Prof. Dr. Edmund Kösel Die Tiefenstruktur des Wissens Die Tiefenstruktur des Wissens bezeichnet die strukturalen, formalen, pragmatischen und kontexturalen Konstruktionsprinzipien eines Inhalts. Die Tiefenstruktur des Wissens setzt sich aus folgenden Referenzbereichen zusammen: Die Wissensarten Die Wissenslogiken Die Wissenskontexte Die Wissenskonzepte Die Wissensfelder Die Tiefenstruktur des Wissens Die Wissenskonzepte bezeichnen die gundlegenden didaktischen Entscheidungen über die gesellschaftliche Symbolik des Wissens: Ist Wissen im schulischen Bereich Kulturreserve, (Reproduktion von Wissen), ist schulisches Wissen eine Kombination von Kulturreserve und Neukonstruktion von Wissen? Soll Wissen die junge Generation befähigen, aufgrund des bestehenden Wissens (trotz Zerbrechlichkeit und Zerfall des Wissens) die Instrumente der Wissenskonstruktion erlernen und neue Wissensgernerierungen vornehmen können (Rekonstruktion und Neokonstrktion von Wissen)? Ist es erlaubt und sogar wünschenswert, traditionellles Wissen zu hinterfragen, die Logiken der Dekonstruktion zu erlernen und die blinden Flecke des bisherigen Wissens aufdecken lernen? Es müssen in einer modernen Schulkultur u.a. Entscheidungen getroffen werden, welches Wissenskonzept die einzelne Schule verwirklichen will. Wissen muss nützlich sein. Die Wissensarten bezeichnen die pragmatischen Dimensionen des Wissens. Sie stellen die unterschiedlichen Gebrauchsmöglichkeiten dieses Denkens in den Wissensinhalten, Wissenssituationen und Wissenskontexten zur Verfügung. Wissen muss logisch sein. Die Wissenslogiken bezeichnen die erkenntnistheoretische Dimension der Denk- und Handlungsregeln. Sie schreiben vor, wie man zu denken hat, wenn man in einem Referenzbereich z.B. Mathematik, Physik oder Politik denken will oder soll. Wissen muss passfähig sein Wissenskontexte beschreiben den kontexturalen Rahmen des Wissens. Dies sind Relationen, Hinsichten, Logikverbindungen und polykontexturale Verbindungen in einem Wissensfeld. Wissenskontexte beschreiben die internen Verbindungen zwischen den Elementen, der Form, der Struktur, den Funktionen und entschiedenen Referenzrahmen in Form von Netzwerken. Beispiel Schule: Welche Aspekte des Themas Wasser sollen bearbeitet werden (chemische, juristische, ökonomische, evolutionäre usw.) und welche Logiken müssen dann jeweils beachtet werden? Welche Präferenzen werden gebildet, welche Begrifflichkeit wird verwendet, wie stehen die einzelnen Themen zueinander in Beziehung usw., um eine festgelegte oder offene Wissenskonstruktion erreichen zu können? (Merkmale, Einsetzbarkeit, Netzwerk von zugelassenen Relationen, situationsnahe Muster, berufliche Orientierung, Selbstregulierung, Alltagsorientierung) Wissen muss sinnvoll sein Wissensfelder beschreiben den sozialen Raum des Wissens. Es ist das in sozialen Systemen hergestellte und verwendete Wissen. Wissensfelder beschreiben die in sozial-autopoietischen Systemen jeweils spezifisch konstruierten Wissens- Architekturen. Didaktische Wissenslogiken Man kann die Logiken nach unterschiedlichen Aspekten einteilen: in die deskriptive, operative und die präskriptive Form. Neben den beiden Logiken des Denkens und der Gefühle gibt es aber auch noch andere Logiken, Schemata, die an bestimmte Regeln und Bezugsrahmen gebunden sind. Jede Wissenslogik legt fest, wie man zu denken hat, wenn man in dieser jeweiligen Logik und dem entsprechen Inhalt (z. B. Mathematik) schlüssig denken will. Wer sich nicht an die jeweiligen Spielregeln hält, kann entweder nicht richtig oder überhaupt nicht mitspielen. Diese Haltung wird als solider Relativismus bezeichnet. Die herausragende Aufgabe wäre also, dass jede Fachdidaktik ihre Wissensarchitektur und die darin enthaltenen Logiken den Lernenden darstellen und mit ihnen trainieren würde. Notwendig sind unterschiedliche Beschreibungsweisen und Schemata, Denkrichtungen und Logiken für die verschiedenen Ebenen der Didaktik, weil die Beziehungen zwischen Körper und Geist, die zwischen den Lehrenden und Lernenden, die Beziehung in den einzelnen Fachdidaktiken und Fachgebieten und ihre Vernetzung in andere komplexe Referenzbereich, die Beziehungen und Erwartungen zu dem jeweiligen relevanten System (z. B. Schule) mit einer distinktiven Logik nicht mehr analysiert und am Ende zusammengebunden werden können. Neben diesen Denkschemata sind vor allem die Muster der Metaphern für didaktische Konstruktionen hoch bedeutsam. In einer didaktischen Epistemologie bedarf es schließlich einer Logik des Zusammenführens, der Integration oder der Differenzierung. „Die Welt ist (nach Luhmann) wie eine Maschine konstruiert. Sie setzt sich aus Monaden zusammen, die in ihren Eigenschaften nicht aufeinander zurückzuführen sind. Sie bewegt sich zwar, ist jedoch in ihren Mechanismen statisch. Die Beziehung und Interaktionen dieser in ihrem Wesen unabhängig voneinander existierenden Objekte sind so miteinander verknüpft, dass die Ursache die Wirkung determiniert. Das erkennende Subjekt steht Autorität dieser Maschine gegenüber. Seine Beobachtungen haben im Prinzip keinen Einfluss auf die beobachteten materiellen Prozesse. Das Subjekt der Erkenntnis ist gleichgesetzt mit dem seines selbstbewussten Ich. Der geistige Prozess ist begrenzt durch die Grenzen des Bewusstseins: Die Beziehung zwischen Geist und Körper ist gradlinig kausal, die eine Substanz kann Macht über die andere gewinnen und ihr Verhalten determinieren. Den Regeln der Mechanik in der Welt ‚draußen‘ entsprechen die Regeln der Vernunft ‚drinnen‘. Wahrheit der Erkenntnis ist an die Befolgung rationaler Regeln gebunden. Erkenntnis ist im optimalen Falle ein Abbild der Wirklichkeit. Wissenschaftsideal ist die Berechenbarkeit und Vorhersagbarkeit der Welt.“ Logiken im Beeich des Lebendigen Nach der Theorie der Autopoiesis gilt im Vermittlungsprozess ein anderes Regelwerk. Dazu gehören: Die Logik einer nicht-linearen, zirkulären Organisation Die Logik des Überlebens Die Logik der Zugehörigkeit zu einem sozialen System Die Logik des Hedonismus und der Assimilation von Erfahrung Die Logik des Handelns, der Verbindlichkeit und des Spirituellen Die Logik der inneren Strukturdeterminiertheit eines jeden autopoietischen Systems Wenn in der Didaktik hier von Logik gesprochen wird, so ist damit nicht ausschließlich die zweiwertige Logik z. B. nach Aristoteles im Sinne von wahr versus falsch gemeint, sondern auch die Logiken der Statik und die Logiken der Dynamik. Die Logiken der Statik beinhalten Dinge und Tatsachen, die Logiken der Dynamik die Prozesse des Wandels, der Erhaltung. Bei der Logik der Relevanz werden unterschiedliche Merkmale eines Sachverhalts gleich oder unterschiedlich eingeschätzt. Bei der Logik der Behauptungen werden die gleichen Merkmale unterschiedlich oder gleich eingeschätzt, vor allem im Bereich von Tatsachen- Feststellungen, Wertungen oder Ansprüchen usw. Bei der der Logik Quantität gelten die Denkregeln: Wie viel, welche Wahrscheinlichkeit unterscheidet sich von... Bei der Logik der Qualität gelten die Denkrichtungen wie z. B. Welche Art und Weise, welchen Werten und Normen folgst du, welchen Sinn macht das? Bei der Logik des Relativen gelten festgelegte Referenzen oder deren Verletzung: Von Hui Shi (ca. 380 v. Chr.) stammt folgende Aussage: »Der Himmel ist so tief wie die Erde; die Berge befinden sich auf gleicher Ebene mit den Sümpfen. Warum? Wolken bilden sich auch unterhalb der Berggipfel (Erde) und Sümpfe können hoch in den Bergen vorkommen. Außerdem sind irdische Merkmale, verglichen mit der Größe des Universums, gleichermaßen ‚niedrig‘. ( Schimanek (1992), in: Giegel, H.J. (Hrsg.): Kommunikation und Konsens in modernen Gesellschaften, Frankfurt/Main, S. 238) Diese Logik wäre z.B. in der Fachdidaktik Mathematik für Lernende einzuführen, damit sie einen Teil der Architektur der Mathematik verstehen können. Bei der Handlungslogik gilt: Alles Handeln eines Lebewesens hat einen paradoxen Gehalt. Was zu dem einen Zeitpunkt sinnvoll gewesen sein kann, kann im nächsten Moment unsinnig sein. Die Funktionalität oder Dysfunktionalität von Wissen kann bei keiner einzigen Überlebensstrategie vom Kontext und Zeitpunkt allgemeingültig beurteilt werden, auch wenn unser traditionell-logisches Denken uns das suggeriert Die spirituelle Logik hat folgende Merkmale: wechselseitige Verbundenheit, Ehrfurcht, Weisheit, Ausdehnung, Kreativität, Leere usw. Die Vorliegenden Logiken als Denkregeln sollten die Fachdidaktiken als Metalogik ihrer Wissensstruktur einarbeiten. Es könnte damit so vielen Lernenden in ihrer Not der Verständlichkeit an einem Sachbereich geholfen werden. Wissenslogiken − Methodologische Wende Die Gesetze der zweiwertigen Logik Die Gesetze der zweiwertigen Logik und der Mathematik sind in der abendländischen Geschichte sehr erfolgreich gewesen. Sie legten bestimmte Spielregeln fest, die nur für die verbindlich waren, die das Spiel mit den Regeln spielen wollten (oder in der Schule mussten). Dass aber Denken und noch vielmehr Handeln noch nach anderen Regeln verläuft, wird meistens übersehen. In der Wissenschaft wurde größtenteils dieses Spiel im Descartes’schen Sinne als die Methode der Erkenntnisgewinnung proklamiert. Sie haben sich bis in die Gegenwart hinein als die Herstellung von Konsens und struktureller Koppelung