Elektrizitätslehre und Magnetismus Othmar Marti | 12. 06. 2008 | Institut für Experimentelle Physik Physik, Wirtschaftsphysik und Lehramt Physik Seite 2 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Homogene Stromverteilung Magnetfeld einer homogenen Stromverteilung in einer dünnen Platte. Links: die Geometrie zur Berechnung, Mitte: das Magnetfeld eines homogenen Stromflusses und Rechts: das Magnetfeld zweier antiparallel von Strom durchflossener Platten. Seite 3 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Homogene Stromverteilung I(∆y ) . ∆y →0 ∆y Wir definieren eine lineare Stromdichte j = lim Das Stromfeld können wir uns als Parallelschaltung vieler linearer Leiter vorstellen. Aus dem Superpositionsprinzip folgt, dass in der z-Richtung Bz ≡ 0 Das resultierende Feld dieser Superposition muss in der xy -Ebene liegen. Auf den beiden Seiten senkrecht zur Platte finden sich immer zwei Stromfäden, die die x-Komponente kompensieren. Wenn wir später das Ampèresche Gesetz auf diese beiden Seiten anwenden, gibt es keine Komponente von B parallel zur Seite: dieser Teil des Linienintegrals ist null. Wir betrachten weiter die Komponenten Bx (x) und By (x) des Feldes B im Abstand x von der Platte. Seite 4 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Homogene Stromverteilung Wir werden zwei Symmetrieoperationen an: I Wir drehen die Platte um π um die z-Achse. Die neue Situation (Ströme) ist identisch mit der Ursprungssituation. Deshalb muss B(x) = −B(−x) I sein. Wir drehen die Platte um π um die y -Achse und drehen gleichzeitig die Flussrichtung des Stromes um j → −j. Die Endsituation ist ununterscheidbar von der am Anfang. Also gilt auch Bx (−x) = Bx (x) und By (−x) = −By (x) . Seite 5 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Homogene Stromverteilung Mit den beiden Symmetrieüberlegungen folgt: Bx (x) ≡ 0 Um B y zu bestimmen, nehmen wir an, dass unser Integrationspfad S symmetrisch bezüglich der Platte ist. Das Ampèresche Gesetz sagt I ZZ B · ds = 2By (x) · b + 2 · 0 = µ0 ida = µ0 · j · b s A(s) Das Resultat ist unabhängig von x und homogen im Raum. Die Magnetfeldlinien sind parallel zur Platte und links und rechts antiparallel (siehe Abbildung 2, Mitte). µ0 By = j 2 Seite 6 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Homogene Stromverteilung Bei zwei antiparallel von Strom durchflossenen Platten ist das Magnetfeld auf den Raum zwischen den Platten beschränkt. B = µ0 j Anwendungsbeispiele: Streifenleiter, Koaxialkabel, Modell für eine Spule Seite 7 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Quellenfreiheit der magnetischen Induktion Integrationsfläche zur Analyse der Quellenfreiheit des Magnetfeldes ZZ B · da = 0 A Seite 8 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Quellenfreiheit der magnetischen Induktion Integration über die Mantelfläche. Seite 9 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Ampèresches Durchflutungsgesetz Quellenfreiheit des Magnetfeldes ZZ ZZZ 0= B · da = divB dV A V (A) oder in differentieller Form divB = 0 Seite 10 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential In diesem Abschnitt wollen wir die Frage lösen: wie konstruiere ich eine magnetische Induktion B möglichst bequem? Das Rezept stammt aus der Elektrizitätslehre. Dort wurde gezeigt, dass aus einem beliebigen Potential U(r) durch E(r) = − gradU(r ) eindeutig ein elektrisches Feld E(r) konstruiert werden kann, das dem Gesetz der Elektrostatik rotE(r) = 0 genügt. Grundlage war die Vektoridentität rot ( gradF(r )) ≡ 0 die für beliebige Funktionen F(r ) gilt. Seite 11 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential Es gibt unter den Rechneregeln für Vektorableitungen eine weiter Identität mit dem Nullvektor. div ( rotF) = 0 ∀F Jedes Magnetfeld muss das Ampèresche Gesetz rotB = µ0 i und die Quellenfreiheit divB = 0 erfüllen. Analog zur Poissongleichung soll auch für das Magnetfeld eine