Behindertensport – ein Weg zur Integration

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Hausarbeit
über
Behindertensport
von Deniz Kürtoglu
November 2010
Behindertensport
Inhaltsverzeichnis
Seite
1
Einleitung
3
2
Bereiche des Behindertensports
4
2.1
Rehabilitationssport
4
2.2
Breitensport
7
2.3
Leistungssport
11
3
Schlusswort
14
Literaturverzeichnis
15
2
1. Einleitung
Da
ich
seit
meinem
Seheinschränkung
16.
Lebensjahr
selbst
eine
hochgradige
habe und seit ca. 5 Jahren Mitglied des
Behindertensportvereins in Kassel bin,
möchte ich mich in meiner
Hausarbeit mit dem Thema „Behindertensport“ beschäftigen. Seitdem ich
„Ehrenamtlich“ als Sportwart im Vorstand der BSG in Kassel tätig bin, hat
sich mein Interesse zu den verschiedenen Behindertensportarten sehr
vergrößert. Die Behindertensportgemeinschaft in Kassel ist ein Verein von
wenigen in Deutschland, indem fast alle behindertentypischen Sportarten
angeboten werden. Dies liegt unter anderem daran, dass die BSG Kassel
das große glück hat, ein eigenes behindertengerechtes Vereinsheim zu
besitzen.
In Deutschland leben über 6 Millionen Menschen, die eine Behinderung
haben. Viele von ihnen sind nicht als behinderte Menschen geboren
worden.
Ihre
Behinderung
Vernachlässigungen,
Erlebnissen.
ist
Unfällen
Behinderte
oft
eine
oder
Menschen
Folge
anderen
werden
von
Krankheiten,
einschneidenden
institutionell
und
gesellschaftlich ausgegrenzt und sind zumeist nicht in der Lage einen
eigenständigen Platz innerhalb der Gesellschaft zu finden. Dies gilt auch
für den Bereich des Sports, da ein behinderter Mensch einem
„Nichtbehinderten“ Mensch nun mal in der Regel körperlich unterlegen ist.
Mit dieser schriftlichen Arbeit werde ich 3 Bereiche des Behindertensports
näher darstellen und erläutern. Und zwar handelt es sich dabei um den
Rehabilitationssport, Breitensport und Leistungssport. Was gibt es für
Unterschiede in den Sportbereichen?
Sowie es Unterschiede in den drei oben genannten Sportbereichen gibt,
so gibt es auch sehr wichtige Aspekte, die alle drei Bereiche gemeinsam
haben. Wie zum Beispiel, dass auf jeden Einzelnen individuell
3
eingegangen wird oder das nicht die schwächen des behinderten
Menschen im Vordergrund stehen, sondern auf die Fähigkeiten jeden
einzelnen eingegangen wird. Die Fähigkeiten sollen durch den Sport im
Behindertensportverein
erhalten,
aufgebaut,
verbessert
bzw.
wiederhergestellt werden und eine Verschlechterung verhindern.
2. Bereiche des Behindertensports
2.1 Rehabilitationssport
Nach dem Positionspapier des DBS umfasst „... Rehabilitation alle
ärztlichen, sozialpädagogischen, psychologischen und sozialrechtlichen
Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, Menschen mit Behinderungen
wieder in die Lage zu versetzen, sich geistig, gesellschaftlich und
wirtschaftlich zu behaupten“.1
Rehabilitationsport wird bei dem genannten Personenkreis in Form
bewegungstherapeutischer
Übungen
zur
Unterstützung
des
Heilungsprozesses durchgeführt. Rehabilitationssport wird sowohl bei
ambulanter- als auch bei stationärer Behandlung eingesetzt. Die
medizinische Betreuung erfolgt in Sportgruppen des Vereins unter
ärztlicher Aufsicht (vgl. Haep in: Aurand 1988: 14).
Nach dem Sozialgesetzbuch IX2 und der Rahmenvereinbarung3 mit den
Krankenkassen haben behinderte Menschen einen Rechtsanspruch auf
eine zeitlich begrenzte Kostenübernahme für Rehabilitationssport, das
Gleiche
gilt
für
das
so
genannte
Funktionstraining.
Laut
Rahmenvereinbarung muss der Rehabilitationssport ärztlich verordnet
Positionspapier des Deutschen Behindertensportverbandes e.V. (2002): Ziele des
Handelns (Handlungsmaxime) und Umfang der Zuständigkeiten September 2002:
Seite 1 zit. nach: www.dbs-npc.de/transfer/openfile.asp?path=woelk//HB-B-1bPositionspapier.pdf
2 vgl. Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung [Hrsg.] Oktober
2002: 230: Rehabilitationssport gilt im gesetzlichen Sinne als ergänzende
Maßnahme des Rehasports. Im SGB IX §44 Abs. 1, Nr. 3 sind die Belange des
Rehasports festgeschrieben.
