Aus der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik Der Universität Würzburg Direktor: Professor Dr. med. K. Roosen Lokalisation und Blockade der Serinprotease uPA Im C6-Glioblastom-Modell der Ratte Inaugural - Dissertation Zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg Vorgelegt von Patrick Schuler aus Würzburg Würzburg, Dezember 2005 Referent: Prof. Dr. K. Roosen Koreferent: Prof. Dr. W. Roggendorf Dekan: Prof. Dr. G. Ertl Tag der mündlichen Prüfung: Der Promovend ist Arzt 20. Juli 2006 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1.1 Tumoren des Zentralen Nervensystems ___________ 1 1.2 Die Gruppe der Astrozytome ___________ 1 1.3 Das Glioblastoma multiforme ___________ 3 1.4 Mechanismus der Zellmigration ___________ 6 1.5 Die Kaskade der Proteolyse ___________ 7 1.6 Das Enzym uPA und sein Rezeptor ___________ 9 1.7 Die physiologische Inhibition von uPA ___________ 11 1.8 Der uPA-Inhibitor WX-UK 1 ___________ 14 1.9 Die Bedeutung von uPA in der Klinik ___________ 14 1.10 Die Entstehung und Differenzierung von Tiermodellen ___________ 15 1.11 Zielsetzung ___________ 18 2. Geräte, Materialien, Chemikalien 2.1 Geräte und Laborhilfen ___________ 20 2.2 Verbrauchsmaterialien ___________ 21 2.3 Chemikalien ___________ 22 2.4 Antikörper und Reagenzien für die Immunhistochemie ___________ 22 2.5 Enzyme, Puffer und Nukleinsäuren für die PCR ___________ 23 2.6 Medikamente ___________ 23 2.7 Puffer und Lösungen ___________ 24 2.8 Reagenzien für die Zellkultur ___________ 24 3. Methoden 3.1 Zellbiologische Methoden ___________ 26 3.1.1 Ursprung und Transfektion der C6-Zelllinie ___________ 26 3.1.2 Monolayerzellkultur der C6 Gliomzellen ___________ 26 3.1.3 Einfrieren und Auftauen der Gliomzellen ___________ 27 3.1.4 Die Anlage von Sphäroidkulturen ___________ 28 3.2 Tierversuche ___________ 29 3.2.1 Implantation der Tumorsphäroide ___________ 29 3.2.2 Verabreichung des uPA-Inhibitors WX-UK 1 ___________ 30 3.2.3 Kernspintomographie MRT ___________ 31 3.2.4 Explantation ___________ 32 3.3 Färbungen ___________ 32 3.3.1 Hämalaun-Eosin Färbung ___________ 32 3.3.2 Immunhistochemischer Nachweis von uPA ___________ 33 3.3.3 Peroxidasefärbung ___________ 33 3.4 Die Polymerasekettenreaktion PCR ___________ 35 3.4.1 Isolierung der RNA ___________ 35 3.4.2 Die Reverse Transkription ___________ 36 3.4.3 Amplifikation von cDNA mittels PCR ___________ 37 3.4.4 Die spezifischen Primerpaare für GAPDH und uPA ___________ 38 3.4.5 Auftrennung der cDNA mittels Gelelektrophorese ___________ 39 3.5 Synthese und Messung des radioaktiven H³WX-UK1 ___________ 40 4. Ergebnisse 4.1 Nachweis von uPA in C6-Gliomzellen mittels PCR ___________ 42 4.2 In vitro-Nachweis von uPA in der Glioblastomzelle ___________ 44 4.3 Nachweis von uPA im C6-Gliommodell der Ratte ___________ 44 4.4 Zeitlicher Verlauf der Proteasen-Expression ___________ 45 4.5 Sphäroidimplantation und WX-UK 1-Applikation ___________ 46 4.6 Einfluss von WX-UK 1 auf das Tumorwachstum ___________ 46 4.7 Biodistribution von WX-UK1 in der Ratte ___________ 47 5. Diskussion 5.1 Tiermodelle in der Erforschung von Hirntumoren ___________ 50 5.2 Das Sphäroidmodell der Ratte ___________ 51 5.3 Die C6-Gliomzelllinie ___________ 53 5.4 Die Rolle von uPA in der Zellmigration ___________ 54 5.5 Die Malignität des Glioblastoma multiforme ___________ 55 5.6 Auswirkungen der Applikation von WX-UK 1 ___________ 55 5.7 Ausblick ___________ 56 6. Zusammenfassung ___________ 58 7. Abkürzungsverzeichnis ___________ 60 8. Literaturverzeichnis ___________ 62 Danksagung Lebenslauf 1. EINLEITUNG 1.1 Tumoren des Zentralen Nervensystems (ZNS) Dem Engländer Victor Horsley gelang es, vor über hundert Jahren seinem Patienten ein Gliom in der rechten Hemisphäre operativ zu entfernen. Wie sein deutscher Kollege v.Bergmann berichtete, haben ihm dazu „außer den Celebritäten seines Vaterlandes auch Charcot und Andere mit vollem Rechte gratulirt“. Die Geschichte der neurochirurgischen Tumortherapie hatte begonnen. (HORSLEY, 1886) Heutzutage steht die Neurochirurgie vor dem Herausforderung, dass Hirntumoren zwar operativ entfernt, aber nicht komplett geheilt werden können und es, ähnlich wie bei Horsley’s Patient, zu Rezidiverscheinungen kommt. Die Gruppe der Hirntumoren wird nach histopathologischen Gesichtspunkten klassifiziert und unterschiedlichen Ursprungsgeweben zugeordnet. Prinzipiell können fast alle Gewebearten des Gehirns als Grundlage für eine Neoplasie dienen, aber die Gliome weisen die höchste Inzidenz der Tumoren im ZNS auf. Sie haben ihren Ursprung in den Zellen des neuronalen Stützgewebes und werden mit den Ependymomen zu den neuroepithelialen Tumoren zusammengefasst. Weiterhin werden die Medulloblastome mit embryonalem Ursprung und die Meningeome differenziert, welche sich aus den Zellen der Hirnhäute bilden. 1.2 Die Gruppe der Astrozytome Über 60 % der intrakraniellen Hirntumoren werden als Gliom identifiziert und die jährliche Inzidenz liegt bei 6-7 von 100.000 Menschen. Das Gliom hebt sich durch sein besonders infiltratives Wachstum in das umgebende Hirngewebe hervor, welches den Übergang von Tumorgewebe zu Hirngewebe verwischt. Die Tatsache, dass im Normalfall keine scharfe Tumorgrenze erkennbar ist, schließt eine komplette chirurgische Resektion und bis auf wenige Ausnahmen eine vollständige Heilung aus. Das Astrozytom, welches die größte Gruppe innerhalb der Gliome bildet, tritt gehäuft in den Großhirnhemisphären und seltener in den Basalganglien, im Hirnstamm oder im Spinalkanal auf. Die WHO teilt die Gruppe der Astrozytome mittels Malignität und Morphologie nach folgendem Schema ein: 1 Grad I WHO-Bezeichnung Morphologie Malignität ÜL Pilozytisches Astrozytom Zellarm, Rosenthalfasern, benigne > 50 J Hochdifferenziert, zellarm, niedrig 5-8 J geringe Polymorphie maligne Anaplastische Zellen , Mitosen, semi- Einzelnekrosen maligne Flächennekrosen, hohe hoch Polymorphie, viele Mitosen maligne Zystenbildung, wenige Mitosen II III Diffuses Astrozytom Anaplastisches Astrozytom IV Glioblastoma multiforme 2-5 J <1J Abb 1. Tumours of the Nervous System (Kleihues et al., 2002) Bei der Einschätzung der Malignität spielen diejenigen morphologischen Merkmale eine bedeutende Rolle, welche auf ein schnelles Größenwachstum des Tumors hinweisen. Hierzu zählen die Anzahl von Mitosen, die endotheliale Proliferation, die Zelldichte und die Anwesenheit von zentralen Gewebsnekrosen, welche Zeichen von unzureichender Blutversorgung bei zu schnellem Größenwachstum sind. Die Infiltrationsmerkmale des Tumors geben Hinweise auf die Erfolgsaussichten einer kompletten Resektionsoperation. (Giese and Westphal, 2001) Um aber den Wachstumsverlauf des Tumors und die Prognose für den Patienten korrekt einschätzen zu können, müssen außerdem biologische Merkmale, wie Alter und Allgemeinzustand des Patienten, sowie Lokalisation des Tumors zu lebenswichtigen Hirnstrukturen berücksichtigt werden. (Buckner, 2003) Das pilozytische Astrozytom ist ein Tumor des Kinder- und Jugendalters und wird aufgrund seiner Benignität in der aktuellen Gradierung der WHO nicht der Gruppe der Astrozytome zugeteilt. Wahrscheinlich unterscheidet sich das pilozytische Astrozytom in seinem Urpsrung wesentlich von den höhergradigen Astrozytomen und wird deshalb als eigenständiger Tumor gerechnet. Das niedriggradige Astrozytom des jungen Erwachsenenalters wird den diffusen Astrozytomen WHO-Grad II zugeteilt. Seine ausgeprägte Tendenz zur malignen Entartung grenzt es von benignen Hirntumoren ab. Schon hier zeigt sich die Bereitschaft der Tumorzellen das angrenzende Tumorgewebe zu infiltrieren. Ein hohes Maß an zellulärer Differenzierung grenzt es aber von den hochmalignen Astrozytomen ab. 2 Das anaplastische Astrozytom zeichnet sich durch seine erhöhte Anaplasie und vermehrt auftretende Mitosen auf. Die Proliferationstendenz ist hoch und mikroskopisch erkennbare Einzelnekrosen, sowie Gefäßproliferate sind für diesen Tumor charakteristisch. Im Kernspintomogramm kommt es meist zu unregelmäßiger Kontrastmittelaufnahme, die Prognose ist durch den geringen Differenzierungsgrad der Zellen und die häufigen Rezidive erheblich schlechter, als bei dem niedriggradigen Astrozytom. 1.3 Das Glioblastoma multiforme GBM Die Ätiologie des GBM ist wie bei den meisten anderen Hirntumoren weitgehend unbekannt. Molekulargenetisch konnte ein Allelverlust auf Chromosom 10 nachgewiesen werden, welcher bei ca 75% aller Glioblastome auftritt. Sowohl beim GBM als auch bei Astrozytomen WHO II und III finden sich in vielen Fällen zusätzlich Allelverluste auf den Chromosomen 17p, 19q und 9p und eine Mutation des p53-Gens. (von Deimling et al., 1992). Diese genetischen Veränderungen führen zu einer Deletion oder Mutation von Tumorsuppressorgenen und bedingen somit das Wachstum des Tumors. Weiterhin gibt es Hinweise dafür, dass die Genotypisierung Information enthält, welche die Prognose des Patienten beeinflusst. (Schmidt et al., 2002) Das Glioblastom weist unter den glialen Hirntumoren die höchste Malignität auf und wird deshalb als WHO-Grad IV eingestuft. Es liegt eine vollständige morphologische Entdifferenzierung der Tumorzellen vor, so dass sie embryonalen Zellen sehr ähnlich sind. Die hohe Teilungsfähigkeit und das stark infiltrierende, unkontrollierbare Wachstum in das benachbarte Hirngewebe machen das GBM zu dem gefährlichsten uns bekannten Hirntumor. Über die Expression von angiogenetischen Faktoren wird die Neoangiogenese zur Sicherstellung der eigenen Blutversorgung angeregt. Die Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen führt zu einem perifokalen Ödem, sowie zur erhöhten Gefäßpermeabilität, was zu der lokalen Anreicherung von Medikamenten und der typischen gesteigerten Kontrastmittelaufnahme bei der Magnetresonanztomographie führt. Bevorzugt tritt das GBM in den Hemisphären auf und neigt auch schon im Frühstadium zum sogenannten Schmetterlingsgliom, bei welchem beide Hemisphären unter Einschluss des Balkens symmetrisch betroffen sind. Hat der Tumor das corpus callosum befallen, so ist dies prognostisch ungünstig und vermindert die mediane Überlebenszeit des Patienten. (Steltzer et al., 1997) 3 1.3.1 Histologie Makroskopisch und histophatologisch fällt das GBM durch ausgeprägte Zell- und Kernpolymorphie auf, welche zu einem multiformen Bild aus flächenhaften Gewebsnekrosen, Einblutungen und Zysten führt. Die hohe Anzahl der Mitosen spiegelt die vielen parallel ablaufenden Zellteilungen und somit das rasche Wachstum des Tumors wider. Die Infiltrationtendenz des Tumors zeigt sich an den Tumorzellnestern, welche weit in das gesunde Nachbargewebe hineinreichen und die so genannte Infiltrationszone bilden. (Burger et al., 1988) Auch die Proliferation der Endothelzellen und die hohe Gefäßdichte tragen zum äußerst heterogenen Erscheinungsbild des GBM bei, welches bei kleinen stereotaktisch gewonnenen Gewebsproben zu Schwierigkeiten bei der Diagnose führen kann. (Kleihues et al., 1995) 1.3.2 Klinik Die Adaption des Gehirns an die Raumforderung ist mäßig, da das Gliom im Normalfall ein rasch progredientes Größenwachstum aufweist. Infolgedessen tritt das Glioblastom klinisch durch ausgeprägte Hirndruckzeichen in Erscheinung, welche Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen und Sehstörungen mit sich führen können. Im weiteren Verlauf treten Epilepsien und neurologische Ausfälle, wie Sprachstörung und Hemiparese auf, deren Symptomatik stark von der Lokalisation des Tumors im Gehirn abhängt.(Salcman, 1985) Der Altersgipfel für das GBM liegt im sechsten Lebensjahrzehnt (53 Jahre) und tritt bei Männern und Frauen mit etwa der gleichen Häufigkeit auf. Mit Hinblick auf die Malignität des Glioblastoms ist die relativ kurze Anamnese von wenigen Wochen bis Monaten verständlich. Eine Ausnahme bildet hier die Patientengruppe mit einem sekundären GBM, welches sich aus einem Astrozytom zweiten oder dritten Grades mit den entsprechenden Symptomen entwickelt. 1.3.3 Diagnosestellung Die klinische und anamnestische Diagnosestellung wird wesentlich unterstützt durch die modernen radiologischen Bildgebungsverfahren und Kontrastmittelgabe. Hierbei bietet die Magnetresonanztomographie (MRT) gegenüber der Computertomographie (CT) den Vorteil der besseren anatomischen Auflösung der intrakraniellen Strukturen. In der T1-gewichteten Aufnahme ist eine ringförmige Kontrastmittelanreicherung im Tumorgewebe sichtbar, welche 4 durch die Störung der Bluthirnschranke im Bereich des Tumors entsteht. Da sich nur das solide Tumorgewebe strukturell im MRT abhebt, stimmt die radiologisch bestimmte Abgrenzung des Tumors nicht mit der tatsächlichen Ausdehnung des Tumors überein. Die oftmals mehrere Zentimeter betragende Differenz zur anatomischen Ausdehnung wird durch die T2-gewichtete MRT-Aufnahme verdeutlicht, welche zusätzlich das angrenzende Ödem, sowie die Infiltrationszone des Glioms abbildet. Die Darstellung der soliden Tumorgrenze ist hierbei allerdings nicht mehr möglich. Außerdem finden sich auch außerhalb der im T2-MRT dargestellten Invasionszone vereinzelt Tumorzellen, welche der diagnostischen Bildgebung entgehen. (Giese and Westphal, 2001) 1.3.4 Therapie Die Standardtherapie des Glioblastoma multiforme besteht aus einer Kombination von radikaler Tumorresektion und anschließender Bestrahlung. Die offene chirurgische Resektion wird mit dem Ziel der maximal möglichen Reduktion der Tumormasse unter gleichzeitiger Schonung der wichtigen angrenzenden Hirnstrukturen durchgeführt. Somit wird die Ausgangssituation für die adjuvante Radiotherapie verbessert und das Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen vermindert. Das bei der Operation entnommene Tumorgewebe wird zur histologischen Diagnostizierung des Tumors verwendet. Aufgrund der ausgeprägten Invasionstendenz der Tumorzellen ist die komplette Resektion des GBM bisher definitiv nicht möglich. Die Einführung modernster Operationsmethoden, wie 3D-Neuronavigation und Stereotaxie, haben zwar die Resektionstechnik verfeinert, konnten aber die mediane Überlebenszeit des Patienten nicht entscheidend verlängern und die anschließende Radiotherapie ist weiterhin obligatorisch. Durch die Gesamtstrahlendosis von bis zu 60 Gray (Gy) soll das Auftreten eines Tumorrezidives verhindert oder zumindest verzögert werden. Die mittlere Überlebenszeit für das Glioblastoma multiforme nach OP und Bestrahlung liegt bei etwa 12 Monaten. (Fine et al., 1993), (Jeremic et al., 2004) Im Bereich der Chemotherapie verdient vor allem die Forschungsarbeit der Arbeitsgruppe Stupp Beachtung.