begehrten, leichteren Stoffe von Diesel bis Methangas erhöhen. Beim sogenannten
thermischen Cracken rückt man
dem Destillat mit hohem Druck
und Hitze zuleibe; beim katalytischen Cracken helfen Edelmetalle
und Mineralien wie Zeolith, die
Kohlenstoffreihen chemisch zu zerkleinern. Auch das Gegenteil des
Crackens ist möglich; dabei entsteht aus Erdgas synthetischer Diesel, der aufgrund der hohen Kosten
bisher aber allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt.
Zum Leidwesen der Autofahrer
indes sind all diese Errungenschaften beim Bezahlen an der Tankstelle unerheblich. Im Gegenteil: Erst
hohe Ölpreise machten die aufwendigen Verfahren nach und nach
wirtschaftlich, obwohl selbst das
technisch anspruchsvolle Hydrocracken schon in den 1920er und
1930er Jahren erdacht wurde. Die
Schuld am hohen Spritpreis tragen
hingegen nach wie vor die Steuern,
der Rohölpreis und der Dollarkurs.
Und daran kann vorerst auch die
Technik nichts ändern. Helga Rietz
F
ische am Firmament gibt es
gleich mehrere – und nicht
nur in dem gleichnamigen
Tierkreiszeichen. Dieses verdankt
seine Prominenz alleine seiner
Lage auf der Ekliptik und den daran geknüpften astrologischen Ideen, astronomisch ist dort wenig los.
Beim Südlichen Fisch ist das schon
anders, denn hier gibt es ␣ Piscis
Austrini alias Fomalhaut. Nur 25
Lichtjahre ist dieser Stern entfernt,
zudem etwa doppelt so groß wie unsere Sonne und entsprechend
leuchtkräftiger. Das macht Fomalhaut zu einem der ganz hellen Sterne am Firmament. Wie man heute
weiß, ist er von einem mächtigen
Ring aus Staub umgeben, an dessen innerem Rand nach Ansicht einiger Astronomen der jupiterähnliche Planet Fomalhaut b kreist. Dieser wäre der erste und bislang einzige extrasolare Planet, der direkt
durch reflektiertes Licht im sichtbaren Spektralbereich beobachtet
wurde – sofern es ihn gibt. Da er
im Infraroten nicht zu sehen ist, vermuten andere Wissenschaftler, dass
die Entdecker sich von einer Staubwolke haben narren lassen. So tobt
um Fomalhaut b derzeit ein handfester Forscherstreit.
Südlicher
Fisch
VO N U L F V O N R AU C H H A U P T
Das seltsame Wort Fomalhaut
ist, wie fast alle Sternnamen, arabischen Ursprungs. „Fam al hawet“
bedeutet „Maul des Wals“ und ist
eine zoologisch nicht ganz korrekte
Umschreibung von „dem (Stern)
im Maul“, mit dem Klaudios Ptolemaios im zweiten Jahrhundert seine Tabelle der Sterne des Südlichen Fisches begann, einer Konstel-
ε
λ
α
δ
γ
π
β
τμ
υ
η
ι
Trinkendes Meerestier? Von links
oben kommt ein Wasserstrahl.
lation, die bereits Jahrhunderte früher bei Aratos und Eratosthenes belegt ist. Letzterer allerdings spricht
vom „Großen Fisch“ und behauptet, es handele sich um die Mutter
der beiden Fische des Tierkreiszeichens. An den Himmel gekommen
sei das Tier, weil es einmal die syrische Göttin Atargatis gerettet habe,
nachdem diese in einen See gefallen war. Der Römer Hyginus erklärt sich damit, warum die Syrer
keine Fische äßen und Fischstandbilder verehrten, was aber historisch allenfalls in der Stadt Hierapolis Bambyke (das heutige Manbij
nordöstlich von Aleppo) zutraf, wo
sich das Hauptheiligtum der Atargatis befand. Tatsächlich sind mehrere Tempel dieser Gottheit mit
Fischteichen ausgestattet. Damit
dürften die Griechen auch dieses
Sternbild aus dem Orient übernommen haben, was den Südlichen
Fisch zum Beispiel mit seiner ursprünglich sumerischen Nachbarkonstellation Wassermann verbindet. Ptolemaios bemerkt, dass der
Südliche Fisch sich dem Strahl aus
dem Krug des Wassermanns zuwendet, was spätere Uranographen veranlasste, ihn auf ihren Atlanten so
zu zeichnen, als trinke er daraus.
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