in den wissenschaftlichen Köpfen gehalten. Allerdings hat sich mit der zunehmenden Diskussion um den Konstruktivismus die Frage verändert: In den Wissenschaften fragen wir zunehmend mehr nach dem Wie statt dem Was, weil die Prozesse und Dynamiken von uns selbst bestimmt sind, anstelle von Objektivität und Ontologie. Diese Proklamation hat viele Folgen auch in der Didaktik hervorgerufen, vor allem mit dem Prinzip der Wissenschaftlichkeit von Unterricht und Wissensvermittlung. Dort werden bestimmte Regeln eingesetzt. Sind aber Phänomene innerhalb dieser Regeln nicht behandelbar, so gehören sie nicht in die Dignität der Wissenschaftlichkeit. Man kann heute ganz gut die Symbolik in den Schulsystemen allein nach diesem Mythos der Wissenschaftlichkeit erkennen und den daraus entstandenen Attraktor für den einzelnen Lernenden im Bildungstauschmarkt und sogar in der Prognose und formalen Zuteilung von Lebens- und BerufsKarrieren ausmachen. Die Beobachtung 2. Ordnung Eine zweite Revolution ist die Entdeckung des Beobachters. Er ist die zentrale Kategorie für die Analyse und die Erfahrung. Die Konstruktion des Beobachters gefährdet in vielen Teilen der Wissenschaft die traditionelle Logik und Wissenschaftstheorie und auch in der Didaktik, weil der Beobachter (sprich Forscher) nicht sieht, dass er nicht sieht, was er nicht sieht (H. v. Förster). Einsicht und Blindheit sind die eine Seite einer Unterscheidung, deren andere Seite wir nicht kennen. Das bedeutet auch, dass in einer didaktischen Epistemologie die Logik des Ausschlusses und der Nichtbeachtung zu berücksichtigen ist, auch gegenüber einem Begründungszusammenhang, der auf die so genannte „Tiefe“ gehen will. (H. v. Förster: Wissen und Gewissen, S. 19). Diese Kybernetik zweiter Ordnung ist zusammen mit der Unterscheidungstheorie von G. Spencer-Brown und der Theorie der Autopoiesis von Humberto Maturana zusammen mit Niklas Luhmann als Theorie sozialer Systeme von vielen Wissenschaftsbereichen als eine neue Hoffnung und eine neue Plattform aufgenommen worden und hat alte Paradigmen aufgelöst. In einer postmodernen epistemologischen Architektur für den Unterricht ist dringend eine Neubestimmung der Konstruktion und Vermittlung von Wissen notwendig. Die Neubestimmung einer Lehrplantheorie als Orientierung für die konkrete Ausformung, was zukünftig für die nächste Generation als Grundpfeiler von Wissen, Erfahrung, Wahrnehmung und Verantwortung gelten soll, wäre vorrangig. Der Radikale Konstruktivismus als Grundlage für Wissenskonstruktionen Der „Radikale Konstruktivismus“ wird als Kognitions- Theorie verstanden. Er beschäftigt sich mit den Vorgängen bei der Wahrnehmung und bei der Entstehung von Erkenntnis und Bewusstsein. Die Kernaussage lautet: Es gibt keine Beobachtung, die unabhängig vom Beobachter ist. Wir gehen nie mit der Wirklichkeit „an sich“ um, sondern wir bilden unsere Erfahrungen mit Hilfe von Perzeptions- Systemen, die in unserer Gehirnstruktur angelegt sind. Einzelne Erkenntnisse müssen in diese Systeme hineinpassen, viabel sein. Realität ist also ein subjektives Konstrukt, das erst durch die Abstimmung mit den Konstrukten anderer Beobachter den Charakter einer „objektiven“ Welt erhält, die scheinbar unabhängig von Wahrnehmung existiert. Wir müssen die tradierten Vorstellungen von „absoluter Wahrheit“ und „Objektivität“ aufgeben. Die Konsequenz daraus ist die subjektive Verantwortung für das eigene Handeln. Die Theorie des Radikalen Konstruktivismus, wie er u. a. von P. Watzlawick, E. v. Glasersfeld, S. J. Schmidt und H. v. Foerster vertreten wird, behauptet dass die Wirklichkeit, die wir zu entdecken und zu erforschen glauben, unsere eigene Konstruktion ist, ohne dass wir uns des Aktes der Erfindung bewusst sind. E. v. Glasersfeld87 entwickelt in seinem Aufsatz „Einführung in den Konstruktivismus“ eine These, die unsere bisherigen Denkgewohnheiten radikal in Frage stellt, nämlich, „... dass wir von der Wirklichkeit immer und bestenfalls nur wissen, was sie nicht ist“. Der Konstruktivismus steht mit seinen Einsichten in radikalem Gegensatz zum bisherigen traditionellen Denken, wonach etwas wahr ist, „... wenn es mit einer als absolut unabhängig geltenden objektiven Wirklichkeit übereinstimmt“. Das erkenntnistheoretische Problem besteht jedoch darin: Wie können wir wissen, ob das Bild, das unsere Sinne uns von der Wirklichkeit vermitteln, der objektiven Wirklichkeit entspricht? E. v. Glasersfeld bringt das anschauliche Beispiel eines Apfels, den wir als glatt, duftend, süß etc. wahrnehmen. Doch wie können wir wissen, ob der Apfel diese Eigenschaften wirklich besitzt? Diese Frage sei unbeantwortbar, so meint v. Glasersfeld, da wir unsere Wahrnehmungen von dem Apfel lediglich mit anderen Wahrnehmungen, aber niemals mit dem Apfel selbst vergleichen können, so wie er gewesen sei, bevor wir ihn wahrgenommen haben. Die Vorstellung einer objektiven Realitätserkenntnis ist damit in Frage gestellt. Doch wie kommt es dazu, dass wir in einer stabilen und verlässlichen Welt leben, an der wir uns ausrichten und orientieren, die unser Wissen und Handeln bestätigt, obwohl wir der „objektiven“ Welt irgendwelche wahrgenommenen Eigenschaften nicht mit Sicherheit zuschreiben können? Die Antwort des Konstruktivismus macht diese Frage sinnlos. „Wenn ... die Welt, die wir erleben und erkennen, notwendigerweise von uns selbs konstruiert wird, dann ist es kaum erstaunlich, dass sie uns relativ stabil erscheint“. Die Welt, die wir konstruieren, ist eine Welt des Erlebens, die aus Erlebtem besteht und keinen Anspruch auf „Wahrheit“ im Sinne einer Übereinstimmung mit der Wirklichkeit an sich erhebt. V. Glasersfeld betont, jegliches Bewusstsein könne nur ( Watzlawick, 1991, S. 30 ff.)auf Grund eines Vergleichs, durch ein In- Beziehung- Setzen von Erlebtem, durch Wiederholung, Konstanz und Regelmäßigkeit „erkennen“, mit anderen Worten: eine verlässliche und stabile Wirklichkeit erleben, wobei schon vor dem eigentlichen Vergleich entschieden werden müsse, was als existierende Einheit und was als Beziehung zwischen Gegenständen betrachtet werde. Auf diese Weise schaffe sich der Mensch „Struktur im Fluss des Erlebens“. Diese Struktur ist, was der bewusste Organismus als Wirklichkeit erlebt, und weil sie (bisher) fast ausschließlich unwillkürlich geschaffen wurde und wird, erscheint sie als Gegebenheit einer unabhängigen selbstständig existierenden Welt. Die wirkliche Welt erschließt sich nur da, wo unsere Konstruktionen scheitern. Neurophysiologische Grundlagen Gerhard Roth hat in seinen Forschungen über das Großhirn und das Nervensystem zu diesen Erkenntnissen entscheidende Aspekte beigetragen: Die durch die Ereignisse und Situationen der Umwelt hervorgerufenen neuronalen Erregungen, die Vorstellungen von Objekten und Prozessen, sind kognitive Leistungen des Gehirns, das als in sich abgeschlossenes System operieren muss. Es muss Bewertungen vornehmen, und die Identität eines Gegenstands, die Gleichheit, Gleichartigkeit, Ähnlichkeit oder Verschiedenheit im Rhythmus von Ereignissen erkennen. Es nimmt Akte der Generalisierung, Abstrahierung und Kategorisierung vor und setzt sie im Sinne einer Selbstorganisation in Verhalten um, das dem Individuum in erster Linie zum Überleben und dem Zurechtfinden im Milieu dient. Diese kognitiven Leistungen erbringt das Nervensystem unabhängig davon, ob der Wissenserwerb unbewusst oder als bewusster Akt des Erkennens vor sich geht. Lange Zeit hat man angenommen, dass Lebewesen über ihr Wahrnehmungssystem in direktem Kontakt mit der Welt stünden. Zwar wusste man, dass die Sinne selektieren und auch Täuschungen unterliegen, man glaubte jedoch an die grundsätzliche Erkennbarkeit der Welt. Heute gilt diese Ansicht als widerlegt: Man geht davon aus, dass das Gehirn ein geschlossenes funktionales System ist, dessen Verbindung zur Welt Rezeptoren sind, die unspezifische, bedeutungsfreie elektrische Impulse an das Gehirn weiterleiten. Der Ort im Gehirn, an dem solche Impulse eintreffen, bestimmt die Art der Sinnesempfindung und deren Qualität. Wahrnehmung ist also eine Bedeutungszuweisung zu neuronalen Prozessen, sie ist Interpretation von Nervenimpulsen und damit Konstruktion von „Realität“. Grundlage solcher Interpretationen bilden interne stammesgeschichtliche Festlegungen und frühere Erfahrungen. Für die Bewältigung der komplexen Welt hat das Gedächtnis eine fundamentale Bedeutung: Es speichert und aktiviert frühere sensorische Erfahrungen und die mit ihnen verbundenen Bewertungsmuster. Das Gehirn ist semantisch und funktional selbstreferentiell. Funktional selbstreferentiell ist es, weil es mit seinen eigenen Zuständen rekursiv oder zirkulär interagiert. Jeder Zustand ist also eine Folge der Interaktionen früherer Zustände. Aus diesen Befunden wird in der Didaktik ein didaktischer Relativismus abgeleitet, der davon ausgeht, dass jeder Lehrende und Lernende ein Realität konstruiert, die je verschieden und rekursiv mit der bisherigen Lebensgeschichte verbunden ist. Daher wird eine didaktische Haltung erwartet, in der Lehrende ihre Bezugssysteme und Wissenskonstruktionen und ihre Erwartungen an die Lernenden unter Offenlegung ihre oft ungewussten Wissensarchitektur mitteilen müssen. Inventar zu den Wissenslogiken: Die Wissenslogiken bezeichnen die erkenntnistheoretische Dimension der Denk- und Handlungsregeln. Sie schreiben vor, wie man zu denken hat, wenn man in einem Referenzbereich z.B. Mathematik, Physik oder Politik denken will oder soll. Beispiele: Logik der abgestuften kognitiven Zugehörigkeit Eine Menge kann Elemente besitzen, die nur zum Teil - graduell - zu ihr gehören: „Wer gehört zur Menge der groß gewachsenen Männer?