Potentialgleichung gelten. Wir müssen also ein beliebiges Vektorfeld A wählen und die magnetische Induktion B gleich der Rotation von A setzten: dann ist die Divergenzfreiheit von B gewährleistet. Mit dem Vektorpotential A B (x; y ; z) = rotA (x; y ; z) werden beide Gleichungen erfüllt. Seite 12 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential Wegen der Vektoridentität div ( rotA) = 0 ist die Quellenfreiheit bei beliebiger Wahl von A garantiert. Mit der zweiten Vektoridentität rot ( rotA) = grad ( divA) − ∆A bekommen wir aus dem Ampèrschen Gesetz ∆A − grad ( divA) = −µ0 i Das Vektorpotential A kann immer so gewählt werden, dass divA = 0 gilt. Das Vektorpotential ist nicht eindeutig bestimmt. Nehmen wir an, dass ein Vektorpotential mit divA = f 6= 0 existiert. Seite 13 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential Dann existiert auch ein Vektorfeld V = gradφ mit divV = f rotV = 0 mit einer eindeutigen Lösung, denn die obigen Gleichungen sind formal äquivalent zur Elektrostatik . Wir definieren ein Vektorpotential A0 = A − V Wegen Gleichung (??) gilt dann rotA0 = rotA − rotV = rotA Dies bedeutet, dass das neue Vektorpotential das gleiche B-Feld erzeugt wie das ursprüngliche. Es gilt auch divA0 = divA − divV = f − f = 0 Seite 14 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential Zu jedem Vektorpotential A kann ein Vektorpotential A0 gefunden werden, so dass divA0 = 0 ist. Das zu einer realen physikalischen Situation gehörende Vektorpotential A ist nicht eindeutig bestimmt. Die Wahl eines der zur gleichen Lösung von B gehörenden Potentiale nennt man Eichung Seite 15 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential In der Relativitätstheorie und in der Quantenmechanik rechnet man bevorzugt mit dem Vektorpotential. Aus der Gleichung für das Vektorpotential einer Stromverteilung ∆A(x; y ; z) = −µ0 i(x; y , z) kann man die Umkehrfunktion berechnen und erhält, analog zur Elektrostatik, ZZZ µ0 i (r ) A (r) = dV 0 4π |r − r 0 | Seite 16 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential Wenn wir mit ρ = r − r 0 den Abstand von einem Beobachtungspunkt r zu einem Punkt r 0 mit der Stromdichte i(r 0 ) eines linearen Leiterstückes d` bezeichnen und ρ = r − r 0 setzen, ist der Beitrag zum magnetischen Feld µ0 I d` × ρ dB = · 4π ρ3 Durch Integration der Formel von Laplace oder des Gesetzes von Biot-Savart bekommt man I µ0 I d` × ρ B(r) = 4π ρ3 Leiter Mit diesem Gesetz kann man das Magnetfeld einer beliebigen Spule berechnen. Achtung: nur die integrale Form hat eine physikalische Bedeutung! Die Formel von Laplace wird über das Vektorpotential berechnet. Seite 17 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential Beispiel: Wir hatten in Abbildung 2 gesehen, dass ein homogener Strom in die +z-Richtung homogene magnetische Induktionen links und rechts erzeugt. Die Magnetfelder haben die Form −B0 , wenn x < 0; By (x, y , z) = B0 , wenn x > 0. Für x = 0 ist By nicht definiert. Seite 18 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential 10 5 0 −5 −10 −10 −5 0 5 10 Darstellung von B in einer (z = const)-Ebene. Die Strom-Ebene liegt bei x = 0. Seite 19 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential Das dazugehörige Vektorpotential ist Ax (x, y , z) = 0 Ay (x, y , z) = 0 B0 x, für x < 0; Az (x, y , z) = −B0 x, für x > 0. Wieder ist A für x = 0 nicht definiert. Aus B = rotA bekommt man Bx = ∂Az ∂y − ∂Ay ∂z By = ∂Ax ∂z − ∂Az ∂x Bz = ∂Ay ∂x − ∂Ax ∂y =0 −B0 , für x < 0; = B0 , für x > 0. =0 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Vektorpotential 0 −2 −4 Az Seite 20 −6 −8 Vektorpotential −10 −10 −5 0 5 10 x z-Komponente des Vektorpotentials einer unendlichen Stromdichte in z-Richtung in der (x = 0)-Ebene. Seite 21 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Halleffekt Hall-Effekt Seite 22 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Bewegte Magnetfelder Bewegte