Edition PRAXIS.WISSEN Anne M. Schüller Zukunftstrend Mitarbeiterloyalität 2. aktualisierte und erweiterte Auflage Endlich erfolgreich durch loyale Mitarbeiter BusinessVillage Update your Knowledge! Inhaltsverzeichnis 1 Über die Autorin .............................................................................................................. 3 Vorwort ............................................................................................................................... 5 1. Kundenorientierte Mitarbeiterführung ist gefragt ....................................... 9 2. Der Mitarbeiter von heute: loyal oder illoyal? ............................................. 21 3. Der Wert eines loyalen Mitarbeiters ................................................................ 25 4. Wann und wie Mitarbeiterloyalität entsteht.................................................. 29 5. Über vergiftete und lachende Unternehmen .............................................. 33 6. Lachende Unternehmen haben gesunde Mitarbeiter .............................. 45 7. Die Menschen sind alle verschieden .............................................................. 49 8. Eine starke Basis: Die strategischen Grundlagen für Mitarbeiterloyalität............................ 55 9. Ein steiler Aufstieg: Die Loyalitätstreppe der Mitarbeiter ..................... 59 9.1 Kommen ................................................................................................................... 62 9.2 Wissen ...................................................................................................................... 68 9.3 Können ..................................................................................................................... 71 9.4 Wollen ....................................................................................................................... 75 9.5 Lassen ...................................................................................................................... 83 10. Mitarbeiterorientierte Gespräche führen .................................................... 89 11. Loyalität fördernde Führungsstile ............................................................... 103 12. Am Ziel: Mit loyalen Mitarbeitern zum Unternehmenserfolg ........... 115 Literaturhinweise ........................................................................................................ 119 BusinessVillage – Update your Knowledge! Kundenorientierte Mitarbeiterführung ist gefragt 9 1. Kundenorientierte Mitarbeiterführung ist gefragt Die höchste Form des Glücks für einen Unternehmer ist der unternehmerische Erfolg. Wir sehen ihn geradezu vor uns, wie er, mit breitem Lachen eine Siegertrophäe gen Himmel streckend, die Leistung aller würdigt. Auf seine Leute kann er richtig stolz sein, die können was, die haben’s drauf. Die Kunden, die Presse, ja sogar die Banken sind voller Lob und Anerkennung. Alles applaudiert – nun kann die Party steigen! Erfolge feiern? Das ist auch heute noch zu schaffen! Doch nur, wer Spitzenleistungen erbringt, wird anhaltend erfolgreich sein. Denn Immer-wieder-Kunden wollen Spitzenleistungen kaufen. Und nur unter optimalen Bedingungen können Spitzenleistungen entstehen. Egal, ob in der Natur, im Sport oder im betrieblichen Alltag. Optimale Bedingungen im betrieblichen Alltag? Ganz schön ausgereizt ist die derzeitige Situation in vielen Firmen: Die Stimmung mies, die Defizite in der Weiterbildung existenzbedrohlich, zu viele Mitarbeiter* entlassen, die verbliebenen geradezu paralysiert. Und kaum einer, der da mal Paroli bietet. „Wenn ich morgens in die Firma komme, hänge ich mit meinem Mantel auch mein Hirn an die Garderobe. Es ist doch viel bequemer, den ganzen Tag zu tun, was unser Chef will. Und für die Karriere nützlich ist es auch“, sagt ein leitender Angestellter. „Bei uns wird regelrecht Mikado gespielt“, erzählt eine mittlere Führungskraft: „Wer sich bewegt, fliegt raus. Also wird der Ball flach gehalten, alles wird schöngeredet, Hiobsbotschaften sind tödlich. Womit man allerdings immer glänzen kann, sind Kosteneinsparungen. Da versucht einer, den anderen zu übertrumpfen. Wie schwachsinnig das fürs Unternehmen auf Dauer ist, merkt zwar jeder Blinde, aber keiner spricht es aus. Viel zu riskant.