10. Kripo Inter 1990, PDF-Anlage

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Uwe Wilhelms, Berlin
Kripo International 1990
Drogenbekämpfung 1990 - Aktion statt Reaktion
Unter diesem Motto stand die diesjährige
Veranstaltung "KRIPO INTERNATIONAL"
des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in
Bonn - Bad Honnef am 10. und 11. Mai 1990.
In der für den BDK-Bundesvorstand schon
vertrauten Atmosphäre des Tagungshotels
.Berninarls". diesesmal allerdings in einem
weit größer gesteckten
Rahmen.
Ein Teilneh-
merkreis von ca. 250 Personen konnte begrüßt werden. Pünktlich am 10.5.90 um
10.00 Uhr ging es in .rnedias
lage für die Sprachen Englisch, Französisch,
Russisch und Deutsch dem Zuhörerkreis
übersetzt, ein zwar nicht preisgünstiger, aber
inzwischen unverziehtbarer und angemessener Service bei derartigen Veranstaltungen.
Grußwort des
Bundesinnenministers
res". Die eröff-
nenden Worte des BDK-Bundesvorsitzenden und des stenv. Bundesvorsitzenden.
der
als Leiter des Organisationskomitees
für den
ausrichtenden Landesverband NRW er1olgreich für das Management der Veranstaltung
sorgte, ließen keinerlei Zweifel an der Bedeutung des Themas und dem festen Willen, die
Tagung zu einem konstruktiven Forum im
Sinne einer Neuorientierung und Sammlung
der Kräfte zu gestalten, damit die kulturelle,
soziale und moralische Herausforderung
der internationalen Drogenkriminalität
bestanden werden kann.
Besondere Aufmerksamkeit verdiente im
Rahmen der einführenden Ansprachen ein
ausführliches Grußwort des Bundesinnenministers Dr. Wolfgang Schäuble, der die internationale und nationale Situation in der Drogenbekämpfung aus Sicht der Bundesregierung schilderte und dabei den erkannten,
alarmierenden Problemen die politischen
Strategien gegenüberstellte.
Neben einem Überblick über die bisherigen
Veranstaltungen Kripo International und deren wachsende Resonanz gaben die Einführungen dem Zuhörer auch einen Überblick
über die Intentionen des Berufsverbandes
und der komplexen Thematik Drogenbekämpfung, die seit 1980, dem Erscheinungsjahr der ersten Fassung einer BDK-Konzeption zur Intensivierung der Rauschgiftbekämpfung, ein Faktor mit wachsender krirninat- und gesellschaftspolitischer Bedeutung
geworden ist.
Auf die internationale Dimension der Problematik und die spezifische europäische Situation angesichts fallender Grenzschranken
und nationaler Beharrtichkelten wurde hingewiesen. Dabei kam die Hoffnung zum Ausdruck, daß die internationale Besetzung des
Referentengremiums durch renommierte Experten aus den Niederlanden, Italien, Spanien, Türkei, Sowjetunion und natürlich
Deutschland einen Beispielscharakter für eine zukünftig an Weitrnaßstäben ausgerichtete Drogenpolitik annehmen möge. Die seit
vielen Jahren, - im Zusammenhang mit der
bevorstehenden
Verwirklichung
europäischer Verträge zur Erleichterung bzw. Abschaffung von Grenzkontrollen verstärkt -,
durch den BDK vorgetragenen Forderungen
nach europäischer Rechtshannonisierung
und Schaffung einer EUROPOL, einer europäischen Polizei mit Exekutivbefugnissen
auch und gerade im Rauschgiftsektor, wurde
der Veranstaltung ebenfalls als Zielvorstellung vorangestellt.
Die Beiträge der fremdsprachigen Referenten wurden durch eine moderne Simultanan-
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derkriminalisl~7-8J90
Bundesinnenminister
Schäuble mit qeundsetzlichen Ausführungen zum Stand der Drogenbekämpfung in der Bundesrepubfik
Dr. Schäuble stellte fest, daß das Drogen problem in der Bundesrepublik niemals so ernst
gewesen sei wie heute, da weltweit ein Umsatz von (geschätzten) 800 Milliarden Dollar
jährlich den internationalen Rauschgifthandel beflügelt; Zahlen, die längst jenseits der
Umfänge nationaler Staatshaushalte liegen
und in ihrer Größe nur noch vom internationalen Waffenhandel übertroffen werden.
Ziele
"Es wirft ein merkwürdiges Licht auf den
Zustand der Menschheit am Ende des 20.
Jahrhunderts, daß sie große Teile ihrer Pro-
duktivkratte für ihre eigene Zerstörung aufwendet." Der Innenminister nahm damit Bezug zu der drängenden Aufgabe, international zu geschlossenen, globalen Konzepten
zu kommen, für die jetzt, nach der WeItdrogenkonferenz der UN 1987, ihrer Sondergeneralversammlung im Februar 1990 und der
Londoner Drogenkonferenz vom April 1990,
erstmals ein breiter Konsens der Staatengemeinschaft zu erkennen sei. Die Erklärung
der gerade begonnenen Dekade zum Jahrzehnt gegen den Rauschgiftmißbrauch
durch die UN sei übertällig, um den vielfältigen Aspekten des Problems, gesellschaftlich, wirtschaftlich, medizinisch, biologisch,
rechtlich, wissenschaftlich und technisch, eine koordinierte Strategie entgegenzusetzen.
Im Blick auf Europa, - insbesondere auf die
geplante Abschaffung der Kontrollen an den
Binnengrenzen am 1.1.93 -, nahm der Minister die Gelegenheit wahr, die seiner Meinung nach von den Europa-Politikern erkannten Schwerpunkte aufzuzählen, deren
Existenz zwar zu begrüßen, deren recht bescheidener Umfang aber nicht zufriedenetelren kann:
- Harmonisierung der nationalen Rauschgiftpolitiken,
- Schaffung eines gemeinsamen polizeilichen Informationsinstrumentes gegen die
grenzüberschreitende RG-Kriminalität,
- Errichtung einer europäischen Zentratstelle zur Sammlung und Auswertung europäischer Drogeninformation mit dem Ziel der
Koordinierung grenzüberschreitender Einsätze von Polizei und Zoll,
- Festlegung einheitlicher Standards sowohl für die Kontrolle an den Außengrenzen als auch für die Überwachung im
Binnenland,
- Schaffung einheitlicher Regeln zur Kontrolle der Vorläufer-Chemikalien in der
Rauschgiftproduktion
und Maßnahmen
gegen die Geldwäsche von Drogenprofiten sowie
- die Vereinfachung und Beschleunigung
der Rechtshilfe-Instrumentarien.
Was tut die
Bundesregierung?
Zu seinem eigenen Verantwortungsbereich
bzw. dem der Bundesregierung kommend,
erläuterte Schäuble anschließend die Grundzüge des nationalen Drogenbekämpfungsplans, den man im Oktober 1989 in Auftrag
gab und noch in dieser Legislaturperiode zu
beschließen gedenkt.
"Das wesentliche
Ziel unserer Politik ist: Die
Ächtung von Rauschgift und die Bewahrung
unserer jungen Menschen vor dem Einstieg
in den Drogenkonsum"',
meinte- Schäuble
und begab sich auf einen rethorlschen
Exkurs zur Suche nach den Gründen für Erstkonsumentenverhalten,
die er in Anerkenntnis der bisher nicht abgeschlossenen
Ursachenforschung
in Fragen kleidete;
Verlust
tradierter
Werte, Anonymität
der Gesellschaft, Fragwürdigkeit
der Ideale, Streß im
Alltag, in Beruf und Schule.
., - auch der
Innenminister
konnte
die Antwort
nicht
geben.
Die Konsequenz könne nur eine konzertierte
Aktion aller Beteiligten sein, die sich dennoch
der freiheitlichen
Struktur
unserer Gesellschaft angemessen
zeigen müsse, d. h. nur
Rahmenbedingungen
zu setzen habe.
Auf diesem Wege müsse es gelingen, umfassende Prävention zu leisten durch Aufklärung
der Gefährdeten,
familienpolitische
und
schulpolitische
Maßnahmen.
Sehr deutlich wurde im Anschluß, daß seitens der Bundesregierung
nicht an eine Liberalisierung der Strafverfolgung
im Btrn-Bereich gedacht ist. Insbesondere
auf der Angebotsseite
wolle man verstärkt Repression
betreiben, insbesondere
auch in den organisierten Händlerringen.
Schäuble wäre kein Politiker, hätte er nicht an
dieser Stelle die haushaltspolitischen
Vorgavon Planben, z. B. die erste Teilbewilligung
stellen beim BKA zur Bekämpfung
der OK,
ins rechte Licht gerückt. Offen wies er dabei
auf den erheblichen finanziellen Mehrbedarf
hin.
satzes verdeckter Ermittier, der Observation, Rasterfahndung
etc. geleistet werden und durch die Ausweitung
z. B. der
Möglichkeiten
der Telefonüberwachung
unterstützt
werden. Die Möglichkeit
personenbezogener
Ermittlungen im OK-Bereich ohne konkreten
Straftatenhintergrund auf polizeigesetzlicher
Grundlage
will man in den Bundesländern
forcieren.
Jede Form von Freigabe und kontrollierter
Abgabe
lehnte der Minister
als verfehlte
Form der Entstigmatisierung
von Btm ab;
Verfügbarkeit
von und Nachfrage nach Drogen werde
dadurch
erhöht
und Hemmschwellen,
Bedenken,
Unrechtsbewußtsein
und das Risiko der Händler werde verringert.
Diesen Weg der Jugendgefährdung
werde
die Regierung auf keinen Fall beschreiten.
4. Bekämpfung
des
Rauschgifthandels
durch unmittelbaren
Zugriff auf das Vermögen der Täter; gesetzliche
Maßnahmen zur Ermittlung, Einziehung und Verfall und Identifizierung
illegaler Profite.
Dabei sollen intensive Maßnahmen gegen
die Geldwäsche
auch in bezug auf den
legalen
Geldverkehr
unternommen
werden.
Nationaler
Rauschgiftbekämpfungsplan
Es folgten Ausführungen
über die im Gesetz
vorgesehenen
Änderungen
im Rahmen des
nationalen Rauschgiftbekämpfungsplanes:
1. Verschärfung
der Strafandrohungen
im
BtmG insbesondere
für nichtabhängige
Dealer bei gleichzeitigem
Vorrang für den
Grundsatz
"Therapie vor Strafe" für die
abhängigen
Konsumenten.
Besondere
Strafverschärfung,
wenn Kinder und Jugendliche
der Gefahr des Droqenmlßbrauchs ausgesetzt werden.
der Vorschriften gegen illegale Rauschgiftherstellung
im Blick auf
sog. Designerdrogen
etc. Dabei Verbesserung der Zusammenarbeit
mit der chemischen
Industrie
(Stichwort
"Monitaring", d. h. Kontrolle der Lieferwege usw.)
und verstärkte Exportkontrolle.
Der Bundesinnenminister
schloß seine Ausführungen mit dem Appell an alle Bürger, sich
der Anti-Orogen-Kampagne
anzuschließen
und speziell die jungen Menschen zu dem
Bekenntnis
"Ja zum Leben - Nein zu Drogen" anzuhalten.
Grußwort MdB Bernrath
2. Verbesserung
3.
Verbesserung
der Ermittlungsinstrumente von Polizei und Justiz. Dies soll durch
die strafprozessuale
Regelung des Ein-
Bank
Bausparkasse·
Es sprach anschließend
der Vorsitzende des
Bundestagsinnenausschusses,
Gottfried
Bernrath.
Er schloß sich weitgehend
den
AusfÜhrungen des Innenministers
an und betonte nochmals die Notwendigkeit
zu konzertierter Vorgehensweise
durch Hilfen für
Süchtige,
Maßnahmen
gegen
die
Rauschgiftherstellung
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derkriminalisl-7-8190
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Strafverfolgung insbesondere mit der Zielrichtung der AbschöpfungNerhinderung von
kriminellen Profiten. Er unterstützte direkt die
Einführung eines Tatbestandes .Gelowäsehe" und versprach personelle und finanzielle Erweiterungen für die Polizei.