(Stupp et al., 2005) Der Einsatz des Alkylanziums Temozolomid führt bei Patienten mit histologisch gesichertem GBM im Vergleich zur Kontrollgruppe zu einer Verlängerung der Überlebenszeit um durchschnittlich 2,5 Monate. 5 Das zytotoxische Alkylanzium vernetzt durch Übertragung einer Alkylgruppe zwei DNAStränge miteinander und verhindet so eine korrekte Replikation des Genmaterials während der Zellteilung. Neben den Tumorzellen selbst wirkt Temozolomid auch auf das DNAReparaturenzym Methyl-Guanin-DNA-Methyltransferase (MGMT). Wahrscheinlich wird durch die Gamma-Radiotherapie die Expression von MGMT induziert, dessen DNAReparaturmechanismus die Wirkung der Alkylantien antagonisiert. Ein niedriger MGMTLevel korreliert also mit einer längeren Überlebenszeit bei GBM-Patienten, welche eine adjuvante Chemotherapie auf Alkylantienbasis erhalten. Bemerkenswert ist, dass Temozolomid in fast allen prognostischen Untergruppen der Studie eine Verlängerung der Überlebenszeit hervorgerufen hat. Somit kann sich die zusätzliche Temozolomidtherapie schon bald zur Standardbehandlung bei Glioblastoma multiforme entwickeln. Große Erwartungen werden an neue Therapiemethoden gerichtet, welche aber bisher keine entscheidende Verlängerung der Überlebenserwartung bewirkt haben. Hier sind vor allem die Gentherapie, die Immuntoxintherapie (Vallera et al., 2002) und die intraoperative Diagnostik (Giese, 2004) zu nennen. Durch eine radikale Einschränkung der Tumorzellinvasion in das benachbarte Hirngewebe könnte die Abgrenzbarkeit des Tumors und der Erfolg einer Resektionsoperation erheblich verbessert werden. Dieser Therapieansatz soll in dieser Arbeit näher diskutiert und auf seine praktische Durchführbarkeit untersucht werden. 1.4 Mechanismus der Zellmigration Die Zellmigration spielt im Wachstumsverlauf des Tumors eine bedeutende Rolle. Ohne die Zellwanderung wäre der Tumor auf präformierte Höhlen im menschlichen Körper beschränkt und hätte keine Möglichkeit, sich weiter auszubreiten. Auch die Versorgung mit Nährstoffen könnte nicht sichergestellt werden, da auch der Zugang zu den körpereigenen Blutgefäßen auf die Migration der Tumorzellen angewiesen ist. Die Zellen des Glioblastoma multiforme haben diese Eigenschaft perfektioniert und sind in Bezug auf Geschwindigkeit und Reichweite ihrer Migration anderen Tumorarten weit überlegen. Dies spiegelt sich in der rasanten Ausbreitung von Tumorzellnestern bis in die kontralaterale Hirnhälfte und der enormen Größenzunahme des Tumors innerhalb kurzer Zeit wider.(Lefranc et al., 2005) Die Zellmigration basiert im Wesentlichen auf der strukturierten Proteolyse der Extrazellulärmatrix (ECM) und muss zur erfolgreichen Therapie des GBM weiter untersucht werden. 6 1.5 Die Kaskade der Proteolyse Die Umstrukturierung von Extrazellulärmatrix ist ein physiologischer Vorgang, welcher in vielen Bereichen des menschlichen Körpers abläuft. Besonders eindrücklich geschieht dies zum Beispiel bei der Wundheilung, der Embryogenese und der Abkapslung von entzündlichen Prozessen. (Rabbani, 1998c) Der Abbau der ECM wird unter anderem durch das Enzym Urokinaseplasminogen-Aktivator (uPA) induziert und häufig bei hochmalignen Tumoren beobachtet. Die Tumorzellen induzieren die Degeneration der Matrixproteine, um die gewonnenen Freiräume selbst zu infiltrieren. Im Falle des GBM entsteht so im gesunden Hirngewebe eine Infiltrationszone mit multiplen malignen Tumorzellnestern, aus denen sich das Rezidiv entwickelt. Eine adjuvante Bestrahlungstherapie ist hier nur sehr schwer und mit äußerster Zurückhaltung durchführbar, da die mitbetroffenen Gehirnzellen oft überlebenswichtige Funktionen ausführen. Die Infiltration der ECM verläuft typischer Weise in drei Schritten, welche durch die Anheftung der Tumorzelle (1), die Degeneration der ECM (2) und die Migration der Tumorzellen in das umliegende Hirngewebe (3) charakterisiert werden. (MacDonald et al., 1998). Die Adhäsion der Tumorzelle an die ECM erfolgt maßgeblich über den uPA-Rezeptor (uPAR), welcher neben der uPA-Bindungsstelle eine weitere Bindungsstelle für das matrixeigene Protein Vitronectin besitzt. Verstärkt wird die Bindungsaffinität zwischen uPAR und Vitronectin durch eine Anbindung von uPA an uPAR. PAI-I hingegen schwächt die Affinität des Komplexes ab. Der Rezeptor uPAR bindet sowohl an uPA als auch pro-uPA und potenziert dessen Aktivität bei der Proteolyse von Plasminogen auf das zehnfache. Die Aktivierung von uPA durch den ortsgebundenen uPA-Rezeptor, sowie die hohe Affinität von uPAR zu Vitronectin und dem Zellwandintegrin αvβ3 konzentrieren die proteolytische Aktivität des uPA-Systems auf die Extrazellulärmatrix in unmittelbarer Nähe des Tumors. (Mazar, 2001b) Folglich werden die höchsten Konzentrationen von uPA und uPAR im Anfangsstadium im gesamten Tumor, später überwiegend in der Grenzzone des Tumors gemessen und ermöglichen im weiteren Verlauf die Migration der Tumorzellen in die Infiltrationszone. (Sandstrom et al., 1999) Der uPA-Rezeptor kann also als Bindeglied zwischen dem Substrat Matrixprotein und dem Enzym uPA-Protease bezeichnet werden. Erhöhte Werte des Matrixproteins Vitronectin führen zu einer Konzentrationssteigerung des uPA-uPAR-Komplexes und unterstützen die Zentrierung der Proteaseaktivität auf die 7 Extrazellulärmatrix. (Mohanam et al., 1999) Das Zusammenspiel der Proteolysen uPA und Plasmin, sowie der Gruppe der MMP’s führt zur Degeneration der Matrixproteine durch Proteinspaltung und ermöglicht die anschließende Migration der Tumorzelle. Gliomzellen weisen eine erhöhte Affinität zu Myelin auf, welches vermehrt in der ECM der weißen Substanz, z.B. corpus callosum, vorkommt. Diese Affinität beeinflusst die Migrationstendenz der Tumorzellen und erklärt die häufige Beobachtung von Schmetterlingsgliomen mit Verbindung über den Balken. Nach dem gleichen Prinzip erfolgt die Migration entlang von Blutgefäßen, wobei hier die Affinität von uPAR zu Vitronectin und dessen erhöhte Konzentration in der vaskulären Basalmembran entscheidend sind. Ungeklärt bleibt bisher, warum Gliomzellen zwar eine hohe Affinität zur Basalmembran aufweisen, nicht aber die Fähigkeit besitzen deren endothelialen Anteil zu durchdringen. Die ungewöhnliche Einhaltung dieser Grenzschicht durch die hochmalignen Tumorzellen ist der Grund für die fehlende vasale Metastasierung des Tumors. (Bernstein and Woodard, 1995) Die an der Degeneration beteiligten Enzyme werden unterteilt in die Plasmin-Einheit, die Gruppe der Matrixmetalloproteasen (MMPs) und den uPA-uPAR-Komplex. uPA spielt nach bisherigen Erkenntnissen die hervorstehende Rolle, da es außer seiner eigenen proteolytischen Aktivität die Eigenschaft besitzt, weitere beteiligte Proteasen zu aktivieren. So wird die Vorstufe Plasminogen durch uPA in aktives Plasmin gespalten, welches wiederum die Gruppe der MMPs aktiviert. Die Stellung des uPA zu Anfang der proteolytischen Kaskade bietet einen geeigneten therapeutischen Ansatz, um die degenerative Aktivität des Tumors zu unterbinden. Abb 2. Die Proteolytische Kaskade 8 1.6 Das Enzym uPA und sein Rezeptor Der Urokinase-Plasminogen-Aktivator uPA wird zu der Gruppe der Serinproteasen gerechnet und besteht aus zwei aktiven Regionen. Die enzymatische LMW-Region (low molecular weight) bewirkt die proteolytische Aktivität von uPA und induziert die ECM-Degeneration sowie die Plasminogenspaltung. Die ATF-Region (amino terminal fragment) des uPA ist über eine Disulfidbrücke an die größere LMW-Region gebunden und beinhaltet die Verbindungsstelle zum proteaseeigenen Rezeptor uPAR. (Rabbani, 1998d) Die aktive Protease uPA in ihrer Zweikettenform entsteht durch limitierte Proteolyse aus dem zymogenen pro-uPA. Da die Aktivierung von uPA prinzipiell durch jede Protease erfolgen kann, ist der physiologische Ablauf noch nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich kommt aber der Protease Plasmin bei der Aktivierung des zymogenen uPA die größte Bedeutung zu. Aktives uPA kann wiederum Plasminogen aktivieren und führt so zu einer Potenzierung der uPA-Kaskade. (Mazar, 2001c) Die Protease uPA wird von verschiedenen physiologischen und malignen Zellen des Körpers aus der Zirkulation aufgenommen, sowie von lokalen Stromazellen und den Tumorzellen selbst exprimiert. Wachstumsfaktoren, Calcitonin und TNF-α steigern die Expression von uPA, wohingegen Glukokortikoide, und der Östrogenrezeptorblocker Tamoxifen die Produktion von uPA vermindern. (Rabbani, 1998b). Seine volle Aktivität entfaltet uPA aber erst in Verbindung mit seinem Rezeptor uPAR, welcher verstärkt in den Randzonen des GBM nachweisbar ist. Der Regulierungsmechanismus von uPAR erfolgt hierbei nicht über eine Beeinflussung der proteolytischen uPA-Domäne, sondern über die beschleunigte Umwandlung von pro-uPA in uPA. (Mohanam et al., 1999) Abb 3. Bausteine des uPA-Systems und ihre Funktion (WILEX München, 2002) 9 Der uPA-Rezeptor uPAR setzt sich aus drei ähnlichen, stark glycosylierten Domänen zusammen, welche wahrscheinlich aus Duplikation der Grunddomäne entstanden sind. Die Domänen sind jeweils ca. 90 Aminosäuren lang und durch Disulfidbrücken miteinander verbunden. (Mazar, 2001f) Die Domäne D1 befindet sich am NH2-Ende des Proteins und enthält die Mehrzahl der Rezeptorbausteine für uPA. Besonders die Aminosäure Tyrosin an Stelle 57 scheint für die Bindung wichtig zu sein. (Mohanam et al., 1999) Da aber die Isolierung der Domäne 1 zu einer Abschwächung der Affinität zu uPA um den Faktor 1000 führt, müssen die Domänen D2 und D3 weitere Determinanten besitzen, welche für die Komplexbildung mit uPA benötigt werden. Die Bindungsstellen für Vitronectin und Integrine werden ausschließlich von den Domänen D2 und D3 gebildet. Die Domäne D3 ist über einen Glycosylphosphatidylinositol-Anker (GPI) fest mit der Zellmembran verbunden. In vergleichbaren Proteinen mit GPI-Anker spielt dieser eine Rolle in der T-Zell-Aktivierung und der Mobilität des Proteins in der Membran. Die Ankerstruktur ersetzt hierbei das COOHEnde des funktionellen Proteins mit 20 – 30 Aminosäuren. (Moller, 1993) Die Komplexbildung zwischen uPA und uPAR ermöglicht es dem Inhibitor PAI-I, die akzessorische Bindungsstelle an uPA zu besetzen (s.u.), was zu einer raschen Endozytose des trimetrischen Komplexes führt. Während uPA und PAI-I durch Lysosome degradiert werden, wird uPAR unverändert an die Zelloberfläche re-exprimiert. Durch die Komplexendozytose wird die proteolytische Aktivität von uPA reguliert, und durch die Freisetzung des ungebundenen uPAR an der Zelloberfläche wird die invasive Zone des Tumors effizient reorganisiert. (Magdolen et al., 2000) Die Induktion der Endozytose wird von uPAR über einen Rezeptor-Protein-Komplex (α 2MR/LRP) vermittelt und stimuliert die Proliferation der Zelle, sowie die Aktivierung verschiedener Kinasen (Janus-Kinase, Adhäsions-Kinase, Thyrosin-Kinase) im Zellinnern. (Koolwijk et al., 2001) Vermutlich steht die Signaltransduktion von uPAR auch im Zusammenhang mit Neovaskularisation, da verschiedene Experimente zeigen, dass Hypoxie und der angionetische Wachstumsfaktor VEGF eine Hochregulierung der uPAR-Expression bewirken. (Mazar, 2001e) Von Interesse sind die Bindungseigenschaften des uPA-uPAR-Komplexes. Die Halbwertszeit des Komplexes liegt bei etwa 2-6 Stunden bei 37°C, welche unter anderem vom Zelltypus abhängig ist. Während der Zelldifferenzierung steigt sowohl die Zahl der uPA-Rezeptoren an der Oberfläche der Zelle, als auch die Affinität des Rezeptors zu uPA. Ein Experiment mit 10 U937, welches Zelldifferenzierung induziert, ergibt aber keine Proportionalität zwischen beiden Vorgängen. (Bernstein et al., 1998) Die Protease uPA besitzt die Fähigkeit, ihren Rezeptor uPAR durch Proteolyse zwischen der ersten und zweiten Domäne zu inaktivieren, ohne dass hierfür eine Komplexbildung nötig ist. Sowohl der Nachweis dieses Vorgangs in vitro, als auch der Nachweis von isolierten D1Segmenten im Urin von Tumorpatienten unterstützen die These, dass uPA durch Inaktivierung von uPAR regulatorisch in den Proteolysevorgang eingreifen kann. (Mazar, 2001d) Abb 4. Die Struktur von uPA und uPA–Rezeptor (Moller, 1993) 1.7 Die physiologische Inhibition von uPA Der spezifische uPA-Inhibitor PAI-I gehört zu der Gruppe der Serpine und ist ein Proteolysefaktor mit vielfältigen Eigenschaften. Der physiologische Inhibitor von uPA bindet an das proteolytische Zentrum von uPA und führt so zu einer kompetitiven Blockade der Plasminogenproteolyse. Außerdem beeinflusst PAI-I durch seine Inhibition auch die Zelladhäsion, Migration und intrazelluläre Signaltransduktion des uPA-uPAR-Komplexes. (Harbeck et al., 2001) Im Glioblastoma multiforme ist PAI-I vermehrt in den Randzonen des Tumors nachweisbar. (Landau et al., 1994) Die Wirkungsweise von PAI-I ist bisher noch umstritten und basiert auf folgenden zwei Theorien. 