Wirtschaftskrisen, Währungssysteme und Finanzmärkte

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Wirtschaftskrisen, Währungssysteme
und Finanzmärkte
Dozent: Dr. Joscha Beckmann
Semester: WS 2012/13
Termin: Montag 14:00-16:00
Raum: R11 T08 C01
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Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Universität Duisburg‐Essen
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3. Zur Geschichte und Architektur des Internationalen Währungssystems
3.1 Überblick über frühere Währungssysteme
3.1.1 Der klassische Goldstandard und die Zwischenkriegszeit
3.1.2 Das Bretton Woods System
3.1.3 Das Europäische Währungssystem
3.2 Globale Ungleichgewichte und Bretton Woods II
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1. Überblick
Merkmale eines Währungssystems:
• Mechanismus zur Bestimmung des Wechselkurses
• Form des Zahlungsbilanzausgleichs
• Struktur und Umfang von Währungsreserven
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2.1.1 Der klassische Goldstandard (1880 – 1914)
• Gegen Ende des 19. Jahrhunderts das Währungssystem der meisten bedeutenden Industrienationen
• Bis zu diesem Zeitpunkt herrschte ein System zirkulierender Gold‐ und Silbermünzen vor
• Übergang von diesem Bimetallismus zum Goldstandard verlief keinesfalls problemlos
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Unterscheidung: Goldumlaufwährung und Goldkernwährung
• Goldumlaufwährung:
vollwertige Goldmünzen sind im Umlauf
• Goldkernwährung:
Papiergeld im Umlauf, welches durch Gold im Besitz der nationalen Währungsbehörden in einem bestimmten Verhältnis gedeckt sein muss
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• Die Notenbanken verpflichten sich, zu einem festen Umtauschverhältnis Gold in unbeschränktem Umfang gegen eigene Währung anzukaufen und zu verkaufen
• Wenn in mehreren Ländern eine Goldkernwährung existiert und Gold frei bewegt werden darf, so ist durch die Goldanahme‐ und Goldabgabeverpflichtung zu einem fixierten Preis auch der Wechselkurs zwischen den Währungen der Länder determiniert
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• Der Goldstandard war de facto ein Festkurssystem mit uneingeschränkten internationalen Kapitalbewegungen, Gold fungierte als internationales Reservemedium
• Durch die Bindung jeder Mitgliedswährung zum Gold bestehen auch zwischen den einzelnen Währungen feste Paritäten
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Regeln, welche die Eigenschaften des Goldstandards gewährleisten:
• Geld ist das einzige offizielle Reservemedium der Länder
• Jede der beteiligten Währungsinstanzen legt eine Parität zu einer Gewichtseinheit Gold fest (Goldparität)
• Jedes Land verpflichtet sich, zu der festgelegten Parität in beliebiger Höhe Gold gegen eigene Währung zu kaufen oder zu verkaufen
• Jedes Land verpflichtet sich, die umlaufende Geldmenge in Höhe einer festgelegten Quote durch Goldreserven zu decken
• Zwischen den Ländern ist die freie Ein‐ und Ausfuhr von Gold gewährleistet; auch sonst gibt es keine Beschränkungen des internationalen Handels von Waren und Dienstleistungen
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Beurteilung des Goldstandards
System stabiler Wechselkurse:
• Die Wechselkurse schwankten nur im Ausmaß der Goldarbitragekosten.
Preisniveaustabilisierung:
• Die Spielregeln des Goldstandards zwangen den Notenbanken monetäre Disziplin auf, da eine zu starke Geldmengenausweitung zu einem Schrumpfen der Goldvorräte führte und die Geldmenge damit automatisch reduziert wurde. Die Geldpolitik war somit allein auf außenwirtschaftliche Stabilität (Konstanz der Wechselkurse) ausgerichtet.
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Inflationsraten 1900 – 1913
(jährliche, durchschnittliche Wachstumsrate des BIP-Deflator)
France
Japan
USA
Germany
UK
0.9
2.8
1.3
1.3
0.9
Quelle: Maddison (1989)
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Zahlungsbilanzausgleich:
• Da die Spielregeln bis zum ersten Weltkrieg weitgehend eingehalten wurden, kam es zu keinen nennenswerten Ungleichgewichten in den Zahlungsbilanzen.
Abhängigkeit von der Goldproduktion: • Das System eines Goldstandards ist auf längere Sicht davon abhängig, dass genug Gold zufließt. Wenn zur Stabilisierung der Güterpreise die Geldmenge in gleichem Ausmaß wie die Güterproduktion steigen soll, muss auch die Goldmenge entsprechend zunehmen.