“ Angenommen, Berthold sei 180 cm groß. Gehört er nun zu dieser Menge? Nach der konventionellen Mengenlehre kann man die Grenze bei 178 cm ansetzen. „Groß gewachsen“ liegt über der Grenze, „nicht groß gewachsen“ darunter. Demnach (aber nur demnach) gehört Berthold zu den „groß gewachsenen Männern“. Die Logik der abgestuften Zugehörigkeit fragt dann: „Ist Berthold ein groß gewachsener Mann?“ Die Antwort ist nicht Ja oder Nein, sondern sie heißt: „Er gehört teilweise zur Menge der großgewachsenen Männer; mathematisch ausgedrückt, hat seine Zugehörigkeit einen Wert von 0,6. Also ist Berthold zu einem Grad von 0,6 groß gewachsen“. Unscharfe Mengen differenzieren präziser und stellen weit mehr Informationen bereit als scharfe Mengen (Mengenlehre: Cantor) und sind somit, so paradox es klingen mag, präziser. Beispiele: „Ist die Donau ein langer Fluss?“ „Wenn Maria zweimal im Jahr Tennis spielt, ist sie dann Tennisspielerin?“ Logik der Abduktion Diese Logik kann man auch als die Logik eines Schlussverfahrens kennzeichnen: als ein Rateverfahren. Die Ausgangslage bei der Abduktion ist die Annahme einer bloßen Möglichkeit, noch ohne gesicherten Rahmen, ohne Relation zum Tatsächlichen und zu Gesetzmäßigkeiten. Abduktion ist weder durch Wahrscheinlichkeitsannahmen (probabilistische) noch durch bloßen Zufall bestimmt. Wir gewinnen abduktive Einsicht blitzlichtartig, nachdem wir auf eine überraschende oder ungewöhnliche Beobachtung gestoßen sind (siehe auch Logik der inhärenten Entschlüsselung, Logik der Hermeneutik). Die Logik der Allparteilichkeit (v. Kibed) Wer parteilich handelt, handelt und denkt nicht in Alternativen. Wer allparteilich handelt, geht von der oft scheinbar unmöglichen Annahme aus, sein Handeln habe im Dienste aller Beteiligten zugleich zu stehen. Dies ist mit der Logik wahr / falsch nicht vereinbar. Die Technik der Allparteilichkeit hat nicht mit Unmoral zu tun, sondern mit den ausgeblendeten Möglichkeiten. Viele unserer Wissenskonstruktion werden blockiert durch alte reproduktive Muster, durch Kopfbewohner-Botschaften, die einen davor warnen, neue, ungewohnte oder tabu - verletzende Konstruktionen zu wagen. Das Unbekannte, das Gefürchtete, das Geträumte, das Erhoffte, unerfüllte Wünsche sind der Rand, der Neukonstruktionen oder unübliche Konstruktionen nur schwer vom bestehenden Universum des Gehirns zulässt. Wir sprechen oft großspurig von Flexibilität des Denkens. Wir wissen aber gar nicht, dass solche oben genannten Mechanismen und Muster die Verhinderer sind. Diese Verhinderer werden in der herkömmlichen Lernkultur eher kultiviert und nicht entmachtet. Die Logik der Algorithmen Diese Logik verlangt, dass jeden Schritt des Vorgehens eingehalten wird. Diese Logik ist ordentlich (die Heuristik nicht). Ein hoher Zeitaufwand ist notwendig, um jeden Schritt genau festzulegen. Die Ana- und Kata - Logik Eine Landkarte, ein Modell etwa, ist abstrakter und allgemeiner als das Gebiet, das es beschreibt. Den Wechsel auf höhere logische Ebenen bezeichnen wir dann als Ana-Wechsel/Logik, den Wechsel auf niedrigere logische Ebenen wird als Kata - Wechsel bezeichnet. Diese beiden Logiken können nach grundlegenden Einteilungskategorien unseres Wissensuniversums aus der Wissenschaft, aus dem Alltag oder aus der Transzendenz-Orientierung, ferner nach dem Grad der Abstraktion und Allgemeingültigkeit, z.B. des allgemeinen Sinns, der Leitdifferenzen und Prinzipien eingesetzt und trainiert werden. Sie liefern wichtige Verankerungspotentialitäten bei Lernenden in der Ausbildung der formalen Wissensarchitektur. Die Logik der Aufgabe des Exaktheits-Anspruchs Das Tetralemma und seine Negation (v. Kibed) Dazu gehören die Sowohl-als-auch-Technik, paradoxe Verbindungen und falsche Richtigkeiten. Logiken der Begriffsbildung Dazu gehören Arten des Denkens: analoges, digitales, metaphorisches Denken, ferner Musterbildung, die Verwendung von Oberbegriffen-/ Unterbegriffen, Antithesen / Synonyme, Begriffshierarchien, Begriffszuordnungen usw. Binäre Logik Sie ist eine "Totalkonstruktion" für einen bestimmten Anwendungsbereich (Recht, Wirtschaft, Massenmedien, etc.), die alles, was in seinen Relevanzbereich fällt, dem einen oder dem anderen Wert zuordnet. Der binäre Code fixiert unter Ausschließung dritter Möglichkeiten einen positiven und einen negativen Wert. "Der positive Wert bezeichnet im System das, womit man etwas anfangen kann[; der negative] dient nur der Reflexion der Bedingungen, unter denen der positive Wert eingesetzt werden kann" (Luhmann, 1996, S. 35). Binäre Codes zeigen an, welche Operationen zum System gehören und welche in der Umwelt des Systems ablaufen. Die Logiken des Bottom-up und des Top-down (Deduktion - Induktion) Eigentlich sind dies mathematische Logiken: Top-down heißt: „Setze ein Axiom (also ein Verfahren von oben), und ordne alle Erscheinungen diesem Axiom zu oder sortiere aus, was nicht dazu passt“. Die Bottom - up - Logik geht von unten nach oben: Die Elemente und Erscheinungen werden alle gesammelt; es werden dann Kriterien der Ordnung eingeführt und die Erscheinungen eingeordnet und sortiert. Im sozialen Bereich bedeutet dies z.B. eine Delegation von Verantwortung von oben nach unten oder eben von unten nach oben. Im schulischen Bereich ist die Symbolik des Top-down weit (als Internalisierung einer Oben-Unten-Symbolik sowohl bei den Lehrenden, Lernenden und in allen gesellschaftlichen Bereichen anzutreffen) verbreitet und verhindert fast jede Innovation. Im epistemologischen Bereich muss Referenzrahmen zunächst gelten soll. entschieden werden, welcher Die Logik der Contra-Stellung Die entgegengesetzte Logik verwenden z.B. die Logik des Fokussing gegenüber der Logik der linearen Reihenfolge. Logik der Deduktion Diese Logik geht davon aus, dass ein Sachverhalt notwendigerweise so ist. Eine allgemeine Regel, Axiom usw. zum Einzelfall. „Denke vom Allgemeinen zum Einzelnen und folgere daraus ein weiteres Wissen über diesen Einzelfall.“1 Eine Deduktion beweist, dass ein Sachverhalt, Zusammenhang notwendigerweise so ist. Wir stellen eine allgemeine Regel auf und gleichen den Einzelfall ab, ob er mit den allgemeinen Regeln übereinstimmt. Das Resultat ist bereits in der Regel enthalten. Die Logik der Deduktion Die Logik der Emoticons Diese Denkregel (Emotion - Gefühl, Icon - Symbol) fokussiert das Bewusstsein auf die symbolische Repräsentation mit Hilfe von Computerzeichen zu sinnvollen Einheiten beim Internet, Chatten und E-Mails. Sie dienen als Ersatz für Gestik und Mimik in der textorientierten Computerkommunikation. Diese 1 Nöth, S. 67 ff. Logiken kann man weiter unterscheiden nach Classic-Smileys (Basic-Smileys = fröhlich, zwinkernd, ärgerlich, gleichgültig, zynisch, schreiend usw.), Charakter Smileys (wer ich bin, wer du bist) und Celebrity Smileys (berühmte Persönlichkeiten, bestimmte Merkmale davon werden hervorgehoben). Die Logik der Entscheidungen bzw. des Nichtentscheidens In dieser Logik ist es wichtig, sich an die Linearität der Zeit zu halten. Eine Entscheidung ist im Handeln nicht mehr reversibel, in virtuellen Ebenen aber durchaus. „Unterscheide also: Auf welcher Ebene willst du eine Entscheidung treffen? Spiele dann mit Hilfe eines Baumdiagramms oder einer anderen Entscheidungs-Technik die wichtigsten Stämme und Äste dieser Entscheidung durch mit einer Folgelastigkeit bis zur 1., 2. oder 3.Generation“ (siehe auch Logik des Prozessierens und der Strategien, Ommisions - und Commisionsverhalten). Die Logik des Filterns Diese Logik zielt darauf ab, den Inhalt, das Problem usw. nur von einem besonderen Gesichtspunkt aus zu betrachten und bewusst alle anderen Aspekte unbeachtet zu lassen. Man nennt diese Logik auch „Kargheitsmethode“, weil sie eben den Reichtum an möglichen Konstruktionen bewusst nicht zulässt. Diese Methode kann man in fast allen epistemologischen Ebenen und Bereichen verwenden. Sie schult Lernende (und Lehrende auch) sehr gut, den jeweiligen Bezugsrahmen genau zu definieren oder unter nur einer Hinsicht zu diskutieren. Abbildung : Logik des Filterns Die Logik der Fusion und Fission Diese Logik zielt darauf ab, durch zwei zunächst nicht verwandte Symbole zu einer Aktivierung in Richtung einer neuen gemeinsamen Symbolisierung zu kommen. Beispiel: „Wir haben ein Symbol für ‚Hand‘ und ein Symbol für ‚Schuh‘; wie können wir zu einem neuen Symbol ‚Handschuh‘ kommen?