Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern Kapitel 5 Brunetti: Geld und Inflation Aufbau des Kapitels: 1. Die Messung der Preisstabilität 2. Wieso ist Inflation schädlich? 3. Der Zusammenhang zwischen Geld und Inflation 4. Nutzen und Definition des Geldes 5. Wie bringt die Zentralbank Geld in Umlauf 6. Geldpolitische Strategien 7. Schweizer Geldpolitik 1. Die Messung der Preisstabilität a) Definition Inflation Synonyme: Teuerung, Geldentwertung → Generelle Preissteigerung, ein Ansteigen des durchschnittlichen Preisniveaus. → Unter Inflation versteht man ein Missverhältnis zwischen Geld- und Gütermenge indem Sinne, dass in einer VE „zu viel“ Geld und „zu wenig“ Güter vorhanden sind. b) Messung der Inflation bzw. die Messung der Preisstabilität Das gesamtwirtschaftliche Preisniveau für alle Güter lässt sich nicht direkt beobachten. Diese Grösse muss aus der Zusammenfassung verschiedener Güterpreise konstruiert werden. Bundesamt für Statistik erfasst die Preisentwicklung möglichst vieler Güter und berechnet die durchschnittliche Preisentwicklung. Dies ist der sog. Warenkorb der zum Landesindex der Konsumentenpreise (Konsumentenpreisindex) führt. Änderung der Zusammensetzung Warenkorb: alle 5 Jahre Gewichtung einzelner Komponenten des Warenkorbes: alle Jahre Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern c) Der Warenkorb In einem Warenkorb werden sämtliche von den Haushalten konsumierte Sachgüter und Dienstleistungen erfasst und entsprechend ihren Anteilen an den totalen Konsumausgaben gewichtet. Erfasst werden die im Inland bezahlten, effektiven Verkaufspreise (inkl. MwSt., Gebühren oder allfälligen Aktionspreisen und Rabatten) von ca. 35'000 Güter und DL. Hingegen werden die Steuern, Haftpflichtversicherung und Krankenkassenprämien nicht im LIK erfasst. Begründet wird dies dadurch, dass diese Dienstleistungen keinen privaten Konsum darstellen respektive nicht gewählt werden können. d) Landesindex der Konsumentenpreis (Konsumentenpreisindex) LIK Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) dient als Instrument zur Teuerungsmessung. Er gibt an, in welchem Umfang die Konsumenten bei Preisveränderungen die Ausgaben erhöhen oder senken müssen, um das Verbrauchsvolumen konstant halten zu können. e) Wie rechnet man mit dem LIK Im Basis- oder Ausgangsjahr wird das Preisniveau der gewichteten Güter bestimmt und der Index auf eine bestimmte Punktzahl festgesetzt (in der Regel 100 Punkte). In den folgenden Perioden wird jeweils die Veränderung des Preisniveaus ausgedrückt in Indexpunkten ermittelt und angegeben. Die Teuerung wird jeweils als Veränderung der LIK-Punkte im Vergleich zur Vorperiode gemessen f) Weshalb rechnet man die Teuerung aus? Das Spektrum der Index-Anwendungen reicht von der Beurteilung der Wirtschaftslage im Zusammenhang mit der Geldpolitik oder der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes über die Indexierung von Löhnen, Renten und anderen Geldwerten bis hin zur Teuerungsbereinigung beispielsweise zur Ermittlung des realen Wirtschaftswachstums und der realen Lohn- oder Umsatzentwicklung. g) Probleme beim LIK Die tatsächliche Teuerung wird durch die offiziellen Konsumentenpreisindices überschätzt, und zwar 0,5 % - 1 %. Die meisten Notenbanken definieren darum Preisstabilität bei 1 – 2 %. Eine leichte Inflation braucht es als Schmiermittel für das Funktionieren der Märkte, eine grosse Inflation bringt hingegen Sand ins Marktgetriebe. Bis ca. 3 % wird als „Schmiermittel“ bezeichnet. Folgende Effekte sind dafür verantwortlich: Substitution Nicht alle Preise verändern sich gleich. Konsumenten reagieren und kaufen die billigeren. Absatzkanal Es wird nicht festgelegt, wo die Kunden einkaufen (Supermarkt, Discounter usw.) Neue Produkte Neue Produkte (Innovationen), werden oft erst in Warenkorb aufgenommen, wenn Preise schon gefallen sind Qualitätsänderungen Preissteigerungen durch Qualitätssteigerung. www.LIK.bfs.admin.ch Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 1. Beispiel: Zur Vereinfachung gehen wir davon aus, dass die Haushalte nur Geld für Brot und Wasser ausgeben. Der Warenkorb gibt an, welchen Anteil die einzelnen Produkte an den Gesamtausgaben ausmachen. Produkt Brot Wasser Preis pro Einheit 4 Fr. 1 Fr. verkaufte Menge 15 Einheiten 40 Einheiten Konsumausgaben 60 Fr. 40 Fr. Anteil an den gesamten Konsumausgaben 60% 40% In diesem Basisjahr wird der LIK auf 100 Punkte gesetzt. In der folgenden Periode verändern sich die Preise wie folgt: Produkt neuer Preis pro Einheit neue