SWR: AloHA. Das klingt nach Hawaii, nach Blumen und

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SWR: AloHA. Das klingt nach Hawaii, nach Blumen und Tanz, ist aber etwas ganz anderes.
AloHA steht für Arbeitslosigkeit, eben Alo, und HA ist die Abkürzung für Hilfe-Aufsuchen. Es ist
ein ganz neues Projekt der Psychiatrie II an der Uni Ulm zum Thema Arbeitslosigkeit und
psychische Belastung. Zum offiziellen Auftakt heute begrüße ich Prof. Nicolas Rüsch bei uns im
Studio. Es gab ja schon eine Vorstudie mit Arbeitslosen, Herr Prof. Rüsch. Leiden denn
Arbeitslose anders oder mehr?
Rüsch: Die Häufigkeit psychischer Erkrankungen ist bei Menschen, die arbeitslos sind,
wesentlich höher als in der Allgemeinbevölkerung. Das steht fest. Und wir wissen auch, dass
Menschen, die arbeitslos sind, für ihre Erkrankung seltener, noch seltener, Hilfe suchen als
Menschen in der Allgemeinbevölkerung.
SWR: Und in Ihrer neuen Studie wollen Sie jetzt herausfinden, warum manche Arbeitslose mit
psychischen Problemen Hilfe suchen und andere gar nicht?
Rüsch: Genau. Wir wollen verstehen, warum so wenige für ihre psychischen Belastungen oder
Erkrankungen Hilfe suchen und welche Faktoren Hilfe-Suche erleichtern können und welche
Faktoren Hilfe-Suche im Wege stehen.
SWR: Haben Sie da schon einen Verdacht, was hinderlich ist?
Rüsch: Es gibt einige Hinweise aus der Literatur, auch aus der Vorstudie, die wir durchgeführt
haben. Viele Menschen realisieren gar nicht, dass sie psychisch krank sind, erkennen zum
Beispiel eine Depression nicht. Viele wissen nicht, wo sie sich Hilfe suchen können. Viele
fürchten auch bei Hilfesuchen, also beim Gang zum Psychiater/Psychotherapeuten, als krank,
als anders abgestempelt zu werden. Das sind mögliche Faktoren, denen wir nachgehen.
SWR: Werden denn Menschen mit psychischen Problemen arbeitslos oder sind die Arbeitslosen
erst ohne Arbeit und werden dann krank?
Rüsch: Wahrscheinlich ist beides möglich, beides kommt vor und kann auch in einen
Teufelskreis münden. Was allerdings die Ursache jetzt im Einzelfall ist, ist für uns gar nicht die
zentrale Frage, so wichtig das Thema auch ist, sondern wir wollen wissen, wie die Leute aus
diesem Teufelskreis ausbrechen können, durch das Aufsuchen guter Behandlung und Hilfe für
ihre psychische Problematik.
SWR: Gibt es denn überhaupt genügend Hilfe? Man weiß ja bei niedergelassenen
Psychotherapeuten gibt es oft lange Wartezeiten.
Rüsch: Das ist ein wichtiger Punkt. Das könnte ein strukturelles Problem sein, dass Hilfeplätze
fehlen. Das wird auch ein Ergebnis unserer Studie sein.
SWR: Oder die Kostenfrage, vor der man Angst hat.
Rüsch: Genau, wobei wahrscheinlich gute Behandlung kosteneffizient ist, weil sie die Leute
früher wieder in die Arbeitsverhältnisse bringt. Das spart ja natürlich gesamtwirtschaftlich
gesehen auch Kosten.
SWR: Und wie gehen Sie jetzt diese neue AloHA Studie an? Mit wem machen Sie die Studie?
Rüsch: Wir hatten eine Vorstudie mit 15 Einzelinterviews psychisch belasteter Arbeitsloser und
jetzt beginnt - deshalb heute auch der Auftakt - die Hauptuntersuchung an einer größeren Zahl
von Menschen, in Süddeutschland von Stuttgart bis Augsburg, die wir zu Beginn ausführlich
befragen werden, wenn sie arbeitslos sind und psychisch belastet und nach 6 Monaten wieder,
um festzustellen, mit welchen Eigenschaften zu Beginn zusammenhängt, ob Betroffene wirklich
nach 6 Monaten Hilfe suchen oder, wenn sie schon in Hilfesystemen sind, die Hilfe abbrechen.
SWR: Um welche Art von psychischen Erkrankungen geht es da eigentlich?
Rüsch: Wir untersuchen alle Formen von Erkrankungen. Das geht von Depressionen, Ängsten,
Suchtprobleme, alles.
SWR: Und was ist das häufigste bei Arbeitslosigkeit?
Rüsch: Studien zeigen in Deutschland, dass Depressionen und Angst sowie psychisch
begründete körperliche Beschwerden am häufigsten sind.
SWR: Und Sie suchen noch Probanden?
Rüsch: Ja, wir suchen Probanden und freuen uns, wenn sich die Leute melden bei der
Universität Ulm, 0731 - 500 - 62303.
SWR: Soviel zum Startschuss der AloHA-Studie über Arbeitslosigkeit und psychische
Belastungen von der Ulmer Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie II. Ich bedanke mich bei
Prof. Nicolas Rüsch für diese Information.
Rüsch: Danke.
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