3 vgl. Rahmenvereinbarung vom 01.10.2003, In:
www.dbsnpc.de/ourfiles/datein/woelk/Rahmenvereinbarung%20Endfassung%2001.10.pdf,
1
4
werden.
Die
Vereine
bzw.
Gruppen
des
DBS
werden
im
Rehabilitationssport von einem Fachübungsleiter im Rehabilitationssport
geleitet, wobei dies unter ärztlicher Betreuung erfolgt. Zu den anerkannten
Rehabilitationssportarten
zählen
Gymnastik,
Bewegungsspiele,
Leichtathletik und Schwimmen. In Abgrenzung zum Rehabilitationssport
gibt es auch das so genannte Funktionstraining, wo es ausschließlich um
bewegungstherapeutische Trainingsarten wie Trockengymnastik und
Wassergymnastik geht. Anwendung findet dieses Funktionstraining bei
Patienten mit Körperfunktionsstörungen oder organischer Schäden (z. B.
Herzprobleme). Die Durchführung von Funktionstraining erfolgt durch
Physiotherapeuten und Krankengymnasten und soll bei den Patienten zur
Behebung und Verbesserung des Gesundheitszustandes sowie zur
Vermeidung von Folgeschäden dienen.
Rehabilitationssport
wird
an
Sonderschulen,
Einrichtungen
der
medizinischen und beruflichen Rehabilitation angeboten sowie als
Behindertensport im Freizeitbereich. Der Rehabilitationssport wird im
Allgemeinen von Sportgemeinschaften durchgeführt, die im Deutschen
Behindertensportverband organisiert sind. Bei entsprechender Eignung
können
auch
andere
anerkannte
Organisationen
diesen
Sport
durchführen, während Funktionsgruppen einer gesonderten Anerkennung
bedürfen.
Im Rehabilitationssport wird bei der Auswahl und Durchführung der
bewegungstherapeutischen Übungen vor allem Wert auf die Bedürfnisse
des Einzelnen – entsprechend seiner Behinderung bzw. Krankheit –
gelegt. Während die Lernziele eines Gehbehinderten vornehmlich von
seiner Fortbewegungsmöglichkeit, etwa durch ein Gehtraining oder
Sicherung der Geschicklichkeit in Sport und Spiel bestimmt werden, erhält
das
Training
der
Rollstuhltechnik
und
seine
Anwendung
in
Alltagssituationen sowie im Spiel für den Rollstuhlfahrer Priorität. Für den
Armbehinderten gilt es, Kompensationsformen mit Hilfe der verbliebenen
Bewegungsfähigkeit zu entwickeln, die seine Handlungskompetenzen im
Sport und Alltag erweitern.
5
Neben
den
genannten
Rehabilitationsträger
weitere
Rehabilitationssportarten
Sportarten
anerkennen,
kann
wenn
der
ein
Gesundheits- oder Heilungsprozess nur schwer oder gar nicht erreicht
werden kann (vgl. Kosel / Froböse 1999: 36f., 54).
Bei der Planung und Durchführung behinderungsspezifischer Maßnahmen
gilt „... daß nicht die Behinderung mit ihren Einschränkungen und Defiziten
im Mittelpunkt steht, sondern daß sich der Sportleiter in seinem Handeln
von den Fähigkeiten des Behinderten leiten läßt“ (Kosel / Froböse 1999:
35).
Laut DBS sind im Bereich der Rehabilitation die Bewegungs-, Spiel- und
Sportangebote
für
alle
behinderten
Menschen
vorgesehen
wie
beispielsweise Körperbehinderte, Sinnesbehinderte, Geistigbehinderte,
Querschnittsgelähmte,
Herzerkrankte
psychisch
usw.4 Ermöglicht
Erkrankte,
werden
chronisch
soll die
Kranke,
Entfaltung ihrer
Fähigkeiten und Interessen. Bei unmittelbarer Gesundheitsbedrohung ist
das
präventive
Ziel,
eine
Behinderung
abzuwenden.
Sozialisationsprozesse in Spiel und Sport sind anzubahnen und zu
fördern.
Hierbei
geht
es
um
die
Erhaltung
der
verbliebenen
Leistungsfähigkeit, die Vorbeugung von Folgeschäden, die Vermeidung
von Hilfebedürftigkeit und um die Entwicklung der Selbständigkeit und
Handlungsfähigkeit. Letztlich besteht die Aufgabe darin, den behinderten
Menschen in Familie, Beruf und Gesellschaft einzugliedern bzw. zu
integrieren (vgl. Kosel / Froböse 1999: 32f.).