Konsumausgaben Einzelteuerung Brot 4,40 Fr. 66 Fr. 10% Wasser 1,20 Fr. 48 Fr. 20% Die totalen Konsumausgaben sind demnach von 100 Fr. auf 114 Fr. gestiegen, was eine Teuerung von 14% bedeutet. Folglich ist der LIK von 100 Pkt. auf 114 Pkt. gestiegen. Diese Gesamtteuerung könnte auch direkt über die Anteile errechnet werden. Brot, das 60% der gesamten Konsumausgaben ausmacht, wurde 10% teurer und Wasser, das 40% des totalen Konsums ausmacht wurde 20% teurer. Somit lässt sich die LIK-Teuerung wie folgt berechnen: 60% x 10% (= 6) + 40% x 20% (= 8) = 14% 2. Beispiel: Es wurde im März 1995 bei einem Indexstand von 102,5 Punkten (auf der Basis von Mai 1993=100 Punkten) vertraglich die Bezahlung einer monatlichen Rente von 1'000 Schweizerfranken vereinbart. Diese Rente sei gemäss Vereinbarung alljährlich im Dezember mit dem Stand des Landesindexes zu vergleichen und dem aktuellen Stand anzupassen. Im Dezember 2002 war der Landesindex bei 108,4 Punkten angelangt. Daraus ergibt sich folgende Rechnung: Veränderungsrate, Teuerung Die Teuerung wird in einer Prozentzahl dargestellt, welche der Veränderung des Indexes gegenüber dem Ursprungswert entspricht. Diese so genannten Veränderungsraten berechnen sich mit einer Prozentrechnung: Beispiel: Auf der Basis Dezember 1982=100 Punkten erreichte der Landesindex im März 1986 einen Indexstand von 108,6 Punkte, im Mai 2000 betrug dieser 146,9 Punkte. Die Veränderungsrate oder Teuerung zwischen März 1986 und Mai 2000 berechnet sich folgendermassen: Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 2. Wieso ist Inflation schädlich? Kosten des Austauschs (InformationsVerhandlungen, Abwicklungs- und Kontrollkosten) Wirkt sich negativ auf Wirtschaftsentwicklung aus. Knappheitssignale werden verwischt, so dass Ressourceneinsatz nicht mehr effizient erfolgen kann. Zinsen sind hoch (Schutz Kreditgeber), was die Wirtschaftstätigkeit dämpft. Je höher die Steuerklasse je höher die Steuerlast. Nominallohnerhöhungen führen in eine höhere Steuerklasse. a) Folgen Inflation Der wichtigste Nachteil liegt darin, dass zwei Geldfunktionen beeinträchtigt werden (Funktion als Wertaufbewahrungsmittel und Funktion als Wertmassstab). Inflation verteilt Vermögen und Einkommen um. Durch die Indexierung lassen sich die Folgen der Inflation mildern oder beseitigen. Bezüger von Lebensversicherungen und Pensionskassenrenten, die nicht der Preisentwicklung angepasst werden. Wirtschaftliche Folgen: Entwertung von Sachgütern, Preisgefüge wird verzerrt. Soziale Folgen: Umverteilung (Schuldner profitieren, Sachbesitzer verlieren), Politische Folgen: Vertrauensverlust, Instabilität b) Wie viel Inflation ist nützlich? Wichtig ist, dass die Nachteile von Inflation nicht direkt proportional zur Inflationsrate steigen oder sinken. D.h. der Schaden von 3 % Inflation ist nicht einfach 1/5 des Schadens von 15 % Inflation. http://www.vernunftschweiz.ch/wirtschaft_erklaert.html Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern c) Probleme und Folgen der Inflation, Beschriebung der Begriffe Inflation, Deflation, Stagflation Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern d) Der „Big-Max-Index“: Messung der Kaufkraftparität Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 3. Der Zusammenhang zwischen Geld und Inflation Repetition Wirtschaftskreislauf Die Beziehung von Unternehmungen und Hauhalten zeigt sich an zwei Kreisläufen – dem Geldkreislauf (Geldstrom) und dem Güterkreislauf (Güterstrom). Geldstrom: zeigt an, was ein Volk in einem Jahr verdient. → Volkseinkommen = Entgelte für das zur Verfügung stellen der Produktionsfaktoren Güterstrom: Bewertet man alle Güter und Dienste, die in einem Jahr in einer VW produziert werden. → nominale BIP (Bruttoinlandprodukt). Quantitätsgleichung: Die Wirtschaft ist im Gleichgewicht, wenn die Gütermenge der Geldmenge entspricht. P (Preisniveau) x Q (reales BIP) = M (Geldmenge) Güterstrom = x V (Umlaufsgeschwindigkeit) Geldstrom 1. Inflation von der Geldseite her Erhöhung der Geldmenge durch die Nationalbank Defizitfinanzierung des Staates Stützungskäufe Repogeschäft, Devisenswaps, Lombardkredite Erhöhung der Geldmenge durch die Geschäftsbanken Kreditschöpfung des Bankensystem erhöht sich Erhöhung der Umlaufsgeschwindigkeit Kapitalzuflüsse aus dem Ausland Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 2. Inflation von der Güterseite her 3. Bekämpfung der Inflation Kurz die beiden Ansatzpunkte: Bekämpfung durch die Notenbank (Geldpolitik) Steuerung über Notenbankgeldmenge Erhöhung der Zinsen (konjunkturhemmend) Bekämpfung durch den Staat (Finanzpolitik) Staatseinnahmen (Steuern) Staatsausgaben (weniger Staatsausgaben) Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 4. Nutzen und Definition des Geldes 1. 