Management So halten Sie die Gesäuge Ihrer Sauen fit Ferkelverluste, % Probleme mit der Stalleinrichtung 25 können Verletzungen am Gesäuge 20 verursachen. Wie Sie diese vermeiden, zeigen aktuelle Auswertungen 15 von Dr. Eckhard Meyer, 10 Lehr- und Versuchsgut Köllitsch. B ei steigenden Wurfgrößen ist jeder Zitzenplatz an der Sau unverzichtbar. Bereits kleine Verletzungen am Gesäuge sind daher ein dringendes Warnzeichen. Denn sie können mit zunehmendem Alter der Sauen dazu führen, dass ganze Gesäugekomplexe ausfallen und für immer verloren sind. Sinkende Ferkelzahlen und ungleichmäßige Würfe sind dann vorprogrammiert. Schlechte Gesäuge erhöhen die Ferkelverluste Um den Einfluss der Gesäuge-Qua­ lität genauer beurteilen zu können, wurden in einem sächsischen Praxisbetrieb umfangreiche Untersuchungen mit ca. 600 Sauen durchgeführt. Hierbei wurde die Qualität der Gesäuge mit Schulnoten von 1 bis 5 bewertet und in Beziehung zur Leistung und Verlustrate der Ferkel gesetzt. Die Bonitierung erfolgte anhand der Anzahl, Verteilung und Unversehrtheit der Zitzen sowie der Ausbildung des Drüsenkörpers. Das Ergebnis: Die bonitierte Gesäuge-Qualität hat großen Einfluss auf die Ferkelverluste (siehe Übersicht 1). Niedrige Verlustraten sind nur zu erwarten, wenn das Gesäuge wenigstens die Note 3 aufweist. Unterschreitet die GesäugeQualität und damit die Milchbildung ein kritisches Maß, sterben die schwächeren Ferkel vor allem an den schlechteren hinteren Gesäuge-Abschnitten oder werden am Ende erdrückt. Dadurch steigen zwar tendenziell die Zunahmen der verbleibenden Ferkel. Allerdings ist der Wurf natürlich kleiner. Dieser Zusammenhang ist von aktueller Bedeutung, weil die Ferkel mit steigender Fruchtbarkeit der Sau- S 12 top agrar 6/2009 Übersicht 1: Höhere Ferkelverluste 12 Anteil der Sauen bei schlechtem Gesäuge 10 25 Ferkelverluste, % 8 20 6 5 15 4 0 10 Noteniedrige 1 Note 2 Note 3 Note 4 Für Gesäuge-Qualität Saugferkel-Verluste 5 sind gesunde Gesäuge unver0 Note 1 Note 2 zichtbar. 2 Note 5 0 Note 3 Note 4 Gesäuge-Qualität Note 5 Metall gerade Übersicht 2: Jungsauen mit mehr Verletzungen 12 Anteil der Sauen, % Jungsauen im Wartestall Altsauen im Wartestall Jungsauen nach der Geburt Altsauen nach der Geburt 10 8 12 6 Jungsauen im Wartestall Altsauen im Wartestall Jungsauen nach der Geb Altsauen nach der Gebu 10 4 8 2 0 Anteil der Sauen, % 6 Kruste 4 Schnittwunde Schälwunde Zitzenspitze fehlt 2 Jungsauen werden im Abferkelstall oft zum ersten mal fixiert. Hierdurch steigt das Risiko für Verletzungen am Gesäuge. Grafiken: Breithaupt 0 Kruste en leichter werden. Das heißt: Die Anforderung an die Gesäugequalität steigt. Bei Jungsauen ist%die Gefahr von VerAnteil der Sauen, letzungen am Gesäuge besonders hoch. 40 Denn sie werden heute bei ihrer Einstal35 lung in den Abferkelbereich oft zum ers30Mal fixiert und sind mit der Situation ten Anteil der Sauen, % psychisch überfordert. 40 Um ihren Stress 25 abzureagieren, neigen sie dazu, sich wie20 35 derholt hinzuwerfen und aufzustehen. 15 30 bei einfachen Oft bleibt es dann nicht 10 Schürfwunden am aufgeeuterten und da25 mit5empfindlichen Gesäuge. 