Idylle von oben, Zündstoff am Boden

Idylle von oben, Zündstoff am Boden
Von weit oben betrachtet, ist die Welt der
Historischen Gartenstadt Heimaterde noch
grün, geordnet, heile. Eine Postkarte soll jetzt
per Luftbild vom Siedlungsidyll künden.
Erdnah gibts derweil dicke Luft.
Siedlungs-Idyll aus der Vogelperspektive: 1000 Postkarten von
der Heimaterde sollen bald in Geschäften vor Ort verkauft
werden.
Unter Protest beendete jüngst ein Vertreter
von Thyssen-Krupp Wohnimmobilien seine
Teilnahme an der Versammlung der Siedlervereinigung. Verbal wurde
angeblich die Zusammenarbeit mit den Siedlern vor Ort aufgekündigt.
Auslöser für den Streit unter und mit den 76 anwesenden VereinsMitgliedern: Eine anstehende Satzungsänderung und Bebaungs-Pläne
des Grundeigentümers. Über die, so Kritiker, sei der Siedlervorstand
längst informiert gewesen und habe seine Zustimmung erklärt, aber nicht
die Mitglieder aufgeklärt.
Endgültig Sprengstoff in die Runde brachte ein Satzungs-Satz, der
schließlich mit zwei Drittel Mehrheit aufgenommen wurde und auch als
Leitziel in der städtischen Gestaltungsfibel für die Heimaterde auftaucht.
Danach hat sich der Verein für den Ist-Zustand der "Gartenstadt mit ihrem
geschlossenen und charakteristischen Erscheinungsbild" einzusetzen. Bei
Thyssen-Krupp, so die Interpretation der Bürgerinitiative für den Erhalt der
Gartenstadt, wurde das wohl als Attacke auf die Bau- und Verkaufspläne
gewertet.
"Der Siedlungscharakter soll restlos zerstört werden, Thyssen will ja jeden
freien Quadratmeter zu Bauland machen", fürchtet Initiativen-Sprecher
Dietmar Berg. Jüngstes Beispiel dafür ist für ihn die vorgesehene
Innenbebauung von neun Häusern am Anliegerweg Zwischen den Gärten.
Mit der Postkarte und der "Gesamtabbildung der historischen Heimaterde"
will die Initiative nun das "städtebauliche Kulturerbe" der "einmaligen
Arbeitersiedlung" über die Stadtgrenzen hinaus bekannter machen. Ziel
der Initiative ist die zügige Umsetzung der empfohlenen Ausweisung als
Denkmalbereich. Die Gestaltungsfibel (als Zwischenlösung und Basis für
den Denkmalschutz gedacht) ist ihr in ihrem empfehlenden Charakter zu
unverbindlich. jös
27.04.2004