Kapitel 13 Thermodynamik 13.1 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik Das zentrale Konzept der Thermodynamik ist die Existenz der Temperatur (der sogenannte “nullte” Hauptsatz der Thermodynamik). Wir betrachten z.B. zwei Körper A und B. Der Körper A erscheint uns heiss, und der Körper B erscheint uns kalt. Wir bringen A in Kontakt mit B: Nach einer gewissen Zeit erscheinen uns beide Körper gleich warm. Beide Körper besitzen über ihre ganze Ausdehnung die gleiche Temperatur. Wir sagen, dass beide Körper sich im thermischen Gleichgewicht befinden. 719 Vom makroskopischen Standpunkt aus stellt die Temperatur eine Grösse dar, die in verschiedenen Systemen schliesslich Physik 720 Thermodynamik denselben Wert annimmt, wenn diese Systeme miteinander in Kontakt gebracht werden. Vom mikroskopischen Standpunkt aus ist die Temperatur ein Mass für die thermische Bewegung der Atome oder der Moleküle. Diese entspricht der inneren Energie U des Körpers, die die kinetische und die potentielle Energie aller Moleküle beinhaltet. 13.1.1 Definition der inneren Energie U = U ( p,V , T ,...) Die innere Energie U wird als eine Zustandsfunktion des Körpers bezeichnet. Sie hängt vom Zustand des Körpers ab und wird durch den Druck, das Volumen, die Temperatur, usw... des Körpers charakterisiert: Die Thermodynamik beschreibt thermische Vorgänge, in denen ein Körper aufgrund seiner Wechselwirkung mit seiner Umgebung von einem thermischen Gleichgewichtszustand (Anfangszustand) in einen anderen (Endzustand) gelangt. Æ U E = U ( pE ,VE , TE ,...) Während des Vorganges kann sich die innere Energie U des Körpers ändern: U A = U ( pA ,VA , TA ,...) Wir bemerken, dass die Änderung der inneren Energie nur vom Anfangs- und Endzustand abhängt, und nicht von den Zwischenzuständen DU ∫ U E - U A Wir definieren noch einmal (Siehe Kap. 12.8): Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Der erste Hauptsatz der Thermodynamik Die Wärme Q ist eine Form der Energie, die allein aufgrund eines Temperaturunterschiedes zwischen zwei Körpern ausgetauscht wird. Wenn wir einem Körper die Wärme Q zuführen, wird sich seine innere Energie ändern. In gleicher Weise kann man dem Körper Energie durch mechanische Arbeit W zuführen. Der erste Haupsatz der Thermodynamik sagt voraus, dass Energie dem Körper durch Wärme oder mechanische Energie zugeführt werden kann. 1. 2. Demonstrationsexperiment: Blei hämmern Temperaturmessung (°C) 721 Wegen den mechanischen Schlägen wird sich die Temperatur eines Körpers erhöhen: ein Bleistab wird verwendet. Wir messen die Temperatur des Stabes. Wir beobachten, dass seine Temperatur sich drastisch erhöht, wenn wir ihn hämmern. Physik 722 Thermodynamik Demonstrationsexperiment: Fallende Kugel erzeugt Wärme Eine Kugel wird losgelassen und fälllt auf einen Körper. Wir beobachten, dass die Temperatur des Körpers sich drastisch erhöht. Mechanische Energie wurde in Wärme umgewandelt. Temperaturmessung 13.1.2 Der erste Hauptsatz Die mechanische Arbeit und die Wärmeenergie stellen nur verschiedene Formen der Energie dar (Äquivalenz von mechanischer Arbeit und Wärme, Joule (1850)). Der erste Hauptsatz der Thermodynamik drückt die Äquivalenz und die Energieerhaltung aus. Er sagt: Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Mechanische Arbeit eines expandierenden Gases Die innere Energie U eines Körpers kann sowohl durch Zufuhr von Wärme als auch durch Leistung von mechanischer Arbeit verändert werden. dU = dQ + dW Wird der Körper einer infinitesimal kleinen Zustandsänderung unterzogen, gilt wobei dU die infinitesimale Änderung der inneren Energie U, dQ die zugeführte Wärme und dW die vom Körper geleistete Arbeit ist.1 13.2 Mechanische Arbeit eines expandierenden Gases Wir beginnen mit einer idealisierten Anordnung, in der sich ein Gas bei einem Druck p in einem Behälter befindet. Der Behälter wird mit einem reibungsfrei beweglichen Kolben der Fläche A verschlossen. Siehe Abb. 1. Das Gas bewirkt eine nach aussen gerichtete Kraft F auf den Kolben, wobei F = pA Wegen dieser Kraft wird sich der Kolben in der Abb. 1 nach rechts bewegen. Das Gas expandiert. 723 1. dU ist ein totales Differential der Zustandsfunktion U. W und Q sind keine Zustandsfunktionen. dW und dQ sind im mathematischen Sinn keine totalen Differentiale, sie stellen nur sehr kleine Grössen dar. Man bezeichnet sie häufig als dQ und dW. Physik 724 Thermodynamik Die mechanische Arbeit, die benötigt wird, um den Kolben zu bewegen, wird vom Gas geleistet. Die vom Gas geleistete Arbeit während der Expansion dV. Der Druck des Gases ist als p bezeichnet. Figur 1. Wenn der Kolben eine Verschiebung dx nach rechts ausführt, ist die vom Gas geleistete Arbeit gleich dW = - Fdx = -( pA) dx Beachte das negative Vorzeichen! Wir definieren die vom Gas geleistete Arbeit so, dass seine innere Energie U abnimmt, wenn das Gas expandiert. Bei einer Kompression des Gases ist dx negativ und dW positiv, d.h. seine innere Energie U erhöht sich. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Wärmekapazitäten CV und Cp dW = - pdV dV = Adx Arbeit der Expansion: Nach dieser Expansion hat sich das Volumen des Gases vergrössert und wir finden Diese Beziehung gilt für eine beliebige Expansion eines Gases. Wenn das Volumen eines Gases von V bis V+dV expandiert, ist die vom Gas geleistete Arbeit gleich pdV, unabhängig von der Form des Behälters. CdT ∫ dQ 13.3 Die Wärmekapazitäten CV und Cp dQ ¤ dT Wir haben die Wärmekapazität C als C∫ definiert (Siehe Kap. 12.8.2). 