Personalmanagement Kompetenzen gezielt aufbauen Personalentwicklung Pflegedienst- und Wohnbereichsleitungen sind in der Altenhilfe schwer zu finden. Eine gewinnbringende Perspektive eröffnet die am Personalbedarf orientierte Entwicklung der eigenen Mitarbeiter gemäß ihrer Kompetenzen. Text: Thomas Müller | Lars Rosner Z ukünftig wird es in der Altenhilfe zum einen darum gehen, das Personal in Abstimmung mit den sich wandelnden Anforderungen weiterzuqualifizieren, um den sich zunehmend ausdifferenzierenden Bedarfen auf der Kundenseite auch in Zukunft gerecht werden zu können. Zum anderen ergibt sich eine durchaus relevante Schnittmenge zwischen Personalentwicklung und Personalgewinnung. Eine am diesbezüglichen Personalbedarf orientierte Personalentwicklung der eigenen Mitarbeiter eröffnet eine gewinnbringende Perspektive in mehrfacher Hinsicht: Zum einen können so durch auf den individuellen Kompetenzbedarf der jeweiligen Position abgestimmte Maßnahmen, Mitarbeiter mit entsprechenden Potenzialen gezielt gefördert und langfristig auf die Übernahme der Funktion vorbereitet werden. So können im Falle einer kurzfristig auftretenden Vakanz lange Wartezeiten vermieden werden, die sich aus aufwändigen Prozessen der Bewerberansprache und Auswahlprozessen ergeben. Das Personal sollte in Abstimmung mit den sich wandelnden Anforderungen und Kundenbedarfen weiterqualifiziert werden. Darüber hinaus bietet die Möglichkeit der internen Besetzung den Vorteil, dass der Mitarbeiter bekannt ist und sich die Wahrscheinlichkeit einer Fehlbesetzung deutlich reduziert. Auch dem Mitarbeiter sind Unternehmenskultur, Struktu- w Kompetenzorientierte Personalentwicklung richtet sich bei allen Maßnahmen der Personalbildung und -förderung nach dem realen Pozential und Bedarf. Foto: photoalto Altenheim 10 | 2010 35 Personalmanagement Ein Beispiel für die Merkmale Kommunikationskompetenz Ausdrucksfähigkeit 5 nonverbale Sensivität Wenn Kommunikationskompetenz Teil des Anforderungsprofils ist, sollten die entsprechenden Merkmale definiert und bewertet werden. Grafik: conQuaesso® Andere ausreden lassen 4 2 n Ist 1 n Soll 0 Verständlichkeit Informationsbeschaffung Angepasster Sprachstil Informationsweitergabe ren, Kommunikationsabläufe und informelle Gegebenheiten vertraut, so dass von einer erheblich verringerten Einarbeitungszeit auszugehen ist und auf umfassende Integrationsstrategien wie Mentoring größtenteils verzichten werden kann. Dem vorhandenen Personal können so Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden, die einem Teil der Mitarbeiter erweiterte Karrieremöglichkeiten in der Altenpflege eröffnen können. Personalentwicklung geht über reine Maßnahmen zur Personalbildung und pauschale Fortbildungspakete weit hinaus. Personalentwicklung bedeutet, dem drohenden Führungskräftemangel gezielt entgegenzuwirken und gleichzeitig Potenziale vorhandener Mitarbeiter zu fördern und zu nutzen. Zusätzlich wird die Bleibemotivation hochqualifizierter Fachkräfte erhöht, indem Perspektiven und Karrierepfade entwickelt werden. Im Sinne des Ansatzes, gute Mitarbeiter zu finden, zu fördern und zu binden, stellt ein solches Vorgehen im Rahmen einer umfassenden Personalentwicklungsstrategie einen wesentlichen Baustein im Gefüge des Personalmarketings stationärer Einrichtungen der Altenhilfe dar. Wesentlich ist allerdings ein Verständnis von Personalentwicklung, das sich nicht auf reine Maßnahmen der Personalbildung bezieht und pauschale Fortbildungspakte anbietet. Vielmehr geht es darum, im Sinne einer kompetenzorientierten Personalentwicklung 36 Prägnanz 3 eine differenzierte Orientierung aller Maßnahmen der Personalbildung und -förderung am realen Potenzial und Bedarf zu realisieren. Zielführend scheint es zu sein, sich im Rahmen der Definition eines für eine bestimmte Position zu erreichenden Soll-Zustandes nicht in erster Linie an formalen Qualifikationen, sondern vielmehr an erforderlichen Kompetenzen zu orientieren. Liegt im Falle der Qualifikation der Fokus primär auf dem formalen Aspekt – also dem Nachweis von Fachwissen und spezifischen Kenntnissen auf einem definierten Niveau, so liegt im Falle der Kompetenzen der Fokus vor allem auf dem Aspekt der Anwendbarkeit des Wissens – real beobachtbaren Fertigkeiten. Aus der Anwendbarkeit fachspezifischen