Probleme der Drogenbekämpfung in Deutschland
Nach einer kurzen Pause setzte die Reihe der
Fachvorträge ein; es begann ein echter Praktiker, Kriminaldirektor Gerhard Ulber aus
Berlin, seit vielen Jahren Leiter des Referats
Rauschgiftbekämpfung der Berliner Kriminalpolizei und intimer Kenner der Berliner
Szene, der sich während 17 Dienstjahren im
Bereich Rauschgiftbekämpfung einer ständigen Notwendigkeit zur Anpassung und Veränderung polizeilicher Maßnahmen ausgesetzt sah.
Ulber stellte zunächst die Erfolge in der Bundesrepublik bei der Sicherstellung von
Rauschgiften (Seit 1970 Sicherstellung von
ca: 124 t Cannabisprodukten, 3,7 t Heroin,
3 t Kokain und 500 kg Amphetaminen sowie
rund 1 Million LSD-Trips) den alarmierenden
Anzeichen für den ständig wachsenden Angebotsdruck gegenüber. Er betonte die Notwendigkeit zu koordiniertem Handeln aller
gesellschaftlichen Institutionen und insbesondere der befaßten Behörden, denen er
die Installation eines "Zaren" analog zu
jüngst in den USA praktizierten Modellen riet,
d. h. einer Zentrale, die den einzelnen Verwaltungen (lnnen-, Schul-, Juqend-. FinanzRessorts etc.) die Aufgaben zuweist, die Erfüllung der Pflichten anmahnt und den Erfolg
verantwortlich kontrolliert.
Sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite müsse gleichrangig bekämpft werden und hierzu eine Balance zwischen Vorbeugung, gesetzlicher Einschränkung und
Strafverfolgung, und Hilfeleistunq/Therapierung im konkreten Fall eingehalten werden.
Für den Bereich der Strafverfolgung, - den
Beitrag von Zoll, Polizei, Staatsanwaltschaft
und Gerichten -'. gelte es bei größtmöglicher
Spezialisierung von Personal und Organisation sich zu konzentrieren auf die Beseitigung
der .Griftnäbe", d. h. Angebotsverringerung
durch Bekämpfung von Schmuggel und
Handel, um sowohl die Erstkonsumption und
die Rückfallgefahr zu mindern als auch die
Therapiemotivation zu erhöhen.
Ulber erinnerte daran, daß die Strafverfolgung sich naturgemäß auf die als "Rauschgift" gesetzlich definierten Stoffe bezieht,
während die übrigen auf dem Markt befindlichen Rauschmittel, also Alkohol, Nikotin,
Medikamente und sog. .Bchnuffelsubstanzen" (Lösungsmittel und dgl.) zusätzlich verfügbar sind und schon deshalb der Mischkonsum wachsende Probleme bereitet. Speziell sei auf die Tendenz einiger-Ärzte hinzuweisen, Drogenabhängigen unkontrolliert
und regelmäßig Medikamente zu verschreiben, die nicht selten mitverantwortlich sind
für den Tod dieser Süchtigen. Unumwunden
erklärte der Referent seine Ablehnung von
Drogenfreigabeüberlegungen; die Kategorisierung der Rauschmittel in frei verkäufliche,
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derkriminalist-7-8I9O
bezugsbeschränkte und verbotene Mittel sei
sinnvoll und beizubehalten.
"Mißbrauch und Abhängigkeit mit ihren sozialen und gesundheitlichen Folgen lassen
sich nicht wegdefinieren!"
Gleichwohl seien die betroffenen Personen,
also die Abhängigen, nicht das eigentliche
Gegenüber der Strafverfolger. Ulber verteidigte den Personalansatz seiner Behörde (2
von insgesamt ca. 100 Beamten bearbeiten
Erwerbs- und Besitz-Delikte) als sinnvoll,
denn beispielsweise seien in der besonders
belasteten Altersgruppe von 21 bis 35 Jahren
incl. eines hoch angesetzten Dunkelfeldes
gerade 1.5 Prozent heroinabhängig, so daß
den übrigen 98,5 Prozent angesichts der
öffentlichen Diskussion um die Abhängigen
nicht genügend Aufmerksamkeit zukomme.
Besonders alarmierend hingegen seien die
seit 1985 bekanntgewordenen 30000 Erstkonsumenten von Heroin, Kokain, Amphetamin. Es gelte deshalb die Frage zu stellen,
warum und von wem sie sich trotz der bekannten Folgen zum Drogenmißbrauch überreden lieBen.
Die Antwort liege auf der Hand: das "Anfixen"
wird im wesentlichen begünstigt durch den
Kleinsthandel, der wiederum eine Domäne
der Abhängigen ist. Hier liberalisieren zu wollen, erleichtere diesen Handel und das Bilden
von öffentlichen Drogenverkaufsszenen und
somit die Möglichkeiten und Verlockungen
zum Einstieg in die Drogenszene für Erstkonsumenten. Durch die Tendenz zur .BeqeleinsteIlung" bei Verfahren wegen Drogenkonsum werde das gleiche Ergebnis erzielt, abgesehen davon, daß Kleinstdealer ohnehin
nur die als Eigenbedarf deklarierbaren Mengen mit sich führen.
Die eigentliche Arbeit der Strafverfolger gilt
also den Schmugglern, Händlern und Herstellern von Btm.
Die ständig steigende Qualität von Taten und
Kenntnissen der Täter sowie deren wachsende Aggressivität einerseits und Flexibilität
andererseits, - weltweites Operieren ist keine Ausnahme mehr -, bedingt einen besonderen polizeilichen Aufwand und neue Taktiken, wobei die nationale und internationale
Kommunikation
und Kooperation einen
Hauptansatzpunkt bildet.
Die besondere Perfidität der Rauschgifttäter
muß verstärkt zu einer öffentlichen Ächtung
als Verursach er der sorgenvollen Entwicklung führen.
.Btrn-Schmuqqler, -Hersteller, und -Händler
sind Feinde der Gesellschaft, gegen sie helfen nur Taten, keine Absichtserklärungen."
Die gegenwärtige Praxis der Rechtssprechung werde dem nicht gerecht, denn trotz
hinreichender Tatbestände und Strafandrohungen im Betäubungsmittelgesetz (BtmG,
zuletzt 1982 verschärft) zeige die Justiz eine
unangemessene Milde und rechne nicht seiten den Tätern zugute, wenn die Polizei
Rauschgift sicherstellt, ehe es auf den Markt
kommt (Beispiele: "Schaden für die Volksgesundheit nicht eingetreten" bzw. "Beihilfe
zum versuchten Handeltreiben mit Btm'', also ein minderschwerer Fall oder "Nicht identifizierbarer, angeblicher, Haupttäter im Ausland", also milde Strafe als "Gehilfe").
Daß außerdem der freizügige Umgang mit
Bewährungsstrafen und Haftverkürzungen
den präventiven Aspekt der Strafe zerstöre
und sogar die Bereitschaft zur Zeugenaussage aufgrund der Zusicherungsmöglichkeiten
nach Paragraph 31 BtmG vermindere, weil
der Anreiz zu gering ist, sei eine weitere
unerwünschte Folge der aktuellen Rechtspraxis.
Ulber beklagte gleichfalls die ungenügenden
rechtlichen Möglichkeiten der Einziehung
von Drogenprofiten und der Unterbindung
der Geldwäsche. Neben dem Problem der
Herstellung, des Schmuggels und des Vertriebs sei die Nutzbarmachung der Drogengewinne durch Einführung in den legalen
Wirtschaftskreislauf (die Geldwäsche) das
wesentlichste logistische Problem der Täter.
Verglichen mit den diesbezüglichen Erfolgen
in den USA, - beispielsweise wurden allein
1988 durch FBI, DEA und Zoll 1 226000000
US-Dollar den Drogenhändlern entzogen
und mindestens teilweise für die Bekämpfung der RG-Kriminalität wieder eingesetzt -,
nehmen sich die Ergebnisse in der Bundesrepublik derzeit mehr als bescheiden aus.
Daß außerdem die internationale Rechtshilfe
schon lange nicht mehr den Bedürfnissen
genügt und internationale Kontrollmaßnahmen sowohl hinsichtlich der Herstellung von
Vorläufersubstanzen als auch zur Überwachung der Schmuggelwege dringend effektiviert werden müssen, liege auf der Hand.
Der Kriminalpraktiker beklagte das schwindende Verständnis für die Notwendigkeit der
Informationserhebung angesichts der aktuellen, überzogenen Datenschutzdiskussion.
Gerade im Rauschgiftbereich seien nun einmal alle Beteiligten Täter, womit der Anteil
der angezeigten Taten gegen Null strebe. Die
Verfolgungsbehörden müssen deshalb in besonderem Maße selbst Taten entdecken und
hierzu Informationen erheben. Da jedoch die
Tätigkeit von V-Personen, Informanten und
verdeckten
Ermittlern
mit erheblichen
Rechtsunsicherheiten behaftet ist, ist die
Prüfung der Sachverhalte sehr schwierig.
Damit geht der Informationsaustausch zwischen den Behörden sowohl national auf
Bundes- und Landesebene als auch international einher, weil Zuständigkeitsgerangel
und unterschiedliche personelle und materielle Ressourcen zusätzliche Hürden bilden.
Auf den nächsten beteiligten Personenkreis,
nämlich das Personal der Strafverfolgungsbehörden, und hier die Polizei, kommend,
führte Ulber aus, was die meisten der Zuhörer aus unmittelbarem Erleben nachfühlen
konnten, - den ständig steigenden Personalund Sachaufwand bei den RG-Ermittlungen,
mit dem die Stellenpläne und Zuweisungen
nicht Schritt halten. Als Beispiel wurde die
Beweisführungs-Problematik
der erfolgreichen Überführung von Herstellern synthetischer Btm erwähnt, wo aufwendige Observationen erst Aufschluß über Zugriffsort und
-zeit ergeben können.
Seit 1978 gibt es in Berün die "gemeinsame
Ermittlungsgruppe Rauschgift" (GER) aus etwa 35 Polizei- und 25 Zoll beamten. Diese
Einrichtung geschah aus der Erfahrung der
Notwendigkeit zur koordinierten Vorgehensweise der Zoll- und Polizeibehörden und der
Zusammenführung aller vorhandenen Informationen.
Die Einrichtung hat sich bewährt und in der
Stadt zu einem guten Erfolg bei SichersteIlungen und Verurteilungen
geführt, weshalb
dringlich
Anstrengungen
zu unternehmen
seien, jüngst aufkeimende
Differenzen zwischen Zoll und Polizei in Bund und Ländern
zu bekämpfen.
Im Ausblick auf die Entwicklung des naturgemäß für den Berliner Kriminalisten besonders
naheliegenden
Problems
.Droqenrnarkt
und Transitland
DDR" Im Lichte der aktuellen deutsch-deutschen
Situation. konnte nur
eine schlechte
Prognose
abgegeben
werden. Die Bedeutung der Auslandsverbindungen mittelbar und unmittelbar in bedeutende
Drogenherkunftsgebiete,
z. B. über
den
Flughafen Bertin-Schönefeld,
der ehemals im
sozialistischen
Lager fest verankerten
DDR,
wachse zusehends
und Drogentransporte
können an den (noch bestehenden)
Grenzen
weder von Ost- noch von West-Kontrolleuren erkannt werden.
Hier ist der schnelle Ausbau von Informationswegen
und die Qualifizierung
der Bekämpfungsstrategien
dringend erforderlich,
damit kein Verfolgungsvakuum
entstehen
kann.
Ulber meinte abschließend,
es bestehe kein
Grund zur Resignation oder Kapitulation
vor
der Herausforderung
Rauschgift,
aber erheblicher Handlungsbedarf.
Die deutsche Drogenbekämpfung
sei in den
Grundzügen
richtig angelegt, weshalb das
derzeitige,
bewährte
Bekämpfungskonzept
zu optimieren sei.
Methadon - Die Chance
zum Ausstieg?
Von einer ganz anderen Warte betrachtete
der nach der Mittagspause
auftretende Ministerialrat im Ministerium
für Arbeit und Gesundheit des Landes NRW, Hans-Adolf Hüsgen, die Problematik.
Er befaßte sich mit den Möglichkeiten
des
Ausstiegs
aus der Drogenbindung
und führte aus, was Untersuchungen
ergaben: Gun-'
stige Ausstiegschancen
haben Süchtige im
Frühstadium der Abhängigkeit
und dann wieder nach einer vollen Ausprägung der Sucht,
nach etwa 7 bis 8 Jahren.
samt den Ausstieg,
wobei mit diesem
Angebot etwa 35 % überhaupt zu erreichen sind. Es wird demnach kaum gelingen, die Erfolgsquote
dieser Therapiezu
rung auf über 40 % der Probanden
heben.
