Reha-Forschungsverbund Berlin-Brandenburg

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Reha-Forschungsverbund Berlin-Brandenburg-Sachsen (BBS)
BBS
Abschlussbericht zum Teilprojekt B8
Belastungsbezogene Interventionen für Partner
psychisch kranker Menschen –
Optimierung von Kontextfaktoren in der Rehabilitation
(Förderkennzeichen: 01 GD 0107)
Projektleiter:
Prof. Dr. Matthias C. Angermeyer
Projektmitarbeiter:
Dipl. Psych. Nadine Bull
Dipl. Soz. Dirk Heider
Dipl. Psych. Claudia Mory
Dr. med. Georg Schomerus
Dr. phil. Hans-Ulrich Wilms
Dr. med. Bettina Wittmund
Universität Leipzig, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
Leipzig, im Mai 2006
Inhaltsverzeichnis
Teil I
1. WISSENSCHAFTLICHE DARSTELLUNG DES PROJEKTS............................................................ 4
1.1
ZUSAMMENFASSUNG ................................................................................................................ 4
1.2
EINLEITUNG.............................................................................................................................. 6
1.2.1
Hintergrund und Forschungsstand .................................................................................... 6
1.3
ZIELSETZUNG DES FORSCHUNGSPROJEKTS ............................................................................... 8
1.4
PROJEKTVERLAUF .................................................................................................................. 14
1.4.1
Veränderungen hinsichtlich des Designs und des Untersuchungsinstrumentariums ..... 14
1.4.2
Personelle Veränderungen im Projektzeitraum ............................................................... 14
1.4.3
Hinderliche und förderliche Faktoren für die Projektdurchführung .................................. 14
1.5
ERHEBUNGS- UND AUSWERTUNGSMETHODIK ........................................................................... 17
1.5.1
Studiendesign .................................................................................................................. 17
1.5.2
Zugangswege und Rekrutierung...................................................................................... 17
1.5.3
Drop-out-Kontrolle............................................................................................................ 18
1.5.3.1
Stichprobenpflege ................................................................................................................ 18
1.5.3.2
Teilnehmer und Studienabbrecher im Projektverlauf ........................................................... 18
1.5.4
Datenerhebung: Methoden und Instrumente................................................................... 19
1.5.5
Quantitative Auswertung.................................................................................................. 22
1.6
ERGEBNISSE .......................................................................................................................... 23
1.6.1
Stichprobencharakteristik ................................................................................................ 23
1.6.2
Baseline-Erhebung .......................................................................................................... 28
1.6.3
Langzeitverlauf................................................................................................................. 34
1.6.4
Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................................. 46
1.7
QUALITATIVE ZUSATZSTUDIE ZU DEN MOTIVATIONALEN FAKTOREN DER INANSPRUCHNAHME DES
UNTERSTÜTZUNGSPROGRAMMS ........................................................................................................... 47
1.7.1
Warum eine Zusatzbefragung? ....................................................................................... 47
1.7.2
Methode der qualitativen Zusatzbefragung ..................................................................... 47
1.7.3
Stichprobenbeschreibung ................................................................................................ 50
1.7.4
Motive für die Inanspruchnahme ..................................................................................... 50
1.7.5
Motive für die Nicht-Inanspruchnahme ............................................................................ 56
1.7.6
Zusammenfassung: Motive zur Inanspruchnahme bzw. Nicht-Inanspruchnahme.......... 62
1.8
BEURTEILUNG DES INTERVENTIONSPROGRAMMS DURCH DIE TEILNEHMER ................................. 64
1.9
DISKUSSION ........................................................................................................................... 73
1.9.1
Zielgruppe und Interventionszeitpunkt............................................................................. 74
1.9.2
Schlussfolgerung Zielgruppe und Interventionszeitpunkt................................................ 75
1.9.3
Probleme der Evaluation ................................................................................................. 76
1.9.4
Einbeziehung des Umfelds .............................................................................................. 76
2
1.9.5
1.10
Fazit ................................................................................................................................. 77
PUBLIKATIONSLISTE WÄHREND DES FÖRDERZEITRAUMS ........................................................... 78
1.10.1
Bereits erschienene Veröffentlichungen...................................................................... 78
1.10.2
Zur Publikation angenommene Veröffentlichungen / im Druck:.................................. 78
1.10.3
Zur Publikation eingereichte Arbeiten ......................................................................... 79
1.10.4
Publizierte und zur Publikation angenommene Abstracts........................................... 79
2. DER FORMALE BERICHT ............................................................................................................... 80
2.1
ÜBERSICHT: FÖRDERZEITRAUM, BEWILLIGTE MITTEL UND PERSONALAUSSTATTUNG .................. 80
1.10.5
Förderzeitraum ............................................................................................................ 80
1.10.6
Bewilligte Fördersumme .............................................................................................. 80
1.10.7
Projektleitung............................................................................................................... 80
1.10.8
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ..................................................................... 80
1.10.9
Sonstige Personalausstattung der Gruppe (Grundausstattung) ................................. 80
2.2
LISTE LAUFENDER DRITTMITTELPROJEKTE WÄHREND DES FÖRDERZEITRAUMS .......................... 81
2.3
LISTE DER DISSERTATIONEN UND DIPLOMARBEITEN IM PROJEKT............................................... 82
2.4
LISTE DER KONGRESSBESUCHE, PRÄSENTATIONEN UND VORTRÄGE ......................................... 82
2.5
ZUSAMMENARBEIT IM VERBUND .............................................................................................. 84
2.6
NATIONALE UND INTERNATIONALE KOOPERATIONEN ................................................................. 84
3. LITERATURVERZEICHNIS .............................................................................................................. 85
3
1. WISSENSCHAFTLICHE DARSTELLUNG DES PROJEKTS
1.1
Zusammenfassung
Zielsetzung: Angehörige psychisch Kranker nehmen aus Sicht der Rehabilitationswissenschaften
zwei verschiedene Rollen ein: Zunächst sind sie häufig die wichtigsten Bezugspersonen, die den Rehabilitationsprozesses eines psychisch Kranken unterstützen. Darüber hinaus sind sie aber durch
diese Unterstützungsfunktion auch schwer belastet und daher selbst potentielle Nutzer von Rehabilitationsmaßnahmen.
Die bisher erhobenen Daten des Projektes zu gesundheitlichen und ökonomischen Belastungen von
Angehörigen psychisch Kranker (1. Förderphase – Projekt C3) weisen auf erhebliche gesundheitliche
Belastungen vor allem durch psychische Störungen hin. Innerhalb dieses Projektes sollen daher Interventionsprogramme für Partner von an Depression und Schizophrenie erkrankten Menschen entwickelt und durchgeführt werden. Die Evaluation soll im Rahmen einer prospektiven Studie im Vergleich
mit einer Kontrollgruppe erfolgen.
Studienteilnehmer und Methoden: Zwischen Januar 2001 und Januar 2005 wurden 116 Partner
depressiv Erkrankter und 39 Partner von Schizophrenie-Patienten in die Studie aufgenommen. Davon
nahmen 86 Partner an der Intervention teil (Depression 66, Schizophrenie 20 Partner), 69 Partner
bildeten eine Kontrollgruppe (Depression 50, Schizophrenie 19 Partner). In der Interventionsgruppe
wurden zur Evaluation des Unterstützungsprogramms 4 Erhebungszeitpunkte realisiert. Die Erhebung
wurde jeweils vor der Teilnahme am Programm, am Ende der 12. Sitzung (6 Monate nach Beginn der
Teilnahme), bei der Boostersitzung (3 Monate nach der 12. Sitzung) und ein halbes Jahr nach der
Boostersitzung mit Hilfe von Fragebögen durchgeführt. Somit ist neben einem Prä-Post-Vergleich
direkt vor und direkt nach Abschluss des Programms (T 0– T 1) zusätzlich die Evaluation kurzfristiger
und mittelfristiger Effekte 3 und 9 Monate nach Abschluss des Interventionsprogramms (T 0 – T 2/T 3)
möglich. In der Kontrollgruppe wurden parallel dazu zu den ersten 3 Zeitpunkten Fragebogenerhebungen durchgeführt.
Die Evaluation des Interventionsprogramms erfolgt mit Hilfe quantitativer Erhebungs- und Auswertungsinstrumente, die sowohl psychische Beschwerden und Symptome, subjektiv wahrgenommene
körperliche Beeinträchtigungen, die subjektive Lebensqualität sowie die Akzeptanz der Intervention
erfassen.
Ergebnisse: Die Ausgangswerte der Studienteilnehmer zu Interventionsbeginn unterschieden sich
hinsichtlich psychischer Beschwerden und körperlicher Beeinträchtigung nur wenig von denen der
Allgemeinbevölkerung. Die Lebensqualität war dagegen deutlich eingeschränkt und es lag ein erhebliches Burnout vor. Auf die meisten der gemessenen Größen hatte die Intervention keinen statistisch
nachweisbaren Effekt. Tendentielle Verbesserungen ergaben sich bei den Partnern schizophrener
Patienten, die Reduktion der Depersonalisierung im Rahmen des Burn-out ereichte statistische Signifikanz. Die subjektive Zufriedenheit der Teilnehmer mit der Intervention war insgesamt hoch.
4
Diskussion: Diese Ergebnisse sind ernüchternd und stellen die Konzeption der Intervention in Frage.
Ungünstig auf ihren Erfolg wirkte sich hinsichtlich der psychischen und körperlichen Beschwerden
vermutlich ein „Boden-Effekt“ aus. Lebensqualität und Burnout sind dagegen stärker veränderungsresistente Konstrukte, die offenbar nicht oder kaum beeinflusst werden konnten. Obwohl in der Vorgängerstudie eine erhebliche Belastung der Angehörigen nachgewiesen wurde, begann die Intervention
für die meisten Teilnehmer offenbar zu einem Zeitpunkt, an dem diese Belastung eher gering war.
Dies belegen auch Aussagen, die in parallel geführten Interviews erhoben und im Rahmen einer Zusatzstudie qualitativ ausgewertet wurden. Problematisch scheint die lange Wartezeit zwischen Interventionsangebot und –beginn zu sein, die konzeptuell durch die Beschränkung auf ein störungshomogenes und geschlossenes Gruppenprogramm bedingt ist. Da die Belastung der Angehörigen häufig
phasenweise verläuft, fiel die Durchführung der in einer Krise angebotenen Intervention oft in eine
Phase eher geringer Belastung. Dies führte auch zu erheblichen Rekrutierungsproblemen.
Die subjektive Einschätzung einer großen Mehrheit der Teilnehmer die Intervention sei hilfreich gewesen, lässt hoffen, dass sie einen präventiven Effekt auf die Beschwerden während zukünftiger Belastungsspitzen hat. Dies konnte in diesem Projekt jedoch nicht nachgewiesen werden. Modifikationen
des Programms werden vorgeschlagen, um eine zeitnähere und flexiblere Durchführung der Intervention zu ermöglichen.
5
1.2
Einleitung
1.2.1 Hintergrund und Forschungsstand
Über die Rolle, die Angehörige und besonders die Partner im Verlauf des Erkrankungs- bzw. Genesungsprozesses im allgemeinen und in der Rehabilitation im besonderen einnehmen, gibt es nur spärliche, unzureichende und vor allem unsystematische Befunde. Dies gilt auch für das Ausmaß an Belastungen, die mit der Übernahme einer Betreuungsfunktion einhergehen. Bisher wurden vorrangig die
Eltern von schizophrenen Patienten untersucht (Angermeyer et al., 2000c). Untersuchungen zur Belastung von Partnern von Patienten, die beispielsweise an Depressionen, Angststörungen oder Schizophrenie leiden, gibt es hingegen kaum, obwohl zwischen 35 und 40% der psychisch Kranken mit
einem Partner zusammenleben (Mannion et al., 1994). Die wenigen vorliegenden Studien verweisen
auf die Notwendigkeit der Unterstützung der Partner (Angermeyer et al., 2000a; Schmid et al., 2003).
Ein erheblicher Anteil der Partner der Erkrankten leidet belastungsbedingt selbst unter psychischen
Erkrankungen (Benazon & Coyne, 2000; Hambrecht, 1997; Wittmund et al., 2002; Wilms et al., 2003).
Die Familienmitglieder der Erkrankten schätzen ihre körperliche Gesundheit signifikant schlechter ein
(Gallagher & Mechanic, 1996). Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist die Lebensqualität der Partner psychisch Kranker in den Bereichen psychisches Wohlbefinden und soziale Kontakte eingeschränkt (Angermeyer et al., 2002). Hinzu kommen finanzielle und berufliche Beschränkungen sowie
ein erheblicher Zeitaufwand für die Betreuung der Erkrankten (Angermeyer et al., 1997; Wilms et al.,
2004a).
Die Partner bzw. die Angehörigen stellen wichtige Bezugspersonen für die Erkrankten dar. Sie übernehmen wesentliche Aufgaben in der alltäglichen Versorgung, müssen aber aufgrund der starken
Belastung selbst medizinische und rehabilitative Leistungen in Anspruch nehmen und können deshalb
als Betreuungspersonen völlig ausfallen. Strukturierte Angebote zur Unterstützung und Entlastung
stehen den Angehörigen, insbesondere den Partnern, kaum zur Verfügung. So berichten Schulze et
al. (2000), dass die bestehenden Angebote schätzungsweise zwischen 1% bis 5% der Angehörigen
erreichen. Die Mehrzahl der Angehörigen muss die erkrankungsbedingte Situation somit selbst bewältigen.
Im Rahmen der Versorgung der psychisch Kranken sollten deshalb mehr Unterstützungsangebote für
Angehörige vorgehalten werden. Lauber et al. (2001) gehen davon aus, dass sich die Belastungen der
Angehörigen ohne Interventionen von außen nicht wesentlich verändern. Weiterhin gilt es zu berücksichtigen, dass jede Verwandtschaftsgruppe der Erkrankten anderen Belastungen ausgesetzt ist. So
unterscheiden sich die Anforderungen, die eine psychische Erkrankung an die Eltern, die Partner oder
die Kinder stellt. Insgesamt fehlen bisher solche Unterstützungsprogramme, die den speziellen Problemlagen verschiedener Bezugspersonen der Erkrankten, beispielsweise deren Partnern, gerecht
werden. Zu beachten ist an dieser Stelle das Ergebnis einer Untersuchung von Pollio et al. (1998),
dass bei der Entwicklung von Unterstützungsangeboten auf die explizit von den Angehörigen geäußerten Wünsche und Bedürfnisse eingegangen werden sollte, da die von professionellen Helfern allein konzipierten Programme diesen oft nicht ausreichend gerecht werden.
6
Der Stand der Forschung zu Interventionen zur Unterstützung von Angehörigen psychisch Kranker
lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
Cuijpers (1999) wertete in ihrer Metaanalyse der Effekte familienbezogener Interventionen auf die
Belastungen der Angehörigen 16 Studien aus, die hauptsächlich aus den USA und aus Großbritannien stammten. Die Mehrzahl untersuchte die Effekte auf die Eltern schizophrener Patienten. Fast alle
Interventionen erfolgten in einem Gruppensetting. Nur vereinzelt wurden individuelle Interventionen
durchgeführt. Nur eine Studie bezog sich ausschließlich auf die Partner der Erkrankten (Mannion et al.
1994). Bei 12 der Untersuchungen, die in der Metaanalyse berücksichtigt wurden, handelt es sich um
randomisierte klinische Studien. Die Randomisierung erfolgte entweder über ein Wartegruppendesign
oder eine Kontrollgruppe mit Personen, die keine Unterstützung erhalten hatten. Aus den Ergebnissen
ihrer Metaanalyse leitet Cuijpers ab, dass bei Langzeitinterventionen mit mehr als 12 Sitzungen Effekte auf die Belastung der Angehörigen nachweisbar sind. In der vorliegenden Analyse betrifft das vor
allen Dingen Studien aus Asien sowie eine Untersuchung mit Partnern von hauptsächlich depressiv
Erkrankten (Mannion et al. 1994). Cuijpers unterscheidet zwischen drei Bereichen von OutcomeVariablen, die bei der Evaluation berücksichtigt wurden, nämlich (1) die psychologischen Belastungen
der Angehörigen, (2) die Beziehung zum Erkrankten sowie (3) das familiäre Zusammenleben. In allen
drei Bereichen waren niedrige bis moderate Effekte nachweisbar. Die Metaanalyse von Knight et al.
(1993) kommt zu ähnlichen Ergebnissen.
Die Ziele der Interventionen bei Angehörigen werden in den meisten publizierten Konzepten nicht
beschrieben. In der Mehrzahl der Fälle schildern die Autoren allgemein gehaltene, persönliche Eindrücke dessen, was durch die Intervention erreicht wurde, ohne Effekte tatsächlich zu erheben (McCreadie et al., 1991; Rutow-Turski et al., 2004; Toseland & Rossiter, 1989). Meist beziehen sich die Autoren nur auf die Beschreibung von Inhalten und organisatorischen Gesichtspunkten, während die Wirkung der Intervention auf die Angehörigen anhand festgelegter Kriterien unberücksichtigt bleibt. Vergleichsweise selten wurde anhand von Fragebögen der Wissenszuwachs über die Erkrankung, die
Beziehung zum Patienten, die Fähigkeit zur Bewältigung von Krisen, das Ausmaß subjektiver Belastungen etc. erhoben, um so die Auswirkung der Intervention auf die Teilnehmer zu prüfen (Dixon et al.,
2001; Harter et al., 2002; Michalak et al., 2003; Pickett et al., 1998; Pollio et al., 2002).
Buchkremer et al. (1989) beschreiben drei Globalziele der therapeutischen Gruppenarbeit mit Angehörigen: (1) Entlastung und Unterstützung der Angehörigen, (2) Veränderung emotional belastender
Familieninteraktionen sowie (3) Einbeziehung der Angehörigen in die Rezidivprophylaxe. Das letztgenannte Ziel wird auch in anderen Studien immer wieder formuliert (Barrowclough et al., 1999;
McCreadie et al., 1991; Zimmer, 1987). So zielen die meisten Interventionen auf eine Verbesserung
der intrafamiliären Atmosphäre bzw. das Ausschalten von ungünstigen Einflüssen von seiten der Angehörigen, um einen Beitrag zur Rückfallverhütung und einer Verringerung der Hospitalisierungsrate
zu leisten. Auch bei anderen Interventionen (Keller & Schuler, 2002; Mahnkopf & Müller, 1995), die
zunächst die Aufklärung und Information über die Erkrankung sowie die Entlastung der Angehörigen
zum Gegenstand haben, geht es letztendlich um die Rückfallprophylaxe.
7
Toseland und Rossiter (1989) gehen davon aus, dass die Erhebung von Verhaltensänderungen durch
Interventionen vor der Messung übergreifender psychologischer Veränderungen oder Veränderungen
im Ausmaß von Stress und Belastungen stehen sollten. Aus ihrer Sicht sollten Interventionen die Angehörigen in die Lage versetzen, mit Stressbelastungen im Alltag besser umzugehen, psychologische
Belastungen zu vermindern, informelle soziale Unterstützungssysteme zu nutzen sowie für die eigene
Gesundheit und das eigene Wohlbefinden zu sorgen.
Die beiden bekannten Studien von Murray et al. (1997) und Mannion et al. (1994), die sich auf die
Effekte von Interventionen bei Partnern beziehen, kommen zu folgenden Ergebnissen: Murray et al.
beschreiben in ihrer Interventionsstudie bei Partnern von älteren Patienten mit Demenzen, Depressionen oder Angsterkrankungen (n=44) ein individuelles Vorgehen, das sowohl Informationen und den
Aufbau von sozialer Unterstützung als auch Hilfen bei finanziellen oder sozialen Problemen beinhaltet.
Bei der Überprüfung der Effekte konnten sie feststellen, dass sich in Bezug auf das psychische Befinden und die geäußerten sozialen Probleme keine Unterschiede zwischen der Interventions- und Kontrollgruppe zum 2. Untersuchungszeitpunkt nachweisen ließen. Die Partner, deren psychisches Befinden zu Beginn der Intervention eingeschränkt war, zeigten jedoch Verbesserungen in ihrem Befinden
und waren eher bereit die Unterstützung anzunehmen. Mannion et al. (1994) berichten aus ihrer Pilotstudie zur Evaluation von psychoedukativen Gruppen für Partner signifikante Verbesserungen bei den
Teilnehmern hinsichtlich des Wissens über die Erkrankung, der Copingstrategien, des Distress sowie
der Einstellung gegenüber dem Erkrankten unmittelbar nach Abschluss von 12 Gruppentreffen über
einen Zeitraum von 3 Monaten. Diese Verbesserungen waren auch noch ein Jahr später nachweisbar.
Die Autoren interpretieren dieses Ergebnis als einen Beweis für die Notwendigkeit und Nützlichkeit
von beziehungsspezifischen Gruppen für Lebenspartner, die mit ihren Inhalten und der Art der Durchführung auf die Bedürfnisse und die Probleme dieser Personengruppe zugeschnitten sind. Mannion
und Mitarbeitern zufolge werden diese Angebote außerdem besser angenommen und es treten im
Vergleich zu beziehungsunspezifischen Gruppen weit aus seltener Drop-outs auf. Für die Verbesserung des persönlichen Distress des Partners sowie der Einstellung zum Erkrankten wird von den Autoren hauptsächlich die soziale Unterstützung verantwortlich gemacht.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass, obwohl die Belastungen der Angehörigen, insbesondere der Partner offensichtlich sind, kaum Angebote existieren, um diese zu unterstützen, und dass
diese nur höchst selten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit untersucht wurden.
1.3
Zielsetzung des Forschungsprojekts
Vor dem oben dargelegten Hintergrund war es das Ziel der vorliegenden Studie ein auf die Belastungen der Partner fokussiertes Interventionsprogramm zu entwickeln, das zunächst speziell auf die Lebenspartner depressiv oder schizophren Erkrankter ausgerichtet ist. Neben der Entwicklung und
Durchführung des Programms war es weiterhin das Ziel das Programm anhand der Effekte auf das
Befinden der Partner zu evaluieren.
8
Auf dem Hintergrund der Studie sollen folgende Fragen beantwortet werden:
1. Welche Art von Interventionen wird von Partnern depressiv und schizophren erkrankter Menschen als hilfreich angesehen?
2. Gelingt es mit nutzerorientierten Unterstützungsprogrammen, das Belastungserleben der Angehörigen und ihre Rolle in der Rehabilitation des Patienten positiv zu beeinflussen?
3. Lassen sich hierdurch die psychischen und körperlichen Beschwerden der Partner und damit
deren potentieller Rehabilitationsbedarf reduzieren?
Die dafür notwendigen Schritte werden nachfolgend dargestellt.
A) Entwicklung und Durchführung des Interventionsprogramms
Für die Entwicklung des Programms wurde der bottom-up approach gewählt, d. h. es wurden die von
den Angehörigen geäußerten Wünsche und Bedürfnisse in ein Angebot umgesetzt. Im ersten Schritt
wurden 151 narrative Interviews ausgewertet, die im Rahmen der Vorgängerstudie (Projekt C3, Förderkennzeichen: 01 GD 9810/0) zu gesundheitlichen und ökonomischen Belastungen von Angehörigen psychisch Kranker durchgeführt worden waren (Jungbauer et al., 2001; Wilms et al., 2003; Wittmund et al., 2001a). In diesen Interviews kristallisierten sich vier Bereiche heraus, in denen sich die
Lebenspartner von Patienten mit Depression und Schizophrenie Unterstützung wünschen:
•
Informationen und Aufklärung zur Symptomatik, Verlauf und Behandlung;
•
Informationen zu eigenen Entlastungs- und Erholungsmöglichkeiten;
•
Hilfestellung beim Umgang mit typischen Alltagsproblemen und
•
freier Erfahrungsaustausch mit anderen „Betroffenen“.
In einem zweiten Schritt wurden diese Aspekte durch die Ergebnisse je einer Fokusgruppe mit Lebenspartnern schizophren und depressiv Erkrankter ergänzt und untermauert. In den Fokusgruppen
erfolgte dazu die kommunikative Validierung über eine themenzentrierte Gruppendiskussion zu hilfreichen und sinnvollen Unterstützungsangeboten. Die aus beiden Schritten generierten und ergänzten
Themen, Ideen und Vorschläge wurden anschließend mit Hilfe von Metaplan-Techniken geordnet und
gewichtet. Auf der Basis dieser beiden Informationsquellen wurde ein selbstmanagementorientiertes
Unterstützungs- und Interventionsprogramm entwickelt, das mit der Intervention auf die Partner fokussiert und auch während der Durchführung durch die spezifischen Probleme, Ziele und individuellen
Ressourcen der Teilnehmer dominiert wird.
Das Programm setzt sich auf vier Modulen zusammen, die nachfolgend kurz beschrieben werden
(Zusammenfassung in Tabelle 1).
Das I. Modul vermittelt den Lebenspartnern ausgehend von ihren Fragen Informationen zum Krankheitsmodell sowie zu Behandlungs- und Rehabilitationsansätzen. Basis dafür sind die verhaltenstheoretischen Modelle der Depression (Hautzinger, 2000) und der Schizophrenie (Kraemer & Möller,
2000). Typischerweise erstrecken sich die Fragen der Partner über alle Aspekte der Erkrankung, der
Erkrankungssymptome und Behandlung, wobei in den einzelnen Gruppen unterschiedliche Themen9
schwerpunkte vorherrschen. So werden basierend auf einem medizinischen Krankheitsmodell Einblicke in erkrankungsspezifische, insbesondere pharmakologische Behandlungsstrategien gegeben.
Weiterhin werden psychologische und psychotherapeutische Ansätze der Behandlung besprochen
und soziotherapeutische Maßnahmen und Rehabilitationsmöglichkeiten vorgestellt.
Hintergrund der Fragen der Partner ist meist der Wunsch den Erkrankten besser und effektiver helfen
zu können, Anzeichen der Erkrankung früh zu erkennen und Rückfallrisiken zu minimieren. Im Austausch mit den anderen Teilnehmern werden Fragen zu konkreten Verhaltensweisen im Umgang mit
dem Erkrankten diskutiert. Außerdem findet die Unterstützung bei der Navigation im Hilfesystem besondere Berücksichtigung, um für die Partner die Zuständigkeiten der verschiedenen Einrichtungen im
Versorgungssystem transparenter zu machen. So wird für die Partner deutlich, wo sie sich selbst in
die Behandlung integrieren und wo sie Verantwortung abgeben können.
Tabelle 1: Inhalte der Module und zeitliche Struktur der Intervention
Modul
I
II
III
IV
Termin
Abstand der Treffen
Thema/Inhalte
1.
1 Woche
2.
1 Woche
Kennenlernen der Teilnehmer (mit Patient)
(Evaluationszeitpunkt I)
Information zur Erkrankung, zu Krankheitsmodellen
3.
1 Woche
Information zur Behandlung und Rehabilitation
4.
1 Woche
Umgang mit Stressbelastungen
5.
2 Wochen
Umsetzung der Informationen im Alltag I
6.
2 Wochen
Umsetzung der Informationen im Alltag II
7.
2 Wochen
Entspannungsmöglichkeiten I
8.
2 Wochen
Entspannungsmöglichkeiten II
9.
2 Wochen
Kommunikation in der Partnerschaft I
10.
2 Wochen
Kommunikation in der Partnerschaft II (mit Patient)
11.
1 Monat
Entwicklung eines Notfall-Planes
12.
1 Monat
Booster
3 Monate
Abschied und Ausblick
(Evaluationszeitpunkt II)
Boostersitzung:
Wiederholung, Anwendung und Anpassung der vermittelten
Inhalte (mit Patient)
(Evaluationszeitpunkt III)
(Evaluationszeitpunkt IV)
6 Monate
Das II. Modul vermittelt unter verhaltenstheoretischen und belastungsbezogenen Gesichtspunkten
stresstheoretische Ansätze (Wittchen, 1997) und vollzieht so einen Perspektivenwechsel auf den gesunden Partner und seine Belastungen. Als Grundlage für alltagsbezogene Verhaltensmodifikationen
dient das „Waagemodell“ (Wilms et al., 2004b), das zur Darstellung des Belastungs-EntlastungsGleichgewichts dient. Es wird das Ideal- und mögliche Realmodell des Belastungs-EntlastungsGleichgewichts bezogen auf Tages-, Wochen- und Jahreszeiträume diskutiert. Teilziel dieses Moduls
10
ist es, Informationen über die Entwicklung von chronischen Ungleichgewichtszuständen (d. h. ein zuviel an Belastungen) und daraus resultierenden typischen Überbelastungsreaktionen zu geben sowie
die Partner für eine eigene Belastungswahrnehmung und ein eigenes Belastungsmanagement zu
sensibilisieren. Hinter diesem Modul steht die Idee, dass jemand, der Verantwortung für andere übernimmt, auch verantwortlich mit seinen eigenen Kräften haushalten muss.
Eingang finden die im zweiten Modul thematisierten Stressmodelle im III. Modul bei der Vermittlung
von Entspannungsstrategien und der Aktivierung von Entspannung. Dabei steht zunächst die Verdeutlichung und Optimierung von potenziell erholsamen Freizeitphasen und bisher schon angewendeten
Entspannungsstrategien im Vordergrund. In Verbindung damit steht die Anpassung des Zeit- und Belastungsmanagements (Lutz & Koppenhöfer, 1983). Dieses Modul gibt den Partnern Anhaltspunkte
dafür, wie nicht veränderbare Belastungen z.B. durch Strategien zur Entspannung ausgeglichen werden können.
Das IV. Modul des Programms beinhaltet Informationen zu krankheitsbedingten Veränderungen der
partnerschaftlichen Kommunikation. Es werden Strategien entwickelt, die dabei helfen sollen die
Kommunikation an die Phase der Erkrankung anzupassen. Dazu werden die Unterschiede zwischen
erkrankungsfreien Intervallen, Übergangsphasen mit Frühwarnsymptomen oder abklingenden Krankheitssymptomen und Erkrankungsphasen mit voller Ausprägung der Symptomatik und kommunikationseinschränkenden Symptomen, wie z. B. eingeschränkter Aufmerksamkeit, geringer Konzentrationsfähigkeit und vermindertem Antrieb, herausgearbeitet. Dieses Modul dient einem partnerschaftlich
abgestimmten Belastungs- und Krankheitsmanagement, das dabei helfen soll günstige Zeitpunkte für
erkrankungsbezogene Absprachen zu nutzen.
Die letzten beiden Gruppentreffen dienen aufbauend auf den vier Modulen der Erarbeitung und schriftlichen Fixierung eines Krisenplans (z. B. Wer wird Wann, durch Wenn und Wie bei erneuten Krankheitssymptomen oder Frühwarnzeichen hinzugezogen?). Drei Monate nach Abschluss des Programms werden alle Teilnehmer zur vierstündigen „Booster“-Sitzung eingeladen. Es besteht die Möglichkeit Informationen aus den vier Modulen aufzufrischen, in der Anwendung erarbeiteter Strategien
entstandene Fragen zu besprechen, Strategien zu reaktivieren, Krisenpläne anzupassen und zu überarbeiten.
Jeder Termin der Gruppe kann bedürfnisorientiert von den teilnehmenden Partnern mitgestaltet und
genutzt werden. Dazu erfolgt jeweils zu Beginn jeder Gruppe ein „Blitzlicht“ zu aktuellen Fragen und
Anliegen der Partner. Es werden außerdem gemischte Gruppentermine angeboten (1. und 10. Termin,
Boostersitzung), zu denen der erkrankte Partner eingeladen ist. Der Patient hat so die Möglichkeit,
einen Überblick über die Inhalte zu bekommen und eigene Befürchtungen und Wünsche in Bezug auf
die Gruppe zu äußern. Unter dem Gesichtpunkt „Kommunikation“ bietet die Teilnahme des erkrankten
Partners die Gelegenheit einen gleichen Kenntnisstand beider Partner zu erreichen und den Grundstein für die Kommunikation über das erkrankungsbezogene Krisenmanagement zu legen. In der Boostersitzung können sowohl die Teilnehmer als auch die Patienten über ihr Erleben der Gruppe sowie
Veränderungen durch die Teilnahme berichten. Jede Gruppe wird geschlossen für jede Erkrankungs-
11
gruppe angeboten. Bei der Umsetzung der Inhalte haben folgende, bereits in der Arbeit mit Gruppen
und/oder mit Angehörigen verwandte Elemente Eingang gefunden:
auf die Fragen der Teilnehmer bezogene Informationsvermittlung im Sinne
eines wechselseitigen Informationsflusses
(krankheits- und rehabilitationsbezogen) (Pitschel-Walz & Engel, 1997)
ressourcen- und selbstmanagementbasiertes Training
(Kanfer et al., 2000)
(Stressmanagement, Ressourcenaktivierung, Kommunikation)
Aktivierung sozialer Unterstützung für den Übergang ins
Intervention
Selbstmanagement
angeleitete Kleingruppenarbeit (n = 6-10)
1-4 wöchentliche Treffen innerhalb von 6 Monaten
(Wittmund et al. 2001b)
Arbeit im multidisziplinären Team (Wittmund et al., 2001b)
- mit Psychologen, Ärzten und Sozialarbeitern
- mit Verhaltenstherapeuten und systemischen Therapeuten
Abbildung 1: strukturelle Elemente der Durchführung eines Interventionsprogramms
Die Arbeit in Kleingruppen wird zu Beginn durch die Experten initiiert. Im Verlauf der Gruppe und mit
der Verlängerung der Intervalle zwischen den einzelnen Terminen nutzen die Teilnehmer die Kleingruppen selbstständig z. B. für die Bearbeitung von Hausaufgaben. Eine Hilfe bei der Vernetzung der
Teilnehmer ist dabei eine unter Zustimmung aller Beteiligten erstellte Telefonliste. Ein Manual der
Gruppenintervention wurde als Buch veröffentlicht (Wilms et al., 2006) und liegt diesem Bericht bei.
Tabelle 2 gibt einen Überblick über die im Rahmen des Projekts durchgeführten Gruppen.
B) Evaluation des Interventionsprogramms
In der Evaluation sollen möglichst differenziert die Effekte eines Interventionsprogramms auf die Partner depressiv oder schizophren Erkrankter untersucht werden. Dabei wurden sowohl die psychischen
als auch physische Beschwerden sowie ressourcenorientierte Variablen, wie beispielsweise die Lebensqualität, berücksichtigt. Als weitere Variablen werden neben dem Krankheitszustand des Patienten soziodemografische Variablen sowie Merkmale der Partnerschaft und der Erkrankung erhoben.
12
Tabelle 2: Übersicht über die durchgeführten Interventionsgruppen
Gruppen-Nr.
Diagnosegruppe
Teilnehmer (n)
Ort
1
F3
9
Leipzig
2
F3
5
Leipzig
3
F3
9
Leipzig
4
F3
9
Leipzig
5
F3
6
Leipzig
6
F3
5
Leipzig
7
F3
2
Brandis
8
F3
7
Magdeburg
9
F3
5
Magdeburg
10
F3
9
Halle
11
F2
6
Leipzig
12
F2
7
Leipzig
13
F2
4
Magdeburg
14
F2
3
Halle
Basierend auf den Ergebnissen der Studie sollen konkrete Anleitungen für die Durchführung von
Gruppenangeboten zur Unterstützung von Partnern psychisch Kranker erarbeitet werden und in Gestalt eines Manuals den Mitarbeitern psychiatrischer sowie psychosomatischer Versorgungs- oder Rehabilitationseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Diese sollen damit dazu angeregt werden,
die Partner ihrer Patienten mit einem „erweiterten“ Blick zu betrachten, ihre Nöte und Fragen an den
Behandlungsprozess besser zu verstehen sowie die Rolle der Angehörigen im Behandlungsprozess
stärker zu berücksichtigen und diese bei der Betreuung der Kranken stärker zu unterstützen.
13
1.4
Projektverlauf
1.4.1 Veränderungen hinsichtlich des Designs und des Untersuchungsinstrumentariums
Durch Verzögerungen bei der Einstellung der Mitarbeiter zu Projektbeginn verschob sich der Arbeits-,
Zeit- und Finanzierungsplan um 2 bzw. 3 Monate nach hinten: Projektbeginn war daher der 1.01.2001,
Projektende (nach ausgabenneutraler Laufzeitverlängerung um 3 Monate) der 31.01.2005.
Die unerwartet geringe Beteiligung der Angehörigen aus der 1. Förderphase sowie die unerwartet
geringe Rekrutierung von Probanden durch die Kooperationspartner machte eine Modifizierung des
Designs notwendig. Die Randomisierung der rekrutierten Teilnehmer auf eine Interventions- und eine
Wartegruppe, die nach 6 Monaten mit der Intervention beginnen sollte, musste aufgegeben werden,
da viele Teilnehmer nach der Wartezeit nicht mehr bereit waren, an der dann vorgesehenen Intervention teilzunehmen. Wir bildeten deshalb aus den Nicht-Teilnehmern eine unabhängige Kontrollgruppe
ohne Intervention. Abweichend vom ursprünglichen Design wurden im Rahmen der Kontrollgruppenerhebung 3 anstatt 2 Erhebungszeitpunkte parallel zu den Interventionsgruppen realisiert.
Außerdem wurde der Schwerpunkt der Rekrutierung auf die Partner depressiv Erkrankter verlagert,
um das geplante Ziel einer Datenerhebung bei 100 Personen dieser Erkrankungsgruppe zu erreichen.
Eine weitere Modifikation betrifft die Erweiterung um eine qualitative Studie zu den Motiven der Partner psychisch Kranker das Unterstützungsangebot in Anspruch zu nehmen oder nicht. Diese zusätzliche Studie wird im Abschnitt 1.7 näher beschrieben.
1.4.2 Personelle Veränderungen im Projektzeitraum
In personeller Hinsicht ergaben sich im Verlauf des Forschungsprojekts folgende Veränderungen:
Frau Dipl. Psych. Claudia Mory schied Ende April 2002 aus dem Projekt aus. Ihre Aufgaben wurden in
der Folge von Frau Dipl. Psych. Nadine Bull bis zum Abschluss des Projektes wahrgenommen.
Für die Unterstützung der Projektmitarbeiter bei der Realisierung der qualitativen Studie zu den Motiven der Inanspruchnahme eines Interventionsprogramms wurde im Zeitraum von Dezember 2003 bis
März 2004 Frau Dipl. Psych. Manja Musikowski als wissenschaftliche Hilfskraft beschäftigt.
Bei der Rekrutierung und Befragung der Kontrollgruppe wurden die Projektmitarbeiter durch einen
ärztlichen Mitarbeiters der Psychiatrischen Universitätsklinik (Herr Dr. med. Georg Schomerus) unterstützt. Dieser wirkte auch bei der Abfassung des Abschlussberichts mit. Die statistischen Auswertungen wurden durch Herrn Dipl. soz. Dirk Heider, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Psychiatrischen
Universitätsklinik, durchgeführt.
1.4.3 Hinderliche und förderliche Faktoren für die Projektdurchführung
Als hinderlich im Hinblick auf die Projektdurchführung erwiesen sich folgende Aspekte:
14
Wegen der relativ geringen Bereitschaft der Partner aus der 1. Förderphase (Projekt C 3) an dem
Nachfolgeprojekt teilzunehmen, konnte auf einen Großteil der bereits rekrutierten Personen nicht wie
erwartet zurückgegriffen werden, was zu einer erheblichen Verzögerung in der zeitlichen Planung
führte. Die Teilnehmer mussten somit zum größten Teil erst neu für das Unterstützungsprogramm
gewonnen werden.
Um den Zeitplan einzuhalten, wurde versucht, die Projektteilnehmer in den Kooperationseinrichtungen
zu rekrutieren, um auf diesem Weg mehr potentielle Nutzer des Programms zu gewinnen. Die Rekrutierung der Teilnehmer in den Kooperationseinrichtungen erforderte von den dort tätigen Mitarbeitern
einen hohen zeitlichen Aufwand, der aufgrund der knappen Personal- und Zeitressourcen allerdings
nicht immer zu gewährleisten war.
Nach ausführlicher Diskussion der Rekrutierungsschwierigkeiten anlässlich der Begehung des Projekts durch das Schwerpunktprojekt „Methoden“ im Reha-Forschungsverbund Berlin-BrandenburgSachsen (Prof. Brennecke, Hr. Schön) im Dezember 2002 wurde vereinbart, sich bei den
Rekrutierungsbemühungen auf die Gruppe der Partner depressiver Patienten zu konzentrieren und für
die Rekrutierung weitere Kooperationspartner zu gewinnen.
Das Studiendesign mit einer Randomisierung der Teilnehmer der Interventions- und Kontrollgruppe
führte vor allen Dingen in der Kontrollgruppe zu einer hohen Drop-out-Rate. Hier waren die Partner
nicht bereit ein halbes Jahr auf die Teilnahme am Unterstützungsprogramm zu warten. Oft führten
auch zwischenzeitliche Entwicklungen (z. B. Trennung des Paares, Besserung der Erkrankung, Tod
des erkrankten Partners) dazu, dass die Partner nicht mehr daran teilnehmen wollten.
Angesichts dieser Entwicklung entschieden wir uns, die Motive zur Teilnahme an dem Unterstützungsprogramm im Rahmen einer qualitativen Studie zu untersuchen (vgl. Abschnitt 1.7). Außerdem
wurde der für den Abschluss des Projektes geplante Transfer des Projektes in andere Behandlungsund Rehabiliationseinrichtungen vorverlegt.
Die Erhebung in den Kontrollgruppen wurde, wie bereits beschrieben, optimiert, um eine höhere Teilnehmerzahl und eine geringere Drop-out Rate zu erreichen. Die Randomisierung der Teilnehmer auf
Kontroll- und Interventionsgruppe musste dafür aufgegeben werden.
Als förderlich im Hinblick auf die Projektdurchführung erwiesen sich folgende Aspekte:
Für die Rekrutierung der Studienteilnehmer war die Zusammenarbeit mit den für das Projekt gewonnenen Kooperationspartnern besonders hilfreich. Die Mitarbeiter aus folgenden psychiatrischen Einrichtungen in Leipzig und Umgebung, in Magdeburg sowie Halle beteiligten sich an der Durchführung
der Evaluationsstudie:
•
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie am Universitätsklinikum Leipzig,
•
niedergelassene Psychiater und Neurologen der Stadt Leipzig,
•
Einrichtungen des städtischen Verbundes Gemeindenahe Psychiatrie der Stadt Leipzig,
•
Park-Krankenhaus Leipzig-Südost,
•
Fachklinikum Brandis,
•
Diakoniewerk Zschadraß,
•
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg sowie
15
•
Universitätsklinik und Poliklinik für Psychiatrie der Martin-Luther-Universität Halle.
Einige Partner nahmen von sich aus z. B. nach Zeitungsberichten über das Projekt, Veranstaltungen
des Projektes, aufgrund von Aushängen und Flyern oder über die Internetpräsenz des Projektes mit
den Projektmitarbeitern Kontakt auf und nahmen am Programm teil. Diese Personen wurden nach
Maßgabe der verfügbaren Gruppen sowohl in das Interventionsprogramm als auch in die Kontrollgruppenbefragung eingegliedert, so dass insgesamt die Gefahr einer Ergebnisverzerrung durch eine
Population besonders engagierter Angehöriger als gering einzuschätzen ist.
16
1.5
Erhebungs- und Auswertungsmethodik
1.5.1 Studiendesign
Um zeitliche Verläufe und Veränderungsprozesse sowie erkrankungsspezifische Unterschiede erfassen zu können, wurde ein prospektives Untersuchungsdesign für zwei unterschiedliche Diagnosegruppen entwickelt. Es handelt sich hierbei um die ICD-10-Diagnosen affektive Störungen
(F32/33/34.1) und Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis (F20). Der Untersuchungsplan
sah für jede Diagnosegruppe die Befragung von 100 Ehe- und Lebenspartnern in der Interventionsgruppe oder der Kontrollgruppe vor. Ein wesentliches Einschlusskriterium für die Teilnahme an der
Befragung der Partner war - neben der psychiatrischen Diagnose - das Zusammenleben im selben
Haushalt, da dies als Indikator für eine gewisse zeitliche Persistenz der Beziehung, einen nennenswerten Grad an „Mit-Betroffenheit“ und „Miterleben“ der Erkrankung und einen daraus resultierenden
Unterstützungsbedarf erachtet wurde. Die Rekrutierung der Studienteilnehmer erfolgte im Wesentlichen über die Patienten psychiatrischer Einrichtungen, die die o.g. diagnostischen Einschlusskriterien
erfüllten.
Das prospektive Studiendesign beinhaltete die Befragung der Partner in der Interventionsgruppe zu
vier Zeitpunkten – unmittelbar vor und nach der Teilnahme (Prä-Post-Vergleich), 3 Monate und 9 Monate nach Abschluss des Programms. Die Partner, die einer Kontrollgruppe zugeordnet wurden, haben an den ersten drei Erhebungszeitpunkten parallel zur Interventionsgruppe teilgenommen, ohne
professionelle Unterstützung zu erfahren.
1.5.2 Zugangswege und Rekrutierung
Um Selektionseffekte zu minimieren, erfolgte die Rekrutierung der Studienteilnehmer nicht über organisierte Angehörigengruppen und –verbände, sondern über psychiatrische Einrichtungen in Leipzig
und in Kooperationskliniken. In einem ersten Schritt wurden Mitarbeiter der Einrichtungen gebeten, die
Patienten, die die diagnostischen Einschlusskriterien der Studie erfüllten und die mit einem (Ehe)Partner zusammenlebten, über die geplante Untersuchung zu informieren. Es wurden insgesamt 413
Patienten kontaktiert, von denen 312 (75,5%) an einer Depression (n=312) und 101 (24,5%) an einer
Schizophrenie erkrankt waren. Insgesamt stimmten bei den depressiv Erkrankten 117 Angehörige
(37,5%) einer Teilnahme an der Studie zu. Bei den schizophren Erkrankten war das 39 Angehörige
(38,6%).
17
1.5.3 Drop-out-Kontrolle
1.5.3.1 Stichprobenpflege
Die Teilnahme an der Untersuchung war für die Studienteilnehmer mit einem nicht unerheblichen
Aufwand sowohl in zeitlicher (z. B. Teilnahme an drei bzw. vier Erhebungszeitpunkten, Teilnahme an
den Gruppentreffen) als auch teilweise in finanzieller Hinsicht (z. B. Fahrtkosten) verbunden. Jeder
Studienteilnehmer erhielt deshalb als Aufwandsentschädigung 50,- €. Den Teilnehmern an den Kontrollgruppen wurde darüber hinaus ein Jahreslos der Aktion Mensch angeboten. Außerdem wurde
zwischen den einzelnen Befragungszeitpunkten der Kontakt zu den Studienteilnehmern intensiv gepflegt (z.B. durch Grußkarten zu Feiertagen). Auf diese Art und Weise wurde versucht, auch diejenigen Angehörigen für eine mehrmalige Teilnahme an der Befragung zu gewinnen, die sich andernfalls
möglicherweise nicht dazu bereitgefunden hätten.
1.5.3.2
Teilnehmer und Studienabbrecher im Projektverlauf
Die Drop-out Raten in den beiden Interventionsgruppen sind unterschiedlich (Abbildung 2): während
nur 10 von 66 Partnern depressiv Erkrankter ausschieden, beendeten 12 von 20 Partnern schizophren
Erkrankter die Studie nicht. Gründe für ein Ausscheiden waren fehlendes Interesse, das Gruppenangebot weiter zu besuchen, die Trennung des Paares, das Versterben eines Partners oder die Besserung der Symptomatik, so dass die Teilnahme am Unterstützungsprogramm nicht länger als notwendig erachtet wurde. Von weiteren 14 Personen (sechs aus der Gruppe der Partnern depressiver und
acht aus der Gruppe der Partner schizophrener Patienten) liegen keine vollständigen Daten über alle
Erhebungszeitpunkte vor. Gründe hierfür liegen u.a. in dem Versterben eines Partners, der Trennung
des Paares oder der fehlenden Bereitschaft zur weiteren Teilnahme. Diese Personen wurden soweit
Daten vorliegen in die Evaluation einbezogen. Die Drop-out Rate der Kontrollgruppe Schizophrenie
war sehr gering (2 von 19). In der Kontrollgruppe Depression konnten zunächst 10 von 50 Probanden
zu T1 nicht mehr kontaktiert werden, erneute Kontaktversuche zu T2 machten in 3 Fällen jedoch die
Erhebung der Daten zur letzten Befragung möglich. Gründe hierfür waren Wohnungswechsel sowie in
einem Fall die vorübergehende Trennung des Paares.
18
Kontaktierte Personen (n=413)
T0
T1
Partner depressiver Patienten (n=312)
Partner schizophrener Patienten (n=101)
Zusage
Ablehnung der
Zusage
Teilnahme
zur
Teilnahme
Teilnahme
Teilnahme
(n=116)
(n=196)
(n=39)
(n=62)
KG (n=50)
IG (n=66)
KG (n=19)
IG (n=20)
KG (n=40)
Drop
Drop
T2
KG (n=43)
out
KG
(n=10)
(n=0),
out
IG (n=60)
Drop
out
IG
(n=6)
zur
KG (n=18)
Ablehnung
Drop out KG
(n=1)
IG (n=14)
der
Drop
out
IG
out
IG
out
IG
(n=6)
KG
erneut
kontaktiert
IG (n=58)
Drop
out
IG
(n=2)
KG (n=17)
Drop out KG
(n=1)
IG (n=12)
Drop
(n=2)
(n=3)
keine
T3
Kontroll-
gruppen-
IG (n=56)
erhebung
Drop
(n=2)
out
IG
keine
Kontroll-
gruppen-
IG (n=8)
erhebung
Drop
(n=4)
(IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe)
Abbildung 2: Übersicht zur Rekrutierung und den Drop outs über alle Erhebungszeitpunkte
und für beide Erhebungswellen.
1.5.4 Datenerhebung: Methoden und Instrumente
Tabelle 3 gibt einen Überblick über die zur Evaluation des Interventionsprogramms benutzten Erhebungsinstrumente. Daraus ist auch zu entnehmen, zu welchen Erhebungszeitpunkten diese eingesetzt wurden.
Soziodemographische Daten wurden mit einem Fragebogen erfasst, der nach den Empfehlungen der
verbundübergreifenden Methodengruppe der Reha-Forschungsverbünde (Deck und Röckelein 1999)
zusammengestellt worden war. Dabei wurden die Partner gebeten, auch einige Angaben zum Patienten zu machen. Es werden u. a. Fragen zum Alter und Geschlecht, Kindern, der Ausbildung, Erwerbstätigkeit, Einkommenssituation der Familie, der Dauer der Partnerschaft, der Dauer der Erkrankung,
Art der gegenwärtigen Behandlung des Erkrankten, eigener psychischer Erkrankung und körperlicher
Beeinträchtigung der betreuenden Partner sowie weiteren unterstützten Personen gestellt.
19
Tabelle 3: Übersicht über die Erhebungsinstrumente
Zielvariable
Instrument
T0
T1
T2
T3
befragte Gruppen:
IG + KG
IG + KG
IG + KG
IG
Fragebogen (Eigenentwicklung in Anleh-
soziodemo-
nung an die Empfehlungen von (Deck &
graphische Daten
Röckelein, 1999)
X
X
deutschsprachige Version des WHO Insubjektive
Lebens- struments zur Erfassung der Lebensqualität
qualität
(Kurzform) (WHOQOL-BREF) (Angermeyer X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
et al., 2000b)
psychosomatische
Kurzform des Gießener Beschwerdebogens
Beschwerden
(GBB-24) (Brähler & Scheer, 1995)
Beck-Depressions-Inventar (BDI) (dt. Bear-
psychische
Be-
schwerden und Symptome
beitung von (Hautzinger et al., 1994)
Beck-Angst-Inventar (BAI) (dt. Bearbeitung
von Margraf und Ehlers 2000)
Maslach Burnout Inventory (MBI) (Enzmann
& Kleiber, 1989) (adaptiert für Partner)
Akzeptanz / Evaluati-
X
on des Interventions- Fragebogen (Eigenentwicklung)
(nur IG)
programms
Krankheitszustand
General Assessment of Functioning (GAF)
des Patienten
(Piersma & Boes, 1997)
X
(T = Befragungszeitpunkt, IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe)
X
X
X
Die subjektive Lebensqualität der Angehörigen wurde mit der deutschen Version der Kurzform des
WHO Instruments zur Erfassung der Lebensqualität (WHOQOL-BREF (Angermeyer et al. 2000) erfragt. Es besteht aus 26 Items, die zu 4 Domänen physisches Wohlbefinden, psychisches Wohlbefinden, soziale Beziehungen, Umwelt) und einer Globalbeurteilung zusammengefasst werden. Vergleiche mit verschiedenen Referenzgruppen sind möglich, da für dieses Instrument sowohl Daten einer
repräsentativen Stichprobe der gesamtdeutschen Allgemeinbevölkerung als auch Daten verschiedener Patientengruppen vorliegen.
Bei der Erhebung aktueller psychosomatischer Beschwerden kam die Kurzfassung des Gießener
Beschwerdebogens (GBB 24) von Brähler & Scheer (1995) zum Einsatz. Gegenüber vergleichbaren
Instrumenten bietet der GBB den Vorteil, dass aktuelle Referenzdaten (Normierung des GBB-24: 1995
1
und 2001 ; vgl. auch Brähler et al., 2000, Klaiberg und Brähler eingereicht) sowohl für die gesamt-
1
Wir bedanken uns bei Herrn Prof. E. Brähler für die Bereitstellung der aktuellen Normierungsdaten aus der Repräsentativbe-
fragung 2001 zur Auswertung der Daten.
20
deutsche Bevölkerung als auch speziell für die Bevölkerung der neuen Bundesländer vorliegen. Der
Kurzform des GBB liegen faktoranalytisch 4 Einzelskalen (Erschöpfung, Gliederschmerzen, Magenbeschwerden, Herzbeschwerden) zugrunde, die zu einem Gesamtwert summiert werden können (Skala
Beschwerdedruck). Im GBB-24 wird die Intensität der Beschwerden anhand einer 5-stufigen Ratingskala eingeschätzt.
Die psychischen Beschwerden und Symptome wurden sowohl mit dem Beck-Depressions-Inventar
(BDI) (dt. Bearbeitung Hautzinger et al., 1994) als auch mit dem Beck-Angst-Inventar (BAI) (dt. Bearbeitung Margraf und Ehlers) 2 erhoben. Der BDI erfasst als Selbstbeurteilungsinstrument die Schwere der depressiven Symptomatik mit Hilfe von 21 Items mit je 4 abgestuften Aussagen zu typischen
depressiven Symptomen. In nicht-klinischen Studien bzw. Bevölkerungsstudien wird er vielfach als
Screeninginstrument zur Auswahl depressiv auffälliger Personen eingesetzt.
Der BAI erfasst mit Hilfe von 21 Items klinisch relevante Angstsymptome. Der BAI eignet sich insbesondere für die Evaluation und Qualitätssicherung von Therapiemaßnahmen und für die Verlaufsmessung. Der BAI-Wert erlaubt eine Aussage über den Schweregrad der subjektiv erlebten Angst. Vergleichsdaten für die Allgemeinbevölkerung und für Patienten mit Angststörungen stehen zur Verfügung. Bei beiden Fragebögen werden die Rohwerte aller Items für die Auswertung und Interpretation
summiert. Es werden keine weiteren Skalen oder Dimensionen unterschieden.
Die mit der Unterstützung der Erkrankten verbundenen Burnout-Gefühle, werden auf der Basis des
Maslach Burnout Inventory (MBI) (Maslach et al., 1996, deutsche Bearbeitung von Enzmann und
Kleiber, 1989) erhoben. Der MBI besteht aus drei Skalen: emotionale Erschöpfung (9 Items), Depersonalisierung (5 Items) und persönliche Leistungsfähigkeit (8 Items), die jeweils einzeln ausgewertet
werden. Der Fragebogen wurde für die Befragung von Partnern angepasst. Die Qualität der Skalen
bleibt dennoch gewährleistet (vgl. Angermeyer et al., im Druck). Über die Normierung kann der Bezug
zu anderen Personen, die psychisch Kranke betreuen, bzw. zu anderen Berufsgruppen hergestellt
werden. Eine Einschätzung inwieweit die Ausprägung des Burnout als geringfügig, moderat oder stark
anzusehen ist, ist möglich.
Für die Untersuchung der Beurteilung des Interventionsprogramms durch die Teilnehmer wurde
von uns auf der Basis von Fragebögen zur Therapieevaluation ad hoc ein Instrument entwickelt. Am
Ende der Booster-Session wurden die Teilnehmer gebeten, das Programm aus ihrer Sicht zu beurteilen. Zum einen sollte die inhaltliche Gestaltung des Programms und die Qualität der Durchführung der
Gruppen durch die Teilnehmer eingeschätzt werden. So wird erfragt, über welche Inhalte die Teilnehmer gern mehr erfahren hätten und welche Inhalte entbehrlich / nicht erforderlich waren. Mit Hilfe einer
fünfstufigen Likert-Skala (1 – sehr gut bis 5 – mangelhaft) soll beurteilt werden, ob die Darstellungen
passend und die Mitarbeiter ausreichend vorbereitet waren, ob die inhaltlichen Wünsche berücksichtigt wurden und ob die Teilnehmer zur Mitarbeit angeregt wurden. Zum anderen soll ein Urteil abgege-
2
Wir bedanken uns bei Herrn Prof. J. Margraf für das zur Verfügung stellen des zu Studienbeginn noch unveröffentlichten
Handbuches zur deutschen Version des BAI.
21
ben werden, ob das Programm hilfreich war (0 – gar nicht bis 4 – sehr stark). Welche Aspekte des
Programms konkret hilfreich waren, wird anhand von Ja-Nein-Entscheidungsfragen erfasst. Weiterhin
sollen Aspekte benannt werden, die aus der Sicht des Teilnehmers in dem Programm gefehlt haben.
Aussagen, ob die Teilnehmer das Programm weiterempfehlen würden und ob sie auch nach den organisierten Gruppentreffen Kontakt zu anderen Teilnehmern halten werden, sollen Hinweise auf den
Erfolg des Programms geben.
Um den aktuellen Grad der funktionellen Beeinträchtigung der Kranken zu erfassen, wurden die Partner gebeten, zu jedem Untersuchungszeitpunkt auch eine Beurteilung des Erkrankten anhand der
Globalen Funktionsprüfung (Global Assessment of Functioning, GAF) vorzunehmen (vgl. Saß, Wittchen & Zaudig, 1998). Diese Vorgehensweise wurde gewählt, weil sonst nur zum ersten Messzeitpunkt eine ärztliche Information über den aktuellen Zustand des Patienten zur Verfügung gestanden
hätte und aus der Vorgängerstudie bekannt war, dass die Einschätzung durch den behandelnden Arzt
und durch die Lebenspartner recht gut übereinstimmt (siehe auch Birkner, 2001). Die GAF-Skala ermöglicht die Erfassung des allgemeinen Funktionsniveaus des Erkrankten im psychischen, sozialen
und beruflichen Kontext. Das Funktionsniveau wird dabei auf einem hypothetischen Kontinuum zwischen 1 und 100 bestimmt. Die Einordnung wird durch Beispiele von möglichen Einschränkungen und
verbale Beschreibungen erleichtert. Hohe Werte deuten auf wenige oder keine Beeinträchtigungen
hin, während niedrige Werte auf starke Beeinträchtigungen hinweisen.
1.5.5 Quantitative Auswertung
Die Auswertung der quantitativ erhobenen Daten erfolgte in STATA. Zum Vergleich der Daten des
ersten Erhebungszeitpunktes wurden Normierungen der einzelnen Fragebögen hinzugezogen. Zur
gleichzeitigen Messung der Zeiteffekte (within effects) als auch der Effekte zwischen den Personen
(between effects) wurden die mit den verschiedenen Instrumenten erhobenen Werte als jeweilige
abhängige Variable in random-effects Regressionsmodellen für unbalancierte Paneldaten eingesetzt.
Auf den Einsatz einer Bonferroni-Korrektur wurde verzichtet. Die Notwendigkeit der Verwendung von
random-effects Modellen ergibt sich aus der Panelstruktur der Daten mit maximal 4 Beobachtungen
pro Person. Anders als in herkömmlichen multiplen Regressionmodellen gilt für random-effects Modelle die Annahme unabhängiger Beobachtungen nicht. Als Regressoren fungierten soziodemographische Variablen wie Alter, Geschlecht und Schulbildung sowie eine Variable für die Zugehörigkeit zu
Interventions- oder Kontrollgruppe. Außerdem enthalten alle Modelle eine Zeitvariable und einen Interaktionsterm dieser Zeitvariable mit der Studiengruppenvariable. In der Zeitvariable werden die vier
Beobachtungszeitpunkte mit den Werten 0-3 bezeichnet. Durch den Eingang der Zeitvariable als metrische Variable ins Regressionsmodell gehen wir von einem linearen Verlauf der Zeiteffekte aus.
22
1.6
Ergebnisse
1.6.1 Stichprobencharakteristik
Insgesamt haben 155 Partner von depressiv und schizophren erkrankten Menschen mit einer Teilnahme an der Studie begonnen und den ersten und zweiten Erhebungszeitpunkt abgeschlossen. Dabei handelte es sich um eine Stichprobe von 116 (Ehe-) Partnern von Patienten mit Depression sowie
39 (Ehe-) Partner von Patienten mit Schizophrenie. Von den Partnern depressiv Erkrankter wurden
insgesamt 66 einer Interventionsgruppe und 50 einer Kontrollgruppe zugeordnet. Von den Partnern
schizophren erkrankter Menschen nahmen 20 an einer Intervention und 19 an der Datenerhebung für
eine Kontrollgruppe teil. Nachfolgend werden die daraus resultierenden Stichproben soziodemografisch beschrieben.
Tabelle 4: Soziodemografische Merkmale (Alter, Geschlecht, Familienstand) der Teilstichproben
Alter
Geschlecht
Dep IG
Dep KG
Schiz IG
Schiz KG
n (%)
n (%)
n (%)
n (%)
18-30 Jahre
2 (3,0)
5 (10,0)
0 (0,0)
0 (0,0)
31-40 Jahre
10 (15,2)
7 (14,0)
3 (15,0)
2 (10,5)
41-50 Jahre
15 (22,7)
8 (16,0)
6 (30,0)
6 (31,6)
51-60 Jahre
13 (19,7)
14 (28,0)
4 (20,0)
6 (31,6)
61-70 Jahre
24 (36,4)
14 (28,0)
7 (35,0)
4 (21,1)
> 70 Jahre
2 (3,0)
2 (44,0)
0 (0,0)
1 (5,3)
MW ± SA
52,7 ± 11,7
51,4 ± 13,8
52,1 ± 10,1
53,4 ± 10,1
Minimum
26
23
34
36
Maximum
79
74
69
75
weiblich
28 (42,4)
28 (56,0)
8 (40,0)
6 (31,6)
männlich
38 (57,6)
22 (44,0)
12 (60,0)
13 (68,4)
4 (6,1)
8 (16,0)
3 (15,0)
1 (5,3)
verheiratet
57 (86,4)
38 (76,0)
14 (70,0)
16 (84,2)
geschieden
4 (6,1)
2 (4,0)
3 (15,0)
2 (10,5)
verwitwet
1 (1,5)
2 (4,0)
0 (0,0)
0 (0,0)
58 (87,9)
42 (84,0)
16 (80,0)
16 (84,2)
Familien-
ledig,
stand
gemeinschaft lebend
Kinder
in
Lebens-
ja
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
23
Insgesamt wurden 85 (54,8%) männliche Partner und 70 (45,2%) weibliche Partner untersucht, die
wie in Tabelle 4 dargestellt auf die einzelnen Teilstichproben verteilt sind. Das durchschnittliche Alter
der teilnehmenden Partner beträgt 52,3 Jahre (SA=11,9), wobei zwischen den vier Teilstichproben
keine signifikanten Altersunterschiede bestehen. Ein Großteil (80,7%) der untersuchten Partner ist mit
der erkrankten Person verheiratet. 85,2% der Paare haben Kinder, bei 27,6% der Teilnehmer leben
minderjährige Kinder im selben Haushalt.
Die Hälfte der untersuchten Partner (50,3%) hat die Realschule oder Polytechnischen Oberschule bis
zur 10. Klasse absolviert, insgesamt 40,0% haben eine Lehre abgeschlossen (vgl. Tabelle 5).
Tabelle 5: Soziodemografische Merkmale (Schul- und Berufsausbildung) der Teilstichproben
Schulbildung
Dep IG
Dep KG
Schiz IG
Schiz KG
n (%)
n (%)
n (%)
n (%)
11 (16,7)
6 (12,0)
3 (15,0)
5 (26,3)
36 (54,6)
24 (48,0)
8 (40,0)
10 (52,7)
18 (27,3)
18 (36,0)
6 (30,0)
4 (21,1)
1 (1,5)
2 (4,0)
3 (15,0)
0 (0,0)
Lehre
24 (36,4)
21 (42,0)
8 (40,2)
9 (47,4)
Berufsfachschule
8 (12,1)
7 (14,0)
2 (10,0)
1 (5,3)
Fachschule
8 (12,1)
4 (8,0)
2 (10,0)
1 (5,3)
Fachhochschule
14 (21,2)
5 (10,0)
2 (10,0)
5 (26,3)
10 (15,2)
10 (20,0)
5 (25,0)
2 (10,5)
0 (0,0)
2 (4,0)
0 (0,0)
0 (0,0)
2 (3,0)
0 (0,0)
1 (5,0)
1 (5,3)
0 (0,0)
1 (2,0)
0 (0,0)
0 (0,0)
Hauptschulabschluss
Realschulabschluss
bzw.
Polytechnische Oberschule
Abitur
bzw.
Fachhoch-
schulreife
anderer Abschluss
Berufsausbildung
Universität oder Hochschule
anderer Abschluss
noch in beruflicher Ausbildung
keine Berufsausbildung
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
24
Der Grad der gegenwärtigen Erwerbstätigkeit der befragten Partner ist in Tabelle 6 dargestellt. Insgesamt haben 41,9% der Partner eine Vollzeitbeschäftigung. 7,7% der Partner sind arbeitslos, 5,16%
beziehen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente, 30,3% beziehen Altersrente. Der überwiegende Teil
der Partner ist über die Bundesversicherungsanstalt (53,0%) oder eine Landesversicherungsanstalt
(34,4%) rentenversichert. In knapp zwei Drittel der Partnerschaften (61,3%) ist der befragte Partner
Hauptverdiener der Familie.
Von den erkrankten Partnern beziehen 50,3% eine Rente, 24,5% sind erwerbstätig, 13,3% erhalten
Krankengeld und 7,3% Arbeitslosengeld. 4,6% haben kein eigenes Einkommen. Tabelle 7 zeigt die
Einkommenssituation der Erkrankten in den verschiedenen Teilnehmergruppen.
Tabelle 6: Soziodemografische Merkmale (Erwerbstätigkeit des befragten Partners) der
Teilstichproben
Dep IG
Dep KG
Schiz IG
Schiz KG
n (%)
n (%)
n (%)
n (%)
33 (50,0)
15 (30,0)
8 (40,0)
9 (47,4)
ja, mindestens halbtags
2 (3,0)
7 (14,0)
0 (0,0)
0 (0,0)
ja, weniger als halbtags
0 (0,0)
1 (2,0)
2 (10,0)
0 (0,0)
in Ausbildung
0 (0,0)
3 (6,0)
0 (0,0)
0 (0,0)
arbeits- bzw. erwerbslos
5 (7,6)
5 (10,0)
2 (10,0)
1 (5,3)
2 (3,0)
2 (4,0)
2 (10,0)
2 (10,5)
20 (30,3)
16 (32,0)
4 (20,0)
6 (31,6)
1 (1,5)
1 (2,0)
0 (0,0)
1 (5,3)
1 (1,5)
0 (0,0)
1 (5,0)
0 (0,0)
2 (3,0)
0 (0,0)
1 (5,0)
0 (0,0)
Erwerbstätigkeit
ja, ganztags
Erwerbs-
bzw.
Berufsunfähig-
keitsrente
Altersrente
Hausfrau / -mann
Umschulung/
Arbeitsförderungs-
maßnahme
sonstiges (z. B. vorübergehende
Freistellung)
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
25
Tabelle 7: Soziodemografische Merkmale (Erwerbstätigkeit des befragten Partners) der Teilstichproben
Einkommenssituation des Erkrankten
Dep IG
Dep KG
Schiz IG
Schiz KG
n (%)
n (%)
n (%)
n (%)
... aus Erwerbstätigkeit
17 (26,2)
12 (25,5)
4 (20,0)
3 (15,8)
... aus Rente
31 (47,7)
19 (40,4)
11 (55,0)
16 (84,2)
... aus Krankengeld
10 (15,4)
8 (17,0)
3 (15,0)
0 (0,0)
4 (6,2)
5 (10,6)
2 (10,0)
0 (0,0)
0 (0,0)
1 (2,1)
0 (0,0)
0 (0,0)
4 (6,2)
2 (4,3)
0 (0,0)
0 (0,0)
Eigenes Einkommen ...
... aus Arbeitslosengeld/ -hilfe
... aus Erwerbstätigkeit und Krankengeld
kein eigenes Einkommen
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
Die Höhe des monatlichen Netto-Haushaltseinkommens ist für die vier Teilgruppen in Tabelle 8 dargestellt.
Tabelle 8: Höhe des monatlichen Netto-Haushaltseinkommens der Teilstichproben
Höhe
des
monatlichen
Netto-Haushalts-
Dep IG
Dep KG
Schiz IG
Schiz KG
einkommens
n (%)
n (%)
n (%)
n (%)
unter 500 €
1 (1,6)
1 (2,2)
1 (5,6)
0 (0,0)
500 bis unter 1000 €
2 (3,1)
5 (10,9)
3 (16,7)
3 (15,8)
1000 bis unter 1500 €
12 (18,8)
14 (30,4)
3 (16,7)
5 (26,3)
1500 bis unter 2000 €
24 (37,5)
10 (21,7)
4 (22,2)
6 (31,6)
2000 bis unter 2500 €
11 (17,2)
7 (15,2)
5 (27,8)
4 (21,1)
2500 bis unter 3000€
7 (10,9)
6 (13,0)
2 (11,1)
0 (0,0)
3000 bis unter 3500 €
4 (6,3)
2 (4,4)
0 (0,0)
1 (5,3)
über 3500 €
3 (6,3)
1 (2,2)
0 (0,0)
0 (0,0)
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
26
Die Angaben zur Dauer der Partnerschaft und zur Dauer der Erkrankung sowie Behandlung sind in
Tabelle 9 aufgeführt. Der durchschnittliche persönliche oder telefonische Kontakt zwischen den beiden zusammenlebenden Partnern beträgt 54,3 Stunden pro Woche (SA=38,4) und unterscheidet sich
zwischen den Gruppen nicht.
Tabelle 9: Soziodemografische Merkmale der Teilstichproben (Eigenschaften der Partnerschaft, Eigenschaften der Erkrankung, Arten der Betreuung des Erkrankten)
Dep IG
Dep KG
Schiz IG
Schiz KG
25,3 ± 13,1
25,2 ± 12,7
22,2 ± 14,1
21,1 ± 11,9
11,4 ± 9,5
10,2 ± 10,9
15,0 ± 10,5
22,5 ± 12,3
8,0 ± 9,1
7,8 ± 10,2
11,9 ± 10,9
22,0 ± 11,4
n (%)
4(6,1)
9 (18,0)
1 (5,0)
3 (15,8)
n (%)
38 (59,4)
25 (59,5)
16 (84,2)
9 (52,9)
n (%)
45 (70,3)
22 (52,4)
15 (79,0)
13 (76,5)
n (%)
8 (12,5)
13 (31,0)
2 (10,5)
1 (5,9)
stationäre Behandlung
n (%)
19 (29,7)
8 (19,1)
5 (26,3)
0 (0,0)
betreute Wohnform
n (%)
0 (0,0)
0 (0,0)
2 (10,5)
0 (0,0)
gerichtlich eingesetzter Betreuer
n (%)
0 (0,0)
0 (0,0)
2 (10,5)
1 (5,9)
Rehabilitationseinrichtung
n (%)
1 (1,6)
3 (7,1)
0 (0,0)
0 (0,0)
andere (z. B. SHG)
n (%)
2 (3,1)
0 (0,0)
1 (5,3)
0 (0,0)
MW ± SA (in
Dauer der Beziehung
Jahren)
Dauer des psychischen
MW ± SA
Problems
(in Jahren)
MW ± SA
Dauer der Behandlung
gegenwärtige
Arten
(in Jahren)
der
Be-
handlung / Betreuung
(Mehrfachnennungen möglich)
keine Behandlung
ambulant durch Hausarzt oder
andere Fachärzte
ambulant durch niedergelassenen
Psychiater oder Neurologe
teilstationäre Behandlung
(Tagesklinik)
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
27
Insgesamt nahmen nur 11,0% der erkrankten Partner (n=17) zum Zeitpunkt der ersten Befragung
keinerlei Behandlungsangebot in Anspruch. Im Mittel geben 23,4% der Teilnehmer an der Studie an,
selbst schon einmal unter einer psychischen Erkrankungen gelitten zu haben. Dabei beträgt der Anteil
in der Interventionsgruppe Schizophrenie 35,0%, in der Kontrollgruppe Depression 28,0%, in der Interventionsgruppe Depression 20,0%, und bei den Teilnehmern an der Kontrollgruppe Schizophrenie
10,5%. 14,9% der befragten Partner waren zum Zeitpunkt der Erhebung noch in nervenärztlicher Behandlung, 10,3% wurden schon einmal teil- oder vollstationär psychiatrisch behandelt.
1.6.2 Baseline-Erhebung
Nachfolgend werden die Ergebnisse der Datenerhebung zum ersten Zeitpunkt (T 0) vorgestellt. Zum
Vergleich werden – sofern vorhanden - die Normierung der einzelnen Instrumente bzw. Daten von
Referenzstichproben hinzugezogen.
Das psychische Befinden der Partner wurde mit dem Beck-Depressions-Inventar (BDI) sowie dem
Beck-Angst-Inventar (BAI) erfasst. Die Mittelwertunterschiede zwischen den vier untersuchten Gruppen sind zum 1. Messzeitpunkt in Bezug auf den BDI nicht signifikant. Zwischen 6,1% und 27,8% der
Probanden in den vier Gruppen weisen eine klinisch relevante Depression auf: Ihre BDI-Ergebnisse
liegen mindestens 2 Standardabweichungen über den Werten einer gesunden Probandengruppe.
Weitere Partner weisen milde bis mäßige Ausprägungen von depressiven Symptomen auf. Bei den
Partnern depressiv Erkrankter sind das bis zu 27,1% der befragten Personen (vgl. Tabelle 10). Insgesamt unterscheidet sich das Ausgangsniveau im BDI nur wenig von dem einer gesunden Probandengruppe (MW 6,5 Punkte, SA 5,2) (Hautzinger, 1987) .
Tabelle 10: Beck-Depressions-Inventar (BDI)
Skala
Gruppe
MW
SA
Minimum Maximum
Bezug zur Normierung n (%) 3
milde bis mäßige
Ausprägung
depressiver
des BDI
Gesamtrohwert
Symptome
depressive
Symptome
Dep IG (n=66)
7,0
5,8
0
28
11 (16,7)
4 (6,1)
Dep KG (n=48)
9,1
7,6
0
43
13 (27,1)
4 (8,3)
Schiz IG (n=18)
11,7
9,6
0
31
3 (16,7)
5 (27,8)
SchizKG (n=19)
7,6
8,5
0
35
2 (10,5)
2 (10,5)
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
3
klinisch relevante
Normierung gemäß Handbuch des BDI (Hautzinger et al. 1995(Hautzinger et al., 1994)); es erfolgt keine Darstellung für die
Kategorie „unauffällig in Bezug auf Depressivität“
28
Die Mittelwerte der vier Untersuchungsgruppen im BAI sind signifikant unterschiedlich (ANOVA,
p=0,004). Die Partner schizophrener Patienten der Interventionsgruppe weisen die durchschnittlich
höchsten Werte im BAI auf. Insgesamt ist in dieser Gruppe ein Viertel der Personen von klinisch relevanten Angstsymptomen betroffen (vgl. Tabelle 11), ein weiteres Viertel hat milde oder moderate
Symptome. Nach Margraf und Ehlers (2000) leiden auch von diesen Probanden mit milden oder moderaten Angstsymptomen etwa 90% an einer Angststörung. Somit liegt auch bei etwa einem Drittel
der Partner depressiv Erkrankter wahrscheinlich eine Angststörung vor, während die Teilnehmer der
Kontrollgruppe Schizophrenie verhältnismäßig selten von Angstsymptomen betroffen sind. Allerdings
unterscheidet sich nur der Mittelwert der Interventionsgruppe Schizophrenie relevant von einer repräsentativen Stichprobe verheirateter Ostdeutscher, die einen Mittelwert von 4,6 (SA 6,3) aufwies
(Margraf & Poldrack, 2000).
Tabelle 11: Beck-Angst-Inventar (BAI)
BAI
Gesamtrohwert des
Skala Gruppe
MW
SA
Bezug zur Normierung n (%) 4
Minimum Maximum
milde
moderate
klinisch relevan-
Angst
Angst
te Angst
Dep IG (n=66)
6,2
7,5
0
40
13 (19,7)
6 (9,1)
1 (1,5)
Dep KG (n=48)
7,8
8,0
0
32
12 (25,0)
4 (8,3)
3 (6,3)
Schiz IG (n=19)
13,3 14,6
0
47
4 (21,1)
1 (5,3)
5 (26,3)
3,5
0
18
1 (5,6)
1 (5,6)
0 (0,0)
Schiz KG
(n=18)
5,1
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
Das Ausmaß des Burnout der Probanden wurde mit Hilfe des Maslach Burnout Inventory (MBI) erhoben. Die entsprechende Werte der vier Gruppen sind in Tabelle 12 dargestellt. Während bei den Partnern der depressiv Erkrankten nur geringe Unterschiede zwischen der Interventions- und Kontrollgruppe bestehen, leiden bei den Partnern schizophrener Patienten vor allen Dingen die Personen in
der Interventionsgruppe stärker an emotionaler Erschöpfung und Depersonalisierung als in der Kontrollgruppe. Dies spiegelt sich auch in der Häufigkeit der Personen mit starken Burnoutsymptomen
wider. Die Mittelwerte aller Gruppen für emotionale Erschöpfung und Depersonalisierung sind signifikant unterschiedlich (ANOVA, p=0.04 bzw. p=0.05). Insgesamt leidet ein erheblicher Anteil der Probanden an Burnoutsymptomen, zum Beispiel sind hinsichtlich der persönlichen Leistungsfähigkeit die
Hälfte bis zwei Drittel der Studienteilnehmer stark betroffen.
4
Normierung gemäß Handbuch des BAI (Margraf und Ehlers 2000); es erfolgt keine Darstellung für die Kategorie „minimale
Angst“
29
Tabelle 12: Maslach Burnout Inventory (MBI)
Skala
Gruppe
MW
SA
Minimum Maximum
Bezug zur Normierung n (%) 5
mittelgradiges
emotionale Erschöpfung
Burnout
Dep IG
(n=64)
Dep KG
(n=49)
Schiz IG
(n=19)
Schiz KG
(n=19)
Depersonalisierung
Dep IG
(n=66)
Dep KG
(n=49)
Schiz IG
(n=20)
Schiz KG
Dep IG
(n=63)
fähigkeit
persönliche Leistungs-
(n=19)
Dep KG
(n=47)
Schiz IG
(n=19)
Schiz KG
(n=19)
13,8
12,9
0
46
11 (17,2)
16 (25,0)
12,4
11,1
0
39
9 (18,4)
12 (24,5)
16,2
14,7
0
45
2 (10,5)
7 (36,8)
5,5
7,9
0
32
1 (5,3)
1 (5,3)
5,4
5,9
0
24
8 (12,1)
20 (30,3)
4,1
5,3
0
29
9 (18,4)
9 (18,4)
6,9
6,3
0
23
5 (25,0)
7 (35,0)
2,5
3,0
0
12
1 (5,3)
1 (5,3)
33,6
10,1
9
48
7 (11,1)
38 (60,3)
34,9
10,6
10
48
2 (4,3)
30 (63,8)
32,1
13,1
5
48
2 (10,5)
9 (47,4)
38,2
9,1
18
48
3 (15,8)
13 (68,4)
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
starkes Burnout
Psychosomatische Beschwerden wurden mit der Kurzfassung des Gießener Beschwerdebogens
(GBB-24) erhoben. Die entsprechenden Mittelwerte, Standardweichungen und Minimal- bzw. Maximalwerte sind für die einzelnen untersuchten Gruppen in Tabelle 13 beschrieben. Signifikante Mittelwertunterschiede der Gruppen traten hinsichtlich der Skalen Erschöpfung, Gliederschmerzen und
Beschwerdedruck auf. Auf diesen Skalen hatte jeweils die Interventionsgruppe Depression die im
Mittel niedrigsten, die Interventionsgruppe Schizophrenie die im Mittel höchsten Werte. Der von Klaiberg und Brähler (eingereicht) vorgelegte Referenzmittelwert für die gesamte Normierungsstichprobe
von 2001 liegt bei 14,04 (SA= 12,95) für den Beschwerdedruck, die Mittelwerte der einzelnen Teilskalen liegen in der Allgemeinbevölkerung für die Skala Erschöpfung bei 4,01 (SA=4,25), für die Skala
Magenbeschwerden bei 2,15 (SA=3,01), für die Skala Herzbeschwerden bei 2,27 (SA=3,30) sowie für
5
Vergleich gemäß Handbuch des MBI (Maslach et al., 1996) mit Werten für Personen, die im psychiatrischen Bereich arbeiten.
Es erfolgt keine Darstellung für die Kategorie „kein bis geringes Burnout“
30
die Skala Gliederschmerzen bei 5,62 (SA=4,56). Somit sind die Werte der Teilnehmer insbesondere
der Interventionsgruppe Depression nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung.
Tabelle 13: Kurzform des Gießener Beschwerdebogens (GBB-24)
Erschöpfung
Skala
Gruppe
MW
SA
Minimum
Maximum
Dep IG (n=66)
3,9
3,6
0
15
Dep KG (n=50)
6,0
5,3
0
19
Schiz IG (n=20)
6,5
5,5
0
17
4,5
4,0
0
16
Dep IG (n=66)
2,1
2,6
0
9
Dep KG (n=50)
2,9
3,5
0
15
Schiz IG (n=20)
3,5
4,4
0
13
2,1
2,3
0
8
Dep IG (n=66)
2,0
2,7
0
12
Dep KG (n=50)
2,8
2,9
0
11
Schiz IG (n=20)
3,7
4,9
0
19
2,2
2,8
0
12
Dep IG (n=66)
5,5
4,2
0
17
Dep KG (n=50)
7,7
4,7
0
20
Schiz IG (n=20)
8,4
6,0
1
19
6,4
5,7
1
23
Dep IG (n=66)
13,6
10,0
0
44
Dep KG (n=50)
19,3
13,2
2
57
Schiz IG (n=20)
22,0
18,3
2
65
15,3
13,3
3
59
Schiz KG
schwerden
Herzbe-
Magenbeschwerden
(n=19)
Schiz KG
(n=19)
Schiz KG
druck
Beschwerde-
Gliederschmerzen
(n=18)
Schiz KG
(n=19)
Schiz KG
(n=18)
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
Die Ergebnisse der Baseline Befragung mit dem WHOQOL-BREF sind in Tabelle 14 zusammengefasst. Signifikante Gruppenunterschiede bestehen bei der Zufriedenheit mit der eigenen körperlichen
Gesundheit (p=0,048) und tendenziell hinsichtlich der globalen Lebensqualität (p=0.051). Hier gaben
die Probanden der Interventionsgruppe Depression und der Kontrollgruppe Schizophrenie im Mittel
31
höhere Werte an als in den beiden anderen Gruppen. Bei der Einschätzung der psychischen Gesundheit, der sozialen Kontakte und der Umweltbedingungen ergaben sich dagegen keine signifikanten
Unterschiede zwischen den Gruppen. Der Vergleich der Mittelwerte in den vier Gruppen zu Referenzwerten aus einer Stichprobe der deutschen Allgemeinbevölkerung ist in Abbildung 3 dargestellt.
Tabelle 14: Kurzform des deutschsprachigen WHO-Instrumentes zur Erfassung der Lebensqualität (WHOQOL-BREF)
heit
Gruppe
heit
von 0 bis 100
6
MW
SD
74,1
13,5
Dep KG (n=50)
15,2
3,1
8,6
20
69,8
19,6
Schiz IG (n=20)
14,2
3,5
8,6
20
64,0
21,9
16,3
2,1
9,1
20
77,1
13,2
Dep IG (n=66)
14,7
1,8
10,0
18,7
67,0
11,5
Dep KG (n=50)
14,0
2,7
7,3
18,7
62,3
16,7
Schiz IG (n=20)
14,0
3,2
6,7
18,7
62,3
19,8
14,6
2,7
10,0
20
66,0
16,9
Dep IG (n=66)
13,7
2,7
6,7
18,7
60,1
16,6
Dep KG (n=50)
13,2
2,8
5,3
18,7
57,7
17,8
Schiz IG (n=20)
11,8
4,3
5,3
18,7
49,0
27,0
13,6
2,6
6,7
20
60,3
16,3
Dep IG (n=66)
15,6
1,6
11,5
19,5
72,4
10,2
Dep KG (n=50)
15,2
2,1
10,5
19,5
70,1
13,4
Schiz IG (n=20)
15,1
2,5
10
19
69,6
15,4
15,3
1,5
12
18
70,7
9,3
Dep IG (n=66)
14,0
2,3
8
16
62,5
14,4
Dep KG (n=50)
12,9
3,1
6
20
55,5
19,3
Schiz IG (n=20)
12,4
3,0
6
18
52,5
18,8
13,7
2,8
8
16
60,5
17,3
Schiz KG
(n=19)
faktoren
Transformation in den Wertebereich
20
(n=19)
(n=19)
Lebensqualität
Maximum
10,9
Schiz KG
Schiz KG
(n=19)
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
6
Minimum
2,2
(n=19)
Umwelt-
SA
15,9
Schiz KG
globale
MW
Dep IG (n=66)
Schiz KG
Kontakte
soziale
psychische Gesund-
körperliche Gesund-
Skala
Transformation gemäß Handbuch (Angermeyer et al., 2000b)
32
Abbildung 3 verdeutlicht, dass die Mittelwerte aller Gruppen hinsichtlich des psychischen Wohlbefindens, der Zufriedenheit mit sozialen Kontakten und der globalen Lebensqualität niedriger sind als im
Durchschnitt in der Allgemeinbevölkerung. Für die körperliche Gesundheit trifft dies vor allem auf die
Interventionsgruppe Schizophrenie und die Kontrollgruppe Depression zu. Nur hinsichtlich der Zufriedenheit mit den Umweltbedingungen bestehen keine Unterschiede zwischen den Partnern psychisch
Kranker und der Allgemeinbevölkerung.
Lebensqualität (WHOQOL-BREF)
80
70
60
50
40
körperlich
psychisch
soziale Kontakte
Depression IG
Schizophrenie IG
Allgemeinbevölkerung
Umwelt
Global
Depression KG
Schizophrenie KG
Abbildung 3: Mittelwerte der WHOQOL-BREF Subskalen für die untersuchten Teilgruppen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung
33
1.6.3 Langzeitverlauf
BDI und BAI
In Tabelle 15 ist der zeitliche Verlauf der Mittelwerte der mit BDI und BAI gemessenen Angst- und
Depressionssymptome der Studienteilnehmer dargestellt.
Tabelle 15: Psychische Symptome der Studienteilnehmer (BDI und BAI Summenwerte)
T0
T1
T2
T3
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
Dep IG
66
7,0
(5,7)
58
6,3
(5,0)
58
5,8
(5,5)
55
5,9
(6,1)
Dep KG
48
9,1
(7,5)
40
8,2
(8,3)
42
8,5
(6,6)
-
-
-
Schiz IG
18
11,9
(9,4)
14
7,1
(8,7)
12
8,2
(12,7)
8
6,5
(7,3)
Schiz KG
19
7,6
(8,5)
15
4,4
(3,8)
16
7,3
(6,4)
-
-
-
Dep IG
66
6,2
(7,5)
60
5,8
(6,6)
58
5,7
(7,3)
55
5,7
(8,2)
Dep KG
48
7,8
(8,0)
14
6,8
(8,4)
42
7,8
(8,1)
-
-
-
Schiz IG
19
13,3
(14,6)
36
7,1
(8,0)
12
6,9
(11,0)
8
8,4
(13,8)
Schiz KG
18
3,5
(5,1)
17
5,4
(7,6)
16
4,7
(4,1)
-
-
-
BDI
BAI
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
Eine Verbesserung des Befindens ist nur in der zahlenmäßig kleinen Interventionsgruppe Schizophrenie zwischen T0 (vor der Intervention) und T1 (unmittelbar nach der Intervention) zu verzeichnen. Um
einen möglichen statistisch signifikanten Effekt der Intervention auf Depressivität und Angst zu zeigen,
wurden die Summenwerte von BDI und BAI als jeweilige abhängige Variable in random-effects Regressionsmodelle für unbalancierte Paneldaten eingesetzt (Tabelle 16). Als unabhängige Variablen
dienten Alter, Geschlecht und Schulbildung sowie eine Variable für die Gruppenzugehörigkeit. Für die
in Abbildung 4 dargestellten Graphen wurden die prädizierten Werte von BDI und BAI über der Zeitvariable aufgetragen. Da den Graphen die Prädiktion partieller Regressionskoeffizienten zugrunde liegt,
sind die gezeichneten Geraden für die vier Studiengruppen hinsichtlich aller anderen im Regressionsmodell verwendeten Variablen kontrolliert.
Aus Tabelle 16 ergibt sich, dass der BAI-Summenwert zum Beginn der Intervention in der Interventionsgruppe Schizophrenie signifikant höher war als in der Kontrollgruppe Schizophrenie, und zwar um
6,81 Punkte. Entsprechend höher liegt der Ursprung der die Interventionsgruppe darstellenden Geraden auf der y-Achse in Abbildung 4.
34
Tabelle 16: Random-effects Regressionsanalyse für BDI- und BAI-Summenwert. Referenzkategorien: Kontrollgruppe Schizophrenie, Hauptschulabschluss.
Variable
BDI Summenwert
BAI Summenwert
B
B
IG Depression
-0.21
1.59
KG Depression
1.79
3.17
IG Schizophrenie
3.74
6.81*
Zeiteffekt
0.20
0.82
IG Depression X Zeiteffekt
-0.44
-0.97
KG Depression X Zeiteffekt
-0.42
-0.69
IG Schizophrenie X Zeiteffekt
-0.75
-1.59
Alter (zentriert)
0.03
-0.02
Geschlecht (weiblich)
1.76
0.02
Realschulabschluss
-0.99
-1.85
Abitur/Fachhochschulabschluss
-2.26
-2.67
Kein oder anderer Schulabschluss
-3.49
3.50
Konstante
7.57***
6.17*
R2 within
0.01
0.01
R2 between
0.08
0.10
R2 overall
0.06
0.05
15.12
15.50
N
469
469
N_g
153
155
chi2
* p<0,05; ** p<0,01; *** p<0,001
Zwischen den anderen Gruppen und der als Referenzkategorie dienenden Kontrollgruppe Schizophrenie ist kein signifikanter Unterschied bezüglich des Gesamtscores zum Zeitpunkt 1 feststellbar, für
den BDI sind ebenfalls alle Unterschiede des Ausgangsniveaus nicht signifikant. In keinem der zwei
Modelle wird ein statistisch signifikanter Effekt der Zeitvariable erkennbar. Dies ist zu erwarten, besitzt
der getestete Effekt doch lediglich Gültigkeit für die als Referenzkategorie fungierende Kontrollgruppe.
Entscheidend ist nun die Betrachtung der Interaktionsterme zwischen Gruppenzugehörigkeit und Zeiteffekt. Diese zeigen an, dass die Intervention weder hinsichtlich des BDI noch des BAI geeignet war,
eine signifikante Verbesserung der Gesamtwerte in einer der beiden Interventionsgruppen herbeizuführen. Erwartungsgemäß ergab sich auch aus der Zugehörigkeit zur Kontrollgruppe Depression keine
Verbesserung der BDI- und BAI-Werte. Durch die nur geringe „Schere“ zwischen den Geraden der
Kontroll- und der Interventionsgruppen wird dieses Ergebnis auch in Abbildung 4 deutlich. Für Interventions- und Kontrollgruppe Schizophrenie scheint der Interventionseffekt günstiger zu sein als für
die anderen Gruppen. Dennoch ist auch dieser Effekt nicht signifikant. Die erklärte Varianz der Modelle war sowohl hinsichtlich der within-Effekte als auch der Effekte zwischen den Gruppen klein (0,010,10).
35
Abbildung 4: Prädizierte Werte für BDI und BAI im Zeitverlauf (random-effects Regressionsmo-
bdiges
10
6
8
BDI Summenwert
12
14
dell)
1
2
3
4
3
4
Interventionszeitpunkte
6
8
baiges
10
BAI Summenwert
12
14
Evaluationszeitpunkt
1
2
Interventionszeitpunkte
Evaluationszeitpunkt
Interventionsgruppe Depression
Kontrollgruppe Depression
Interventionsgruppe Schizophrenie
Kontrollgruppe Schizophrenie
36
GBB-24
Tabelle 17 zeigt die Gruppenmittelwerte des GBB-24 zu den vier Erhebungszeitpunkten. Eine Verbesserung des Mittelwerts in der Summenskala Beschwerdedruck findet sich auch hier nur in der Interventionsgruppe Schizophrenie zwischen T0 und T1.
Tabelle 17: Körperliche Symptome der Gruppenteilnehmer (GBB-24)
T0
T1
T2
T3
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
Dep IG
66
3,9
(3,6)
60
4,3
(3,5)
58
4,2
(4,2)
55
4,1
(4,7)
Dep KG
50
6,0
(5,3)
40
6,1
(5,6)
43
6,1
(5,0)
-
-
-
Schiz IG
20
6,5
(5,5)
14
4,3
(4,1)
12
2,7
(4,1)
8
3,9
(4,1)
Schiz KG
19
4,5
(4,0)
18
4,5
(3,7)
17
4,5
(3,5)
-
-
-
Dep IG
66
2,1
(2,6)
60
2,2
(2,5)
58
2,4
(2,9)
55
2,0
(2,9)
Dep KG
50
2,9
(3,5)
40
3,0
(3,5)
42
2,2
(2,5)
-
-
-
beschwerden Schiz IG
20
3,5
(4,4)
14
1,9
(3,0)
12
2,8
(3,1)
8
2,4
(4,6)
Schiz KG
19
2,1
(2,3)
18
2,1
(2,6)
17
2,5
(2,3)
-
-
-
Dep IG
66
2,0
(2,7)
60
2,4
(2,9)
58
2,6
(3,4)
55
2,2
(3,6)
Dep KG
50
2,8
(2,9)
40
3,0
(3,4)
43
2,6
(3,2)
-
-
-
beschwerden Schiz IG
20
3,7
(4,9)
14
2,1
(2,1)
12
2,5
(3,4)
8
3
(3,9)
Schiz KG
18
2,2
(2,8)
18
2,5
(2,9)
17
2,6
(2,7)
-
-
-
Dep IG
66
5,5
(4,2)
60
5,8
(4,2)
58
5,8
(4,1)
55
5,9
(4,7)
Glieder-
Dep KG
50
7,7
(4,7)
40
7,5
(4,5)
43
7,8
(4,9)
-
-
-
schmerzen
Schiz IG
20
8,4
(6,0)
14
6
(3,9)
12
6,3
(4,1)
8
6,5
(4,5)
Schiz KG
19
6,4
(5,7)
18
5,4
(4,7)
16
4,6
(3,3)
-
-
-
Dep IG
66
13,6
(10,0)
60
14,6
(10,3)
58
14,9
(12,2)
55
14,2
(13,7)
Beschwerde-
Dep KG
50
19,3
(13,2)
40
19,6
(13,6)
42
18,5
(12,6)
-
-
-
druck
Schiz IG
20
22,0
(18,3)
14
14,3
(11,2)
12
14,2
(12,8)
8
15,8
(15,7)
Schiz KG
18
15,3
(13,3)
18
14,6
(11,5)
16
13,6
(7,9)
-
-
-
Erschöpfung
Magen-
Herz-
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
In Tabelle 18 sind random-effects Regressionsmodelle für die Skalen des GBB-24 abgebildet. Einziger
Unterschied zu den vorherigen Modellen ist die zusätzliche Berücksichtigung der mittels BDI gemessenen Depressivität als unabhängige Einflussvariable auf körperliche Beschwerden. Der BDI-Wert hat
als einzige Variable einen signifikanten verstärkenden Effekt auf alle GBB-Skalen. Ein Effekt der Intervention ist nicht nachweisbar.
37
Tabelle 18: Random-effects Regressionsanalyse für die Einzelskalen und die Summenskala
des GBB-24. Referenzkategorien: Kontrollgruppe Schizophrenie, Hauptschulabschluss.
Variable
Erschöpfung Magenbe- HerzbeGliederBeschwerdeschwerden schwerden schmerzen druck
B
B
B
B
B
-0.29
0.17
0.20
-0.67
-0.82
IG Depression
KG Depression
0.84
0.68
0.57
0.90
2.78
IG Schizophrenie
0.46
0.58
0.26
0.62
1.74
Zeiteffekt
0.15
0.30
0.31
-0.32
0.04
IG Depression X Zeiteffekt
0.09
-0.24
-0.19
0.60
0.67
KG Depression X Zeiteffekt
0.13
-0.50
-0.37
0.21
-0.15
IG Schizophrenie X Zeiteffekt
-0.80
-0.45
-0.49
0.24
-1.12
Alter (zentriert)
-0.01
0.00
0.03
0.02
0.04
Geschlecht (weiblich)
-0.21
-0.54
-0.69
0.69
-0.84
Realschulabschluss
-0.36
-0.02
-0.44
-0.32
-0.98
Abitur/Fachhochschulabschluss
-0.31
-0.65
-0.82
-1.49
-3.13
0.07
0.69
0.96
2.09
3.88
BDI
0.30***
0.10***
0.16***
0.24***
0.80***
Konstante
2.62*
1.73*
1.60*
4.84***
11.02***
R2 within
0.11
0.04
0.10
0.06
0.13
R2 between
0.41
0.13
0.23
0.40
0.40
R2 overall
0.35
0.12
0.23
0.35
0.38
127.24
31.40
78.52
100.79
135.66
N
469
468
468
468
466
N_g
153
153
153
153
153
Kein
oder
anderer
Schulab-
schluss
chi2
Abbildung 5 zeigt, dass sich auch visuell kein einheitlicher Effekt der Intervention auf körperliche Beschwerden im Vergleich zu den Kontrollgruppen feststellen lässt. Während die Gerade der Interventionsgruppe Schizophrenie tendenziell eine „erwünschte“ negative Steigung hat, ist die Steigung der
Geraden für die Interventionsgruppe Depression positiv. Beide Effekte sind jedoch nicht signifikant.
Die Modelle erklären 12-38% der Varianz. Die im Vergleich zu den R² der between-Regression deutlich geringeren R² der within-Regression deuten auf eine geringe Varianz im Zeitverlauf und damit
eine geringe Wirksamkeit des Interventionsprogramms hin.
38
Abbildung 5: Prädizierte Werte für die Einzelskalen des GBB-24 (random-effects Regressions-
15
0
0
Erschöpfung
gbb_er
5
10
Magenbeschwerden
gbb_ma
5
10
15
modell)
1
2
3
Interventionszeitpunkte
4
2
3
Interventionszeitpunkte
4
1
2
3
Interventionszeitpunkte
4
2
3
Interventionszeitpunkte
4
Evaluationszeitpunkt
15
0
0
Herzbeschwerden
gbb_he
5
10
Gliederschmerzen
gbb_gl
5
10
15
Evaluationszeitpunkt
1
1
Evaluationszeitpunkt
Beschwerdedruck
gbb_be
5
10
15
Evaluationszeitpunkt
0
IG Depression
KG Depression
IG Schizophrenie
KG Schizophrenie
1
2
3
Interventionszeitpunkte
4
Evaluationszeitpunkt
39
MBI
Das mit dem MBI gemessene Burnout der Studienteilnehmer veränderte sich im Zeitverlauf kaum.
Tabelle 19 zeigt die Mittelwerte der einzelnen Gruppen zu den Evaluationszeitpunkten.
Tabelle 19: Burnout der Studienteilnehmer (Domänen des MBI)
T0
T1
T2
T3
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
Dep IG
64
13,8
(12,9)
60
12,2
(11,1)
57
12,2
Dep KG
49
12,4
(11,1)
36
12,8
(12,4)
42
Erschöpfung Schiz IG
19
16,2
(14,7)
14
16,5
(12,9)
Schiz KG
19
5,5
(7,9)
18
8,7
Dep IG
66
5,4
(5,9)
60
Deperso-
Dep KG
49
4,1
(5,3)
nalisierung
Schiz IG
20
6,9
Schiz KG
19
Dep IG
emotionale
Persönliche
n
MW
(SA)
(11,8) 54
10,9
(11,0)
11,3
(12,5) -
-
-
12
14,8
(13,7) 7
12,3
(12,7)
(10,2)
17
8,8
(10,6) -
-
-
4,7
(6,0)
57
5,1
(6,0)
54
4,6
(4,9)
38
4,5
(5,2)
43
4,6
(5,6)
-
-
-
(6,3)
14
7,2
(7,4)
12
5,0
(5,0)
7
3,9
(4,1)
2,5
(3,0)
18
4,1
(5,3)
17
3,5
(4,0)
-
-
-
63
33,6
(10,1)
59
35,9
(8,5)
57
35,6
(8,7)
54
35,6
(10,2)
Dep KG
47
34,9
(10,6)
38
36,6
(7,5)
43
35,2
(9,1)
-
-
-
Schiz IG
19
32,1
(13,1)
14
30,7
(11,9)
12
31,7
(9,0)
7
32,6
(14,0)
Schiz KG
19
38,2
(9,1)
16
38,0
(7,9)
16
39,1
(6,5)
-
-
-
Leistungsfähigkeit
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
In Tabelle 20 sind mit den vorhegehenden identische Regressionsmodelle für die Domänen des MBI
abgebildet. Auch hier wird die mittels BDI gemessene Depressivität als unabhängige Einflussvariable
auf das Burnout berücksichtigt. Insgesamt zeigen sich stärkere Unterschiede in den Ausgangswerten
der Gruppen: emotionale Erschöpfung und Depersonalisierung sind zum ersten Messzeitpunkt in den
Interventionsgruppen Depression und Schizophrenie signifikant höher als in der Referenzkategorie
(Kontrollgruppe Schizophrenie). Hochsignifikant war der Einfluss der mit dem BDI gemessenen Depressivität der Probanden auf die einzelnen MBI-Domänen. Ebenfalls signifikanten Einfluss übt der
Interaktionsterm von Interventionsgruppe Schizophrenie und Zeitvariable auf die Depersonalisierung
aus. Dieser Einfluss ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Intervention zurückzuführen. Bis auf
einen schwachen Alterseffekt auf die persönliche Leistungsfähigkeit sind alle übrigen Effekte unterhalb der Signifikanzschwelle. Die Modelle erklären insgesamt 17-34% der Varianz.
40
Tabelle 20: Random-effects Regressionsanalyse für die Domänen des MBI. Referenzkategorien: Kontrollgruppe Schizophrenie, Hauptschulabschluss
Variable
emotionale
Er- Depersonali-
schöpfung
sierung
tungsfähigkeit
B
B
B
Persönliche
IG Depression
8.31**
2.89*
-3.94
KG Depression
4.48
0.66
-1.18
IG Schizophrenie
7.96*
3.57*
-3.50
Zeiteffekt
1.52
0.36
0.03
IG Depression X Zeiteffekt
-2.19
-0.43
0.28
KG Depression X Zeiteffekt
-2.30
-0.12
-0.29
IG Schizophrenie X Zeiteffekt
-2.26
-1.24*
-0.57
Alter (zentriert)
-0.11
-0.05
2.72
0.58
-0.69
Realschulabschluss
-3.73
0.91
-0.22
Abitur/Fachhochschulabschluss
-3.26
0.12
0.79
Kein oder anderer Schulabschluss
1.64
3.13
0.79
BDI
0.81***
0.25***
-0.45***
Konstante
1.77
0.02
41.50***
R2 within
0.16
0.10
0.09
R2 between
0.39
0.21
0.17
R2 overall
0.34
0.17
0.19
144.96
69.67
60.53
N
458
463
455
N_g
153
153
153
Geschlecht (weiblich)
chi2
Leis-
0.18**
* p<0,05; ** p<0,01; *** p<0,001
Abbildung 6 zeigt die durch die Regressionsmodelle prädizierten Werte für die einzelnen MBIDomänen in Relation zu den Evaluationszeitpunkten.
41
Abbildung 6: Prädizierte Werte für die Domänen des MBI im Zeitverlauf (random-effects Regressi-
40
30
0
10
mbi_dp
20
Depersonalisierung
mbi_ee
20
0
10
Emotionale Erschöpfung
30
40
onsmodell)
2
3
Interventionszeitpunkte
Evaluationszeitpunkt
4
1
2
3
Interventionszeitpunkte
Evaluationszeitpunkt
4
30
10
mbi_pa
20
IG Depression
KG Depression
IG Schizophrenie
KG Schizophrenie
0
Persönliche Leistungsfähigkeit
40
1
1
2
3
Interventionszeitpunkte
Evaluationszeitpunkt
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
4
42
WHOQOL-BREF
Tabelle 21 zeigt die Lebensqualität der Studienteilnehmer zu den Evaluationszeitpunkten. Eine Verbesserung der globalen Lebensqualität ist sowohl in Interventions- als auch Kontrollgruppe Schizophrenie zu verzeichnen.
Tabelle 21: Lebensqualität der Studienteilnehmer (WHOQOL-BREF)
T0
T1
T2
T3
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
Dep IG
66
74,1
(13,5)
60
74,9
(13,9)
58
75,0
(13,1)
55
75,2
(15,6)
Dep KG
50
69,8
(19,6)
40
70,4
(18,9)
43
68,4
(19,2)
-
-
-
Wohlbefinden Schiz IG
20
64,0
(21,9)
14
75,8
(15,6)
12
72,6
(20,8)
8
79,9
(20,0)
Schiz KG
19
77,1
(13,2)
18
76,3
(13,9)
17
77,9
(10,2)
-
-
-
Dep IG
66
67,0
(11,5)
60
69,1
(13,6)
58
70,7
(13,4)
55
70,0
(14,3)
Dep KG
50
62,3
(16,7)
40
62,9
(16,6)
43
63,0
(15,7)
-
-
-
Wohlbefinden Schiz IG
20
62,3
(19,8)
14
68,2
(17,3)
12
72,5
(16,0)
8
72,9
(22,4)
Schiz KG
19
66,0
(16,9)
18
68,3
(15,1)
17
66,4
(19,2)
-
-
-
Dep IG
66
60,7
(16,6)
60
61,5
(18,7)
58
61,8
(16,1)
55
63,2
(15,4)
Be- Dep KG
50
57,7
(17,8)
40
56,6
(16,5)
42
59,0
(19,8)
-
-
-
Schiz IG
20
49,0
(27,0)
14
54,2
(23,3)
12
63,9
(23,4)
8
61,5
(22,7)
Schiz KG
19
60,3
(16,3)
18
63,2
(15,1)
16
63,0
(19,2)
-
-
-
Dep IG
66
72,4
(10,2)
60
73,5
(10,2)
58
73,3
(9,1)
55
73,1
(10,2)
Dep KG
50
70,1
(13,4)
40
70,5
(11,1)
43
71,7
(13,0)
-
-
-
Schiz IG
20
69,6
(15,4)
14
74,6
(12,6)
12
76,8
(12,7)
8
74,6
(15,1)
Schiz KG
19
70,7
(9,3)
18
70,6
(11,7)
17
69,7
(12,3)
-
-
-
Dep IG
66
62,5
(14,4)
60
64,0
(14,0)
58
65,9
(15,0)
55
64,3
(16,2)
Dep KG
50
55,5
(19,2)
40
61,3
(18,7)
43
57,0
(17,5)
-
-
-
Schiz IG
20
52,5
(18,8)
14
58,0
(20,0)
12
66,7
(16,3)
8
67,2
(17,6)
Schiz KG
19
60,5
(17,3)
18
65,2
(13,3)
17
68,4
(12,6)
-
-
-
Physisches
Psychisches
Soziale
ziehungen
Umwelt
Global
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
Auch die fünf Domänen des WHOQOL-BREF wurden als jeweilige abhängige Variable in randomeffects Regressionsmodelle für unbalancierte Paneldaten eingesetzt. Erneut wurde der BDI als unabhängige Variable in das Modell aufgenommen.
43
Tabelle 17: Random-effects Regressionsanalyse für die Domänen des WHOQOL-BREF. Referenzkategorien: Kontrollgruppe Schizophrenie, Hauptschulabschluss.
Variable
Physisches
Psychisches
Soziale
Wohlbefinden Wohlbefinden
ziehungen
B
B
B
Be- Umwelt
B
Global
B
IG Depression
-3.16
0.54
-1.25
1.56
1.51
KG Depression
-4.81
-0.88
-2.11
0.24
-1.36
IG Schizophrenie
-5.72
1.97
-8.82
1.93
-1.32
Zeiteffekt
-0.30
-0.80
0.79
-0.86
2.78
IG Depression X Zeiteffekt
0.13
1.35
-0.59
0.75
-2.56
KG Depression X Zeiteffekt
-0.67
0.56
-0.82
1.00
-2.46
1.56
2.00
1.17
1.40
-0.35
-0.25**
0.00
0.15
0.07
-0.12
Geschlecht (weiblich)
0.62
-1.03
3.26
0.61
0.66
Realschulabschluss
0.72
-0.92
4.57
-0.30
-0.82
Abitur/Fachhochschulabschluss
3.20
1.92
7.61*
4.27
1.64
-7.11
-2.70
11.92
0.28
-5.47
BDI
-1.10***
-1.43***
-0.96***
-0.51***
-1.38***
Konstante
83.52***
77.08***
62.09***
73.43***
70.67***
IG Schizophrenie X Zeiteffekt
Alter (zentriert)
Kein oder anderer Schulabschluss
R2 within
0.11
0.22
0.05
0.02
0.14
R2 between
0.55
0.67
0.35
0.31
0.58
R2 overall
0.49
0.58
0.27
0.24
0.48
192.73
355.60
83.82
59.90
237.88
N
469
469
467
469
469
N_g
153
153
153
153
153
chi2
* p<0,05; ** p<0,01; *** p<0,001
Es fand sich kein signifikanter Unterschied in den Ausgangswerten der vier untersuchten Gruppen. Ein
nachweisbarer Einfluss der Intervention auf die Lebensqualität zeigte sich nicht. Erwartungsgemäß
fand sich ein hochsignifikanter Einfluss des BDI auf alle Domänen der Lebensqualität. Hohes Alter
wirkt sich negativ auf das körperliche Wohlbefinden, ein hoher Schulabschluss positiv auf die sozialen
Beziehungen aus. Erneut war die erklärte Varianz im Zeitverlauf deutlich geringer als zwischen den
Gruppen. Abbildung 7 verdeutlicht, dass die prädizierten Werte der vier Gruppen in den WHOQOLDomänen dicht beieinander liegen und sich im Zeitverlauf wenig ändern.
44
Abbildung 7: Prädizierte Werte für die Domänen des WHOQOL-BREF im Zeitverlauf (random-
90
50
60
whoqol_psych
70
80
Psychisches Wohlbefinden
whoqol_phys
70
80
60
50
Physisches Wohlbefinden
90
effects Regressionsmodell)
1
2
3
Interventionszeitpunkte
4
2
3
Interventionszeitpunkte
4
1
2
3
Interventionszeitpunkte
4
90
whoqol_social
60
70
80
50
50
Soziale Beziehungen
whoqol_envir
60
70
80
Umwelt
4
Evaluationszeitpunkt
90
Evaluationszeitpunkt
2
3
Interventionszeitpunkte
1
1
Evaluationszeitpunkt
IG Depression
KG Depression
IG Schizophrenie
KG Schizophrenie
50
Global
whoqol_overall
60
70
80
90
Evaluationszeitpunkt
1
2
3
Interventionszeitpunkte
4
Evaluationszeitpunkt
GAF
Das globale Funktionsniveau der erkrankten Partner wurde durch die Studienteilnehmer selbst anhand des GAF eingeschätzt. Die Mittelwerte des GAF in den unterschiedlichen Gruppen sind nach
Erhebungszeitpunkt in Tabelle 14 aufgeführt. Die Einschätzung der Funktionseinschränkung war in
45
allen Gruppen während der Dauer der Studie etwa gleich, wobei die an Schizophrenie erkrankten
Partner zu Beginn der Studie eher schwerer betroffen waren. Ein statistisch signifikanter Unterschied
bestand jedoch lediglich zum letzten Erhebungszeitpunkt 9 Monate nach der Intervention zwischen
den Interventionsgruppen Depression und Schizophrenie. Da die Einschätzung nicht durch einen geschulten Rater erfolgte und ihre Reliabilität deshalb nicht beurteilt werden kann, können die so erhobenen GAF-Werte nur als Anhalt für eine etwa gleich bleibende Belastung der Partner während des
Untersuchungszeitraums dienen, wurden aber nicht als Variable in den weiterführenden Regressionsmodellen berücksichtigt.
Tabelle 14: Krankheitszustand des Patienten (GAF-Wert)
T0
T1
T2
T3
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
n
MW
(SA)
Dep IG
52
64,1
(20,0)
60
63.5
(19,4)
57
63,8
(20,7)
54
68,2
(20,2)
Dep KG
35
63,5
(19,0)
35
63,0
(17,7)
40
63,0
(20,9)
-
-
-
Schiz IG
14
58,0
(21,1)
14
56,9
(19,3)
12
63,3
(17,8)
8
51,9
(23,3)
Schiz KG
19
54,2
(24,4)
19
62,7
(24,1)
17
65,6
(20,9)
-
-
-
Skala
Dep:
Partner von Patienten mit Depressionen
Schiz:
Partner von Patienten mit Schizophrenie
IG:
Interventionsgruppe
KG:
Kontrollgruppe
1.6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
Für BDI, BAI und GBB-24 gilt, dass sich die Ausgangswerte der einzelnen Skalen insbesondere in der
zahlenmäßig großen Interventionsgruppe Depression kaum von den vorhandenen Vergleichsdaten
aus der Allgemeinbevölkerung unterschieden. Die zahlenmäßig kleinere Interventionsgruppe Schizophrenie war tendenziell schwerer betroffen, dieser Gruppenunterschied erreichte im BAI und einigen
Domänen von GBB-24 und MBI statistische Signifikanz. Eine relevante Belastung der Partner zeigte
sich zu Interventionsbeginn hinsichtlich des Burnouts und der Lebensqualität, die in fast allen Domänen unterhalb derjenigen der Allgemeinbevölkerung lag.
Die Mittelwerte der einzelnen Instrumente in den Gruppen zeigen jedoch im Zeitverlauf, dass keine
einheitliche Verbesserung der gemessenen Symptome bei den Teilnehmern der Intervention stattfand.
Tendenzielle Verbesserungen zeigen sich bei den Partnern von Schizophrenie-Patienten. Diese Verbesserungen konnten statistisch jedoch bis auf eine Ausnahme im MBI (Verringerung der Depersonalisierung in der Interventionsgruppe Schizophrenie) nicht auf die Intervention zurückgeführt werden.
Insgesamt konnte damit kein relevanter Effekt der Intervention auf emotionales Befinden, Burn-out,
Lebensqualität und körperliche Beschwerden festgestellt werden.
46
1.7
Qualitative Zusatzstudie zu den motivationalen Faktoren der
Inanspruchnahme des Unterstützungsprogramms
1.7.1 Warum eine Zusatzbefragung?
Betrachtet man die Entwicklung des Projektes (Abbildung 8) fällt auf, dass, obwohl sehr viele Patienten bzw. deren Partner über das Unterstützungsprogramm informiert wurden, nur vergleichsweise
wenige Partner zu einer Teilnahme an diesem Angebot bereit waren. Bereits zu Beginn des Abschlussberichts (Abschnitt 1.4.3) haben wir eine Reihe von Faktoren geschildert, die für eine Gruppenteilnahme hinderlich waren, mit denen im Vorfeld jedoch nicht zu rechnen war. Dennoch stellte sich
die Frage, weshalb Partner, die sich im Vorfeld bereits 2 Jahre in einem Projekt engagieren und von
denen bekannt ist, dass sie hohen gesundheitlichen wie auch ökonomischen Belastungen ausgesetzt
sind, den „Lohn“ ihres Engagements nicht in Anspruch nehmen. Wir wollten deshalb herausfinden,
was dazu führt, dass Partner ein professionelles Unterstützungsangebot nicht in Anspruch nehmen
1998
bzw. welche Gründe für eine Teilnahme sprechen.
Längsschnittuntersuchung zu körperlichen und ökonomischen Belastungen
bei Partnern psychisch Kranker
–
2002
-
(Depression, Schizophrenie, Angsterkrankung (n=151))
Konzeption von Unterstützungsprogrammen speziell für
Partner depressiv und schizophren Erkrankter
qualitative Untersuchung zu
Jahr 2005
den motivationalen Fak-
Durchführung und Evaluation der Programme
Depression: Angebot zur Teilnahme an 312 Partner:
66 Partner an Intervention teilgenommen
toren der Inanspruchnahme der Programme
Schizophrenie: Angebot zur Teilnahme an 101 Partner: 20 Partner an Intervention teilgenommen
Abbildung 8: Überblick über die Projektentwicklung
1.7.2 Methode der qualitativen Zusatzbefragung
Für die dieser Arbeit zugrundeliegenden Einzelfallanalysen wurden Interviews mit Teilnehmern und
Nicht-Teilnehmern des Gruppenprogramms ausgewertet. Die Partner wurden mittels narrativer Interviews (Schütze, 1977) zu ihrer persönlichen Entscheidungsfindung befragt, am angebotenen Gruppenprogramm teilzunehmen oder nicht teilzunehmen. Die Interviews wurden bei den Studienteilneh47
mern zu Hause durchgeführt, um die Gespräche dem Gegenstand entsprechend alltagsnah und erlebnisaktivierend gestalten zu können.
Die Studienteilnehmer wurden über die Eingangsfrage: „Ich möchte Sie bitten, über die Zeit zu erzählen, als sie von dem Interventionsprogramm für Partner psychisch Kranker erfuhren!“ dazu angeregt,
über ihre eigene Situation zum Zeitpunkt der Teilnahmeentscheidung zu berichten. Die der Eingangsfrage folgende Erzählung wurde nicht unterbrochen, es sei denn durch unmittelbare Verständnisfragen. Im daran anschließenden immanenten Nachfrageteil wurden Nachfragen gestellt, die Aspekte
betrafen, die bereits vom Teilnehmer angesprochen wurden. Dies hatte zum Ziel, die angesprochen
Inhalte weiter zu explizieren. Inhalt, Strukturierung und zeitlicher Umfang der Interviews blieben somit
überwiegend dem Interviewten überlassen. Im Anschluss an den immanenten Nachfrageteil konnten
exmanente Nachfragen gestellt werden, die für unsere Arbeitsgruppe von besonderem Interesse waren. Diese Fragen wurden dann gestellt, wenn die entsprechende Thematik im bisherigen Gesprächsverlauf nicht zur Sprache gekommen war (siehe Tabelle 19).
Tabelle 19: Exmanente Nachfragen im Interview
Exmanente Nachfragen für Partner, die sich zur Teilnahme entschlossen haben
•
„Wie kam es dazu, dass Sie sich zur Teilnahme entschlossen haben?“
•
„Was hatten Sie aufgrund ihrer Informationen für eine Vorstellung von dem Programm?“
•
„Welche Erwartungen und Befürchtungen haben Sie mit dem Programm verbunden?“ , „Was war
wichtig für Sie“?
•
„Was befürchteten Sie, könnte Ihnen nicht gut tun?“ bzw. „Was erwarteten Sie, was Ihnen gut tun
würde?“
•
„Warum würden Sie einer anderen Person in einer ähnlichen Lebenslage die Teilnahme empfehlen
bzw. nicht empfehlen?“
•
Abschließende Fragestellung: „Fällt Ihnen an dieser Stelle noch etwas ein, was Sie hinzufügen
möchten bzw. was Ihnen noch wichtig ist?“
Exmanente
Nachfragen
für
Partner,
die
sich
nicht
zur
Teilnahme
entschlossen
haben
•
„Wie kam es dazu, dass Sie sich gegen eine Teilnahme entschlossen haben?“
•
„Was hatten Sie aufgrund ihrer Informationen für eine Vorstellung von dem Programm?“
•
„Welche Erwartungen und Befürchtungen haben Sie mit dem Programm verbunden?“ , „Was war
wichtig für Sie“?
•
„Was befürchteten Sie, könnte Ihnen nicht gut tun?“ bzw. „Was erwarteten Sie, was Ihnen gut tun
würde?“
•
„Warum würden Sie einer anderen Person in einer ähnlichen Lebenslage die Teilnahme empfehlen
bzw. nicht empfehlen?“
•
Abschließende Fragestellung: „Fällt Ihnen an dieser Stelle noch etwas ein, was Sie hinzufügen
möchten bzw. was Ihnen noch wichtig ist?“
Alle Interviews wurden mit einem Tonbandgerät aufgezeichnet. Im Anschluss an die Interviews wurde
vom Interviewer jeweils ein Postskriptum in Form eines Kontaktprotokolls erstellt, in dem der Ablauf
48
des Kontaktes sowie die Beobachtungen und Eindrücke des Interviewers festgehalten wurden. Diese
Kontextinformationen und Ergänzungen gingen ebenso wie die Notizen während der Interviewaufnahme in die Globalanalyse des Falles ein. Geeignete Fälle wurden sukzessive aus allen für die Teilnahme am Gruppenprogramm angesprochenen Partner nach der Vorgehensweise des „theoretical
sampling“ (Strauss & Corbin, 1998) ausgewählt.
Auswertung des Interviewmaterials
(kontinuierlicher Diskurs der Teilschritte innerhalb eines qualitativen Forschungskolloquiums, Anfertigung von Memos)
Globalanalyse
Transkription der Interviews
Strukturierung und Reduktion
Sequenzierung des Interviewtranskripts
(Selektion und Zusammenfassung von Texteinheiten)
Offenes Kodieren der Textsequenzen
-
Abstrahierende Paraphrase
-
Offenes Kodieren/ Bildung vorläufiger Hypothesen
-
(Einordnung in einen größeren theoretischen Zusammenhang im Hinblick auf die Bündelung
zu thematischen Feldern)
Bündelung und Generalisierung:
Formulierung interpretativ-deskriptiver Strukturierungsdimensionen:
Thematische Felder
(inhaltlich strukturierte Übersicht über die im Interviewtext vorkommenden Themen und die darauf
bezogenen interpretativen Aspekte), ggf. line-by-line Analyse
Zusammenfassende Fallrekonstruktion und Beantwortung der Forschungsfragen
(kontinuierlicher Diskurs der Teilschritte innerhalb eines qualitativen Forschungskolloquiums)
- Einzelfallbezogene Ergebnisaufbereitung: Fallporträt
- Zusammenführung aller vorliegenden Materialien (Globalanalyse, thematische Felder, line-byline-Analysen und Memos zu einer Gesamtinterpretation des Falles)
- Formulierung einer „Headline“ (thematischer Kern des individuellen Falles)
- Rücküberprüfung am Ausgangsmaterial
Abbildung 9: Vorgehen bei der Auswertung der Interviews
49
Ausschlaggebend war hierbei das Kriterium größtmöglicher Heterogenität, um eine Beschreibung
möglichst vieler charakteristischer Aspekte der Inanspruchnahmeentscheidung der befragten Partner
zu ermöglichen. Wir wählten 4 Partnerinnen und 7 Partner aus, die am Programm teilgenommen sowie 4 Partnerinnen und 7 Partner, die sich gegen eine Teilnahme entschieden hatten. Insgesamt wurden 22 Interviews geführt.
Die betroffenen Patienten litten entweder unter mittelgradigen bis schweren, teilweise rezidivierenden
depressiven Episoden oder an schizophrenen Erkrankungen mittelgradigen Ausmaßes mit seltenen
Schüben und fortbestehender Negativsymptomatik (siehe Tabelle 20). Die Auswertung des Datenmaterials erfolgte im Sinne der komparativen Kasuistik (Jüttemann & Thomae, 1999). Die diskursive Validierung der Ergebnisse der einzelnen Auswertungsschritte wurde entsprechend der Gütekriterien
qualitativer Forschung mit Hilfe von Interpretationen innerhalb eines regelmäßig stattfindenden qualitativen Forschungskolloquiums realisiert (Steinke, 2000).
1.7.3 Stichprobenbeschreibung
In der nachfolgenden Tabelle sind die soziodemografischen Eigenschaften der interviewten Partner
aufgeführt, die sich sowohl aus Teilnehmern als auch aus Nichtteilnehmern am Gruppenprogramm
rekrutierten. Die Befragten waren 33 bis 65 Jahre alt. Die Dauer der Partnerschaft betrug bei den Teilnehmern 3,9 bis 33,2 Jahre, bei den Nicht-Teilnehmern 13,1 bis 39,0 Jahre. Die Erkrankung ihrer
Partner erlebten die Teilnehmer am Gruppenprogramm seit mindestens 1,7 Jahren, die Nichtteilnehmer seit mindestens 3,1 Jahren mit.
Von den Partnern depressiv Erkrankter wurden je drei Frauen und fünf Männer interviewt, die am
Gruppenprogramm teil- bzw. nicht teil nahmen. Bei den Partnern schizophren erkrankter Menschen
wurden in beiden Gruppen je eine Frau und zwei Männer interviewt.
Der Schweregrad der Erkrankung (GAF-Wert) zum Zeitpunkt der Entscheidung für oder gegen eine
Teilnahme liegt bei den interviewten Teilnehmern zwischen 41 und 85 und bei den interviewten NichtTeilnehmern zwischen 20 und 90 (vgl. Tabelle 20).
1.7.4 Motive für die Inanspruchnahme
Bei der Entscheidung zur Teilnahme an einem Unterstützungsangebot ist für die untersuchten Partner
die Einschätzung der eigenen Situation relevant. Anhand der Interviewanalysen konnten vier Hauptaspekte herausgearbeitet werden, die für die Entscheidung zur Teilnahme eine Rolle spielen. Diese
Aspekte werden nachfolgend beschrieben und mit Interviewzitaten illustriert.
50
Tabelle 20: Übersicht zu soziodemografischen Eigenschaften der interviewten Partner
Übersicht der interviewten Teilnehmern am Gruppenprogramm
Fall-Nr.
Alter des Partners
01
Diagnose
des GAF
des Dauer
Patienten
Patienten
52 Jahre
F 34.1
02
35 Jahre
F 33.11
03
40 Jahre
04
49 Jahre
05
1)
der Dauer
der
Erkrankung
Partnerschaft
41
33,0 Jahre
27,5 Jahre
50
6,2 Jahre
15 Jahre
75
1,9 Jahre
3,9 Jahre
F 33.3
85
7,6 Jahre
29,2 Jahre
47 Jahre
F 33.4
81
24 Jahre
6,0 Jahre
06
55 Jahre
F 32.20
61
3,9 Jahre
30,9 Jahre
07
65 Jahre
F 33.20
81
13,1 Jahre
14,5 Jahre
08
37 Jahre
F 32.1
75
1,7 Jahre
12,6 Jahre
09
62 Jahre
F 20.5
65
18,0 Jahre
33,2 Jahre
10
54 Jahre
F 20.0
72
22,9 Jahre
30,5 Jahre
11
50 Jahre
F 20.0
55
4,2 Jahre
22,2 Jahre
12
50 Jahre
F 33.11
45
23,0 Jahre
26,2 Jahre
13
48 Jahre
F 33.0
68
5,3 Jahre
29,0 Jahre
14
53 Jahre
F 33.11
69
3,1 Jahre
34,0 Jahre
15
41 Jahre
F 32.10
90
3,5 Jahre
23,0 Jahre
16
42 Jahre
F 32.10
90
7,3 Jahre
27,1 Jahre
17
63 Jahre
65
29,0 Jahre
36,0 Jahre
18
50 Jahre
F33.2
45
6,1 Jahre
29,9 Jahre
19
42 Jahre
F 33.0
67
16,6 Jahre
23,3 Jahre
20
33 Jahre
F 20.0
72
3,1 Jahre
13,1 Jahre
21
38 Jahre
F 20.0
20
8,0 Jahre
13,3 Jahre
22
64 Jahre
F 20.5
85
14,6 Jahre
39,0 Jahre
F 32.2
F 41.0
F 33.10
F 01.9
1)
General Assessment of Functioning (GAF) des Patienten zum Zeitpunkt des Beginns des Gruppenprogramms bzw. zum
Zeitpunkt der Ablehnung der Teilnahme
Der Partner fühlt sich subjektiv belastet.
Mit der Erkrankung sind für den Partner zahlreiche Veränderung verbunden, die Belastungen hervorrufen. Einerseits stellt die Erkrankung an sich ein einschneidendes Ereignis dar. Anderseits muss der
gesunde Partner aufgrund der Erkrankung viele tägliche Verpflichtungen und Aufgaben zusätzlich
oder ohne Hilfe allein ausfüllen, z. B. die Kinder versorgen, einer Erwerbstätigkeit nachgehen, den
51
Haushalt organisieren, Behördengänge erledigen usw.. Dazu kommen Ängste, z. B. um die existentielle Zukunft der Familie und der Partnerschaft.
„Am Ende hab ich nur noch funktioniert. Das war: früh die Kinder fertig machen, auf Arbeit gehen, nach Hause
gehen, Haushalt machen, dies machen, jenes machen, Kinder ins Bett bringen, den Rest machen. Das war irgendwie wie so ne Funktion.“ (Z. 450-454, Fall 2)
„okay, sie kann’s nicht. Musst du eben nach der Arbeit selber, und wenn Du’s selber nicht kannst, aber du
musst es irgendwie schaffen. Immer wieder Motor spielen…“ (Z. 113-115, Fall 11)
Teilweise bestehen die Belastungen seit mehreren Jahren. Die Partner haben schon längere und/oder
sich wiederholende Erkrankungsphasen miterlebt. Oft wird der Erkrankte als dauerhaft verändert oder
beeinträchtigt wahrgenommen, so dass er auch über die akuten Krankheitsphasen hinaus Belastungen bestehen bleiben.
„Bei uns geht das ja auch schon viele, viele Jahre. Und dadurch dass die Kinder ja auch, noch mit da sind wars
ja eigentlich ne Doppelbelastung. Ich geh voll arbeiten, die Kinder waren auch da. Keiner kannte sich so richtig
aus.“ (Z. 8-11, Fall 2)
Bei vielen der Partner geht das Ausmaß der Belastungen so weit, dass sie das Gefühl haben selbst
kurz vor einer psychischen Erkrankung zu stehen und Medikamente zu benötigen. Teilweise haben
sie schon psychologische oder psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen oder das Aufsuchen eines
Arztes oder Psychologen zumindest in Erwägung gezogen.
„Also ich hab selber schon überlegt zu seiner Psychologin selber mit in Behandlung zu gehen. Weil ich mir
überlegt habe, so kann es nicht weitergehen. Das ist nicht dein Leben!“ (Z. 111-113, Fall 2)
„Zur gleichen Zeit, wo’s mir so schlecht ging, bin ich auch selbst in Behandlung mal gewesen. ... Und habe
gleichzeitig die gleichen Tabletten fast verschrieben gekriegt, die er auch mal genommen hat.“ (Z. 93-97, Fall 7)
Der Partner schätzt ein, mit der Situation insgesamt nicht zurechtzukommen.
Die Veränderungen durch die Erkrankung treffen den Partner unvorbereitet. Beim erstmaligen Auftreten der Erkrankung und dann mit jeder neuen Erkrankungsphase tritt das Gefühl auf, mit der Krankheit
nicht umgehen zu können, hilflos zu sein. Die Partner versuchen durch verschiedene Strategien, mit
dieser Situation besser zurechtzukommen. Diese Strategien haben sich jedoch als nicht hilfreich erwiesen oder sie scheinen für die Bewältigung der Situation nicht auszureichen. Von Seiten der Klinik
oder des behandelnden Arztes finden einerseits nur wenige Gespräche mit den betreuenden Partnern
über die Erkrankung statt, andererseits werden die Informationen, die in diesen Gesprächen vermittelt
werden, als nicht ausreichend bewertet. Für den Partner ist nicht klar, an wen er sich noch wenden
kann, wer mit ihm das veränderte Verhalten des Erkrankten bespricht und es erklärt. Oft weiß der
Partner nicht, wie das gemeinsame Leben mit der Erkrankung weitergehen kann.
52
Auch andere Handlungsstrategien, wie das Nachlesen in Büchern, Informationssuche im Internet etc.,
hinterlassen oft nicht das Gefühl, mit der Erkrankung (und besonders mit den akuten Erkrankungsphasen) umgehen zu können.
„Damit erst mal umzugehen war nicht einfach. Ich befand mich damals auch in einer Situation, wo ich nicht
wusste wie’s jetzt beruflich weitergeht. Es war also halt auch eine Umbruchsituation und das war schon schwierig damals damit umgehen zu können. Insgesamt weil ich also selbst mehr als genug Probleme hatte und nicht
wusste wie geht’s weiter, was passiert jetzt?“ (Z. 26-31, Fall 1)
„So und das war jetzt das eigentliche Problem, weil ich mir immer eingebildet habe, ich kann mit, mit meinem
Wissen und mit allem dem was ich dort während dieser Krankheit jetzt erfahren musste, dass ich mit Kraft und
Ausdauer, mit Einfühlungsvermögen, dass ich dort meiner Frau helfen konnte. Aber dann musste ich feststellen,
nach einer geraumen Zeit, .... dass es ihr nie gelingen wird, dort gegen diese Krankheit irgendwas zu erreichen.“ (Z. 60-69, Fall 6)
„Weil ich ihm nicht helfen kann. Und er sich nicht helfen lässt. ... Das ist es. Und dadurch ging mir’s dann wieder
schlechter. ... Ich habe dann meine Bücher herzugeholt. Ich habe dann nachgelesen. Ich habe nachgelesen.
Wieder was anderes gesucht.“ (Z. 1140-1145, Fall 7)
Soziale Unterstützung durch die Familie, Freunde oder auch Kollegen besteht häufig nur eingeschränkt. Oft hat sich das Paar aus sozialen Kontakten zurückgezogen. Die Familie zeigt z. T. wenig
Verständnis für die Erkrankung, so dass Verwandte oder Freunde für die betreuenden Partner nicht
hilfreich sind oder man sie mit den Problemen nicht belasten will. Im Kontakt mit weiter außenstehenden Personen, wie z. B. Arbeitskollegen, wird die Erkrankung als Thema oft generell vermieden. Der
Kontakt zu anderen betroffenen Partnern wird dagegen als hilfreich antizipiert, weil hier der gleiche
Bezugspunkt besteht und damit Verständnis für die eigene persönliche Situation angenommen wird.
„...aber wo meine Frau so schwer krank war, hat mir keiner geholfen, weder von der Familie her noch sonst wer.
Da wurde alles abgetan - wird wieder gesund. Das gibt sich wieder und so die abfallenden Bewegungen die
ham wir ja alle nu gehabt ne?“ (Z. 303-307, Fall 1)
„Man hat eben auch mal jetzt Leute kennen gelernt, mit denen man vielleicht auch mal sprechen kann, wenn
man mal ein Problem in der Richtung hat. Denn es ist ja so`n, Thema was man nicht, mit jedem bespricht.“ (Z.
62-64, Fall 10)
In dieser Situation wird ein Unterstützungsangebot gern angenommen. Es wird als Möglichkeit betrachtet sich intensiv mit der Erkrankung auseinander zu setzen, Fragen stellen zu können aber auch
andere Partner in der gleichen Situation zu treffen und von deren Erfahrungen zu profitieren. Manchmal stellt es für die Partner auch das Greifen nach einem „Strohhalm“ (wörtliches Zitat Fälle 10 und
11) dar.
„Ich konnte es im Prinzip auch kaum erwarten. Weil ich mich auch mit anderen, so austauschen wollte. Wie’s
eben den anderen geht. Wie die anderen damit zurechtkommen. Also ich war froh, dass es so was gibt.“ (Z.
116-119, Fall 3)
„…dass jetzt so ein Projekt startet für Angehörige. Und das fand ich eigentlich auch ganz gut. Weil ich selber so
Schwierigkeiten hatte mit dieser Situation überhaupt umzugehen, fand ich das ganz toll, dass so was gemacht
53
wird. Dass sich da Angehörige treffen können und die sich da austauschen können und dass man da Tipps und
Hinweise und Beratung auch bekommen konnte.“ (Z. 9-14, Fall 3)
„Aber dass er so schwer und so tief reinsinkt in die Depression. Das hat ich mir jetzt beim, zigsten Male nicht
träumen lassen. ... Und darum bin ich ja auch in die Behandlung gegangen nicht. ... Weil ich’s eben auch alleine
nicht gepackt habe. Das ist immer wieder der Grund. ... Ich musste mich ablenken. Ich muss versuchen irgendwo Halt zu holen. ... Halt. Anders kann ich’s nicht bezeichnen. ... Ich hatte einfach haltlos. Ich bin haltlos geworden. ... Steuerlos. Haltlos. ... Ich sagte: du musst dir Hilfe suchen. Und sie wurde mir angeboten da drinne.“ (Z.
2109-2126, Fall 7)
Es wird aber auch deutlich, dass die Motivation zur Teilnahme im Fall einer Wartezeit bis zum Start
der Gruppe vor allem aufrechterhalten werden kann, wenn noch Erkrankungssymptome auftreten oder
dauerhaft Befürchtungen im Hinblick auf die Erkrankung bestehen.
„...Aber vielleicht wenn’s ihm wirklich so gegangen wäre, dass er raus gekommen wäre. Da hätte ich gesagt: Da
bringt mir nichts wenn ich dort hingehe. Dir geht’s ja jetzt gut. ... Da wäre ich vielleicht nicht mehr hingegangen.“
(Z. 2193-2198, Fall 7)
„Ich habe nur, ... eine Angst gehabt, immer, dass, eh meine Frau irgendwann, ne Kehrtwendung macht, ... im
Therapieverlauf. ... Davor hat mir’s echt gegraut und davor hatte ich immer, ich sag’s mal so, wirklich, bin ich
ehrlich, Angst.“ (Z. 1098-1106, Fall 6)
In Bezug auf das Unterstützungsprogramm bestehen positive Erwartungen.
Die Teilnahme an einem Unterstützungsprogramm wird als Chance in mehrfacher Hinsicht begriffen.
Es wird als Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit anderen betroffenen Partnern angesehen, um sich
über Erfahrungen mit der Erkrankung auszutauschen, Tipps und Beratung von anderen zu bekommen. Wichtig ist für die Partner Erklärungsmodelle und Wissen an die Hand zu bekommen, die es
ihnen ermöglichen das Verhalten des Erkrankten besser einzuordnen und darauf zu reagieren.
Neben diesem Bedürfnis nach Information besteht der Wunsch sich, zumindest für die Zeit der Gruppentreffen, selbst in den Mittelpunkt zu stellen, eigene Belastungsthemen und Möglichkeiten des Umgangs mit Anforderungen des Alltags anzusprechen.
„... man sonst so im eigenen Saft schmort und mit vielen Dingen einfach nicht richtig umzugehen weiß. Was mir
jetzt doch wesentlich, denk ich, besser gelingt. Und man auch viele Anzeichen, die sich letztendlich so ergeben,
kann man durch Handlungen dahingehend, dass man also versucht den Partner entsprechend mal zu fordern,
aber auch an mancher Stelle einfach auch mal zu unterstützen. Oder manche Dinge die da passieren, besser
zu verstehen und teilweise auch gar nicht zu reagieren. Einfach zu sagen, das ist jetzt so aus dem und dem
Grund. Dass man einfach, dass es einem besser gelingt damit umzugehen.“ (Z. 58-66, 1061, Fall 4)
„Ja am Ende ist es ja so, irgendwann ist man nicht mehr stark. Man gibt klein bei oder sagt, dass hat sowieso
keinen Sinn. Sondern ganz einfach stark zu sein. So eben diese Butter nicht vom Brot nehmen zu lassen. Ja ich
bin zwar so ein Typ, aber irgendwo blieb das auf der Strecke. Ich hatte auch Angst davor das zu verlieren. Ja
und deshalb waren auch die Erwartungen: Hoffentlich wirklich nur mal du! Du ganz alleine als Mensch. Dass
auch mal dich jemand fragt wie geht dir´s ganz einfach?“ (Zeile 205-212, Fall 2)
54
Es liegt ein aktueller Veränderungswunsch vor.
Der Partner möchte den eigenen Umgang mit der Erkrankung des Betroffenen verändern. Er will sich
einerseits näher mit der Erkrankung beschäftigen und andererseits auch etwas für sich tun. Es ist für
ihn wichtig sich für den erkrankten Partner einzubringen und möglichst viel für einen förderlichen Umgang mit dem Kranken zu tun. Der Partner sieht sich als wichtiger Faktor in der Behandlung des Erkrankten und möchte eine aktive Rolle einnehmen.
„Ja da habe ich gesagt: dann helfe ich meiner Frau mit meinen Mitteln und mehr mit meinen Möglichkeiten, die
ich habe und das andere müssen die Profis machen.“ (Z. 847-849, Fall 6)
„Weil ich denke es wichtig ist, dass die Partner sich auch mit der Erkrankung auseinandersetzen. Und ich hab
es sehr dankbar aufgenommen, zur damaligen Zeit und habe auch versucht gleich in diese erste Gruppe reinzukommen, dran teilzunehmen“ (Z. 11-14, Fall 4)
Partner haben oft das Gefühl auch eigene Anteile an der Erkrankung zu haben. Eventuell etwas falsch
gemacht zu haben, dass dazu führt, dass der Betroffene erkrankt ist oder nicht wieder gesund wird. Es
besteht vielfach das Bedürfnis sich rückversichern zu können, eine Rückmeldung für ihr eigenes Verhalten von anderen Partnern aber auch Professionellen bekommen.
„Er hat mir nicht zugehört und da hab ich mich mal gefragt: Was machst du bloß? Was machst du verkehrt? Du
musst dich mit jemandem ... da muss es doch was andres geben, was ich ... Ich muss wissen was ich verkehrt
mache mit ihm. .... Ich wollte das einfach wissen.“ (Z. 668-673, Fall 7)
„dass sie rückfällig wird. ... Und dann, wie gesagt, ... es vielleicht gar keine Ansatzpunkte mehr gibt. ... Zu ner
Therapie, zu ner positiven Therapie. ... Davor hatte ich ... wahnsinnige Angst. ... Ich habe zwar immer gesagt,
du bist ein Kämpfer. Und man redet sich ja vieles ein, wissen sie? ... Das ist so. Man will sicherlich manche
Schwächen durch irgendwelche andere Sachen überdecken. ... Aber ich habe mir immer eingeredet: du bist
stark, du kannst Dir ... du kannst helfen, du musst helfen, du lässt deine Frau nicht alleine. Und ... vielleicht, wird
es, in absehbarer Zeit wieder, so wie’s mal war.“ (Z. 1131-1151, Fall 6)
Auf der Ebene der Partnerschaft ist die Teilnahme an einem Unterstützungsprogramm aber auch die
Botschaft etwas für den anderen und die gemeinsame Partnerschaft zu tun, Verständnis für den Erkrankten zu zeigen.
„ich sag mal so, der Lebenspartner ist ja nicht unwichtig bei dem ... bei der bei der ganzen Geschichte. Und
zweitens wollte ich meiner Frau, auch die Gewissheit vermitteln und den Rückhalt geben, dass ich mich für ihre
Krankheit, interessiere ... stark machen möchte, ihr helfen möchte. Und von mir aus ihr alles was ich kann, zukommen lassen möchte, dass sie wieder gesundet. ... Das war der eigentliche Grund.“ (Z. 78-85, Fall 6)
„sie hat immer äh das zum Ausdruck gebracht äh dass ich, versuchen sollte, die Krankheit besser zu verstehen.
... Also den Kern der Krankheit besser zu verstehen. Dass das irgendwie nicht was ist was aus heiterem Himmel kommt.“ (Z. 251-255, Fall 6)
55
1.7.5 Motive für die Nicht-Inanspruchnahme
Die Beweggründe, die Partner psychisch Kranker dazu führen, sich gegen die Teilnahme an einem
Interventionsprogramm zu entscheiden, sind interindividuell sehr unterschiedlich. Wie bei den teilnehmenden Partnern, wird die Entscheidung von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst, die sowohl in der
Situation, als auch in der Person des Partners oder des Patienten begründet liegen können. Die Ergebnisdarstellung des vorangegangenen Teils hat gezeigt, dass bei den Teilnehmern das Ausmaß der
subjektiven Belastung zum Entscheidungszeitpunkt einen wesentlichen Einfluss auf das Inanspruchnahmeverhalten hat. Dass die subjektive Belastung und der aktuelle Gesundheitszustand des Patienten die Entscheidung für oder wider die Teilnahme an einem Partner-Interventionsprogramm zumindest mit beeinflussen, ist anhand dieser Ergebnisse gut nachvollziehbar. Im Folgenden soll nun dargestellt werden, wie sich dieser Zusammenhang bei den Nicht-Teilnehmern zeigt: Was führt dazu,
dass Partner psychisch Erkrankter die Teilnahme an einem Interventionsprogramm ablehnen?
Die subjektive Belastung ist zum Zeitpunkt der Entscheidung gering.
Die Veränderungen, die eine psychische Erkrankung des Lebensgefährten für den Partner mit sich
bringt, werden auch von den befragten Nicht-Teilnehmern eingehend beschrieben, so dass anhand
der Interviews nicht der Eindruck entsteht, es handle sich hier um objektiv geringer belastete Personen als bei den Teilnehmern. Die Unterscheidung zwischen Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern lässt
sich demnach nicht einfach am Ausmaß objektiver Belastungsfaktoren festmachen.
Von den Partnern psychisch Erkrankter, die sich gegen die Teilnahme an einem Interventionsprogramm entschieden haben, wird von Phasen berichtet, in denen sie sich in hohem Maße subjektiv
belastet fühlten. Ebenso wie die teilnehmenden Partner schildern sie Phasen eigener Überlastung und
Überforderung, die sich über einen langen Zeitraum erstrecken und die sich teilweise in Erschöpfungssymptomen manifestieren oder eine eigene depressive Reaktion befürchten lassen.
„Na ja ziemlich Stress und der ganze Zirkus und na klar da ist man am Ende das ging ja nun oder geht über den
Zeitraum von zwei drei Jahren. Also das ist jetzt nicht bloß mal so 14 Tage. Es ist eben alles Anspannung und
Stress und Ärger und das ist irgendwann, steckt man’s nicht mehr so einfach weg. ... Und kann mich auch nicht
mehr so, weiß nicht, konzentrieren nicht aber, aufgeregt und kann schlecht schlafen und wie gesagt auf Arbeit.
Sonst bin ich eigentlich immer sehr lustig (...) aber jetzt so da mmh. Kann man schlecht mit Worten beschreiben. Das geht einem eben einfach beschissen“ (Z. 83 – 96, Fall 20)
„Und ich hatte dort auch Momente jetzt , wo’s mit der Krankheit meiner Frau wo ich einfach selber, dachte so für
einen Moment mal: Gott! Nicht eine Minute länger hältst du’s aus. Ja also es war auch zum Teil ganz intensiv.
(...) Es war eine hohe Dynamik drin. Da ging’s mal. Dann war’s wieder ganz extrem mit höllischer Verzweiflung
und ich hilflos daneben und erzählt und ich wusste nicht: Gott! Was kann ich jetzt noch tun?“ (Z.57 – 64 Fall 11)
„Ich kann das jetzt auch eigentlich ein bisschen, vielleicht auch besser einschätzen weil´s mich, selber betroffen
hat im vorigen Jahr. Also, zwar nicht so, schlimm wie es bei meinem Mann war aber wahrscheinlich durch diese
ganze lange Anspannung auch, war ich dann selber. Und es ist so, selbst wenn man es will man kann es selber
nicht, alleine ändern“ ( Z. 58 – 64, Fall 19)
56
Im Hinblick auf die Frage, welche Faktoren Einfluss auf das Inanspruchnahmeverhalten der betroffenen Partner haben, reicht also auch das Ausmaß an subjektiver Belastung allein nicht aus, um Teilnehmer von Nicht-Teilnehmern zu unterscheiden. Ausschlaggebend für die Entscheidung für oder
gegen die Teilnahme scheint das Ausmaß an subjektiver Belastung zum Zeitpunkt der Entscheidung
zu sein. Fühlt sich der Partner zu diesem Zeitpunkt nicht schwer belastet, häufig, weil der Patient gerade nicht akut erkrankt ist, so wird offensichtlich eine geringere Notwendigkeit für eine Teilnahme an
einem Interventionsprogramm gesehen.
„Und als es dann soweit war, das war ja fast ein Jahr später, war meine Einstellung dem gegenüber immer noch
positiv aber nicht mehr so, also ich hätte auch eigentlich gar nicht kommen brauchen. Also ich hab mich nicht
als hilfebedürftig betrachtet, sagen wir´s mal so“ (Z. 31 – 34, Fall 11, drop-out aus dem laufenden Interventionsprogramm)
„Nee da war sie eben nicht depressiv. Sonst hätte ich ja da irgendwie reagiert ja. Nee da war so eine Phase wo
das ziemlich/ (...) Ja ja. Ich hatte keine Notwendigkeit erkannt“ (Z. 120 – 145, Fall 17)
„Aber was soll ich denn dort hier wenn ich/ Ich betrachte meine Frau von Depression in einem leichten Stadium
und nicht in einem schweren Stadium. Da gibt es garantiert Fälle, die es wirklich brauchen. Und da rechne ich
mich im Moment nicht dazu. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen“ (Z. 606 – 610 Fall 17)
„Meinem Mann geht es gut. Ja. So dass ich eigentlich von der Seite jetzt keine, also damit keine Probleme habe
ihm jetzt irgendwie unter, diesen Anspannungen stehen würde. Deswegen fand ich das für mich jetzt nicht zutreffend“ (Z. 31 – 34, Fall 16)
Die Interviews zeigen, dass die Partnerschaft mit einem psychisch Erkrankten nicht zwangsläufig als
ständige Belastung und Überforderung erlebt wird. Da sich die hier betrachteten Erkrankungen durch
einen zumeist phasenhaften Verlauf auszeichnen, gibt es offenbar Zeiten, in denen das Zusammenleben und der partnerschaftliche Alltag nicht als von einer Krankheit beeinflusst erlebt wird. In diesen
Zeiten scheint für einige Partner keine Veranlassung dafür zu bestehen, ein Unterstützungsprogramm
in Anspruch zu nehmen.
Die eigene Situation wird als bewältigbar eingeschätzt oder
es besteht kein Wunsch nach Veränderungen.
Bei einem Teil der Partner folgt die Belastung und das Inanspruchnahmeverhalten einem vom Gesundheitszustand des Patienten abhängigen phasenhaften Verlauf. Ist der Patient akut erkrankt, fühlt
sich der Partner belastet und hilfebedürftig, geht es dem Patienten gut, besteht nicht das Bedürfnis, an
einem Interventionsprogramm teilzunehmen.
In den Interviews zeigt sich aber auch, dass für einen Teil der Partner die Teilnahme zu keinem Zeitpunkt in Betracht gezogen wird. Auch wenn diese Partner ebenfalls Veränderungen im Zusammenleben, Veränderungen des sozialen Netzwerkes und Veränderungen der partnerschaftlichen Rollenübernahme beschreiben, fühlen sie sich dennoch nicht unterstützungsbedürftig im Hinblick auf ein
Interventionsprogramm. Aus den Berichten dieser Partner wird verständlich, dass sie sich den Anfor57
derungen durch die Erkrankung des Partners nicht hilflos ausgeliefert fühlen und ihre Situation als aus
eigener Kraft heraus bewältigbar einschätzen.
„Und dann hab ich für mich festgestellt: Jetzt hab ich einen Zustand, mit dem komm ich klar. Ich weiß wie ich ihr
umgehen muss so“ (Z. 380 – 381, Fall 14).
„Also ich denke mal dass die Dinge wie sie sind ganz gut sind und dass ich da nicht unbedingt Änderungen
herbeiführen müsste“ (Z. 587 – 588, Fall 13).
„Ich komme zurande ja. Ja das hat jetzt nichts damit zu tun dass das vielleicht nicht gut ist. Aber für mich persönlich sah ich´s nicht als notwendig und wünschenswert an und da hab ich mir gedacht da muss ich nicht dabei sein“ (Z. 555-557, Fall 14)
„Ähm, ich bin immer noch der Meinung, dass ich oder wir, wir zwei als Partner die Dinge handeln können, ganz
gut handeln können.“ (Z. 60 – 62, Fall 13).
„Ich bin nicht, äh ein Betroffener der jetzt vorzugsweise sich nur um seinen Partner kümmern müsste. Der Punkt
ist, äh meine Frau ist selbständig. Die kann die Dinge alleine, handeln. Und, jedenfalls bin ich der Überzeugung,
dass sie das kann. Und es ist so, dass ich in beruflichen Dingen ziemlich angespannt gewesen bin. Das heißt
natürlich auch, dass ich, mit bestimmten Schwächeleien in Anführungszeichen, die meine Frau da hat oder hatte, gar nicht so ernsthaft berührt gewesen bin. Weil wir uns, da mehr oder weniger äh jeder um seine Sache gekümmert hatten“ ( Z. 19 – 27, Fall 13)
Die Erkrankung wird über einen längeren Zeitraum hinweg als relativ stabil, auf einem Niveau verbleibend, angesehen, was scheinbar die Anpassungsleistung, die der Partner erbringen muss, erleichtert.
Zudem scheint die Akzeptanz der veränderten Lebenssituation positiv bzw. entlastend zu wirken:
„Und dass man trotzdem so viel einstecken muss und tun muss, um es wieder in die Reihe zu bringen, das erstaunt einen. Ja man muss sich eben auf das besinnen und zurückziehen, was einem Sinn und Spaß macht.
Hier Gelände, Grundstück, Haus. Äh Kinder Enkelkinder. Ach das passt doch alles.“ (Z. 546-551, Fall 13).
Die Entscheidung, ein Interventionsprogramm nicht zu nutzen, trifft ein Partner einerseits, wenn er das
Gefühl hat, mit den Veränderungen, die mit der Erkrankung des Lebensgefährten einhergehen, auch
langfristig gut zurecht zu kommen. Zum anderen fühlen sich Partner, die mit einem eher phasenweise
Verlauf der Erkrankung konfrontiert sind, ebenfalls vielfach nur in diesen Phasen subjektiv so stark
belastet, dass sie ein Unterstützungsprogramm in Anspruch nehmen würden.
Es bestehen keine positiven bzw. negative Erwartungen
in Bezug auf ein Interventionsprogramm.
Welche Art der Unterstützung sich Partner psychisch Erkrankter in belastenden Situationen wünschen, ist unterschiedlich. Nicht immer wird von einem Unterstützungsprogramm Hilfreiches erwartet.
Der Gedanke an eine Teilnahme kann entweder mit explizit negativen Erwartungen verbunden sein
oder es werden zumindest keine positiven Effekte erwartet. So können die folgenden eigenen Erwartungen Grundlage der Entscheidung gegen eine Teilnahme sein:
58
(1) Es besteht ein anderes Konzept der hilfreichen Unterstützung (z.B. Einzelgespräche mit
Fachleuten oder Psychoedukation).
Auch wenn der Umgang mit dem psychisch erkrankten Partner nicht als ausweglose oder überfordernde Situation erlebt wird, besteht beim gesunden Partner dennoch Klärungsbedarf in mehrfacher
Hinsicht (z.B. Informationen über Medikation zur Unterstützung der Compliance, Klärung der sogenannten „Mad-or-bad-Problematik“, vgl. (Döhner & Angermeyer, 1981). In Bezug auf die Inanspruchnahme des professionelle Versorgungssystems besteht dann nicht die Bereitschaft zur Teilnahme an
einem als umfangreich erlebten Gruppenangebot. Vielmehr werden informative Einzelgespräche mit
den behandelnden Fachleuten gewünscht.
„Und da das war mal voriges Jahr besonders kritisch meine Frau. Also da hatte ich schon mal Lust hier anzurufen. Hier die Telefonnummer rauszusuchen damals mit dem Schreiben (...) es musste nicht in der Gruppe ich
leg da nicht Wert auf die Gruppe sondern auf den Rat jetzt von der Frau B. (Anm.: nennt Psychologin) zum Beispiel“ (Z. 224 – 232 Fall 17)
„Ich wollt mal sagen ich fand´s deswegen gut um auch die Behandlung oder die Behandlungsmethoden, die
dann sicher notwendig sind vielleicht damit zu fördern oder förderlich zu machen. Weil es ja meine Frau gerade
betreffend war immer entscheidend welche Medikamente hat sie gekriegt?“ (Z. 25 – 28, Fall 14)
„Da finde ich das richtig dass die Partner hier herangezogen werden und deswegen bin ich also da auch offen
dafür und man, kriegt ja viel mehr mit, was bei welchen Medikamenten oder bei welcher Behandlungsmethode
erfolgreich war.“ (Z. 45 – 47, Fall 14)
Empfindet sich der Partner selbst nicht als unterstützungsbedürftig, so stellt ein Interventionsprogramm zur Belastungsreduktion offensichtlich nicht das geeignete Angebot dar. Wird das Ziel des
eigenen Engagements eher darin gesehen, durch verbesserte eigene Informiertheit zur Behandlung
des Patienten beizutragen, so besteht eher der Wunsch nach einem psychoedukativen Fokus der
Unterstützung.
(2) Die Gruppenatmosphäre wird als zu anonym eingeschätzt und abgelehnt.
Nicht von jedem Betroffenen wird die Teilnahme an einem Gruppenangebot als hilfreiche Unterstützung empfunden. Besteht in Bezug auf die Gruppenatmosphäre nicht die Erwartung, sich den fremden Teilnehmern anvertrauen und für die Bearbeitung der eigenen Probleme öffnen zu können, so
wird die Teilnahme an einem solchen Angebot abgelehnt:
„Was ich nicht positiv fand deswegen hab ich auch nicht teil genommen ist dann, in so ner großen Gruppe die
ich nicht kenne. Ich bin also kein scheuer Mensch im Gegenteil. Aber das war jetzt eigentlich der Grund dass
ich gesagt habe: Individuelle Gespräche gerne oder wenn´s dann die Gruppe ist wo jetzt die Frau dabei war wo
man sagt dass dann auch die dazugehörigen Angehörigen, dass man das in so einer Form machen kann gerne.
Aber so anonym, das war eigentlich nicht so für mich jetzt persönlich positiv“ (Z. 15 – 21, Fall 14)
Zusätzlich können für den Partner als belastend erlebte Themen als stark schambesetzt und deshalb
„nicht gruppentauglich“ empfunden werden:
59
„Weiß nicht ich hätt vielleicht noch ein bisschen Skrupel dort vor fremden Leuten das Ganze, zu erzählen. Ich
weiß es nicht. Also mir wär das dann vielleicht, weiß nicht vielleicht Einzelgespräche oder was oder/ In so ner
Gruppe. Ich weiß es nicht. Das wäre für mich nicht so das Gelbe vom Ei. Weil es eben jetzt grad wie bei meiner
Frau eben auch sehr, sagen wir mal intime Sachen sind oder was weiß ich“ (Z. 374 – 381, Fall 20)
(3) Partner erwarten zusätzliche Belastungen durch die Probleme anderer Betroffener.
Der Wunsch nach Abgrenzung von Problemen anderer Betroffener wird als weiterer Grund für eine
Ablehnung der Teilnahme an einem Interventionsprogramm genannt. Die Befürchtung, dass die Sorgen der anderen Teilnehmer eine zusätzliche Belastung darstellen, lässt die Teilnahme als nicht wünschenswert erscheinen. Es besteht der Wunsch sich gerade von den Erfahrungen anderer Partner
abzugrenzen.
„Die haben alle irgendein vehementes Leiden. Also da darf man gar nicht dahinter gucken. (...) Ob mir da ein
Dritter und ein Vierter den es vielleicht haariger betrifft als mich weil er den und den Sorgen selber noch (tragen). Das muss ich nicht haben. Muss ich nicht haben.“ (Z. 274 – 281, Fall 13)
(4) Unterstützung von Anderen (Fremden) wird nicht als hilfreich empfunden.
Die Unterstützung von anderen (fremden) Personen wird von Partner psychisch Erkrankter nicht immer als hilfreich und wünschenswert empfunden. Verlässt die Person sich bei der Bewältigung von
Probleme lieber auf die eigenen Ressourcen, als dass er sich auf Ratschläge anderer beruft, so besteht nicht der Bedarf, an einem Interventionsprogramm teil zu nehmen.
„Aber an sich sagt man: Der Mensch ist ja sehr individuell. Und jeder muß versuchen sein Leben in den Griff zu
kriegen. Du das war eigentlich dann der Punkt. Wo ich dann gesagt habe: Ich schneid mir nicht zwei Stunden
meiner Zeit weg um da jetzt da hin zu gehen, um bei einer Tasse Kaffee mit irgendeinem wildfremden Menschen zu reden wie schlecht oder wie gut es mir geht oder was ich an meinem Zustand ändern kann“ (Z. 357 –
363)
„So ich hab das selber alles in den Griff zu kriegen. Ich hab mich da nicht auf andere verlassen, die mir da irgendwas einreden wollten“ (Z. 386 – 388, Fall 18)
„Und versuch´s gar nicht. Weil es unnütze Energie ist, von irgendwo her irgendwelche Hilfe zu kriegen. Das
bringt nix. Bringt nix“ (Z. 127 – 130, Fall 13)
„Solche Gedanken hatte ich da als ich zum ersten Mal davon gehört habe. Das waren Gedanken die sagten
mir: Was soll das? Jeder ist sich selbst der Nächste. Hilfe gibt´s nicht. Entweder du verkraftest das relativ gut
oder du hast den Zonk und musst damit, sehen wie du zurecht kommst. Und da ich, äh an den Zonk nicht so
richtig geglaubt habe dachte ich: Gut okay du kommst damit zurecht. Und hab die Sache mehr oder weniger, ja,
ich will mal fast sagen so als Pillepalle abgetan.“ (Z. 65 – 71, Fall 13, Partner einer depressiven Patientin)
(5) Die Auseinandersetzung mit der Erkrankung des Partners wird in nicht-akuten Belastungsphasen abgelehnt.
60
In erkrankungsfreien Phasen wird eine aktive Auseinandersetzung mit der Erkrankung abgelehnt. Das
gilt insbesondere, wenn die Zeit einer subjektiv hohen Belastung als kurz und überschaubar eingeschätzt wird bzw. die eigene erlebte Hilflosigkeit sich auf kurze Zeiträume beschränkt. In den „guten“
Zeiten besteht der Wunsch nach einer Distanzierung von der Erkrankung und den damit verbundenen
Veränderung. Die aktive Auseinandersetzung mit der psychischen Erkrankung wird darüber hinaus als
Gefahr für den eigenen stabilen Zustand angesehen.
„Würde ich sagen, dass das eigentlich, ja am meisten nützt, wenn eben so eine akute Phase da ist. Weil ich sage: Da ist eigentlich/ Sicher ist das allgemein nicht schlecht aber, wie gerade jetzt wo eben, alles so normal
läuft. Also mir geht´s so, ich verdränge das dann auch und will also nicht unbedingt immer wieder daran erinnert
werden und das immer wieder, eben hoch holen was ja sicher in so einer Gruppe passiert. Man muss sich ja
aktiv auseinandersetzen. Also für mich wäre das sicher nicht so günstig. Andere sehen das vielleicht anders,
aber wenn ich von mir ausgehe: Mir würde das eben in so einer akuten Phase sehr helfen. “ (Z.164 – 170, Fall
19)
„(...) dass man dann Vorwürfe kriegt die völlig unberechtigt sind. Und na ja, das war, voriges Jahr war´s mal so
weit dass ich auch mal die Nase voll hatte. Da dachte ich: Mensch warum bist du nicht mit zu der Gruppe gekommen? (...) Oder wollte ich fragen ob´s das noch gibt und ob man da dazustoßen kann. Aber mittlerweile wie
gesagt hat sich manches wieder erfreulicherweise sehr gut geglättet (Z. 111 – 115, Fall 17)
„Es ist ja bekannt dass ja die Angehörigen dann auch irgendwie drohen Schaden zu nehmen, oder Hilfe brauchen. Dort kriegen sie sie eben konkret (...) Wie ich das auch eventuell hätte haben wollen. Aber/ (Interviewerin:
Für Sie ist das eher so in die Ferne gerückt) Ja (Interviewerin: Sie halten das eher so weg.) So ist es. Das haben Sie schön gesagt“ (Z. 678 – 685, Fall 17)
Das eigene psychische Befinden (Depressivität) verhindert die Teilnahme.
Was die bisherige Darstellung über die Beweggründe für eine Nicht-Teilnahme an einem Unterstützungsprogramm gezeigt hat, ist, dass Partner dann nicht teilnehmen, wenn sie sich zum Zeitpunkt der
Entscheidung nicht oder nicht hinreichend belastet fühlen, wenn die Teilnahme mit der Bearbeitung
unangenehmer Gefühle verbunden ist, oder sie das Gefühl haben, ohne Hilfe gut mit ihrer Situation
umgehen zu können.
Besonders beachtenswert für das professionelle Versorgungs- und Gesundheitssystem sind aber
auch die Konstellationen, in denen Partner sich der Situation überhaupt nicht gewachsen fühlen und
dennoch nicht den Weg zu einem Unterstützungsprogramm finden. Die jahrelange Erfahrung eigener
Hilflosigkeit im Umgang mit der psychischen Erkrankung und deren psychosoziale Folgen bei gleichzeitig fehlender sozialer Unterstützung führt teilweise zu schweren Auswirkungen auf die eigene psychische Gesundheit. Die betreuenden Partner beschreiben beispielsweise übermäßige Selbstzweifel,
Grübelei und Antriebslosigkeit, die das Niveau einer depressiven Symptomatik erreichen. Dem Partner
fehlte so schließlich selbst der Antrieb und der Mut, ein Unterstützungsprogramm in Anspruch zu
nehmen, obwohl sie die Teilnahme als hilfreiche und wünschenswerte Unterstützung angesehen wird.
61
„So und bis ich dann selber nicht mehr konnte un eben mal an en Punkt gekommen bin wo ich, den andern
nicht mehr helfen konnte wo ich dann da saß und mir gesagt habe, was issn jetzt hier los? Du bist ausgelaugt
du kannst nicht mehr.“ (Z.154 – 157, Fall 12)
„ Nein an den Treffen hab ich nicht teilgenommen. Da war ich wieder so dass mich die Probleme wieder so sehre, irgendwie überrollt haben. Denn da hab ich bestimmt irgendwelche Aktionen gehabt wo ich mich nicht in der
Lage gefühlt hab , da zu gehen obwohl mirs sicher geholfen hätte. Weil das ist dann also wenn ich sehr angespannt bin (...) dann bin ich wirklich so angestrengt dass ich dann nein. Da gibt´s sowieso erst mal nein=ich
nehm an nichts teil= und dann verkriech ich mich erst mal.(...)Und wenn’s der Gedanke war , ich hab gar nichts
anzuziehen (...) und du hast sowieso keen Geld (...) und da hab ich gedacht du bist einfach nicht gut genug °um
da hin zu gehen°.“ (Z. 526 – 540, Fall 12)
Die Teilnahme am Unterstützungsprogramm wird aus zeitlichen Gründen abgelehnt.
Wie der vorangegangene Abschnitt zeigt, hat die Einschätzung der eigenen Ressourcen Einfluss darauf, ob Partner, die sich belastet und überfordert fühlen, ein Unterstützungsprogramm in Anspruch
nehmen. Die Übernahme vielfältiger familiärer und beruflicher Aufgaben (Koordination von
Erwerbstätigkeit, Kindererziehung, Besuche des Partners in der Klinik) über einen langen Zeitraum,
führt auf Dauer zu Überforderung und Überlastung des gesunden Partners. Gleichzeitig ist der
Betroffene durch diese Aufgaben zeitlich so stark eingegrenzt, dass er die Teilnahme an einem
Interventionsprogramm trotz positiver Erwartung und Teilnahemewunsch als nicht realisierbar
einschätzt.
„Und da war ich aber eben zeitlich nicht gerade gesegnet, gesegnet bin da musste ich das leider absagen“ (Z.
15 – 16, Fall 20)
„Erst hab ich mich entschieden dass ich da dran teilnehme (...) Und dann eben zeitlich. Also das war eben das
Hauptargument. Ich kann / Ich arbeite in drei Schichten und meine Frau ist jetzt im Krankenhaus und die Kinder
und dann noch abends in L. (Anm.: Klinikbesuche), das war eigentlich das Hauptargument“ (Z. 61 – 66, Fall 20)
„Na das [die Absage] war mehr oder weniger, nicht so persönlich auf die Sache bezogen. Also das spielte dann
auch arbeitsmäßig eine Rolle. Das ich das also zeitlich nicht hingekriegt habe vom Dienst her. Das fiel dann
gerade immer so, eigentlich ich hätte dann also immer, eher vom Dienst gehen müssen und das, das geht eben
bei uns nicht so gut“ (Z. 141 – 145, Fall 19)
1.7.6 Zusammenfassung: Motive zur Inanspruchnahme bzw. NichtInanspruchnahme
Aus der qualitativen Untersuchung wird deutlich, dass Partner depressiver und schizophrener Patienten mit recht spezifischen Bedürfnissen und Belastungslagen die Teilnahme an einem Unterstützungsprogramm in Erwägung ziehen.
In Tabelle 21 werden die Motive noch einmal zusammengefasst:
62
Tabelle 21: Zusammenfassung der Motive zur (Nicht-) Inanspruchnahme bei Teilnehmern und
Nichtteilnehmern
Motive, die zur Inanspruchnahme eines Interventionsprogramm für Partner psychisch Kranker führen
•
Der Partner fühlt sich subjektiv belastet.
•
Der Partner schätzt ein, mit der Situation insgesamt nicht zurechtzukommen.
•
In Bezug auf das Unterstützungsprogramm bestehen positive Erwartungen.
•
Es liegt ein aktueller Veränderungswunsch vor.
Motive, die zur Nicht-Inanspruchnahme eines Interventionsprogramm für Partner psychisch Kranker
führen
•
Die subjektive Belastung ist zum Zeitpunkt der Entscheidung gering.
•
Die eigene Situation wird als bewältigbar eingeschätzt oder es besteht kein Wunsch nach Veränderungen.
(1) Es besteht ein anderes Konzept der hilfreichen Unterstützung (z.B. Einzelgespräche mit Fachleuten oder Psychoedukation).
(2) Die Gruppenatmosphäre wird als zu anonym eingeschätzt und abgelehnt.
(3) Die Partner erwarten zusätzliche Belastungen durch die Probleme anderer Betroffener.
(4) Unterstützung von Anderen (Fremden) wird nicht als hilfreich empfunden.
(5) Die Auseinandersetzung mit der Erkrankung des Partners wird in nicht-akuten Belastungsphasen
abgelehnt.
•
Das eigene psychische Befinden (Depressivität) verhindert die Teilnahme.
•
Die Teilnahme am Unterstützungsprogramm wird aus zeitlichen Gründen abgelehnt.
Besonders zu beachten ist, dass sich ein starker Teilnahmewunsch relativiert wenn der Belastungsdruck nachlässt, also z.B. die akute Phase der Erkrankung überwunden ist. Die professionelle Sichtweise, Symptome und krankheitsbedingte Probleme würden auch über die akute Episode hinaus das
Zusammenleben der Familie und der Partner prägen (Chakrabarti et al., 1993; Bischkopf et al., 2002),
ist für die tatsächliche Inanspruchnahme von Unterstützung offenbar wenig relevant. Liegen die oben
genannten Gründe für eine Teilnahme nicht oder nur zu einem geringen Teil vor, so wird eine Teilnahmemotivation in unserer Untersuchung lediglich von den Partnern längerfristig aufrechterhalten,
die eine Teilnahmezusage als verpflichtend ansehen oder langfristige Befürchtungen, z. B. Angst vor
einem Rückfall des Erkrankten haben (Murray et al., 1997). Hänselt (1988) vermutet aus seiner Beratungstätigkeit, dass mit der Inanspruchnahme von Unterstützungs- und Hilfsangeboten das Eingeständnis zusammenhängt, nicht mehr mit der Situation zurechtzukommen. Viele Angehörige und Partner wollen solange wie möglich unabhängig von professioneller Hilfe sein. Bei vielen Angehörigen
besteht außerdem eine sehr hohe Hemmschwelle, die sie daran hindert an Angehörigengruppen teilzunehmen (Schulze Mönking & Buchkremer, 2000; Deger-Erlenmaier et al., 2000).
Unsere Untersuchung bestätigt die auch in anderen Studien gefundene hohe Belastung der Partner
durch die Erkrankung des Betroffenen, die dazu führen kann, dass auch der betreuende Partner psychisch erkrankt (Hell, 1998; Jungbauer et al., 2001). Die Belastungssymptome können dazu führen,
dass der Partner selbst eingeschränkt ist, z. B. keinen Antrieb hat Hilfsangebote wahrzunehmen oder
Kontakte zu anderen zu pflegen. Gerade für die besonders stark belasteten Betreuer ist die Nutzung
von Hilfsangebote deshalb schwierig. Katschnig und Konieczna (1989) schlussfolgern deshalb, dass
63
Angehörige, die ihre Probleme ohnehin bewältigen, für die Teilnahme an Hilfsangeboten zu wenig
motiviert sind, wogegen Angehörige, die tief in ihre Probleme verstrickt sind, keine Hoffnung mehr
sehen und Angehörigengruppen nicht als hilfreich wahrnehmen können.
Hinsichtlich der Dauer und Schwere der Erkrankung oder auch der Dauer der Partnerschaft ergibt sich
in der vorliegenden Untersuchung ein sehr heterogenes Bild. So nehmen neben „erkrankungserfahrenen“ Partnern auch erstmals solche Lebenspartner teil, die mit der Erkrankung erstmalig konfrontiert
sind. Dabei finden sich in beiden Gruppen die beschriebenen Teilnahmemotive, wobei einige Aspekte
erst im Verlauf der Erkrankung relevant zu werden scheinen. Zum Beispiel wird sich das Gefühl, mit
der Situation nicht zurecht zu kommen, bei der ersten Episode einer depressiven Störung möglicherweise noch nicht in dem Maße einstellen, dass daraus der Wunsch einer Veränderung abgeleitet wird,
weil der Angehörige vielleicht von einer kurzfristigen Belastung wie bei einer vorübergehenden somatischen Erkrankung ausgeht. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass auch Angehörige von Patienten
mit Ersterkrankungen für eine Gruppenteilnahme zu gewinnen sind, wenn subjektiv erlebte Belastung
und Ratlosigkeit, positive Erwartungen an die Teilnahme und ein Veränderungswunsch in einem
handlungsrelevanten Ausmaß vorliegen.
Die Ergebnisse der qualitativen Zusatzuntersuchung unterstreichen die Notwendigkeit von Unterstützungsangeboten für Partner. Lebenspartner wünschen sich einerseits Informationen zur Erkrankung,
wollen aber auch in ihrer eigenen Belastetheit wahrgenommen und von professioneller Seite unterstützt werden. Aus der Perspektive des betreuenden Partners scheint es in Abhängigkeit vom Ausmaß
seiner Belastungen nur einen begrenzten Zeitraum zu geben, in dem ein Angebot auch in Anspruch
genommen wird. So suchen die Partner vor allen Dingen in Krisensituationen, wenn der Betroffene
akut erkrankt ist, für sich selbst Rat und Unterstützung. Im klinischen Alltag würde dies eine zeitnahe
Information des betreuenden Partners über Angebote sowie ein umgehendes konkretes Unterstützungsangebot für ihn erfordern. Auf diesem Weg könnte ein Unterstützungsprogramm dem Ziel der
Prävention gerecht werden, die betreuenden Partner bei Belastungsreduktion, Ressourcenaktivierung
und Kompetenzerweiterung zu unterstützen. Damit würde das Befinden der Partner stabilisiert und die
von ihnen geleistete Hilfe für die Erkrankten erhalten.
1.8
Beurteilung des Interventionsprogramms durch die Teilnehmer
Um die Beurteilung des Unterstützungprogramms für Partner depressiv und schizophren Erkrankter
durch die Teilnehmer zu untersuchen, werteten wir zunächst den selbst entwickelten Fragebogen zur
Beurteilung des Programms aus, der zum Zeitpunkt der Boostersitzung von allen Teilnehmern erhoben wurde. Außerdem bieten die mit Gruppenteilnehmern geführten Interviews im Rahmen der qualitativen Zusatzstudie Einblicke in die subjektive Beurteilung des Programms durch die Teilnehmer.
64
1) Partner depressiv und schizophren Erkrankter (n=70)
Die Qualität und Art der Durchführung der Gruppe wurde von den meisten Teilnehmern positiv beurteilt. Die inhaltliche Gestaltung der Sitzungen empfanden 48,6% als meistens und 40,0% als sehr
passend. Die methodische Gestaltung, wie z.B. die Arbeitsweise und die Art der Darstellungen, fanden 92,9% gut oder sehr gut. Die Moderatoren wurden von 90,5% der Teilnehmer als gut bis sehr gut
vorbereitet wahrgenommen. Auch die Anregung zur eigenen Mitarbeit wurde von 91,4% der Teilnehmer als gut bis sehr gut bezeichnet. Der Großteil der Teilnehmer (91,4%) empfand die eigenen inhaltlichen Wünsche in den Sitzungen gut bis sehr gut berücksichtigt.
Ungefähr die Hälfte der Teilnehmer (47,1%) hätte trotzdem gern mehr über einzelne Inhalte erfahren.
Genannt wurden unter anderem:
•
konkrete praxisbezogene Hilfestellung für den Umgang mit dem Partner und Möglichkeiten,
dem Partner zu helfen,
•
die Gefühle des erkrankten Partners, insbesondere die Problematik von Nähe und Sexualität,
•
Umgang mit dem Partner als Patient,
•
Ursachen der Erkrankung und Hilfe bei der Bewältigung,
•
Vorbeugung,
•
spezielle Problematik des eigenen Partners,
•
Umgang mit der Erkrankung in der Öffentlichkeit und in der Gesellschaft,
•
praktische Möglichkeiten der Entspannung, wie z.B. Entspannungstechniken,
•
individuelles Verhalten in krankheitsbedingten Stresssituationen,
•
Krankheitsbilder und deren positive Linderung durch die Unterstützung des Partners,
•
Rehabilitationsmöglichkeiten im Anschluss an die stationäre Behandlung.
•
Langzeiterfahrungen zu Medikamenten
•
Therapie mit Neuroleptika oder Antidepressiva
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Medikamente, ihre Auswirkungen und Zusammenhänge
•
allgemeine Therapiemöglichkeiten
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Partnerschaftliches Zusammenleben mit dem Erkrankten
•
„Wegweiser“ in der Praxis für Betroffene
Vereinzelt wünschten die Teilnehmer mehr Anschauungsmaterial, mehr Zeit für die Kleingruppenarbeit, mehr Gelegenheiten Strategien in der Praxis zu üben, mehr Zeit für individuelle Beratungen oder
für Paargespräche. Ein eher geringer Anteil (10,0%) wünschte sich, dass bestimmte Themen weniger
vertieft worden wären, wie z.B. die Probleme und das aktuelle Befinden der anderen Teilnehmer oder
wissenschaftliche Hintergründe.
Die Partner beurteilten die Teilnahme an der Gruppe rückblickend als stark bis sehr stark hilfreich
(75,7%). Nur für zwei Personen war die Teilnahme kaum hilfreich. In Tabelle 22 sind die Häufigkeiten
dargestellt, mit denen die Teilnehmer die einzelnen Aspekte des Programms als hilfreich beurteilten.
65
Tabelle
22:
Häufigkeiten
der
als
hilfreich
beurteilten
inhaltlichen
Aspekte
bei Partnern schizophren und depressiv Erkrankter (n=70)
(Mehrfachnennungen möglich)
Hilfreiche Aspekte
N
%
Information über die Erkrankung des Partners
61
87,1
Kontakt zu anderen Betroffenen
57
81,4
Stressbewältigungsstrategien
46
65,7
Umsetzung von Verhaltensstrategien in die Praxis
46
65,7
Austausch mit einem Psychologen
46
65,7
Austausch mit einem Arzt
43
61,4
Möglichkeiten der Entspannung
40
57,1
Entwicklung eines Krisenplans
38
54,3
Kleingruppenarbeit
34
48,6
Am häufigsten wurden die Informationen über die Erkrankung des Partners und der Kontakt zu anderen Betroffenen als hilfreich beurteilt. Die Anregungen zu Stressbewältigungsstrategien, die Umsetzung von Strategien in den Alltag und der Austausch mit einem Psychologen wurden von rund zwei
Drittel der Teilnehmer als hilfreich beurteilt. Über die Hälfte der Teilnehmer empfand die Einblicke in
Möglichkeiten zur Entspannung, die Entwicklung eines Krisenplanes, den Austausch mit einem Arzt
sowie die Arbeit in Kleingruppen als hilfreich.
Über die Hälfte der Teilnehmer gab an, die Mehrzahl der Inhalte der Veranstaltungen im Alltag anwenden zu wollen. Die Mehrzahl der Partner (58,8%) hatte vor, auch nach dem Ende der Gruppenveranstaltungen Kontakt zu den anderen Teilnehmern zu halten. Fast alle Teilnehmer würden anderen
Partnern psychisch Kranker die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung empfehlen. Das Programm
wurde somit von den teilnehmenden Partnern im Allgemeinen positiv beurteilt und für hilfreich erachtet.
2) Rückmeldungen aus der qualitativen Zusatzstudie zum Interventionsprogramm
Teilnehmer am Interventionsprogramm wurden auch im Rahmen der qualitativen Zusatzstudie danach
befragt, warum sie das Programm anderen Partnern von psychisch Kranken empfehlen oder nicht
empfehlen würden. Nachfolgend werden die von den Teilnehmern genannten Aspekte dargestellt und
mit entsprechenden Interviewzitaten belegt.
(A) Austausch mit anderen Betroffenen in der Gruppe
Die Partner der Erkrankten nahmen das Programm als wichtige Möglichkeit wahr mit anderen betroffenen Partnern in Kontakt zu treten und sich auszutauschen. Dabei entstand ein Zusammengehörig66
keitgefühl, das nicht zuletzt auf dem einander entgegengebrachten Vertrauen und den untereinander
wahrgenommenen Parallelen zwischen den Teilnehmern beruhte.
„Also am liebsten möchte ich das ganz einfach, wie sagt man so schön, hinausschreien: Halt hier stopp es gibt
da irgendwo eine Möglichkeit und man kann sich unterhalten. Und so. Ganz einfach. Weil ich ganz einfach der
Meinung bin, das hat ganz, ganz viel gebracht. Und nicht nur mir und ich merk das auch in dieser Gruppe und
da sind auch noch ganz viele die ganz leise sind. Und das irgendwo nicht, wo ich dann auch sage ich sage:
Mein Gott! Ihr seid wer!“ (Z. 577-583, Fall 2)
„Das ist schon wichtig, dass man dann im Nachhinein auch den Kontakt weiter behält zu den anderen Angehörigen mit denen man da in der Gruppe gesessen hat.“ (Z. 400-403, Fall 3)
„Hab ich mich eben da drinne vorgestellt wie man das eben so macht und erzählt und erzählt und erzählt. Und
dann haben die andern erzählt. Und da dachte ich: denen geht’s auch nicht gut den Frauen. ... Ich war, bin
wunderbar aufgenommen. Nicht dass die nun gesagt haben: Hach noch eine. Nein, nein, ganz im Gegenteil.
Ganz im Gegenteil.“ (Z. 2175-2181, Fall 7)
(B) Übergang der Gruppe ins Selbstmanagement bzw. Fortbestehen der Gruppe
In den Interviews spiegelt sich auch wieder, was der Fragebogen zur Akzeptanz bereits deutlich gemacht hat. Die Teilnehmer am Programm haben das Programm als hilfreich wahrgenommen und würden es anderen Partnern unbedingt weiterempfehlen.
„Also ich würde das schon empfehlen. Für andere. Also wenn ich jemanden kennen würde, wo der Partner auch
depressiv, psychisch krank ist, also dem würd´ ich schon empfehlen wenn er die Möglichkeit hat in so einer Angehörigengruppe, dort mit teilzunehmen. Dass man sich da auch austauschen kann mit den anderen sich unterhalten kann. Würd´ ich schon empfehlen. Das find ich gut.“ (Z. 387-392, Fall 3)
„ich würde jederzeit jemandem dies vorschlagen. Und, alles erzählen, wie’s ist. Dass er auf jeden Fall da hingehen sollte. Wenn er es, wenn’s ihm zu Hause so ergeht wie mir.“ (Z. 2010-2012, Fall 7)
Für eine Vielzahl der Partner endet das Gruppenprogramm nicht mit dem Abschluss der organisierten
Gruppentreffen. Vielmehr besteht der Wunsch bzw. die Initiative weiter Kontakt zu den anderen Gruppenmitgliedern zu halten, was sich bereits zum Ende der Gruppe in konkrete Terminplanungen und
Absprachen niederschlägt. Dabei ist das Ziel weniger, die Gruppe innerhalb der bestehenden Struktur
eines Angehörigen- oder Selbsthilfeverbandes weiterzuführen, als aus der vorhandenen Gruppenstruktur eine neue „Organisation“ entstehen zu lassen.
„Ja? Und ich hatte ja damals schon angesprochen, zwecks Selbsthilfegruppe oder so. Wir haben uns ja Gedanken gemacht. Und wir unterhalten uns immer noch da drüber. Und wir denken eigentlich dass wir vielleicht eventuell wenn wir so bestehen über dieses Jahr jetzt, das haben wir uns so als Ziel gesetzt, über diese 12 Monate jetzt zu kommen, dass man dann das weit greifender machen könnte. Ja. Ich hatte jetzt zum Beispiel einen
Artikel gelesen in der Umschau oder in der Gesundheit oder so, da saß ich so da und da hab ich mir überlegt
und da dachte ich mir, nee, da schreibste ganz einfach was. Und ich weiß, irgendwann hab ich diese Mußestunde, und schreib dann dazu. Da gings wieder, eigentlich darum, warum die Angehörigen auf der Strecke
bleiben. … Irgendwann setzt du dich hin, schreibst da irgendwie ein paar Zeilen dazu, bloß ganz einfach, ob sie
es drucken oder nicht ist mir am Ende eigentlich egal aber es ist ein Versuch, irgend jemanden vielleicht auch
67
aufzumuntern oder zu animieren oder den Kopf nicht in den Sand zu stecken oder wie auch immer, dass es irgendwo auch weitergeht.“ (Z. 526 – 546, Fall 2)
„Wir haben uns, als die Gruppe haben wir uns gesagt: Es wäre jetzt schade hier auseinander zu gehen. Und
das wär wirklich schade. Wollen wir nicht. Und da haben wir gesagt: Ja wäre okay. Und wie das immer so ist,
wenn man keinen richtigen festen Termin hat, wird das dann nichts. Und da haben wir gleich gesagt: Nee, aller
zwei Monate ist ausreichend. Den ersten Montag. Ist okay. Und da haben wir uns das in die Kalender eingetragen und na ja.“ (Z. 323-328, Fall 4)
„... es gibt da ne Menge Angebote, von solchen Selbsthilfegruppen und Vereinen aber, aber das hat mir eigentlich hier sehr gut gefallen weil das, weil es eine sehr solide Grundlage hatte.“ (Z. 362-365, Fall 4)
(C) Selbst Kraft schöpfen können und Ruhe finden
Im Resümee beschreiben die ehemaligen Teilnehmenden, dass sie sich durch das Programm selber
mehr Kraft und Ruhe verschafft haben wie auch, dass sie diese Veränderung an ihren erkrankten
Partner bzw. ihre Familie weitergeben konnten. Insgesamt besteht der Eindruck mit der erkrankungsbedingten Situation besser umgehen zu können.
„Ich wusste dass ich wer bin! Aber irgendwo war dieses powermäßige raus. Dieses immer wieder an sich selber
glauben. Das war irgendwo verloren gegangen. Das war irgendwo raus. Und das ist jetzt irgendwo wieder aufgeladen worden in dem Akku.“ (Z. 443-446, Fall 2)
„Ich hab dadurch oder habe gemerkt, dass ich dadurch auch, mehr Ruhe reingebracht habe. Bisschen mit, vielleicht, vielleicht red ich mirs auch nur ein, ein bisschen Ruhe mit in meinen Mann reingebracht habe.“ (Z. 469472, Fall 2)
„Dass ich mich im Prinzip mit den anderen austauschen konnte. Dass ich so meinen Mittelweg finden konnte
wie ich selber, damit besser zurechtkomme. Mit meinem Partner besser zurechtkomme und dann auch äh mit
mir besser zurechtkomme. Also das fand ich schon sehr gut. Das hab ich jetzt aus diesen, Gruppensitzungen
für mich jetzt rausgenommen. Dass das alles ein bisschen besser funktioniert. Es gibt natürlich doch immer
wieder Rückschläge wo es einem doch auch zu viel wird. Und da zieh ich mich dann auch so zurück. Und dass
ich dann auch in meinen eigenen Gedanken erst mal so schwelgen kann. Um das wieder so besser verarbeiten
zu können. Und dann geht das im Prinzip wieder.“ (Z. 372-381, Fall 3)
„Na ja weil’s doch immer, schön ist, dass man sich da mal trifft. Dass man sich da immer wieder austauschen
kann und dass man da seine Probleme erzählen kann. Dass man da auf Verständnis stößt. Das find ich im
Prinzip gut. Dass man das machen sollte.“ (Z. 405-408, Fall 3)
Entlastend wurden vor allen Dingen der Austausch mit anderen Partnern wahrgenommen. Es entsteht
Erleichterung, man findet Verständnis und „Gleichgesinnte“ und fühlt sich weniger allein mit der Erkrankung des Partners und den daraus resultierenden Problemen.
„Aber das war so schlimm mit mir. Und wenn ich dann wieder in der Gruppe mal war, und hab ja erfahren wie’s
den andern Frauen geht. Dass es denen auch nicht viel besser geht.“ (Z. 991-993, Fall 7)
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„Doch die Gruppe hat mir schon was gebracht. Das kann ich nicht sagen dass die mir nicht, Nein nein. Das
kann man nicht sagen. Mit dieser Gruppe habe ich doch, ich war nicht alleine. Ich bin nicht der Mensch der alleine ist. Es geht anderen Menschen/ Es geht vielen so.“ (Z. 1526-1529, Fall 7)
„Wir sind dann immer mit einem, ja das Erzählen das Reden schon allein. Wir sind dann immer aus der Gruppe.
Haben uns verabschiedet. Uns ging’s allen, wir waren alle etwas erleichtert, würde ich sagen. ... nach den anderthalb Stunden.“ (Z. 1759-1764, Fall 7)
(D) Veränderungen im persönliche Befinden
Im Vordergrund der beschriebenen Veränderungen im persönlichen Befinden steht neben dem bereits
beschriebenen Eindruck mit sich selbst besser zurechtzukommen das Gefühl, dass die Gruppentreffen gut getan haben, dass sie insbesondere dem teilnehmenden Partner weitergeholfen haben.
„Ich habe mitunter geweint so wie mir jetzt die Tränen kommen. Und ich habe auch erzählt dass es mir gut getan hat. Und dass es eben schön war dass ich jemanden habe wo ich mittwochs hingegangen bin. Zuletzt war
das ja in einem Abstand von vier Wochen. Wurde das, der Abstand wurde länger. Der Abstand im Anfang vierzehntägig war. ... Das war öfter, das war nicht zu viel eigentlich. Aber es war, man brauchte es.“ (Z. 1194-1198,
Fall 7)
(E) Veränderung der eigenen Gesundheit und der Verhaltensweisen im Alltag
Die Teilnehmer beschreiben eine persönliche Weiterentwicklung durch die Gruppentreffen. Die Akzeptanz als Person, die sich um ihren erkrankten Partner kümmert wird als wohltuend erlebt. Die Partner
verfolgen neben der eigenen Entlastung und besseren Bewältigung der Erkrankung das Ziel, das Management der Erkrankung zu verbessern, Bestätigung für das eigene Verhalten zu bekommen und
etwas über neue Strategien zu erfahren, was sie in der Gruppe umsetzen konnten.
„und ja da haben wir uns unterhalten. Da hat sie sicherlich gemerkt, dass diese Seminare mir persönlich einiges
gegeben haben und dass ich dadurch, eben auch eh auf sie anders einwirken konnte“ (Z. 158-161, Fall 6)
„Ich habe oder bin, von dem Grundsatz hingegangen: lässt dich mal überraschen, was dort gemacht wird. Wenn
irgendwelche, ich sag mal so, äh dort Fragen oder und wenn, die Gestaltung der Seminare so gelaufen wären,
dass ich sag es mal so, dass es, mir nichts gegeben hätte oder dass ich gesagt hätte, hier wirst du irgendwie, in
ne in ne Reihe geschoben , ähm mit der du nicht klarkommst oder wo du sagst, bist du nun schon selber äh en
Fall für irgendeinen Psychiater. Dann hätte ich gesagt: danke, das war’s. Das tu ich mir nich an. Das muss ich
mir nich antun ... Das bringt mich nich vorwärts. Das bringt meine meine Frau nich vorwärts. (Z. 204-219, Fall 6)
Die Partner nehmen aus den Gruppensitzungen Anhaltspunkte für persönliche Adaptationsmöglichkeiten und Bewältigungsstrategien mit, die präventiv beispielsweise eine eigene psychische wie auch
(psycho)somatische Erkrankung des Lebenspartners verhindern können.
„Na ja, das hat mir genützt dahingehend, dass ich’s relativ schnell anwenden konnte. Eigentlich war das ganz
okay. Manche Sachen braucht man vielleicht nächstes Jahr mal. Weiß man ja noch nicht. Also es hat mir rundrum eigentlich gut getan, innerlich gut getan, dass ich meine doch, mit der Situation besser umgehen konnte,
dass ich innerlich ein bisschen Ruhe fand, einfach weil ich sage: Mein Gott , dort ist das so und da ist das so
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und bei dem so. Du bist hier nicht der Einzige, der das Problem hat. Das war ganz wichtig und das haben wir
eigentlich auch alle von der Gruppe her dann immer gesagt. Man hat auch ein paar Dinge gelernt, dahingehend
dass man auch an sich selbst zu denken hat. Das hab ich schon vorneweg rausgekriegt, dass das ganz gut
funktioniert. ... Ja, aber ich dachte, ich hab das selber gemerkt, dass ich einfach sagte: du musst jetzt hier was
tun. Du musst dir jetzt hier wieder ein Hobby aufbauen. Und das kann doch nicht alles sein. Du brauchst hier
Ruhepole. Ja und das hat sich eigentlich dann, das wurde dort nur noch mal unterstützt dahingehend. Da dachte ich: du bist auf dem richtigen Weg. Also in manchen Dingen wurde ich auch bestätigt. So und das war eigentlich ganz gut.“ (Z. 271-288, Fall 4)
(F) Informative Inhalte der Gruppe
Die Beantwortung von Fragen zur Erkrankung, die Möglichkeit Informationen über die Krankheit zu
erhalten, die den Partnern bisher verwehrt schienen, ist ein weiterer zentraler Aspekt, der von den
Partnern im Nachhinein als positiv am Programm wahrgenommen wurde. Dabei ist den Partnern auch
die Vielfältigkeit des Informationsaustausches (durch Ärzte, Psychologen, andere Teilnehmer, Informationsmaterialien) wichtig. Durch ausgeteilte Materialien behalten die Gruppe und die Gruppendiskussionen zusätzliche Nachhaltigkeit.
„Weil, es ist doch, es wird soviel auf uns dort eingeströmt an, an Wissen und auch an Neuigkeiten, die wir gar
nicht kannte. Ich meine ich bin mit meiner Frau mehrmals ähm mit beim Arzt gewesen und dergleichen, gut
zehn Minuten beim Arzt, äh die sagen einem auch ein bissel was aber, bei weitem nicht das wir dort erfahren
haben. ... Und die Gestaltung der Seminare die war ja so vielfältig und auch so vom Inhalt her. Ich hab ja alles
noch bei mir hier. ... Ich hab ja nichts weggeworfen. Ähm die war so so vielfältig, dass ich sagen kann, also das
war, keine war keine verlorene Zeit für mich. ... Hat mir echt was gegeben. ... Kann’s jedem nur empfehlen, der
die Chance hätte.“ (Z. 180-195, Fall 6)
(G) Partnerschaft (Veränderungen im partnerschaftlichen Zusammenleben und Miteinander,
Kommunikation, Krankheitsmanagement, Wie geht es weiter? (eine gemeinsame Perspektive
finden)
Aus dem täglichen partnerschaftlichen Zusammenleben mit dem Erkrankten beschreiben die Teilnehmer weitere Aspekte, die sich durch das Programm verändert haben. So fällt es den Partnern leichter,
das Gespräch mit dem Erkrankten zu suchen bzw. mit dem Erkrankten im Gespräch zu bleiben. Die
Partner beschreiben auch, dass ihre Teilnahme gleichzeitig ein Signal für den kranken Lebenspartner
wahr, sich einzusetzen, Hoffnung und Hilfe geben zu wollen.
„Weil ich ganz einfach jetzt bestrebt bin das Gespräch öfter zu suchen, immer wieder nachzubohren. Sonst hab
ich vielleicht drei vier Mal gefragt. Und vergebens gefragt und da dacht ich mir naja dann lässt es eben sein.
Muss ich versuchen alleine damit versuchen zurechtzukommen. Und jetzt eben das anders mache.“ (Z. 673677, Fall 2)
„Man will ja sehen dass man selber erst mal, mit der ganzen ... Geschichte äh irgendwie wieder ins Reine
kommt. Aber ich wollte meiner Frau wie gesagt die Hoffnung geben, mit meiner Hilfe, und wenn das auch nur
ein ganz kleiner Prozentsatz is, ähm wirst du wieder gesund. ... Das war das eigentliche Anliegen“ (Z. 109-116,
Fall 6)
70
„Es war ja auch wie gesagt auch von sich aus die Erwartung auch, mit das habe ich so ein bissel durchgehört,
dass sie äh gerne das sehen würde wenn ich ... dort das mitmachen würde. Weil eine ich weiß jetzt nicht welche Patientin denn noch die hatte, da haben sie sich wahrscheinlich unterhalten und der ihr Mann muss nicht so
richtig Interesse gehabt haben ... Und da war doch bei meiner Frau, irgendwie, das so dass sie das eben gerne
gesehen hätte, dass ich das mitmache. (Z. 238-247, Fall 6)
Darüber beschreiben die Teilnehmer, dass sie das in der Gruppe erworbene Wissen bereits eingesetzt haben, um beispielsweise frühzeitig eine erneut notwendig stationäre Behandlung des Erkrankten einzuleiten.
„Wobei ich sagen muss im November wusste ich dann schon manche Dinge. Warum manches jetzt von der
medikamentösen Behandlung so abläuft und nicht anders. Und das dritte Mal als sie dann letztes Jahr im
Sommer drin war, hab ich ja dann sogar, sagen wir mal das aktiviert, dass sie sehr schnell, die Behandlung gekriegt hat und wir da nicht Zeit verloren haben. Und dadurch war sie eigentlich nur sechs Wochen drin. … Und
dadurch waren’s einfach nur sechs Wochen. Und nicht acht, zehn, zwölf Wochen wie am Anfang. Da muss ich
sagen, es ging dann schon besser. Einfach auch aus dem Wissen heraus, weil das Programm im Januar oder
im Februar oder im März anfing und man einfach viele Dinge schon wusste.“ (Z. 131-149, Fall 4)
Als unterstützender Aspekt für die eigene Partnerschaft wird der erlebte Zusammenhalt der anderen
Gruppenteilnehmer mit ihrem Partner erlebt. Das hat den Partnern zusätzlich Bestätigung verschafft,
dass es auch mit der Erkrankung möglich ist weiter als Paar zusammenzuleben.
„... unser Zusammenleben hat sich seitdem, ist intensiver geworden und ist einfach auch harmonischer geworden. ... Das hab ich aber von allen eigentlich gehört, die hier saßen. Also, es gab da keinen Partner der gesagt
hat, der seinen Partner aufgrund der Erkrankung hat jetzt fallen lassen. War niemand in der Gruppe. Überhaupt
niemand. Und das hat mich, hat uns eigentlich also man hat sich da, auch aneinander aufgerichtet. Und irgendwo macht’s auch stark so im Prinzip.“ (Z. 181-189, Fall 4)
(H) Standpunkt des Erkrankten zur Teilnahme
Einige Teilnehmer beschreiben im Nachhinein, dass sie sich die Zeit und/oder Erlaubnis für die Gruppe erkämpfen mussten, während andere Partner von ihrem Partner noch darin bestärkt wurden die
Gruppentreffen zu besuchen. So erleben die Partner, die ihren Teilnahmewunsch auch gegen den
Erkrankten durchgesetzt haben, ihr Tun im Nachhinein bestätigt. Für die andern erhöht die gemeinsame Entscheidung die partnerschaftliche Verbundenheit, jetzt auch „in“ der Erkrankung.
„...ich hatte so ein paar gesundheitliche Probleme und mein Mann wollte nicht dass ich dort hingehe. ... Er konnte sich da drunter eben einfach nichts vorstellen. Wie soll dir das was bringen. Ich bin doch zu Hause, nach diesem Motto. Nich. ... Und mir wird’s schon, mir wird’s schon wieder besser gehen. Und aber ich sage: deswegen
kann ich doch an dieser, ich habe, man hat’s mir angeraten, wo du noch im Krankenhaus warst. Ich soll an dieser Gruppe teilnehmen. Nun hat sich jemand darum gemüht, dass ich in die Gruppe noch mit reinkomme.“ (Z.
2145-2155, Fall 7)
„Nu ich habs meiner Frau gesagt, dass ich Montag, dass ich Montag dort und dort hingehe. Da war das in Ordnung, da war das genehmigt und da hat se nicht weiter gefragt danach. So war das. Ganz einfach.“ (Z. 624-627,
Fall 1)
71
„Und das hat mir dann ja später auch, äh mehrfach wissen lassen dass sie, also froh war und stolz auf mich war
dass ich ihr, das das gegeben habe. ... dass ich das mitgemacht habe.“ (Z. 124-128, Fall 6)
„Ja meine Frau hat das schon, also hat gesagt zu mir, ich sage das jetzt mal so: Sie würde’s gerne sehen dass
ich hingehe.“ (Z. 771-772, Fall 6)
(I) Bemerkungen zum Ablauf und Aufbau der Gruppen
Auch der Ablauf und der Aufbau der Gruppen ist den Teilnehmern in positiver Erinnerung geblieben.
Besonders hervorgehoben wurde die Ausgewogenheit zwischen Wissensvermittlung und den Diskussionsrunden mit den Moderatoren bzw. unter den Teilnehmern. Es wurde weiterhin der Wunsch vorgebracht, das Programm mit weiteren Teilen fortzusetzen bzw. das Programm, so wie es angeboten
wurde auch über die Projektzeit hinaus anzubieten.
„Für jemanden der dran teilgenommen hat: Es ist keine vertane Zeit. ... Man erfährt wirklich viel. Und es ist auch
interessant gemacht. Und selbst wir als Angehörige von Patienten wurden ja mit immer mit, äh in die in die in
die Seminare eingebracht mit unserem Gedankengut. Dass wir uns zu Hause überlegen sollten: Was könnten
wir jetzt das nächste Mal für Sachthemen oder wir könnten über das äh mal diskutieren und so. Äh das war
schon interessant. Das war nicht monoton. Das war auch nicht einseitig. Ähm sondern das war Psychologe und
Seminarteilnehmer. Das war ein Wechselspiel ... Auch mit den ganzen internen Gruppengesprächen zu Sachthemen dort. Ähm das war immer so’ne aufgelockerte Form. Und nicht irgendwie , in ene Schatulle gesteckt oder in en Rahmen.“ (Z. 1685-1700, Fall 6)
„Da kann man ihnen nur alles Gute wünschen. ... Dass sie noch auch seitens äh, dem Sponsoren dazu denn
die Möglichkeit haben ... das weiter zu betreiben. Denn das ist nicht schlecht. Das ist schon was Gutes. Zumal
es, die Krankheit, ja wirklich ne Geißel ist.“ (Z. 1754-1760, Fall 6)
„Das also ich hab’s aus meiner, aus meiner Sicht eigentlich sehr, als rundrum gut empfunden. Es wäre vielleicht
ganz schön und das haben wir auch gesagt, wenn es vielleicht noch mal einen Teil zwei geben würde oder Teil
drei. Aber, ob das passieren wird, wissen wir ja nun nicht.“ (Z. 291-294, Fall 4)
„Ja. Also, es war ja gemischt zwischen Gesprächsrunden und zwischen, sagen wir mal populärwissenschaftlichem Theorieteil. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Die Mischung war sehr gut.“ (Z. 154-157, Fall 4)
„Die Gespräche, das war natürlich ganz wichtig. Wobei man am Anfang das erst mal sagen wir mal mehr in
Richtung Wissensvermittlung gegangen ist, einfach auch um die Gruppe zu festigen. Das braucht ja auch, so
eine Gruppe durchlebt ja auch Phasen, bis sie halt dann wirklich richtig arbeiten kann. Und das hat man auch
ganz geschickt gemacht. War okay.“ (Z. 204-208, Fall 4)
„... das ist ja auch denke ich der Sinn dieser Studie, das ist ja ein Geben und ein Nehmen gewesen. Also es ist
ja nicht bloß ein Geben gewesen jetzt in Richtung Angehörige, dass man sagt: Gut, wir geben euch jetzt hier
Wissen mit und wir machen euch, ja wir geben euch Wissen mit dahin gehend, dann könnt ihr mit der Situation
umgehen. Sondern ich denke, dass ist, wird ja zunehmend ein Problem in der Gesellschaft. Dass man sich
auch Gedanken macht, um dieses halt, wie gehen Angehörige damit um auch wissenschaftlich abzuarbeiten.
Und da jetzt entsprechende Maßnahmen daraus abzuleiten. Insgesamt, für die Gesellschaft.“ (Z. 303-311, Fall
4)
72
(J) Empfehlungen für weitere Gruppen /Gruppenzusammensetzung (Alter, Geschlecht, Berufstätigkeit, Erfahrungen)
Es ergeben sich aus den Interviews mit den ehemaligen Teilnehmern am Programm auch eine Reihe
von Hinweisen darauf, wie das Programm verändert bzw. verbessert werden kann. So besteht der
Wunsch bei der Einladung neben dem Geschlecht oder Wohnort / Stadtgebiet des Teilnehmers zu
beachten, wie alt dieser ist bzw. ob er noch berufstätig ist. Ein zentraler Aspekt ist außerdem der Zeitpunkt, zu dem die Partner über ein solches Angebot verfügen können. So besteht der Wunsch, auf ein
solches Programm vor allen Dingen in akuten Belastungsphasen zugreifen zu können.
„Aber ich hätte manchmal gewünscht die Gruppe wär´, um zwei drei Frauen mehr gewesen. ... Dass man vielleicht doch eine Kontaktperson, äh sich eine Kontaktperson gefunden hätte die in unmittelbarer Nähe gewohnt
hätte für mich.“ (Z. 1542-1547, Fall 7)
„Und ich würde jedem raten, dem es so schlecht gegangen ist wie mir, dass er an so einer Gruppe, teilnehmen
soll. ... aber vielleicht ein bisschen größer. Vielleicht sollten die das ein bisschen staffeln, des Alters. ... nicht
dass die nun da Rentner mit hineinnehmen und Menschen die, arbeiten gehen müssen. ... denn die werden,
acht Stunden lang sind die abgelenkt von dem kranken Patienten den sie zu Hause haben.“ (Z. 2262-2272, Fall
7)
„Also ich hätte mir gewünscht, dass das, äh in der Hochphase der Krankheit passiert wäre. ... Also wo es echt,
wo echt die ganze Geschichte auf nem schmalen Grad sich befand. ... Da ist es sicherlich angebrachter. Denn
da brauchen sie am meisten Unterstützung und am meisten Hinweise, Erfahrung oder Empfehlung oder oder
oder nicht Ratschläge. Ratschläge die kann ihnen sicherlich keiner geben.“ (Z. 1286-1295, Fall 6)
„Und ich wünschte manchmal, wir wären in der Gruppe mehr gewesen. ... Ich hab’s, ich wünschte wir wären
mehr gewesen. ... Mir hätte, gut man hätte dann vielleicht nicht so viel von sich erzählen. Aber man hätte können mehr zuhören. Man brauchte ja auch nicht jedes Mal erzählen.“ (Z. 1531-1537, Fall 7)
1.9
Diskussion
Die Evaluation des Gruppenprogramms fördert zwei sehr unterschiedliche Ergebnisse zu Tage: Auf
der einen Seite gelang es nicht, mit den eingesetzten Instrumenten eine Verbesserung im Befinden
der Teilnehmer festzustellen. Dies ist angesichts des erklärten Ziels der Intervention, auf das emotionale Befinden, das Burnout, die Lebensqualität und auf die Belastung durch körperliche Beschwerden
Einfluss zu nehmen, ein ernüchterndes Ergebnis. Auf der anderen Seite steht die subjektive Zufriedenheit der Teilnehmer, die in einem durchaus differenzierten Urteil die verschiedenen Aspekte des
Programms bewerteten und die Intervention insgesamt mit großer Mehrheit als hilfreich einschätzten.