20 0 Zitze 1 Zitze 2 15 Zitze 3 10 Zitze 4 Schnittwunde Schälwunde Zitzenspit Gesäuge-Schäden entstehen im Abferkelstall Blutkrusten Mehr als 470 Bonituren am Gesäuge Verletzungen von über 350 Sauen verschiedener Abferkelgruppen zeigen, dass die Verletzungen vor allem unmittelbar nach dem EinstalBlutkrusten len in den Abferkelbereich zunehmen. Verletzungen Während Klauenverletzungen zu 100 % aus der Wartezeit resultieren, entstehen Gesäugeverletzungen fast ausschließlich in der Säugezeit. Nahezu 98 % aller bislang untersuchZitze 5 Zitze 6 Zitze 7 Zitze 8 ten Gesäugeabschnitte werden zum Zeitpunkt des Einstallens in den Abferkelbereich als unauffällig eingestuft (siehe Übersicht 2). Doch schon drei Tage nach der Geburt ändert sich das Bild. Auftretende Blutkrusten auf der Zitzenspitze sind zunächst nur ein Zeichen für die starke Belastung durch das Saugen der Ferkel. So werden die Zitzen durch die Säugeakte, die anfänglich im Abstand von 30 Minuten und über 24 Stunden ablaufen, mechanisch stark belastet. Die Beanspruchung ist bei Altsauen mit den größeren Würfen und hoher Milchleistung offensichtlich stärker als bei Jungsauen. Dagegen betreffen Schnittund Schälwunden vermutlich als Folge des unruhigeren Verhaltens mehr die Jungsauen. Diese Verletzungen nehmen in der Säugezeit stark zu und sind eine mögliche Eintrittspforte für Krankheitserreger und die Entstehung von MMA. Bis zur nächsten Abferkelung heilen die meisten äußerlichen Wunden wieder ab. Denn das Gesäuge hat offensichtlich sehr gute Mechanismen zur Regeneration. Allerdings kommt es nicht nur im Einzelfall zum Abscheren von ganzen Zitzen oder Zitzenteilen. Diese Verletzungen heilen nicht wieder aus, so dass die betroffenen Gesäugekomplexe verloren sind. Das ist umso schlimmer, je mehr Würfe man von den Sauen noch erwarten kann. Schließlich sind die Zitzen nicht nur Milch-ableitende Organe. Vielmehr werden auch bestimmte Immunglobuline in der Zitzenwand gebildet. Das dafür erforderliche Gewebe ist nach Einschätzung einzelner Wissenschaftler an den vorderen Zitzen stärker ausgeprägt als im hinteren Gesäugebereich. Zitzenverletzungen unter der Lupe Besonders bei fruchtbaren Sauen wird die Gesäuge-Qualität zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Fotos: Heil Alle bislang gemachten Beobachtungen im Versuchs- und Praxisbetrieb zeigen, dass der hintere Gesäugebereich stärker von Verletzungen betroffen ist als der vordere. Als mögliche Erklärung dafür wird in der Fachwelt eine Art Selbstverletzung durch die Klauen der Tiere gesehen. Insbesondere deshalb, weil der 5. Gesäugekomplex im Aktionsbereich der Hinterbeine auffällig oft betroffen ist. Exakte Untersuchungen im Versuchsbetrieb Köllitsch an mehr als 15 000 Gesäugekomplexen lassen jetzt eine genauere Einschätzung zu. Die bewerteten Sauen waren in voll unterkellerten Abferkelbuchten aufgestallt. Wie sich die Verletzungen auf die einzelnen Zitzen der Sauen verteilen, zeigt Übersicht 3. Es wird deutlich, dass Blutkrusten an den vorderen Zitzen wesentlich öfter auftreten. Das heißt: Die Belastung des Gesäuges durch die Saugaktivität der Ferkel top agrar 6/2009 S 13 Management nimmt von vorne nach hinten ab. Das ist ein Beweis für die Gesäugeordnung und die unterschiedliche Qualität der Gesäugeabschnitte. Sollen die zunehmend leichteren Ferkel ein gleichmäßiges Absetzgewicht erreichen, müssen Haltung und Zucht diesen Zusammenhang aufbrechen. Denn Anteil der Sauen, % Ferkelverluste,geringer % Schnittwunden das Geheimnis Ferkelverluste 12 25 Schälwunden liegt nicht in den Geburtsgewichten, sonZitzenspitze fehlt dern in einer gleichmäßigen Milchbildung 10 20 und Funktionsfähigkeit des Gesäuges! Im Gegensatz zu den Blutkrusten neh15 echte Verletzungen wie Schürf- und 8 men Schnittwunden sowie der Verlust von Zit6 zen10und Zitzenteilen von vorne nach hinten kontinuierlich zu. Die stärkere Be5 troffenheit hinterer Gesäugeabschnitte 4 für Verletzungen liegt vermutlich an der 0 Anatomie des Gesäuges. Denn es liegt in Für eine hohe Milchleistung sollte man2die Gesäuge regelmäßig unter die Lupe nehmen. Note 1 Note 2 starkNote Note 5 Bauchlage unterschiedlich auf3dem Note 4 Spaltenboden auf. Und