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Internationaler Konjunkturzusammenhang
• Das mit dem Goldstandard verbundene System fester Wechselkurse impliziert letztlich auch eine gleichgerichtete Konjunkturentwicklung in den beteiligten Ländern. Steigen etwa die autonomen Investitionen und erhöht sich damit das Volkseinkommen im Inland, so löst dies eine einkommensinduzierte Erhöhung der Güterimporte aus.
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monetärer Goldbestand, kumulative Goldproduktion
1840-1980
Quelle: Cooper (1982)
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Die Zwischenkriegszeit
• Nach dem 1. Weltkrieg wurden mehrere Versuche unternommen, den Goldstandard wieder einzuführen
• Eine sofortige Rückkehr war aufgrund der Kriegsfolgen nicht möglich
• Aus diesem Grund ging man zunächst zu flexiblen Wechselkursen über
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• Das Vereinigte Königreich kehrte 1925 zur Vorkriegsparität zurück, um eine Abwertung des Pfunds gegenüber dem Gold (und somit dem Dollar) aus Prestigegründen zu vermeiden. In der Folge war das Pfund überbewertet.
• Im Verlauf der 20er Jahre kehrten praktisch alle bedeutenden Länder zur Goldparität zurück. Diese Restaurierung des Goldstandards erfolge jedoch alleine auf Grundlage nationaler Beschlüsse ohne internationale Absprachen.
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• Auf Grund der zurückgehenden Goldproduktion kam es zur Deflationsgefahr. Aus diesem Grund wurden zur Deckung der umlaufenden Geldmenge auch Devisenreserven zugelassen.
z.B. Deutsches Reich (1923): 40% Gold und Devisen, wobei Gold hiervon mindestens 75% ausmachen musste.
• Dies hatte eine Destabilisierung des Systems zur Folge. Auch wurde die Geldpolitik nun auch vermehrt für binnenwirtschaftliche Zielsetzungen eingesetzt.
• Weitere Schwierigkeiten lösten die hohen Reparationszahlungen des Deutschen Reichs aus.
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• U. a. wegen der Überbewertung des britischen Pfunds und den daraus resultierenden hohen Leistungsbilanzdefiziten war 1931 die kurzfristige Verschuldung höher als die Goldreserven.
• Aufgrund der hohen Gold‐ und Devisenverluste suspendierte die Bank von England die Goldeinlöseverpflichtung.
• In Folge entschied sich ein Großteil der wichtigen Wirtschaftsnationen diese Einlöseverpflichtung ebenfalls abzuschaffen. Folge: Der Goldstandard war gescheitert.
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• Durch die faktische Freigabe der Wechselkurse kam es zu mehreren Abwertungsrunden.
• Im Jahr 1936 lagen die Dollarkurse der meisten Währungen wieder auf dem Nivea von 1930. Es wurde also kein Wettbewerbsvorteil erreicht.
• Die Gründe für das Scheitern des Goldstandards lagen also in der mangelnden internationalen Koordinierung und Kontrolle, am zweitweise auftretende Mangel an Reserven sowie der Einführung von Devisenkontrollen und Handelsbeschränkungen.
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Beggar‐Thy‐Neighbour Abwertungen, 1931‐1938
(Wert der Währungen in Prozent der 1929er Goldparität)
1931
1932
1933
1934
1935
1936
1937
1938
Belgium
Denmark
France
100.1
93.5
100.1
100.2
70.3
100.3
100.1
55.8
100.0
99.9
50.0
100.0
78.6
48.5
100.0
72.0
49.0
92.4
71.7
48.6
61.0
71.8
48.1
43.4
Germany
Italy
Norway
99.2
98.9
93.5
99.7
97.4
67.2
99.6
99.0
62.7
98.6
97.0
56.3
100.3
93.0
54.5
100.1
82.0
55.2
99.7
59.0
54.7
99.6
59.0
54.1
Netherlands
Switzerland
UK
100.1
100.6
93.2
100.3
100.6
72.0
100.1
100.2
68.1
100.0
100.1
61.8
100.0
100.0
59.8
94.9
92.6
60.5
80.9
70.2
60.0
88.8
70.0
59.3
USA
100.0
100.0
80.7
59.6
59.4
59.2
59.1
59.1
Quelle: League of Nations, Statistical Bulletins
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2.1.2 Das Bretton Woods‐System (1944‐1973)
• Gegen Ende des 2. Weltkriegs unternahmen 44 Länder in der Konferenz von Bretton Woods den Versuch, ein neues Währungssystem zu entwerfen.
• Die nachfolgenden Merkmale des Bretton Woods Systems verdeutlichen das Bestreben, aus den Problemen des Golddevisenstandards die richtigen Lehren zu ziehen.
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Die drei Ebenen von Bretton Woods
Gold
US$
£
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FF
DM
¥
ItL
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C$
etc.
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• Nur die Vereinigten Staaten als Leitwährung waren verpflichtet, ihre Währung zu einer festen Parität in unbegrenztem Umfang gegen Gold zu kaufen und zu verkaufen.
• Der US‐$ wurde mit einer Parität von 1$ = 0,888671 Gramm Feingold festgelegt.
• Die anderen Länder fixierten ihre Währung in einer einprozentigen Bandbreite zum Dollar.
• Durch eine Bindung der anderen Währungen an Gold, war auch der Kurs der einzelnen Währungen zum Dollar festgelegt.
• Die Änderung der festen Parität war grundsätzlich zur Beseitigung von fundamentalen Ungleichgewichten zulässig.
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• Kontrollen der internationalen Kapitalströme waren grundsätzlich erlaubt.
• Der IWF wurde als supranationale Institution etabliert, um die Wirtschaftspolitik der Länder zu überwachen und um Notfalls Kredite zu vergeben, um ein Zahlungsbilanzungleichgewicht zu beseitigen.
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Die erste Dekade des Bretton Woods Systems war durch eine deutliche Ausweitung des internationalen Handels und stabilen Wechselkursen gekennzeichnet.
Jedoch kristallisierten sich die Schwächen des neuen Systems immer klarer heraus:
• Die konjunkturelle Entwicklung der verschiedenen Länder verlief keineswegs synchron (Kriegsfolgen)
• Die internationalen Kapitalströme stiegen deutlich an, dies erschwerte die Aufgabe des IWFs erheblich
• Auch dauerhafte Zahlungsbilanzungleichgewichte traten auf
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Inflationsraten: US, UK, Deutschland und Italien
Quelle: Dam (1982), IMF
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Das Triffin‐Dilemma:
Eine angemessene Versorgung der Welt mit Währungsreserven setzte US‐Leistungsbilanzdefizite voraus, die aber notwendigerweise die amerikanischen Auslandschulden erhöhen und damit das Vertrauen in den Dollar untergraben mussten.
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• Das Triffin‐Dilemma (permanente US‐Leistungsbilanzdefizite) entsprach in den 50er und 60er Jahren der Realität.
• Außerdem führten hohe Ausgaben für den Vietnamkrieg und Sozialprogramme zusätzlich zu einem Defizit im amerikanischen Staatshaushalt.
• Durch den vermehrten Aufkauf von US$ durch andere Länder, kam es hier zu einer Erhöhung der Geldmenge und somit auch zu steigenden Inflationsraten
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• Auch bedingt durch die (im Zuge des Wiederaufbaus) stärker wachsende Produktion in den anderen Ländern, kam es zu einer Überbewertung des US$. Hierdurch ergaben sich Wettbewerbsnachteile für die USA.
• Durch das permanente Leistungsbilanzdefizit nahmen die Auslandsverbindlichkeiten der USA ständig zu.
• Weiter herrschte in den 60er Jahren eine hohe private Goldpräferenz welche das Neuangebot aus der Goldproduktion fast restlos aufbrauchte
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Die immer weiter ansteigende Auslandverschuldung der USA hatte zur Folge, dass erstmals 1964 die Bestände an Dollar im Besitz von Notenbanken außerhalb der USA höher war, als die Goldreserven in den Vereinigten Staaten.
Eine fundamental unterschiedliche wirtschaftspolitische Strategie verschärfte ab 1970 ebenfalls die Ungleichgewichtssituation:
• Zur Abwehr einer Rezession wurden die Zinsen in den USA deutlich gesenkt
• Europa hielt aus Stabilitätsgründen an hohen Zinsen fest
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US‐Verbindlichkeiten und Goldreserven
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• Im April 1971 geriet die Handelsbilanz der USA erstmals ins Defizit und eine Abwertung des Dollars wurde wahrscheinlicher.
• Aufgrund der hieraus resultierenden hohen Dollarabflüsse aus den USA wurde der Goldaustausch am 15.08.1971 von Nixon formell suspendiert.
• Das Ventil des Vertrags, welches eine zu expansive Geldpolitik der Leitwährung verhindern sollte, wurde somit außer Kraft gesetzt.
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