4. Die ambulante Langzeit-Substitutionsbehandlung soll eine vergleichbare
Erfolgsquote 11.internationalen
Studien ausweisen. Diese unter dem Stichwort "Methadonprogramme"
bekannten
Therapien
befinden sich in der Bundesrepublik
noch
in Versuchsläufen.
Hüsgen betonte, daß für einen stabilen Erfolg
beim Ausstieg, gleich nach welcher Therapierung, das Angebot sozialer Perspektiven
und das Älterwerden
der Probanden erfahrungsgemäß
die entscheidenden
Punkte
seien.
Für die richtige Einschätzung der Erfolgsaussichten gelte es weiterhin zu beachten, daß
es bei etwa 30 % der Abhängigen
im Laufe
der Jahre zu einer Mischabhängigkeit
komme und 20 % ihre Abhängigkeit
mit dem
Leben bezahlen.
Die eigentliche
Substitutionsbehandlung
mit dem Schmerzmittel
Methadon
sei seit
1969 international anerkannt und werde in
verschiedenen
Programmen
praktiziert.
Die
Zielvorstellungen
sind unterschiedlich:
Teilweise wird die Detoxifikation
mit strenger
Disziplin zu erreichen versucht, teilweise wird
die Therapie aber auch nur als Unterstützungsmittel
zur Aufrechterhaltung
sozialer
Kontakte des Süchtigen
oder z. B. zur Ermöglichung
der Behandlung anderer Krankheiten angewandt.
In Deutschland
wird die Behandlung
Opiatabhängiger mit Methadon bzw. den hier verbreiteteren Formen Levomethadon
und Polamidon bisher nur im Rahmen von Versuchsprogrammen
durchgeführt,
wobei strenge
Grenzen gesetzt wurden.
Das Mittel wird nur an für diese Therapie
selbst
motivierte
Betroffene
ausgegeben,
und auch bei der ambulanten Behandlung ist
ständige ärztliche Kontrolle der Abgabe Voraussetzung für die Durchführung
der Therapie, um beispielsweise
Mischkonsum
von
Opiaten und Methadon zu verhindern.
2. Der Selbstausstieq,
meist
begünstigt
durch positive soziale Umstände. Immerhin auf 40 Prozent der Abhängigen
wird
die Zahl der Selbstaussteiger
ohne Therapie geschätzt.
VersuchsDie seit Okt. 1987 durchgeführte
reihe in NRW macht sich wie andere Programme dieser Art auch die sog. Toleranzentwicklung
bei Opiaten zunutze: Opiate
können ab einer bestimmten
Dosis beim
Süchtigen
nicht die eigentlich
angestrebte
euphorisierende
Wirkung entfalten, sondern
wirken nur noch schmerzlindernd,
weshalb
die Betreffenden auch Dosen verändern bzw.
zu anderen Drogen greifen. In dieser Situation
kann
Methadon
ersatzweise
die
Schmerzen
und Belastungen
anstelle des
Opiats bekämpfen.
Schon daran läßt sich
ablesen, daß Methadon
gegen euphorisierende Drogen und Narkotika nicht hemmend
wirkt und deshalb naturgemäß der Kreis der
möglichen Methadon-Behandlungsfälle
verkleinert wird. Es können nur solche Süchtige
aufgenommen
werden, die selbst auf 'die
Euphorisierung
verzichten
wollen und ausschließlich opiatabhängig
sind.
3. Die stationäre
Langzeitentwöhnungsbehandlung (Abstinenztherapie)
ermöglicht
insgeetwa 10 bis 12 % der Abhängigen
Derzeit werden in NRW in fünf Städten 120
Patienten substituiert,
ein Ausbau auf 200
Patienten in 8 Städten ist vorgesehen.
Hös-
Zu unterscheiden
ist nach den Wegen zur
Drogenfreiheit,
die international in vier Gruppen zu unterteilen sind:
1. Die Zwangstherapie,
teils kombiniert
mit
Strafhaft, verhängt durch Gerichte. Hier
liegen lt. Hüsgen über die Erfolge keine
verläßlichen Daten vor, er rechne aber mit
eher geringem Erfolg, weil eben zwar Abstinenz, aber nicht Therapie erzwungen
werden könne. Immerhin sei die Chance
vorhanden, auf diesem (Um)Weg zu einer
freiwilligen Therapierung
zu gelangen.
gen schätzte die Zahl potentieller
Substitutionspatienten
auf etwa 10 000 im Bundesgebiet, wobei derzeit neben NRW nur Berlin
(90) und Hamburg (40) nennenswerte
Patientenzahlen
in der Substitutionstherapie
aufzeigen können; einige Bundesländer,
Bayern, Baden-Württemberg
und RheinlandPfalz, sehen dabei keinen Bedarf für rehabilitative Substitution.
Zwischen den Befürwortern
umstritten bleibt
die Grundfrage,
nämlich ob Abstinenz
als
einziges Ziel der Therapie zu sehen sei oder
die Dauerbehandlung,
- nach internationaler
Erfahrung bei ca. 60 Prozent der Klienten
lebenslang -, ein akzeptables
Mittel sei. Ein
Rezept scheint es diesbezüglich
genau so
wenig zu geben wie die Methadon-Therapie
als allein seligmachende
beschrieben
werden kann. Der Referent schätzte die Zahl
potentieller erfolgsträchtiger
Einsätze dieser
Therapie auf etwa 10 bis 15 % der Süchtigen
insgesamt, weshalb sowohl die qualifizierte
Entgiftungsbehandlung
als auch alle anderen
Formen der Drogenhilfe
konsequent,
allerdings wesentlich forcierter als bisher, auszubauen seien.
Anhand der bisherigen Erfahrungen mit Methadon (in NRW Levomethadon)
aus dem
von ihm beobachteten
Programm
nannte
Hüsgen folgende
beispielgebende
Zahlen
im
und Entwicklungen:
Von 91 Patienten
Zeitraum März 88 bis Dezember 89 waren
67 % zwischen 30 und 40 Jahren bei durchschnittlichen
17 Jahren Einstiegsalter,
40 % hatten bereits Suicidversuche
hinter
sich,
67 % wiesen in der sog. "Stammfamilie"
Suchtbelastung
auf,
97 % hatten diesbezüglich
Haftstrafen
verbüßt,
etwa 18 % erzielten ihren Lebensunterhalt
aus eigenständiger
Arbeit, und die überwiegende Mehrzahl hatte ihre sozialen Bezüge
unmittelbar
in der Drogenszene.
Nach etwa einem Jahr Therapiedauer
war
eine deutliche
Verbesserung,
wenn auch
nicht Stabilisierung,
der sozialen Bezüge zur
Herkunftsfamilie
festzustellen;
die Arbeitslosigkeitssituation
hatte sich aber kaum gebessert. Etwa die Hälfte der Klienten sah sich
während
der Therapie
Gerichtsverfahren
ausgesetzt, allerdings bis auf eine Ausnahme
wegen zeitlich früherer Delikte im Btm-Bereich.
Aus dem Programm wurden in der gleichen
Zeit 6 Probanden
(von 91) hauptsächlich
wegen Nebengebrauchs
von Drogen ausgeschlossen, 2 starben und 1 konnte als erfolgreich therapiert
angesehen
werden.
Beim
Nebengebrauch
rechnen die Betreuer noch
mit einer Steigerung auf etwa 15 % der Gesamtzahl im Therapieverlaut.
diese Klienten
wären dann auszuschließen.
Hüsgen nannte die Ergebnisse
des ersten
Jahres, ermutigend,
wie an internationalen
Maßstäben zu messen sei, denn insbesondere die Begünstigung
des Ausstiegs aus der
Drogenszene scheine eine positive Folge der
Substitution
zu sein. Die ebenfalls medizinisch festzustellenden
Verbesserungen
des
Allgemeinzustandes
und die Akzeptanz psychiatrischer
und psychotherapeutischer
Behandlungen von vorhandenen
Grundstönmgen mache die Methadon-Therapie
trotz ihres großen Aufwandes wertvoll.
derknminalist-7-8I9O
/
301
Den finanziellen Aufwand je Patient, gerechnet auf 5 Jahre Behandlungsdauer, schätzt
man auf ca. 40 OOO,~ DM, bestritten wird er
derzeit aus öffentlichen Mitteln; über eine
Einbindung anderer Leistungsträger, Kranken- und Rentenversicherung, kann erst bei
Installation offensiver Programme im Rahmen eines rechtlich abgesicherten (was bisher in Deutschland nicht der Fall ist) Angebots der SUbstitutionstherapie nachgedacht
werden.
Abschließend machte Hüsgen nochmals
deutlich, daß er die Langzeit-Substitutionstherapie als eine Einzelfallchance begreife für
etwa 10 bis 12 Prozent der Opiatabhängigen,
insbesondere, was deren Ausstieg aus der
Illegalität, der Beschaffungskriminalität und
der negativen sozialen Beeinflussung der
Drogenszene betrifft.
In Nachfragen der Tagungsteilnehmer wurden Zweifel u. a. an der Auswahl der Patienten deutlich und die Vermutung geäußert, im
Interesse einer erfolgreichen Versuchsreihe
habe man .handvertescn'', Der Ministerialrat
bestritt dies ebenso entschieden wie die
generelle Kritik, bei "Methadon werde der
Teufel lediglich durch den Beelzebub ersetzt". Die Nebenwirkungen des Medikaments seien gering. Eine Zusammenarbeit
zwischen der Kriminalpolizei gebe es bisher
nicht, entsprechendes sei jedoch vorstellbar,
wenn auch die Registrierung der Methadonprobranden abgelehnt werde. Immerhin seien die Patienten aber mit Ausweisen ausgestattet. Generell zu den Therapiemöglichkeiten im Lande Bezug nehmend, meinte Hüsqen. es gäbe entsprechend dem angemeldeten Bedarf genügend Therapieplätze. speziell auch in den JVA'en, wo man personell in
der Beratung besonders stark vertreten sei.
Allein dort würden pro Jahr etwa 500 bis 600
Gefangene Therapien antreten.
Drogen und AIDS
Nächster Referent war der Leiter des Berliner
AIDS-Zentrums, Dr. Wolfgang Heckmann
vom Bundesgesundheitsamt in Berlin. Er
stellte sich und seine Arbeit vor und wies auf
seine persönlichen Erfahrungen als sog.
,,68er" Student in Berlin hin, der die dortige
Drogenszene aus den verschiedensten
Blickwinkeln ausgiebig studiert hat. Seit drei
Jahren leitet er das AIDS-Zentrum, wolle
aber zunächst einige Grundvorstellungen
zum Rauschgiftmißbrauch vortragen, die er
anhand seiner Erfahrungen gesammelt habe.
"Es gibt Menschen, die mit Drogen umgehen
können, insbesondere mit Haschisch, aber
es gibt auch welche, die es nicht können."
Dies sei ein wesentlicher Punkt der Erfahrungen und Basis für eine differenzierte Betrachtung des Drogenproblems. Gerade in der in
den sechziger und siebziger Jahren zu trauriger Berühmtheit gelangten .Droqenmetropole Berlin" hat es demnach eine Reihe hoffnungsvoller Projekte gegeben, wie z. B.
Wohngemeinschaften, die auf die eine oder
andere andere Art ihre Mitglieder "cleanen"
wollen und dies, teilweise auch durch harte
körperliche Arbeit unterstützt, mindestens
bei Teilen ihrer Klientel erfolgreich tun; das
Projekt .Bynanon" ist insofern ein Beispiel.
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Heckmann betonte, es habe zwischen der
Polizei und den Präventionseinrichtungen eine gute Zusammenarbeit in Berlin gegeben,
die jedoch sehr eng mit der Inse/situation der
Stadt verbunden gewesen sei.
Die Problematik des offenen Handelsplatzes
Berlin mit einem unmittelbaren Einzugsbereich von über 4 Millionen Menschen und der
Nähe zu den sich öffnenden Staaten des
Ostblocks könne noch nicht erfaßt werden
und sei in Zukunft sicherlich Ausgangspunkt
neuer Strategien.
Die drogenpolitischen Aktivitäten charakterisierte Heckmann als von Mißbrauch des Anliegens durchsetzt, weil man regelmäßig sog.
Patentrezepte vorstelle, die in die Kategorien
a. Zwangsarbeit und Zwangsentzug,
b. Isolierung durch Abschottung,
c. Legalisierung bzw. Freigabe von Drogen
einzustellen seien.