die Gesäuge-Qualität Dicke der Zit0 zen entspricht vor allem bei Jungsauen verletzen. Es ist daher günstiger, mög- Metall ScherkräfteKunststoff auf die Zitzen Metall deutlich grö-Kunststoff genau der Schlitzweite der Roste. So kön- lichst wenige Elemente unter der Sau zu gerade ßer. Das zeigen Auswertungen mit runddiagonal diagonal gerade nen die Zitzen je nach Perforationsgrad verwenden. Große Spaltenbodenelemen- 40 Abferkeldurchgängen auf Fußböden Aufstallung des Bodens im Bauchbereich in den te sind also besser als viele kleine. Das ist unterschiedlicher Qualität. Denn die SauSchlitz gedrückt werden und anschwel- beim Übergang von Metall- oder Beton- en stehen dabei in der Regel nicht parallen. Beim Aufstehen oder Stellungswech- zum Kunststoffboden besonders wichtig. lel zum Verlauf der Unterzüge, sondern sel kann die Zitze dann im Extremfall soin einem schrägen Winkel. gar abscheren. In der Auswertung neuer Daten unter Fußböden aus Eisen Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Berücksichtigung von fast 16 000 bonioder Kunststoff? Übergänge derSauen, einzelnen Spaltenbodentierten Gesäugekomplexen zeigt sich, Anteil der % Jungsauen im Wartestall 12 elemente als Verletzungsursache infrage Die Materialeigenschaften dass vom verbauten Material Effekte Altsauen im Wartestall des Fußbokommen. Denn in Abferkelbuchten wird dens spielen im Abferkelbereich ausgehen. Wie Übersicht 4 zeigt, verursaJungsauen nach der Geburt eben10 ist zwar deut- chen Metallböden tendenziell mehr häufig ein Materialmix aus Beton, Guss- falls eine Rolle. AltsauenGusseisen nach der Geburt eisen lich teurer, leitet aber die Wärme effekti- Schnitt- dafür aber weniger Schälwunden 8 und Kunststoff verbaut. Das Problem ist umso größer, wenn die Roste in ver von der Sau ab und verspricht eine als Kunststoffböden. der 6Zahnung und Höhe nicht zueinander bessere Standsicherheit, die anhand so Wägt man nur mit Blick auf die Sauen passen. genannter Gleitreibwerte gemessen wer- die einzelnen Risiken gegeneinander ab, 4 Beim Einbau sollte man daher auf den kann. Je nach Herstellungsverfahren überwiegen in gerader Aufstallung und möglichst glatte Übergänge achten. Sinn- können Metallböden scharfe Grate bil- bei relativ kleinen Rosten (40 x 60 cm) 2 voll wäre zudem, wenn die Hersteller den, die in vorangegangenen Versuchen die Vorteile der Böden aus Gusseisen. eine0 möglichst hohe Passgenauigkeit ins- nachweislich die Gesäugegesundheit ver- Bei diagonaler Aufstallung überwiegen besondere bei der Kombination der Ma- schlechtert haben. hingegen die Vorteile der Böden aus Schnittwunde Schälwunde Zitzenspitze fehlt Kruste terialien Gusseisen und Kunststoff anWichtig ist außerdem der Winkel, mit Kunststoff. streben. Grundsätzlich können sich die dem die Sauen zum Fußboden stehen. Die Probleme mit der Standsicherheit Tiere an jedem Übergang des Fußbodens Denn bei Diagonalaufstallung sind die beim Einsatz von Kunststoff im Hinterbeinbereich sind aber nur mit bestimmten Spezialprodukten und einer optimaEinstellung des Ferkelschutzkorbes Übersicht 3: Mehr Verletzungen an hinteren Zitzen len zu mildern. Ein optimal in Länge und Höhe eingestellter Korb gibt einerseits Anteil der Sauen, % Blutkrusten Halt und behindert andererseits die not40 Verletzungen wendigen Bewegungen der Sauen nicht. 35 So stehen Altsauen in Köllitsch auch auf 30 dem billigsten Kunststoffboden ohne 25 Probleme auf. Jungsauen, die diese Erfahrungen nicht haben, müssen nicht sel20 ten aus diesen Buchten herausgenommen 15 werden. Denn am Ende verweigern sie 10 häufig entnervt die Futteraufnahme. Im Hinblick auf die Fußbodengestal5 tung überwiegen die Vorteile der geraden 0 Aufstallung. Allerdings kann man bei der Zitze 8 Zitze 1 Zitze 6 Zitze 7 Zitze 5 Zitze 4 Zitze 2 Zitze 3 platzsparenden Diagonalaufstallung das Die vorderen Zitzen werden besonders durch das Saugen der Ferkel beansprucht. Ferkelnest besser unterbringen. Bei ge- Echte Verletzungen treten häufiger an den hinteren Zitzen auf. rader Aufstallung müssen die Buchten S 14 top agrar 6/2009 Übersicht 4: Mehr Probleme bei diagonaler Aufstallung Bei diagonaler Aufstallung auf Metallböden treten tendenziell mehr Verletzungen auf. 12 Anteil der Sauen, % Schnittwunden Schälwunden Zitzenspitze fehlt 10 8 6 4 tendenziell größer 2 damit das Ferkelnest sinnvoll 0 und in einer verMetall tretbaren Geomegerade trie platziert wird. Mit Blick auf das Gesäuge ist es optimal, wenn die Unterzüge parallel zur Standrichtung der Sau verlaufen. Das ist bei Diagonalaufstallung nur bei den relativ teuren Tragrahmenkonstruktionen möglich und der Jungsauen im Wartestall wesentliche Vorteil dieser Bauart. WähAltsauen im Wartestall rend die dazugehörigen Kunststoff-umJungsauen nach der Geburt mantelten Streckmetallroste nachweisAltsauen nach der Geburt lich Schürfwunden bei den Saugferkeln verringern, halten sie dem Tiertritt der Sauen im Hinterbeinbereich nicht stand. e4 Note 5 sein, Ruhiger Umgang mit den Tieren bringt Vorteile Es wird deutlich, dass viele Weichen für die Gesundheit Schälwunde Zitzenspitze der fehltGesäuge bereits beim Bau der Ställe gestellt werden. Metall Kunststoff diagonal gerade Aufstallung Kunststoff diagonal Wichtig ist aber auch die Erkenntnis, dass die meisten Verletzungen unmittelbar nach dem Einstallen in den Abferkelbereich entstehen. Deshalb sollte ein ruhiger und tiergerechter Umgang besonders mit den Jungsauen selbstverständlich sein. Eine Besamung der Jungsauen in Kastenständen vor der Gruppenhaltung kann eine entsprechende Vorbereitung für die erste Abferkelung sein. Um aber Ursachen und Folgen im Bestand auszumachen, muss unterschieden werden zwischen Verletzungen sowie Schnitt- oder Bisswunden am Drüsenkörper und an den Zitzen selbst. Auffällige Veränderungen am Drüsengewebe verursachen häufig die Ferkel, insbesondere wenn die Milchbildung der Sauen zum Ende der Säugezeit nicht ausreicht. Gefährlich wird die Situation, wenn bereits Verletzungen vorliegen. Hier kommt es nicht selten zu einer Frühform des Kannibalismus. Um das zu verhindern, gilt es zunächst die Futteraufnahme der Sauen zu optimieren. Wichtig ist zudem das ausreichende Schleifen der Eckzähne der Ferkel. Das früher weit verbreitete Abkneifen kann zu rasierklingenscharfen Kanten auf den Zähnen führen. Überhaupt nicht gekürzte Zähne sind oft besser als mehr oder weniger abgebrochene. Von guten Erfahrungen berichten Praxisbetriebe, die in regelmäßigen Abständen desinfizierende oder hautpflegende Substanzen wie Jod und Glycerin oder Sprays auf das gereinigte Gesäuge ausbringen. Dadurch heilen Verletzungen am Gesäuge schneller ab, und die Entzündungsgefahr sinkt. Leider setzen solche Maßnahmen eher an den Folgen als an den Ursachen der Verletzungen an. Fazit Mit steigenden Wurfgrößen wird die Gesäugequalität der Sauen immer wichtiger. Um die Gesundheit und Milchleistung zu fördern, ist eine optimale Gestaltung der Fußböden im Abferkelbereich unverzichtbar. Umfangreiche Auswertungen zeigen, dass es vor allem auf eine hohe Rutschfestigkeit, saubere Verarbeitung und Verlegung sowie eine gute Drainierfähigkeit ankommt. Wichtig sind zudem das Schleifen der Ferkelzähne sowie ein ruhiger Umgang mit den Tieren. Das gilt besonders bei Jungsauen. top agrar 6/2009 S 15 Blutkrusten Verletzungen Zitze 5 Zitze 6 Zitze 7 Zitze 8