2. 3. 4. 5. Wie würden Sie Geld definieren. Was unterscheidet einen Brotlaib vom Fünfliber? Kurzer geschichtlicher Abriss Funktionen Geld, Geldscheine, Münzen Geldmengenbegriffe 1. Definition Geld: Im volkswirtschaftlichen Sinne: Geld versieht die Funktion eines allgemeinen Tauschmittels (Tauschmittelfunktion), Preisausdrucksfunktion, Vermögensaufbewahrungsfunktion, Vermögensübertragungsfunktion, Vergleichsmassstab, Schmiermittel für die Wirtschaft Rechtlich: Zahlungsmittel 2. Was unterscheidet einen Brotlaib von einem Fünfliber? Ganz einfach: Wird das Brot nicht bald gegessen, so verdirbt es und wird damit wertlos. Das Geldstück, mit dem es gekauft worden ist, behält hingegen seine Kaufkraft, auch wenn es über längere Zeit in der Ladenkasse liegen bleibt. Der Bäcker kann es nach Belieben für die Zahlung seiner Mehleinkäufe, der Löhne oder der Mieten für seine Geschäftsräume verwenden. Seine Lieferanten, Mitarbeitenden oder Vermieter mögen es ihrerseits wieder für Warenbezüge oder Dienstleistungen ausgeben, oder sie können es für einen späteren Einsatz auf die Seite legen. Unabhängig davon, ob es bar fliesst, also in Form von Münzen und Noten, oder ob mittels Postüberweisung oder mit der Plastikkarte bezahlt wird: Geld ist immer nur Mittel zum Zweck, ein Zahlungs-, Tausch oder Wertaufbewahrungsmittel. Darüber hinaus verschafft es seiner Besitzerin oder seinem Besitzer keinen materiellen Nutzen. Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 3. Kurzer geschichtlicher Abriss Entwicklung Voraussetzungen, Definition Naturaltausch Arbeitsteilung Spezialisierung Schwierigkeiten Tauschpartner zu finden Wertmassstab physische Teilbarkeit Gut, das stellvertretend für Kein Wertmassstab Warengeld alle anderen Güter gegeben Teilbarkeit der Güter und angenommen wird Wertaufbewahrungsfunkion (Bsp. Muscheln, Perlen, allg. Tauschmittel anerkannt Vieh, Leder Gewürze, Salz) Unverarbeitetes Edelmetall Wertbestimmung Wägegeld wie Goldnuggets, Silber, Platin usw. Edelmetallscheibe mit auf- Nennwert ist nicht Metallwert Zählgeld gedrucktem Metallwert, sog. Frühes Mittelalter (geistliche und weltliKurrantmünzen che Prägeherren (Fürsten, Kantone, Städte). Ziel: Hohe Prägegewinne. CH Mitte 19. Jahrhundert: über 860 inl. Münzen. Seit 1848 Münzregal beim Bund (Silberwährung mit der Einheit Franken, heute nur noch Scheidemünzen) Scheidemünze Kein Edelmetall. Metallwert kleiner als eingeprägter Wert Inhaberpapier 1826 erste Banknote der Schweiz. NoBanknoten Zuerst Einlösepflicht gegen tenemission = Geldquelle, Zinsen. Zugesetzliches Zahlungsmitletzt gab es 53 Banken, die Geld heraus tel, später selber gesetzligaben. ches Zahlungsmittel Seit 1907 SNB alleinige Recht, Banknoten herauszugeben. Sichteinlagen bei Bank und Buchgeld Post. Vor allem zur Abwicklung bargeldloser Zahlungsverkehr Geldarten: → Warengeld → Metallgeld → Notengeld → Buchgeld Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 4. Funktionen Geld, Geldscheine, Münzen Tauschmittel / Zahlungsmittel: Wertaufbewahrungsmittel: Wert von Güter kann gemessen werden (Kauf bzw. Zahlkraft wird gespeichert). Mit Sparen kann auch Geld vermehrt werden. Voraussetzung für ein funktionierendes Geldwesen Wertmassstab : Rechnungseinheit, Vergleichsmöglichkeit im täglichen Leben, Grundlage für jede Buchhaltung ist, dass die Zahlungsmittel allgemein akzeptiert werden. Sehr wichtig ist deshalb, dass wir Vertrauen in die Kaufkraft des Geldes haben. Eine zuverlässige Nationalbank ist für die funktionierende Wirtschaft äusserst wichtig. Dies wird durch ein System von Entscheidungsfreiheit und Kontrolle gewährleistet. Die Nationalbank ist bei der Führung ihrer Geldpolitik frei, unterliegt aber der Kontrolle des Bundes. Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 5. Geldmengenbegriffe a) Abgrenzung des Geldbegriffes M1: Bargeld und Sichteinlagen bei Banken = Zahlungsmittel im engeren Sinne M2: M1 und Spareinlagen(rasch in Bargeld umwandelbar) M3: M2 und Termineinlagen (Auflösung bei Fälligkeit) b) Geldschöpfungsmuliplikator: = Faktor, um den sich eine von der Nationalbank geschaffene Geldeinheit durch die Geldschöpfung der Geschäftsbanken maximal erhöhen kann. Geldschöpfungsmuliplikator Die Nationalbank steuert de Geldmenge über - die Notenbankgeldmenge - den Mindestreservesatz c) Mindestreservesatz: Erhöht die Notenbank den Mindestreservesatz, so müssen die Banken einen grösseren Anteil des Notenbankgeldes liquide halten und können nicht mehr als Kredit vergeben werden. Damit wird die maximale Kreditsumme im Bankensystem und damit die Geldmengen (M1-M3) verringert. Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern d) Geldmengen Dezember 2009 (Quelle: snb.ch, Statistisches Monatsheft) Notenbank-Geldmenge 77’418 Notenumlauf 46’558 + Girorechnungen inländischer Banken 30’860 = Geldmenge, welche die Notenbank selbst geschaffen hat und deshalb auch kontrollieren kann (auch M0 genannt) Bei den Bankeinlagen handelt es sich ausschliesslich um die Bestände in Franken von Inländern bei den inländischen Bankstellen und bei deren Filialen im Ausland. Geldmenge M1 330’525 Bargeldumlauf Noten- und Münzumlauf 42’778 + Depotkonten bei der SNB + Sichtguthaben von Handel und Industrie bei der SNB - Noten und Münzen bei Banken und Post Sichteinlagen Sichteinlagen bei Banken 189’281 + Postkontoguthaben - Postkontoguthaben der Banken und des Bundes Transaktionskonten Einlagen in Spar- und Anlageform für Zahlungszwecke 98’466 Geldmenge M2 Geldmenge M1 516’365 Spareinlagen Verpflichtungen gegenüber Kunden in Spar- und Anlageform 185’840 - Transaktionskonten - Freizügigkeits- und Vorsorgekonten (ohne Freizügigkeitsund Vorsorgekonten) Geldmenge M3 Geldmenge M2 639’377 Termineinlagen 330’525 516’377 123’012 Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 5. Wie bringt die Schweizerische Nationalbank Geld in Umlauf a) Geschichte der SNB 1891: Übertragung des Notenmonopols an den Bund 1907: Gründung der SNB und klassischer Goldstandard ♦ Hauptaufgabe …“den Geldumlauf des Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern” ♦ Verpflichtung …“zur Einlösung ihrer Noten zum Nennwert in gesetzlicher Barschaft”, somit gilt in der Schweiz ab 1907 faktisch der Goldstandard Goldstandard (Verbreitung: ab Mitte des 19 Jhdts. bis 1914 über die ganze Welt) Voraussetzungen: beteiligte Länder definieren den Goldpreis in ihrer Währung Notenbanken garantieren die Konvertibilität ihrer Noten in Gold keine Beschränkungen im Kapitalverkehr, freie Transaktionen in Gold und Devisen Eigenschaften: fixe Wechselkurse weltweite Goldmenge bestimmt weltweite Geldmenge Weltpreisniveau ist abhängig von weltweiten Goldvorkommen Übersicht 1907-1914: Goldstandart, 1914-1930: Aufhebung der Konvertibilität, starke Preisschwankungen und Rückkehr zum Goldstandard 1930-1946: Weltwirtschaftskrise, Abwertungen und Zusammenbruch des Goldstandards 1946-1973: Das System von Bretton-Woods: Fixe Wechselkurse und Anstieg der Inflation 1973-2007: Flexible Wechselkurse und eigenständige Geldpolitik der SNB Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern b) Die Schweizerische Nationalbank (SNB) heute: Verfassungsmässiger Hauptauftrag: Eine Geld- und Währungspolitik zu führen, die dem Gesamtinteresse des Landes dienen Nebst der Aufgabe der Gewährleistung der Preisstabilität hat die Nationalbank aber noch weitere Aufgaben, wie etwa die Verwaltung der Währungsreserven oder die Versorgung der Wirtschaft mit Geld. a) b) c) d) e) f) g) Bargeldversorgung Erleichterung des Zahlungsverkehrs Verwaltung der Währungsreserven Hausbank des Bundes Überwachung der Stabilität des Finanzsystems Internationale Währungskooperation und technische Hilfe Herstellung von Statistiken Die SNB verändert die Geldmenge, indem sie mit den Geschäftsbanken Transaktionen tätigt, sog. Offenmarktpolitik. Offenmarktpolitik: Kauf und Verkauf von Aktiven (hauptsächlich Wertschriften) durch die SNB, um ihre geldpolitischen Ziele zu erreichen. Wichtigstes Instrument zur Steuerung der Geldmenge: REPO Geschäft (= Abkürzung für Repurchase Agreement). Repos sind Kredite mit einer bestimmten Laufzeit an die Geschäftsbanken (GB) mit einem standardisierten Korb von Wertpapieren als Sicherheit. Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern c) Die SNB steuert mit dem REPO Zins die Geldmenge: Der Begriff „Repo“ leitet sich vom englischen Fachbegriff „Repurchase Agreement“ (RückkaufVereinbarung) ab. Er umschreibt einen Verkauf von Wertschriften, bei dem gleichzeitig der Rückkauf gleichartiger Papiere auf einen späteren Zeitpunkt vereinbart wird. Ökonomisch betrachtet handelt es sich dabei um ein mit Wertschriften gesichertes Darlehen. Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern d) SNB Politik: Vierteljährlich Beurteilung der wirtschaftlichen und monetären Lage, mit einer Inflationsprognose: Ziel: Erreichbares Zielband für den Dreimonats-Libor (Wichtigster Zinssatz für kurzfristige Frankenanlagen) Repozinssatz Repozinssatz Geldbeschaffung wird für die GB t e u r e r Geldbeschaffung wird für die GB b i l l i g e r Nachfrage nach REPO’s s i n k t . Nachfrage nach REPO’s t e i g t Geldmenge s i n k t Geldmenge s t e i g t Geld wird knapper, Zinsen s t e i g e n Geldversorgung wird ausgedehnt, Zinsen s i n k e n Spartätigkeit n i m m t z u Spartätigkeit s i n k t Nachfrage s i n k t , Lager n e h m e n z u Nachfrage s t e i g t Lager werden a b g e b a u t Preise s i n k e n Preise s t e i g e n Verknappung der Geldmenge Inflationsbekämpfung Ausdehnung der Geldmenge Deflationsbekämpfung Neueste geldpolitische Lagebeurteilung: www.snb.ch Geldpolitik * Repozinsen Geld wird knapper Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 6. Geldpolitische Strategien 2. Weltkrieg – 1973: Wechselkursziel (Bretton-Woods-System). Ziel: Fixierung Wechselkurs gegenüber bestimmter Währung (=Leitwährung) 1974 – 1999: Geldmengziel Seit 1999 direktes Inflationsziel Monetarismus (= ökonomische Theorie, nach der Inflation immer durch ein Überangebot an Geld verursacht wird). Geldpolitisches Ziel, das direkt die Preisstabilität anvisiert. Gefahr: Ein Land, das seine Währung Quantitätstheorie: Preisstabilität an die eines anderen Landes bindet, wird über die Beeinflussung der übernimmt automatisch die Inflations- Geldmenge erreicht. rate des anderen Landes. Gefahr: Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes sollte konstant sein. Geldpolitik ist dafür da, eine bestimmte Preisstabilität zu gewährleisten. Leider hinken die Indikatoren oft hinterher und es kommt zu Wirkungsverzögerungen. Für die Umsetzung der Preisstabilität gibt es drei grundsätzliche geldpolitische Strategien. Definition der drei Begriffe 1. Wechselkursziele: Wechselkurs gegenüber einer bestimmten Währung fixieren. Bretton-Woods-System. Nachteil: Inflationsrate des jeweiligen Landes wird übernommen. 2. Geldmengenziele: Monetarismus. Preisstabilität über die Beeinflussung der Geldmenge. Ende 80er gab es Veränderungen auf dem Finanzmarkt und die Prognose wurde mehrmals verfehlt. 3. Inflationsziele: immer noch spielen Geldmengen M2 und M3 eine grosse Rolle. Im Zentrum steht das endgültige Ziel: die Preisstabilität. Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 7. Schweizer Geldpolitik Nach der SNB herrscht Preis- Als Grundlage für die Entstabilität, wenn die Inflation un- scheide der SNB wird mit einer ter 2 % liegt. Prognose gemacht, wie die heutige Politik sich auf die InMittelfristiges Ziel flation der kommenden Jahre auswirken wird. Inflationsprognose = Grundlage für Entscheid = Instrument der Kommunikation Dreimonats-Libor für CHF (kurzfristiger Zinssatz) Libor: Zinssatz für kurzfristige, auf SCHF lautende Kredite, die auf dem Londoner Finanzmarkt zw. Banken gehandelt werden. SNB kommuniziert Bandbreite und versucht mit RepoGeschäften, dieses Zielband einzuhalten. Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern Geschäftsbanken Bankkunden SPARGELDER KREDITMARKT Nachfrager: Anbieter: Geschäftsbanken Geschäftsbanken Spargeldbeschafffung angebotene erhöhen Geldmenge sinkt Sparzinsen steigen Kreditzinsen steigen Spartätigkeit Investition werden steigt teurer Konsumnachfrage Investitionen sinkt gehen zurück Lager Auftragsbücher nehmen zu weniger gefüllt Aktionen, Rabatte: Neue Aufträge über bessere Preise sinken Konditionen, Preise sinken VERKNAPPUNG GELDMENGE INFLATIONSBEKÄMPFUNG Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 8. Vertiefungstexte: 1. Vertiefung: Die Inflation von 1914 bis 1923 im Deutschen Reich Bsp. für ein nicht funktionierendes Geldwesen Entwertung der Markt zwischen 1914 – 1923 Kurs für 1 $ 1914 4.20 1918 7.25 1919 42.– 1921 168.– 1922 8400.– 13. Nov. 1923 1 Mrd. Mark 20. Nov. 1923 4 Mrd. Mark danach Warengeld Zigaretten Die Inflation 1914-1918 Am 31. Juli 1914 stellte die Reichsbank die Einlösung von Banknoten und Scheidemünzen in Gold ein. Die Goldwährung wurde faktisch aufgehoben: Damit hatte die Reichsregierung den Weg zur Staatsfinanzierung durch vermehrten Geldscheindruck beschritten. Die umlaufende Geldmenge verfünffachte sich von Kriegsbeginn bis 1918 auf 33 Milliarden Mark. Da das Warenangebot bestenfalls stagnierte und in vielen Bereichen sogar rückläufig war, kam es zu immer stärkeren Preissteigerungen. Der Aussenwert der Mark schmolz zusehends, am Devisenmarkt stieg der Dollarkurs unaufhaltsam. Verschärft wurde die Lage durch die stetig ansteigenden Kriegskosten. Die