“ So züchtet das Top-Management Wendehälse, Kofferträger, eine maultote Meute von Mitläufern. Und Personalverantwortliche machen fleißig mit bei diesem gefährlichen Treiben. Letztlich geht es ja auch um ihren eigenen Kopf. So schaut man tatenlos zu, wie Rabauken in den Chef-Etagen ihre Macht-Spielchen spielen. Da werden Mitarbeiter ‚zum Abschuss freigegeben‘. Die Betroffenen werden gründlich fertig gemacht – und alle spielen mit. Froh, nicht selber Opfer zu sein. Zwei Etagen tiefer bleibt den Mitarbeitern – frei nach Darwin – nur die eine Wahl: tot stellen, denn das Klima ist feindlich. Angriff oder Flucht sind ausgeschlossen in diesen Tagen. Tot stellen heißt: Lethargie, freizeit- * Aus Gründen der Lesbarkeit wähle ich im Folgenden oft die männliche Form bei Wörtern wie Mitarbeiter, Chef usw. Damit sind natürlich immer Männer und Frauen gemeint. BusinessVillage – Update your Knowledge! Kundenorientierte Mitarbeiterführung ist gefragt Eine aktuelle Untersuchung des UPS European Business Monitor brachte auf die Frage, welche Budgets Manager zuerst kürzen würden, wenn die Gewinne sinken, folgendes an den Tag (Angaben in Prozent, Mehrfach-Nennungen möglich): Frankreich Wer von seinem Chef für angepasstes Verhalten ‚geliebt‘ wird, wird ganz schnell nur noch angepasstes Verhalten zeigen. Wer dagegen in einem wertschätzenden, kreativitätsfreudigen Klima arbeitet, wird über sich hinauswachsen. Der wird im Unternehmen gut und gerne das Wertvollste einbringen, das er zu bieten hat: seine Zeit, seine Intelligenz, sein Wissen, sein ganzes Engagement – und seine Loyalität. Um ein Unternehmen zu führen, das Bestand haben soll, braucht es mehr als nur den Blick auf die Finanzen und den Quartalsbericht. Klar, auf seine Kosten zu achten, ist eine unternehmerische Pflicht. Doch bei welchen Kostenblöcken der Rotstift angesetzt wird, will gut überlegt sein. Meine Devise lautet: nicht bilanziert; und auch nie dem schlechten Betriebsklima zugeordnet. Die typische Controller-Frage: „Wie viel bringt uns das?“ muss künftig lauten: „Wie viele Kunden (und damit Euro) verlieren wir, wenn/weil wir …“. Großbritannien orientierte Schonhaltung, innere Kündigung – oder im Bild der guten alten Langspielplatte: auf 33 drehen, wenn 45 Norm ist und man problemlos auf 78 kommen könnte, wären da ein inspirierendes Umfeld, Spaß an der Arbeit und Spiel-Räume (im wahrsten Sinne des Wortes). Deutschland 10 Personal/ Aus- und Weiterbildung 60 39 38 Marketing 45 40 35 Topmanagement 16 26 23 Forschung und Entwicklung 16 30 25 Nie auf Kosten des Kunden! Systematischer Mitarbeiter-Abbau ist Dienstleistungsamputation! Wer am Personal und in der Weiterbildung spart, nimmt den Kunden etwas weg, nämlich Mitarbeiterqualität – und damit Servicequalität. Und die Kunden werden das merken, sie werden reagieren, werden das quittieren – mit nachlassender Loyalität. Nur leider: Verlorene Kundschaft und verlorenes Geschäft wird meist nicht analysiert, schon gar Wenn ich mich mit deutschen Managern unterhalte, höre ich viel über Produkte, Absatzzahlen und die Tücken der Konkurrenz. Selten höre ich etwas über die Mitarbeiter. Wenn aber nun die Produktqualität stimmt – und das ist heutzutage ‚basic‘ – dann kann ein Anbieter nur noch mit ‚weichen‘ Faktoren punkten: BusinessVillage – Update your Knowledge! Kundenorientierte Mitarbeiterführung ist gefragt 11 n mit Emotionen und der zwischenmenschlichen Kompetenz seiner Mitarbeiter n und mit Kundenorientierung. die