Bei der Drogendiskussion sind insgesamt
fünf Grunddimensionen zu beachten.
Erstens primäre Prävention durch Vorstellung aller bekannten, guten Gründe, keine
Drogen zu konsumieren. Hierzu gehört das
Verständnis für wesentliche Einstiegsgründe
in Drogen ebenso wie die objektive Darstellung der zukünftigen Entwicklung. Insbesondere die Jugend habe mit den eigenen Sehnsüchten besonders stark zu kämpfen; auf der
Suche nach Wärme und Geborgenheit einerseits und Vergrößerung des Erfahrungsraumes andererseits gerate sie allzu oft in das
Fahrwasser versprochener "Wunderwirkungen" und Verlockungen, begünstigt durch
gruppenpsychologische Wechselwirkungen.
Zweitens die sofortige Bereitstellung angemessener Therapieplätze, breit gefächert unter Beachtung der spezifischen Unterschiedlichkeit von Abhängigen. Heckmann nahm
insoweit auf seinen Vorredner Bezug, als er
sich gegen Methadon-Programme
aussprach, weil hier die vorübergehende, sedierende Wirkung im Vordergrund stehe und im
Ergebnis ein echter Ausstieg zu selten sei. Er
betonte jedoch, im Einzelfall jede erfolgsträchtige Therapie anzuerkennen und verwahrte sich vor puristischen Ansätzen.
Hinsichtlich der Substitution wies er jedoch
auf die besondere Problematik der ärztlichen
Kontrolle hin; eine allgemeine Freigabe dieser Therapieform könne angesichts der bestehenden
Gesundheitsversorgung
eine
"wilde Substituierung" durch Einzelaktienen
von Ärzten bewirken.
Drittens der Ausbau eines umfassenden Beratungsangebots sowohl im präventiven Bereich (Schulen, Jugendarbeit, Vereine etc.
.) als auch hinsichtlich der Drogenszene
selbst (Anlaufsteilen, streetworker ... ).
Viertens die Ausweitung der Marktkontrolle,
um ihn letztlich auszutrocknen. Heckmann
bekannte sich klar zu dem Ziel der Bekämpfung der nichtabhängigen (Klein-)Dealer, da
angesichts der Drogenproduktionsschwemme dies z. Z. der erfolgsträchtigste Weg sei,
den Markt und damit die Angebotsseite zu
beeinflussen.
Fünftens muß selbstverständlich die internationale Kooperation, die insbesondere im
Wirtschafts bereich schlecht entwickelt ist,
verbessert werden. Angemessene Maßnahmen zur Unterstützung der Herkunttsländer
bei der Drogenanbaubekämpfung ebenso
wie bei dem Anbieten alternativer Anbaukonzepte ist eine zentrale Voraussetzung im
Kampf gegen die Drogen.
Heckmann meinte zusammenfassend "Gesundes Leben kann nur ein Leben ohne Drogen sein". Dazu gehört auch eine glaubwürdige gesellschaftliche Diskussion zu den "legalen Drogen" wie Alkohol, Nikotin, Medikamenten.
Im zweiten Teil seines Vortrags kam der
Redner dann zur Wechselbeziehung
zwischen Drogenabhängigkeit
und AIDS. Seit
Mitte der 80er Jahre ist demnach in Deutschland ein starker, sich ab etwa 1988 verlangsamender Anstieg der HIV-lnfektionen zu
beobachten.
Der Anteil der Drogenabhängigen steigt in
jüngster Zeit, während die Zahl der Neuinfektionen bei der Risikogruppe der Homosexuellen sinkt. Insgesamt sind die Abhängigen
jedoch weiterhin in der Minderheit bei den
AIDS-Infizierten.
Dies ist in den europäischen Staaten unterschiedlich; Spanien, Italien oder Irland beispielsweise haben demnach einen prozentual weit höheren Anteil der Drogenabhängigen
bei der Infektionsrate mit dem HIV-Virus. Die
Gründe dafür sind unklar; inwieweit Auswirkungen der anders gearteten moralisch-religiös-ethischen Struktur dieser Länder eine
Rolle spielen, kann letztlich nur spekuliert
werden.
Untersuchungen in Deutschland belegen in
der Drogenszene eine Infektionsquote von
ca. 20 Prozent, wobei Frauen erheblich überrepräsentiert sind, was angesichts der verbreiteten Beschaffungsprostitution leicht erklärlich scheint.
Der jährliche Anstieg der Infektionsquote
wird auf etwa 1 Prozent veranschlagt.
Neben der unstrittigen Notwendigkeit der
Informationsanstrengungen
zum Thema
AIDS ("Gib AIDS keine Chance")
gilt es daher
die Bemühungen im unmittelbaren Risikobereich zu verstärken, um durch soziale Unterstützung und Integration die Betroffenen aus
dem Kreis der Abhängigkeit, Beschaffungskriminalität und -Prostitution
herauszubringen.
Das viel erörterte Thema des .needle sharing", also des Benutzens der gleichen Kanüle von mehreren Abhängigen, spielt dagegen
nach der Auffassung von Dr. Heckmann
längst nicht die ihm in der öffentlichen Diskussion zugewiesene erhebliche Rolle. Die
Veriügbarkeit des Spritzbestecks sei für
90 % der Fixer völlig unproblematisch, da
sie, - speziell im Bereich von Ballungsräumen -, stets über ausreichende Kontakte zu
abgabebereiten Apothekern verfügten.
Ergänzend wies der Referent auf die Fragwürdigkeit der rechtlichen Einschätzungen
hin, wenn z. B. der Besitz der Spritzen als
Anfangsverdacht einer Straftat i. S. des
BtmG gewertet werde. Der Fixer wird somit
gezwungen, die "Pumpe" möglichst nicht
bereit zu haben, sondern sie sich erst unmittelbar beim "Schuß" zu beschaffen. Daß dadurch sowohl die Bereitschaft zum gemeinsamen Benutzen der gleichen Kanüle
wächst, - z. B. unmittelbar am Ort des Er-
werbs der Drogen -, und gleichzeitig die
Kanülen in dann gefährdender Weise beseitigt werden, - z. B. Wegwerfen in öffentlichen Parks, Kinderspielplätzen usw.
läßt
sich leicht ausrechnen.
-r
,
Zum Abschluß wies Heckmann nochmals
eindringlich auf die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen aller gesellschaftlichen Institutionen hin und begrüßte die Tagung insofern als einen erfreulichen Beitrag.
Aus dem Zuhörerkreis kam die Frage nach
der Intensivierung der Strafverfolgung süchtiger (Klein-)Dealer.Dies hielt der Referent im
Interesse der Konzentration der ohnehin unzureichenden Kräfte für einen ineffektiven
Verschleiß.
Anbau und TransitDrogenproblematik der
Türkei
Zum Abschluß des ersten Tages der Veranstaltung trat dann der Drogenbeauftragte der
türkischen Polizei in Den Haag/Niederlande
auf das Podium. Herr Ihsan Yilmaztürk ist in
der türkischen Botschaft tätig und referierte
in englischer Sprache.
Er bestätigte zunächst die auch aus Sicht der
türkischen Regierung vorhandene Gefährlichkeit der Drogen insbesondere als zerstö-
rerischer Faktor der Volksgesundheit und
Herausforderung beim Jugendschutz.
Es sei deshalb unbedingt notwendig, sowohl
den illegalen Anbau und Schmuggel zu kontrollieren und gleichzeitig Präventionsprogramme speziell für jugendliche Einstiegsgefährdete zu schaffen, bei gleichzeitigen Hilfsangeboten für Süchtige.
Yilmaztürk eröffnete seine Ausführungen mit
einem historischen Überblick.
Demnach wird besonders in Anatolien der
Mohn- und Hanfanbau seit Jahrhunderten
betrieben, ohne daß allerdings Probleme mit
Drogensucht bekanntgeworden seien. Mohn
und Hanf sind oftmals die einzige Erwerbsquelle der anatolischen Bauern, insbesondere dort, wo sie nur über schlechte Böden
verfügen. Die legale Verwendung als Kochzutat, beim Backen und in der Farbenherstellung ebenso wie die Vetiütterung der Reste
an das Vieh hat insofern Tradition. Bis 1933
war keine gesetzliche Kontrolle des Anbaus
vorhanden. Als dann die Türkei Mitglied der
"International Opium Convention" wurde,
gründete man die "TMO", das .Turkish Seil
Products Office" zur Marktkontrolle bei Anbau, Verkauf, Export und Preisbildunq. Die
"TMO" war bis 1971 in der Türkei hierfür
allein zuständig und kontrollierte auch die
Weiterverarbeitung zu medizinischen Produkten und Narkotika, führte Yilmaztürk aus.
1971 habe dann eine "unfaire" Kampagne
einqesetzt, die die Türkei als eine der Quellen
des illegalen Drogenhandels diffamiert habe.
Da die türkische Regierung diesen Makel von
sich weisen wollte, verbot man 1971 den
Anbau völlig.
Dies führte bei den legalen Absatzmöglichkeiten zu einem Ersetzen'der Türkei als Rohstofflieferant auf dem internationalen Markt
durch andere Länder, so daß das Verbot
1974 wieder aufgehoben wurde, da es nicht
mehr effektiv erschien und außerdem die
Anstrengungen in den betroffenen Regionen
zur Errichtung alternativer Produktionen
nicht Platz griffen. Etwa 1,5 Millionen Menschen habe man nicht länger von der einzigen ersichtlichen Einkommensquelle abschneiden wollen.
Statt des Verbots führte man mit Unterstützung der UN ein Lizensierungssystem
ein,
das den gesamten Anbau unter Kontrolle
bringen sollte.
Auf diese Weise habe man die Anbaufläche
von 72 000 Hektar 1977 auf heute unter
10 opa Hektar verringern können und beispielsweise von 1978 bis 1987 die Erntemenge von 28000 Tonnen auf 3385 Tonnen
Rohmasse verkleinert.
In den verbliebenen zehn Provinzen, wo
Mohn- und Hanfanbau weiterhin erlaubt ist,
beantragen die Bauern heutzutage bei der
TMO einen Anbauanteil, der ihnen durch die
Behörde zugewiesen wird. Während des
Wachstums der Pflanzen erfolgen Kontrollen
Neben Millionen von Autos sind Tag für Tag zwar 40.000 deutsche Lastwagen im gewerblichen Fernverkehr, doch schon 30.000 Lkw aus
der EG auf deutschen Autobahnen unterwegs. Und mit der Öffnung der Grenzen werden es 1993 noch mehr ausländische Lkw.
Die geplante Freizügigkeit auf Europas Straßen endet jusr im Stau.
Lieber Autofahrer,
auch wir bleiben
auf vollen Strecken stecken.
Deshalb muß der Lkw-Verkehr auch im Europa der
Zukunft wieder auf das Notwendige beschränkt werden,
rniisscn vorhandene Kapazitäten optimal genutzt
und Güter huckepack auf die Schiene - wenn die Bahn
genügend Platz hat. Seit 10Jahren haben wir
zweistellige Zuwachsraten im Kombi-Verkehr, 1989 waren
es über 600.000 Lkw-Einheiten! Die Probleme sind künftig
nur mit einem wegweisenden Verkehrskonzept zu lösen.
Wir wollen gern daran mitarbeiten. Doch allein schaffen
wii's nicht. Auch die Politiker sind gefordert.
TRANSPORT
Denn wir sind schon unterwegs nach morgen.
ili::any~
Die Transportunternehmer und Kraftwagenspediteure im Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. Frankfurt am Main
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durch die Behörde; überschüssige Pflanzen
werden vernichtet. Auch die Ernte geschieht
demnach unter Kontrolle, sowohl was die
Mohnkapseln als auch den Hanf anbetrifft.
Oie Weiterverarbeitung zu legalen Produkten
erfolgt in staatlichen Produktionsstätten, wobei die TMO auch die Vollzähligkeit der abgelieferten Erntemengen überprüft.
Herr Yilmaztürk trug nicht ohne Stolz vor, die
türkische Regierung habe durch ihre effektiven und umfassenden Methoden, die durch
Profitausfälle und Kontrollkosten den Haushalt mit über 3 Milliarden türkischen Lira
jährlich belaste, eine hundertprozentige Kontrolle über den Drogenanbau im eigenen
Land. (Anm.: Der Referent sah sich einem
staunenden Publikum gegenüber.)