“ Fusion ist das, was geschieht, wenn zwei oder mehrere ursprünglich nicht verwandte Symbole (und die dahinter liegenden Bedeutungen und Muster) an einer gemeinsamen Aktivierung teilnehmen und die Botschaften so dicht gepackt sind, dass sie sich allmählich zusammenschließen. Fission ist die „Abreibung“ dieser alten Symbole und die Verselbständigung eines neues Symbols, das sich ursprünglich aus zwei nicht verwandten Symbolen gebildet hat und autonom geworden ist. Diese Logik kann mit Hilfe der szenischen Didaktik sehr gut dargestellt werden, besonders in sprachlichen, mathematischen und begrifflichen Bereichen. Sie ist vor allem durch auditive, olfaktorische und visuelle Methoden sehr gut zu konstruieren. Diese Logik zielt darauf ab, den Inhalt, das Problem usw. nur von einem besonderen Gesichtspunkt aus zu betrachten und bewusst alle anderen Aspekte unbeachtet zu lassen. Man nennt diese Logiken auch Kargheitsmethode, weil sie eben den Reichtum an möglichen Konstruktionen bewusst nicht zulässt. Diese Methode kann man in fast allen epistemologischen Ebenen und Bereichen verwenden. Sie schult Lernende (und Lehrende auch) sehr gut, den jeweiligen Bezugsrahmen genau zu definieren oder unter nur einer Hinsicht zu diskutieren (siehe auch Kontext). Abbildung: Logiken der Fusion und Fission Die Logik der Fokussierung (Figur-Hintergrund) Die aus der Gestaltpsychologie kommende Perspektive heißt: Wir stellen etwas in den Vordergrund (bewusst oder unbewusst): einen Taktteil eines Musikstückes, einen Gegenstand, der uns fasziniert, die rote Ampel, Ja oder Nein, eine Gleichung ist eine Gleichung und nichts anderes usw. Die Logik der Folgelastigkeit bzw. Nachhaltigkeit „Wenn du das tust oder denkst, hat das Folgen für jetzt, später ...“ „Es hat Folgen in diesen und jenen Dimensionen und Bereichen ...“ An dieser Stelle muß vermerkt werden, dass die Begriffe Nachhaltigkeit und Folgelastigkeit zwar ein Modewort geworden ist, die Tiefenstrukturen unserer Gesellschaft aber zielen kaum auf ernsthafte Nachhaltigkeit und Folgelastigkeit. Als Beispiel kann man die von Politikern der letzten 50 Jahre leichtfertig angelegten Paradiesvorstellungen von Solidargesellschaft, Generationenvertrag und Versorgung und von der Gesellschaft bestätigten Strategie ansehen. Es wurden faktisch nicht die Verantwortung für die eigene Gegenwart übernommen, sondern man hat im Vorgriff auf die noch nicht geborenen Mitgliedern der Gesellschaft bereits die Zukunft in die Versorgungsmentalität der Gegenwart eingebunden. Damit hat man nicht fur die eigene Gegenwart und Zukunft das Realistische und Mögliche festgemnacht, sondern man hat in verantworungsloser Weise die nächsten Generationen für das Glück der Gegenwart unentrinnbar eingebunden. Dieser Modus ist bei der jungen Generation längst bewusst. Daher sind die Phrasen von Nachhaltigkeit und Folgelastigkeit als Verpflichtung für die Zukunft für einen Teil der jungen Generation Alibi-Argumentationen und unglaubwürdig. Die Logik des Fundamentalismus „Es gilt nur die eine Wahrheit - daneben nichts: Das Wesen aller Dinge ist ...“ Die Logik der Gebietserweiterung In dieser Logik heißt die Aussage: „Dieses Element gehört zu dieser Menge. Es gehört aber auch zu einer anderen Menge, allerdings in einem anderen Bezugsrahmen (Sinn, Position, Situation): Eine Menge kann auch Teil einer anderen Menge sein: Wann (in welchem Kontext) sind Becher noch Tassen?“ Man kann aber auch ein Thema durch unterschiedliche Vorgehensweisen (Logiken) immer mehr erweitern Die Logik des gedanklichen Driftens (Colombo-Logik) Aussagen sind an das jeweilige Bezugssystem gebunden und es gibt immer mehre Möglichkeiten darin (unscharfes Schlussfolgern). Colombo denkt naiv, ungeschickt, langsam. Er hat offenbar keine Grundrahmen, noch weiß er, welchen nächsten Schritt er machen wird; ziellos wie ein Falter geht er im Milieu herum, wie ein Schwamm saugt er alle Informationen auf und wartet auf wichtige Hinweise aus der Umgebung. Er hat ein inneres Vertrauen und viel Zeit, dass in ihm sich allmählich eine Gestalt herausentwickelt (siehe auch Prinzip der Unterlassung). Die Logik des Gegensatzes Diese Logik geht immer von Extremen aus. Die Zuviel - Extreme (alles, immer, weder, noch usw.) ziehen an, weil sie Sicherheit versprechen. Durch reiche Mittel, feste Regeln, sicheres Wissen, bestimmten Willen, wohlmeinende Einstellung suchen wir die Kommunikation zu sichern, ruinieren sie dadurch, können uns nicht mehr ändern, sterben ab. Ebenso machen uns die Zuwenig Extreme, mit denen wir uns aus der Kommunikation flüchten, unveränderlich, sie lassen uns erstarren (zu wenig: arm, billig, regellos, ahnungslos, willenlos, rücksichtslos, wertfrei usw.). In einer didaktischen Version heißt das, dass wir diese Logik durchschauen lernen und untersuchen, wo sie angewandt wird. Wir können sie sogar üben, um mit ihr fertig zu werden, vor allem dann, wenn es um Behauptungs- und Meinungswissen geht. Sie kann auch selbstaufklärerisch sein, indem wir an uns selbst entdecken, wann wir diese Gewissheitslogiken anwenden (müssen). Die Denklogik des Gegensatzes heißt: Denke (und handle, indem du denkst) immer in einem Extrem (fundamentalistisch, objektivistisch, zu viel - zu wenig), wobei das andere Extrem genauso dienlich sein kann, um deine Sicherheit zu behaupten (obwohl du innerlich eventuell unsicher oder ängstlich bist). Erst wenn uns diese Logik bewusst wird, können wir uns von ihr distanzieren und sie durch andere Ungewissheitslogiken ersetzen und damit eine lebendige Kommunikation fortsetzen. Im Bereich der Leistungsinterpretation und Leistungsbewertung wäre eine solche Umkehrung dringend notwendig. Die Logik der Generalisierung Es gibt etwas, was für alle (innerhalb des Bezugssystems) gilt: Regeln, Elemente, Sätze, Behauptungen, Ideale (z.B. die Argumente sind einfach, zwingend und kognitiv schön). Diese Logik kann aber auch zum „Totschlag Argument“ benützt werden wenn alles über einen Kamm geschert wird. Die Logik der Glaubenssätze Ein Glaubenssatz ist ein Führ-Wahr-Halten, ein Modell der Reduktion von Komplexität mit subjektivem Wahrheitsanspruch. Sie haben etwas mit Prioritäten, mit Begriffen wie „gut“, „anständig“ und mit Verbindlichkeit zu tun. Es hat mit einem individuellen oder sozialen Imperativ zu tun: „Du sollst ...“. Merkmale: Mission, Vision, innere Leidenschaft, Werte, Zielbewusstheit, Identitätsgefühl Wahrheit. Glaubenssätze sind sprachlich und im Verhalten erkennbar. Sie sind meist sehr früh in der kindlichen Entwicklung durch elterliche Botschaften entstanden. Die Logik der Heuristik Vermutungen anbieten und sehen, welche am ehesten passen. Das Ergebnis dieser Logik ist unsicher und nicht vorherzusagen, sie hat aber den Vorteil im Umgang mit komplexen und unbekannten Systemen und Dingen. Guten heuristischen Verfahren haftet etwas von Intuition an, und Menschen greifen beim Umgang mit Problemen gerne auf sie zurück (siehe Algorithmen).2 Die Logik der hypothetischen Welt Hier geht es um die vielgepriesene Widerspruchsfreiheit: Danach gilt etwas als wahr, wenn jeder Satz hinsichtlich der äußeren Welt sich als wahr erweist. Es kann aber auch sein, dass etwas innerlich wahr und widerspruchsfrei ist, wenn die Sätze (Gedanken, Emotionen) also wechselseitig miteinander verträglich sind (z.B. die operationale Geschlossenheit von lebenden Systemen, systemisches Denken). Es gibt verschiedene Typen von Widerspruchsfreiheit: mathematische, physikalische, biologische, psychische, literarische usw. Die Grundfrage heißt immer: „Was wäre, wenn ..“ Die Logik der inhärenten Entschlüsselung Es ist die Technik der Entschlüsselung z.B. von alten Texten oder Gegenständen. Sie ist zum großen Teil intuitiv, weil wir den verborgenen Sinnzusammenhang zunächst nicht kennen. Sie enthüllt die den Zeichen oder Gegenständen innewohnende Bedeutung. Sie ist mit der Logik der Abduktion kombinierbar: Erklären von Daten auf der Grundlage von Annahmen und Hypothesen, die aber nicht gesichert sind. In der Hermeneutik werden sie häufig verwendet. Diese Methode müssen z.B. Schüler der 1. Klasse anwenden, wenn sie die Zeichen der Schrift und deren innenliegende Bedeutung noch nicht kennen. „Lege den Zeichen einen Sinn unter und versuche durch Vergleiche, Intuition, wiederkehrende Schleifen oder externe Schlüssel einen Sinn zu finden, oder eine Konvention anzuerkennen.“3 Logik der Induktion 2 siehe auch Skell, W. (1996): Eigenaktivität und heuristische Regeln, in: Greif, S. 96 3 vergleiche den Spracherwerb von Kindern: sie probieren Satzmuster aus Diese Denkregel ist als Prozess der Bestätigung des Faktischen durch Konfrontation und Begegnung mit den Tatsachen anzusehen. „Denke vom Einzelnen zum Allgemeinen, von Informationen und Daten zur Gesamtinterpretation als deren Summe.“ Sie ist die Umkehrung der Deduktion. Eine Vielzahl von beobachteten Einzelfällen werden auf eine oder mehrere Unterscheidungen (Kriterien) hin verallgemeinert und zu einer Regel, zu einem Gesetz etc. geschlossen (siehe Logik der Generalisierung). Die Logik der Injunktion Schulischer Alltag ist umgeben von Anweisungen, Befehlen, Anordnungen und Drohungen. Alle diese Erscheinungsformen haben den Grundtenor einer Botschaft, sich in Zukunft so zu verhalten, wie es die Gesellschaft, der Direktor, die Schulbehörde, das Kollegium und der Lehrende selbst erwartet. Die Sicherung des jetzigen Zustandes durch Musterbildung und späteren, darin gesicherten Handlungen ist damit impliziert. Handlungen sind als Wiederholung des Gegenwärtigen durch Bekanntheit und Vertrautheit und als Randbedingung für ein funktionierendes System4 zu betrachten. Sie sind die Bindemittel zwischen den systeminternen Mitgliedern und den Novicen; sie sind aber auch ein Mittel der Selbstbeschreibung des Systems und damit unterscheidbar gegenüber anderen Systemen. Diese Handlungen bzw. die darin hinterlegten Muster entstehen auf dieser Stufe meist nicht über Kognition, Einsicht und Disputation, sondern durch eine Entscheidung für ein bestimmtes Muster im Rahmen einer größeren Einheit, durch die Mächtigeren, durch Injunktion. Injunktion ist immer gebunden an die Macht- oder Bedeutungsperson oder an den Vertreter einer Institution. Musterbildung basiert im Wesentlichen auf der Logik der Injunktion. Diese Logik besagt, dass es zwei Pole gibt: der eine Pol ist der Träger von Erfahrung und Macht. Der andere Pol ist derjenige Lernende, der Ideen, Verhaltensmuster und kognitive Strukturen ohne viel Erklärung übernehmen soll. „Übernehme meine Vorschrift, Erwartung und mein Wissen, ohne viel zu fragen oder zu diskutieren, du wirst damit erfolgreich durchs Leben kommen!!