Quer durch die Geschichte „Es gibt kein größeres Leid auf Erden als den Verlust der Heimat.“ (Euripides, 431 v. Chr.) Flüchtlinge – einige Zahlen: (aus 2005) Für 2005 meldet das UNO-Flüchtlingskommissariat ca. 9,7 Mio. Flüchtlinge weltweit. Zu den größten Flüchtlingsströmen kam es innerhalb Afrikas: Allein aus dem Sudan, aus Burundi und aus der DR Kongo flüchteten ca. 1,7 Mio. Menschen, wobei der überwiegende Großteil in Afrika blieb. Insgesamt flüchteten in Afrika über 3,1 Mio. Menschen in ein anderes Land, in Asien zirka 3,7 Mio. und in Europa 2,2 Mio. Binnenvertriebene 20 bis 25 Mio. Menschen sind Vertriebene innerhalb des eigenen Staates. Allein innerhalb Kolumbiens sind über 1,2 Mio. Menschen auf der Flucht. Flüchtlinge heute Kriege, Verfolgungen, Menschenrechtsverletzungen, Hunger und Krankheiten führen dazu, dass Menschen ihre Heimat verlassen und in anderen, wenn möglich reicheren Ländern Unterschlupf suchen. Nach Schätzungen der UNO leben weltweit über 40 Millionen Menschen als Flüchtlinge oder in flüchtlingsähnlichen Situationen – die große Mehrheit davon in den Entwicklungsländern und in den sogenannten Schwellenländern. Es wird für die Flüchtlinge jedoch immer schwieriger, in einem Land Aufnahme zu finden. Viele Entwicklungsländer sind kaum in der Lage, die eigene Bevölkerung zu ernähren. Die reichen Länder wiederum sind immer weniger gewillt, ihren Besitz mit anderen zu teilen. Im Jahr 2000 wurden in den EU-15 ungefähr 400 000 Asylanträge registriert, 2005 sank die Zahl auf 210 000. Die wichtigsten Aufnahmestaaten waren Frankreich (ca. 50 000), Großbritannien und Deutschland (je ca. 30 000) und Österreich mit 22 500. Österreich nimmt also, wie die meisten kleineren Länder, im Verhältnis zur eigenen Bevölkerungszahl überproportional viele Flüchtlinge auf. Beispiel Afghanistan Eine jahrzehntelange Fluchtbewegung aus Afghanistan erreichte ihren Höhepunkt: 2136 000 Afghanen flohen, v. a. in den Iran oder nach Pakistan. Dort lebt der Großteil in Flüchtlingssiedlungen unter meist katastrophalen hygienischen Zuständen, ohne Arbeit, ohne Geld. Ca. 400 000 Afghanen leben als Binnenflüchtlinge in Lagern, nachdem sie aus Kriegsgebieten aus ihrer engeren Heimat fliehen mussten. Auch hier herrschen Armut und Hunger. (UNHCR-Bericht 2006) 130 Flüchtlingsströme innerhalb Europas Sogar innerhalb des reichen Europas kommt es zu Flüchtlingsströmen. Im ehemaligen Jugoslawien mussten seit den 1990er-Jahren unzählige Menschen fliehen, meist aus ethnischen oder religiösen Gründen. Besonders betroffen waren die Kosovo-Albaner und Bewohner aus Bosnien-Herzegowina. Viele versuchen in das reiche Westeuropa zu gelangen, ein Großteil aber bleibt als Binnenflüchtling im eigenen Land oder flieht nach Serbien oder Kroatien. Für 2003 erfasste die UNO für die Länder Ex-Jugoslawiens fast 600 000 Binnenvertriebene. „Produziert“ der Westen Flüchtlinge? Nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center 2001 begannen die USA einen Krieg gegen Afghanistan. Eine Flüchtlingswelle setzte ein, an der Grenze zu Pakistan warteten Hunderttausende auf eine Ausreisemöglichkeit. Seit 2005 steigen die Flüchtlingszahlen wieder, nicht zuletzt aufgrund des Irakkrieges: Für den bereits beobachteten Anstieg macht der Bericht unter anderem die Lage im Irak verantwortlich. Ende 2007 gab es dort allein 2,4 Millionen Binnenvertriebene (Anfang 2007: 1,8 Mio.). Einen starken Zuwachs von 400 000 Vertriebenen auf eine Million verzeichnete auch Somalia. Bei den grenzüberschreitenden Flüchtlingen stehen Afghanen und Afghaninnen an der Spitze (3 Mio.), gefolgt von Irakern und Irakerinnen (2 Mio.). (UNHCR aktuell, 18. 