Auch die sehr geringe Abbrecher-Rate während des halbjährigen Programms belegt die Zufriedenheit
der Teilnehmer mit dessen Ablauf.
73
1.9.1 Zielgruppe und Interventionszeitpunkt
Lebenspartner psychisch Kranker haben gegenüber der Allgemeinbevölkerung ein erhöhtes Risiko,
selbst psychisch zu erkranken. So ist ihr Risiko, im Verlauf des Lebens an einer klinisch relevanten
Depression zu erkranken um den Faktor 1,7 erhöht, innerhalb eines 4-Wochen-Abschnitts ist die Prävalenz von Depressionen mehr als verdoppelt (Wittmund et al., 2002). Tatsächlich waren die Mittelwerte der Teilnehmer hinsichtlich BDI und BAI zu Interventionsbeginn nur in der zahlenmäßig kleinen
Interventionsgruppe Schizophrenie höher als der Mittelwert einer gesunden Probandengruppe (BDI)
(Hautzinger et al., 1994) bzw. als der Mittelwert verheirateter Ostdeutscher (BAI) (Margraf & Poldrack,
2000). Auch die GBB-24 Werte für körperliche Beschwerden entsprachen bei den Studienteilnehmern
weitgehend denen einer gesunden Probandengruppe. Eine naheliegende Erklärung für die mangelnde
Effektivität der Intervention könnte also ein „ceiling-effect“ sein, der hinsichtlich der körperlichen Beschwerden und der Angst- sowie Depressionssymptome entstand, d.h., die kaum pathologischen
Werte konnten durch die Intervention nicht noch weiter normalisiert werden. Hier stellt sich neben der
Frage nach der Wirksamkeit der Intervention also auch die Frage, ob eine relevante Zielgruppe für die
Intervention gewonnen werden konnte.
Hinsichtlich der gefundenen Ausgangswerte in MBI und WHOQOL-BREF lässt sich diese Frage bejahen: Die Lebensqualität der Studienteilnehmer, wie sie im WHOQOL-BREF abgebildet wurde, war in
vier von fünf Domänen niedriger als in der Allgemeinbevölkerung. Dies entspricht Vorbefunden, die
belegen, dass Angehörige von psychisch Kranken eine Einschränkung ihrer subjektiven Lebensqualität erfahren (Katschnig & Angermeyer, 1997). Hinsichtlich der Lebensqualität erreichte die Intervention
also eine durchaus betroffene Gruppe, konnte deren Lebensqualität jedoch nicht messbar verbessern.
Für das Maslach Burnout-Inventar liegen keine Normwerte gesunder Probanden vor. Das Ausmaß
des Burnout der Partner ist jedoch mit dem Burnout vergleichbar, das für Krankenschwestern und pfleger in der Psychiatrie festgestellt wurde (Maslach et al., 1996). Auch hier konnte die Intervention
trotz deutlich feststellbarer Beeinträchtigungen der Zielgruppe nur die Depersonalisation der Angehörigen von Schizophrenie-Patienten verbessern, in den übrigen Domänen jedoch keine Verbesserung
erreichen.
Die Studienteilnehmer wiesen also zu Beginn der Intervention eine im Mittel eingeschränkte Lebensqualität und ein hohes Burn-out auf, klagten aber kaum über relevante emotionale oder körperliche
Beschwerden. Es erscheint plausibel, dass dies mit dem zeitlichen Verlauf der Belastung von Partnern
psychisch Kranker und ihrer Auswirkung auf die mit den verschiedenen Instrumenten gemessenen
Konstrukte zusammenzuhängt. Die Belastung der Angehörigen ist bei phasenweise verlaufenden
Krankheiten in der Zeit vor dem Krankenhausaufenthalt, während die psychiatrische Symptomatik des
kranken Partners stärker wird und allmählich die Grenze des zu Hause Handhabbaren erreicht, besonders hoch. Nach der Krankenhausbehandlung nimmt sie parallel zur Rekonvaleszenz des Partners
jedoch wieder ab (Schützwohl et al., 2005). Die zusätzlich zur quantitativen Auswertung durchgeführte
qualitative Befragung von Studienteilnehmern unterstreicht diese Überlegung. In den Interviews wurde
deutlich, dass die Partnerschaft mit einem psychisch Kranken nicht zwangsläufig als ständige Belastung und Überforderung erlebt wird, sondern oft phasenweise verläuft und zum Zeitpunkt des Interven74
tionsbeginns häufig wieder abgenommen hatte. Möglicherweise war daher in vielen Fällen die Wartezeit zwischen der Information über das Programm während einer Krankenhausbehandlung des Partners bis zum Beginn der Intervention zu lang, um mit einer Belastungsspitze und messbaren affektiven und körperlichen Symptomen zusammenzufallen Es ist anzunehmen, dass in einigen Fällen vorhandene Symptome parallel zu einer Besserung des Befindens des kranken Partners spontan remittierten, bevor mit der Intervention begonnen wurde.
Die Lebensqualität als zeitlich relativ konstantes Konstrukt ist im Gegensatz zur sonst eng mit ihr verbundenen Depressivität änderungsresistenter (Paykel et al., 1978; Bothwell & Weissman, 1977; Jungbauer et al., 2006). Vermutlich trifft dies auch auf das Burnout der Angehörigen zu, das stark von den
objektiven Belastungen der Partnerbeziehung abhängt (Cuijpers & Stam, 2000). Die mit diesen beiden
Instrumenten erhobenen Werte spiegeln also eher eine längerfristige Belastung der Partner wider. Die
Ausgangswerte der Studienteilnehmer zeigen insgesamt also wahrscheinlich ihr Befinden in einer
Phase verhältnismäßig geringer Belastung.
Ein großes Problem des Gruppenprogramms war demnach eine zu lange Wartezeit zwischen Rekrutierung und Interventionsbeginn. Retrospektiv betrachtet trugen im Wesentlichen zwei Charakteristika
des Programms zu dieser langen Wartezeit bei: Die Konzeption als geschlossenes Programm und die
Durchführung von störungshomogenen Gruppen. Beide Merkmale führen zu einer Verzögerung des
Interventionsbeginns, da erst eine neue vollständige Gruppe von Angehörigen depressiver oder schizophrener Patienten rekrutiert werden musste, bevor das Programm starten konnte. Ein späterer Einstieg während der 6-monatigen Laufzeit war nicht möglich. Das Problem der langen Wartezeiten, die
eine Intervention aus Sicht der Probanden immer weniger sinnvoll erscheinen lassen, wird auch durch
die hohe Drop-out-Rate in der Wartegruppe des ursprünglich randomisierten Studiendesigns illustriert,
das aus diesem Grund aufgegeben werden musste.
Wichtig erscheint uns aber auch eine zweite Erkenntnis aus der qualitativen Probandenbefragung: Ein
Teil der Zielgruppe war offenbar zu Beginn der Intervention zu schwer betroffen, um die regelmäßigen
Gruppentermine wahrnehmen zu können. Es scheint ein grundsätzliches Problem von Unterstützungsprogrammen für Angehörige zu sein, dass hilfreich gemeinte Interventionen von den Betroffenen
zunächst als zusätzliche Belastung wahrgenommen und deshalb nicht genutzt werden (Katschnig &
Konieczna, 1989).
1.9.2 Schlussfolgerung Zielgruppe und Interventionszeitpunkt
Eine Schlussfolgerung aus dem Projektverlauf lautet daher, dass die Wartezeit bis zum Beginn der
Intervention verkürzt werden muss. Zwei Maßnahmen bieten sich dafür an:
1. Die Fokussierung auf jeweils eine Diagnosegruppe müsste aufgegeben und das Programm mit
störungsinhomogenen Gruppen durchgeführt werden, weil so rascher eine genügend große Gruppe
an Teilnehmern rekrutiert werden kann.
75
2. Die Intervention müsste als offenes oder zumindest halb-offenes Gruppenprogramm durchgeführt
werden. Beispielsweise wäre es denkbar, Neueinsteiger nach jedem der vier Module in die Gruppe
aufzunehmen.
Beide Maßnahmen wären mit erheblichen inhaltlichen Einbußen verbunden, da die Heterogenität der
Gruppen vergrößert würde und mehr Zeit darauf verwendet werden müsste, neue Teilnehmer in den
Gruppenprozess zu integrieren bzw. auf verschiedene Krankheitsbilder einzugehen. Auch die von
vielen Teilnehmern als hilfreich empfundene Vernetzung innerhalb der Gruppe würde erschwert. Auf
der anderen Seite würden Teilnehmer mit einer größeren Zahl anderer Betroffener Kontakt erhalten,
so dass sich auf individueller Ebene neue Möglichkeiten der Vernetzung ergeben könnten. Zudem
wäre ein weniger geschlossenes Gruppenprogramm niederschwelliger und würde vielleicht auch
schwer betroffene Angehörige erreichen, denen das ursprüngliche Programm als zu aufwändig erschien.
1.9.3 Probleme der Evaluation
Die eingesetzten Instrumente stellen für die von ihnen gemessenen Konstrukte den aktuellen Stand
der Wissenschaft dar und wären deshalb zweifellos geeignet gewesen, Verbesserungen hinsichtlich
des emotionalen und körperlichen Befindens, der Lebensqualität oder des Burnouts festzustellen. Die
Diskrepanz zwischen nicht nachweisbaren Veränderungen im Befinden auf der einen und der subjektiven Zufriedenheit der Teilnehmer auf der anderen Seite wirft aber dennoch die Frage auf, ob die für
die Teilnehmer relevanten Effekte adäquat gemessen wurden. Möglicherweise ist aus Sicht der Teilnehmer nicht die unmittelbare Besserung des Befindens, sondern das angeeignete Rüstzeug für die
Bewältigung zukünftiger Krisen entscheidend. Die Intervention hätte dann keinen kurativen, sondern
einen präventiven Effekt auf die seelische Gesundheit der Teilnehmer.
Ein solcher Effekt wäre sowohl für die Teilnehmer als auch für die Kostenträger in Kranken- und Rentenversicherung relevant. Die von uns durchgeführten Messungen lassen aber keine Rückschlüsse
auf Effekte zu, die erst während der nächsten schweren Krankheitsphase des Partners zum Tragen
kommen und daher mutmaßlich außerhalb des Einjahreszeitraums liegen, der durch unsere Evaluation abgedeckt wurde. Zur Erfassung dieser Effekte wäre eine Längsschnittuntersuchung über einen
wesentlich längeren Zeitraum notwendig gewesen, die im Rahmen dieses Projekts nicht geleistet werden konnte.
1.9.4 Einbeziehung des Umfelds
In unserer Intervention konnte auf das soziale Umfeld der Partner nur indirekt Einfluss genommen
werden: Die kranken Angehörigen waren nur fakultativ an zwei Gruppenterminen zu Beginn der Intervention und zur Boostersitzung beteiligt, Veränderungen im Umfeld konnten also nur über Verhaltensänderungen der Teilnehmer in ihrem häuslichen Umfeld erreicht werden. Gerade in Hinblick auf das
erhebliche Burnout, das wir bei den Angehörigen fanden, erscheint dies als Manko: Aus der Burnoutforschung in der Arbeitswelt ist bekannt, dass neben der individuellen Ebene auch immer die Ebene
76
der Organisation in eine Intervention einbezogen werden sollte, um diese erfolgreich zu gestalten
(Maslach et al., 2001). Im Falle der Angehörigen wäre dies unter anderem die Familie und hier insbesondere der psychisch Erkrankte, da in den familiären Prozessen, z.B. der gemeinsamen Kommunikation, häufig eine Ursache für die erlebten Belastungen liegt. Auf der anderen Seite ist zu fragen, inwieweit die stärkere Einbeziehung der kranken Partner nicht den Rahmen eines Gruppenprogramms
sprengen würde und daher nicht besser im Rahmen von Einzelkontakten realisiert werden kann.
1.9.5 Fazit
Während die subjektiven Einschätzungen der teilnehmenden Partner die Intervention eindeutig rechtfertigen, bleibt zu fragen, ob sich der betriebene Aufwand angesichts unbeeinflusster und z.T. kaum
pathologischer Werte in den verwendeten Skalen lohnt. Inwiefern die Teilnehmer bei künftigen Krankheitsphasen ihrer Partner kompetenter mit ihrer Belastung umgehen und ihr subjektives Befinden stabilisieren können, kann nur vermutet werden. Modifikationen des Programms könnten aber dazu genutzt werden, die Zielgruppe der schwer betroffenen Angehörigen besser zu erreichen: Ein offenes
Gruppenprogramm oder eine modifizierte halb-offene, d.h. nach jedem der vier Module zugängliche
Intervention, eventuell für Partner von Patienten mit verschiedenen Diagnosen, erscheinen als sinnvolle Verbesserungen. Auf diese Weise läge es stärker im Ermessen der Betroffenen, wann und wie
lange sie an einem solchen Programm teilnehmen möchten. Abstriche bei der inhaltlichen und personellen Geschlossenheit des Gruppenangebots müssten dafür in Kauf genommen werden. Ein grundsätzliches Problem von Gruppenangeboten an Partner psychisch Kranker bleibt dabei allerdings bestehen, dass nämlich ihre Beeinträchtigung im Alltag so groß sein kann, dass eine als Unterstützung
intendierte Maßnahme als zusätzliche, nicht tragbare Belastung wahrgenommen und deshalb nicht
genutzt wird.
77
1.10 Publikationsliste während des Förderzeitraums
1.10.1 Bereits erschienene Veröffentlichungen
Wilms, H.-U., Wittmund, B. & Angermeyer, M. C. (2003). Belastungen von Partnern psychisch Kranker: Bestandsaufnahme und Interventionsmöglichkeiten. Praxis Klinische Verhaltensmedizin
und Rehabilitation, 62, 171-182.
Wilms, H.-U., Wittmund, B. & Mory, C. (2004). Hilfe, meine Mann hat Angst. In Wilms, H.-U., Wittmund, B. & Mory, C., Ein bisschen Angst hat schließlich jeder...:Ein Erfahrungsbuch für Betroffene. Dortmund: Borgmann, 159-183.
Wilms, H.-U., Mory, C. & Angermeyer, M. C. (2004). Erkrankungsbedingte Kosten für Partner psychisch Kranker. Ergebnisse einer Mehrfacherhebung. Psychiatrische Praxis, 31, 177-183.
Wilms, H.-U., Bull, N., Wittmund, B. & Angermeyer, M.C. (2005). Ich darf auch 'mal an mich denken!
Ein Unterstützungsprogramm für Partner depressiv Erkrankter. Bonn: Psychiatrie-Verlag.
Bull, N., Wittmund, B., Wilms, H.-U., Gühne, U. & Angermeyer, M.C. (2005). Ein Unterstützungsprogramm für Lebenspartner von Menschen mit depressiven oder schizophrenen Störungen. Gesundheitswesen, 67, 478-484.
Wittmund, B., Nause, B. & Angermeyer, M.C. (2005). Alltagsbelastungen von Partnern psychisch
Kranker - Ansätze für eine nutzerorientierte Angehörigenarbeit. Psychiatrische Praxis,
32, 233-238.
Wittmund, B., Bull, N., Musikowski, M. & Angermeyer, M.C. (2005). Wie kommt es, dass belastete
Angehörige nur schwer den Weg in Unterstützungsangebote finden? Zur Inanspruchnahmeentscheidung von Angehörigen psychisch Kranker. In Meynhardt, T.& Brunner, E.J. (Hrsg.):
Selbstorganisation Managen. Münster: Waxmann Verlag, S.205-220.
1.10.2 Zur Publikation angenommene Veröffentlichungen / im Druck:
Angermeyer, M.C., Bull, N., Bernert, S., Dietrich, S. & Kopf, A. (im Druck). Burnout of caregivers: a
comparison between partners of psychiatric patients and nurses. Archives of Psychiatric Nursing.
Angermeyer, M.C., Kilian, R., Wilms, H.-U. & Wittmund, B. (im Druck). Quality of life of spouses of
mentally ill people. International Journal of Social Psychiatry.
78
1.10.3 Zur Publikation eingereichte Arbeiten
Schomerus, G., Heider, D., Wittmund, B., Wilms, H.-U., Brieger, P., Nause, B. & Angermeyer, M.C.
Gruppenintervention zur Unterstützung von Partnern depressiv Erkrankter – eine lohnende
Maßnahme? Psychiatrische Praxis.
Heider, D., Schomerus, G., Matschinger, H., Wittmund, B., Wilms, H.-U., Brieger, P. & Angermeyer,
M.C. Überprüfung der Wirksamkeit eines neuentwickelten Gruppeninterventionsprogramms
auf die Lebensqualität von Angehörigen depressiv Erkrankter. Psychohterapie Psychosomatik
Medizinische Psychologie.
Bernert, S., Heider, D., Schomerus, G., Wilms, H.-U., Wittmund, B., Bull, N. & Angermeyer, M.C.
Wirksamkeit eines Interventionsprogramms auf die Burnout-Belastung von Lebenspartnern
depressiv Erkrankter
1.10.4 Publizierte und zur Publikation angenommene Abstracts
Wittmund, B., Wilms, H.-U., Bull, N. und Angermeyer, M.C. (2003): Belastungsorientierte Interventionsangebote für Angehörige. Symposium der GfR „Rehabiliationswissenschaftliche Ergebnisse im Praxistransfer“ am 5.11.2003 in Berlin.
79
2. DER FORMALE BERICHT
2.1 Übersicht: Förderzeitraum, bewilligte Mittel und Personalausstattung
1.10.5 Förderzeitraum
November 2001 bis Oktober 2004 (3 Jahre);
ausgabenneutrale Laufzeitverlängerung bis Ende Januar 2005
1.10.6 Bewilligte Fördersumme
Gesamt: 188.383,45 € (368.446,00 DM)
1.10.7 Projektleitung
Prof. Dr. med. M. C. Angermeyer, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Universität Leipzig
1.10.8 Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter
Frau Dipl.-Psych. C. Mory war von Januar 2002 bis April 2002 als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit
einer 0,5 BAT II a Stelle aus den Mitteln des Forschungsprojekts angestellt. Nachfolgend war Frau
Dipl.-Psych. Nadine Bull aus den Mitteln des Forschungsprojekts beschäftigt (April 2002 als wissenschaftliche Hilfskraft; ab Mai 2002 bis Dezember 2004 als wissenschaftliche Mitarbeiterin 0,5 BAT II a
Stelle). Ferner war Herr Dr. H.-U. Wilms (Februar 2002 bis Dezember 2004) als wissenschaftlicher
Mitarbeiter der Charite mit jeweils einer 0,5 BAT II a Stelle aus Mitteln des Forschungsprojektes angestellt.
Frau Dr. B. Wittmund, Herr Dr. G. Schomerus und Herr Dipl.-Soz. Dirk Heider waren ebenfalls im Projekt tätig, wurde jedoch aus Mitteln der Grundausstattung finanziert (vgl. Abschnitt 2.1.5)
1.10.9 Sonstige Personalausstattung der Gruppe (Grundausstattung)
Frau Dipl.-Psych. Manja Musikowski wurde mit 37,5% (15 h pro Woche) als wissenschaftliche Hilfskraft im Zeitraum von November 2003 bis März 2004 aus Projektmitteln finanziert.
2.2
Liste laufender Drittmittelprojekte während des Förderzeitraums
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
Entwicklung, Erprobung und Implementation einer Basisdokumentation für die komplementäre
psychiatrische Versorgung (Förderung durch Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und
Familie des Freistaates Sachsen)
Epidemiologie dementieller Erkrankungen im Alter/Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevölkerung (Förderung durch BMBF im Rahmen des Interdisziplinären Zentrums für klinische Forschung Leipzig IZKF)
Die Epidemiologie psychischer Störungen in Europa (ESEMeD-MHEDEA-2000) (Förderung
durch EU)
Psychopharmakagebrauch in Alten- und Altenpflegeheimen – Individuelle und institutionelle Determinanten Drittmittel (Förderung durch BMBF im Rahmen des Forschungsverbundes Public
Health Sachsen)
The Measurement of Quality of Life in Older Adults and its Relationship to healthy aging. (Förderung durch EU)
Analyse individueller und systembedingter Determinanten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme stationär-psychiatrischer Versorgung. Entwicklung eines Klassifikationsschemas zur Identifikation von High utilizern und Konzeption einer Interventionsstrategie. (Förderung durch BMBF
und Spitzenverbände der Krankenkassen)
Vorstellungen über psychiatrische Erkrankungen und Einstellung zu psychisch Kranken: Eine
Repräsentativerhebung bei der deutschen Allgemeinbevölkerung (Förderung durch DFG)
Therapiebedarf und Versorgungsstruktur für Anorexia nervosa und Bulimia nervosa in Deutschland (Förderung durch Spitzenverbände der Krankenkassen, Förderung durch TG51 und Christina-Barz-Stiftung (Fö.-Nr.: T155/03.002/99)
Quality of life following adherence therapy for people disabled by schizophrenia and their carers
(QUATRO-Studie) (Förderung durch EU)
Gesundheitliche und ökonomische Belastungen von Familien mit psychisch kranken Angehörigen
(Förderung durch BMBF im Rahmen des Reha Forschungsverbunds Berlin Brandenburg Sachsen)
Kompetenznetz Demenzen E.3.1: Früherkennung von Patienten mit Leichten Kognitiven Beeinträchtigungen und Demenzen in der hausärztlichen Versorgung (gefördert durch Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Begleitforschung zur Erprobung eines regionalen Budgets für die psychiatrische Versorgung (gefördert durch Gesetzliche Krankenkassen)
Studie zur Wirksamkeit eines Schulungsprogramms für Angehörige von Patienten mit fortschreitenden Hirnleistungsstörungen (gefördert durch BMBF)
Stiftungsprofessur für Gesundheitsökonomie (gefördert durch BMBF)
Ökonomische Analyse von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Kompetenznetz CED)
(gefördert durch BMBF)
Angehörigenbefragung im Rahmen der Erprobung eines regionalen Budgets für die psychiatrische Versorgung in Schleswig-Holstein (gefördert durch Sozialministerium Schleswig-Holstein )
Personalbefragung im Rahmen der Erprobung eines regionalen Budgets für die psychiatrische
Versorgung in Schleswig-Holstein (gefördert durch Sozialministerium Schleswig-Holstein )
Präfrontale kognitive Funktionen und antipsychotische Medikation bei Schizophrenie (gefördert
durch BMBF / formel.1-13)
Psychometrische und präferenzbasierte Lebensqualitätsindices zur Beurteilung der Effektivität
therapeutischer Interventionen bei psychisch und somatisch Kranken. Ein Beitrag zur Etablierung
methodischer Standards in der Gesundheitsökonomie (gefördert durch Universität Leipzig und
BMBF im Rahmen des formel.1-Programms)
Die Erfassung der Patientenzufriedenheit im Park-Krankenhaus Leipzig Südost vor und nach
dem Umzug in die neuen Klinikgebäude (gefördert durch Parkkrankenhaus Leipzig Südost
GmbH)
Nachsorgekonzepte zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit bei Patienten mit somatisch begründetem Rehabilitationsbedarf und komorbider psychiatrischer Störung: Psychiatrische Komorbidität
und Frühberentung (gefördert durch Sächsische Akademie für Sozial- und Rehabilitationsmedizin
e.V.)
European Schizophrenia Cohort Study (gefördert durch Pharmazeutische Industrie)
81
23. Online-Beratung für Patienten mit Essstörungen und ihre Angehörigen – eine Charakterisierung
der Nutzer und der Beratungsinhalte. (gefördert durch Deutsche Forschungsinitiative für
Essstörungen e.V., Bund Deutscher Krankenkassen)
2.3
Liste der Dissertationen und Diplomarbeiten im Projekt
Bull, N. (abgeschlossene Dissertation / Dr. sc. med.): „Burnout und körperliche Beschwerden bei Betreuern psychisch Kranker - Eine vergleichende Untersuchung von Partnern und
Krankenpflegepersonal“
Bolle, K. (abgeschlossene Diplomarbeit / Fachbereich Psychologie): „Was bewegt Partner psychisch
Kranker zur Teilnahme bzw. Ablehnung der Teilnahme an einem Interventionsprogramm und
welche Aspekte spielen dabei eine Rolle?“
Gottlebe, K. (abgeschlossene Diplomarbeit / Fachbereich Psychologie): „Evaluation eines Interventionsprogramms für Partner depressiv Erkrankter“
2.4
Liste der Kongressbesuche, Präsentationen und Vorträge
Wilms, H.-U. und Wittmund, B. (2002). Belastungen von Partnern psychisch Kranker. Vortrag im
Rahmen einer Weiterbildungsveranstaltung am 4.11.2002 an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie am Universitätsklinikum Leipzig. (Veranstaltung für das Sächsische Fortbildungszertifikat der Landesärztekammer Nr. 1692/02)
Wilms, H.-U. und Bull, N. (2002). „Es reicht schon wenn mein Partner krank ist!“ - Die Universität Leipzig stellt ein Unterstützungsprogramm für Partner psychisch kranker Menschen vor. Vortrag
am 19.11.2002 an der Volkshochschule Leipzig.
Bull, N. und Angermeyer, M. C. (2003). Beratungs- und Unterstützungsangebote für Partner psychisch
Kranker. Vortrag im Rahmen einer Weiterbildungsveranstaltung am 9.1.03 an der Klinik für
Psychiatrie in Altenburg.
Bull, N., Wittmund, B., Wilms, H.-U. und Angermeyer, M. C. (2003). Belastungsbezogene Interventionen für Partner psychisch kranker Menschen – Optimierung von Kontextfaktoren in der Rehabilitation. Posterpräsentation vom 13.1. bis 14.1.2003 in Würzburg auf der 8. Arbeitstagung
des Reha Forschungsverbundes Bayern (RFB).
82
Bull, N. (2003). Beratungs- und Unterstützungsangebote für Partner psychisch Kranker. Vortrag im
Rahmen einer Weiterbildungsveranstaltung am 22.5.2003 im Park-Krankenhaus Leipzig.
Wittmund, B. (2003). Beratungs- und Unterstützungsangebote für Partner psychisch Kranker. Präsentation von ersten Ergebnissen des Projektes. Vortrag im Rahmen einer klinikinternen Weiterbildung am 9.9.03 an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie am Universitätsklinikum Leipzig.
Bull, N., Wittmund, B., Wilms, H.-U. und Angermeyer, M. C. (2003): Belastungsbezogene Interventionen für Partner psychisch kranker Menschen – Projektvorstellung. Posterpräsentation vom
12.9.03 bis 13.9.2003 auf den Mitteldeutschen Psychiatrietagen in Jena.
Angermeyer, M. C. (2003). Belastungsorientierte Interventionsangebote für Angehörige. Vortrag im
Rahmen eines Symposiums der GfR „Rehabilitationswissenschaftliche Ergebnisse im Praxistransfer“ am 5.11.03 in Berlin.
Wittmund, B.(2004): Angehörige in der Rehabiliation. 11.2.04, Akademie für Sozialmedizin, Berlin.
Angermeyer, M. C. und Bull, N. (2004). Partner psychisch Kranker: Belastungen und Möglichkeiten
der Entlastung. Vortrag im Rahmen einer öffentlichen Weiterbildungsveranstaltung am 16.6.04
an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum
Magdeburg.
Wittmund, B., Bull, N., Musikowski, M., Angermeyer, M.C.(2004): Wie kommt es, dass belastete Angehörige nur schwer den Weg in Unterstützungsangebote finden? Zur Inanspruchnahmeentscheidung von Angehörigen psychisch Kranker, 12. Herbstakademie: Selbstorganisation in
den Sozial- und Organisationswissenschaften, 4.-6.10.04, Jena
Wittmund, B. (2004): „Angehörige“. Weihnachtssymposium, Helios-Klinikum Erfurt, 11.12.2004
Wittmund, B.(2005): Angehörige in der Rehabilitation. Akademie für Sozialmedizin, Berlin, 11.2.05
Wittmund, B., Wilms, H.-U., Bull, N. und Angermeyer M.C. (2005). Hilfen für Partner psychisch kranker
Menschen – Vorstellung eines Gruppenmanuals. Vortrag im Rahmen der Mitteldeutschen
Psychiatrietage am 16.09.2005 in Leipzig.
Wittmund, B., Bull, N., Musikowski, M., Angermeyer, M.C. (2005): Wie kommt es, dass belastete Angehörige nur schwer den Weg in Unterstützungsangebote finden? Zur Inanspruchnahmeentscheidung von Angehörigen psychisch Kranker. Posterpräsentation DGPPN Kongress, Berlin,
23-26.11.2005
83
Wittmund, B. (2006): Die Belastung von Angehörigen psychisch Kranker. 3. Erfurter TagesklinikSymposium, Erfurt, 28.1.2006
2.5
Zusammenarbeit im Verbund
Die Kooperation mit den anderen Projekten des Themenschwerpunktes ”Angehörige in der Rehabilitation” konnte über die Planungsphase hinaus erfolgreich fortgesetzt werden. Diese Zusammenarbeit
beinhaltete zum einen die regelmäßigen Teilnahme von Projektmitarbeitern an den Sitzungen des
Forschungsverbunds (Vorstand, erweiterter Vorstand, Kooperationsgremium, Projektrat, BBSMitgliederversammlungen).
2.6
Nationale und internationale Kooperationen
Bei der Durchführung der Intervention und der Rekrutierung von Probanden wurde mit folgenden Psychiatrischen Kliniken zusammengearbeitet:
•
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie am Universitätsklinikum Leipzig,
•
niedergelassene Psychiater und Neurologen der Stadt Leipzig,
•
Einrichtungen des städtischen Verbundes Gemeindenahe Psychiatrie der Stadt Leipzig,
•
Park-Krankenhaus Leipzig-Südost,
•
Fachklinikum Brandis,
•
Diakoniewerk Zschadraß,
•
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg sowie
•
Universitätsklinik und Poliklinik für Psychiatrie der Martin-Luther-Universität Halle.
84
3. LITERATURVERZEICHNIS
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