11 Effekt 1 – Inhibition der Proteolyse Für eine optimale Migration der Tumorzelle ist ein Grundgerüst der ECM erforderlich, welches als Leitschiene dient. Eine übermäßige Aktivität von uPA in der Invasionszone zerstört diese Leitschiene durch Proteolyse und verhindert die Migration der Tumorzelle. Die Inhibition durch PAI-I senkt die proteolytische Aktivität von uPA, führt zum Erhalt des Grundgerüstes in der ECM und ermöglicht die Migration. Auch für die Vaskularisierung des Tumors scheint dieser Vorgang von Bedeutung zu sein (Bajou et al., 2001) Effekt 2 – Inhibition von Vitronectin Neben der Fähigkeit inhibitorisch an uPA zu binden, besitzt PAI-I am aminoterminalen Ende eine Bindungsstelle für das Matrixprotein Vitronectin. Da sich die Bindungsstellen am Vitronectin für PAI-I, uPAR und Integrin αvβ3 teilweise überlappen, kommt es zur kompetitiven Verdrängung der Bindungspartner, (Magdolen et al., 2000) und die integrinvermittelte Adhäsion von uPAR an das Matrixprotein Vitronectin wird gestört. Zeitgleich wird die Migrationstendenz der Tumorzelle zu Fibronectin erhöht. Dies geschieht vermutlich über eine spezifische Stimulation des Fibronectins durch PAI-I, welche bei anderen Matrixproteinen nicht nachgewiesen werden kann. Während Vitronectin bevorzugt in Nähe der Mikrogefäße und Endothelzellen nachgewiesen wird, ist die Konzentration von Fibronectin im Tumorgewebe und im Verbindungsgewebe zwischen den infiltrativen Tumorzellnestern erhöht. PAI-I fördert somit die Mobilität der Tumorzellen und deren Migration in nicht infiltriertes Hirngewebe. Eine Beteiligung von uPAR oder der proteolyseinhibitorischen Domäne von PAI-I an der Migration in Richtung Fibronectin konnte über Blockierungsversuche mit spezifischen Antikörpern ausgeschlossen werden. Sowohl die Expression, als auch die Aktivität von PAI-I stehen im Zusammenhang mit Hypoxie und Neoangiogenese, welche weitere Ansatzpunkte für Forschung und Therapie bilden. (Isogai et al., 2001) Die Theorie, dass PAI-I die Invasion fördert, wird gestützt durch die Beobachtung, dass PAI-I defiziente knockout-Mäuse keine lokale Infiltration unterstützen und maligne Tumore in diesen Tieren keine nachweisbare Invasionszone bilden. Auch die Vaskularisierung des Tumors ist bei diesen Tieren herabgesetzt. (Magdolen et al., 2000) Auf Grund ihrer hier beschriebenen Eigenschaften ist die erhöhte Konzentration von PAI-I, trotz seiner inhibitorischen Wirkung auf uPA, ein Zeichen für die gesteigerte Malignität des Tumors. Der strukturell mit PAI-I verwandte Proteaseinhibitor PAI-2 agiert nur als reiner uPA-Inhibitor 12 und führt im Gegensatz zu PAI-I nicht zur Endozytose des uPA-uPAR-PAI-Komplexes. PAI2 wird als prognostisch günstiger Faktor betrachtet. Die Serinprotease Plasmin entsteht durch limitierte Proteolyse aus dem Proenzym Plasminogen. Die wichtigsten Aktivatoren sind der Plasminaktivator vom Gewebetyp (tPA), sowie uPA und Streptokinase. Das aktive Plasmin ist sowohl in der Lage durch Proteolyse die Proteine der ECM zu degenerieren, als auch agonistische Proteasen (MMP) zu aktivieren. Die Degeneration der ECM ist, wie oben beschrieben, wesentliche Voraussetzung für das maligne infiltrative Wachstum. Auch die Freisetzung des eigenen Aktivators uPA wird durch Plasmin induziert und führt so zu einer positiven Rückkopplung des Aktivierungsmechanismus. (Heckl, 2003) Plasmin setzt durch die Degeneration der ECM matrixgebundene Wachstumsfaktoren, wie VEGF, TGF-β und FGF-2, frei, welche die Progression und Neoangiogenese des Tumors unterstützen können. (Mazar, 2001a) Die Matrixmetalloproteasen (MMP) sind untereinander strukturell eng verwandt und charakterisieren sich alle über ein Zink-Ion im aktiven Proteolysezentrum. Im GBM konnten bisher die Untergruppe der Gelatinasen (MMP-2 und MMP-9), MMP-12, MMPs vom Membrantyp (MT) sowie der physiologische Inhibitor TIMP-1 nachgewiesen werden. (Vince et al., 1999) In der uPA-Kaskade spielen besonders die Gelatinasen die ausführende Rolle bei der Degeneration der ECM, da sie die stärkste proteolytische Aktivität aufweisen. Ähnlich wie uPA werden auch die MMPs über limitierte Proteolyse aktiviert und sind im Folgenden fähig, Laminin, Fibronectin, Elastin und Kollagene zu spalten. (Rabbani, 1998a) In vitro führt eine erhöhte Konzentration dieser Proteolysesubstrate in Abhängigkeit zu einer von der jeweiligen Zelllinie verstärkten Adhäsion der Tumorzellen an die ECM. (Goldbrunner, 2000) Die Ergebnisse mehrerer Forschungsgruppen lassen vermuten, dass die Integrine der β2Familie (mac-1 bzw complement receptor 3) eine wesentliche Rolle bei der Signaltransduktion von uPAR spielen. Die Blockade der Integrine mit CR3-Antikörpern mindert die Adhäsion von uPAR an Vitronectin und eine Signalinduktion durch uPA kann bei fehlenden β-Integrinen in neutrophilen Leukozyten nicht nachgewiesen werden. (Mohanam et al., 1999) Durch Reorganisation des Zytoskeletts, welche über eine Integrin-vermittelte Signalkaskade erfolgt, bildet die Tumorzelle zunächst Pseudopodien in die entstehende Lücke der ECM aus und zieht den Rest des Zellvolumens durch weitere Umstrukturierung des Zytoskeletts nach. (Goldbrunner, 2000) Sowohl uPA und sein Rezeptor uPAR, als auch der 13 Inhibitor PAI-I werden in der klinischen Tumortherapie als unabhängige Marker für eine schlechte Prognose des Patienten betrachtet. Sie korrelieren mit höherer pathologischer Malignität, einem kürzeren rezidivfreien Intervall und einer kürzeren Überlebenszeit. (Bindal et al., 1994) Die Bedeutung des uPA-Systems für die Malignität des Tumors ist unumstritten, und es bleibt zu hoffen, dass ein weitgehendes Verständnis der Zusammenhänge in diesem System in einer effektiven Therapie für die betroffenen Patienten resultiert. 1.8 Der uPA-Inhibitor WX-UK 1 WX-UK 1 wurde aus den bisher bekannten uPA-Inhibitoren entwickelt, indem der Grundstruktur ein TIPPS-Komplex hinzugefügt wird. Dieser Komplex verhindert durch seine Größe, dass der uPA-Inhibitor im proteolytischen Zentrum von uPA an die klassische ArylBindungsstelle bindet. Die alternative Bindungsstelle am uPA-Molekül, welche keine sterischen Hindernisse aufweist, scheint eine bessere Blockade des Moleküls zu ermöglichen. Daraus folgt, dass Inhibitoren mit TIPPS-Erweiterung potentiell eine effektivere Inhibition von uPA erreichen können, als ihre Vorgänger. Ein Nachteil der molekulären Variation ist allerdings die verringerte Spezifität des Inhibitors für uPA. (Abbenante and Fairlie, 2005) Der Wirkstoff WX-UK 1 wurde uns freundlicherweise von der Firma Wilex, München für unsere Experimente zur Verfügung gestellt. 1.9 Die Bedeutung von uPA in der Klinik Das proteolytische System mit den Bestandteilen PAI-I, uPA und seinem Rezeptor spielt schon heute in der Onkologie eine große Rolle. Vor allem bei Brustkrebspatientinnen ist die Bedeutung von uPA für die Metastasierung des Tumors bekannt und mittlerweile ausschlaggebend für die postoperative Therapie. Bei Patientinnen mit niedrigem uPA-Level im resektierten Tumorgewebe und tumorfreien Lymphknoten geht man von einem geringen Metastasenrisiko aus, und den Patienten bleibt die belastende Chemotherapie erspart. Tumorgewebe mit hohem uPA-Level muss postoperativ nachbestrahlt werden, um ein Metastasenwachstum zu verhindern. Dieses Vorgehen wird gestützt durch mehrere Studien, bei denen der Level von uPA mit dem klinischen Verlauf der Patientinnen verglichen wurde. (Harbeck et al., 2004) 14 Allerdings erschwert die große Menge an Tumorgewebe von 300 mg, welche für den uPAELISA-Test benötigt wird, die routinemäßige Anwendung. Die Weiterentwicklung der Methode führte zu der Multigenanalyse, welche neben uPA auch andere relevante Gene, wie Hormonrezeptoren und HER-2, untersucht und dessen Ergebnis die Prognose der Patienten noch besser vorhersagen kann (Hayes, 2005). Bei dem hochmalignen Pankreastumor, sowie dem Karzinom des Kolons scheint ein erhöhter uPA-Spiegel mit der Malignität des Tumors und dessen Metastasenwachstum stark zu korellieren. Über die Prognose der Patienten und über alternative Therapieansätze könnte mit Hilfe des uPA-Spiegels entschieden werden. (Berger, 2002;Garcea et al., 2005). In der Kardiologie wird der Einfluss von uPA auf die Migration von glatten Muskelzellen nach Revaskularisierung der Herzkranzgefäße untersucht. Eine Behandlung mit uPA-Inhibitoren könnte hier die Migration unterbinden und die Restenoserate der Gefäße deutlich senken. (Kusch and Gulba, 2001) In Anbetracht dieser Ergebnisse wird deutlich, dass das uPA-System im gesamten Körper für die Zellmigration von großer Bedeutung ist. Das Zusammenspiel von uPA und Glioblastom im menschlichen Gehirn bietet zwar mehrere potentielle Therapieansätze, ist aber im Vergleich zu den Fortschritten in der Brustkrebstherapie noch relativ unerforscht. Dieses Missverhältnis gilt es zu beheben, um in der Behandlung von Gliobalstomen einen Erfolg zu erzielen. 15 1.10 Entstehung und Differenzierung von Tiermodellen Schon 1965 gelang es dem Freiburger Chirurgen Herman Druckley durch Injektion von Dimethylsulfat maligne Karzinome in Rattenhirnen zu induzieren. Aufgrund seiner Beobachtungen verfasste er eine Liste von Kriterien, welche eine Substanz erfüllen muss, um karzinogen wirksam zu sein.(Druckrey et al., 1965) Somit war der Grundstein für den Einsatz von Tiermodellen in der Erforschung von Hirntumoren gelegt. Für die Entwicklung einer erfolgreichen Therapie von Hirntumoren ist das Verständnis der Entstehung, Progression und Angiogenese essentiell. Diese Mechanismen resultieren aus der Interaktion zwischen Tumorzelle und ECM, wobei in vitro Beobachtungen nur als Hinweise auf das tatsächliche Verhalten der Tumorzellen in vivo betrachtet werden können. (Corcoran et al., 2003) Die Komplexität des Tumorwachstums kann nur an einem Tiermodell ausreichend erforscht werden. Allerdings muss hierbei einschränkend berücksichtigt werden, dass die Darstellung von humanem Tumorwachstum in einem Tier immer mit Abweichungen einhergeht. Aus diesem Grund sind in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche Tiermodelle entwickelt worden, welche sich durch Stärken und Schwächen in unterschiedlichen Bereichen charakterisieren. Diese müssen je nach Fragestellung des Experiments berücksichtigt werden. (Barth, 1998) Bei der Entwicklung eines Tiermodells für die Erforschung von Gliomen sollten folgende Prinzipien eingehalten werden, um die Bedingungen in der Realität so weit wie möglich zu imitieren. Die implantierten Tumorzellen sollen glialer Herkunft sein, und die Implantation der Tumorzellen soll orthotop erfolgen, da nur dort die Interaktion mit der spezifischen ECM erfolgen kann. Die Wachstumsraten sollen reproduzierbar sein um Ergebnisse verschiedener Studien vergleichen zu können. Außerdem soll das Wachstum des Tumors dem klinischer Gliome entsprechen, und das Wirtstier soll den Tumor möglichst lange tolerieren um Therapiestudien zu erlauben. Weiterhin soll die immunologische Reaktion durch das Tiermodell minimal sein um die Ergebnisse des Tierversuches nicht zu überschatten. Abschließend soll die Möglichkeit der in vivo Kontrolle des Tumors gegeben sein um den Wachstumsverlauf beurteilen zu können. In den letzten Jahren hat sich die Sphäroidimplantation als eine der erfolgreichsten Methoden unter den Tiermodellen herausgestellt. Viele Arbeitsgruppen verwenden das primär avaskuläre Modell zur Untersuchung der Tumorangiogenese (Goldbrunner et al., 2004;Farrell et al., 1987;Abramovitch et al., 1999;Read et al., 2001), zur Messung der Proteasenexpression 16 im Astrozytom (Vaithilingam et al., 1992) oder zur Erforschung von neuen Substanzen im Kampf gegen den Tumor. (Farrell et al., 1988;Del Maestro et al., 1991). Alternative Therapieansätze lassen sich aus dem Modell im Hinblick auf die spontane Tumorregression und dessen Mechanismus für die Zukunft entwickeln. (Vince et al., 2004) Besonders für Studien, welche die Tumorinvasion untersuchen, liefert die Implantation der Tumorsphäroide aussagekräftige Ergebnisse. (Grobben et al., 2002) Sphäroide sind kleine, solide Komplexe, welche aus Tumorzellen gezüchtet werden. Die kugelartige Struktur entsteht durch direkte Zell-Zell-Kontakte zwischen den Tumorzellen, wenn ihnen die Möglichkeit zur Oberflächenadhäsion genommen wird. Die Größe des Tumors ist einfach über den Durchmesser der Sphäroide standardisierbar und beträgt zwischen 100 und 600 µm. Erreicht der Tumor eine gewisse Größe, so bildet sich eine zentrale Nekrose aus, welche im weiteren Verlauf den Zerfall des Sphäroid einleitet. Der große Vorteil des Sphäroidmodells besteht in der dreidimensionalen Struktur des implantierten Tumors. Die Wachstumsbedingungen des klinischen GBM werden möglichst realistisch wiedergegeben, da die Interaktion mit der ECM hauptsächlich über die peripheren Zellen stattfindet. (Santini and Rainaldi, 1999) Die Ausbildung der charakteristischen Nekrose ist ein Zeichen für die Unterversorgung der avaskulären der Tumoranteile im Zentrum des Sphäroids und ist besonders bei schnell wachsenden Malignomen zu beobachten. Die leichte Reproduzierbarkeit des Tumorwachstums wird durch die sicher orthotope Implantation unter optischer Kontrolle sichergestellt. Eine extragliale Implantation führt in jedem Fall zu einem differenzierten Wachstumsverhalten der Tumorzellen. (Vajkoczy et al., 1999) Durch die exakte Bestimmung der Sphäroidgröße über den Durchmesser wird außerdem die Vergleichbarkeit verschiedener Studien präzisiert. 17 1.11 Zielsetzung In der Klassifizierung der WHO wird das Glioblastoma multiforme als der Hirntumor mit der höchsten Malignitätsrate eingestuft. Obwohl sich in den letzten Jahren zahlreiche Forschungsansätze mit dessen Therapie beschäftigt haben, ist es bisher nicht gelungen, die mediane Überlebenszeit der Patienten mit einem Glioblastom wesentlich zu verbessern. Das weit verbreitete Tiermodell der C6-Sphäroidimplantation bietet die Basis, um das Wachstum des Glioblastoms weiter zu untersuchen. Dabei ist es von großer Wichtigkeit, eine weitgehende Übereinstimmung von klinischen und experimentellen Wachstumsbedingungen zu erzielen. Da der Plasminaktivator uPA im humanen Glioblastom vermehrt nachweisbar ist und dort eine bedeutende Rolle bei der Invasion der Tumorzellen spielt, führt ein Nachweis von uPA im Tiermodell zur weiteren Angleichung der experimentellen Voraussetzungen an die klinische Bedingungen. Daher lautet die Hypothese für unsere Versuche: Der Nachweis von uPA und dessen Expressionsmuster in der C6-Zelle und am implantierten Glioblastom trägt entscheidend zur Weiterentwicklung des orthotopen C6-Implantationsmodells bei. Die Entwicklung und Erforschung neuer Therapieansätze wird ermöglicht. Im folgenden Teil der Arbeit weisen wir die Funktion des Proteasehemmers WX-UK 1 nach. Die Aktivität der Protease uPA ermöglicht den Tumorzellen ein hochgradiges Invasionsverhalten. Dies spiegelt sich in den Tumorzellnestern wider, welche mitunter eine große Distanz zum Haupttumor aufweisen und die radikale Resektion des Tumors verhindern. Eine rezidivfreie Heilung ist daher bisher noch nicht möglich. Die Hypothese lautet: Der Proteasehemmer WX-UK 1 blockiert die Protease uPA im Tumorgewebe und minimiert die Invasion der Tumorzellen. Diese Hypothesen zu prüfen, ist das Ziel der vorliegenden Doktorarbeit. 18 Das Expressionsmuster der C6-Tumorzellen wird mittels reverser RNA-Transkription und anschließender PCR untersucht. Für die in-vivo Untersuchungen werden den Versuchstieren orthotop Zellsphäroide implantiert, aus welchen sich innerhalb von drei Wochen manifeste C6-Glioblastome im Hirngewebe entwickeln. Mittels MRT-Untersuchung mit Kontrastmittelgabe werden die Volumina der soliden Tumoren gemessen. Im Anschluss werden an den explantierten Gehirnen histochemische Färbungen zum Nachweis und zur Lokalisation von uPA durchgeführt. Der Expressionsverlauf von uPA, uPAR, MMP2 und MMP 9 im Glioblastoma multiforme wird anhand von fortlaufenden Peroxidasefärbungen bestimmt. Mit Hilfe von radioaktiver Markierung und Szintillation wird die Konzentration des Medikaments WX-UK1 im Gehirn gemessen. Die Wirkung des Proteasehemmers wird auf der Basis der Volumenmessung der Tumoren im MRT und der Konzentration von uPA im Tumorgewebe untersucht. Der beschriebene Versuchsaufbau ermöglicht eine Weiterentwicklung des Tiermodells auf Basis der Sphäroidimplantation und eine sichere Dokumentation der Wirkungsweise des Proteasehemmers auf das Wachstum des Glioblastoms. 19 2. Geräte, Materialien und Chemikalien 2.1 Geräte und Laborhilfen Biofuge Pico Heraeus Instruments, Hanau Brutschrank Nuaire, Plymouth, USA (IR Autoflow CO2 water-jacketed Incubator) Digitalkamera Camedia C-3040 Zoom Olympus, Deutschland Einbettmaschine Citadel 1000 Shandon, Pittburgh, USA Gelelektrophorese-Apparatur, Gibco-BRL-Life Technologies, Eggenstein Mini-V8.10 vertical Gelelektrophoresekammern, Horizon 11.14 Gibco-BRL-Life Technologies, Eggenstein und Horizon 58 Gen Amplifier PCR System 2400 Perkin Elmer, Weiterstadt Hohlmeißelzange FO 409 Aesculap, Tuttlingen Inkubator Function Line Heraeus Instruments, Hanau Instrumente, mikrochirurgische Aesculap, Tuttlingen Kopfhalter Werkstatt Neurologie, Universität Würzburg Kryostat Leica, Wetzlar Magnetrührer MR 3001 K Heidolph, Schwabach Magnetrührstäbchen, div. Größen Heinse und Ziller, Würzburg Megafuge 1.0 R Heraeus Instruments, Hanau Messzylinder, div. Volumina Schott, Mainz Mikropipetten Eppendorf, Hamburg Mikroskop BX 41 Olympus Mikroskop, Wilovert Hund, Wetzlar Mikroskoplaser U-RFL-T Olympus Mikrowellenherd R-2V26 Sharp, Hamburg Multipipette plus Eppendorf, Hamburg Operationsmikroskop OPMi II Zeiss, Oberkochen pH-Meter 525 WTW, Weilheim Photometer Fluorolite 1000 Dynex Laboratories, Denkendorf Pipetten, Glas, 5, 10, 20 ml Hartenstein, Würzburg 20 Pipettor (Stripettor) Costar, Bodenheim Skalpell Cutfix B.Braun, Melsungen Sterilbank (Biol.Safety Cabinet) Nuaire, Plymouth, USA Thermomixer 5434 Eppendorf, Hamburg Tischzentrifuge 5417 C Eppendorf, Hamburg Vortex-Genie 2 Scientific Industries, Bohemia, USA Waage Sartorius BP 300 S Sartorius, Göttingen Wärmeplatte Medex, Kiel Wasserbad Hartenstein, Würzburg 2.2 Verbrauchsmaterialien Cryoröhrchen Nalgene, Brüssel Deckgläser Hartenstein, Würzburg Einmalkanülen, div. Größen B.Braun, Melsungen Einmalspritzen, div. Größen B.Braun, Melsungen Faltenfilter Schleicher und Schüll, Dassel Histowachs Cambridge Instruments, Nussloch Hautklammergerät B.Braun, Melsungen Metalleinbettschälchen Dia Tec, Hallstadt Objektträger Hartenstein, Würzburg Pasteurpipette Samco, San Fernando, USA Petrischalen Becton Dickinson, Oxuard, USA Pipettenspitzen, Plastik, 10, 100, 1000 µl Greiner, Würzburg Tubes, Plastik, 15, 50 ml Becton Dickinson, Oxuard, USA Zellkultur-24-Well-Platten Costar, Bodenheim Zellkulturflaschen (75 cm²) Costar, Bodenheim Reaktionsgefäße für PCR (0,2 ml) Biozym, Oldendorf 21 2.3 Chemikalien Aceton Roth, Karlsruhe Agar Noble Nordwald, Hamburg Chloroform Merck, Darmstadt Dimethylsulfoxid (DMSO) Roth, Karlsruhe Fluorescent Mounting Medium Zymed, San Francisco, USA Eosin Merck, Darmstadt Ethanol absolut (EtOH) J.T.Baker, Deventer, NL Methanol (MetOH) J.T.Baker, Deventer, NL Natriumchlorid Merck, Darmstadt Isotonische Kochsalzlösung (NaCl) Braun, Melsungen Natriumcitrat Merck, Darmstadt Natronlauge (NaOH) Merck, Darmstadt Poly-L-Lysin Sigma-Aldrich, Deisenhofen Paraformaldehyd (PFA) Sigma, St.Louis, USA Rnase Erase ICN, Eschwege Salzsäure (HCl) Merck, Darmstadt Tissue Tek Saluna, Torrance, USA Wasserstoffperoxid, 30 % (H2O2) Sigma-Aldrich, Steinheim 2.4 Antikörper und Reagenzien für die Immunhistochemie Vector Elite ABC Kit, Goat Vector Laboratories, Burtingame, USA Histostain® - Plus (AEC) Zymed Laboratories, San Francisco, USA uPA (M-20) sc-6831 Santa Cruz Biotech, USA 22 2.5 Enzyme, Puffer und Nukleinsäuren für die PCR RNeasy® Mini Kit Qiagen, Valencia, USA uPA-Primer, rattus norvegicus Tib Molbiol, Berlin GAPDH-Primer, rattus norvegicus Tib Molbiol, Berlin M-MLV-reverse Transkriptase Gibco-Life-Technologies, Eggenstein 5 x first strand buffer Gibco-Life-Technologies, Eggenstein PCR – Optimizer Kit Invitrogen, De Schelp, NL rRNasin, RNase –Inhibitor Promega, Heidelberg Taq-DNA-Polymerase USB-Amersham Life Science, Braunschweig 10x PCR-Puffer USB-Amersham Life Science, Braunschweig 123 bp DNA Ladder Gibco-Life-Technologies, Eggenstein Oligo-p-d(T)12-18 Pharmacia-Biotech, Freiburg Random Hexamer Primer Promega, Heidelberg Ultrapure dNTP Set Pharmacia-Biotech, Freiburg Oligonukleotide für PCR TIB Molbiol, Berlin 2.6 Medikamente Äther Chinosol, Seelze Ketamin Ketanest® Parke-Davis, Berlin Magnevist® Gadolinium DTPA Schering, Berlin Neo-Kodan Hautantiseptikum Schülke und Maye, Norderstedt Rompun® Xylazin Bayer, Leverkusen uPA-Inhibitor WX-UK 1 Wilex, München 23 2.7 Puffer und Lösungen Phosphat gepufferte Kochsalzlösung (PBS): 8g NaCl + 0,20 g KCl + 1,44 g Na2HPO4 * 12 H2O + 0,24 g KH2PO4 werden in 1000 ml Aqua dest. gelöst und auf pH 7,4 eingestellt. Trispuffer: 2,42g Tris (MW=121,1) ad 100ml Aqua dest. 2.8 Reagenzien für Zellkultur Amphotericin B Gibco-BRL-Life Technologies, Eggenstein 100x BME nicht essentielle Aminosäuren Cytogen, Berlin Dulbecco’s modified Eagle’s Medium Cytogen, Berlin (DMEM) mit 1g/l Glucose Fetales Kälberserum (FCS) Bio Whittaker über Boeringer Ingelheim Genetecin G418 Gibco-BRL-Life Technologies, Eggenstein L-Glutamin (200 mM in 0,85% NaCl) Cytogen, Berlin Penicillin (10000 U) / Cytogen, Berlin Streptomycin (10 mg/ml) Phosphate Buffered Saline (PBS) Bio Whittaker über Boeringer Ingelheim Trypsin-EDTA (0,05 M / 0,02 %) Cytogen, Berlin Ultrareines Wasser (Seromed) Biochrom, Berlin 100x MEM Vitamine Gibco-BRL-Life Technologies, Eggenstein 24 Zellkulturmedien Für C6 sense VEGF transfizierte Zellen: 500 ml DMEM mit 1g/l Glukose 60 ml FCS, hitzeinaktiviert 10 ml NEAs (= 1x) 10 ml L-Glutamin (0,65 mM) 2 ml Penicillin (= 32 u / ml) / Streptomycin (=32 mg / ml) 4 ml Genetcin G418 Einfriermedium: 50 ml DMEM-Vollmedium mit 20 % FCS 40 ml FCS -> Lagerung bei 4°C bei Gebrauch 9 ml mit 1 ml DMSO ansetzen. (= 10% DMSO und 50 % FCS) Alle Medien und Zusätze werden, sofern nicht anders angegeben, bei einer Temperatur von 37°C verwendet. Die Medienzusätze werden aliquotiert bei -20°C aufbewahrt. Erst kurz vor Gebrauch werden sie aufgetaut und anschließend bei 4°C für maximal 2 Wochen gelagert. 25 3. Methoden 3.1 Zellbiologische Methoden 3.1.1 Ursprung und Transfektion der C6-Zellinie Die Gliomzelllinie C6 wurde erstmals in Ratten des Wistar-Stammes gezüchtet, welche dem Zellgift N,N-Methylnitrosamid ausgesetzt wurden. (Benda et al., 1971) Bei orthotoper Implantation in ein Rattenhirn entwickeln die C6-Zellen einen Tumor, der morphologisch dem undifferenzierten Glioblastoma multiforme gleicht. (Whittle et al., 1998). Die C6Zelllinie wurde von ATCC (Rockville, USA) käuflich erworben. Die Transfektion der C6-Rattengliomzellinie wurde von Dr.Masato Sasaki (Department of Neurosurgery, Kobe Medical School, Japan) durchgeführt. Dem Genom der C6-Zellen wird hierbei der Genabschnitt für das Protein VEGF164 in sense Richtung (#8 RS) und in antisense Richtung (#8 AS) beigefügt. Die für dieses Verfahren benötigten virusproduzierenden Zellinien wurden von Dr.Wizigmann-Voss (W.G.Kerkhoff-Institut, Bad Nauheim) zur Verfügung gestellt. Die Vektorkonstruktion für VEGF164 wird mit der Calciumphosphatmethode in die retrovirusproduzierenden Zellen transfiziert. Da der Vektor außerdem mit der Information für Neomycinresistenz versehen ist, können nicht erfolgreich transfizierte Zellen durch Gabe von Neomycin ausgesondert werden. Die antibiotikaresistenten Zellen werden im Folgenden zur Virustransfektion der C6-Zellen verwendet, wobei nichtinfizierte Zellen ohne Resistenz mit dem Antibiotikum Genetcin G418 eliminiert werden (Sasaki and Patek, 1999). 3.1.2 Monolayerzellkultur der C6 VEGF-sense transfizierten Gliomzellen Medium für C6 sense VEGF transfizierte Zellen: 500 ml DMEM mit 1g/l Glukose 60 ml FCS, hitzeinaktiviert 10 ml NEAs (= 1x) 10 ml L-Glutamin (0,65 mM) 2 ml Penicillin (= 32 u / ml) / Streptomycin (=32 mg / ml) 4 ml Genetcin G 418 26 Die Gliomzellinien (C6 #8) werden in Zellkulturflaschen mittlerer Größe (75 cm²) mit 15 ml des jeweiligen Zellkulturmediums zu einem Zellrasen, so genannten Monolayern, herangezüchtet. Die Standardkulturbedingungen entsprechen hierbei 37°C, 5% CO² und 100% Luftfeuchtigkeit im Brutschrank. Bei Konfluenz des Zellrasens werden die Zellen unter sterilen Bedingungen passagiert. Das alte Medium wird verworfen und die Kulturflasche kurz mit 3 ml Trypsin-EDTA gespült. Nach zweiminütiger Inkubation mit 1,5 ml Trypsin lösen sich die Zellen unter leichtem Klopfen vom Flaschenboden. Zur Neutralisierung des zytotoxischen Trypsins wird die Zellsuspension mit 8,5 ml vorgewärmtem Medium aufgenommen, wovon 1/10 oder 1/20 wieder in die Flasche gegeben und mit frischem Kulturmedium aufgefüllt wird. Der Überstand wird für neue Zellkulturen verwendet, eingefroren oder verworfen. Das Passagieren der Zellen erfolgt alle drei bis vier Tage und ist abhängig von der Prolifrationsrate und der Anzahl der Zellen, welche zu Beginn ausgesät wurden. 3.1.3 Einfrieren und Auftauen der Gliomzellen Vollmedium: 500 ml DMEM 1g/l Glucose 120 ml FCS 6 ml Vitamine 6 ml nichtessentielle Aminosäuren 2 ml L - Glutamin (0,65 mM) Einfriermedium: 50 ml DMEM-Vollmedium mit 20 % FCS 40 ml FCS -> Lagerung bei 4°C vor Gebrauch 9 ml + 1 ml DMSO ansetzen (= 10% DMSO + 50 % FCS) Um Zellsuspensionen längerfristig aufzubewahren, werden diese eingefroren und bei -196°C in flüssigem Stickstoff gelagert. Hierzu wird eine konfluente Kulturflasche nach oben beschriebener Methode trypsiniert, in kaltem Vollmedium (ad 10ml) aufgenommen und bei 4°C mit 880 rpm 10 min ungebremst zentrifugiert. Währenddessen wird das Einfriermedium mit DMSO auf Eis angesetzt und die Kryoröhrchen beschriftet. Der Zentrifugenüberstand 27 wird abgekippt und das Zellpellet blasenfrei mit 1ml Einfriermedium + DMSO in die Röhrchen pipettiert. Die Zellen werden umgehend bei -80°C tiefgekühlt und nach 24 Stunden in flüssigen Stickstoff überführt. Das Auftauen der Zelllinien erfolgt in einem 37°C warmen Wasserbad bis nur noch ein kleiner Eisrest im Röhrchen zu erkennen ist. Um das bei Raumtemperatur zytotoxische DMSO zu entfernen wird die Zellsuspension mit 10 ml Kulturmedium aufgenommen und zentrifugiert (10 min, 800 rpm, 4°C). Das in 5 ml Kulturmedium aufsuspendierte Zellpellet wird in eine Kulturflasche mittlerer Größe gegeben, mit 10 ml vorgewärmtem Medium aufgefüllt und unter Standardbedingungen im Brutschrank inkubiert. 3.1.4 Die Anlage von Sphäroidkulturen Agarbeschichtung: 1g Agar Noble 20 ml Ultra Pure Water 80 ml DMEM 10% FCS Sphäroide der C6-Zellreihe sind dreidimensionale kugelähnliche Zellaggregate, die in ihrem Verhalten hohe Ähnlichkeit mit humanen Glioblastomen aufweisen. Die Sphäroide bilden sich durch Zell-Zell-Adhäsion aus Monolayern, denen unter Kulturbedingungen die Möglichkeit zum Kontakt mit dem Kulturgefäß genommen wird. Um das adhärente Wachstum der Zellen zu unterbinden, wird der Boden der Kulturflasche mit 1%igem Agar nach der Yuhas-Methode (Yuhas et al., 1977) ausgegossen. Die besten Ergebnisse werden erreicht, wenn 1g Agar Noble in 20 ml Ultra Pure Water aufgekocht und mit 80 ml 60°C warmem Medium gemischt werden. Die Kulturflaschen (75 cm²) werden dann unter einer sterilen Werkbank mit je 8 ml Agar ausgegossen, welcher sich durch leichtes Schwenken gleichmäßig auf dem Flaschenboden verteilt. Nach weiteren 10 Minuten ist der Agar ausgehärtet, die Flaschen werden verschlossen und bei 4°C bis zu 3 Wochen gelagert. Zum Anlegen der Sphäroidkultur werden die zu einem konfluenten Zellrasen gewachsenen Zellen wie im Fall des Passagierens trypsiniert und in Kulturmedium aufgenommen. In eine agarbeschichtete und mit 22 ml warmem Medium gefüllte Flasche werden 8 ml der Zellsuspension hinzu gegeben und unter Standardbedingungen inkubiert. Am folgenden Tag wird der Inhalt der Flasche auf zwei neue, beschichtete Flaschen verteilt um die Anzahl der 28 Sphäroide pro Flasche zu halbieren. Nach 4 Tagen erreicht ein Großteil der Sphäroide eine Größe von 300 µm und es ist eine deutliche Verlangsamung des Wachstums erkennbar. Ein weiterer Teil der Sphäroide bildet zentrale Nekrosen aus, die sich unter dem Phasenkontrastmikroskop deutlich als schwarze lichtundurchlässige Kerne zu erkennen geben. Die nekrotischen Sphäroide sind für die folgende Implantation ungeeignet. Sphäroide aus lebenden Zellen erscheinen hingegen hell und durchscheinend. Unter Mikroskopsicht können die Sphäroide nun steril vereinzelt und in beschichteten 24well-Platten für weitere 3 Tage aufbewahrt werden. Hierfür wird in einen beschichteten well 1,5 ml warmes Medium vorgelegt und der Sphäroid mittig auf den Agar platziert. Für die Implantation sind ausschließlich die Sphäroide auszuwählen, die die vorgegebene Größe von 300 µm ± 30µm besitzen und eine kugelförmige Struktur aufweisen. 3.2 Tierversuche 3.2.1 Implantation der Tumorsphäroide Die folgende Vorgehensweise wurde unter der Projektnummer AZ-621-2531.01 28/99 vom Ausschuss für Tierschutz der Universität Würzburg genehmigt. Die Implantation wurde im Tier-OP der Neurochirurgie Würzburg durchgeführt. Im Rahmen dieser Studie wurden 40 männliche Sprague-Dawley-Ratten als Tumorwirte verwendet, welche zum Zeitpunkt der Implantation ein Körpergewicht von 300 – 400g aufwiesen. Sie wurden in Übereinstimmung mit den Institutsrichtlinien unter regelmäßigem Tag/Nacht-Lichtrhythmus gehalten und erhielten spezielles Nagerfutter und Wasser ad libidum. Während der gesamten Versuchsdauer erfolgte eine neurologische Überwachung (Lähmungen, Störungen der Perzeptionsfähigkeit und motorische Koordination), sowie Kontrolle des Körpergewichts KG. Zur Implantation werden die Ratten mit Ketaminhydrochlorid (Ketanest®) in einer Dosis von 100 mg/kg Körpergewicht in Kombination mit Xylazin (Rompun®) in einer Dosis von 10 mg/kg KG narkotisiert, welche intramuskulär in den Hinterlauf injiziert wird. Zur Verbesserung der postoperativen Wundheilung wird der Kopf der Tiere mit Betaisadona desinfiziert, bevor der Schädel in einem Kopfhalter mit Oberkieferfixation eingespannt wird. Nach einem Hautschnitt entlang der Schädelmittellinie wird das Periost abgeschoben und eine linksseitige Trepanation des Schädels in Höhe der Koronarnaht durchgeführt. Unter fortlaufender Spülung wird mit einem Rosenbohrer (Ø=4mm) die Dura mater freigelegt und 29 an den Trepanationsrändern reseziert um eine spätere, unphysiologische Vaskularisation des Tumors durch durale Gefäße zu verhindern. Unter mikroskopischer Kontrolle wird die Pia mater und Kortex x-förmig inzidiert und ein einzelner Sphäroid subkortikal in die Inzission implantiert. Anschließend wird das Bohrloch mit Knochenwachs bedeckt und die Haut mittels Klammergerät verschlossen. Die Tiere werden auf 37°C Wärmeplatten vor dem Auskühlen bewart und nach dem Aufwachen in ihre Käfige zurückgesetzt. 3.2.2 Verabreichung des uPA-Inhibitors WX-UK 1 Jeweils 5 Tiere waren in einem Käfig untergebracht und durchgehend nummeriert. Am ersten postoperativen Tag wurden die Ratten lediglich beobachtet um eventuelle Beeinträchtigungen durch die Operation festzustellen und um den Ratten einen Erholungszeitraum zu geben. Ab dem zweiten postoperativen Tag wurde den Tieren im Rahmen eines Doppelblindversuches entweder der uPA-Blocker WX-UK1 (A1, B1, A2) oder eine Zuckerlösung ohne Wirkung (C1, B2) verabreicht. Die Gruppe, der das Placebo verabreicht wurde, simulierte ein malignes Tumorwachstum ohne Blockade des uPA-Enzyms. Um experimentellen Fehlern durch die getrennte Unterbringung vorzubeugen, wurden die Behandlungsgruppen gemischt auf die verschiedenen Käfige aufgeteilt. Jeden zweiten Tag wurden die Tiere gewogen und aufgrund des jeweiligen Gewichtes die Tagesdosis mit 1,5mg/kg des reinen Wirkstoffes WX-UK1 berechnet. Täglich wurde die jeweilige Menge des Substanzpulvers in 0,5 ml destilliertem Wasser gelöst und in Einmalspritzen aufgezogen. Die intraperitoneale Verabreichung der Substanz, stellte sich als zuverlässigere Methode gegenüber der oralen Fütterung heraus, da die Substanz direkt über das Peritoneum aufgenommen und nicht durch Erbrechen wieder ausgeschieden werden konnte. Sowohl eine Injektion in die Blase als auch in den Darm wurde verhindert, indem die Tiere im Rücken überstreckt und die Injektionsnadel senkrecht im unteren Drittel des Bauches platziert wurde. Eine Schädigung des Peritoneums sowie angrenzender Organe durch die Injektion konnte nicht festgestellt werden. Die erfolgreiche Resorption von intraperitoneal applizierten Serpinen konnte im Zusammenhang mit der Therapie von intracerebralen Thrombosen (Tamao and Kikumoto, 1997) und Arthritis (Kakimoto et al., 1995) nachgewiesen werden. Der Behandlungszeitraum von 21 Tagen für die erste bzw. 19 Tagen für die zweite Serie resultiert aus frühren Erkenntnissen (Vince et al., 2004), wonach das C6-Gliom im Rattenhirn nach ca. 3 Wochen die Maximalgröße erreicht und anschließend in einigen Fällen eine Remission eintritt. 30 3.2.3 Kernspintomographie MRT 19 bzw. 21 Tage nach der Tumorimplantation erfolgt die MRT-Untersuchung an einem 1,5 Tesla Gerät der Firma Siemens (Magnetom Vision®) in Kooperation mit Dr.Martin Bendszus, Abt. Für Neuroradiologie, Universität Würzburg. Der Eigendrehimpuls der Wasserstoffatome im Körper wird bei dieser Untersuchung durch Anlegen eines starken Magnetfeldes zeitweilig außer Kraft gesetzt. Nach Abschalten des Feldes geben die unterschiedlich gemessenen Relaxationszeiten T1 und T2 der Atome zum Eigenimpuls sowie deren Protonendichte Hinweise auf den Wassergehalt und die Morphologie des Gewebes. Durch dieses Verfahren eignet sich die MRT besonders gut zur Untersuchung und Differenzierung von Weichteilgeweben wie dem Gehirn. In einer T1gewichteten Aufnahme erscheinen Gewebe mit einer langen T1-Relaxationszeit, wie z.B. Flüssigkeiten und pathologische Strukturen signalarm, während diese in einer T2-Aufnahme signalreich abgebildet werden. Unter dem Einfluss von Gadolinium DTPA (Prohance 0,1/kg), welches unmittelbar vor der Untersuchung intrakardial verabreicht wird, kann die Relaxationszeit der Atome verkürzt und ein insgesamt stärkeres Gewebesignal hervorgerufen werden. Da sich das Kontrastmittel auf Grund der gestörten Funktion in der Blut-Hirn-Schranke besonders im Tumor anreichert, wird hierdurch eine deutliche Abgrenzung zum Normalgewebe möglich. Die Versuchstiere werden auf dem Rücken liegend in einer selbst gefertigten Kopfhalterung fixiert und mit einer intramuskulären Anästhesie mit Ketamin (100mg/kg KG) und Xylazin (10mg/kg KG) versehen. Zur Untersuchung der Rattenhirne wird eine Spule mit 40 mm Durchmesser verwendet. Das MRT-Protokoll setzt sich zusammen aus einer T2-gewichteten TSE-Sequenz (TE 3000 ms, TR 96 sm, Schichtdicke 2 mm) und einer T1-gewichteten SESequenz (TE 460 ms, TR 14 ms, Schichtdicke 2 mm). Zusätzlich wird in der CISS-Sequenz (TR 12,2 ms, TE 5,9 ms, Schichtdicke 0,5 mm) ein dreidimensionaler Datensatz (3D) erhoben, welcher zur Tumorvolumetrie anhand multiplanarer Rekonstruktion verwendet wird. Die Tumoroberfläche wird hierfür in koronaren, axialen und sagitalen Schichten manuell markiert und daraufhin mittels einer speziellen Software (Siemens Virtuoso®) die intrakranielle Tumorausdehnung errechnet. 31 3.2.4 Explantation Im direkten Anschluss an die MRT-Untersuchung werden die Tiere durch intramuskuläre Injektion von 2 ml T61 getötet und das Gehirn mittels Hohlmeisselzange und Skalpell entnommen. Auf Höhe der Tumorläsion wird das Gewebe der linken Gehirnhälfte in Sagitalrichtung geteilt und beide Hälften in stickstoffgekühltem Isopentan schockgefroren. Die anschließende Lagerung des Gewebes erfolgt in einer -80°C Kühltruhe. Von den schockgefrorenen Gewebeblöcken werden mit Hilfe eines Kryostates 7µm dicke Schnitte angefertigt, wobei der Tumor möglichst in seiner maximalen Ausdehnung angeschnitten werden soll. Die Schnitte werden mit Poly-L-Lysin beschichteten Objektträgern aufgenommen, bei -20°C gelagert und später für immunhistochemische Nachweise und Färbungen verwendet. Vier Gewebeblöcke aus der zweiten Versuchsreihe werden zur späteren Verwendung in 5% Paraformaldehyd fixiert. Außerdem erfolgt bei je zwei Tieren aus jeder Behandlungsgruppe eine Untersuchung des Peritoneums und der Bauchorgane um lokale Reizungen und Verletzungen durch die intraperitoneale Injektion des WX-UK1 auszuschließen. Die vier Tiere der Behandlungsgruppe A1 wurden nach der MRT-Untersuchung an Herrn Stürzebecher, Erfurt weitergereicht, welcher die Messung der organspezifischen Anreicherung von WX-UK1 durchführte. 3.3 Färbungen 3.3.1 Hämalaun-Eosin-Färbung Die bei -20°C gelagerten Kryoschnitte werden 40 min lang bei Raumtemperatur aufgetaut und getrocknet. Nach dreiminütiger Färbung in Hämalaun werden die Schnitte 10 Minuten unter fließendem Leitungswasser gespült und kurz in aqua dest. gewaschen. Die Gegenfärbung erfolgt 25 Sekunden mit Eosin, welche mit zweimaligem Waschen in aqua dest. beendet wird. Zur Entwässerung durchwandern die Objektträger die aufsteigende Alkoholreihe (70%, 96%, 100%) und werden abschließend 10 Minuten in Xylol eingestellt sowie mit Eukitt eingedeckt. 32 3.3.2 Immunhistochemischer Nachweis von uPA mittels Fluoreszenz-Färbung Zum immunhistochemischen Nachweis von uPA auf den Sphäroidschnitten wird der gegen das uPA der Ratte gerichtete polyklonale Antikörper (sc-6831) mit dem sekundären lichtempfindlichen Fluoreszenz-Antikörper (Fitc) kombiniert. Die hohe Spezifität und die niedrige Sensitivität des Antikörpers sind ideal für die Färbung der in-vitro-Präparate, bei denen wenig Hintergrundsignal zu erwarten ist. Die Kryoschnitte werden wie oben beschrieben bei Raumtemperatur aufgetaut und 10 Minuten lang bei -20°C mit Wasserstoffperoxid versetztem Methanol fixiert. Nach zweimaligem Waschen in PBS-Puffer werden die unspezifischen Bindungsstellen des Hirngewebes mit Normalserum der Ziege 30 Minuten lang bei Raumtemperatur blockiert. Nach dem Abklopfen des Ziegenserums wird der uPA-Antikörper (sc-6831) in einer Verdünnung von 1:20 aufgetragen und über Nacht bei 37°C inkubiert. Die Gewebeproben dürfen nicht austrocknen und werden daher ständig in einer feuchten Kammer gehalten. Nach nochmaligem Waschen in PBS wird der Fitc-Antikörper in einer Verdünnung von 1:100 aufgeträufelt und bei Raumtemperatur 60 Minuten inkubiert. Dem abschließenden Waschen in PBS und Aqua dest. folgt das Eindecken mit dem fluoreszenzbewahrenden FMMEindeckmittel. Die fertig gefärbten Schnitte werden dunkel abgedeckt bei 4°C gelagert und unter dem Fluoreszenzmikroskop ausgewertet. 3.3.3 Peroxidase-Färbung Bei der Färbung der Gewebeschnitte aus dem Rattenhirn wird anstelle des FluoreszenzAntikörpers ein ABC-Komplex aus Avidin, Biotin und Peroxidase zur Entwicklung verwendet, welcher eine höhere Sensitivität für uPA aufweist. Da die Lokalisation der uPAMoleküle bei der in vivo-Färbung das entscheidende Kriterium ist, muss parallel zu dem Antikörpersignal auch die Anatomie des Objektes sichtbar sein. Diese Möglichkeit ist nur bei der DAB-Färbung gegeben. Der erste uPA-spezifische Antikörper (sc-6831) bindet mit seiner konstanten Region an den zweiten biotinierten Antikörper. Das kovalent angekoppelte Biotin stellt hierbei die Brücke zwischen dem Antikörper und dem Avidin des ABC-Komplexes her. Die Affinität zwischen Avidin und Biotin ist, wie von Su-Ming Hsu (Hsu et al., 1981) beschrieben, äußerst stark und eignet sich durch die geringe Größe des Gesamtkomplexes sehr gut für die immunhistochemische Färbung am Gehirn. Die im Anschluss daran hinzugefügte DAB-H2O2-Lösung (Diaminobenzidin Tetrahydrochlorid) ruft in Verbindung mit der 33 Peroxidase des ABC-Komplexes eine lokale Braunfärbung hervor, welche in diesem Fall spezifisch für uPA im Gewebe ist. DAB-Lösung: 2,5 ml Trispuffer (0,2M) 3,9 ml HCl (0,1N) 3,6 ml Aqua dest. 10 mg Diaminobenzidin Tablette 7,5 µl Wasserstoffperoxid Wiederum werden die Schnitte aus -20°C 40 Minuten bei Raumtemperatur (RT) aufgetaut und getrocknet. Im Anschluss erfolgt die Fixierung in reinem Aceton (10 min, RT) und kurzes Waschen in PBS-Puffer. Es folgen zwei Blockierungsschritte in mit Wasserstoffperoxid 0,6% versetztem MetOH (10 min) und in goat-Normalserum (20 min) um die unspezifischen Bindungsstellen im Gewebe zu inaktivieren. Die erste Blockierung wird durch kurzes Spülen in PBS beendet, das Normalserum wird lediglich abgetupft. Der primäre uPA-Antikörper wird mit PBS 1:50 verdünnt, sowie mit 0,1% BSA und tween20 versetzt, bevor er für 60 Minuten bei 37°C inkubiert. Nach zehnminütigem Spülen in PBS wird der biotinierte zweite Antikörper appliziert (30 min, RT) und nach nochmaligem Spülen der ABC-Komplex aufgetropft. Die Inkubation erfolgt 30 Minuten bei RT und wird durch Spülen in PBS, sowie Applizieren der DAB-Lösung beendet. Der nun einsetzende Färbevorgang muss genauestens beobachtet werden und wird bei deutlich zu erkennender lokaler Braunfärbung im Gewebe durch Spülen in Leitungswasser abgesetzt. Die Gegenfärbung der Schnitte erfolgt mit Hämalaun nicht länger als 10 Sekunden, bevor sie mit Leitungswasser gewässert (10 min) und mit einem wasserlöslichen Eindeckmittel eingedeckt werden. Abb 5. Färbung von uPA mit Peroxidase 34 3.4 Die Polymerasekettenreaktion PCR 3.4.1 Isolierung der RNA Bei der Isolierung der RNA aus den Zellen wird sich die Eigenschaft einer Silikongelmembran zu Nutze gemacht, dass sie unter den vorgegebenen Konditionen selektiv freie RNA bindet. Die Monolayer der C6-Zellinie in der konfluenten Kulturflasche wird wie oben beschrieben mit Trypsin vom Flaschenboden gelöst und unter Zugabe von 10 ml Vollmedium zentrifugiert (2000 rpm, 4°C, 5 min). Der Überstand wird abpipettiert und die Zellen mit βMercaptoethanol sowie Guanidine-Isothiozyanat lysiert. Neben der Lyse werden bei diesem Schritt gleichzeitig die unerwünschten RNasen (RNA-zersetzende Enzyme) inaktiviert. Um die Anbindungskonditionen für freie RNA zu optimieren werden dem Lysat 600µl Ethanol 70% zugegeben, bevor es auf die Silikonsäule gegeben wird. Durch die Bindung der freien RNA an die Gelmembran innerhalb der Säule kann die RNA selektiv von den übrigen Zellbestandteilen getrennt werden, welche im weiteren Verlauf ausgewaschen werden. Da hierbei nur RNA mit einer Mindestgröße von 200 nt die nötigen Bindungsvoraussetzungen besitzt, wird die erwünschte mRNA auch von tRNA sowie rRNA isoliert, welche mit dem Auslauf verworfen werden. Das Durchlaufen des Homogenisats wird ermöglicht, indem die Säule kurzzeitig zentrifugiert wird (10.000 rpm, 15 sec). Nach dreimaligem Waschen der Gelmembran mit Ethanolpuffer (500µl) wird die gebundene RNA mit 100 µl DEPC-versetztem H2O gelöst und im anschließenden Trennschritt abzentrifugiert (10.000 rpm, 1 min). Die Konzentration der RNA im Zentrifugat ergibt sich aus der Dichtemessung im Deuteriumphotometer bei einer Wellenlänge von 260 nm und wird nach folgender Formel berechnet: Delta 260nm Faktor für RNA Verdünnung Gesamtvolumen = KONZRNA 0,142 g x4 x 0,01 x 0,1 1/ml = 0,57 µg / µl Die wassergelöste RNA kann nun bis zu vier Wochen bei 4°C gelagert werden, bei -80°C entsprechend länger. 35 3.4.2 Die Reverse Transkription mRNA -> cDNA Durch die Kombination von reverser Transkription und Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ist es möglich, auch sehr kleine Mengen an mRNA auf einfache Weise nachzuweisen. Reverse Transkriptasen (RT) besitzen die Fähigkeit mRNA in komplementäre DNA (cDNA) umzuschreiben. Das hierbei verwendete RT-Enzym wurde aus dem murinen MaloneyLeukämie-Virus (MMLV) isoliert (Kotewicz, 1985). Die cDNA-Synthese wird mit ca. 1µg reiner mRNA durchgeführt. Der Primer-RNA-Mix (s.u.) wird für 10 min. bei 65°C inkubiert und anschließend auf Eis schockgekühlt. Primer–RNA –Mix: 1 µg mRNA 2 µl Oligo-dT12-18-Primer (1µg/µl) 1 µl Random-Hexamer-Primer 5 µl DEPC-H2O Daraufhin werden 17 µl des Mastermix hinzugegeben und der gesamte Ansatz für 70 min bei 37°C inkubiert. Mastermix: 5,0 µl first strand buffer 2,5 µl DTT (0,1 M) 2,5 µl dNTP-Mix (dATP, dCTP, dGTP, dTTP) 0,8 µl RNasin 1,0 µl MMLV-Reverse Transkriptase (200U/µl) 5,2 µl DEPC- H2O Durch dreiminütiges Erhitzen auf 95°C wird das RT-Enzym denaturiert und die cDNA anschließend bei -20°C gelagert. Der Erfolg der cDNA-Synthese ist nachweisbar, indem 3 µl des Endproduktes in einer semiquantitativen PCR mit GAPDH-spezifischen Primern amplifiziert werden. 36 3.4.3 Amplifikation von cDNA mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) Die 1984 von Kary Mullies entwickelte Methode der PCR ermöglicht es, kleinste DNAStränge durch millionenfache Vervielfältigung nachzuweisen. Kernpunkt jeder Polymerasekettenreaktion ist das hitzestabile Enzym Taq-Polymerase, welches aus dem Bakterium Thermus aquaticus isoliert wurde (Saiki et al., 1988) und komplementär zu der jeweiligen Vorlage DNA-Sequenzen aufbaut. Außer dem zu vervielfältigenden DNA-Strang, der so genannten Zielsequenz, werden zwei Oligonukleotide (Primer) benötigt, welche sich durch ihren komplementären Aufbau beidseitig an den Enden der Zielsequenz anlagern. Ein großer Vorteil der PCR ist, dass durch die Verwendung der Primer nicht die genaue Kenntnis der Zielsequenz sondern nur ihrer Anschlussstellen erforderlich ist. Im ersten Schritt des PCR-Zyklus wird der DNA-Doppelstrang des gesamten Stranges bei 95°C aufgelöst und die Einzelstränge der Reaktion zugänglich gemacht. Im zweiten Schritt wird durch rasches Absenken der Reaktionstemperatur eine Hybridisierung der Einzelstränge mit den komplementären Primerpaaren erreicht. Die exakte Anlagerungstemperatur (Ta) hängt von der Länge und Basensequenz der Primer ab. Da diese dem Mix in großem Überschuss zugegeben werden, kommt es nicht zur erneuten Reversion des ursprünglichen DNA-Doppelstranges. Im abschließenden dritten Schritt synthetisiert die Taq-Polymerase ausgehend von den Primern die neuen komplementären DNA-Stränge in Richtung des 3´-Endes des Einzelstranges, welcher als Vorlage dient. Die neusynthetisierten Stränge enthalten somit in jedem Fall die gewünschte Zielsequenz. Die für die Primerextension optimale Temperatur liegt bei 72°C. Nach mehreren durchlaufenen Zyklen hat sich Zielsequenz exponentiell vervielfacht und ist so z.B. durch die Gelelektrophorese nachweisbar. Die optimale Anlagerungstemperatur (Ta) der Primer wird bestimmt durch deren Länge und Basensequenz und lässt sich annäherungsweise mit folgender Formel berechnen: Ta = (GC-Gehalt) x 4 + (AT-Gehalt) x 2 Für Primer mit einer Länge von 22 Nukleotiden trifft sie relativ genau zu, muss aber für längere Primer entsprechend nach unten korrigiert werden. Beispiel: GAPDH as (22 nt): Ta = (11) x 4 + (11) x 2 = 66°C 37 Zur Auswahl geeigneter Oligonukleotidprimer können die mRNA-Sequenzen des nachzuweisenden Genes in der EMBL-Genbank eingesehen werden. Oligonukleotide von mindestens 20 Nukleotiden Länge werden so ausgewählt, dass sie als Primerpaare die Zielsequenz einschließen und diese somit in der PCR amplifizieren. Die Zielsequenz sollte nicht kleiner als 150 Nukleotide lang sein um einen sinnvollen Nachweis durchführen zu können. Besteht die Zielsequenz aus weniger als 150 Basenpaaren besteht das Risiko, die Bande der gesuchten Sequenz mit Banden von Primerdimeren zu verwechseln. Primerdimere bilden sich zu geringem Maße bei jeder PCR und bilden sich als Banden ab, welche einer Länge von ca. 20 Nukleotiden entsprechen. 3.4.4 Die spezifischen Primerpaare für GAPDH und uPA GAPDH (Fragmentgröße: 262 Basenpaare) Sense: TgTCAgCAATgCATCCTgCA 20 nt Antisense: gCATgTCAgATCCACAACggAT 22 nt uPA (Fragmentgröße: 157 Basenpaare) Sense: AggTggCAgTgAACTTggAg 20 nt Antisense: gTATTggCCTTTCCTCggTAA 21 nt Die PCR wird mit Primerpaaren durchgeführt, welche eine Zielsequenz aus dem GAPDHGen amplifizieren, um den Erfolg der Reversen Transkription (RT-Schritt) zu verifizieren. Die Glycerinaldehyd-3-Phosphat-Dehydrogenase (GAPDH) ist ein Stoffwechselenzym, welches an der für die Zelle essentiellen Glykolyse beteiligt ist. Da die mRNA für GAPDH in jeder Zelle konstitutiv exprimiert wird, eignet sich der Nachweis der für GAPDH spezifischen cDNA besonders gut zur Kontrolle der reversen Transkription. Der positive Nachweis von u-PA in den C6-Zellen ist Voraussetzung für den folgenden Versuch der u-PA Inhibierung in vivo. Bei optimalen Voraussetzungen verläuft die PCR exponentiell bis sie nach einer Anzahl von Zyklen eine Plateauphase erreicht. Um Signale durch unspezifische Amplifikationen oder gering exprimierte Transkripte minimal zu halten, sollte die PCR vor Erreichen der Plateauphase beendet werden. 38 Potentielle Kontaminationen werden ausgeschlossen, indem zusätzlich eine H2O-Leerprobe ohne cDNA mitgeführt wird. Für einen 1x PCR-Ansatz von 50µl werden folgende Reagenzien in der angegebenen Reihenfolge zum Mastermix gegeben: 0,5 µl sense uPA-Primer (50 µM) 0,5 µl antisense uPA-Primer (50 µM) 1,0 µl dNTP Mix 10 µl Master Taq Mix (MgCl2-Lsg. mit Zusätzen) 5,0 µl PCR Puffer 10-fach ad 47 µl DEPC-H2O 0,2 µl Taq-Polymerase (5U/µl) 3,0 µl cDNA 3.4.5 Auftrennung der cDNA mittels Gelelektrophorese Material: Agarose Ethidiumbromid-Lösung (10mg/ml H2O) DNA-Ladepuffer (50% TAE, 50% Glycerin, je 0,4% BPB und XC) DNA-Längenstandard (123 bp DNA ladder) TAE-Puffer (50x): 242 g Tris 51 ml Eisessig 100 ml EDTA (0,5 M, pH 8,0) Mit Hilfe der Gelelektrophorese werden cDNA-Fragmente nach der Anzahl ihrer Nukleotide aufgetrennt. In dem unter Spannung stehenden Agarosegel ist die elektrophoretische Wandergeschwindigkeit VE der Fragmente umgekehrt proportional zu deren Größe. Kleine Fragmente passieren die Poren des Gels auf Grund des geringeren Reibungswiderstandes (Fr) schneller als große, und legen so in der gleichen Zeit eine größere Strecke zurück. Im direkten Vergleich mit dem Längenstandard, welcher verschiedene standardisierte DNA-Fragmente enthält, wird so die Größe der in der PCR amplifizierten cDNA bestimmt. Zur Herstellung von 1,5%-igem Gel werden 1,5g Agarose mit 100ml TAE-Puffer (1x) aufgekocht. Unter Zugabe von EtBr-Lösung wird das Gel in die Gelkammer gegossen und nach Erkalten mit TAE-Puffer bedeckt. In die Geltaschen werden jeweils 17µl des PCR39 Produktes in Kombination mit 3µl Ladepuffer pipettiert und eine separate Tasche mit 3 µl des Längenstandards als alleinige Probe gefüllt. Nach ca. 60-minütiger Elektrophorese bei 100 V werden die Banden der cDNA-Fragmente unter UV-Licht sichtbar und mittels Digitalkamera dokumentiert. 3.5 Synthese und Messung des radioaktiven H³WX-UK1 Die radioaktive Markierung des Wirkstoffes WX-UK1 und die Konzentrationsmessung nach Ablauf des Tierversuches wurden freundlicherweise von Prof. Dr. Stürzebecher, Zentrum für vaskuläre Biologie und Medizin in Erfurt, durchgeführt. (Sturzebecher et al., 1999) Die Grundstruktur der bisher bekannten uPA-Inhibitoren ist das 3-Amidino-PhenylalaninAmid. Im Falle des Inhibitors WX-UK1 wird die Grundstruktur durch Nα-TriisopropylPhenylsulfonyl (TIPPS) stabilisiert. Die Modifikation des Amidanteils am C-terminalen Ende des Komplexes durch die TIPPS-Substitution führt zu einer höheren Blockierungsaktivität im Vergleich zur Grundstruktur. Die klassische Bindung des Inhibitors an die ArylBindungsstelle wird durch die Größe des TIPPS-Komplexes verhindert. Stattdessen weicht der TIPPS-Inhibitor auf eine alternative Bindungsstelle innerhalb des proteolytischen Zentrums von uPA aus, welche eine effektivere Blockade der Proteolyseaktivität ermöglicht. Eine weitere Potentzierung der Inhibitionsaktivität wird durch die Veränderung der RStruktur erreicht, wobei sich hier die Substitution durch ein Ethoxycarbonyl-Derivat (EXO) als am effektivsten herausstellt. Allerdings wird die Selektivität des Inhibitors für uPA durch die Modifikation der R-Struktur negativ beeinflusst, und der Kreis der inhibierten Enzyme wird um Proteasen, wie Trypsin und Plasmin erweitert. Abb 6. Strukturformel des uPA-Inhibitors WX-UK1 mit uPA-Bindungsstelle. Nα-Triisopropyl-Phenylsulfonyl (TIPPS), Ethoxycarbonyl-Derivat (EXO) 40 Die radiochemische Markierung des WX-UK1 erfolgt durch die Hydrisierung mit TritiumGas. Freie Tritiumionen werden anschließend durch Lyophilisation entfernt. (Amersham Pharmacia Biotech GmbH, Freiburg). Um die Substanz H³WX-UK1* mit der spezifischen Aktivität von 0,05 – 0,06 mCi/µmol zu erhalten, wird der reine Wirkstoff WX-UK1 mit dem radioaktiven H³WX-UK1 titriert. Nach Ablauf des Behandlungszyklus mit H³WX-UK1* wird den Tieren in narkotisiertem Zustand retroorbital venöses Blut und über einen Choledochuskatheter Gallenflüssigkeit entnommen. Die Entnahme der repräsentativen Organe wie Milz, Leber, Niere, Herz, Lymphknoten, sowie der beiden Gehirnhälften erfolgte nach der Tötung der Tiere. Die Radioaktivität wird mittels Szintillation gemessen, bei welcher strahlungsempfindliche Szintillatormolleküle durch die radioaktive Betastrahlung des H³WX-UK1 energetisch angeregt werden um unter Aussendung von Photonen wieder zu relaxieren. Die Photonen sind als Lichtimpulse messbar und verhalten sich in ihrer Anzahl näherungsweise proportional zur spezifischen Aktivität der zu messenden Probe. 41 4. Ergebnisse 4.1 Nachweis der uPA-Expression der C6-Zellinie in vitro Die Expression von uPA in den Tumorzellen wird durch das Vorhandensein von uPAspezifischer mRNA in den Zellen der C6-Zellinie (WT) und dessen VEGF-transfizierten Klon (#8) nachgewiesen. Hierfür wird die hochspezifische Methode der Polymerasekettenreaktion mit vorhergehender reverser Transkription der mRNA (RT-PCR) angewendet. Um die mRNA für das uPA-Protein in den Zellen der murinen C6-Zellinie nachzuweisen, werden die Bedingungen ausgehend vom PCR-Standardprogramm für humanes uPA (Stegen, 1996) schrittweise an die rattenspezifischen Primer und die C6-Zellinie angepasst. Hierbei werden die Anzahl der PCR-Zyklen, die Anlagerungstemperatur (Ta) und die Zusammensetzung der Reaktionslösung derart variiert bis der erwünschte Nachweis erzielt wird. Faktoren, welche das unbegrenzte Fortlaufen der Reaktion behindern, sind die zugegebene Menge an Taq-Polymerase, die Menge an Primern und Nukleotidbausteinen, die Ausgangsmenge an cDNA, sowie die eventuelle Rehybridisierung der gebildeten Einzelstränge bei Absenken der Reaktionstemperatur. Während der Optimierung der PCRKonditionen erwiesen sich die humanen uPA-Primer als nicht rattengängig und wurden durch rattenspezifische uPA-Primer der Firma Tib Molbiol ersetzt. (Ragno et al., 1992) Folgendes Protokoll führt zu einer spezifischen Amplifikation der cDNA für uPA: Abb 7. Amplifikationszyklus für uPA 42 Optimalbedingungen: 1 min Vorinkubation bei 94°C 40 x : 1:00 min 94,0°C 1:00 min 56,7°C 1:30 min 72,0°C 10 min Nachinkubation bei 72°C Das Ergebnis der Amplifikation wird mittels Gelektrophorese veranschaulicht. Das Gel in der folgenden Abbildung zeigt sowohl für die Zellen des C6-Wildtyps (WT) als auch für den VEGF-Klon (#8) eine positive Expression der cDNA, welche für das uPA-Gen spezifisch ist. Die Banden für GAPDH liegen gemessen am Längenstandard bei 260 Basenpaaren, die Banden für uPA bei 150 Basenpaaren. Im unteren Teil der Abbildung sind die Banden für den GAPDH-Nachweis zu sehen. Der Nachweis des Stoffwechselenzyms verifiziert den Erfolg der reversen Transkriptase für die beiden verwendeten Zelllinien und wird der uPA-PCR vorgeschaltet. Abb 8. mRNA Expression in Rattengliomzellen (RT-PCR) 43 4.2 in vitro-Nachweis von uPA in der Gliomzelle Um die Hypothese zu bestätigen, dass die Blockierung von uPA in der Tumorzelle das infiltrative Wachstum verhindert, muss der in vitro-Nachweis von uPA in der Tumorzelle unbedingt erbracht werden. Nur falls die implantierten Tumorzellen der C6-Zelllinie auch uPA produzieren, kann durch dessen Blockade eine Verminderung der Tumorinfiltration erreicht werden. Der Nachweis von uPA erfolgt über die Färbung von implantationsfertigen Sphäroiden (VEGF+) mittels uPA-Antikörper und Fitc-Antikörper. Die HE-Färbung lässt deutlich die sphäroide Struktur der Tumorzellen erkennen. Die FitcFärbung hingegen zeigt die hohe uPA-Konzentration in den Sphäroiden. In der Negativkontrolle erfolgt die Färbung unter Ausschluss des uPA-Antikörpers in einer separaten Kammer (Abb. 11). 4.3 Nachweis von uPA im C6-Gliommodell der Ratte Die explantierten Rattenhirne beider Serien werden in Isopentan schockgefroren und bei -80°C gelagert. Die dunklen Kerne der Tumorzellen präsentieren sich in der HE-Färbung entlang eines Strangs von Myelin, zu dem die Tumorzellen eine erhöhte Affinität aufweisen. Somit dienen Myelinstränge, wie sie in der weißen Hirnsubstanz vorkommen, als ideale Invasionsstraßen für die Glioblastomzellen (Abb. 12a). Auf den Kryoschnitten kann mittels Fitc-Färbung die erhöhte Konzentration von uPA im Tumorareal nachgewiesen werden. In der Positivfärbung stellen sich die uPA-Moleküle dann wie in Abbildung 12b als hell leuchtend dar, die Negativkontrolle bleibt hingegen dunkel. Die starke Vaskularisierung als Charakteristikum des Gliobalstoms ist auch in der Übersichtsaufnahme in Abbildung 13 gut zu erkennen. Mit Hilfe der Peroxidasefärbung kann eindrucksvoll gezeigt werden, wie sich das Enzym uPA hochkonzentriert in den neuronalen Zellen des Rattenhirns ansammelt. Dunkelbraun färben sich die Axone und der Intrazellularraum unter Auslassung des Zellkerns (Abb. 14). Die Affinität der Tumorzellen zur Basalmembran ist verantwortlich für das Migrationsmuster des Tumors entlang von Gefäßen und Plexus in Abbildung 15. Die Basalmembran kann von den Zellen nicht durchdrungen werden und wird als Invasionsgrenze respektiert. 44 In Abbildung 16 ist durch die Braunfärbung zu erkennen, dass die Konzentration von uPA besonders an der Invasionszone erhöht ist. Dort wird es durch den membranständigen Rezeptor uPAR gebunden und aktiviert. Die Zellnester entstehen durch Tumorzellen, welche weit in das angrenzende Hirngewebe migrieren und dort die Infiltration des Tumors vorantreiben. Der Umstand, dass diese vom Haupttumor weit entfernten Gliomzellen nicht operativ entfernt werden können, ist verantwortlich für die hohe Rezidivrate unter den Glioblastomen. Das Tumorzentrum weist außerhalb der nekrotischen Areale eine sehr geringe Konzentration von uPA auf, da hier die Invasionskräfte der Tumorzellen nicht zum Einsatz kommen. 4.4 Zeitlicher Verlauf der Proteasen-Expression im Glioblastom Wird die Expression der Proteasen in den Gliomzellen unter dem Aspekt des zeitlichen Verlaufes beobachtet, so zeigt sich, dass uPA und MMP-2 schon frühzeitig im Tumor gebildet werden. Die Expression von uPAR nimmt proportional zum Tumorwachstum kontinuierlich zu, wohingegen die Expression von uPA nach anfänglich erhöhten Werten stabil bleibt. Abb 9. Verlauf von MMP-2, MMP-9, uPA und u-PAR nach semiquantitativer Auswertung der Peroxidasefärbung. (Vince et al., 2002) 1 - schwaches DAB-Signal, 2 - mittelstarke Färbung und 3 - starkes Signal 45 4.5 Sphäroidimplantation und WX-UK 1-Applikation Alle Tiere der Serie I überstanden die Implantation des C6-Sphäroids ohne Ausfälle und erholten sich in den darauf folgenden Tagen gut. Während des Beobachtungszeitraumes von 21 Tagen verstarb ein Tier nach 12 Tagen post-op (1C-Nr.6), und bei zwei Tieren wurde der Versuch aus ethischen Gründen nach 14 Tagen abgebrochen (1B-Nr.9, 1C-Nr.18). In der zweiten Serie verstarben sowohl ein Tier bei der Implantation (2B-Nr.4), als auch 14 Tage post-op (2B-Nr.16). Die restlichen Tiere der Serie tolerierten die Implantationsoperation sowie die Aufnahme der MRT-Bilder gut. Insbesondere wurden während des 21 bzw. 19 Tage dauernden Versuchs keine neurologischen Ausfälle und kein signifikanter Gewichtsverlust beobachtet (Abb 18). 4.6 Einfluss des Serinproteaseinhibitors WX-UK 1 auf das Tumorwachstum Um den Einfluss des Serinproteaseinhibitors WX-UK 1 auf das Tumorvolumen zu untersuchen, wurden die tumortragenden Tiere nach folgendem Schema in Gruppen eingeteilt. Die Gruppen 1A, 1B und 2A erhielten täglich den Wirkstoff WX-UK 1. Den Kontrollgruppen 1C und 2B wurde reines Mannitol als Placebo verabreicht. SERIE I – 21 Tage SERIE II – 19 Tage 1A - Nummer 1–4 WX-UK1 1B – Ungerade WX-UK1 2A - Ungerade WX-UK 1 1C – Gerade Mannitol 2B – Gerade Mannitol Abb 10. Tierversuch, Gruppeneinteilung Die Gehirne der Tiere in Gruppe 1A wurden am 20. postoperativen Tag mittels MRTAufnahme unter Kontrastmittelgabe vermessen. Durch manuelle Markierung des Tumors in allen drei Schnittebenen wurde das Tumorvolumen berechnet, welches zur Bestimmung des Wirkungsgrades von WX-UK 1 herangezogen werden kann. Im MRT wiesen 75% einen Tumorherd auf, makroskopisch war dies bei 100 % der Fall. Das mittlere Gewicht der explantierten Tumoren lag in der Gruppe 1A bei 52,5 mg. 46 Die Tumoren der Serie II (Tiere 1-15) wurden am 19.Tag nach Implantation im MRT vermessen. Bei sechs Tieren gelang der Nachweis eines Tumorherdes mit einer Verteilung der Volumina zwischen 0,18 bis 78 mm³. Der Volumenmittelwert lag in Gruppe 2A bei 19,8 mm³ und in Gruppe 2B bei 11,2 mm³. Die große Streubreite der Tumorvolumina und die geringe Anzahl von messbaren Tumoren ließen in diesem Fall keinen direkten Rückschluss auf die Wirkung von WX-UK 1 zu. Allerdings konnten mittels der MRT-Bilder die Befunde der Histochemie überprüft und ergänzt werden. Die Gehirne von jeweils zwei Tieren aus den Gruppen 2A und 2B wurden zur späteren Verwendung in Parafin eingelegt und bei 4°C gelagert. Die implantierten Sphäroide weisen nach 20 Tagen eine starke Volumenzunahme auf, welche zur Verdrängung benachbarter Strukturen führt. Die Ventrikel sind erheblich verkleinert und die Mittellinie des Gehirns ist deutlich zur Gegenseite verlagert. Hinweise für Einblutungen und intratumorale Nekrosen finden sich in T2-gewichteten Aufnahmen. Der Zusammenbruch der Blut-Hirn-Schranke und die erhöhte Vaskularisierung des Tumors werden durch das ausgedehnte perifokale Ödem sowie die inhomogene Aufnahme von Kontrastmittel in Abbildung 17 deutlich. 4.7 Biodistribution von WX-UK1 in der Ratte Zur Messung der Biodistribution von radioaktivem WX-UK 1 wurden vier Tiere der Gruppe 1A und zwei Kontrolltiere untersucht. Zum Zeitpunkt der Messung befanden sich die Tiere im 22.POD an dem die letzte Verabreichung des Wirkstoffes WX-UK 1 sieben Tage zurück lag. Die radioaktive Aktivität von reinem H³WX-UK1* wurde mit 39 mCi/µmol beziffert und per Szintillation gemessen. Die Messdaten stammen von Prof. Dr. Stürzebecher, Erfurt und wurden aus den repräsentativen Organen Milz, Herz, Leber und Niere, sowie aus den beiden gesunden Gehirnhälften der Tiere gewonnen. Eine weitere Messung entstammt dem Tumorgewebe. Ein signifikanter Unterschied der Radioaktivität zwischen den behandelten Tieren und den Kontrolltieren war weder in den Organen, noch im Gehirn festzustellen. 47 Figur 11. C6-Sphäroid VEGF+: a) HE-Färbung, b) Fitc-positiv, c) Fitc-negativ Figur 12. Nachweis von uPA im Gliommodell der Ratte. a) HE-Färbung b) Fitc-Färbung uPA-positiv Figur 13. Tumorübersicht mit zahlreichen Gefäßanschnitten Figur 14. uPA in den neuronalen Zellen des Rattenhirns 48 Figur 15. uPA-Nachweis von Tumorzellen mit hoher Affinität zum Blutgefäß Figur 16. Nachweis von uPA in der Grenzzone des Tumors, Zellnest Figur 17. MRT-Aufnahmen der intrakranial gewachsenen Glioblastome nach 20 Tagen 420,0 410,0 350 400,0 345 390,0 340 Gruppe A Gruppe B Mittelwert 380,0 335 370,0 330 360,0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 350,0 Gruppe A Gruppe B Gruppe C 2 4 6 8 10 Figur 18. Gewichtskurven der Serie I und Serie II 49 12 14 16 18 5. Diskussion 5.1 Tiermodelle in der Erforschung von Hirntumoren Das in diesem Experiment verwendete Tiermodell soll möglichst viele Rückschlüsse auf das komplexe Wachstumsverhalten von Glioblastomen ermöglichen. Daher muss es sich stark an den Voraussetzungen orientieren, welche von Gliomzellen im humanen Gehirn vorgefunden werden. In den letzten Jahrzehnten wurden mehrere Tiermodelle erprobt, welche es heute ermöglichen, das Ausbreitungsmuster und die Infiltration des Hirngewebes durch das Glioblastoma multiforme detailliert zu erforschen. Aufgrund der Vor- und Nachteile jedes Modells muss sich die Wahl des Tiermodells jedoch an der Fragestellung des Experiments orientieren und, das Ergebnis muss unter Berücksichtigung der suboptimalen Bedingungen interpretiert werden. Folgende Merkmale zeichnen ein Tiermodell aus, welches das humane Wachstum des Glioblastoms möglichst realistisch imitiert: 1. Die Tumorzellen sollen glialer Herkunft sein 2. Das orthotope Wachstum soll durch das Implantationsverfahren sichergestellt werden 3. Die Wachstumsrate der Tumorzellen soll vorhersagbar und reproduzierbar sein 4. Die Wachstumseigenschaften sollen mit denen klinischer Gliome übereinstimmen 5. Die Wachstumsdauer des Tumors soll für Therapiestudien ausreichend sein 6. Die Immunreaktion des Wirtsgewebes auf die Tumorzellen soll minimal sein 7. Das Tiermodell soll die Möglichkeit der in vivo Beobachtung des Tumorwachstums beinhalten Die meisten Modelle erfüllen die Punkte 1, 3 und 5, erzeugen aber nicht die gliomartigen Wachstumseigenschaften und vor allem nicht die Unterdrückung der Immunantwort. Auch das Kriterium der orthotopen Implantation wird wegen des großen operativen Aufwandes nur von wenigen Tiermodellen erfüllt. (Goldbrunner, 2000) Gliale Tumorzellen unterliegen einer regen Interaktion mit der Extrazellulärmatrix, welche das Wachstums- und Immigrationsverhalten des Tumors stark beeinflusst. Aus diesem Grund finden nur Tumorzellen, die orthotop implantiert wurden, die gleichen Voraussetzungen vor, wie humane Glioblastome. Die Möglichkeit zur Interaktion mit der ECM ist bei Wachstum außerhalb des Gehirns nicht gegeben, und die Beobachtung von extracerebral wachsenden Glioblastomen gibt Hinweise auf ein verändertes Verhalten, wie zum Beispiel ein schnelleres 50 Größenwachstum. (Watanabe et al., 2002) Da die Wachstumseigenschaften des Tumors also stark von der organspezifischen ECM abhängen, ist es von äußerster Wichtigkeit, den Sphäroid sicher subdural in das Hirngewebe zu implantieren, um realistische Ergebnisse zu erhalten. Die in vivo Beobachtung mittels MRT bleibt auf Gruppen beschränkt, die Zugang zu radiologischen Einheiten haben. Dies setzt sich immer mehr durch und erhöht somit die Qualität der Forschungsergebnisse. (Goldbrunner et al., 2000) 5.2 Das Sphäroidmodell der Ratte Die Ergebnisse dieser Arbeit basieren auf dem Modell der Sphäroidimplantation in der Ratte. Dies ist das Tiermodell, welches zum heutigen Zeitpunkt die besten Ergebnisse in Bezug auf das Invasionsverhalten und die Vaskularisierung des humanen Glioblastoms liefert und in der Anwendung weit verbreitet ist. (Grobben et al., 2002) Sphäroide sind standardisierbare, solide Tumoren, die aus vielen Tumorzelllinien, aber auch aus chirurgisch gewonnenen Nativproben generiert werden können. Nimmt man kultivierten Monolayerzellen die Möglichkeit zur Adhäsion an der Kulturflasche, so bilden diese durch Zell-Zell-Adhäsion kugelige Strukturen mit Durchmessern von 100 – 600 µm. Diese Sphäroide entsprechen Wachstumsgeschwindigkeit, organotypischen einen ähnlichen Kulturen, welche Stoffwechsel und die gleiche Aufbau der Extrazellulärmatrix aufweisen, wie Tumoren in situ. Wird der Sphäroid in gesundes Hirngewebe implantiert, so lässt sich an dem Tumorherd die Ausbildung der Infiltrationszone, sowie die Vaskularisierung des primär avaskulären Tumors beobachten. (Khoshyomn et al., 1998;Corcoran et al., 2003) Besonders im Vergleich zur Injektion von Zellsuspensionen bietet das Sphäroidmodell entscheidende Vorteile im Bezug auf die Wachstumsbedingungen der Tumorzellen. Das Sphäroidmodell realisiert ein regelmäßiges, zentralorientiertes Wachstum, in dem die Zellen der Peripherie eine größere Angriffsfläche nach außen bieten als im Zentrum. Die Zellen im Kern des Sphäroids sind auf Grund des Missverhältnisses von Tumorwachstum und Neoangiogenese einer steigenden Sauerstoffunterversorgung ausgesetzt, welche im Zentrum zu ausgedehnten, für das GBM charakteristischen Zellschäden und Nekrosen führt. (KunzSchughart et al., 2004). In MRT-Aufnahmen zeigen sich die Nekrosen in vivo als zentrale 51 Verschattungen, in vitro resultiert die Zellnekrose nach einigen Wochen im Untergang des Sphäroids. Um dem Anspruch der Reproduzierbarkeit gerecht zu werden, muss bei jeder Wiederholung des Experiments eine definierte Tumormasse implantiert werden, welche über den Durchmesser des Sphäroids bestimmt wird. (Farrell et al., 1987) Die implantierten Sphäroide sollten einen Durchmesser von 300 bis 400µm und keine zentralen Nekrosezeichen aufweisen. Die Implantation des Sphäroids erfolgt unter dem Mikroskop subdural, und die Lage des Tumors wird anschließend optisch kontrolliert. Der sofortige Wunderverschluss verhindert das Ausschwemmen des implantierten Tumors. Die Vorteile des Sphäroidmodells sind also: 1. dreidimensionale Struktur des Sphäroids 2. leichte Reproduzierbarkeit des Wachstums 3. Implantation einer definierten Tumormasse 4. sicher orthotope Implantation 5. gute Vergleichbarkeit mit anderen Studien Allerdings ist es bei der Implantation des Sphäroids unumgänglich, den Schädel mittels Bohrer zu penetrieren und die Hirnhäute zu eröffnen. Außerdem wird das kortikale Hirngewebe inzissiert, um ein Wegspülen des Tumors durch Liquorfluss zu verhindern. In seltenen Fällen verhindert die dreidimensionale Struktur des Sphäroids, dass kleine zentrale Nekrosen nicht als solche erkannt werden. Daher kann fälschlicherweise ein nekrotischer Sphäroid implantiert werden, der veränderte Wachstumseigenschaften aufweist. Ein potentieller Schwachpunkt des Sphäroidsmodells ist die Implantation eines fertigen Tumors in das Trägertier. Humane solide Tumoren haben ihren Ausgangspunkt in einer einzelnen malignen Zelle und geben ihrer Umgebung während ihres Wachstums die Möglichkeit zur Adaption. Bei der Sphäroidimplantation wird der Wachstumsvorgang des Tumors übergangen, und der Wirtsorganismus wird sofort mit einer strukturierten Masse von Tumorzellen konfrontiert. Alle Abwehrmechanismen, welche den Tumor eventuell im Frühstadium der Entwicklung beeinflussen könnten, fallen somit weg. 52 Folgende Nachteile ergeben sich hieraus für das Sphäroidmodell: 1. großer Implantationsaufwand 2. Setzen einer großen Läsion mit einhergehender Entzündungsreaktion 3. Risiko der Implantation eines nekrotischen Sphäroids 4. Implantation einer strukturierten Tumormasse Tumorzellen, welche als Zellsuspension gezüchtet und implantiert werden, haben sich als weniger effizient in der Tumorforschung erwiesen. Dies beruht darauf, dass jede Zelle in Suspensionen in Bezug auf Sauerestoffversorgung, Nährstoffangebot und Einfluss von Stressfaktoren weitgehend die gleichen Voraussetzungen vorfindet. (Goldbrunner et al., 2004) Das Migrationsverhalten der Zellen und die Expression von Wachstumsstoffen werden beeinträchtigt und das Ausbilden der Nekrose im Tumorzentrum entfällt völlig. Hieraus resultiert, dass Zellsuspensionen exponentiell wachsen, während bei Sphäroiden aufgrund der mangelnden Versorgung im Zentrum ein vermindertes Wachstum beobachtet werden kann. (Bell et al., 2001) Während der Implantation der Suspension ist es außerdem nicht möglich zu verhindern, dass einzelnen Zellen verschleppt werden und sich zusätzliche Tumorherde bilden. Die stereotaktische Infusion von Zellsuspensionen ist somit für Invasions- und Vaskularisierungsexperimente nur als zweitrangig anzusehen. 5.3 Die C6-Gliomzelllinie Die Wahl der Tumorzellreihe C6 für die Simulation des humanen Gliomwachstums hat den Vorteil, dass ihr Wachstumsverhalten den klinischen Gliomen sehr nahe kommt. Besonders bei der Implantation in Ratten des Wistar-Stammes können homolog zum humanen Glioblastom die Invasion des Parenchyms, Die Neovaskularisierung und die zentrale Nekrotisierung beobacht werden. Das stetige Wachstum der C6-Tumorzellen wird in den ersten 28 Tagen beschrieben, bevor sich der Tumor wieder zurück bildet. Dieser Zeitraum erlaubt es, die Ausbildung der Invasionszone ausreichend zu beobachten und eine bildgebende Diagnostik zu durchzuführen. (Vince et al., 2004) 53 Nachteilhaft wirkt sich die immunogene Abwehrreaktion des Gastgewebes auf die C6Tumorzellen aus. Da die C6-Zellreihe in Ratten eines Wistar-Auszuchtstammes generiert wurde, steht der syngene Host für die Implantation heute nicht mehr zu Verfügung. Bei Implantation der C6-Zellen in einen allogenen Wirt muss auf jeden Fall mit einer Abstoßungsreaktion gerechnet werden. Dies kann die Ergebnisse besonders bei Überlebensstudien verfälschen und muss bei der Interpretation berücksichtigt werden. (Parsa et al., 2000) 5.4 Die Rolle von uPA in der Zellmigration Im Rahmen dieser Arbeit ist es gelungen, die Serinprotease uPA im C6-Gliommodell der Ratte nachzuweisen. Anhand der Immunhistochemie an den extrahierten Tumoren konnte das charakteristische Verteilungsmuster von uPA gezeigt werden, wobei die höchsten Konzentrationen von uPA in der Peripherie des Tumors und in den tumorösen Satellitenzellen im gesunden Hirngewebe gemessen wurden. Dies untermauert die These, dass uPA besonders beim infiltrativen Wachstum des Glioblastoms eine tragende Rolle spielt. (Andreasen et al., 2000) Die C6-Tumorzellen erwirken durch die eigenständige Synthese von uPA die Degration der umliegenden Extrazellulärmatrix, welche für ihre Migration erforderlich ist. Durch die hohe Affinität des uPA-Rezeptors uPAR zu den Proteinen der Extrazellulärmatrix wird die Hauptaktivität der uPA-Proteolyse auf den Randbereich des Tumors gerichtet. Neben der direkten proteolytischen Aktivität existiert für uPA aber noch ein zweiter Weg, über welchen es Einfluss ausüben kann. Über den Rezeptor uPAR wird eine intrazelluläre Signalkette induziert, welche noch weitgehend unerforscht ist. In Zusammenhang wird diese gebracht mit der Reorganisation des Zytoskeletts (Goldbrunner, 2000) und mit der Freisetzung von Vaskularisierungsfaktoren in hypoxischen Tumorzellen. (Kroon et al., 2000) Die Serinprotease uPA und dessen Membranrezeptor uPAR eignen sich sehr gut als Angriffspunkt für eine inhibitorische Therapie, da sie am Anfang der proteolytischen Aktivierungskaskade stehen, über welche weitere Proteasen wie die MMP’s und Plasmin aktiviert werden. Mehrfach wurde nachgewiesen, dass die Blockade von uPA in vitro zu einer verminderten Migration der Tumorzellen führt. (Gondi et al., 2003;Mohanam et al., 1997). Die Komplexität des uPA-Systems bietet jedoch mehr als eine Möglichkeit zur Intervention. Sowohl die Synthese eines uPAR-Inhibitors auf Basis der uPA-Aminosequenz (Kobayashi et 54 al., 1994) als auch die Zyklisierung der uPA-Bindungsstelle für uPAR (Burgle et al., 1997) verhindern die Komplexbildung und die korrekte Funktion der Protease. Mittels eines Bakteriophagen, welcher einer Reihe von randomisierten Peptiden ausgesetzt wurde, gelang es, einen uPAR-Inhibitor zu identifizieren, dessen Affinität weit stärker als die von uPA ist. (Goodson et al., 1994) Außerdem existieren weitere uPA-Antagonisten, wie Suramin, welche einen nicht-kompetitiven Mechanismus aufweisen. (Behrendt et al., 1993) Die Verlaufsmessungen der verschiedenen Proteasen im Tumorgewebe (Vince et al., 2002) zeigen in Kombination mit den Messungen der Tumorvolumina am Tag der Explantation, dass eine Verlaufsdauer von 19 bzw. 21 Tagen bei Studien mit dem C6-Gliommodell ideal ist. Zu Beginn des Tumorwachstums wird der uPA-Rezeptor uPAR, welcher als Aktivator von uPA dient, nur ungenügend exprimiert. Wahrscheinlich als Reaktion auf den uPAR-Mangel zeigt uPA zum gleichen Zeitpunkt eine Überexpression. Steigt die uPAR-Expression an, so nimmt die Expression von uPA parallel dazu ab. 5.5 Die Malignität des Glioblastoma multiforme Die Malignität der C6-Glioblastome konnte im Rahmen dieser Arbeit durch den Nachweis von uPA-exprimierenden Tumorzellen hervorgehoben werden, welche sich weit entfernt vom makroskopisch abgrenzbaren Tumor befanden. Die Inoperabilität dieser Zellnester in der Infiltrationszone ist die Hauptursache für die extrem hohe Rezidivrate und die geringe Lebenserwartung von 12 Monaten bei GBM. (Parney et al., 2000) Insgesamt helfen die Ergebnisse dieser Arbeit zu einem besseren Verständnis des Tumorwachstums innerhalb des C6-Gliommodells und führen zu einem effektiven Einsatz der Tierversuche. Der Nachweis, dass das infiltrative Wachstum des C6-Glioms, gleichsam wie das des humanen GBM, auf der Funktion der Enzymprotease uPA basiert, validiert die Forschung mit dem C6-Gliommodell und die Übertragung der Ergebnisse auf klinische Studien. 5.6 Auswirkungen der Applikation von WX-UK 1 Der Wirkstoff WX-UK1 ist ein uPA-Inhibitor, welcher kompetitiv an die proteolytische Domäne des uPA bindet. (Stuerzebecher et al., 1999) Nachdem sich WX-UK1 an uPA angelagert hat, kann uPA zwar noch über das aminoterminale Ende eine Verbindung mit 55 seinem Rezeptor uPAR eingehen, die proteolytische Aktivität wird aber unterbunden. Die Degeneration der ECM wird stark eingeschränkt, und die Tumorzellen können nicht in das gesunde Hirngewebe vordringen. Im Idealfall kann der solide Tumor restlos entfernt werden, ohne dass eine Infiltrationszone die scharfe Trennung vom Hirngewebe erschwert. Die intraperitoneale Gabe von WX-UK1 über einen Zeitraum von 19 bzw. 21 Tagen hat in diesem Versuchsaufbau keinen signifikanten Einfluss auf das Wachstum des C6-Glioblastoms erkennen lassen. Bei der Ursachensuche muss in Betracht gezogen werden, dass die Dosis des Wirkstoffes, welche das Gehirn erreicht, zu gering ist. Einerseits kann hier die mangelnde Passage der Peritonealschranke zu Grunde liegen, andererseits kann aber auch der beschleunigte Abbau des WX-UK1 im Blut oder die ungleichmäßige Verteilung im Körper die Ursache sein. Die Berechnung der injizierten Dosis beruht auf Daten, welche von der Firma Wilex, München in vorausgegangenen in vitro-Untersuchungen erhoben wurden. Für die intraperitoneale Injektion ergab sich somit eine empfohlene Dosis von 1,5 mg/kg täglich. In Zukunft sollte die Dosisberechnung außerdem mit vergleichbaren Daten zur i.p.-Injektion, sowie zur zerebralen Biodistribution abgeglichen werden und gegebenenfalls eine Erhöhung der Tagesdosis erfolgen.(Carpentier, 2005) Bei Glioblastomen wird regelmäßig eine lokale Störung der Bluthirnschranke beobachtet. Das Eindringen von H2O-Molekülen und Kontrastmittel führt zu ausgeprägten Ödemen in der Umgebung des Tumors und zur eindeutigen Markierung des Tumors in der CT-Untersuchung. Der Einfluss des Tumors bedeutet allerdings keinesfalls die vollständige Auflösung der Bluthirnschranke. So ist möglicherweise die Permeabilität der Bluthirnschranke auch bei voller Tumoraktivität nicht ausreichend, um den Wirkstoff WX-UK 1 in therapeutisch wirksamer Menge penetrieren zu lassen. (Kato et al., 2005;Carpentier, 2005) Die Tumorzellen werden sozusagen durch die Bluthirnschranke vor äußeren Angriffen geschützt und können ihr Wachstum ungehindert fortsetzen. Weiterhin kann im Tumorgewebe selbst eine gehäufte Komplexbildung zwischen WX-UK1 und unspezifischen Proteasen auftreten. Besonders die Substitution des naiven uPA-Inhibitors mit Ethoxycarbonyl-Derivat (EXO) beeinflusst die Spezifität für uPA (k = 0.49) negativ und bewirkt sowohl für Plasmin (k = 0.39), als auch für Trypsin (k = 0.037) eine größere Affinität. Das Resultat kann eine unzureichende Inhibition von uPA sein ohne weiteren Einfluss auf das Wachstum des Tumors. Außerdem ist es denkbar, dass die Tumorzellen in Anbetracht der uPA-Inhibition alternative Wege entwickeln, um ihre Migration zu beschleunigen. Dies 56 könnte über eine direkte Aktivierung der Matrixmetalloproteasen (MMPs) oder eine verstärkte Autoaktivierung des Plasminogens erfolgen. 5.7 Ausblick Die erfolgreiche Funktion von WX-UK1 wurde sowohl in vitro (Ertongur et al., 2004) als auch in vivo bei mehreren Tierstudien besonders für das Mamma-CA bewiesen. Weitere Bemühungen, welche den Einfluss von WX-UK1 auf das Wachstum von GBM untersuchen, müssen eine ausreichende Biodistribution des Wirkstoffes an den Wirkort sicherstellen. Mit Blick auf die bisherigen Ergebnisse ist dann eine Abnahme der Tumorinvasion auch beim GBM zu erwarten. Eine höhere Spezifität des Wirkstoffes würde verhindern, dass neben der eigentlichen Zielsubstanz uPA auch andere Proteasen, wie Plasmin und Trypsin blockiert werden. 57 6. Zusammenfassung Gegenstand dieser Doktorarbeit war die Beschreibung des Urokinaseplaminaktivators uPA im C6-Sphäroidmodell der Ratte und dessen Lokalisation in Bezug auf den Primärtumor. Das hierbei verwendete Tiermodell basiert auf der C6-Tumorzellreihe, welche durch Transfektion von Rattengliomzellen mit dem Vaskularisierungsfaktor VEGF entwickelt wurde. Die gesteigerte Expression von VEGF resultiert in einer stärkeren Vaskularisierung und einer erhöhten Wachstumsrate des Tumors. Im Vorfeld der Tumorimplantation konnte die Expression von uPA durch die C6-Tumorzellen mittels reverser RNA-Transkription und Polymerasekettenreaktion nachgewiesen werden. In vitro gelang der Nachweis von uPA im C6-Sphäroiden mittels Fluoreszenz-Färbung. Im Rahmen des Tierversuches wurden aus den Tumorzellen ca. 300µm große Sphäroide hergestellt, welche den Ratten in den Kortex des linken Frontallappens implantiert wurden und dort solide Hirntumoren bildeten. Die Versuchstiere wurden anschließend in zwei Gruppen aufgeteilt. Der Positivgruppe wurde täglich über einen Zeitraum von 19 bzw. 21 Tagen der Proteasehemmer WX-UK1 in die Bauchhöhle injiziert, die Kontrollgruppe erhielt ein Placebo. Nach Ablauf des Behandlungszeitraumes konnte an den explantierten Gehirnen mittels histochemischer Peroxidasefärbung die Protease uPA im Tumorgewebe nachgewiesen werden. Die Konzentration von uPA war besonders im invasionsaktiven Bereich des Tumors erhöht. Dieser entspricht der Randzone des soliden Tumors, sowie den distanzierten Tumorzellnestern im gesunden Hirngewebe, welche als so genannte Invasionszone zusammengefasst werden. Die tragende Rolle von uPA bei der Invasion der Tumorzellen in das gesunde Hirngewebe konnte somit bestätigt werden. Die Messung von erhöhten uPA-Konzentrationen an der Basalmembran von Hirngefäßen korreliert mit Beobachtungen, dass die Tumorzellen entlang von Gefäßen und Plexus migrieren, aber nicht in der Lage sind, in das Gefäßlumen einzudringen. Der Nachweis der erfolgreichen orthotopen Sphäroidimplantation mittels MRT-Bildgebung der Hirntumoren unterstreicht den Vorteil der offenen Implantationstechnik gegenüber der Zellinjektion. 58 Die peritoneale Verabreichung des Proteasehemmers WX-UK1 führte im Rahmen dieser Untersuchungen zu keiner signifikanten Reduktion des Tumorwachstums, welches mittels Volumenmessung im MRT dokumentiert wurde. Des Weiteren konnte keine Minderung der uPA-Konzentration in den Tumoren der Positivgruppe gegenüber der Kontrollgruppe gemessen werden. Neben der fehlenden Biodistribution des Wirkstoffes kommen hierfür auch eine mangelnde Spezifität von WX-UK1 für uPA oder ein alternativer Aktivierungsweg der Proteolyse innerhalb der Tumorzellen in Betracht. Diese Arbeit führt zur Weiterentwicklung des C6-Sphäroidmodells und unterstützt die zukünftige Entwicklung von Wirkstoffen gegen das Tumorwachstum auf Basis der antiinvasiven Therapie. 59 7. Abkürzungsverzeichnis α 2MR/LRP A.d. Ang. α 2-Makroglobulin-Rezeptor/low density lipoprotein-related protein Aqua dest. Angiotensin BSA Bovines Serum Albumin °C CISS CR 3 CT Grad Celsius Constructive interference in steady state Complement Rezeptor 3 Computertomographie DAB DMEM DMSO DTT p-Dimethyl-Aminoazobenzol Dulbecco’s modified Eagle’s Medium Dimethylsulfoxid Dithiothreitol ECM EDTA ELISA EXO Extrazellulärmatrix Ethylendiamintetraacetat Enzyme linked immune sorbent assay Ethoxycarbonyl-Derivat FCS FMM FGF-2 Fetal calf serum Fluorescent Mounting Medium Fibroblast growth factor 2 GBM GPI Glioblastoma multiforme Glykosyl Phosphatidylinositol i.m. Intramuscular µm Mikrometer MMP MMLV mRNA MRT Matrixmetalloprotease Mariner Maloney-Leukämie-Virus Messenger-RNA Magnetresonanztomographie NMR NaCl NO Nuclear magnetic resonance Natriumchlorid Stickoxid PAI-I PBS PDGF POD Plasminogen Aktivator Inhibitor 1 Phosphate buffered Saline Platelet derived growth factor Tage nach Implantation Rpm RNA Rounds per minute Ribonucleic Acid 60 Serpin Serinprotease-Inhibitor TIPPS TNF-α TGF-β tPA Nα-Triisopropyl-Phenylsulfonyl Tumor Nekrose Faktor α Tumor Growth Faktor β Tissue Plasminogen Aktivator uPA uPAR Urokinase Plasminogen Aktivator Urokinase Plasminogen Aktivator Rezeptor VEGF Vascular endothelial growth factor WHO WX-UK 1 World Health Organisation Wilex® Wirkstoff Serinproteasehemmer ZNS Zentrales Nervensystem 61 8.0 Literaturverzeichnis 1. Abbenante G, Fairlie D (2005) Protease Inhibitors in the Clinic. Medicinal Chemistry 1: 71-104. 2. 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Yuhas JM, Li AP, Martinez AO, Ladman AJ (1977) A simplified method for production and growth of multicellular tumor spheroids 2. Cancer Res 37: 3639-3643. 67 Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei all denen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Herrn Prof. K. Roosen danke ich für die Bereitstellung des Arbeitsplatzes im tumorbiologischen Labor der Neurochirurgischen Klinik Würzburg. Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Giles Vince. Durch seine Geduld und dauernde Unterstützung ermöglichte er diese Arbeit. Auch seine konstruktive Kritik und seine Anregungen waren eine wertvolle Hilfe. Herrn Prof. Dr. W. Roggendorf danke ich für die Übernahme des Korreferates. Dank schulde ich auch Herrn Priv.-Doz. Dr. M. Bendszus für die Durchführung der kernspinntomographischen Versuche. Herzlich bedanken möchte ich mich bei den biologischen Mitarbeitern Herrn Dr. S. Wagner und Frau Dr. V. Hummel für ihren motivierenden Humor und die Hilfe bei der Durchführung der Experimente. Frau Brünner danke ich für die Unterstützung bei der Pflege der Versuchstiere und Frau Kerkau für die gründliche Einweisung in die Zellkultur. Allen biologischen und medizinischen Mitarbeitern des tumorbiologischen Labors der Neurochirurgie danke ich für die wissenschaftliche Zusammenarbeit und die freundschaftliche Unterstützung während meiner gesamten Doktorarbeit. Meinen Eltern und Geschwistern danke ich herzlich für den dauernden familiären Rückhalt und die alternativen Sichtweisen, welche die Lösung vieler Probleme ermöglichten. Curriculum vitae Patrick Johannes Schuler Sartoriusstrasse 14 97072 Würzburg Persönliche Daten Familienstand: ledig Nationalität: deutsch / amerikanisch Religion: römisch-katholisch Alter: 27 Geburtsort: San Diego / California Schulausbildung 09/1984 - 06/1988 Grundschule Neckargemünd 09/1988 – 06/1998 Gymnasium Neckargemünd 01/1995 – 01/1996 Glossop Highschool / South Australia 06/1998 Abitur Wehrdienst 06/1998 – 08/1998 Grundausbildung Marineoperationsschule Bremerhaven 09/1999 – 04/1999 Fregatte Rheinland-Pfalz, Zerstörerflottille Wilhelmshaven Hochschulausbildung 05/1999 – 03/2001 Vorklinisches Medizinstudium an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg 03/2001 Physikum 03/2001 – 11/2005 Klinisches Studium an der Universität Würzburg 08/2002 – 08/2003 Klinisches Studium an der Uppsala Universitetet / Schweden 10/2004 Scarborough Grace Hospital in Toronto / Canada 01/2005 Neurochirurgische Klinik der Universität Würzburg 07/2005 Centralsjukhuset Karlstad / Schweden 11/2005 Approbation Würzburg, den 06. Dezember 2005