Folge dieser Form der Kriegsfinanzierung war eine immense Staatsverschuldung. Die Inflation nach Kriegsende (1918-1923): Banknoten ohne jeden Wert Im Zuge der Bewältigung der Kriegsfolgelasten setzte sich die Geldentwertung durch die Aufnahme neuer Staatsschulden unvermindert fort. Soziale Leistungen für Kriegsopfer und Hinterbliebene sowie die Umstellung der Kriegswirtschaft auf eine Friedensproduktion destabilisierten den Reichshaushalt in immer grösserem Ausmass. Zur hohen Staatsverschuldung kamen die aus dem Versailler Vertrag abgeleiteten Reparationsforderungen, die erstmals im April 1921 beziffert und von den Alliierten wenig später mit dem Londoner Ultimatum durchgesetzt wurden. Mehr als 132 Milliarden Goldmark wurden vom Deutschen Reich als Kriegsentschädigung in Dollar ($), Pfund (£) und Franc (FF) gefordert. Die Einnahmen aus Steuern, Zöllen und Abgaben konnten den Finanzbedarf bei weitem nicht decken. Der Schuldendienst des Reiches lag bei 126 Prozent der Staatseinnahmen. Zur Deckung laufender Ausgaben mussten im- Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern mer neue Kredite aufgenommen werden. Die steigende Verschuldung sowie der zur Begleichung der Reparationen in grossem Umfang durchgeführte Devisenankauf liessen den Kurs der deutschen Währung immer weiter abrutschen und die Notenpressen immer mehr Geld drucken. Die Geldschein-Nominale erhöhten sich nun in schneller Folge, bis die Reichsbank im November als höchsten Wert einen Geldschein über 100 Billionen Mark (100.000.000.000.000 M) drucken liess. Trotzdem reichten die verfügbaren Zahlungsmittel nicht aus, die Druckmaschinen konnten den schwindelerregenden Wertverlust während der Hyperinflation einfach nicht mehr durch vermehrten Notendruck ausgleichen. Deshalb wurden von mehr als 5.800 Städten, Gemeinden und Firmen eigene Notgeldscheine herausgegeben. Mit fortschreitender Inflation hatte sich die Versorgungslage der Bevölkerung laufend verschlechtert. Dem Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen konnten die Löhne und Gehälter nicht folgen. Der Reallohn sank auf ca. 40 Prozent seines Vorkriegsniveaus, weite Teile der deutschen Bevölkerung verarmten. Vermögenswerte schmolzen dahin. Ersparnisse wurden völlig entwertet, Spargelder von Generationen vernichtet. Feste Erträge oder Zinsen waren praktisch wertlos. Durch Mangel an Kaufkraft verloren auch Immobilien ihren Wert und wurden bei Notveräusserungen geradezu verschleudert. Das chaotische Geldwesen hatte einen geregelten Wirtschaftsbetrieb unmöglich gemacht. Oft erfolgten die Lohnzahlungen täglich. Jedermann versuchte, Bargeld schnellstmöglich in Sachwerte einzutauschen. Ladenöffnungszeiten richteten sich nach den Bekanntgabeterminen für aktuelle Wechselkurse. In Restaurants konnte sich die Zeche während der Mahlzeit verdoppeln. Kriminelle stahlen nun nicht mehr nur Geldbörsen, sondern durchsuchten ihre Opfer nach Wertsachen und rissen ihnen sogar Goldzähne heraus. Pfarrer hielten den Kirchgängern für die Kollekte nach den Gottesdiensten einen Wäschekorb hin. Auf dem Höhepunkt dieser akuten Krise um die Reichseinheit verbreiterte sich die Bereitschaft zur Errichtung einer Militärdiktatur. Im November 1923 waren viele Deutsche Milliardäre. Damals kursierten Banknoten im Nennwert von 200 und 500 Milliarden Mark. Kaufen konnte man sich für das Geld allerdings so gut wie nichts: In Berlin kostete am 21. November 1923 eine Strassenbahnfahrt 150 Milliarden Mark. Die Inflation von 1923 besass ihre Ursache in den Kosten des Ersten Weltkriegs und dem Unwillen der Regierung, eine seriöse Wirtschaftspolitik zu betreiben. So rotierten die Notenpressen, bis das Geld nichts mehr wert war. Die grösste Inflation der Weltgeschichte endete mit der Einführung einer neuen Währung, der Rentenmark. Mit seinem Putschversuch vom 8./9. November 1923 wollte Adolf Hitler die chaotische Lage in seinem Sinne ausnutzen. Während die Inflation für Millionen von Zeitzeugen ein traumatisches Erlebnis war, gab es einige Profiteure. Da die Reichsbank der Industrie laufend kurzfristige Kredite aus der vermehrten Banknotenausgabe zur Verfügung stellte, konnten viele Unternehmen ihren Besitz mit Hilfe der fortschreitenden Geldentwertung erweitern. Gemäss dem Grundsatz "Mark = Mark" konnten Kredite, die in höherwertigem Geld aufgenommen worden waren, mit entwertetem Geld zurückgezahlt werden. Schulden lösten sich in nichts auf. Ein noch grösserer Profiteur war jedoch der Staat. Seine gesamten Kriegsschulden in Höhe von 164 Milliarden