Kundenloyalität. Automaten und Sprachcomputer können zwar Menschen ersetzen, diese aber nicht loyalisieren. Und genau hier werden zurzeit die größten Fehler gemacht! Statt in die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Mitarbeiter zu investieren, statt ihr kreatives Potenzial zu nutzen und mit ihnen gemeinsam an Kunden-Begeisterungsprogrammen zu arbeiten, werden sie in immer neuen Rationalisierungswellen entlassen. Wer in schwierigen Zeiten so reagiert, hat zwar sofort bessere Zahlen, in ein paar Jahren aber vielleicht nichts mehr zu tun! Überforderte, gestresste, unmotivierte, ungeschulte Mitarbeiter nehmen uns Kunden jeden Spaß am konsumieren. Wer will schon gerne lieblos und unprofessionell bedient und behandelt werden? Wenn einem was nicht passt, bleibt das Portemonnaie eben zu! Also deckt man sich nur mit dem Nötigsten ein. Oder greift zum Billigsten. Oder geht zu den paar Wenigen, bei denen die Servicequalität immer noch stimmt. In einem besonders extremen Fall wurden in einer Nacht-und-Nebel-Aktion 50 Prozent der Verkäufer per ‚Rundschreiben’ entlassen. Es traf sie völlig unvorbereitet. Einige Mitarbeiter waren gerade in Urlaub, andere in Mutterschutz. Wichtige Kunden blieben von heute auf morgen ohne Betreuung. Intern brach hinter den Kulissen ein Sturm der Entrüstung los, offen traute sich niemand etwas zu sagen, aus Angst, selbst als nächster dran zu sein. Diese Aktion drang natürlich auch nach draußen. Auf Kundenseite löste sie nicht nur heftiges Kopfschütteln, sondern auch einen anhaltenden Vertrauensverlust aus. Und am Arbeitsmarkt konnten lange keine qualifizierten Bewerber gewonnen werden. Das Misstrauen war einfach zu hoch. Dort, wo Verkäufer zu einer aussterbenden Rasse gehören, wo Menschen und damit persönliche Kontakte fehlen, sinkt automatisch „Wir haben seit dem Jahr 2000 rund 12.000 Stellen im Verkauf abgebaut. Das führte zu einer Schwächung von Service und Beratung – und auch wohl bisweilen zu Problemen mit der Motivation. Da haben wir an der falschen Stelle gespart. Denn Beratung gehört zu den essentiellen Kernqualifikationen, die der Kunde von Karstadt erwartet“, war eine (zu) späte Erkenntnis des KarstadtWarenhaus-Chefs Helmut Merkel in einem WELT-Interview. Dort arbeiteten zeitweise VerkäuferInnen, die es als Zumutung empfanden, von Kunden angesprochen zu werden – ich habe es selbst erlebt. Kundenorientierung in den letzten Winkel des Unternehmens tragen Wie geht man bei Ihnen eigentlich mit den Kunden um? Die meisten Unternehmen überschätzen sich maßlos in punkto Kundenorientierung. Das ‚Feindbild Kunde‘ („Die Kunden sind nicht nett zu mir!“) steckt nach BusinessVillage – Update your Knowledge! 12 Kundenorientierte Mitarbeiterführung ist gefragt wie vor in vielen Mitarbeiterköpfen. ‚Kunde-stört-bei-der-Arbeit-Botschaften’ hängen an unzähligen Schwarzen Brettern. Produktverliebt und selbstzentriert wie eh und je wird dem Kunden vorgeschrieben, wie die Dinge zu laufen haben. Das legendäre ‚Auf-der-Terrasse-nur-Kännchen-Syndrom‘ ist in vielen Unternehmen gang und gäbe. Kundenvergraulungsprogramme und ‚Lektionen der Lieblosigkeit’ machen Verbraucher fertig. Und oft genug finden sie sich in der entwürdigenden Bittsteller-Rolle wieder. Nur: Die Zeiten ändern sich gerade! Es gibt von allem zu viel, wir haben Käufermärkte. Das bedeutet: Der Käufer hat die Macht! Er wird sich nicht länger in Ihre Prozessabläufe einfügen, wird die Dinge nicht so tun, wie Ihre Mitarbeiter sich das vorstellen, sondern seine eigenen Vorstellungen durchsetzen wollen – oder er geht. Denn er zahlt – und hat damit das Sagen! Wenn nun an die neuen Kunden nicht mehr verkauft wird, sondern diese selbst mehr und mehr die Taktgeber im Kaufprozess werden, dann gibt es nur eine Lösung: sich von ganzem Herzen und ohne Wehmut darauf einzulassen. Besser noch: diesen Weg proaktiv zu beschreiten und Kundenorientierung