Wissens im situativen Zusammenhang ergibt sich die für erfolgreiches und professionelles Agieren unabdingbare Handlungskompetenz. Personalbildung im Sinne der Vermittlung fachtheoretischen Wissens bedeutet die Grundlage, auf der Maßnahmen der Personalförderung aufbauen können, um so zu handlungskompetentem Agieren zu befähigen. Personalbildung kann insofern zwar das Fundament, keinesfalls aber die Beletage im Haus der Personalentwicklung verkörpern. Anders als theoretisches Wissen lassen sich Kompetenzen kaum über Prüfmodalitäten erfassen und in quantitative Zusammenhänge setzen. Will man Kompetenzen beschreiben, so ist es notwendig, zunächst diejenigen Kompetenzmerkmale zu definieren, die im jeweiligen Zusammenspiel die Ausprägung einer spezifischen Kompetenz darstellen. Definiert man etwa KommunikationsAltenheim 10 | 2010 kompetenz als essentiellen Bestandteil des Kompetenzprofils einer zukünftigen Führungskraft, sollte zunächst festgelegt werden, anhand welcher Merkmale sich Kommunikationskompetenz ausmachen lässt. Beispiel Merkmale Kommunikationskompetenz Diese Merkmale lassen sich im Rahmen von Beobachtungsverfahren wie Assessment Center, Rollenspiel oder interaktiven Trainings beobachten und im Maß ihrer Ausprägung bestimmen Es bietet sich an, zum Zwecke größtmöglicher Validität nach dem Mehraugenprinzip vorzugehen. Mehrere Beobachter geben unabhängig voneinander ihre Bewertungen ab, um schließlich einen Durchschnittswert bilden zu können. Eine solche Analyse des Ist-Zustands bedeutet also eine Möglichkeit, Potenziale bei Mitarbeitern offenzulegen. Im Zusammenspiel mit anderen Verfahren, die Motivation und Ziele eines Mitarbeiters in Erfahrung bringen – etwa in Zielvereinbarungsgesprächen oder Entwicklungsgesprächen – können individuell an Potenzial und Motivation orientierte Maßnahmen der Personalentwicklung abgestimmt werden. Um den individuell abgestimmten Entwicklungsmaßnahmen auch relevante Zielgrößen gegenüberstellen zu können, sollten am Bedarf der jeweiligen Position orientierte Kompetenzprofile entwickelt werden. Aus dem Abgleich von Mitarbeiterpotential auf der einen, und Kompetenzprofil auf der anderen Seite, lassen sich so individualisierte (Mitarbeiter) und spezifizierte (Position) Entwicklungsmaßnahmen ableiten. Bei der Erstellung der Kompetenzprofile für die relevanten Positionen sollten die dort tätigen Mitarbeiter in die Definition der Merkmale sowie deren erforderlicher Ausprägung einbezogen werden. Nur in der übergreifenden Bestimmung anhand unternehmerischer Perspektive auf der einen und Mitarbeiterperspektive auf der anderen Seite kann ein umfassendes stellenspezifisches Kompetenzprofiling realisiert werden, das implizites und informelles Wissen der Mitarbeiter zu integrieren vermag. tenzial, Motivation und Aufwand orientiert werden. Zum anderen findet eine Hinwendung zu einem weniger an formalen Qualifikationen und stärker an realen Kompetenzen angelehnten Verständnis der Personalentwicklung statt. Auch in einem Berufsfeld, das in vielen seiner Aktionsfelder zunehmend stärker von formalen Zertifikaten tangiert wird, gilt für eine am realen Handlungsbedarf orientierte Personalentwicklung umso mehr: Form follows function. ¬ Mehr zum Thema Download: Altenhilfe in der Personalkrise. OnlineUmfrage Altenheim und conQuaesso. Bestellnr.: 12051, 39 Euro. www.shop.altenheim.vincentz.net/ WEB TV: „Die Branche gewinnt ihr Personal auf klassische Weise“. Ergebnisse der Online-Umfrage zum Personalmangel von Altenheim und conQuaesso. www. altenheim.vincentz.net/webtv/ Weitere Beiträge: Die Branche ringt um jede Fachkraft. Altenheim 9/2009 Thomas Müller, Kompetenzkoordinator bei der Personalberatung conQuaesso® der contec GmbH, Bochum. [email protected] Lars Rosner ist Personal- und Organisationsberater bei der Personalberatung conQuaesso® der contec GmbH, Bochum. [email protected] Maßnahmen an individuellem Bedarf, Potenzial, Motivation und Aufwand orientieren Aus den ­beschriebenen Schritten ergibt sich die Möglichkeit, hochgradig handlungsorientierte und personell individualisierte Entwicklungskonzepte zu generieren. Der Vorteil findet sich in zweierlei Hinsicht. Zum einen kann die Kombination verschiedenster Maßnahmen deutlich differenzierter vorgenommen und am individuellen Bedarf, PoAltenheim 10 | 2010 37