Magnetfelder und elektrische Felder. Seite 23 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Transformation des transversalen elektrischen Feldes Das elektrische Feld beider Platten im Bezugssystem S ist Ez = σ 0 wenn σ die Ladungsdichte in diesem Bezugssystem ist. Das Magnetfeld ist v0 · σ Bx = µ0 · j = µ0 · σ · v0 = 0 · c 2 Die entsprechenden Felder im Bezugssystem S 0 müssen nun berechnet werden. Auch in S 0 sind die Platten homogen geladen. Also haben wir σ0 Ez0 = 0 und v 0 · σ0 Bx0 = 0 2 0 · c Seite 24 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Transformation des transversalen elektrischen Feldes Wir brauchen die Transformationsgesetze für σ 0 und v0 v00 = σ0 = σ0 = v0 − v 1 − vc·v2 0 σ γ0 σ0 γ00 wenn σ0 das Ruhesystem der Ladungen und γ0 = 1 − Wir bekommen s 0 1 − v02 /c 2 γ σ0 = σ · 0 = σ γ0 1 − v002 /c 2 v02 c2 −1/2 ist. Seite 25 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Transformation des transversalen elektrischen Feldes σ 0 = v u u 1 − v02 /c 2 σu !2 u u v0 −v t1 − /c 2 1− = v ·v0 c2 q 1 − v02 /c 2 1 − σ r 1− v ·v0 c2 v ·v0 c2 2 − (v0 − v )2 /c 2 q 1 − v02 /c 2 1 − v ·v0 c2 = σr = 1 − 2 c 20 + c 4 0 − v02 /c 2 − v 2 /c 2 + 2vv0 /c 2 q v ·v 1 − v02 /c 2 1 − c 20 σq p 1 − v02 /v 2 · 1 − v 2 /c 2 v · v0 σ·γ· 1− c2 = v ·v v 2 ·v 2 Seite 26 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Transformation des transversalen elektrischen Feldes Mit v00 = v0 − v 1 − vc·v2 0 berechnet man v00 · σ 0 v · v0 0 = σ·γ· 1− v0 c2 v · v0 v0 − v = σ·γ· 1− c2 1 − vc·v2 0 = σγ (v0 − v ) Damit ist Ez0 = und Bx0 σ0 =γ 0 v 0 · σ0 = 0 2 =γ 0 · c σ σv · v0 − 0 0 c 2 σ · v0 σ·v − 0 c 2 0 c 2 = γ (Ez − v · Bx ) v = γ Bx − 2 Ez c Seite 27 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Transformation des transversalen elektrischen Feldes Damit sind die transversalen Felder Bx0 und Ez0 in S 0 Linearkombinationen der Felder Bx und Ez in S. Die Transformationseigenschaften von Bz und Ex erhält man, indem man die obige Anordnung um π/2 um die y -Achse dreht. Dann gehen Ez → Ex Bx → −Bz über. Die Transformationsgleichungen sind dann Ex0 Bz0 = γ (Ex + v · Bz ) v = γ Bz + 2 Ex c Seite 28 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Transformation des longitudinalen elektrischen Feldes Skizze zur Transformation eines longitudinale E-Feldes (links) und des B-Feldes (rechts). Seite 29 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Transformation des longitudinalen elektrischen Feldes Die Transformation des longitudinalen E-Feldes ergibt sich aus der Erkenntnis, dass transversal zur Geschwindigkeit keine Längenkontraktion auftritt und dass das Elektrische Feld eines Plattenkondensators, oder jeder anderen Anordnung von zwei parallelen, homogenen Flächenladungen, nicht vom Plattenabstand abhängt. Also ist σ Ey = 0 0 σ Ey0 = 0 σ = σ0 Also ist auch Ey0 = Ey Seite 30 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Transformation des longitudinalen elektrischen Feldes Die Transformationseigenschaften des Magnetfeldes können mit der in der obigen Abbildung rechts angedeuteten Spule berechnet werden. Das Magnetfeld in der Spule ist I·N By = µ0 L wobei N die Anzahl Windungen und L die Länge der Spule ist. Wir machen dabei die Annahme, dass die Spule sehr lang im Vergleich zum Durchmesser sei. Mit I = Q̇ ist By = µ0 N dQ L dt Die Anzahl Windungen N und die Ladung sind relativistisch invariant. Das transformierte Feld ist dann N dQ By0 = µ0 0 0 L dt Mit der Längenkontraktion L0 = γL und der Zeitdilatation dt 0 = dt/γ folgt, dass sich die relativistischen Effekte kompensieren und damit By0 = By ist. Seite 31 Physik | Klassische und Relativistische Mechanik | 12. 06. 2008 Lorentztransformation der Felder Bei einerpBewegung in die y -Richtung mit v = (0; vy ; 0) (γ = 1/ 1 − v 2 /c 2 ) werden die elektrischen und magnetischen Felder wie Ex0 = γ (Ex + v · Bz ) Ey0 = Ey Ez0 = γ (Ez − v · Bx ) Bx0 = γ Bx − cv2 Ez By0 = By 0 Bz = γ Bz + cv2 Ex