“ Die Logik der Isomorphie Isos bedeutet im Griechischen „gleich“ und Morphé ist die Form, die Struktur. Isomorphie bedeutet Strukturgleichheit. Eine Landkarte ist dann isomorph zu der Landschaft, die sie abbildet, wenn die Strukturen der Landkarte (z.B. die räumlichen Abstände zwischen zwei Punkten A und B) die Strukturen der 4 Roth (2001): S. 163 Landschaft (z.B. die räumlichen Abstände zwischen zwei Orten A und B) „richtig“ wiedergeben. Isomorphe Metapher-Geschichten spiegeln Strukturen eines Problems: die Personen und Ereignisse in der Geschichte (z.B. in einem Märchen) entsprechen Personen und Ereignissen eines „realen“ Problems. Von Isomorphie spricht man also, wenn zwei komplexe Strukturen aufeinander abgebildet werden können und zwar so, dass es für jeden Teil der einen Struktur einen entsprechen Teil der anderen Struktur gibt, wobei „entsprechend“ bedeutet, dass die beiden Teile in ihren jeweiligen Strukturen eine ähnliche Rolle spielen. Die Entdeckung einer Isomorphie zwischen zwei bekannten Strukturen stellt einen bedeuteten Schritt im Wissen dar. Sie schafft auch neue, tiefere Einsichten in Wissens- und Bedeutungsstrukturen (s. Mustererkennung, Musterneubildung) Die Logik der Reduktion von Komplexitä „Benutze die Prinzipien der Einfachheit, Struktur und der Abstraktion, die Möglichkeiten der Metaphernbildung und die Logik der Stufung, des Ausschlusses und der Negation, um der Komplexität zu begegnen. Dazu gehört auch u.a. die Logik der Generalisierung“ Logik der Maximierung Eine Technik des Maximierens als Steigerungs- Logik bedeutet „Öl in die Flammen zu gießen“, indem man eine Situation steigert, durch bestimmte Methoden anheizt oder übertreibt. Man kann auch die Bedeutung verändern. Angenommen, der Fußball wäre nicht mehr rund, sondern oval: Was würde alles passieren? Allerdings birgt diese Logik auch eine Gefahr: Wir können mit einem Wort oder Satz die geistige Welt verändern (was im akademischen Bereich häufig auftritt), aber die Verantwortung dafür real zu übernehmen, sind wenige bereit. Vor allem auf der Symbolebene ist diese Logik didaktisch sehr interessant: Ein Symbol kann ganz unterschiedliche Interpretationsrahmen und Bezugssysteme zulassen (z.B. das Symbol „Adler“).Besonders interessant ist der bewusste Wechsel der Interpretationen, weil damit ganz andere Sinn-Bereiche erscheinen (siehe auch zirkuläres Fragen, Figur und Hintergrund, hypnotische Besetzung von etwas) und ins Bewusstsein kommen können, die sonst nie vorhanden und damit auch nie diskutierbar wären. Witze z.B. leben von dieser Logik.5 Logiken der Metaphorik Wissen von einem Kontext zu einem anderen mit nur einer Hauptdimension und damit Reduktion übertragen: z.B. „Der rote Ball geht unter.“ 5 Interpretation ist Suche nach Indizien und die Konstruktion eines Sinnzusammenhangs, also detektivische Arbeit, vgl. Elisabeth E. Paefgen (1997): Haben Detektive abgedankt? Spurensuche und Aufklärung als literaturdidaktische Chance, Praxis Deutsch, 24. Jhg., Heft 145, September 1997, S. 6 - 9 „Suche ein Bild davon.“ „Ich erzähle dir darüber eine Geschichte.“ „Es ist so, wie wenn ...“ Logik der Modularisierung Das ist das Aufspalten einer Unteraufgaben/Unterbereiche. Aufgabe, eines Systems,u.a. in Zum Beispiel kann man eine Folge von ähnlichen Operationen nacheinander durchführen. Anstatt sie alle niederzuschreiben, kann man eine Schleife niederschreiben, die dem Computer sagt, er solle eine bestimmte Anzahl von Operationen vornehmen, dann zurückkehren, um sie immer wieder auszuführen. Das allgemeine Prinzip der Schleife ist also: „Führe eine Anzahl verwandter Schritte immer und immer wieder durch und breche das Verfahren ab, wenn spezifische Bedingungen erfüllt sind (z.B. Parameter, Variable, Schleifen usw., optische Täuschung). Die Logik der optischen Täuschung Die optische Täuschung beinhaltet immer auch Zweideutigkeit. Ein sehr gutes Beispiel ist Eschers Bild „Wasserfall“6, wo in 6 Stufen eine endlos fallende Schleife mit der in 6 Stufen endlos ansteigenden Schleife gezeigt wird. Es gibt genügend Beispiele, dass wir uns durch optische Täuschungen in einen Wissenskorridor hineinmanövrieren lassen, der andere Korridore mit energetischer Macht ausblendet. Es ist dann oft schwierig, diese energetische (hypnotische) Besetzung umzubauen. Hier benötigen wir noch eine Reihe von Beispielen und Techniken der Umzentrierung. Wir machen uns oft gar keine Vorstellung, wie stark Lernende und Lehrende durch eine solche Strukturierung innerlich besetzt sind, so dass es unmöglich erscheint, sie aus dieser Fixierung und Zentrierung herauszuführen. Die Logik der optischen Täuschung 6 siehe Hofstadter / Gödel / Escher / Bach, S. 13 Logik des noetischen Hedonismus „Es macht mir Spaß, ein Mathematiker zu sein, mathematische Probleme zu lösen. Es ist für mich der höchste Genuss.“ Die Logik der Prioritäts-Irrtümer „Ich habe mich in meiner Priorität geirrt oder ich tue so, als ob ich mich geirrt hätte.“ Pushen (siehe Stapeln). Die Logik des Hier und Jetzt „Verwende die Wörter ‚Hier‘ und ‚Jetzt‘.“ die Logik der zeitlichen Linearität und Irreversibilität „Wenn du etwas begonnen hast, kannst du es nicht mehr ungeschehen machen. Es gibt kein Zurück.“ Es gibt die Logik des diachronen Verlaufs (chronologischer Ablauf usw.)7 die Logik des synchronen Verlaufs (gleichzeitiger Ablauf verschiedener Handlungen, Wahrnehmungen, usw.) monochrone, polychrone Logik (nur eine oder mehrere Linie/n wird/werden bewusst wahrgenommen, konstruiert usw.)8 autochrone Logik (Hier - und - jetzt - Differenzen in einer Person oder Gruppe) „Stelle deine alten Zeitstrukturmuster zumindest eine Sekunde zurück.“ Die Logik des Raumes (didaktische Topologie und Proxemik n. Hall) „Meine Wahrnehmung ordnet den Raum sofort auf der bisherigen Repräsentation und Bedeutung“ (z.B. Raum als Ort der Geborgenheit oder Ort der „Vergiftung“, des Schreckens oder der Abwertung). Es sind die Dimensionen des Raumes als didaktischer Ort. Es gibt darin vier Großbereiche :Das Territorialverhalten von Lehrenden und Lernenden (Aneignung, Besitz, Positionierung und Verteidigung des Raumes), Erfahrungen im Raum: Geborgenheit, Abwertung, Entehrung, lustvoller Erfahrungsraum etc., das Problem Nähe und Distanz im didaktischen Raum (Raumverhalten unter den Geschlechtern, Nähe und Distanzprobleme zwischen Lehrenden und Lernenden) und schließlich der unterschiedliche Gebrauch von Raum als eine spezielle Ausprägung des Raumes (vor allem bei multikulturellen Lerngruppen eine unsichtbare, unterschiedliche Raumwahrnehmung mit unterschiedlicher Bedeutung). Die häufig unbewusst wahrgenommene Raumkonstellation hat für Lehrende und 7 siehe Band I, S. 181 8 siehe ebenda, S. 199 ff. Lernende wahrscheinlich großen Einfluss auf das Lehr- und Lernverhalten, ferner in der Wahrnehmung und Bedeutung des Raumes durch Bewußtseinsstrukturen. Die Logik der Lage, der Ausdehnung und der Größe Die grundlegenden Dimensionen von Raum und Zeit beinhalten viele Ordnungen bzw. Denklogiken. Zu den Raumlogiken gehören vor allem die Lage, die Ausdehnung und die Größe. Wie soll die Darstellung sein: dreidimensional (Beispiel: Flächenland)? eindimensional, zweidimensional, Wie musst du denken, dass du eindimensional, zweidimensional oder gar dreidimensional denken kannst? Eine andere Raumebene Repräsentation darstellt. ist die innere Logik, wie ein Raum sich als „Reflektiere deine didaktische Topologie.“ Beispiel von verschiedenen Darstellungen eines Berges mit Hilfe verschiedener Logiken Logik des Redefinierens „Ziehe den anderen (bewusst oder unbewusst) in dein eigenes Bezugssystem hinein. Gelingt das nicht und deine eigene Grundüberzeugung ist so stark und unbewusst verankert, dass du fremde Bezugssysteme umdeuten oder abwerten musst, dann nimmst du dann das vertraute Elend in Kauf, nur um dein bisher gewordenes Gleichgewicht zu erhalten.“ Logik der Referenzebenen „Wenn du eine Referenzebene gewählt hast, beginne die Präzisierung durch Logiken und Metatechniken.“ Logik des Referenzwechsel „Unter der Prämisse eines (Amerikaners, Forschers, Engels usw.) sieht alles ganz anders aus.“ Die Logik des Referenz-Rahmens Die geistige Repräsentation von Begriffen und Situationen kann man sich in verschachtelten Rahmen vorstellen. Man denke sich eine große Zahl von Kommoden; wenn man eine davon auswählt, hat man einen Rahmen, und die Löcher für die Schubladen sind die Stellen, wo Unter-Rahmen angebracht werden können (siehe Logik der Stufung). Wenn eine Person in den FußballerRahmen gesteckt wird, dann wird diesem Begriff „Person“ ein Kontext aufgezwungen. Die Theorie der Repräsentation von Wissen beruht auf der Idee, dass die Welt aus quasi - geschlossenen Teilsystemen bestehe, von denen jedes für andere als Kontext dienen könne, ohne bei diesem Vorgang zu viel zu zerstören oder Zerstörungen herbeizuführen. Im Zeitalter des Zerfalls von Referentialitäten ist im Rahmen des soliden Relativismus in der Wissenskonstruktion diese Logik eine der dominantesten in der Wissenskonstruktion (siehe Kontext). Die Logik des Reframing Man stellt eine Sache einfach in einen anderen, schöneren Rahmen: z.B. ShellWerbung stellt das Benzin (als zerstörendes Element) in einen Naturrahmen (der alles heil darstellt: Löwenjunge). Die Logik der Reihenfolge Die Reihenfolgen können sein: einfach - linear, verzweigt -linear, mehrfach verzweigt- linear, linear-hierarchisch. Die Logik der Rekursion Die Verschachtelung von Verschachtelung und Variationen von Verschachtelungen sind die Grundmetapher: Bilder in Bildern, Filme innerhalb von Filmen, Logiken innerhalb von Logiken, russische Puppen innerhalb von russischen Puppen, das Ei im Huhn und das Huhn im Ei usw. Mitunter kommen diese Rekursionen einer Paradoxie nahe, so dass sich etwas selbst durch sich selbst definiert: zirkuläre Logik. Die Logik der Relativität Hier wird nach dem Bezug gefragt: Ist das Wissen, die Information etc. relevant (bedeutsam, sinnvoll), viabel (passend, praktisch, hilfreich, nützlich), anschlussfähig zum vorgegebenen Kontext, zum explizierten Sinnzusammenhang etc.? Die Denkregel heißt: „Bleibe bei dem Bezugsrahmen, den du ausgewählt hast.“ Die Auflösung der Relativität ist die Logik des Relativen Von Hui Shi (ca. 380 v. Chr.) stammt folgende Aussage: Heute ist das Gestern das Morgen, ebenso wie das Gestern gestern das Heute war. Gun Sun Long, ein chinesischer Weiser, erfand folgende Geschichte: Er wollte auf einem weißen Pferd über die Grenze reiten, als ihn die Grenzposten anhielten und sagten: „Pferde dürfen nicht passieren.“ Er antwortete: „Mein Pferd ist weiß und ein weißes Pferd ist kein Pferd.“ Der Geschichte nach ließen ihn die fassungslosen Wachen durch. Die Logik des Sherlock Holmes Eine gut organisierte, präzise, wissende und überlegene Grundhaltung, in der wache Wahrnehmung und logisches Argumentieren die Denkregeln sind. Dabei wird vor allem die Logik der Deduktion herangezogen. Die Logik der Schichten der Stabilität Neues Wissen ist immer dann gefährdet, wenn es sich nicht an alte Schichten des Wissens anlehnen oder ankoppeln kann. Es gibt dann vielleicht Inseln der Gewissheit, denn sonst lassen wir uns sehr schnell verwirren und suchen so lange nach einem passenden Muster, bis dieses neue Wissen wieder seinen Platz hat. Durch die hierarchische Natur unseres Wahrnehmungsprozesses sind wir (unreflektiert) gezwungen, entweder eine verrückte Welt anzuerkennen, die wir nicht einordnen können, oder nach einem sinnvollen Kontext aus bisheriger Erfahrung zu unterscheiden. Hinzu kommt noch, dass wir (sozial gesehen) meist nur in die eine oder in eine andere Richtung gehen und es zu spät ist, umzukehren oder neue Vermessungen vorzunehmen.9 Diese Logik ist von hohem, didaktischem Wert, weil sie neues emergentes Wissen und die dahinter steckenden Logiken offensichtlich machen kann. Die Logik des Stapelns, Poppens und Pushens10 Diese Logik hängt eng mit der rekursiven Logik zusammen. Stapeln: Ich schiebe etwas auf, aus welchen Gründen auch immer (Faulheit, Zeitmangel, Überlastung, kognitives Muster usw.). Pushen heißt, die Aufgabe, mit der man sich gerade beschäftigt, in der Schwebe zu lassen, ohne dabei zu vergessen, wo man innegehalten hat, und eine neue Aufgabe in Angriff zu nehmen (als kognitives Muster oder als Überlebenstechnik bei gleichzeitig komplexen Aufgaben). Poppen ist die umgekehrte Logik: Es bedeutet, die Operation auf einer Stufe abzuschließen und die eine Stufe höher gelegene Operation genau dort, wo man aufgehört hat, wieder aufzunehmen. Diese Logik kommt häufig in der Computerwelt oder in der Literatur vor: wirkliche Menschen sprechen mit virtuellen Menschen und umgekehrt, mit vielen Variationen. Logik der Stufung Stufen sind Größenordnungen, in denen Informationen nach Abstraktionsstufen organisiert werden. Stufung bedeutet das Organisieren oder Aufgliedern von Wissen und Erfahrungen in größere oder kleinere Stücke nach unten oder oben. Im Modus der großen Stufung ist der Fokus auf allgemeine und abstrakte Informationen gerichtet, im Modus der kleinen Stufung auf spezifische und konkrete Informationen. Aufwärtsstufung beinhaltet, dass man sich auf eine umfassendere, abstraktere Informationsebene begibt. Abwärtsstufung impliziert, dass man eine spezifischere oder konkretere Ebene der Informationen aufsucht. Beispiele auf der gleichen Informationsebene nennen wir „laterale Dimensionierung“.11 9 siehe Chaostheorie, Fuzzy logic usw. 10 in: Hofstadter / Gödel / Escher / Bach (1985): Ein endloses geflochtenes Band, 4. Auflage, Stuttgart 11 nach Dilts (1993) Der Wechsel von Stufungen beschreibt ein allgemeines Prinzip des menschlichen Bewusstseins. Nach Miller (1956) können wir bewusst den Fokus der Aufmerksamkeit in einem Augenblick auf höchstens „sieben plus/minus zwei“ Informationen richten. Umfangreichere Phänomene werden „hochgestuft“. Der Geist fasst kleinere Einheiten zu größeren „Ganzheiten“ zusammen und organisiert sie zu einem größeren Kontext. Stufung in der Kommunikation ist ein Wechsel logischer Ebenen. Die LernKategorien von Bateson und das Modell der logischen Ebenen von Dilts sind Anwendungen dieses Prinzips. Die Anwendung der Sprachmuster des MiltonModells führt zu „größeren Stufungen“ wie z.B. Nominalisierungen. Die Anwendung der Sprachmuster des Meta -Modells führt zu „kleinen Stufungen“, zu konkreten und spezifischen Informationen. Metaphern beinhalten laterale Dimensionierungen: jemand redet über einen Gärtner und zwei Rosensträucher und meint eine Mutter und zwei Kinder.12 Die Logik der Subjunktion Diese Logik verlangt, „Beinahe“ - Situationen, hypothetische Behauptungen, Konditionalsätze, Bildwerke zu benutzen, um so Alternität zu erzeugen und das „Anders als der Fall“ zu spielen. Und Hofstadter schreibt: „Man stelle sich vor, wie unendlich ärmer unser geistiges Leben wäre, besäßen wir nicht diese schöpferische Fähigkeit, aus der Wirklichkeit in ein behagliches ‚Was wäre, wenn‘ zu rutschen.“13 Logik des Tetralemma (Kiped v. Varga) (Sanskrit: catuskoti; vier Ecken im Sinne von vier Positionen oder Ecken) Eine Logik zur Kategorisierung von Haltungen und Standpunkten. „Nehmen Sie eine Haltung ein und behaupten Sie, das wäre die Eine, die Richtige.“ Dann den Gegenpol: „Das Andere wäre das Eine und das Richtige.“ Danach kommt die 3. Ecke: „Nun sehen wir es von einem ganz anderen Blickwinkel aus, z.B. unter dem Blickwinkel der Zerstörung der Welt oder aus der Selbstreferenz eines kasachischen Hirten.“ Keiner der bisherigen Standpunkte hat diesen Aspekt hervorgebracht. Nun wechseln wir zum 4. Standpunkt: „Es gibt gar keinen Standpunkt, alles ist nur Phantasie.“ oder „In einer anderen Welt gibt es diese Vorstellung nicht. Gibt es Alternativen? (Beispiel Flächenland)“. Die totalitäre Logik (Luhmann) 12 nach Bretto (1988) 13 Hofstadter (1985): S. 685 Wir treffen überall das Phänomen an, dass die Gesellschaft keinen einheitlichen Sinn mehr produziert und folglich das Individuum an allen Funktionssystemen teilhaben kann. Er ist als Individuum dramatisch sich selbst überlassen. Andererseits entstanden und entstehen Institutionen und Organisationen, die im Rahmen der funktional-differenzierten Gesellschaft alle Merkmale eines sozialautopoietischen Systems beanspruchen, besonders aber an jedes Mitglied der Gesellschaft legale Ansprüche und Forderungen stellt, der man nicht mehr im Sinne einer eigenen Selbstorganisation entrinnen kann (Beiträge zu den Krankenkassen, Sozialversicherungen, Steuern, Mitgliedsbeitrag bei Zwangsversicherungen, Bildungsstandards usw.): Diese totalitäre Logik bestimmt heute in vielen Lebensbereichen über Elend und Ausschluß, über Sicherheit und Risiko. Das Individuum ist ihnen in ihren Eigeninteressen ausgeliefert und es hat keine Möglichkeit des Entrinnens oder einer Alternative. Die Logik der Übergänge Es ist das Überschreiten von einem Bezugssystem ins andere gemeint. Diese Logik kann unterschiedlich benützt werden: Man macht gar nicht auf diesen Wechsel aufmerksam, man benützt diese Logik als Warnung, als Befreiung, als Waffe, als Flucht. Man kann sie aber auch als Metakognition heranziehen, in dem man über den Wechsel der Bezugssysteme in der Kommunikation aufmerksam macht. Diese Logik wird sehr häufig im Geheimen oder unbewusst verwendet. Wenn man in die gedankliche Enge getrieben wird, wechselt man heimlich, unbemerkt, versteckt den Bezugsrahmen. Im Fernsehen geschieht dies häufig bei den Showmastern oder bei Unterhaltungssendungen, besonders oft kann man diese Logik bei Politikern beobachten. . Die Logik der Unterschiedsverwischung Ziel dieser Logik ist es, neue emergente Formen von Begriffsnetzen, Rahmen oder Strukturen zu bilden. Dies ist eine hoch entwickelte Form der Intuition, die es nötig hat, eingefahrene Unterschiede zu verwischen, um neue Beschreibungen zu versuchen, die Niveaus zu verändern. Teilnetze müssen aus Knoten und Rahmen und Repräsentationen (siehe Repräsentationstypen bei den Chreoden und den subjektiven Vortheorien bei Lehrenden) herausgenommen werden. Das alte Gesamtnetz muss zurückgestellt oder kurzfristig ganz zum Verschwinden gebracht werden. Die Logik der Unvorhersagbarkeit Diese Art zu denken fällt uns sehr schwer, ist aber im Bereich des Lebendigen eine wichtige Logik: „Ich ahne zwar, ich plane zwar, ich bin mir der Gegenwart gewiss, ich glaube an die Gewissheit von etwas, aber es wird doch alles anders kommen.