in den letzten Winkel des eigenen Unternehmens zu tragen. Und genau daran müssten nicht nur Marketing & Sales, sondern auch die PersonalVerantwortlichen größtes Interesse haben! Ein Verkäufer in diesem Sinne ist dann nicht mehr in das eigene Angebot, sondern in seine Kunden ‚verliebt‘ – rein platonisch natürlich. Mit Feinfühligkeit versucht er, seine Kunden und die Prozesse in dessen Unternehmen in der Tiefe zu verstehen, die wahren Probleme seiner Kunden zu erkennen und deren Erwartungen möglichst zu (über)treffen. So hilft er seinen nunmehr begeisterten Kunden, deren Ziele zu erreichen und vor allem: deren Kunden glücklich zu machen. Er kümmert sich also nicht nur um seine Kunden, sondern auch um die Kunden seiner Kunden. Als Advokat seiner Kunden kehrt er mit deren spezifischen Anforderungen in das eigene Unternehmen zurück, um mit den entsprechenden Fachbereichen maßgeschneiderte Lösungen zu erarbeiten und auf vollständige Erfüllung, möglichst sogar auf Übererfüllung zu drängen. Dabei geht es nicht nur um das technisch Machbare, sondern immer auch um die berühmte ‚ExtraMeile’, die meist im Service-Bereich liegt – und für Begeisterung sorgt. So kann praktisch jeder im Unternehmen heute direkt oder indirekt zur Anlaufstelle für den Kunden werden. Deshalb braucht nicht nur das Sales-Team, sondern letztlich jeder einzelne Mitarbeiter im Unternehmen Verkaufs- und Loyalisierungskompetenz. Der Kunde jedenfalls beurteilt Ihr Unternehmen als Einheit. Er entscheidet, wann er wie mit welchem Mitarbeiter in Kontakt tritt. Er will von jedem Mitarbeiter eine Spitzenleistung, da unterscheidet er nicht zwischen Chef und Azubi, zwischen Festangestellten und Leiharbeitern. Wenn auch nur ein einziger Mitarbeiter bei Ihnen patzt, war aus Sicht des Kunden ‚das Unternehmen‘ schuld (siehe Abbildung 1, Seite 13). BusinessVillage – Update your Knowledge! Kundenorientierte Mitarbeiterführung ist gefragt 13 Abbildung 1: Momente der Wahrheit: Jeder Kundenkontaktpunkt ist eine Loyalisierungschance und formiert sich aus Kundensicht zu einer Gesamterfahrung. Dies erfordert ein hohes und homogenes Niveau aller beteiligten Mitarbeiter. Der Internet-geschulte, aktive Kunde startet heute oft von sich aus eine Recherche tief in das verkaufende Unternehmen hinein. Selbstbewusst und offensiv versucht er, hinter die Kulissen zu schauen. Er lässt sich seine Ansprechpartner nicht mehr aufdiktieren, lässt sich nicht länger vorschreiben, auf welchem Kommunikationskanal er mit Ihnen in Kontakt treten ‚darf‘. Unternehmen, die dem Kunden aufzwingen wollen, was er tun darf und was nicht, sind von gestern – und morgen nicht mehr im Spiel. Alle Mitarbeiter müssen also letztlich auf Kundenorientierung ausgerichtet werden, damit ein homogenes Bild auf hohem Niveau entsteht. Jeder im Unternehmen trägt auf seine Weise dazu bei, Verkaufserfolge und Kundenloyalität zu erzielen. Selbst Mitarbeiter, die selten oder nie Kundenkontakt haben, können davon nicht ausgenommen werden. Auch der Lagerarbeiter, die Aushilfe und die Putzfrau müssen erkennen, welchen Beitrag zum ‚Kunden-glücklich-machen’ sie ganz persönlich leisten können. In Hotels beispielsweise tragen gerade die Zimmermädchen, die in der Hierarchie ganz unten angesiedelt sind, gewaltig dazu bei, wie wohl sich der Gast fühlt. Ein einziges fremdes Haar in der Badewanne, und er ward nie wieder gesehen. Wenn sich zum Beispiel im Schindlerhof in Nürnberg der Gast ein Buch aus der hoteleigenen Bibliothek leiht, findet er das Buch beim nächsten Aufenthalt in seinem Zimmer wieder. Und wenn das Zimmermädchen dies erkennen konnte: aufgeschlagen an der Stelle an der er beim letzten Mal aufgehört hat zu lesen. Was Kundenorientierung heute bedeutet „Jeder Kunde, der zur Tür herein kommt, trägt für uns ein unsichtbares 10.000-EuroSchild auf der Stirn“, sagte mir kürzlich ein BusinessVillage – Update your Knowledge!