1. Wärmezufuhr bei konstantem Volumen: Wird einem Gas bei konstantem Volumen eine Wärme dQV zugeführt, so tritt keine mechanische Volumenarbeit –pdV auf, d.h. dW = - pdV = 0 bei konstantem Volumen dU = dQ + dW fi dU = dQV 725 Die ganze Wärme dQV wird benutzt, um die Temperatur des Gases zu erhöhen. Es folgt, dass die Wärme dQV gleich der Änderung der inneren Energie U ist. Physik 726 dQV = dU = CV dT bei konstantem Volumen Man schreibt Thermodynamik 2. wobei dU die Änderung der inneren Energie U ist. Wärmezufuhr bei konstantem Druck: Wenn wir dem Gas bei konstantem Druck Wärme zuführen, dehnt sich das Gas aus, und deshalb wird das Gas eine Arbeit –pdV leisten. Eine Konsequenz ist, dass nur ein Teil der zugeführten Energie zur Erhöhung der inneren Energie benutzt werden kann. Um dieselbe Temperaturerhöhung wie bei konstantem Volumen zu bewirken, muss bei konstantem Druck mehr Energie zugeführt werden, d.h. C p > CV Die Wärmekapazität bei konstantem Druck wird definiert als dQp = C p dT bei konstantem Druck fi dQp - pdV = dU dQp = dU + pdV C p dT = CV dT + pdV fi dQ + dW = dU p Wegen der Energieerhaltung muss die Erhöhung der inneren Energie dU gleich der Summe der zugeführten Wärmeenergie dQp und der vom Gas geleisteten mechanischen Arbeit dW sein Es folgt, Beispiel: Ideales Gas Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Wärmekapazitäten CV und Cp Im Fall des idealen Gases erhalten wir pV = nRT fi ( p + dp)(V + dV ) = nR(T + dT ) fi pV + Vdp + pdV + dpdV = nR(T + dT ) fi Vdp + pdV ª nRdT für ein ideales Gas pdV ª nRdT wobei wir dpdV als vernachlässigbar relativ zu Vdp und pdV betrachtet haben. Wenn dp=0, finden wir und es folgt C p = CV + nR Die gemessenen CV und Cp für einige Gase sind in Tabelle 1 aufgelistet. Wie vorausgesagt, ist deren Differenz ungefähr gleich der Gaskonstante R. Ne He Gas 20,79 20,79 20,79 Cp (J/mol/K) 20,80 12,45 12,68 12,52 Cv (J/mol/K) 8,32 8,34 8,11 8,27 Cp-Cv (J/mol/K) (pro Mol) Wärmekapazitäten (in J/mol/K) bei 25°C. Ar 29,12 8,39 8,38 TABLE 1. Spefizische N2 20,98 20,44 8,76 8,45 29,37 27,36 28,17 28,82 36,12 36,62 H2 CO2 727 O2 H2O Physik 728 Thermodynamik 13.4 Thermische Prozesse des idealen Gases Wir betrachten nun die thermischen Prozesse von idealen Gasen. 13.4.1 Isobare Zustandsänderung fi Va W = - Ú pdV Ve Wir haben in Kap. 13.2 gesehen, dass ein expandierendes Gas die Arbeit W leistet dW = - pdV wobei Va und Ve die Anfangs- und Endvolumen des Gases sind. bei konstantem Druck Bei isobaren Zustandsänderungen wird der Druck p konstant gehalten Va Ve W = - p Ú dV = - p(Ve - Va ) Beispiel: Wir betrachten den Vorgang des Siedens von Wasser. Bei einer Temperatur T=100°C und einem Druck p=1 atm wird Wasser von der flüssigen Phase in die gasförmige Phase übergehen. Bei p=1 atm werden aus 1 g Wasser (VF=1cm3) nach dem Verdamp- fen VD=1671 cm3 Dampf. Die spezifische (pro Masse, latente) Verdampfungswärme LV von Wasser bei diesem Druck ist 2260 J/g. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Thermische Prozesse des idealen Gases Wärmeenergie für das Verdampfen von 1 g Wasser (Siehe Kap. 12.9) Q = LV M = 2260 J Die beim Ausdehnen von VF auf VD bei konstantem Druck geleistete Arbeit W = - p(Ve - Va ) = -(101, 3 ¥ 10 3 Pa)(1671 - 1cm 3 ) = -170 J Diese Arbeit wird vom Wasser geleistet und ist deshalb negativ zu rechnen. Änderung der inneren Energie U: DU = Q + W = 2260 - 170 = 2090 J Nur ein kleiner Teil der zugeführten Energie (nämlich 170J) wird in (äussere) mechanische Arbeit umgewandelt. Der grösste Teil (nämlich 2090 J) wird zur Erhöhung der inneren Energie benutzt. Diese Energie ist zur Trennung der Wassermoleküle voneinander nötig. 13.4.2 Isotherme Ausdehnung und Umwandlung von Wärme in mechanische Arbeit Wir haben in Kap. 13.1 ein Beispiel gesehen, in dem die Temperatur T eines Körpers durch eine Zufuhr von mechanischer Energie W erhöht wurde. Nun betrachten wir ein Beispiel, in dem eine Wärme Q mit einem Wirkungsgrad von 100% in mechanische Arbeit W umgewandelt wird. Wir betrachten die isotherme Expansion eines idealen Gases von einem Gasvolumen V1 zu V2. 729 Die Temperatur T des Gases wird in einer isothermen Expansion konstant gehalten. Physik 730 Thermodynamik Wenn T=Konst., ist für das ideale Gas pV=Konst., und der Druck p and das Volumen V ändern sich gleichzeitig während des gesamten Expansionsvorgangs. Die Geschwindigkeit der Expansion wird mit Hilfe der Kraft F kontrolliert, die auf den Kolben wirkt. Siehe Abb. 2. nRT dV V Wenn das Gas expandiert, leistet es eine mechanische Arbeit W auf den Kolben. Für eine kleine Expansion dV ist die vom idealen Gas geleistete Arbeit gleich dW = - pdV = - F F Diese Arbeit ist gleich der von der Bewegung des Kolbens geleisteten Arbeit. V1 Temperatur T (Wärmereservoir) Q V2 Temperatur T (Wärmereservoir) Q Figur 2. Isotherme Expansion eines Gases. Um die Temperatur des Gases während der Expansion konstant zu halten, muss Wärme zugeführt werden. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Thermische Prozesse des idealen Gases Würden wir dem Gas keine Wärme zuführen, käme die Energie von der inneren Energie des Gases. Die Abnahme der inneren Energie würde als Temperaturabnahme des Gases beobachtet. Es folgt: Um die Temperatur des Gases während der Expansion konstant zu halten, müssen wir gleichzeitig Wärme zuführen. Da die innere Energie des idealen Gases nur von der Temperatur abhängt, folgt fi dQ = - dW T = Konst. fi U ∫ U (T ) = Konst. fi dU = 0 und mit der Energieerhaltung dU = dQ + dW = 0 Weil die Temperatur des Gases konstant ist, wird die gesamte zugeführte Wärme in mechanische Arbeit umgewandelt! V2 V1 V2 ÊV ˆ dV =nRT lnÁ 2 ˜ V ËV ¯ Für die ganze isotherme Expansion ist die gesamte zugeführte Wärme Q gleich V1 Q = Ú dQ = - Ú dW = -W = Ú pdV = nRT Ú 1 731 Eine solche Expansion kann mit Hilfe eines sogenannten pV-Diagramms graphisch dargestellt werden. Siehe Abb. 3. Physik 732 Thermodynamik Druck p1 p2 V1 T isotherm pV=Konst. V2 Volumen Figur 3. pV-Diagramm der isothermen Expansion. Der Betrag der geleisteten Arbeit ist gleich der getönten Fläche. Im pV-Diagramm entspricht jeder Punkt (x=V,y=p) der Ebene einem bestimmten Zustand des Gases. Ve Im Fall des idealen Gases entspricht eine Kurve pV=Konst einer bestimmten Temperatur oder inneren Energie. Weil die geleistete Arbeit gleich Va W = - Ú pdV ist, ist in einem pV-Diagramm der Betrag der geleisteten Arbeit gleich der Fläche unter der Kurve. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Thermische Prozesse des idealen Gases 13.4.3 Adiabatische Ausdehnung adiabatisch Während der adiabatischen Ausdehnung des Gases wird keine Wärme ausgetauscht dQ ∫ 0 Wir betrachten die Expansion eines idealen Gases, das sich in einem thermisch isolierten Behälter befindet. fi dU = dW fi DU = Ú dW = W Weil das Gas keine Wärme aufnehmen oder abgeben kann, ist die geleistete Arbeit gleich der Abnahme der inneren Energie U: dU = dQ + dW Es folgt, dass die Temperatur des Gases während der adiabatischen Expansion abnimmt. Bei der adiabatischen Expansion wird die Wärmeenergie, die im Gas gespeichert ist, in mechanische Arbeit umgewandelt. Wir nehmen an, dass die Anfangs- und Endtemperaturen gleich T1 und T2 sind. Siehe Abb. 4. 733 Bei der adiabatischen Expansion nimmt der Druck p stärker ab als bei der isothermen Expansion mit gleicher Volumenzunahme, weil die Temperatur T abnimmt und pV=nRT gilt. Physik 734 Thermodynamik T1 V1 adiabatisch T2 V2 Volumen pV-Diagramm der adiabatischen Expansion des idealen Gases. Druck p1 p2 Figur 4. und dU = CV dT Nun bestimmen wir die pV-Kurve der adiabatischen Expansion. Es gilt dU = dQ + dW = 0 - pdV nRT dV = 0 V dV dT + nR =0 V T CV dT + pdV = CV dT + Mit der Zustandsgleichung des idealen Gases erhalten wir oder CV Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Thermische Prozesse des idealen Gases C p = CV + nR für ein ideales Gas ) dV dT + C p - CV =0 V T ( Im Kap. 13.3 haben wir gesehen, dass und daher CV ) g∫ Cp CV Wir definieren den Koeffizient g als das Verhältnis und damit ( C - C dV dT dT dV p V + = + (g - 1) =0 T CV V T V Durch Integration erhalten wir TV g -1 = Konst. pV g = Konst. ln T + (g - 1) ln V = Konst. fi Mit pV=nRT finden wir noch pV g -1 V = Konst. fi nR 735 Die Koeffizienten g für die Gase, die in Tabelle 4 in Kap. 12.10 aufgelistet sind, sind die folgenden: Helium He, Argon Ar g=1,66; Stickstoff N2, Sauerstoff O2 g=1,40; Kohlendioxid CO2 g=1,28; Methan CH4 g=1,29. Physik 736 Thermodynamik Die adiabatische und isotherme Expansionen sind in Abb. 5 gezeigt. Die vom Gas geleistete Arbeit ist gleich der Fläche unter der Kurve im pV-Diagramm.In beiden Fällen sinkt der Druck p. Vergleich der isothermen und adiabatischen Expansion des idealen Die während der adiabatischen Expansion geleistete Arbeit ist kleiner als die der isothermen Expansion (für gleiche Volumenänderungen). Das ist zu erwarten, weil bei der adiabatischen Expansion die mechanische Arbeit auf Kosten der inneren Energie geleistet wird, und bei der isothermen Expansion die zugeführte Wärme in mechanische Arbeit umgewandelt wird. Figur 5. Gases. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Thermische Prozesse des idealen Gases Demonstrationsexperiment: Adiabatische Expansion von Gasen Gase werden in einem Volumen eingeschlossen (Siehe Abb. 6) und das Volumen wird periodisch durch die Bewegung eines Kolbens verändert. Die Kompression und die Expansion des Gases erfolgt adiabatisch. Die Temperatur T im Gas wird (mit einem Kupfer-Draht) gemessen. Verschiedene Gase wurden betrachtet: Ar, Luft und SF6 (SchwefelHexafluorid). Thermisch isoliertes Rohr Schwingung des Kolbens 737 Figur 6. Adiabatische Expansion von Gasen. Ein Kolben schwingt periodisch in der vertikalen Richtung und ändert das Volumen des Gases. Physik 738 Thermodynamik CV dV dT + nR =0 V T Wir berechnen die Temperaturverschiebung während der periodischen Bewegung. Wir zeigen, dass die Amplitude der periodischen Temperaturbewegung zum Koeffizienten g–1 des Gases proportional ist: aus der Zustandsgleichung des idealen Gases und für die adiabatische Expansion (Siehe Kap. 13.4.3) folgt Damit erhalten wir dT nR dV dV == -(g - 1) T CV V V dU Ê1 ˆ = nf Á R˜ Ë2 ¯ dT Im Kap. 12.10 haben wir mit Hilfe des Gleichverteilungssatzes gefunden CV = wobei f die Anzahl der Freiheitsgrade ist. nR 2 = Ê1 ˆ f nf Á R˜ Ë2 ¯ Der g-Koeffizient hängt daher von der Anzahl der Freiheitsgrade ab nR (g - 1) = = CV Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Thermische Prozesse des idealen Gases Wir messen die folgenden Werte und vergleichen sie mit der Theorie. Siehe Tabelle 2. Gas 2/3ª0,66 1 gemessen (g-1)/(g-1)Ar 5/2R 3/2R Theorie CV 23/2R 7/2R 5/2R Theorie CP=CV+R 1,1 1,40 1,67 Theorie g 0,2 0,6 1 Theorie (g-1)/(g-1)Ar und vorausgesagte Werte der Grösse g–1. Ar 21/2R TABLE 2. Gemessene Luft 1/5ª0,2 SF6 Wir diskutieren diese Werte: 1. 2. Ê 23 ˆ c p = cV + R ª Á R˜ Ë2 ¯ fi g - 1 ª 0, 2 Luft: der gemessene Wert ist kompatibel mit f=5. Das Molekül schwingt nicht. Bei Zimmertemperatur sind die Freiheitsgrade der Schwingung praktisch eingefroren, wie beim H2-Molekül. Siehe Kap. 12.11.1 Abb. 31. Schwefel-Hexafluorid (SF6): Ein Molekül mit 7 Atomen besitzt im Prinzip (in der klassischen Beschreibung) f=3¥7=21 kinetische Freiheitsgrade. Ê 21 ˆ cV ª Á R˜ Ë2 ¯ Ê 23 ˆ c p > Á R˜ Ë2 ¯ fi g - 1 <ª 0,1 In Wirklichkeit haben wir gesehen, dass Schwingungsbewegungen zwei Freiheitsgrade besitzen (Siehe Kap. 12.11.1) und deshalb sollten wir sagen Ê 21 ˆ cV > Á R˜ Ë2 ¯ 739 Wir schliessen daraus, dass die Schwingungen des SchwefelHexafluorid-Moleküls bei Zimmertemperatur teilweise eingefroren sind. Physik 740 Thermodynamik 13.5 Wärmemaschine isotherm ÊV ˆ = -W isotherm = nRT lnÁ 2 ˜ Ë V1 ¯ Mit der Methode der isothermen Expansion (Siehe Kap. 13.4.2) des Gases wird Wärme in mechanische Arbeit umgewandelt. Q wobei V1 das Anfangs- und V2 das Endvolumen des Gases ist. Eine Maschine, die Wärme in mechanische Arbeit umwandelt, heisst eine Wärmemaschine. In einer periodischen Wärmemaschine wird ein Zyklus durchgeführt und die Maschine operiert periodisch. Am Ende des Zykluses befindet sich die Maschine wieder im Ursprungszustand. Jede Maschine entählt eine Substanz (das Arbeitsmedium). In einer Wärmemaschine nimmt diese Substanz bei der höheren Temperatur TW die Wärme QW auf, verrichtet eine Arbeit W und gibt bei der tieferen Temperatur TK die Wärme QK ab. Eine Wärmepumpe ist eine Wärmemaschine mit umgekehrter Arbeitsrichtung: die Substanz nimmt bei der tieferen Temperatur TK eine Wärme QK auf, und gibt unter Ausnutzung der Arbeit W die Wärme QW an das wärmere Reservoir der Temperatur TW ab. Siehe Abb. 7. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wärmemaschine Wärmepumpe W Wärmemaschine QK QW Wärmereservoir TW W Wärmereservoir TW QW Wärmereservoir TK Prinzip der Wärmemaschine und Wärmepumpe. Es gilt TW > TK. Wärmereservoir TK QK Figur 7. Demonstrationsexperiment: Wärmemaschine von Stirling Stirling2 hat um 1816 eine periodische Maschine erfunden und gebaut. Wir demonstrieren eine solche Maschine. Siehe Abb. 8. Das Arbeitsgas der Maschine ist Luft. Die Maschine operiert zwischen zwei Temperaturen. Zwei Kolben (der Verdrängerkolben V und der Arbeitskolben A) werden vom Schwungrad S bewegt. Siehe Abb. 9. Der Kolben V ist um eine Phasendifferenz von 90° gegenüber dem Kolben A verschoben. 741 Dadurch wird die Luft periodisch zwischen dem “heissen” (TW) und dem “kalten” (TK) Teil der Maschine verschoben. 2. R. Stirling (1790-1878). Er hat seine Maschine erfunden, als er 26 Jahre alt war. Physik 742 Figur 8. Illustration des Zykluses der Wärmemaschine von Stirling. Demonstrationsexperiment: die Stirling-Maschine Thermodynamik Figur 9. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wärmemaschine Thermodynamik 4. Die Stirling-Maschine kann auch umgekehrt laufen. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wir halten nun die Maschine an und bewegen das Schwungrad mittels einem Griff. Wir leisten Arbeit von aussen und die Maschine wird als Wärmepumpe betrieben: sie entnimmt Wärme aus dem kälteren Reservoir, um sie an das wärmere abzugeben. Schliesslich kann die Maschine als eine Wärmepumpe verwendet werden: Figur 11. Wir ersetzen die Flamme durch flüssigen Stickstoff mit einer Temperatur von ca. –200°C. Siehe Abb. 11 Natürlich kann die Stirling-Maschine auch “umgekehrt” laufen: 3. 744 In der Praxis können das kalte Wärmereservoir Kühlwasser und das heisse Wärmereservoir die Flamme eines Bunsenbrenners sein. Wir messen die Temperatur im unteren Teil des Gasbehälters. Sie beträgt ca. 400°C. Das Kühlwasser hat eine Temperatur von ca. 20°C. Wir beobachten: 1. 2. Bewegen wir das Schwungrad S im Gegenuhrzeigersinn, dann läuft die Maschine nicht. Bewegen wir das Schwungrad S im Uhrzeigersinn, dann beginnt die Maschine frei zu laufen. Die Laufgeschwindigkeit wird schliesslich durch Reibungsverluste begrenzt. warme Temperatur (°C) 743 Figur 10. Stirling-Maschine: das kalte Wärmereservoir ist Kühlwasser und das heisse Wärmereservoir ist eine Flamme eines Bunsenbrenners Physik Wärmemaschine Demonstrationsexperiment: Handwärme-Motor Eine Stirling-Maschine, die die Wärme der Hand verwendet. 745 In dieser kleinen Wärmemaschine wird die Hand als warmes Wärmereservoir verwendet. Gibt es ein zweites kaltes Wärmereservoir? Wir werden im nächsten Abschnitt sehen, dass immer zwei Wärmereservoirs benötigt werden. Die obere metallische Platte spielt hier die Rolle des kälteren Wärmereservoirs. Die Luft, die im Kontakt mit der Platte ist, wird die Wärme abführen. Figur 12. Physik 746 Thermodynamik 13.6 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik Im letzten Kapitel haben wir die thermische Energie von Atomen und Molekülen behandelt. Die thermische Energie der einzelnen Atome oder Moleküle ist nicht sehr gross (einer Temperatur von T=0°C entspricht z.B. eine Energie (1/2)kT=(1/2)¥3,77¥10–21J pro Freiheitsgrad). Siehe Kap. 12.6.1. Jedoch ist die thermische Energie einer relativ grossen Menge von Stoff nicht vernachlässigbar. Wir stellen uns z.B. vor, dass wir die ganze thermische Energie aus 1 Mol Helium-Gas herausziehen könnten. ganze thermische Energie¸ Ô Ê3 ˆ Ê3 ˆ von 1 Mol He - Gas bei ˝ ª N A Á kT ˜ = Á RT ˜ Ë2 ¯ Ë2 ¯ Ô Zimmertemperatur ˛ 3 ª ¥ (8 J / mol / K ) ¥ 1mol ¥ ( 300K ) 2 ª 3600 J Ein Mol Helium enthält genug Energie, um ein Kilogramm auf eine Höhe von ª360 m zu heben. Gleichfalls können wir z.B. die gespeicherte Energie in Wasser bestimmen. Bei Zimmertemperatur ist die Wärmekapazität von Wasser ungefähr 75 J/mol/K (Siehe Kap. 12.8.3). Ein Mol Wasser enthält 18 g. Ein Kilogramm oder ein Liter Wasser entspricht ungefähr 55 Mol. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik Ein Schwimmbad der Länge 25m, der Breite 10m und der Tiefe 2m hat ein Volumen von 500 m3 oder 500’000 Liter. Die Wärmekapazität des Schwimmbads ist deshalb gleich 5 9 (5 ¥ 10 l) ¥ (55mol / l) ¥ (75J / mol / K ) = 2 ¥ 10 J / K oder 1 Giga-Joule pro Kelvin! Kann man diese grosse Menge thermischer Energie dem Schwimmbad entziehen? Wenn es so viel thermische Energie in unserer Umgebung gibt, warum brauchen wir Kohle- oder Kernkraftwerke? Warum können nicht Schiffe die thermische Energie von Seen nutzen, um sich zu bewegen? Die Antworten können mit Hilfe des Konzeptes der Entropie und des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik gefunden werden. 13.6.1 Der Carnotsche Kreisprozess Im Jahr 1824 hat Carnot3 Ideen zum Konzept der Entropie entwikkelt. Demonstrationsexperiment: Heissluftmotor - p(V)-Diagramm 747 Wir betrachten wieder die Stirling-Maschine (Siehe Abb. 8 und 10). Die Maschine läuft als Wärmemaschine mit der Flamme als warmes Wärmereservoir. Der gemessene Druck des Arbeitsgases wird als Funktion des Volumens aufgetragen. Damit beobachten wir direkt das p(V)-Diagramm einer realen periodischen Maschine (Siehe Abb. 13). Die beobachtete Kurve entspricht einem komplizierten thermodynamischen Prozess. Carnot hat einen “idealisierten” Zyklus erfunden, um das Laufen von Wärmemaschinen zu modellieren. 3. S. Carnot (1796-1832). Physik 748 Thermodynamik Figur 13. Das während der Vorlesung gemessenen pV-Diagramm der Stirling-Wärmemaschine. Carnot wollte den Wirkungsgrad von Wärmemaschinen verbessern. Carnot hat gefunden, dass es eine (theoretische) Wärmemaschine gibt, deren Wirkungsgrad nur von der Temperatur der Wärmereservoirs abhängt und dass dieser Wirkungsgrad für gegebene Temperaturen der maximal mögliche ist. Um diesen Satz zu beweisen, hat Carnot eine idealisierte Wärmemaschine erfunden: die Carnotsche Wärmemaschine. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik Thermodynamik i s ot h er m ion ns io n xpa ress e E omp adiab. K a di ab xp .E Volumen Schritt 1: Das Gas befindet sich zu Anfang in einem Gleichgewichtszustand, der durch p1,V1,T1 charakterisiert ist. Das Gas expandiert isotherm (und langsam) in den Zustand p2,V2,T1. Um seine Temperatur konstant zu halten, muss das Gas eine Wärme QW aus einem warmen Reservoir aufnehmen (QW>0). Schritt 2: Das Gas wird abiabatisch weiter expandiert, bis es den Zustand p3,V3,T3 erreicht hat. Da keine Wärme ausgetauscht wird, fällt die Temperatur auf T3. Schritt 3: Das Gas ist mit dem kälteren Wärmereservoir (T3<T1) der Temperatur T3 in Kontakt und wird auf das Volumen V4 komprimiert. Dabei gibt es die Wärme QK an das Reservoir ab (QK<0). Schritt 4: Das Gas wird adiabatisch auf sein Anfangsvolumen V1 komprimiert. Die Temperatur steigt auf T1. a Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wir bemerken, dass die Arbeit mit einem negativen Vorzeichen definiert wurde (siehe Kap. 13.2), deshalb besitzt die Nettoarbeit einen ist, ist der Betrag der Nettoarbeit während des Kreisprozesses gleich der Fläche innerhalb der Kurvenzüge. W = - Ú pdV Weil die geleistete Arbeit gleich DU = U E - U A = 0 = Q + W = QK + QW + W Aus der Energieerhaltung folgt In einem Zyklus kehrt die Maschine zum Anfangszustand p1,V1,T1 zurück. Es folgt, dass die innere Energie U zu Beginn und am Ende des Zykluses denselben Wert hat. 4. 3. 2. Der Kreisprozess läuft so: 1. V3 749 750 Diese Maschine ist eine idealisierte Anordnung, bei der die isotherme und die (reversible) adiabatische Expansion und Kompression eines idealen Gases benutzt werden. p1V1T1 p2V2T1 i p4V4T3 Kosotherm nsio m n p ress e io n V4 V2 Das pV-Diagramm des Carnotschen Kreisprozesses. V1 p3V3T3 Der Zyklus der Maschine (der Carnotsche Kreisprozess) wird mit Hilfe eines reibungsfrei beweglichen Kolbens durchgeführt. Das entsprechende pV-Diagramm ist in Abb. 14 gezeigt. Druck p 1 p2 p4 p3 Figur 14. Physik Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik negativen Wert (W<0). Ein negativer Wert entspricht einer vom Gas an seiner Umgebung geleisteten Arbeit, d.h. die Wärmemaschine leistet Arbeit an ihrer Umgebung. fi W = QW - QK Aus der Energieerhaltung folgt, dass der Betrag der geleisteten Arbeit gleich dem Betrag der aufgenommenen Wärme QW minus der Betrag der abgegebenen Wärme QK ist -W = QK + QW wobei wir die folgenden Ergebnisse benutzt haben: 1) QW>0 (die Wärme wird vom warmen Reservoir abgeben und wird vom Gas aufgenommen). 2) QK<0 (die Wärme wird vom Gas an das kalte Reservoir abgegeben). Wir bemerken, dass die Maschine von Carnot, wie alle anderen Maschinen, die wir kennen, immer Wärme von einem warmen Reservoir aufnimmt, mechanische Arbeit leistet, und Wärme an die kältere Umgebung abgibt. W W Q - QK Q W = W = 1- K Q Q Q Der Wirkungsgrad einer Wärmemaschine ist definiert als Verhältnis der geleisteten Arbeit und der zugeführten Wärme e= W Er gibt an, wieviel Wärme QW vom warmen Reservoir aufgenommen werden muss, um die mechanische Arbeit W zu leisten. 751 Wie erwartet ist der Wirkungsgrad einer Wärmemaschine, die die ganze Wärme QW in mechanische Arbeit W umwandelt, d.h. W=QW und QK=0, gleich 100%. Physik 752 Thermodynamik QK W In einer ähnlichen Weise ist die Leistungzahl einer Wärmepumpe definiert als Verhältnis der vom kalten Reservoir entnommenen (und an das warme Reservoir abgegebenen) Wärme und der mechanischen Arbeit, die dem Gas zugeführt werden muss. cL = 13.6.2 Der Wirkungsgrad der Carnotschen Wärmemaschine Der Vorteil des Kreisprozesses von Carnot mit einem idealen Gas ist, dass wir die Wärme QW und QK bestimmen können. Während der isothermen Expansion (Schritt 1) ist die aufgenommene Wärme gleich der geleisteten Arbeit (siehe Kap. 13.4.2) QW = nRT1 ln(V2 / V1 ) Während der isothermen Kompression (Schritt 4) ist die abgegebene Wärme gleich QK = nRT3 ln(V4 / V3 ) (Bemerke, dass V3 > V4, so dass QK < 0) Das Verhältnis der Gleichungen gibt QW T1 ln(V2 / V1 ) = QK T3 ln(V4 / V3 ) Nun müssen wir das Verhältnis der Volumina während der adiabatischen Expansion und Kompression bestimmen. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik und p4V4g = p1V1g Wir bemerken, dass für den adiabatischen Prozess gilt p2V2g = p3V3g p4 = RT3 / V4 g -1 fi TV = T3V3g -1 1 2 p3 = RT3 / V3 ; Schliesslich benutzen wir die Zustandsgleichung des idealen Gases pV=nRT p2 = RT1 / V2 ; 3 g -1 = T3V4g -1 TV 1 1 RT1 g RT3 g V V = V 3 V 2 2 p1 = RT1 / V1; und erhalten und g -1 ÊV ˆ = Á 3˜ Ë V4 ¯ g -1 fi V2 V3 = V1 V4 Wenn wir beide Gleichungen durcheinander dividieren, folgt Ê V2 ˆ Á ˜ Ë V1 ¯ Mit diesem Ergebnis ist das Verhältnis einfach gleich QW T1 ln(V2 / V1 ) T1 = = QK T3 ln(V4 / V3 ) T3 eCarnot = Q W T = 1- K = 1- 3 QW QW T1 753 Der Wirkungsgrad der Wärmemaschine von Carnot ist dann gleich Physik 754 Thermodynamik Der Wirkungsgrad der idealisierten Wärmemaschine von Carnot hängt nur von den Temperaturen der Wärmereservoirs ab! Da T3<T1 folgt, dass der Wirkungsgrad immer kleiner als 100% ist. 13.6.3 Wärmemaschine mit maximalem Wirkungsgrad Carnot wollte die folgende Frage beantworten: wie gross ist der maximale Wirkungsgrad einer realen Wärmemaschine? Er stellte das folgende Theorem auf: Der Wirkungsgrad aller zwischen zwei Temperaturen reversibel arbeitenden Wärmemaschinen ist gleich gross, und alle irreversiblen Wärmemaschinen haben einen kleineren Wirkungsgrad. Reversibilität und Irreversibilität werden später weiter diskutiert. T3 <1 T1 Wir bemerken nun: Aus dem Theorem von Carnot folgt, dass eine reale Wärmemaschine nie einen höheren Wirkungsgrad als die Maschine von Carnot erreichen kann, und dass der Wirkungsgrad der Carnot-Maschine nur von den Temperaturen der Wärmereservoirs abhängt. Weil T3<T1, ist der Wirkungsgrad immer kleiner als 100%: e reale < eCarnot = 1 - ÏT1 Æ • ¤Ì ÓT3 Æ 0 Der Wirkungsgrad einer idealen, reversiblen Wärmemaschine von Carnot könnte 100% nur erreichen, wenn T3 nach null oder T1 nach unendlich geht eCarnot Æ 1 und deshalb kann ein Wirkungsgrad von 100% nicht erreicht werden. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik Es folgt: Wäre der Wirkungsgrad einer Maschine gleich 100%, würde Wärme vom warmen Reservoir komplett in Arbeit umgewandelt. Das Theorem von Carnot sagt, dass eine solche (periodische) Maschine nicht existieren kann. Thomson und Planck haben dieses Ergebnis so formuliert: Thermodynamik Das Konzept der Reversibilität und Irreversibilität ist grundlegend für die Thermodynamik. Wir werden es in den folgenden Abschnitten diskturieren. Man könnte a priori sagen: Ein nicht-reversibler Prozess ist ein Prozess, der nicht in umgekehrter Richtung ablaufen kann. Demonstrationsexperiment: Irreversibler Prozess mit farbigen Kugeln Wir beginnen mit Kugeln in einem Behälter, die ganz nach Farben geordnet sind (Siehe Abb. 15). Sie werden gemischt durch Schütteln des Behälters. Wir beobachten, dass die Kugeln gemischt werden. Sie sind nicht mehr nach Farben geordnet. es ist unmöglich, eine periodisch arbeitende Maschine zu bauen, die nichts anderes bewirkt, als durch Abkühlung eines Wärmereservoirs Wärme in mechanische Arbeit umzuwandeln. Es wird immer ein zweites kälteres Wärmereservoir gebraucht und der Wirkungsgrad einer Wärmemaschine hängt von den Temperaturen beider Wärmereservoirs ab. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Der Prozess wird daher als irreversibel bezeichnet. Man muss die einzelne Kugel betrachten und jede Kugel ordnen, um wieder einen geordneten Zustand herzustellen. Werden sie weiter gemischt, werden sie sich nicht mehr ordnen. Die Kugeln bleiben in einem “nicht geordneten” Zustand. Die Unordnung des Systems hat sich erhöht. Wir erwähnen in den folgenden Abschnitten weitere Beispiele von irreversiblen Prozessen. 756 Dieses fundamentales Ergebnis erklärt z.B. warum Schiffe die thermische Energie von Seen nicht nutzen können, um sich zu bewegen! Man kann nicht Energie von einem wärmeren Wärmereservoir entziehen, ohne einen Teil dieser Energie einem zweiten kälteren Wärmereservoir abzugeben. In einem Schiff könnte man z.B. Eis als zweites kälteres Wärmereservoir benuzten: der Motor des Schiffes würde Wärmeenergie dem See entziehen, mechanische Energie leisten und die bleibende Wärmeenergie dem Eis abgeben. Als Folge würde das Eis schmelzen und neues Eis müsste ersetzt werden. Der Wirkungsgrad wäre nicht sehr gross (hängt von der Temperaturdifferenz zwischen Eis und See ab) und in der Praxis nicht sehr brauchbar! 13.6.4 Das Konzept der Irreversilibität 755 Um sein Theorem herzuleiten, entwickelte Carnot das Konzept der reversiblen und irreversiblen Wärmemaschine: Physik Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik Figur 15. Geordneter Anfangszustand der Kugeln. Das Papier wird weggenommen und der Behälter wird geschüttelt. 13.6.5 Thermische Irreversibilität Wir beobachten das Schmelzen von Eis in Wasser experimentell: Ein Stück Eis wird in eine Tasse mit Wasser eingetaucht. Das Eis schmilzt. Die Temperatur des Wassers in der Tasse sinkt. Ein solcher Prozess ist irreversibel. Es gibt nur eine Richtung für den Vorgang. 757 Man beobachtet nie, dass ein Teil des Wassers sich spontan abkühlt, um sich in Eis umzuwandeln während das restliche Wasser sich erwärmt. Physik 758 Thermodynamik Obwohl der Prozess vom Energieerhaltungsstandpunkt in beiden Richtungen erlaubt ist (d.h. er stimmt mit dem ersten Hauptsatz überein), wird er aber nur in eine Richtung beobachtet! Im Allgemeinen ist die Wärmeleitung nicht reversibel: Werden zwei gleiche Körper verschiedener Temperatur miteinander in Berührung gebracht, nehmen sie beide nach einer gewissen Zeit die gleiche Zwischentemperatur an. Der Prozess ist irreversibel. Man beobachtet nie, dass einer der Körper sich spontan abkühlt und der andere sich erwärmt, obwohl der Prozess vom Energieerhaltungsstandpunkt erlaubt ist. 13.6.6 Mechanische Irreversibilität Wir betrachten einen kleinen mit Gas (oder Parfum) gefüllten Behälter, der sich in der Mitte eines Zimmers befindet und der geöffnet wird. Das Gas (das Parfum) expandiert im ganzen Zimmer. Der Prozess ist irreversibel. Man beobachtet nie, dass sich das Gas (das Parfum) nach einer gewissen Zeit spontan wieder im Behälter befindet. In ähnlicher Weise ist die freie Expansion eines Gases im Vakuum irreversibel. Wir betrachten einen Behälter, der zwei identische Volumen besitzt. Am Anfang befindet sich das Gas nur in einem Volumen (Siehe Abb. 16). Eine Klappe wird geöffnet und als Folge sind die zwei Volumen nicht mehr getrennt. Die Gasmoleküle bewegen sich und können die Trennung zwischen den Gasvolumen überqueren. Das Gas fliesst in das zweite Volumen und schliesslich werden sich die Gasmoleküle in beiden Volumen befinden. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik Wir betrachten nun die zufällige Bewegung der Gasmoleküle für eine gewisse Zeit. Man beobachtet nie, dass sich die Gasmoleküle zu einer späteren Zeit alle wieder im ersten Volumen befinden. Daher wird die freie Expansion als nicht reversibel betrachtet. Diese Art von Irreversibilität kann mit dem Demonstrationsexperiment mit farbigen Kugeln verglichen werden. Die Gasmoleküle können sich in Prinzip so bewegen, dass sie sich zu einer gewissen Zeit alle im ersten Volumen befinden. In diesem Fall wäre der Prozess nicht mehr irreversibel. Eine solche Situation ist nicht verboten! Es ist im Prinzip nicht unmöglich, dass alle Gasmoleküle sich zu einer gewissen Zeit im ersten Volumen befinden. Die zwei Gasmoleküle befinden sich im Volumen links Die zwei Gasmoleküle befinden sich im Volumen rechts Das erste Gasmolekül befindet sich im Volumen rechts und das zweite befindet sich im Volumen links Das erste Gasmolekül befindet sich im Volumen links und das zweite befindet sich im Volumen rechts Wenn wir z.B. ein Gas mit zwei Gasmolekülen betrachten, erhalten wir vier unterschiedliche Situationen: 1. 2. 3. 4. Wenn die Bewegung der Gasmoleküle zufällig ist, besitzt das einzelne Gasmolekül eine gleiche Wahrscheinlichkeit von 50%, sich im Volumen “links” oder “rechts” zu befinden. Die Wahrscheinlichkeit, beide Gasmoleküle im Volumen “links” zu befinden, ist daher 25%. Wir erinnern uns nun daran, dass ein Mol von Gas mehr als 6¥1023 Gasmoleküle enthält. Wir schliessen daraus: 759 Der Prozess der freien Expansion wird als nicht reversibel bezeichnet, weil die Wahrscheinlichkeit, dass alle Gasmoleküle sich zu einer gewissen späteren Zeit wieder im ersten Volumen befinden, extrem klein ist (obwohl nicht null). Physik 760 Thermodynamik Man sollte im Prinzip jedes Gasmolekül betrachten und alle nacheinander wieder im ersten Volumen anordnen. Diese Situation ist das Analog der Situation mit den farbigen Kugeln. Als Folge der freien Expansion hat die Unordnung des Systems sich erhöht. Der Zustand, bei dem alle Gasmoleküle sich im ersten Volumen befanden, entsprach einem geordneten Zustand. Nach der Expansion ist der Zustand weniger geordnet. Man muss die einzelnen Gasmoleküle betrachten und ordnen, um wieder einen geordneten Zustand herzustellen. T=Konst. Klappe Figur 16. Die (irreversible) freie Expansion eines Gases im Vakuum. Die Klappe wird zu einer bestimmten Zeit geöffnet und das Gas expandiert. Die Temperatur des Gases ändert sich nicht während der Expansion. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik 13.6.7 Weitere Irreversibilität Die idealisierte Maschine von Carnot läuft reversibel. Reale Maschinen laufen irreversibel. Im Allgemeinen sind Prozesse, bei denen mechanische Energie aufgrund von Reibung (oder anderen dissipativen Effekten wie z.B. viskose Kräfte, usw.) in Wärme umgewandelt wird, nicht reversibel. Reversible Prozesse müssen quasistatisch ablaufen, d.h., das System muss sich immer im Gleichgewichtszustand befinden. Prozesse wie Explosionen sind nicht reversibel. Vom Standpunkt der Thermodynamik kann die Reversibilität eines thermischen Prozesses so ausgedrückt werden: Ein thermodynamischer Prozess ist reversibel, wenn am Ende des Prozesses, der reversibel durchgeführt wurde, das System und seine lokale Umgebung in ihren Anfangszuständen wieder hergestellt werden können, ohne Änderung des Rests des Universums. Wir illustrieren die Definition mit der irreversiblen freien Expansion des idealen Gases. Wir bemerken: Die Gasmoleküle bewegen sich während der Expansion, ohne zu wechselwirken4. Die Temperatur des Gases bleibt konstant während der Expansion. Der einzige Effekt der freien Expansion ist die Änderung des Volumens des Gases von VA bis VE bei einer konstanten Temperatur T. 761 4. Im Fall des idealen Gases werden die intermolekularen Wechselwirkungen vernachlässigt. Physik 762 Thermodynamik Um den Anfangszustand des Gases wieder herzustellen, muss das Gas isotherm komprimiert werden. In der idealen Situation könnte diese isotherme Kompression mit Hilfe eines reibungsfrei beweglichen Kolbens durchgeführt werden (Siehe Kap. 13.4.2). Eine mechanische Arbeit W muss geleistet werden, um das Gas zu komprimieren. Und eine gleiche Menge von Wärme Q muss einem Wärmereservoir abgegeben werden, um die Temperatur des Gases während der Kompression unverändert zu behalten. Diese Wärme Q muss von der Umgebung oder dem Universums absorbiert werden. Es ist daher unmöglich, die Kompression durchzuführen, ohne das Universum zu ändern. Die freie Expansion des Gases ist daher irreversibel. 13.7 Die Entropie Wie kann das Konzept der Reversibilität und Irreversibilität in mathematischer Form ausgedrückt werden? Gibt es eine Funktion, womit der zweite Hauptsatz der Thermodynamik in quantitativer Form beschrieben werden kann? 13.7.1 Die Definition der Entropie Wir haben gesehen, dass bestimmte thermodynamische Prozesse irreversibel sind, d.h. sie laufen nur in einer Richtung ab. Mathematisch wird eine neue Zustandsfunktion, die Entropie S, eingeführt. Wie die innere Energie U ist die Entropie S eine Zustandsfunktion, die vom Zustand des Körpers abhängt. Sie wird durch den Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Entropie Druck, das Volumen, die Temperatur, usw... des Körpers charakterisiert: S = S ( p,V , T ,...) Wir unterscheiden die Entropie des Systems S und die seiner Umgebung SU ÏS ∫ Entropie des Systems Ì ÓSU ∫ Entropie der Umgebung Wie im Fall der inneren Energie U interessiert uns die Änderung der Entropie (und nicht der absolute Wert) ÔÏDS = Änderung der Entropie des Systems Ì ÓÔDSU = Änderung der Entropie der Umgebung dQ T Eine infinitesimale Änderung der Entropie wird definiert als dS = wobei T die Temperatur und dQ die bei der Temperatur T ausgetauschte Wärme ist. Einheit: Entropie [S] = J/K 763 Wie schon erwähnt ist die Entropie S, wie die innere Energie U, eine Zustandsfunktion. Eine Zustandsfunktion charakterisiert den Zustand des Systems durch gewisse thermodynamische Parameter (wie z.B. Druck, Volumen, usw...). Wenn wir z.B. ein pV-Diagramm eines idealen Gases betrachten, besitzt die Zustandsfunktion einen bestimmten Physik 764 Thermodynamik pV-Diagramm. SA(VA, pA) DS = SE - SA V SE(VB, pB) A DS = SE - SA = Ú dS E Wert in jedem Punkt des Diagramms. Die Änderung der Zustandsfunktion hängt daher nur von Anfangs- und Endzustand ab p Figur 17. E Um die Änderung der Entropie bei einer Zustandsänderung von einem Zustand A zum Zustand E zu bestimmen, muss man die infinitesimalen Änderungen integrieren: A DS = SE - SA = Ú dS Wir treffen ein Problem an: die ausgetauschte Wärme dQ hängt vom Weg vom Zustand A zum Zustand E ab! Aus diesem Grunde müssen wir einen bestimmten Weg von A nach E wählen, um dS=dQ/T zu integrieren. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Entropie QW T1 = QK T3 fi 4 2 4 4 Ú dQ =0 T 1 1 Q Q W - K = 0 fi Ú dQ + Ú dQ = 0 T1 T3 T1 1 T3 3 2 Wir betrachten den Kreisprozess von Carnot. Wir haben gesehen, dass für eine solche Maschine gilt (siehe Kap. 13.6.1) 2 dQ dQ Ú T + Ú T = 0 fi 3 1 reversibel Beachte, QK wird so definiert, dass QK <0. Wir erhalten, 1 1 dQ + Ú dQ = 0 fi T1 Ú1 T3 3 d.h. die Änderung der Entropie über einen geschlossenen reversiblen Weg ist gleich null. Man kann zeigen, dass dies eine genügende Bedingung ist, um die Entropie zu definieren: E über reversibeln Weg ÚA2dS 1 3 E dQ T A =Ú Die gesamte Änderung der Entropie wird daher durch Integration über einen reversiblen Weg definiert DS = SE - SA = Über nicht-reversible Wege kann sich die Entropie ändern, auch wenn keine Wärme ausgetauscht wird, d.h. dQ=0! Die Entropieänderung hängt aber nur vom Anfangs- und Endzustand ab. Um diese Änderung zu berechnen, müssen wir zuerst einen reversiblen Prozess finden, der denselben Anfangs- und Endzustand verbindet, dann über diesen Weg die ausgetauschte Wärme bestimmen, um die obige Gleichung zu verwenden. 13.7.2 Entropie des frei expandierenden idealen Gases 765 Die freie Expansion des idealen Gases ist nicht reversibel. Man kann daher die Entropieänderung während dieses Prozesses nicht integrie- Physik 766 Thermodynamik ren! Man muss zuerst einen reversiblen Prozess finden, der dieselben Anfangs- und Endzustand verbindet! Wir haben gesehen (Siehe Abb. 16), dass bei der freien Expansion die Temperatur des Gases konstant ist. Wir können daher die isotherme Expansion des idealen Gases (Vergleich Abb. 18 mit Abb. 16) betrachten, um die Entropieänderung zu berechnen! Wir bemerken, dass bei der isothermen Expansion der Kolben eine fundamentale Rolle spielt. E dQ = CV dT + nRT dV V V T dV dT dQ Ê ˆ = Ú Á CV + nR ˜ = CV ln E + nR ln E Ë VA TA V ¯ T T A E Wir betrachten den Fall eines idealen Gases. Wir wissen, dass für ein ideales Gas gilt (Siehe Kap. 13.4.3) Es folgt A DS = Ú VE VA Bei der reversiblen isothermen Expansion ist die Temperatur konstant (TE=TA) und daher ist die Entropieänderung des idealen Gases gleich DS = nR ln Im Kap. 13.4.2 haben wir gezeigt, dass für eine isotherme Expansion die vom Gas geleistete Arbeit W und die zugeführte Wärme Q einander gleich sind und es gilt: ÊV ˆ Q = -W = nRT lnÁ E ˜ Ë VA ¯ Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Entropie Q T=Konst. Kolben VE Q = VA T Kolben Figur 18. Die reversible (d.h.langsame) isotherme Expansion des idealen Gases. Um die Temperatur konstant zu halten, muss Wärme während der Expansion zugeführt werden. Daher erhalten wir: DS = nR ln 767 Die zugeführte Wärme kommt von einem Wärmereservoir (d.h. von der Umgebung des Gases) und wird benutzt, um die Temperatur des Gases während der Expansion konstant zu halten. Weil das Wärmereservoir “unendlich” gross ist, bleibt seine Temperatur konstant, trotz- Physik 768 Thermodynamik dQ T E A Ú =- Q T dem Wärme entzogen wird. Die Entropieänderung der Umgegung ist damit gleich: E dQ = T A DSU = Ú Weil vom Umgebungszustand die Wärme Q entzogen wird, erhalten wir fi DS + DSU = 0 reversible isotherme Expansion: ÏDS = Q / T Ì ÓDSU = -Q / T Bei dem reversiblen Prozessen (d.h. bei der langsamen isothermen Expansion des idealen Gases) ist die gesamte Entropie des Gases und seiner Umgebung konstant. Wenn wir nun die irreversible freie Expansion betrachten, wird die Entropieänderung des idealen Gases dieselbe wie bei der isothermen Expansion sein. Die Umgebung spielt keine Rolle während der Expansion. Schliesslich: fi DS + DSU = Q / T > 0 irreversible freie Expansion: ÏDS = Q / T Ì ÓDSU = 0 Wir bemerken, dass bei dem reversiblen Prozess die gesamte Entropie unverändert blieb, während bei dem irreversiblen Prozess zugenommen hat. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Entropie 13.7.3 Entropie und Irreversibilität Zusammenfassend ist die Entropie S eine Zustandsfunktion, die vom Zustand des Körpers abhängt. Damit kann der zweite Hauptsatz der Thermodynamik als fundamentale Eigenschaften der Entropie ausgedrückt werden. Die fundamentalen Eigenschaften der Entropie sind die folgenden: 1) Die Entropie des Systems oder der Umgebung kann während eines thermodynamischen Prozesses zu- oder abnehmen. 2) Die gesamte Entropie (System und Umgebung) kann nie abnehmen D( S + SU ) ≥ 0 3) Bei reversiblen Prozessen bleibt die gesamte Entropie (d.h. System und Umgebung) konstant. Bei nicht-reversiblen Prozessen nimmt sie zu! 4) Die Entropie des Universums als ganzes kann nur zunehmen. Wenn wir als System und seine Umgebund das ganze Universum betrachten, dann sagen die Eigenschaften der Entropie, dass bei irreversiblen Prozessen die Entropie des Universums zunimmt. In solchen Prozessen wird eine Wärmemenge dQ = D( S + SU )T “entwertet”, weil diese Wärme einer Form von Energie entspricht, die nie mehr in mechanische Arbeit umgewandelt werden kann. 769 Man kann sagen, dass die Entropie eine Richtung für die Zeit definiert. Sie fördert die Alterung des Universums. Das Universum ent- Physik 770 Thermodynamik wickelt sich in diese Richtung. Nicht-reversible Prozesse geschehen und sie ändern das Universum in einer Weise, die nicht “ungeschehen gemacht” werden kann. Das Universum wird älter. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)