Mark beliefen sich bei der Währungsumstellung am 15. November 1923 auf gerade einmal 16,4 Pfennige. Am Ende der Inflation war der Papierwert der ersten Inflationsscheine grösser als die Kaufkraft ihres Nennwertes. So verwendete man die Scheine vielfach zweckfremd und überdruckte sie zu Eintrittskarten, Mitgliederausweisen, Quittungen, Festtagsglückwünschen oder nutzte sie für politische Propagandazwecke. Deutschland 1938-1953: Zigaretten statt Geld Ein Vierteljahrhundert nach der grossen Inflation von 1923 war die deutsche Währung schon wieder kaputt. Die unseriöse Finanzierung des Zweiten Weltkriegs durch die Notenpresse sowie der Zusammenbruch der staatlichen Ordnung und der Wirtschaft hatten Mitte der vierziger Jahre den Wert der Reichsmark unterminiert, auch wenn das Ausmass der Geldentwertung weniger schlimm war als 1923. Dennoch übernahmen vorübergehend Zigaretten die Funktion der Währung. Mit den Währungsreformen des Jahres 1948 endete im Westen wie im Osten Deutschlands das Zeitalter der entwerteten Reichsmark. Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern 2. Erklär mir die Welt Warum wird nicht einfach mehr Geld gedruckt, um wirtschaftliche Probleme zu lösen? Warum beseitigt man die Armut nicht einfach, indem jede(r) Arme eine 500-Franen-Note zusätzlich im Monat erhält? Diese Idee klingt um so verführerischer, als die Herstellung des Geldes ungeheuer billig ist im Vergleich zum Nennwert einer Banknote. Eine Banknote über 500 Franken kostet nur einen Bruchteil ihres Wertes. Noch billiger wäre die unbare Überweisung zusätzlichen Geldes auf die Bankkonten der Bevölkerung, die nahezu gar nichts kostete. Die SNB gibt das Geld allerdings nicht direkt an Unternehmen und Verbraucher aus, sondern an Geschäftsbanken, die es dann an ihre Kunden weiterleiten. Anwerfen der Notenpresse führt zur Inflation So verführerisch die Idee klingt, wirtschaftliche und soziale Probleme liessen sich durch das Anwerfen der Notenpresse lösen, so irrig ist sie. Denn ein Zuviel an Geld führt zur Geldentwertung, der Inflation. Das abschreckendste Beispiel bildet bis heute die grosse Inflation von 1923: Damals kursierten Geldscheine mit Nennwerten über viele Millionen und Milliarden Mark, für die man sich am Ende nichts mehr kaufen konnte, weil das offizielle Geld so wenig realen Wert hatte wie das Spielgeld bei Monopoly. Nein, Geld alleine macht nicht glücklich - das Geld muss auch werthaltig sein. Damit das Geld Wert besitzt und bewahrt, muss seine umlaufende Menge in einem zumindest annähernd stabilen Verhältnis zur Menge an Gütern und Dienstleistungen stehen, die sich mit dem Geld kaufen lassen. Nehmen wir an, in einer Wirtschaft vergrösserte die Zentralbank plötzlich die Menge des umlaufenden Geldes. Das Problem ist, dass die Verbraucher mit diesem zusätzlichen Geld nicht mehr Güter und Dienstleistungen kaufen können, da alle Fabriken ausgelastet sind und eine Mehrproduktion an Gütern daher gar nicht schnell machbar ist - der Bau neuer Fabriken würde lange dauern. Anstatt mehr zu produzieren, würden die Unternehmen auf die Ausgabe zusätzlichen Geldes mit Preiserhöhungen reagieren. Das Geld verlöre damit einen Teil seines Wertes, das heisst: Für eine Geldeinheit kann man weniger kaufen als zuvor. Wirklich reicher wäre niemand. Reale Welt und Lehrbuchwelt Nun hat die reale Welt mit der Lehrbuchwelt wenig zu tun. In der realen Welt sind weder alle Arbeitsuchenden beschäftigt noch alle Fabriken voll ausgelastet. Wird auch in diesem Falle die Ausgabe zusätzlichen Geldes höhere Preise zur Folge haben? Das ist zumindest am Anfang nicht sicher. Denkbar ist nämlich auch, dass Unternehmen auf die zunehmende Nachfrage nach ihren Gütern durch das zusätzliche Geld mit einer Erhöhung ihrer Produktion reagieren, indem sie vorhandenes Personal länger arbeiten lassen und eventuell sogar zusätzliches Personal einstellen und so ihre Fabriken besser auslasten. Sie produzieren mehr Güter, ohne notwendigerweise deren Preise zu erhöhen. Programm zur Belebung der Konjunktur Die Ausgabe zusätzlichen Geldes wirkt damit wie ein Programm zur Belebung der Konjunktur und führt so zu einer Zunahme des materiellen Wohlstandes. Dieser Prozess könnte so lange dauern, bis die Wirtschaft wieder auf Hochtouren läuft und kurzfristig nicht zusätzlich produzieren kann. Dann würde zusätzliches Geld wieder höhere Preise zur Folge haben. Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung Bern-Wankdorf Wirtschaftsmittelschule Bern Geld vereinfacht den Tausch von Gütern (und Dienstleistungen) ganz erheblich. Erst Geld lässt einen Markt (und damit auch eine ganze Marktwirtschaft) effizient funktionieren. Doch die Funktion des Geldes beschränkt sich nicht auf die eines Zahlungsmittels. Geld ermöglicht zudem, Werte zu speichern, zu bewahren und damit auch zu akkumulieren und zu verleihen. Die Bildung erheblicher Vermögen und die Finanzierung grosser Investitionen waren erst in der Geldwirtschaft möglich. Geld ist eine der Grundvoraussetzungen für eine dynamische Ökonomie. Geld darf nicht beliebig vermehrbar sein. Um als Wertaufbewahrungsmittel zu dienen, darf Geld nicht beliebig vermehrbar sein. Aus diesem Grund dienten Metalle wie Gold und Silber lange Zeit als Geld, Kieselsteine dagegen nie. In unsere Zeit übertragen hat diesen Gedanken der Nobelpreisträger Milton Friedman. Was passiert, fragte Friedman, wenn ein Hubschrauber so viele Banknoten abwirft, dass sich das umlaufende Geld verdoppelt? Viele Menschen mögen glauben, der unverhoffte Geldsegen würde sie reicher machen. Weit gefehlt, sagt Friedman. Denn die Produzenten würden die Gelegenheit nutzen, um ihre Preise deutlich zu erhöhen. Am Ende hätten die Menschen zwar mehr Geld in der Tasche, könnten aber nicht mehr Güter kaufen. Papier als optimales Rohmaterial Um seine nutzenstiftende Rolle als Zahlungsmittel und Wertspeicher zu wahren, musste das Geld im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung mehrfach sein Gewand wechseln. Münzgeld war für antike und mittelalterliche Gesellschaften ideal, aber der spätestens mit der Industrialisierung einsetzende sehr rasch wachsende Geldbedarf erforderte einen neuen, leichter vermehrbaren und handlicheren „Stoff“. Hier erwies sich das Papier als optimales Rohmaterial, auch wenn die „Zettel“, wie man Banknoten anfangs abschätzend nannte, lange um Anerkennung kämpfen mussten. Mit dem Papiergeld wurden auch Manipulationen des Geldes leichter, und nicht zufällig fallen alle grossen Inflationen in die Zeit der Banknote. Derweil kommt auch die Banknote langsam ausser Mode - ein immer grösserer Teil der Zahlungen findet unbar statt. Bunte Welt des Geldes Auch nachdem sich die Münze und die Banknote als wichtigste Geldformen durchgesetzt hatten, fanden weitere Güter immer wieder vorübergehend Verwendung als Zahlungsmittel. Das bekannteste Beispiel ist die „Zigarettenwährung“ nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland. Da die Reichsmark ihren Wert verloren hatte, behalf sich die Bevölkerung mit Zigaretten als Zahlungsmittel. Wie gut, dass es damals noch keinen Gesundheitsminister gab! Geld- und Kreditkarten stehen für die moderne Entstofflichung des Geldes. Nur noch ein geringer Teil zirkuliert als Banknoten und Münzen; der weitaus grösste Teil des Geldes befindet sich unsichtbar auf Konten. Die Verfügung über Geld geschieht zu einem erheblichen Teil durch Karten. International verbreitet sind Kreditkarten grosser Anbieter wie Visa und Eurocard/Mastercard, die früher Reichen vorbehalten waren, heute aber zur Standardausstattung jedes Geschäftsreisenden gehören. In Deutschland ist daneben die EC-Karte sehr verbreitet. Bargeld wird unwichtiger - so fälscht der zeitgemässe Verbrecher Kreditkarten, während Bankraub immer unmoderner wird. Recht lehrreich ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf die aktuelle Wirtschaftslage in Deutschland. Das unerwartet kräftige Wirtschaftswachstum (auch in anderen europäischen Ländern) ist fraglos zum Teil das Ergebnis einer grosszügigen Ausgabe von Geld durch die Europäische Zentralbank in den vergangenen Jahren. Damit hat die Zentralbank die Produktion von Gütern und Dienstleistungen angeregt und die Schaffung von Arbeitsplätzen erleichtert, ohne dass die Inflationsrate gestiegen wäre. Nachdem die Wirtschaft in Schwung gekommen ist, dürfte die Zentralbank in Zukunft darauf achten, dass die Menge an Geld nicht weiter rasch wächst und die Preise vielleicht doch einmal stark steigen. Zentralbanken zeigen mehr Verantwortung als früher Diese ökonomischen Zusammenhänge sind allerdings keine strengen Gesetze. So hat die japanische Zentralbank in der Krise der 90er Jahre ihre Wirtschaft geradezu mit Geld zugeschüttet, ohne dass viel passierte. Viele Menschen besassen kein Vertrauen in die Zukunft und gaben das zusätzliche Geld nicht aus, sondern sparten es einfach. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die Zentralbanken mit ihrem Geld heute verantwortungsvoller umgehen als früher. Die Inflationsraten sind in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen.