Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 1 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Grundlagen 2.1 2.2 2.3 Produktion und Wirtschaftswachstum – Das Bruttoinlandsprodukt BIP Arbeitslosigkeit und Inflation – Zwei weitere makroökonomische Variablen Ausblick - Ein Fahrplan für die Vorlesung Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 2 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Produktion und Wirtschaftswachstum – Das BIP Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) ist das Rechnungswesen für eine gesamte Volkswirtschaft. Sie wurde entwickelt, um die aggregierte Wirtschaftsaktivität eines Landes zu messen. Die VGR hat bestimmte Konzepte entwickelt und dann geeignete Maße konstruiert, um diese Konzepte zu messen: aggregierte Wirtschaftsaktivität: Wie messen wir die gesamtwirtschaftliche Leistung? Entstehungsrechnung: Wie und wo entsteht die gesamtwirtschaftliche Leistung? Verteilungsrechnung: Wer bekommt die gesamtwirtschaftliche Leistung? Verwendungsrechnung: Wie und wozu wird die gesamtwirtschaftliche Leistung verwendet? Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 3 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Produktion und Wirtschaftswachstum – Das BIP Die VGR beinhaltet demnach: BIP, BNE, Volkseinkommen, reales BIP, BIP-Wachstum,… Neben der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gibt es weitere unterschiedliche Konzepte in Bezug auf die volkswirtschaftliche Entwicklung: Inflationsraten: Verbraucherpreisindex, BIP-Deflator Zinsen: kurz- versus langfristige Zinsen, Realzins Wechselkurse: Marktkurse vs. Kaufkraftparität Welche dieser Konzepte sollen wir verwenden? Dies hängt von der jeweiligen Frage ab, die wir beantworten wollen. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 4 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Grundlagen Im folgenden werden Antworten auf nachstehende Fragen gegeben: Wie können wir die Wirtschaftsaktivität und das Wirtschaftswachstum messen? Was ist der Unterschied zwischen dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) und dem Bruttonationaleinkommen (BNE)? Wo liegt der Unterschied zwischen Brutto- und Nettonationaleinkommen? Was versteht man unter dem Volkseinkommen? Worin liegt der Unterschied zwischen realem und nominalem BIP? Welche unterschiedlichen Konzepte sollen wir verwenden, um international zuverlässige Vergleiche anzustellen? Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 5 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Grundlagen Bei der Wirtschaftsanalyse ist es wichtig, zwischen folgenden Begriffen genau zu unterscheiden: Nominal: in laufenden Preisen gemessen Real: in konstanten Preisen (inflationsbereinigt) Niveau: Stufe in einer Skala bestimmter Werte Wachstumsraten: prozentuale Veränderungen Prof. Dr. Ansgar Belke Niveau Niveau Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 6 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP, Einkommen und Wertschöpfung Das BIP ist ein Maß für die gesamtwirtschaftliche Produktion in einem bestimmten Zeitraum. Es gibt drei Wege zur Bestimmung des BIP: 1. Entstehungsseite (Produktionsseite): die gesamte Wertschöpfung aller Waren und Dienstleistungen für den Endverbrauch 2. Verteilungsseite: die bei der Produktion erzielten Einkommen 3. Verwendungsseite: der Wert der Ausgaben (gesamtwirtschaftliche Nachfrage) Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 7 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP, Einkommen und Wertschöpfung Verteilungsseite: Wert aller Einkommen Einkommen Summe der Mehrwerte in allen Produktionsstufen Arbeit Haushalte Unternehmen Güter Verwendungsseite: Wert aller Ausgaben Prof. Dr. Ansgar Belke Entstehungsseite: Wertschöpfung der Endprodukte Ausgaben Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 8 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP, Einkommen und Wertschöpfung Es gibt drei Wege zur Bestimmung des BIP: 1. BIP von der Entstehungsseite: 1a. Das BIP erfasst die gesamte Wertschöpfung aller Waren und Dienstleistungen für den Endverbrauch, die in einem bestimmten Zeitraum hergestellt wurden. • • Prof. Dr. Ansgar Belke Ein Endprodukt ist ein Gut, das für den Endverbrauch bestimmt ist. Ein Zwischenprodukt wird zur Produktion anderer Güter eingesetzt. Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 9 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP, Einkommen und Wertschöpfung Ein Beispiel: Stahlunternehmen (Firma 1) Automobilhersteller (Firma 2) Verkaufserlöse 100 € 210 € Ausgaben (Löhne) (Vorleistungen) - 80 € (80 €) (0 €) - 170 € (70 €) (100 €) Gewinne = 20 € = 40 € Wertschöpfung für den Endverbrauch: € 210 Die Produktionsleistung des Stahlunternehmens (€ 100) ist nur ein Zwischenprodukt zur Herstellung der Autos. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 10 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP, Einkommen und Wertschöpfung Es gibt drei Wege zur Bestimmung des BIP: 1b. Das BIP ist die Summe aller Mehrwerte in einem bestimmten Zeitraum. Der Mehrwert bezeichnet die von einem Unternehmen im Produktionsprozess zusätzlich geschaffenen Werte, also Wert der Unternehmensproduktion abzüglich der Werte der eingesetzten Zwischenprodukte. Bsp.: Mehrwert des Stahlunternehmens: entspricht dem Produktionswert von € 100 (keine Nutzung von Zwischenprodukten) Mehrwert des Autoherstellers: Verkaufswert der Autos abzüglich Vorleistungen € 210 - € 100 = € 110 BIP = € 100 + € 110 = € 210 Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 11 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP, Einkommen und Wertschöpfung Es gibt drei Wege zur Bestimmung des BIP: Bislang haben wir das BIP von der Entstehungsseite (der Produktionsseite) aus betrachtet, nun: BIP von der Verteilungsseite: 2. Das BIP ist die Summe aller Einkommen in einem bestimmten Zeitraum. Ein Großteil der Einnahmen wird zur Zahlung von Löhnen und Gehältern verwendet (Arbeitnehmerentgelt). Der Rest geht an die Unternehmen und an Personen, die Mittel zum Erwerb von Kapitalgütern zur Verfügung gestellt haben (Unternehmens- und Vermögenseinkommen). Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 12 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP, Einkommen und Wertschöpfung Beispiel: Berechnung des BIP von der Verteilungsseite Einkommen (Stahl) Arbeit = € 80 Kapital = € 20 €100 Einkommen (Auto) Arbeit = € 70 Kapital = € 40 €110 Summe € 150 € 60 € 210 BIP = € 150 + € 60 = € 210 Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 13 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP, Einkommen und Wertschöpfung Es gibt drei Wege zur Bestimmung des BIP: BIP von der Verwendungsseite: 3. Das BIP entspricht dem Wert aller Ausgaben, also der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Die Wertschöpfung lässt sich auch von der Nachfrage- oder Verwendungsseite her ermitteln: In einer geschlossenen Volkswirtschaft muss die Summe aller Einkommen von Arbeitnehmern (Löhne) und Unternehmern (Gewinne) genau dem entsprechen, was für Konsum und Investition ausgegeben wird. Bsp.: nur Konsumausgaben; alle Einkommen werden für den Kauf von Autos verwendet Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 14 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP und BNE BIP vs. BNE: Produktion vs. Einkommen In einer offenen Volkswirtschaft kann sich der Wert der inländischen Produktion vom Einkommen der Inländer unterscheiden: Bruttoinlandsprodukt (BIP) inländische Produktion (engl.: GDP) Bruttonationaleinkommen (BNE) Einkommen aller Inländer (engl.: GNP) BIP: Marktwert aller Endgüter und Dienstleistungen, die in einer bestimmten Periode in einem Land produziert werden; Inlandskonzept (Landesgrenzen) BNE: Marktwert aller Endgüter und Dienstleistungen, die in einer bestimmten Periode von den dauerhaften Einwohnern eines Landes produziert werden; Inländerkonzept (Einwohnerzugehörigkeit) Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 15 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP und BNE Wer ist Inländer? alle Gebietsansässigen eines Wirtschaftsgebietes unabhängig von der Staatsangehörigkeit und der Rechtsform (Ausnahme: Angehörige ausländischer Streitkräfte und diplomatischer Vertretungen) Unterschied: Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen BNE = BIP + Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen BIP - an die übrige Welt geleistete Primäreinkommen + aus der übrigen Welt empfangene Primäreinkommen = BNE d.h. addiere im Ausland erzielte Einnahmen der Inländer; subtrahiere im Inland erzielte Einnahmen der Ausländer Der Unterschied zwischen BIP und BNE ist in der Regel gering. Ausnahmen: Kuwait, Irland (siehe Kapitel 18, S. 541 Blanchard / Illing) Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 16 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation BIP, BNE und Volkseinkommen Deutschland: Inlandsprodukt und Nationaleinkommen in Mrd. EUR, in laufenden Preisen, 2009 Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen (BIP) + Saldo der Primäreinkommen aus der übrigen Welt = Bruttonationaleinkommen zu Marktpreisen (BNE) - Abschreibungen = Nettonationaleinkommen zu Marktpreisen (NNE) - Indirekte Steuern und Importabgaben + Unternehmenssubventionen 2407,20 43,20 2450,40 364,97 2085,43 296,81 26,38 = Nettonationaleinkommen zu Faktorkosten (Volkseink.) Arbeitnehmerentgelt + Unternehmens- und Vermögenseinkommen = Volkseinkommen 1815,00 1223,90 591,10 1815,00 Quelle: Statistisches Bundesamt, www.destatis.de, April 2010 Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 17 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Nominales und reales BIP Das nominale BIP ist die Summe aller verkauften Endprodukte, bewertet zu den jeweiligen Preisen, d.h. zu den Preisen der gerade betrachteten Periode. Das Nominale BIP wächst über die Zeit, da 1. die Produktion der meisten Güter im Zeitablauf zunimmt. 2. aber auch die Preise der meisten Güter steigen. Das reale BIP gibt die Summe aller verkauften Endprodukte, bewertet zu konstanten (nicht jeweiligen) Preisen an. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 18 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Nominales und reales BIP Jahr Zahl der Autos Preis eines Autos Nominales BIP 2000 10 20.000 € 200.000 € 2001 12 24.000 € 288.000 € 2002 13 26.400 € 343.200 € Basisjahr 2000 zur Berechnung des realen BIP: Jahr Zahl der Autos Preis eines Autos 2000 10 20.000 € 200.000 € 2001 12 20.000 € 240.000 € 2002 13 20.000 € 260.000 € Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Reales BIP Folie 19 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Nominales und reales BIP Das nominale BIP bezeichnet man auch als BIP in jeweiligen Preisen. Das reale BIP bezeichnet man auch als BIP zu konstanten Preisen oder BIP in Preisen des Basisjahres. Das Basisjahr in Deutschland war zuletzt 1995. Beachte: seit 2005 Umstellung auf Verkettung, neues Basisjahr 2000; Bezeichnung des realen BIP nun als preisbereinigtes BIP Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 20 BIP Deutschland Mrd. € Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Nominales und reales BIP 650 115 600 110 550 105 500 100 450 95 400 90 350 85 300 Q1-91 80 Prof. Dr. Ansgar Belke Q1-94 Q1-97 nominales BIP Q1-00 reales BIP Q1-03 Q1-06 Q1-09 BIP-Deflator (rhs) Quelle: Statistisches Bundesamt Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 21 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Nominales und reales BIP Die Wachstumsrate des realen BIP berechnet sich wie folgt: Yt − Yt −1 gYt = Yt −1 Perioden mit positivem Wachstum des realen BIP bezeichnet man als Expansion. Perioden mit negativem Wachstum des realen BIP bezeichnet man als Rezession. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 22 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Nominales und reales BIP Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 23 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation 2-2 Arbeitslosigkeit und Inflation – zwei weitere makroökonomische Variablen Das BIP ist die wichtigste makroökonomische Variable. Aber zwei weitere Variablen geben uns weitere wichtige Informationen über die Entwicklung der Volkswirtschaft: 1. Inflation 2. Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 24 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Die Inflationsrate Inflation ist ein anhaltender Anstieg des allgemeinen Preisniveaus. Die Inflationsrate ist die Rate, mit der das Preisniveau steigt. Deflation ist ein anhaltender Rückgang des allgemeinen Preisniveaus; dies entspricht einer negativen Inflationsrate. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 25 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Der BIP-Deflator nominales BIPt Pt = reales BIPt Der BIP-Deflator ist eine sogenannte Indexzahl – sie wird in der Regel für ein Basisjahr (momentan 2000) gleich 100 gesetzt. Die Wachstumsrate des BIP-Deflators ist die Inflationsrate: Pt − Pt −1 πt = Pt −1 Das nominale BIP ist gleich dem Produkt aus BIPDeflator und realem BIP. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 26 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Wachstumsrate des nominalen BIP Wachstumsraten Wachstumsrate des nominalen BIP: Wachstumsrate des realen BIP: Wachstumsrate des Preisniveaus (= Inflationsrate): Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I g BIPt = ΔBIPt Pt ⋅ Yt − Pt −1 ⋅ Yt −1 = BIPt −1 Pt −1 ⋅ Yt −1 ΔYt Yt − Yt −1 gYt = = Yt −1 Yt −1 ΔPt Pt − Pt −1 πt = = Pt −1 Pt −1 Sommersemester 2011 Folie 27 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Wachstumsrate des nominalen BIP Dann gilt: gBIPt denn: Pt = (1 + π t )Pt −1 gBIPt ΔBIPt ΔPt ΔYt = ≈ + = π t + gYt BIPt −1 Pt −1 Yt −1 Yt = (1+ gYt )Yt−1 PtYt − Pt −1Yt −1 ( 1 + π t )(1 + gY ) Pt −1Yt −1 − Pt −1Yt −1 = = Pt −1Yt −1 Pt −1Yt −1 t = (1 + π t )(1 + gYt ) − 1 = π t + gY + 144244 3 Prof. Dr. Ansgar Belke t (1+π t + gYt +π t ⋅gYt ) Makroökonomik I π t ⋅ gY ≈ π t + gY 123t t ≈0 für π t , gYt "klein" Sommersemester 2011 Folie 28 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Der Verbraucherpreisindex Der BIP-Deflator ist ein Maß für den Durchschnittspreis der Produktion und misst somit die Preisentwicklung aller produzierten Endgüter. Der Verbraucherpreisindex (VPI) (früher Preisindex der Lebenshaltung) misst den Durchschnittspreis der Konsumgüter. Die Menge der konsumierten Güter ist nicht gleich der Menge der produzierten Güter: Manche Endgüter werden an Unternehmen, den Staat oder das Ausland verkauft. Manche Konsumgüter werden nicht im Inland produziert, sondern importiert. Der VPI und der BIP-Deflator verlaufen dennoch die meiste Zeit über recht ähnlich und sind hoch korreliert. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 29 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Der Verbraucherpreisindex Inflationsrate unter Verwendung des VPI und des BIP‐Deflators Meistens sind die Verläufe des VPI und des BIPDeflators einander sehr ähnlich. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 30 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Der Verbraucherpreisindex Praktische Probleme bei der Berechnung: In der Gesamtwirtschaft gibt es viele Güter. Die relativen Preise ändern sich ständig. Wie berechnen wir die Inflationsrate korrekt? Wie erfassen wir Substitutionseffekte und Qualitätsverbesserungen? Welche Gewichtung haben einzelne Güter bei der Berechnung? Beispiel: Euro-Umstellung, „gefühlte“ vs. gemessene Inflationsrate Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 31 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Der Euro als Teuro? Lebens- und Genussmittel Produkt/Dienstleistung Anteil am Warenkorb Teuerung (in Promille) April 2002 April 2001 (in %) Produkt/Dienstleistung Anteil am Warenkorb (in Promille) Teuerung April 2002 April 2001 (in %) Gesamtlebenshaltung Langkornreis, parboiled Weißbrot Toastbrot Roggenbrot Brötchen Pizza, tiefgekühlt Kalbsschnitzel Schweinekotelett Schweinebauchfleisch Schweinebraten Lammfleisch Putenschnitzel Kopfsalat Lauch Weißkohl Wirsingkohl Chinakohl Tomaten grüne Paprikaschoten Salatgurken Tafeläpfel Tafelbirnen Weintrauben Kiwi Gesamtlebenshaltung Wohnungsmieten (einschl. Mietwert der Eigentümerwohnungen) 4-Raum-Wohnung, Neubau, Bad, ZH, netto, freifinanziert Strom Gas extra leichtes Heizöl Bohnenkaffee Kaffee, entkoffeiniert Instant-Bohnenkaffee Hundefutter Vogelfutter 1000,00 1,6 171,53 1,5 109,36 1,2 25,84 10,96 5,87 4,16 0,52 0,51 2,37 0,50 4,7 -6,0 -6,7 -2,3 -2,2 -0,3 1,1 1,2 Prof. Dr. Ansgar Belke 1000,00 0,41 0,48 0,54 1,59 3,99 2,37 0,22 1,85 0,52 2,57 0,19 0,74 0,75 0,87 0,20 0,11 0,14 0,95 0,78 0,55 2,58 0,47 1,29 0,71 1,6 1,4 3,0 1,8 2,7 7,3 4,9 1,4 -5,7 -3,1 -2,4 4,7 -2,6 -20,6 -24,4 33,1 15,3 15,1 51,9 -24,2 -18,1 12,0 7,7 -9,2 30,0 Makroökonomik I Pkw über 1 500 ccm bis 2 000 ccm Hubraum Pkw über 2 000 ccm Hubr. Normalbenzin - Bleifrei, Markenware, Selbstbedienung Normalbenzin - Bleifrei, Ringfrei, Selbstbedienung Superbenzin - Bleifrei, Markenware, Selbstbedienung PC, IBM kompatibel Tintenstrahldrucker, s.-w. Sommersemester 2011 21,01 3,3 6,12 1,1 10,27 2,2 1,80 2,1 12,98 2,2 5,14 1,28 -16,0 -17,2 Folie 32 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Der hedonische Preisindex Qualitätsverbesserungen: Beispiel Computer: Neue Generation von Prozessoren Gleicher Preis der PCs, aber Geräte doppelt so schnell Offizielle Statistik: Preissteigerung von Null Tatsächlich aber: Wegen besserer Qualität ist der Preis für das gleiche Gut effektiv gesunken. Um wie viel? Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 33 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Der hedonische Preisindex Hedonischer Preisindex: Angenommen, Konsumenten wären bereit, für neue Generation 20% mehr zu zahlen: Korrekter Index müsste Preissenkung von 20% ausweisen Beim hedonischen Preisindex versucht man, Effekte von Qualitätsverbesserungen (Nutzengewinn) aus dem Preisindex heraus zu rechnen. Wird in den USA seit 1998 verwendet → gemessene Inflationsraten sind niedriger. Gefahr: Manipulationsspielraum Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 34 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Bedeutung der Inflation Warum machen sich Ökonomen überhaupt Gedanken über Inflation? In Zeiten steigender Preise nehmen nicht alle Preise und Löhne gleichmäßig zu. Inflation beeinflusst deshalb die Einkommensverteilung. Weitere Verzerrungen: • Schwankungen der Preise erzeugen verstärkte Unsicherheit: Es wird schwieriger, rationale Zukunftsentscheidungen zu treffen. • Die mit hohen Steuersätzen verbundenen Verzerrungen verstärken sich bei steigender Inflation. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 35 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Die Arbeitslosenquote Erwerbspersonen = Beschäftigte + Arbeitslose L = N + U U Arbeitslosenquote: u = L Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 36 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Die Arbeitslosenquote Nach der Definition der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) zählen zu den Erwerbslosen all die Personen, die laut Befragung ohne Arbeit sind, innerhalb von zwei Wochen eine Beschäftigung aufnehmen können und in den letzten vier Wochen selbst eine Arbeit gesucht haben. Dies gilt unabhängig davon, ob sie als arbeitslos gemeldet sind. Individuen ohne Job, die es aufgegeben haben nach Arbeit zu suchen, werden auch als Discouraged workers bezeichnet. Erwerbspersonen Partizipationsrate = erwerbsfähige Bevölkerung Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 37 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Entwicklung der Arbeitslosenquote Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 38 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Die Arbeitslosenquote Das Gesetz von Okun ist eine Beziehung zwischen der Veränderung der Arbeitslosenquote und dem BIP-Wachstum. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 39 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Gesetz von Okun für Deutschland Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 40 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Inflation und Arbeitslosigkeit Prof. Dr. Ansgar Belke Die Phillipskurve ist eine Beziehung zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit. Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 41 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Phillipskurve für Deutschland Prof. Dr. Ansgar Belke Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 69 Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 42 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation 2-3 Ausblick - Ein Fahrplan durch die Vorlesung Kern der Vorlesung (und des Buches): Was bestimmt das Produktionsniveau? Kurze Frist: Gesamtwirtschaftliche Nachfrage (Kapitel 3-5) Mittlere Frist : Gesamtwirtschaftliches Angebot (verfügbare Ressourcen Kapital und Arbeit; technisches Wissen) (Kapitel 6-9) Lange Frist: Ersparnis, Ausbildung, Forschung und Innovation, verläßliches Rechtssystem, Qualität der Regierung (Kapitel 10-13) Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 43 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Ausblick - Ein Fahrplan durch die Vorlesung Was bestimmt das Produktionsniveau? Unterschiedliche Sichtweisen führen zu unterschiedlichen Antworten: Kurzfristige Analyse: Schwankungen der Nachfrage als wesentlicher Bestimmungsfaktor (Konsum, Investitionen, Staatskonsum, Nettoexporte) Mittelfristige Analyse: Angebotsseite als Hauptdeterminante: Produktionspotential: verfügbare Ressourcen Arbeit, Kapital; verfügbare Technologie Hier endet die Vorlesung Makroökonomik I Langfristige Analyse: Was bestimmt die Wachstumsrate (Veränderungen des Trends)? Sparrate, technischer Fortschritt (Innovationen), Investitionen in Humankapital und Patente Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 44 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Ausblick - Ein Fahrplan durch die Vorlesung Erweiterungen: diskutieren folgende Aspekte: Offene Volkswirtschaft: Kapitel 18-21 Einfluss des Auslands, offene Gütermärkte, offene Finanzmärkte, Wechselbeziehungen zwischen den Ländern und ihre Implikationen für Geld- und Fiskalpolitik Pathologien (Fehlentwicklungen): Kapitel 22-24 sehr hohe Inflation, starke Rezessionen, Stagnation, außergewöhnliche Situationen (Weltwirtschaftskrise, Krise in Japan, Eurosklerose) Erwartungen: Kapitel 14-17 im Buch Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 45 Grundlagen: BIP, Arbeitslosigkeit und Inflation Ausblick - Ein Fahrplan durch die Vorlesung Zurück zur Politik: erneute Analyse der Geld- und Fiskalpolitik vor dem Hintergrund der Erweiterungen Allgemeine Wirtschaftspolitik: Kapitel 25 Wissen Makroökonomen überhaupt genug, um Politikempfehlungen auszusprechen? Können wir auf die Politiker vertrauen, dass sie das Richtige tun? Geld- und Fiskalpolitik: Kapitel 26 und 27 Epilog: Geschichte der Makroökonomik: Kapitel 28 Wie kommen die Makroökonomen zu den Einschätzungen, die sie heute vertreten? Wesentliche Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten der Theorien. Prof. Dr. Ansgar Belke Makroökonomik I Sommersemester 2011 Folie 46