“ Dies geschieht z.B. durch mythische, spirituelle, glaubensmässige und politische Skript-Besetzungen. Logik des Ursachenzweifels Hier ist die Frage angebracht: „Woher nimmst du eigentlich Woher nimmst du diese Behauptung?“ die Grundlagen dazu? Logik der Verletzung der Denk-Tabus „Das tut man doch nicht, aber ich mach’ und denke es ...“ Die Logik der Übergänge (Wechsel der Bezugsebenen) „Wechsele das Thema oder den Bezugsrahmen.“ Dies ist häufig bei Unterhaltungen, schulischen Diskussionen oder öffentlichen und politischen Diskussionen (z.B. bei Talkshow Christiansen) zu beobachten. Der Angesprochene denkt in der Anfangsdenkbahn, der andere wechselt aber blitzschnell den Rahmen (siehe Kontext, Bezugsrahmen), ohne es dem anderen mitzuteilen, zum Beispiel beim Konstruieren von Witzen oder Geschichten:, oder in den politischen Talkshows (siehe auch die Logik der Unterschiedsverwischung). Ein Freund fragte den Mullah, ob er ihm etwas aus der Stadt mitbringen solle. Oh ja, gerne! rief Nasruddin aus, der sich eine Gelegenheit zu einer QuerdenkLektion natürlich nicht entgehen ließ. Ich könnte noch einen neuen Haarschnitt brauchen! (v. Kibed). Im Rahmen des soliden Relativismus heißt dies, dass man fairerweise den Wechsel des Bezugsrahmens angibt, damit der Kommunikationspartner diesen Wechsel nachvollziehen kann. Die Logik der Verknüpfung: Zuordnung eines Objekts zu zwei Objekten, wobei alle drei zum gleichen Bereich gehören müssen (z. B. werden zwei Aussagen durch einen Junktor zu einer dritten verknüpft, in der Mathematik verknüpfen die Grundrechnungsarten zwei Zahlen zu einer neuen). Von der Verknüpfung ist die Relation zu unterscheiden, die zwei Objekten, je nachdem, ob sie in Relation stehen oder nicht, einen Wahrheitswert zuordnet. Zweiwertige Logik (Aristotelische Logik) Es ist etwas wahr oder falsch, ein Drittes gibt es nicht. Ein Pferd ist kein Esel, man ist mündig oder unmündig, begabt oder nicht begabt. Diese Logik hat nur einen positiven Wert und einen zweiten Wert für die Selbstkorrektur, für die Kontrolle von Irrtümern. Logik der abgestuften Zugehörigk i 14 Diese Ja - Nein - Logik wird sehr häufig zur Irritation und gedanklichen Manipulation verwendet. Wenn man darin nicht geschult ist, lässt man sich sehr leicht ins Boxhorn jagen. Beispiel: „Bist du jetzt dafür oder dagegen?“ Das Wissen um die Logik der bedingten Zugehörigkeit kann einem sehr behilflich sein, sich zu schützen. Diese Logik kommt tagtäglich in Schulen vor, wenn es z.B. um Behauptungswissen geht bei der Frage: „Wer hat recht?“ (ohne den Bezugsrahmen anzugeben!) Die Logik der sozialen Zugehörigkeit und der sozialen Semantik „Jedes Mitglied einer sozialen Gruppe verwendet die dazugehörige Semantik, ich auch.“ Die Logik der sozialen Syntax „Ich verwende die Grammatik der Gruppe.“ Die Logik des Zugehörigkeitskonsenses des sozialen Wissens „Ich gehöre zu einem sozialen System dazu, solange ...“ Die Logik von Ausschluss - Dissens „Ich gehöre einem sozialen System so lange nicht an, solange ich nicht ...“ Inwieweit gehört ein Element / eine Dimension etc. zu einem Rahmen, einer Menge und wann nicht mehr? (siehe Wissenskontexte) Die Logik des Zerfalls von Referentialitäten Die Auflösung von früheren, einmal als solide und feste Bezugssysteme geltenden Formen schreitet in vielen Richtungen voran, auch in der epistemologischen. „Man kann das Thema / Problem drehen und wenden, man kann es so oder so sehen.“ Diese Unsicherheitsspanne ist in allen unterrichtlichen Kommunikationen zu sehen. Steht der Lehrende nicht dazu zu einer reflektierten Distanz, so gerät er ständig in den Strudel der Beliebigkeit und der Interpretationsnot (vor allem in der Leistungsinterpretation im gegenwärtigen Bildungstauschmarkt). Die Oszillation von festen zu weichen Bezugsrahmen und umgekehrt ist heute m.E. die große Kunst des didaktischen Handelns beim Lehrenden. 14 Zadeh; ausführlich in: McNeill, D., Freiberger, P. (1994): Fuzzy logic. Die „unscharfe“ Logik erobert die Technik, München Im Alltagsleben, auch im Alltagsleben in der Schule, ist der Zerfall von festen Bezügen zu beobachten. Sie werden durch kurzfristige Zeichen, Symbole und Begriffe ersetzt, die morgen schon wieder anders aussehen und heißen können. Versteht man didaktische Epistemologie als ein vereinbartes Bezugssystem, so zeigt sich, dass hier eine gewaltige Aufgabe vor uns liegt: Viele Lernende mit ihren „referenzlosen“ Chreoden (eine meist aus der Primärstruktur stammende Entwicklung) sollen im Sinne der Musterbildung wenigstens vereinbarte epistemologische und soziale Bezugsrahmen erlernen. Dies erfordert vom Lehrenden viel Energie, Konsequenz und Chreodenverstehen. In den Bewusstseinsstrukturen von Lehrenden und Lernenden taucht diese Logik ständig auf. „Lege dich nicht auf einen festen Bezugsrahmen fest, dann kannst du überall mitschwimmen. Es gibt keine Verbindlichkeiten mehr, handle gerade so, wie es im Augenblick für dich ok ist“, so könnte man diese Denkund Handlungslogik beschreiben. Dieser Wechsel von Bezugsrahmen im sozialen, epistemologischen und individuellen Verhalten in und um die Schule bei Lehrenden und Lernenden ist eine grundlegende Dimension geworden. Relevante Logiken im Ich-Bereich Alle folgende Logiken sind jeweils als eine autopoietische Eigenlogik (Rekursivität, Zirkularität) des Lehrenden und Lernenden zu verstehen. Die Logiken aus dem Primärhabitus Projektion: „Ich übertrage eigene abgespaltene Zustände an andere Personen.“ Übertragung: „Ich wiederhole alte abgewehrte Muster mit Dauerhaftigkeit und Wiederholung.“ Erfahrungsmuster: „Meine Erfahrung ist so wie sie ist und das bleibt auch so.“ Skriptbildung: „Ich habe unbewusste Kopfbewohner, die mir schon sagen, wie mein Leben verlaufen wird.“ Die Logiken der Inkorporierung Kulturelle Muster: „Ich lebe in bestimmten Mustern, die mir meine Eltern als wichtig und für unsere nationale Eigenart einmalig sind, in meiner Kindheit beigebracht haben.“ Familiale Muster: „In unsere Familie war wichtig, dass man z.B. über alles diskutieren musste.“ Generationsmuster: „Was uns die Alten sagen, betrifft uns nicht mehr.“ Merkmale: Zweifel, Hoffnung, Geduld, z.T. Hartnäckigkeit Die Logik der Mimesis Immer häufiger treffen wir Lernende in Schulklassen, aber auch in den anderen Bildungseinrichtungen an, die durch archaisch kulturelle Muster ihre Wissenskonstruktionen nur auf der rekursiven Verrechnung dieser, in der frühen Kindheit durch Imitation übernommenen Muster denken können. Sie sind konnotiert mit „Ehre“, Zugehörigkeit, mit einem sehr speziellen Bezugsrahmen des Denkens. Denkregel: „Ich gehöre ... an, deshalb denke ich auch so ...“ Die Logik elterlicher Botschaften Antreiber: „Wenn du erfolgreich sein willst, halte auch in der Schule durch.“ Wegbotschaften: „Wenn du meinen Rat befolgst ... wirst du gut durchs Leben kommen.“ Bannbotschaften: „Wehe, wenn du ... dann wird es dir schlimm ergehen, du wirst verdammt sein.“ Die Logik der Überlebensschlussfolgerungen „Mein Leben wird gut, positiv, schlimm ... verlaufen. Ich muss alles versuchen, damit ich gut in der Situation ... überleben kann.“ Die Logiken der individuellen Homöostase oder die Logik des Gleichgewichtsausgleichs: „Ich werde alles tun, damit ich in meinem bisherigen Gleichgewicht bleibe.“„Mein bisheriges Leben ist ganz glimpflich verlaufen und ich bin im Gleichgewicht. Alles, was dieses Gleichgewicht stören könnte, bekämpfe ich, nehme ich nicht wahr oder verdrehe es ins Gegenteil. Meine Kopfbewohner sagen mir, was aus der bisherigen Erfahrung auch für die Zukunft gut für mich ist“. Die Logik des Erfahrungswissen: „Meine bisherigen Erfahrungen haben mir geholfen, gut zu überleben, ich baue auf meine Erfahrungen.“ Die Logik des hypnotischen Bewusstseins Einengung des Bewusstseins: „Ich bin mit meinem ganzen Gefühl und Körperbewusstsein auf ... konzentriert. Nichts kann mich ablenken.“ Energetische Besetzung: „Ich spüre meine Energie, die mich auf den Punkt, die Situation, die Person usw. fixiert.“ Die Logik der Lust-Unlust-Balance Logik des Hedonismus: „Ich spüre meine Lust, zu lernen ... Ich spüre meinen Ekel, in dieser Situation, bei dieser Person zu lernen ...“ Die Logik der Ich-Zustände Kind-Ich: „Ich spüre, wie ich gerade neugierig sein möchte, ich spüre, wie einer meiner Kopfbewohner sagt ‚Sei vorsichtig‘. Ich spüre meinen Kopfbewohner, der gerade zu mir sagt ‚Lass dir das nicht gefallen‘.“ Eltern-Ich: „Ich spüre eine Stimme, die mir sagt, dass ich ganz ok bin, ich spüre eine Stimme, die mir sagt, dass ich auf andere Rücksicht zu nehmen habe, ich spüre eine Stimme, die mir sagt, ich könnte besser sein.“ Erwachsenen-Ich: „Ich möchte über meine Kopfbewohner bestimmen und nicht, dass sie über mich bestimmen.