Nach einem weiteren Hinweis auf die Tatsache, daß die Türkei, begünstigt durch die
Sitten und Gebräuche, die moralisch-religiösen Strukturen und die engen sozialen Bindungen in den Großfamilien, beim Konsum
von Orogen heutzutage (noch) keine wesentliche Rolle spiele, kam der Redner zum Problem des Drogenschmuggels
aus anderen
Ländern durch die Türkei.
Bei Betrachtung der geographischen Situation der Türkei läßt sich leicht deren Lage auf.
der .Balkanroute" ablesen, der immer noch
bedeutendsten Überland-Route für den Handel zwischen Vorder- und Mittelasien und
Europa. Daßs das Transportaufkommen
ebenso wie die Transportkapazität hier in
den letzten zehn Jahren immens gestiegen
ist, darf als bekannt vorausgesetzt werden.
Hinzu kommt der große Anstieg der Privatreisenden, besonders auch der türkischen Arbeiter in Nord- und Mitteleuropa, die im Sommer als Urlauber in ihre Heimat kommen und
somit die Masse bilden, in der sich Rauschgiftschmuggler leichter verbergen können.
Hinzu kommt der wachsende Ausbaustand
der Flug- und Seehäfen.
Yilmaztürk wies z. B. darauf hin, daß man an
den Übergangsstellen nach Bulgarien im
Jahre 1989 allein 245 000 LKW gezählt habe,
die die Grenze in beiden Richtungen passierten. Wenn man den Aufwand für eine intensive Rauschgiftkontrolle für einen solchen Wagen realistisch mit 16 bis 18 Stunden veranschlage, sei das Problem deutlich.
Zuständig für die Verfolgung des Drogenschmuggels ist in der Türkei neben dem Zoll
an den Grenzen und in den Häfen, der Küstenwache zur See, der Gendarmerie in ländlichen Regionen eine spezielle Drogenpolizei
mit Stützpunkten im ganzen Land. Festnahmen von mehr als 1 500 Verdächtigen pro
Jahr und Sicherstellungsmengen besonders
bei Heroin und Haschisch im Tonnenbereich
in den letzten Jahren sowie Erfolge beim
Ausheben von illegalen Laboratorien belegen
nach Auffassung des Vortragenden die Effektivität und Fähigkeit dieser Einheiten.
Die Türkei als Drogentransitland
für
Rauschgifte aus angrenzenden asiatischen
Ländern in die Staaten Mittel- und Nordeuropas hat demgemäß eine höhere Bedeutung
und insbesondere kann die Beteiligung türkischer Gangs am Orogenschmuggel nicht bestritten werden, da entsprechende Festnahmen durchgeführt worden sind. Die türkische
Regierung macht hier insbesondere Kriminelle, die sich der türkischen Strafverfolgung
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durch illegalen Aufenthalt in anderen Staaten
Europas entzogen haben, verantwortlich.
Diesbezüglich wird auch eine Beteiligung am
Schmuggel auf der Balkan-Route, meist in
Zusammenarbeit mit iranischen Kriminellen,
eingeräumt. Die besondere Bedeutung der
iranischen Staatsangehörigen ergibt sich dabei u. a. aus den Folgen des Iran-Irak-Krieges, währenddessen Tausende in die Türkei
flohen.
Ein weiterer wichtiger Grund für Drogenschmuggelaktivitäten von derTürkei aus sind
It. Yilmaztürk die aus dem Lande vor den
Aktionen türkischer Sicherheitskräfte geflohenen terroristischen Gruppierungen aus
dem (Süd-)Osten des Landes (gemeint sein
dürften die kurdischen Separatisten), die ihre
kriminellen Machenschaften hinter vorgeblich politischen Motiven verbergen und damit
die Unterstützung westlicher Regierungen
erhalten.
Yilmaztürk betonte abschließend namens
der türkischen Regierung deren Bereitschaft
zur Kooperation mit anderen Staaten, die sie
bereits aktiv bewiesen habe. Er betonte die
durch eine konsequente Anti-Orogen-Politik
aus seiner Sicht erzielten Ergebnisse und
forderte zu andauernder Wachsamkeit gegenüber den Veränderungen der DrogenHerausforderung auf.
Er führte im Anschluß an seinen Vortrag
Videoaufnahmen von Aktionen der türkischen Drogeneinheiten vor, darunter die
Kontrolle von LKW und das Auffinden großer,
versteckter Heroinmengen, die Aushebung
illegaler Labors in abgelegenen Gebieten sowie die Festnahme von observierten Drogenhändlern vor dem Versuch, den "Stoff" zu
verkaufen.
Der Referent sah sich im Anschluß an seinen
Vortrag kritischen Fragen des fachkundigen
Publikums ausgesetzt, das nicht glauben
wollte oder konnte, daß die türkische Regie~
rung den Drogenhandel im und aus dem
eigenen Land wirklich derart erfolgreich bekämpfe, wie es vorgetragen worden war.
Mehrere Zuhörer berichteten von Erkenntnissen, nach den insbesondere auch in der
Türkei als wesentliches Drogenherkunftsland
zu gelten hat und die türkischen kriminellen
Organisationen im europäischen und weltweiten Drogenschmuggel wachsende Bedeutung erlangen, wenn nicht führend sind.
Herr Yilmaztürk beantwortete die Fragen
nach Kräften, konnte aber dennoch den Eindruck nicht verwischen, ein allzu sehr den
Wünschen seiner Regierung entgegenkommendes Bulletin verbreitet zu haben.
Am Abend des ersten, sicherlich anstrengenden, Vortragstages bereitete der BDKBundesvorstand für die Ehrengäste und die
Referenten einen Empfang, bei dem die Gelegenheit ausgiebig genutzt wurde, im kteinen Kreis die über Tag aufgeworfenen Themenbereiche noch einmal zu besprechen
und im übrigen interdisziplinäre, menschliche Nähe zu erreichen.
Mit Spannung erwartete man die für den
nächsten Tag' vorgesehenen Referate, die
besonders breit gefächerte Erkenntnisse
über die Internationalität des Drogenproblems versprachen.
Südamerikanische
Verbindungen nach
Spanien im RG-Handel
Am 11.5.90 wurde die Tagung durch den
Vortrag des Chefinspektors Francisco Aranda-Guerrero, Referatsleiter der 1. Gruppe der
Zentralabteilung der Spanischen Polizei, in
französischer Sprache fortgesetzt.
Bevor er auf die historisch gewachsenen und
daher besonders bedeutsamen Beziehungen seines Heimatlandes zu Südamerika zu
sprechen kam, berichtete er zunächst über
den Rauschgiftmarkt und -schmuggel.
Aufgrund der besonderen geographischen
Lage der iberischen Halbinsel und der beinahe unkontrollierbaren Küstenstrecken spiele
die Anbindung über See eine besondere Rolle, z. B. im Handel und Schmuggel mit Haschisch und Cannabis-Produkten.
Haschisch werde hauptsächlich aus nordafrikanischer Produktion, - allein die marokkanische Jahresproduktion schätzt man auf 150
Tonnen -, bei Nacht mit Booten über die
südliche Sonnenküste nach Spanien eingeführt, über Land nach Nord- und West-Spanien geschmugelt und von dort nach Nordeuro pa und Amerika weitergeleitet. Die
Meerenge von Gibraltar wird dabei gemieden, weil dort besonders intensive Kontrollen
durchgeführt werden.
Etwa 20 % der festgestellten Täter in Spanien sind Ausländer, darunter Mitteleuropäer
ebenso wie Afrikaner verschiedener Nationalitäten und Araber sowie politische Asylanten, z. B. Palästinenser und Libanesen.
Seit 1987 hat man begonnen, Informationssysteme aufzubauen wegen der wachsenden Bedeutung des Kokainhandels aus südamerikanischen Quellen. Aufgrund der historischen Entwicklungen (Spanien als Kolonialmacht) bestehen enge Beziehungen zu südamerikanischen Ländern, was nicht zuletzt
durch die gemeinsame Sprache begünstigt
wird.
Der Umfang der Kokain-Offensive läßt sich
auch anhand der Sicherstellungsmengen erkennen: 1988 wurden in Europa 3800 kg
Kokain sichergestellt, während es 1989
schon 8 750 kg waren und in den ersten vier
Monaten 1990 ca. 4 000 kg.
Eine eher umgekehrte Entwicklung vollzieht
sich im Heroingeschäft, es scheint derzeit
fast, daß Kokain aufgrund der immensen
Angebotsmengen den Markt beherrscht.
Die in Spanien festgestellten ausländischen
Täter, darunterTürken, Iraner und Libanesen
im Vordergrund, befassen sich nach Ansicht
der spanischen Behörden mit gleichfalls großer Intensität mit dem Waffenhandel.
Auch die spanische Regierung bemüht sich
derzeit, durch Gesetzesänderungen der Situation Herr zu werden und strebt beispielsweise Maßnahmen gegen die Geldwäsche
an.
Als intimer Kenner der südamerikanischen
Problematik nannte Aranda-Guerrero einige
Zahlen:
Ca. 700 000 Menschen bauen in Peru auf
etwa 200 000 Hektar den Koka-Strauch an;
in Bolivien sind es 500 000 Menschen auf ca.
100000 Hektar, die zusammen eine Jahresproduktion von etwa 170000 Tonnen Koka
erzielen. Hinzu kommen die Anbaugebiete in
Kolumbien, Kuba, Ecuador und einigen anderen Staaten. Laboratorien, um aus der
Frucht des Koka-Strauchs Kokain zu produzieren, gibt es hauptsächlich im kolumbianisehen Territorium; neuerdings aufgrund der
nordamerikanischen Offensive und der Maßnahmen der kolumbianischen Regierung zunehmend auch im brasilianischen Grenzgebiet, ein insgesamt äußerst schwer zugängliches und unübersichtliches Urwald-Terrain.
Zentrale Probleme in allen beteiligten Ländern sind Korruption, mangelnde Infrastruktur, schlecht versorgte Strafverfolgungsbehörden und damit wieder mehr Korruption.
Hinzu kommt die Tatsache, daß Versuche zur
Installierung alternativer Produktionen in der
Landwirtschaft weitgehend gescheitert sind,
weil die Rohstoffe auf dem Weltmarkt zu
schlechte Preise erzielen oder ein Anbau aus
anderen Gründen, z. B. mangelnde Transportmöqlichkeiten,
nicht möglich ist. Ein
Hektar Land, bepflanzt mit Kakao, erzielt bei
günstiger Bewirtschaftung ca. 600 US-Dollar
jährlich, andere Kulturen eher weniger. Eine
Bebauung mit Koka ist ungleich attraktiver,
und die Drogenbosse verfügen über die notwendigen Flugzeuge und Schiffe.
Eher am Rande muß auf zusätzliche Probleme im Zusammenhang mit der Kokain-Produktion und deren Bekämpfung hingewiesen
werden. Sowohl die teilweise praktizierte Bekämpfung der Koka-Anbauflächen mit Pestiziden und dgl. als auch die Verwendung von
Chemikalien bei der chemischen Aufbereitung zu Kokain in den Labors erzeugt schon
heute immense ökologische Schäden. Die
ohnehin defizitäre Tierhaltung wird dadurch
weiter vermindert.
Die Situation in Südamerika werde sich in
absehbarer Zeit nicht verbessern und könne
dies schon gar nicht ohne internationale Hilfe. Da Drogenanbau, Herstellung, Transport
und Konsum ein gemeinsames Problem mit
vielen Facetten ist, sind gemeinsame Lösungen gefragt, Gesetze müssen harmonisiert
werden, Rauschgift-Taten müssen deutlicher geächtet und pönalisiert werden. Nur
durch internatinale Programme gegen den
Anbau, die Herstellung die Korruption und
die Geldwäsche lasse sich auf Erfolg hoffen,
meinte Aranda-Guerrero. Auch in der Repression komme es zunehmend auf international organisiertes Vorgehen an, weil kein
Staat mehr singulär echte Erfolge erzielen
könne.
Auf Fragen aus dem Publikum ergänzte der
Referent, die besondere Affinität der südamerikanischen
Drogenhersteller
und
-schmuggler zu Spanien sei auch auf historisch gewachsene Strukturen zuruckzufuhren, so würden beispielsweise ehemalige Tabakschmuggler heute am Drogenschmuggel
partizipieren.
Ebenfalls führte er auf Nachfrage aus, daß
auch Spanien dazu neige, im Abhängigen
zunehmend dessen Krankheit anzuerkennen
und deshalb den Eigengebrauch und den
dazu notwendigen Besitz kleiner Mengen
weniger streng verfolge.
Drogenbekämpfung, Sanktion und strafprozessuale
Möglichkeiten in Italien
Als nächster referierte Dr. Rafaele Imondi
vom zentralen Antidrogen-Dienst der italienischen Polizei aus Rom. Er benutzte die englische Sprache.
Er befand, man könne dem Kampf gegen die
Drogen, der mittlerweile Züge eines Krieges
angenommen habe, nicht ausweichen. Das
Bewußtsein der Menschen müsse dringend
wachgerüttelt werden, damit endlich International einheitlich gegen Drogenmißbrauch
vorgegangen und das kommende Jahrzehnt
entsprechend den Vorgaben der Vereinten
Nationen eine erfolgreiche Dekade im Kampf
gegen Rauschgift werde.
Imondi befaßte sich im besonderen mit dem
Kokainproblem,
weil dieses seit seinem
wirklichen Aufkommen Mitte der achtziger
Jahre die bedeutendste Gegenwartsbedrohung ist. Kokain war schon davor bekannt,
aber aufgrund seines (damals) verglichen zu
Heroin hohen Preises und seines Images als
Modedroge einer Elite wenig verbreitet.
Trotz der astronomischen Wachstumsraten
der letzten Jahre und damit der breiten Streuung von Kokain ist, so stellte Dr. Imondi fest,
der Kokainkonsument anders strukturiert als
der seit dem Heroin-Boom der siebziger Jahre bekannte Heroinabhängige.
Auch die italienischen Behörden wissen, daß
die südamerikanischen Kokain-Kartelle nach
Sättigung des nordamerikanischen Marktes
die Vertriebsstrukturen in Europa durchorganisieren und teilweise auch die Produktion
hierher verlegen, indem sie z. B. Laboratorien auch in Europa aufbauen.
Jährlich werden ca. 700 bis 800 Tonnen
Kokain weltweit hergestellt, eine genaue Berechnung ist aus den bekannten Gründen
nicht möglich. Im Angesicht dieser Kapazitäten, die jederzeit ausweitbar sind, muß insbesondere Europa mit weiter wachsendem Angebotsdruck rechnen.
Imondi wies auf die aktuellen Probleme in
Kolumbien hin, wo in den vergangenen 5
Jahren etwa 2 000 Drogenfahnder durch bezahlte Killer der Kartelle ermordet worden
seien. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann
ähnliche Methoden auch in Europa zu befürchten seien.
Für Italien war 1988 die iberische Halbinsel
das Haupt-Einfuhrgebiet für Kokain, während 1989 bereits eine diversifizierte Einfuhr
festzustellen war, was auch gleich den Sicherstellungsanteil an der (geschätzten) Gesamteinfuhrmenge deutlich verringerte.
Geographisch ist auch Italien hinsichtlich der
umfangreichen Küsten für eine Drogenimportüberwachung denkbar schlecht gestellt.
Zwischen Italien und Spanien wurde deshalb
kürzlich ein bilaterales Kontrollabkommen
geschlossen, was insbesondere die Überwachung der Seeverbindungen erleichtern soll.
Neuerdings erfolgt die Kokainlieferung nach
Italien über den Nahen Osten und Afrika,
teilweise zum Transit in die nordeuropäischen Länder. Insbesondere die aufgezeigte
Flexibilität der Kokain-Kartelle läßt aufhorchen. Nachdem in Spanien nach dem ersten
Boom der Verfolgungsdruck verstärkt wurde,
änderten sich schnell die Routen und man
nutzte Einfuhrländer wie die Niederlande,
Frankreich oder die 8undesrepublik. Die Tatsache, daß selbst die Südamerikaner mittlerweile den Weg über den Nahen Osten, hier
insbesondere Libanon, nutzen, ist ein weiteres Indiz für ihre wett umspannenden Aktivitäten. In den europäischen Staaten wird dabei
die zunehmende Nutzung hier lebender Südamerikaner als Schmuggler und Kuriere festgestellt.
Imondi wies im bezug auf die Situation in den
Anbaulandern auf ein weiteres bedenklich
stimmendes Phänomen hin: Jährlich werden
für den Koka-Anbau ca. 20 000 Hektar Tropenwald zusätzlich vernichtet, was die von
Klimaforschern prognostizierte Katastrophe
eher wahrscheinlicher werden läßt.
Hinsichtlich sog. "Designer-Drogen" sei man
in Italien wie in Europa derzeit noch nicht in
der ersten Frontlinie, wenn auch erhebliche
Steigerungen zu beobachten seien, in Italien
neuerdings die Modedroge "ICE". Das in
USA weit verbreitete "Crack" dagegen sei
offenbar in Europa weniger beliebt, was eine
Sicherstellungsmenge von gerade 660 g seit
1986 belege. Allerdings wird am Beispiel
"Crack" deutlich, welche Argumente für seine Ausbreitung sprechen: Die Herstellungskosten im Vergleich zum Kokain betragen ca.
5%!
Auch in Italien hat man es in der Hauptsache
auf die Drogenprofite als "Achillesferse"
der Dealer abgesehen und setzt dazu u. a.
ein sog. "Anti-Maffia-Gesetz" von 1982 ein,
das allerdings noch erweitert werden muß,
um wirkungsvolle Gegenmaßnahmen gegen
die Geldwäsche im industriellen und wirtschaftlichen Sektor zu gewährleisten.
Erfolge sollen erzielt werden über eine Kontrolle der Lieferungen von sog. VerläuferChemikalien, d. h. Stoffen, die für die Herstellung von Heroin, Kokain u. a. unabdingbar sind. Als Beispiel nannte Imondi den
Flugzeugtreibstoff Kerosin.
Daneben konzentriert man sich auf die Herstellungswege und registriert diesbezüglich
auch eine Beteiligung der sizilianischen
Mafia.
Beispielsweise fand man 1985 in Mailand die
Versorgungswege heraus, mit denen ein in
Palermo angesiedeltes Großlaboratorium mit
den unverzichtbaren Chemikalien zur Herstellung von Drogen versorgt wurde. Zulieferung, Herstellung und Vertrieb lagen in Händen derselben Mafia-Organisation.
Von der in Spanien beobachteten Konsumumkehr zwischen Heroin und Kokain kann
man in Italien offensichtlich noch nicht sprechen, wenn auch etwas ähnliches für die
Zukunft erwartet wird. Abgesehen von den
einheimischen Tätern machen den italienischen Behörden besonders Kriminelle aus
der Türkei zu schaffen, denn die türkische
Mafia organisiert im wesentlichen die Transittransporte von Rauschgiften durch das
Land, unter Beteiligung ansässiger ethnischer Gruppen, wie z. 8. Tunesier, Nigerianer, Marokkaner.
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vorbereitet und mußten deshalb in den Folgejahren stark ausgeweitet werden. Heute
existieren spezielle Rauschgiftabwehr-Einheiten in allen Republiken, den Großstädten
und den Industriezentren.
Auch Italien hat sowohl als Verbraucherland
als auch als Transitland unter der "Balkanroute" zu leiden, die bekanntlich aus der
Türkei kommend über Bulgarien, Griechenland, Jugoslawien, Italien, Österreich in die
mitteleuropäischen Länder verläuft. Ca. 2000
LKW passieren im italienischen Bereich täglich die Route, sämtlich mit dem internationalen "T.I.R."-Zeichen zur Vereinfachung der
Zollabfertigung versehen.
Beginnend mit dem Jahre 1961, dem lnkrafttreten des neuen StrafgesetZbuches der
UdSSR, wurde dann eine rechtliche Grundlage zur Verfolgung der Drogenstraftaten
geschaffen, die 1974 durch ein "Gesetz zur
Verstärkung
des Kampfes gegen die
Rauschgiftkriminalität"
spezieller definiert
und pönalisiert wurden.
Dr. Imondi trug sehr engagiert die Forderung
nach einer europäischen Drogenkontrollbehörde mit eigenen Kompetenzen vor, die
unter Einsatz spezialisierter Agenturen die
Zusammenarbeit zwischen Polizei und Zoll
international organisieren und harmonisieren
soll.
Es dürfe keine Rivalitäten mehr geben zwischen den Verfolgungsbehörden, weder national noch international, und die Gesetzgebung der Staaten sei dringend zu harmonisieren. Auch "heilige Kühe" dürfe es nicht
geben, denn Kontrollmechanismen sollen
auch für die Industrie greifen, um neben
anderem die Vorläufer-Chemikalien bei Produktion und Verbrauch stets unter Kontrolle
zu haben und ihren Verkauf nachvollziehen
zu können.
Der Handel mit Drogen, für die heute mehr
ausgegeben wird als für viele andere Konsumbedürfnisse und die ihren Vertreibern
einen geschätzten Profit von mehr als 500
Milliarden US-Dollar einbringen, muß zerstört werden, denn er stellt eine Bedrohung
des Friedens dar. Imondi verglich die Situation mit der eines akuten, aber nicht erklärten
Krieges.
Aus dem Publikum gestellte Fragen nach den
Gründen für den ansteigenden Konsum in
Italien und Besonderheiten der Geldwäsche
beantwortete Dr. Imondi dahingehend, daß
es bezüglich der Einstiegsgründe in Italien
keine Unterschiede zu anderen Ländern gebe und das während der Tagung bereits
vorgetragene Bündel von Motiven herangezogen werden müsse. Ähnliches gelte für die
Geldwäsche.
Diesbezüglich insistierte ein Zuhörer auf der
Darstellung eines von ihm unterstellten Zusammenhangs zwischen Geldwäsche und
den Spielbanken in Italien. Der Referent
konnte insoweit nur den Spielbankskandal
1987 in San Remo anführen, bei dem Richter
und Polizisten verstrickt gewesen waren, die
zum großen Teil heute wieder "in Amt und
Würden" seien. Es stehe demnächst ein Gesetz ins Haus, mit dem illegale Profite noch
besser abgeschöpft werden können.
Probleme der Drogenbekämpfung in der Sowjetunion
Oberst Nieo/ai N. Ossipow vom sowjetischen
Innenministerium bei seiner ungeschminkten
Darstellung der Kriminalitätslage in der UdSSR
Oberst Ossipow hatte seinem Referat eine
straffe Gliederung gegeben und führte zunächst mit einigen signifikanten Zahlen in
das Problem ein:
Auch in der UdSSR nimmt die Rauschgiftsucht in einer Weise zu, daß die Stabilität der
Gesellschaft gefährdet wird; sie hat sich inzwischen über alle Territorien ausgeweitet,
also auch da, wo das bisher nicht aufgrund
von Gebräuchen der Bevölkerung wie traditionellem Mohn- und Hanfanbau oder Marihuana-Rauchen üblich war.
Das Innenministerium erfaßt demnach aktuell ca. 130000 Personen, die, mit hiesigen
Worten gesprochen, im Btm-Bereich straffällig geworden sind. Darunter sind etwa 60 000
Abhängige. An Haschisch, Marihuana, Rohopium und Morphinbase werden jährlich etwa 25 bis 30 Tonnen beschlagnahmt und ca.
25 000 Rauschgiftdelikte aufgeklärt, wobei
auch in der UdSSR eine hohe Dunkelziffer
zwischen 1 : 2 und 1 : 3 unterstellt wird.
Schon bei Gründung der Sowjetunion war
Rauschgiftsucht existent, denn speziell in
Republiken wie Kasachstan, Kaukasus sowie in den mittelasischen und ostasischen
Provinzen des Riesenreiches, wo der traditionelle Anbau des Mohn und des Hanf bzw.
dessen Wildwuchs stattfindet, war der Gebrauch der Opiate üblich und die Mittel überall frei verkäuflich, der Anbau nicht kontrolliert. 1907 stellte man in Turkestan fest, daß
1000 Einwohner durchschnittlich 80 kg Marihuana jährlich rauchten.
Nach einer kurzen Pause folgte dann in russischer Sprache Oberst Nicolai N. Ossipow
aus dem sowjetischen Innenministerium,
Hauptabteilung Kriminalpolizei.
Nach der Oktoberrevolution begann man damit, den Rauschgiftmißbrauch unterbinden
zu wollen und auch die damals üblichen
Rauschgifttransporte aus Persien nach China zu stoppen. Seit 1934 existiert ein staatliches Monopol auf den Anbau von Opiummohn und Cannabis.
Erstmals war es dem BDK gelungen, einen
hochrangigen Referenten aus der UdSSR zu
gewinnen, noch dazu zu einem Thema, das
die Staaten des "real existierenden Sozialismus" in der Vor-Gorbatschow-Ära nach außen als nicht vorhanden charakterisierten.
Dennoch kam es erst Mitte der fünfziger
Jahre zu den ersten außergewöhnlichen Steigerungserscheinungen bei Drogenabhängigen. Auf die Notwendigkeit der Verfolgung
der Straftaten im Rauschgiftbereich waren
die
Organe
der
Rechtspflege
nicht
306 /
der krlmlnaüst - 7 -8/90
Entwendung von Drogen aus staatlicher Obhut und Handel mit Drogen führt in der
UdSSR Ld.R. zu 15 Jahren Haft, illegaler
Anbau rauschgifthaitiger Pflanzen ebenso
wie die Verführung anderer zum Rauschgiftkonsum zu 10 Jahren Haft. Für alle anderen
Taten gibt es ein abgestuftes Strafensystem.
Auch der Eigenkonsum wird bestraft, allerdings nur mit einer Ordnungsstrafe. Die Einziehung der Vermägenswerte ist bei den
Straftaten, die mit Haft bedroht sind, überdies selbstverständliche Nebenfolge.
In jüngster Zeit bemüht man sich, die Bürger
durch differenzierte Strafverfolgung zu freiwilligem Verzicht bzw. Ausstieg aus den Drogen zu bewegen. So gibt es beispielsweise
schon eine Regelung, nach der jemand nicht
strafrechtlich zur Verantwortung gezogen
wird, der freiwillig seine Drogen abgibt und
sich einer medizinischen Therapie unterzieht.
Insbesondere in bezug auf therapeutische
Maßnahmen geht man allerdings rigider vor,
als dies in Westeuropa üblich scheint. Wer
des Drogenkonsums verdächtigt wird, hat
sich einer medizinischen Untersuchung zu
unterziehen, zu der er ggf. zwangsweise vorgeführt wird und die auch zu Zwangstherapien (Entzug) führen kann. Bei Vernachlässigung der sozialen Pflichten durch den Abhängigen, z. B. unzureichende Versorgung
der eigenen Familie, kann sowohl auf deren
Antrag als auch auf Betreiben anderer gesellschaftlicher Organisationen (Betriebskollektiv, Gewerkschaft ... ) seine Handlungsfähigkeit bis zur Unterbringung in einem Arbeitslager beschränkt werden.
Auch die UdSSR ist dabei, entsprechend den
Vorgaben der UN-Konvention von 1988 die
Gesetzgebung zu reformieren und den organisierten Erscheinungsformen der Drogenkriminalität ebenso wie den Profiten daraus
mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Im Angesicht der auch in der Sowjetunion durchlässiger werdenden Grenzen will man sich auch
um eine verbesserte Kooperation mit anderen Staaten bemühen.
Die Notwendigkeit zur vereinten Anstrengung aller gesellschaftlichen Kräfte hat man
erkannt und abgesehen von der per Gesetz
oder Ministerratsbeschluß den Institutionen
zugewiesenen Pflicht zur Rauschgiftbekämpfung hat man weitere Schritte wie z. B.
die Errichtung eines Koordinierungsausschuß Rauschgift beim Ministerrat in Angriff
genommen.
Auch bei der Kriminalmiliz (Kripo) sind sowohl auf ministerieller Ebene als auch bei den
Innenverwaltungen der Republiken spezielle
Abteilungen für den Kampf gegen Drogen
eingerichtet.
Ossipow führte die beiden Hauptstoßrichder Drogenbekämpfung
in der
UdSSR an und gab dazu interessantes Zahlenmaterial preis: Erstes Ziel ist die Verringerung der Nachfrage, wobei besondere Aufmerksamkeit den Ersteinsteigern gewidmet
wird. Insgesamt erfaßt man derzeit jährlich
rund 50 000 Rauschgiftsüchtige, davon zwei
Drittel Jugendliche, drei Viertel Stadtbewohner, ein Sechstel arbeitslos bzw. arbeitsunfähig oder ohne legale Existenz sind. Der
Frauenanteil ist mit etwa 11 % vergleichsweise gering. Etwa ein Drittel der festgestellten Personen sind bereits vorbestraft wegen
Drogendelikten.
für die inhaftierten Süchtigen (z. B. wegen
Beschaffungskriminalität).
Die Bemühungen um die Abhängigen sollen
in erster Linie deren soziale Wiedereingliederung bewirken und zu freiwilligem Entzuge
bzw. freiwilliger Therapierung ermutigen. Etwa zwei Drittel der Betroffenen lassen sich
aus freien Stücken behandeln, wovon etwa
10 % nach Ablauf eines Jahres als geheilt
entlassen werden können. Diese erfolgreichen Klienten allerdings sind in erster Linie
Erstkonsumenten oder solche, wo der Drogenkonsum episodischen Charakter hatte.
In der UdSSR ist der Gebrauch der Opium-
tungen
Bei Verweigerung der freiwilligen Behandlung droht die Einweisung durch ein Volksgericht in einer "Heil- und Arbeitsanstalt" des
Innenministeriums, wo im Jahr ca. 3000
Personen untergebracht werden. Eine ähnliche Verfahrensweise der Zwangstherapie gilt
In zweiter Linie geht es um die Kontrolle von
Anbau, Herstellung und Vertrieb auf legaler
Ebene sowie um Unterbindung der illegalen
Beschaffungswege. Eine nicht unerhebliche
Rolle spielt dabei der Schutz der legal hergestellten Narkotika bzw. chemisch-medizinischen Produkte vor Diebstahl und Unterschlagung, wobei allein im inneren, legalen,
Kreislauf etwa 2 000 Straftaten jährlich festgestellt werden und dazu ca. 600mal
Rauschgift von Außenstehenden aus den
entsprechenden
Einrichtungen gestohlen
wird.
und Cannabis-Rauschgifte mit 80 % der bedeutendste Faktor, weshalb man sich sehr
intensiv um die illegalen Anbauflächen kümmert.
Für den Hanfanbau (Cannabis) zur staatlich
gelenkten Produktion von Arzneien und dgl.
hat man die Anbaufläche auf jetzt 68 000
Hektar verkleinert und gleichzeitig Züchtungsanstrengungen
unternommen,
um
Cannabissorten mit THC-Gehalt unterhalb
von 0,2 % zu erzielen, der nach sowjetischen
Erfahrungen zur Rauschgiftherstellung fast
nicht mehr genutzt wird.
Hinsichtlich des ölhaltigen Opiummohn hat
man seit den 70er Jahren den Anbau reduziert und 1987 völlig verboten.
Die medizinische
- -
Naturfor",~1
Durch die unendlichen Weiten des Landes
hat man jedoch erhebliche Probleme, trotz
neuester technischer Mittel einschließlich
des Einsatzes von Luft- und Satellitenaufklärung, den illegalen Anbau zu entdecken und
zu vernichten.
Sowohl in unzugänglichen Bergregionen als
auch in den Weiten der Sandsteppen wird
weiterhin Mohn und Hanf zur Rauschgiftherstellung angebaut, teilweise unter Kulturpflanzen versteckt. Allein in den Jahren 1986
bis 1989 wurden 230 000 Hektar wildwachsender Cannabis und ca. 160 000 Hektar
kultivierter Mohn und Hanf aufgespürt und
vernichtet.
Diesbezüglich versucht man in landesweiten
Aufklärungsaktionen unter dem Stichwort
"Mak" (Mohn) seit 1986 die Bauern vom
Drogenanbau abzubringen und gleichzeitig
differenzierte Methoden zur biologischen
Vernichtung der Pflanzungen zu erforschen,
insbesondere weil die erheblichen ökologischen Folgen früher bereits praktizierter Herbizidaktionen mittlerweile erkannt sind.
Der nächste wichtige Ansatzpunkt ist die
Unterbindung von Schmuggel und Handel,
der in der UdSSR inzwischen ebenfalls von
Tätergruppierungen mit allen Merkmalen der
organisierten Kriminalität (arbeitssteiliges
Vorgehen, Abschattung untereinander, Einbringen der Profite in den legalen Wirtschaftskreislauf mittels unverdächtiger wirt-
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derkriminalist-7-8/90
/
307
schaftlicher
wird.
Aktivitäten
usw.)
koordiniert
Neben den Maßnahmen zur Identifizierung,
Beobachtung und Kontrolle der Personen
(Originalton Osdes "Rauschgiftbusinessu
sipow) verstärkt man die Überwachung der
Verbreitungswege, hauptsächlich mit dem
Mittel der "kontrollierten Lieferung" und mit
Spürhunden. 1989 konnten durch kontrollierte Lieferungen mehr als 150 Gruppen von
Rauschgifthändlern identifiziert und festgenommen werden. Zum Erkennen von
Rauschgiftsendungen z. B. im Postverkehr
sind derzeit etwa 600 ausgebildete Hunde
vorhanden, deren Zahl demnächst wesentlich erhöht werden soll. Man schätzt in der
UdSSR den Sicherstellungsanteil auf 10 bis
15 %; 1989 wurden 4,3 Tonnen illegaler
Rauschgiftprodukte so aufgespürt.
Zusätzlich erfolgte der Ausbau des Informationsaustausches über Rauschgift-Händler,
-Hersteller, -Transporteure und Konsumenten auf EDV-Basis.
Ossipow führte zusammenfassend einige
Tendenzen auf und verglich zur Darlegung
der wachsenden Bedeutung der RG-Kriminalität in seinem Land die Zeiträume 1981 bis
1985 (5 Jahre) auf der einen und 1986 bis
1989 (4 Jahre) auf der anderen Seite:
- DIe Zahl der registrierten Abhängigen
stieg von 127 000 auf 191 000.
- 8 700 Süchtige mußten letztlich zur
Zwangsentziehungskur gebracht werden
gegenüber 6 000 zuvor.
- 144 000 RG-Straftaten wurden im zweiten
Zeitraum festgestellt, 14 000 davon im organisierten Handel und 5 000 sonstige
Verbreitungshandlungen (auch die Vertnebsgestaltung in Gaststätten, im Vortrag
mit .Droqenkcnsumhöhlen"
umschrieben). Im ersten Zeitraum stellte man nur
ein Drittel der Straftaten fest.
- Die Rezeptfälschung stieg um das Fünffache.
- Das verschärfte Vorgehen gegen Konsumdelikte führte zu 40 000 Verurteilungen zu Vermögensstrafen im zweiten Zeitraum.
- Ca. 100 Tonnen Rauschgift und Rohstoffe
wurden zuletzt beschlagnahmt, im Jahrfünft davor waren es etwa 26 Tonnen.
Den verstärkten Bemühungen der letzten
Jahre sei es zu verdanken, meinte der Referent, daß der Anstieg der festgestellten Zahlen von Abhängigen sich verlangsamt habe.
Dies sei auch am Schwarzmarktpreis für die
Drogen festzustellen, der sich in den letzten
fünf Jahren wie folgt entwickelt habe (Kilopreise):
Rohopium von 30 000 auf 100 000 Rubel
Mohnstroh von 200 auf 1 000 Rubel
Haschisch von 1 000 auf 1 500 Rubel
Marihuana von 350 auf 1 000 Rubel.
Daneben zeigen sich aber auch in der Sowjetunion die negativen Tendenzen, die der
westliche Drogenmarkt kennt, denn es steigt
sehr deutlich die Zahl der Mischkonsumenten und Verbraucher von starken Arzneien
und Betäubungsmitteln ohne medizinische
Indikation.
Auch wächst der Anteil Jugendlicher an der
Zahl der Konsumenten von Drogen allgemein, und ein zunehmendes Potential von
Menschen verliert die gesellschaftliche Inte-
308 /
defknmillalist-7-8I9O
gration. Daneben hat man eine alarmierende
Entwicklung hinsichtlich des Organisationsgrades der Händler und ihrer wachsenden
überregionalen und internationalen Aktivitäten zu konstatieren bei gleichzeitigem Auftreten neuer Drogenvertriebsstrukturen
und
Herstellungsweisen; erste illegale Labore in
Moskau, Leningrad und Kirow wurden erkannt und geschlossen.
Ossipow gab abschließend einen ausführlichen Überblick über die Bereitschaft seiner
Regierung zur internationalen Kooperation
im Angesicht der auch in der Sowjetunion
wachsenden
Bedeutung
des Drogenschmuggels über die Grenzen, der freilich
derzeit noch unter 1 % des Gesamtaufkommens liegt. Man habe jedoch klar erkannt,
daß sich bei der Ausweitung der ökonomischen Kontakte mit Sicherheit eine Verschärfung der Situation ergeben werde, der man
durch bilaterale Zusammenarbeit auf Exekutivebene und Mitarbeit in internationalen Zusammenschlüssen begegnen wolle. Mit der
Bundesrepublik Deutschland besteht ein Abkommen über die Zusammenarbeit in der
Rauschgiftbekämpfung seit Juni 19a9. Es
liegt in der Natur der Sache, daß sich vieles
im Bereich der Zusammenarbeit für die Sowjetregierung bisher auf dem Territorium der
Staaten des Warschauer Paktes abgespielt
hat; inzwischen bemüht man sich jedoch
offenbar um Anschluß an die internationalen
Anstrengungen im Drogenkrieg.
In Fragen aus dem Publikum an den sowjetischen Referenten kam der Verdacht zum
Ausdruck, daß sich schon heute russische
Händlerringe an dem europäischen Drogenhandel beteiligen, und der Redner wurde
nach seiner Auffassung über die Verfolgung
von Konsumdelikten bzw. deren Intensivierung gefragt. Ossipowerklärte, der Vorrang
habe der Nachfrage-Verringerung zu gelten,
obwohl auch Konsumenten zu bestrafen seien, allerdings, - wie in der UdSSR praktiziert,
mit leichten .Verwaltunqsstrafen", d. h. von
Geldbußen bis zu kurzer Haft.
Hinsichtlich der sowjetischen organisierten
Kriminalität könne er nicht ausschließen, daß
sich dem allgemeinen Trend folgend .jolnt
ventures" ergeben könnten bzw. schon existieren. Den sowjetischen Behörden liegen
aber, bis auf wenige Einzelaktionen, keine
entsprechenden Erkenntnisse vor.
Oberst Ossipow hinterließ bei den Zuhörern
hohen Eindruck und die Gewißheit, daß die
Drogenproblematik trotz aller gesellschaftlichen, ideologischen und historischen Unterschiede offenbar parallele Symptome erzeugt.
Kriminalpolizeiliehe Probleme bei der Drogenbekämpfung in den Niederlanden
Als letztes, achtes Referat wurden die Darlegungen des niederländischen Vertreters in
deutscher Sprache angeboten und ebenfalls
mit besonderer Spannung erwartet, sind die
Niederlande aus deutscher Sicht doch eines
der zentralen Einfuhrländer, das im übrigen
mit seiner Drogenpolitik besondere Furore
gemacht hat. Jan van Doorn, Leiter der
Rauschgiftabteilung im .Centrale Recherche
Informatiedienst" aus Den Haag, machte
denn auch schon während seines historischen Abrisses deutlich, wie zentral die Bedeutung der Niederlande als Transitmarkt
für den Rauschgiftmißbrauch in Mitteleuropa
ist.
Durch die besonderen Voraussetzungen der
gemischt-rassigen Gesellschaft, zunächst in
den 60er und lOer Jahren insbesondere aus
den holländischen Kolonien, z. B. Surinam
und Antillen, ergaben sich gute Kontakte für
Drogenhändler aus den südostasiatischen
Anbaugebieten. In den achtziger Jahren wurden diese Gruppen, die schon einen hohen
Organisierungsgrad erreicht hatten, auf dem
illegalen Markt teilweise abgelöst durch türkische und pakistanische Gruppierungen,
deren "Ware" zumeist aus dem Gebiet der
sog. "Goldenen Sichel" (Türkei, Iran) über die
Balkanroute kam.
In den Absatz waren und sind die alten
Gruppen aber ebenso wie Holländer selbst
weiterhin eingebunden, und die alten Verbindungswege zu den Anbaugebieten im "goldenen Dreieck" (Thailand, Burma), bekannt
unter der Bezeichnung "China-Connection",
haben noch nicht ganz an Bedeutung verloren, sind aber weitgehend durch die Türken
abgelöst. Hinsichtlich der ostasiatischen
Verbindungen sind denmach wachsende
Einstiegsbemühungen von Hcnqkcnq-Chinesen festzustellen. Aus der Beobachtung
weltweit wachsender Erntemengen beim
Opiummohn wird eine Verschärfung der Situation Hollands als Drogentransitland erwartet. Als "klassischer Anlaufpunkt" gilt dabei der internationale Hafen von Rotterdam.
Besonders alarmierend ist auch in Holland
die Kokaineinfuhr gestiegen: Wurden 1980
nur 46 kg sichergestellt, waren es 1989
schon 1 425 kg und bis zum 1.5.90 bereits
3 000 kg! Diese Einfuhren werden durch Kuriere im und am Körper hauptsächlich qetätigt, wobei der Stoff aus Südamerika kommt,
die Vertriebswege aber auch über die Antillen, Curacao oder Surinam verlaufen.
Insgesamt hat man schon jetzt festgestellt,
daß die Kokainvertriebswege nicht mit denen
des Heroins verglichen werden können,
ebensowenig, wie es mit den Suchterscheinungen getan werden darf. Auch die Mehrfachabhängigkeit gewinnt an Bedeutung.
Amphetamine hatten in den Niederlanden
bisher geringe Bedeutung, jedoch wurden
erst neuerdings die Bekämpfungsbemühungen verstärkt und man vermutet in der personell sehr starken Drogenszene große Herstellungskapazitäten für künstliche Rauschgifte.
Das gilt ebenfalls für sog. Designer-Drogen;
van Doorn führte als Beispiel .Extasy" an,
das seit Ende 1989 in Holland als Btm gilt. Er
wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, daß
es sich substanziell um ein von der Pharmaziefirma Merckx hergestelltes Medikament
handelt.
Haschisch und Marihuana erreichen die Niederlande zumeist aus zwei Quellen:
a. aus dem Libanon und Nordafrika, vornehmlich Marokko und
b. aus Thailand und Südamerika.
Ein Hang zu Großtransporten in Containern
ist festzustellen, wobei Transitumladungen
auf See zur Verdeckung durchgeführt werden. Eine Verbindung zur organisierten Kriminalität liegt dabei auf der Hand.
In diesem Jahr hat man u. a. bei einer SichersteIlungsaktion
42 Tonnen des Rauschgifts
beschlagnahmt.
Zu der in den Niederlanden
praktizierten
Rauschgiftbekämpfung
führte der Referent
aus, daß durch die seit 1981 verfügten Personaleinsparungen
bei der Polizei eine deutliche Verringerung
der Ermittlungserfolge
festzustellen
gewesen
sei, die man durch
Einführung sog. Projektgruppen
mit "Tiefenspezialisierung"
wettzumachen
hofft. Seit
Ende der achtziger Jahre ist die Regierung
offenbar zu tendenzieller Veränderung bereit;
es gibt mehr Mittel für die Drogenbekämpfung durch die Exekutivbehörden,
die in erster Linie einer Verbesserung
der internationalen Zusammenarbeit
anstreben.
Bisher befinden sich 15 Verbindungsbeamte
aus 9 Ländern i. S. Rauschgift in den Niederlanden.
Auch die politische Einschätzung der Drogen
habe sich allmählich geändert. War es zuvor
Ziel, zwischen sog. "harten" und "weichen"
Orogen zu unterscheiden,
die Märkte zu trennen und den Ermittlungsdruck
ausschließlich
auf den organisierten
Handel mit "harten"
Orogen zu richten, ergab sich bald die Erkenntnis,
daß Großhändler
mit "weichen"
Drogen gleich hohe Gewinne erzielen. Beispielsweise
bringt der Verkauf von 35 kg
Haschisch derzeit etwa so viel ein wie der
von 1 kg Heroin.
Derzeit führt man in Holland zu dem Thema
eine
umfassende
Verbrechensanalyse
durch.
Schon jetzt lasse sich die international
notwendige Konsequenz aus der Lage eindeutig
aufzeigen, meinte van Doorn: Die Maßnahmen
kontrollierte
Lieferung,
Gewinnabschöpfung und Kontrolle der Vorläufer-Chemikalien sind die erfolgsträchtigsten;
eine
internationale
Kooperation auf diesen Gebieten ist deshalb das wichtigste
Gebot der
Stunde.
Der niederländische
Experte, der sein Land
auch in einem Arbeitskreis
zur Verwirklichung des Schengener Abkommens
vertritt,
äußerte hinsichtlich
der europäischen
Entwicklungen
die bekannten
Forderungen
nach Verstärkung der Kontrollen an den EGAußengrenzen
sowie auf den internationalen
Flug- und Seehäfen sowie die weitere Erhöhung des Verfolgungsdrucks
bei gleichzeitiger Verringerung
der Nachfrage. Zusätzlich
brauche man einen international praktikablen
Datenaustausch
und neue Programme
für
Alternativproduktionen
in den Herkunftsfandem.
Seine Prognose
für die Entwicklung
des
Drogenmarktes
in seiner Heimat gab er wie
folgt an:
Heroin wird nicht vom Markt verdrängt, sondern wird weiter in seiner Bedeutung steigen;
neue Schmuggelwege
werden erschlossen
werden,
Kokain wird aufgrund der zunehmenden
Angebotsmengen
und Aggressivität
der Drogenkartelle vermehrt angeboten und konsumiert, eine Angleichung
des Verbrauchs
an
den nordamerikanischen
Markt muß ervvartet
werden, Haupteinfuhrstaaten
für Nord- und
Mitteleuropa
bleiben Holland, Spanien und
die Bundesrepublik.
Bei den Amphetaminen
und Designer-Drogen wird die holländische
Bedeutung
als
Herstellungsland
erhalten bleiben und die
industrielle
Produktion
weltweit
erhöht
werden,
Mohn und Hanf werden weiterhin in großem
Umfang angebaut und aufgrund der politisch
instabilen Lage in vielen Herkunftsländern
ist
eine Unterbindung
dort nicht zu erwarten.
Die derzeit speziell in Südamerika
vorgetragenen Versuche, mit militärischen
Einsätzen
gegen Drogenanbau
vorzugehen,
hält van
Doorn fürwenig sinnvoll, erfolgsträchtiger
sei
die internationale
Zusammenarbeit
protessioneller Ermittier. In bezug auf Europa äußerte er die Hoffnung auf Erfolge in kleinen
Schritten, so sei z. B. evtt. noch in diesem
Jahr eine Vorform der echten Verwirklichung
des Schengener Abkommens
zu erwarten.
Eine ursprünglich noch vorgesehene Podiumsdiskussion mit den Referenten mußte
aus zeitlichen Gründen leider abgesagt werden, da durch die Erörterungen am Ende der
jeweiligen Referate ein erheblicher Zeitverzug eingetreten war, so daß den Tagungsteilnehmern die Sicherung der planmäßigen
Abreise ermöglicht werden mußte.
Der Bundesvorsitzende
des BDK faßte sich
in seiner abschließenden
Ansprache demzufolge kurz und erläuterte nochmals in wenigen Sätzen Motivation und Ergebnis der Tagung, die aus dem Zuhörerkreis
einhellig als
außerordentlicher
Gewinn betrachtet wurde.
Er lud gleichzeitig zu Kripo International 1992
ein.
Vor der Verabschiedung
beschlossen
die
Teilnehmer einhellig die folgende Resolution:
"In einem zusammenwachsenden
Europa
ohne Grenzen
muß den internationalen
Drogensyndikaten
ein sicherheitspolitisches Überwachungsund Fahndungssystem entgegengesetzt
werden.
Ein möglichst störungsfreies
Nebeneinander
der
nationalen
Polizeien
reicht
nicht
mehr
aus. Im Kampf
gegen
die organisierte
Rauschgiftkriminalität
muß eine europäische Drogenpolizei
geschaffen
werden,
die länderübergreifend
mit allen strafprozessualen
und
polizeirechtlichen
Eingriffsmöglichkeiten
ausgestattet
ist. Auf
Dauer muß das Ziel ein Europäisches
Kriminalpolizeiamt
sein und die Schaffung
einer europäischen
Kriminalpolizei
(EU-
ROPOl)."
So werden Dächer
wieder neu und
wertbeständig!
r
reinigen - abdichten - imprägnieren
• Kostengünstige
Wellasbest-Dachflächensanierung
Spezial betrieb für Abdichtungs- und
Bautenschutztechnik
Meisterbetrieb für Maler- und
Sanierungsarbeiten
U~o pommer
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derknminahsl-7-8/90
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