News Transfus Med Hemother 44 | 1 | 17 Der CD38-Antikörper Daratumumab Interferenz mit Blutkompatibilitätstest und praktische Lösungen Darzalex® ist zur Behandlung des rezidivierten und refraktären Multiplen Myeloms* zugelassen. Warum besteht bei diesen Patienten ein großer therapeutischer Bedarf? Trotz erheblicher therapeutischer Fortschritte beim Multiplen Myelom ist gerade die Situation im Rezidiv noch immer unbefriedigend. Die Prognose von mehrfach vorbehandelten Patienten ist meist sehr ungünstig. Wie mir von Hämatologen gesagt wurde, werden hier dringend neue Wirkansätze, etwa Antikörpertherapien wie z.B. Darzalex, benötigt. Darzalex hat einen Einfluss auf den indirekten Coombs-Test. Was bedeutet dies für Labor- und Transfusionsmediziner? Mit dem indirekten Coombs-Test schätzen wir die blutgruppenserologische Verträglichkeit von Erythrozytenpräparaten ab. Positive Reaktionen in diesem Test sind für uns ein Warnsignal. Wir müssen dann in weiteren Untersuchungen klären, ob diese Reaktionen von Antikörpern verursacht wurden, die bei der Transfusion eine Hämolyse hervorrufen können, oder ob die Reaktionen ohne klinische Bedeutung für den Patienten sind (harmlose Antikörper oder technische Störungen). Die unter Einfluss von Darzalex auftretenden Reaktionen gehören zwar zu den letzteren, aber sie können gleichzeitig auftretende, gefährliche antikörperbedingte Reaktionen maskieren. Wenn wir die Information bekommen, dass Darzalex im Spiel ist, können wir Spezialverfahren einsetzen, mit denen die Störungen ausgeschaltet werden und die uns den Blick auf eventuell vorhandene gefährliche Antikörper freigeben. Diese Spezialverfahren sind nicht in jedem Labor etabliert, so dass kleinere Labore die Probe unter Umständen an ein Referenzlabor weiterleiten müssen. Gab es nach Ihren Erfahrungen Schwierigkeiten bei der Untersuchung von Proben, die von Darzalex-Patienten stammen? Wenn wir nicht darüber informiert sind, dass der Patient Darzalex erhalten hat, stellt uns die Probe vor Herausforderungen: Sie reagiert mit Das heißt, es ist extrem wichtig, dass mit der Blutprobe immer direkt die Information weitergegeben wird, dass der Patient Darzalex erhält? Ja, auf jeden Fall. Die Angabe der Diagnose ist eigentlich sowieso von den Richtlinien gefordert. Aber selbst das wird in der Praxis oft nicht gemacht. Inzwischen sind die meisten Labore sensibilisiert, dass sie, wenn sie den Hinweis auf die Darzalex-Gabe erhalten, sofort wissen, worauf zu achten ist. Dann gibt es mit der Untersuchung auch keine Probleme. Welche Vorkehrungen sollten seitens der Kliniken und Praxen getroffen werden, um eine zeitgerechte und sichere Versorgung mit Erythrozytenkonzentraten zu gewährleisten? Wie schon gesagt ist es enorm wichtig, dass die Kliniken und Praxen uns neben der sowieso geforderten Diagnose auch die Darzalex-Gabe mitteilen. Dann wissen wir sofort, welche methodischen Schritte eingeleitet werden müssen und welche nicht. Das spart Zeit, Kapazitäten und Kosten. Ich denke, alle Labore haben einen Anforderungsschein, in dem neben den Patientendaten auch Angaben zur Diagnose, Medikamente und serologische Besonderheiten eingetragen werden können. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist, dass die Kliniken und Praxen ausreichend Zeit für die Untersuchung einplanen – uns also nicht die Probe erst kurz vor der benötigten Transfusion schicken. Idealerweise erhalten wir die Proben auch nicht zu Zeiten mit knapper Besetzung, etwa den Nacht- und Wochenendstunden. Bei kleineren Laboren sollte zudem eingeplant werden, dass diese die Probe gegebenenfalls an ein größeres Labor weiterleiten. Wie wurden die Ärzte und Labore seitens des Zulassungsinhabers über die Interferenzen informiert? Wird darüber hinaus Informationsmaterial zur Verfügung gestellt? Soweit ich weiß, haben alle behandelnden Ärzte und Labore Informationsmaterialien von Janssen zu dem Thema, deren Inhalte mit den Zulassungsbehörden und im Vorfeld auch mit dem Paul-Ehrlich-Institut abgesprochen wurden, erhalten. Diese Materialien wurden bei Treffen auf nationaler und internationaler Ebene zusammen mit Transfusionsmedizinern erarbeitet. Auch der hämato-onkologische Außendienst von Janssen informiert die Ärzte und Labore und weist auf die Problematik hin. Die Darzalex-Patienten sollen einen Blutgruppenausweis erhalten, damit schon im Vorfeld die Blutgruppe bestimmt wird. Zusätzlich wurde in Fachzeitschriften und auf Tagungen auf die Interferenz aufmerksam gemacht. Was sagt die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie zu dem Thema? Unsere Fachgesellschaft hat eine Empfehlung zum Umgang mit den serologischen Störungen ausgearbeitet und hat alle Mitglieder per E-Mail informiert. Die Empfehlung kann auch im Servicebereich der Homepage www.dgti.de heruntergeladen werden. Die Empfehlung soll den Laboren bestätigen, dass die Anwendung der beschriebenen Spezialverfahren dem Stand der Wissenschaft und Technik entspricht. An wen können sich Hämato-Onkologen, Laborund Transfusionsmediziner bei tiefergehenden Fragen wenden? Behandler wenden sich bei Fragen am besten zunächst an ihr Labor. Kann dies nicht helfen oder treten Fragen in den Laboren auf, helfen die Referenzlabore gerne weiter. Ansonsten gibt es natürlich auch die Möglichkeit, sich direkt an den Hersteller zu wenden, unter [email protected] oder Tel. 02137 955-955. *Darzalex ist als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplem Myelom zugelassen, die bereits eine Therapie mit einem Proteasom-Inhibitor und einem Immunmodulator erhalten haben und die während der letzten Therapie einen Krankheitsprogress zeigten. Mit freundlicher Unterstützung der Janssen-Cilag GmbH Weitere Informationen bei Janssen-Cilag GmbH Dr. med. Tobias Kampfenkel [email protected] © 2017 S. Karger GmbH, Freiburg Verlag, Herausgeber, Redaktion und Verlagsgeschäftsführung übernehmen keine Verantwortung für den Inhalt dieser Rubrik. Fax + 49 761 4 52 07 14 [email protected] www.karger.com Downloaded by: 88.99.70.242 - 11/3/2017 9:02:54 PM Dr. Christof Weinstock, DRK-Blutspendedienst, Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik Ulm, Abteilungsleiter Immunhämatologie und Blutgruppenserologie allen unserer Testzellen. Wir müssen dann mit sehr seltenen Testzellen versuchen, das Ergebnis einzugrenzen, um die Spezifität herauszubekommen. CD38 ist allerdings kein Blutgruppen-Antigen im klassischen Sinne. Somit haben wir natürlich auch keine passende Testzelle und gelangen nie zu einem Ergebnis. Als dieser Fall das erste Mal bei uns auftrat, haben wir 4 Tage lang getestet, ohne zu einem klaren Ergebnis zu kommen. Das blockiert natürlich erhebliche Kapazitäten im Labor. Irgendwann haben wir auf Nachfrage in der Klinik erfahren, dass der Patient ein Multiples Myelom hat und Darzalex erhält. Ein paar Wochen später ist es uns dann noch einmal passiert, dass wir nicht gleich an Darzalex gedacht haben – es war für uns ja auch eine ganz neue Situation. Heute passiert uns das aber nicht mehr.