“ Die Logik der Ok- / Nicht-Ok-Struktur Ich bin ok. Ich bin nicht ok. Du bist ok, ich bin nicht ok. Du bist nicht ok, ich bin ok. Du bist nicht ok und ich auch nicht. Die Logik der subjektiven Kopfbewohner „Deine Kopfbewohner sind nicht immer deine Helden.“ „Deine Kopfbewohner sind veraltete Erfahrungen.“ „Deine Kopfbewohner haben dir schon viel geholfen, sie haben dir aber auch Ärger und Enttäuschungen eingebracht.“ Der Tadler: „Du dummer Tölpel!“ Der verbitterte Jammerer: „Wenn du den Tank nur gestern schon gefüllt hättest!“ Der Teufel: „Siehst du, du wirst im Irrenhaus enden, wenn du solche Dinge vergisst!“ Der maßlose Übertreiber (hysterischer Plapperer): „Du machst nie etwas richtig!“ Der Alleswisser: „Du Hohlkopf. Du hast gerade einen Text gelesen, wo das Problem vorkam. Du hast es natürlich nicht gemerkt.“ Der/die Sklaventreiber/in: „Beeil´ dich, raus aus dem Bett!“ Die Mäklerin: „Ich habe schon x-mal gesagt, dass du ... !“ Der Scharfrichter: „Das hast du falsch gemacht, du hast dich zum Narren gemacht...!“15 15 aus: Mary Goulding (1989): Kopfbewohner oder: Wer bestimmt dein Denken? Wie du die Feindschaft gegen dich selbst mit Spaß und Leichtigkeit in Freundschaft verwandelst, Junfermann-Verlag; Kleinwiese, E. (1994): Alle deine Ich. Transaktionsanalyse in der Kindertherapie, Institut für Kommunikationstherapie, 4.Auflage, Berlin; Sawizki, E.R. (1992): Lernvergnügen. Richtiges Lernen ist angenehmes Lernen, 3.Auflage, Speyer, Gabal Die Logik der selektiven Authentizität (R. Cohn) Der Begriff der selektiven Authentizität, wie es Ruth Cohn bezeichnet, meint, man müsse dem anderen nicht alles sagen, was man denkt, fühlt oder handeln will. „Sage das, was du jetzt gerade für richtig hältst. Handle jetzt so, dass du authentisch handelst, ohne dass deine Kopfbewohner dich bestimmen.“ Im didaktischen Bereich versuchen wir unter dem Postulat der Anerkennung der jeweiligen Eigenlogiken der Lehrenden und Lernenden zu einer Verständigung zwischen Eigenkonstruktion und der Beobachterposition zu kommen. Diese gelingt dann, wenn metakommunikative Anteile von Seiten des Lehrenden zugelassen werden. Vertrauen ist ein Alltagsbegriff, der aussagt, dass man dem anderen Vertrauen schenken darf und selbst vom anderen nicht abgewertet wird. Logiken im Wir-Bereich Die Logik von Entscheidungen In dieser Logik ist es wichtig, sich an die Linearität der Zeit zu halten. Eine Entscheidung ist im Handeln nicht mehr reversibel, in virtuellen Ebenen aber durchaus. „Unterscheide also: Auf welcher Ebene willst du eine Entscheidung treffen? Spiele dann mit Hilfe eines Baumdiagramms oder einer anderen Entscheidungs-Technik die wichtigsten Stämme und Äste dieser Entscheidung durch mit Folgelastigkeit bis zur 1., 2. oder 3.Generation.“ Neuerdings ist das Entscheidungsverhalten Gegenstand von Forschungen (sog. Ommissions- und Commissionsverhalten), das heißt entscheide ich mich für etwas oder nicht und welche der beiden Entscheidungen haben vermutlich welche Folgen? Die Logik des Fundamentalismus „Es gilt nur die eine Wahrheit - daneben nichts. Benütze das Wort ‚Tiefe‘.“16 „Das Wesen aller Dinge ist ...“ - „Verhalte dich nach der Wahrheit.“ Die Logik des Dramadreiecks „Ich / du werte/st ab als Verfolger, Opfer oder Retter.“17 Die Logik der Postmoderne „Es gibt viele Lebensstile, Werte und Lebensauffassungen. Ich beobachte.“ Die Logik des konsensuellen Bereichs (Parallelisierung) „An dieser oder jener Stelle glaube ich, dass wir uns verstehen und übereinstimmen.“ Die Logik der strukturellen Koppelung (Resonanz) 16 siehe Wittgenstein, in: Welsch, S. 408 17 ausführlich in Band I, S. 102 f. „An dieser oder jener Stelle hast du mich beeinflusst, und ich habe eine neue Selbstorganisation vorgenommen, und wie ich sehe, hast du dich auch neu bestimmt.“ Die Logik der operationalen Geschlossenheit „Meine internen Operationen sind in sich geschlossen geordnet; sie haben ein Gleichgewicht. Störe dieses Gleichgewicht nicht.“ Die Logik der Zugehörigkeit - des Konsenses - des sozialen Wissens „Ich gehöre zu einem sozialen System dazu, solange ich ...“ Die Logik des Ausschlusses – des Dissenses – der Randbildung „Ich gehöre einem sozialen System solange nicht an, solange ich nicht ...“ oder „Das System X wird mich ausschließen, wenn ich nicht ... erfülle“. Die Logiken der Kommunikation (Interpunktion und Transaktionen) „Ich kommuniziere mit dir, weil ...“ „Ich kommuniziere auf verschiedenen Kanälen: Mund, / Ohren. Augen, Haut. Ich kommuniziere nur an ganz bestimmten Stellen, Ereignissen, Situationen mit Dir und lenke es in meine Richtung - ich kann gar nicht anders.“ Synreferentielle Logik „Ich gehöre einem sozialen System an, das eine Geschichte hat und ich darin auch.“ Die Logik der kulturellen Geschichte „Ich habe kulturell inkorporierte Strukturen, die ich selbst nicht benennen kann.“ Die Logik der sozialen Semantik Jedes Mitglied einer sozialen Gruppe verwendet die dazugehörige Sprache und deren Bedeutung. Logiken des didaktischen Strukturierens und Prozessierens Die Logik der Oszillation „Wechsle ständig zwischen Handeln und Reflexion, das kannst du aber nur, wenn du während des Unterrichts Reflexionspausen einlegst.“ Die Logik der Leitdifferenzen „Ich entwickle grundlegende Sinnebenen, die meine Unterrichtsplanung rechtfertigen.“ Die Logik der Driftzone „Ich biete Anreize. Jeder Lernende driftet gemäß seiner Struktur.“ Die Logik der Integration „Hüte dich vor falschen Idealen. Integration ist öfters ein Scheinbegriff.“ Die Logik der Vermittlung „Vermittlung geschieht in einem gemeinsamen Rahmen, die einzelnen Lernenden selektieren, organisieren und verstehen jeweils anders. Die Bildungsprodukte sind verschieden.“ Die Logiken der unterrichtlichen Kommunikation und Transaktionen „Die Tauschmarktphilosophie erfordert symbolisches Wissen in der unterrichtlichen Kommunikation.“ Die Logik der Unterlassung (ommission) Die berufliche Sozialisation des Lehrenden ist auf Intentionalität, Prozessieren und bewusstes didaktisches Entscheiden im Unterricht programmiert. Didaktisch nichts zu tun ist eine Todsünde. Dies hat viel mit dem Mythos der Machbarkeit von Lernprozessen und der mechanistischen Auffassung vom Menschen zu tun. Zeit ist Geld, Zeit ist Entscheiden, Fortschritt, Anhäufung von Wissen. Die Logik der Unterlassung baut auf einem ganz anderen Prinzip auf: jeder Lernende ist ein autopoietisches System, das für sich selbst Zeit zum Organisieren, zur Verankerung und zum Nachdenken benötigt. Die Imperative für den Lehrenden heißen demnach: „Beobachte Lernende genau, wann sie herausgefordert und wann sie in Ruhe gelassen werden müssen. Vergiss den Kopfbewohner, der da sagt: ‚Wenn du nur beobachtest, bist du kein guter Lehrender‘ oder der andere: ‚Was sagt da mein Schulleiter oder meine Kollegen/innen, wenn sie sehen, dass ich nichts mache?‘“ Die Logik der Chreoden „Der Lernende kann aus seiner Haut (Struktur, Primärhabitus) nicht heraus, aber ermuntere ihn, mindestens zwei Alternativen zu probieren.“ Die Logik der Entscheidung über didaktische Prinzipien „Entscheide nach deiner Leitdifferenz.“ „Entscheide nach deiner Erfahrung.“ „Entscheide nach deinem didaktischen Profil.“ Die Logik des didaktischen Denkens, Wahrnehmens und Handelns „Beobachte dich aufmerksam, wann, wie und bei wem du intervenierst.“ Die Logik der didaktischen Ästhetik und des Hedonismus „Es freut mich, und es ist schön, dass in meinem Unterricht...“ Die Logik der Nähe und Distanz zur Information/Mitteilung Ist das zu vermittelnde Wissen mir selbst sehr nahe oder sehr weit entfernt. Welche Nähe und Distanz zur Information und /Mitteilung entwicklen jeweils die einzelnen Lernenden mit ihren Chreoden? Benutze die Methode der Epistemetrie! Die ist eine Methode aus der szenischen Didaktik: Man stellt sich stellvertretend für ein Thema oder einen Gegenstand in die Mitte. Man fordert die einzelnen Lernenden auf, sich im Raum und in einer Entfernung zum Thema zu stellen, wie es gerade für den einzelnen passt. Durch Interviews kann man dann bei einzelnen Lernenden sehr genau und überraschend erfahren, wie und warum die Nähe oder Distanz zum Theme bei den einzelnen sich darstellt. Diese Methode ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, den epistemlogischen und emotionalen Zustand einer Gruppe schnell zu erfahren, wenn man als Lehrender selbst sich im Raum im Sinne von Nähe oder Distanz zum Thema stellt und mitteilt, warum man gerade diese topologische Position eingenommen hat. Das Vertrauen für zurückhaltende Lernende wird dadurch enorm gesteigert. Die Logiken der Handlungsimperative „Tu etwas, es muss etwas Materielles oder Geistiges geschehen.“ „Schreite voran!“ „Denke (und handle) so, dass es gut ist, zu erreichen, zu zeigen, was du durch Handeln beweisen sollst/willst.“ Die Aufzählung der Logiken (Denkregeln) könnte noch weitergeführt werden. Die Beispiele zeigen, wie eine Wissenskonstruktion (Ich-Wir-Sach-Bereich) mit welchen Logiken aufgebaut werden kann (Konstruktion von Wissen), aber auch, wie bestehendes Wissen, Aussagen, Behauptungen, Glaubenssysteme usw. mit Hilfe dieser Logiken analysiert und durchschaut werden kann (siehe Wissenskonzepte: Reproduktion, Rekonstruktion von Wissen, Mustererkennung, Musterveränderung). Ich habe Lehrende kennen gelernt, die nach einer Einführung in diese Logiken begeistert selbst nach neuen Logiken gesucht haben. Gez.