6. 2008) Welche Einstellung der reichen Europäer gegenüber Flüchtlingen wird hier kritisiert? Afrika ist der Kontinent mit den weltweit meisten Vertriebenen. Wie diesen (Binnen-)Flüchtlingen aus der Region Darfur (Sudan) bleibt ihnen meist nur das Allernotwendigste zum bloßen Überleben. Flüchtlinge nach Österreich: Wann und weshalb kam es zu Flüchtlingswellen in unser Land? (vgl. Kapitel 9) Quer durch die Geschichte Kinder im Krieg Jetzt, in dem Augenblick, in dem du diese Zeilen liest, stehen weltweit schätzungsweise 200 000 Kinder unter 15 Jahren unter Waffen: Kindersoldaten, die an vorderster Front kämpfen müssen. Jene, die nicht sterben, tragen schwere psychische Schäden davon und sind kaum mehr in eine funktionierende Gesellschaft einzugliedern. Der 14-jährige Sheik aus Sierra Leone wurde ausschließlich zum Töten ausgebildet, er erzählt: „Ich habe nie gezählt, wie viele Menschen ich erschossen habe. Mitleid gibt es nicht. Du willst töten, denn das ist dein Auftrag – töte deinen Feind!“ Warum ist es deiner Meinung nach möglich, aus Kindern Killer zu machen? Aber nicht nur in Afrika werden Jugendliche als Soldaten missbraucht. Der Iran etwa schickte gegen den Irak bewusst 500 000 Kinder in den sicheren Tod und missbrauchte sie zum Minensuchen: Die Mullahs erzählten uns wochenlang, dass die Irakis kleine, dunkelhäutige hässliche Menschen seien, die stinken und selten beten. In Reih und Glied schickten sie uns über ein riesiges, offenes Wüstenfeld, das von den Irakern mit tausend Minen gespickt war. Wie Automaten schritten wir voran, bleich, mit Angstschweiß auf der Stirn. Dann eine Explosion, Fleischfetzen flogen an mir vorbei, ein Kopf. Ich wurde vom Luftdruck zu Boden geschleudert, rappelte mich wieder auf, marschierte weiter, weil es so befohlen war – bis zur nächsten Explosion. Allein an diesem Tag starben 1500 Kinder. (Behrouzi, Reza: Ich habe keine Tränen mehr, Wien 1994) Das Geschäft mit den Minen Produziert werden die Personenminen in 44 Ländern, vor allem in China, den USA und in Europa. Eine Mine kostet zwischen $ 3,60 und $ 580). Der legale Jahresum- Kinder als Soldaten in Kambodscha satz weltweit liegt bei ca. 73 Mio. $. Besonders grausam sind die Minen gegen die Zivilbevölkerung; getarnt als Schuhpastadosen oder gar als Spielzeug richten sie Schreckliches an: Kinder, die diese vermeintlichen Spielsachen angreifen, werden zerfetzt. Auf diese Weise will man die feindliche Zivilbevölkerung in Angst und Schrecken versetzen. Die Minen bleiben auch nach Kriegsende eine ungeheure Gefahr. Weltweit sterben täglich 30 Menschen, großteils Kinder, weil sie beim Holzsammeln oder Spielen auf „vergessene Minen“ treten. Jede Stunde wird im Schnitt ein Mensch verstümmelt. Allein im afrikanischen Angola verlieren so jedes Jahr an die 70 000 Menschen Hände oder Füße. Weltweit liegen nach Schätzungen der UNO noch immer 110 Millionen Landminen in 63 Ländern vergraben. Besonders viele Minen gibt es in Afrika und an den asiatischen Schauplätzen des Kalten Krieges, z. B. Kambodscha, Vietnam oder Afghanistan. Gefährlich ist die Situation bis heute auch in vielen Teilen des ehemaligen Jugoslawien, wo während des Krieges in den 1990er-Jahren ganze Landstriche vermint wurden. Bis heute konnten noch nicht alle Felder völlig entmint werden. Minenopfer Landminen Alle 20 Minuten wird weltweit ein Mensch durch eine Landmine verletzt oder getötet. Bisher haben 156 Staaten die Ottawa Konvention gegen Landminen unterzeichnet, jedoch noch nicht die Hauptminenproduzenten USA, China und Russland. (Stand September 2007) Internet-Tipp: Gemeinsam gegen Landminen – www.ggl-austria.at 131