Zudem hat der Rehabilitationssport das Ziel, die Eigenverantwortlichkeit
für die Gesundheit zu stärken und zu eigenverantwortlichem Training zu
motivieren, wobei „... der Behinderte, der an den Veranstaltungen des
zeitlich begrenzten ambulanten Rehabilitationssport teilgenommen hat,
auch nach der Beendigung dieses Zeitraums in der Übungsgruppe
verbleibt und weiterhin aktiv am Breiten- und Freizeitsport teilnimmt; ...“
(Kosel / Froböse 1999: 37).
vgl. Positionspapier des Deutschen Behinderten – Sportverbandes (2001): In:
Deutscher Behindertensportverband e.V. [Hrsg.], 1951 – 2001. 50 Jahre „Sport der
Behinderten“ in Deutschland: Festschrift, Duisburg, S. 69
4
6
Problematisch ist die Umsetzung jedoch bei schwer behinderten
Menschen, die –auch bei intensivsten Rehabilitationsbemühungen im
Team – selten ein motorisches, konditionelles, intellektuelles, emotionales
und soziales Niveau erreichen, um selbst motiviert sportlich aktiv zu sein.
Hier ist lebenslange Betreuung im Rahmen der Sport-Therapie nötig (vgl.
Ascher, in: Rusch / Größing 1991: 45).
2.2 Breiten- und Freizeitsport
Laut DBS stehen bei behinderten Menschen im Sportverein die Freude an
Aktivität, Bewegung, Spiel und Sport, sowie soziale Kontakte mit anderen
Sporttreibenden im Vordergrund.5 Neben regelmäßiger körperlicher
Ertüchtigung geht es darum, die Leistungsfähigkeit des behinderten
Menschen zu erhalten und zu stärken, zudem soll die Gesundheit der
behinderten Sportler gefördert werden. Um Folgeschäden vorzubeugen,
werden
die
Sportarten
auf
die
Funktionsstörung
der
jeweiligen
Behinderungsart abgestellt. Obwohl Leistungsvergleiche zwischen den
Sporttreibenden
untereinander
erwünscht
sind,
steht
primär
das
Miteinander, die Begegnung im Vordergrund. Um eine qualifizierte
Betreuung der Gruppen in ihrem sozialen Umfeld gewährleisten zu
können, stehen ausgebildete Sportübungsleiter zur Verfügung. Nach
Auffassung des DBS stellt der Breitensport im Verein einen Beitrag zur
gesellschaftlichen Integration dar.6
Die Ziele des Breiten- und Freizeitsports bestehen im Wesentlichen darin:
„
1. Das sportliche Angebot muß den persönlichen Vorstellungen des
Behinderten
entsprechen
und
seine
gesamte
Persönlichkeit
einbeziehen.
Ein nicht unwesentlicher Effekt ist, dass hierdurch Familienangehörige von
Betreuungsaufgaben entlastet werden.
6 vgl. Definition Breitensport laut Positionspapier des DBS, In:
www.dbs-npc.de/DesktopDefault.aspx?tabid=26&tabIndex=-1, 26.02.2006
5
7
2. Der Behinderte muß auf längere Zeit am Sport teilnehmen und stets
die gleiche fachliche Betreuung nutzen können.
3. Das Angebot muß flächendeckend sein, das heißt für den einzelnen,
die
Übungsveranstaltung muß zeitlich möglichst ohne lange Wege
erreichbar sein.
4. Das Angebot soll die eigenen Aktivitäten des Behinderten wecken und
stabilisieren“ (Haep, in: Aurand 1988: 19f.).
Da behinderte Sportler in ihren Bewegungsmöglichkeiten oder ihrer
Wahrnehmung eingeschränkt sind, gibt es Sportarten, die sie nur bedingt
oder gar nicht ausüben können. Damit gewährleistet ist, dass alle
Menschen mit Behinderung am Sport teilnehmen können, richten sich die
Sportarten an den Bewegungsmöglichkeiten und Interessen der Sportler
aus. Dabei werden traditionelle Sportarten aus dem allgemeinen Sport
übernommen sowie Spielregeln bestehender Sportarten abgeändert oder
Sportarten völlig neu entwickelt (vgl. Rheker 1995: 50; Wurzel 1991: 54).
Die verschiedenen Angebote decken dabei je unterschiedliche didaktische
Aspekte ab:
„Fünf Stufen beschreiben die Entwicklung des einzelnen zum Spielen, die
auf die persönliche („Individuation“) und soziale (Sozialisation) Aspekte
ausgerichtet ist. Diese sind:
1. Die Erprobung von Körperfunktionen (Funktionsspiele),
2. Das Erproben von sozialen Rollen (Rollenspiel),
3. Das Spielen in spontanen Kleingruppen (Gruppenspiele),
4. Das Erfinden und Erproben von Regelspielen (kleine Spiele) sowie
5. Das Spielen in der Mannschaft (Mannschaftsspiele) oder in PaarGruppen (Partnerspiele)“ (Innenmoser, in: Rusch / Größing 1991: 176).
Einer der Vereine, in dem Behindertensport angeboten wird, ist die
Behinderten-Sportgemeinschaft Kassel 1951 e.V. Hierbei handelt es sich
um einen Verein, in dem behinderte Menschen unterschiedlichen Alters in
ihrer Freizeit gemeinsam Behinderten- und Rehabilitationssport betreiben.
Damit jedes Mitglied am Sportgeschehen im Verein teilnehmen kann, gibt
es für die jeweiligen Behinderungsarten entsprechenden Sportangebote.
8
Die Teilnahme von nicht behinderten Menschen im Verein ist ausdrücklich
erwünscht.
Beispielsweise gibt es im Kasseler Behindertensportverein verschiedene
Sportarten wie Blinden-Torball, Fußball-Tennis, Gymnastik, Rückenschule
und Osteropose-Gymnastik, Kegeln, Rollstuhl-Sport, Schwimmen, Sitzball,
Tischtennis und Nordic Walking.
Um einen Eindruck von einer Sportart der Kasseler Sportgemeinschaft zu
vermitteln, wird an diesem Zusammenhang das Blinden-Torball-Spiel
vorgestellt. Hierbei handelt es sich um eine behinderungsspezifische
Sportart, die speziell für Blinde entwickelt wurde.
Blinden-Torball ist ein Mannschaftsspiel für Sehgeschädigte (Blinde und
Sehbehinderte). Zu jeder Mannschaft gehören 3 Spieler. Das Spiel wird in der
Sporthalle auf einem rechteckigen Spielfeld (16 x 7 m), das durch eine Mittellinie
in zwei Hälften geteilt ist und auf dessen Grundlinie sich Tore (7 x 1,30 m)
befinden,
mit
einem
Geräuscheball
(Klingelball)
durchgeführt.
Beide
Mannschaften sind bemüht, den gerollten Klingelball vor dem eigenen Tor
abzufangen und ein Gegentor zu werfen. Dabei wird der Ball unter drei in 40 cm
Höhe gespannten Leinen zum Gegner gerollt, um ein Tor zu erzielen. Hierbei
dürfen die an den Leinen befestigten Glöckchen nicht klingeln, denn sonst wird
dieser Fehler mit einem Strafwurf geahndet. Alle Spieler müssen mit
Augenschutz spielen, damit gewährleistet ist, dass kein Spieler etwas sieht und
dadurch Vorteile hat. So kann das Spiel unter gleichen Bedingungen gespielt
werden.
Festzustellen ist, dass in den organisierten Behindertensportvereinen, wie
beispielsweise im Kasseler Behindertensportverein, für Menschen mit
Behinderung verschiedenen Alters unterschiedliche Sportangebote wie
Gymnastik, Schwimmen oder Blinden-Torball in getrennten Gruppen
angeboten werden. In der Regel nehmen Menschen aus unterschiedlichen
Motiven und Erwartungen teil. Sie betreiben Sport, Spiel und Bewegung
aus Geselligkeit, aus Gesundheitsgründen oder zur Steigerung ihrer
Leistungsfähigkeit.
9
Eine Sportgruppe von Menschen mit Behinderung im Sportverein setzt
sich in der Regel nicht nur aus solchen Personen zusammen, die alle über
die gleichen Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen. Häufig ist es ein
Personenkreis mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen. Dabei wird
nicht nach einzelnen Schädigungsformen selektiert, weil alle Menschen
mit Behinderung einbezogen werden sollen.
Es gibt Sportarten wie Kegeln und Rollstuhlbasketball, wo behinderte und
nicht behinderte Menschen gemeinsam Sport treiben, während in anderen
Sportgruppen die behinderten Sportler unter sich sind. Ein Beispiel hierfür
ist die Schwimmgruppe, die sich eigentlich sehr gut für gemeinsame
Übungen im Wasser eignen würde.
Schwimmen sowie Spielen und Bewegen im Wasser hat sich besonders
als Sportart für Menschen mit Behinderung bewährt. Gerade für
Menschen mit Querschnittslähmungen oder mit Gelenkschäden hat
Schwimmen im therapeutischen Sinne einen hohen Stellenwert, denn sie
sind zur Fortbewegung im Wasser nicht auf Hilfsmittel wie Rollstühle oder
Krücken angewiesen. Durlach erklärt: „Durch die der Schwerkraft
entgegenwirkende Auftriebskraft kann sich der Mensch im Wasser fast
schwerelos
bewegen.
Dadurch
ergeben
sich
vielfältige
neue
Bewegungsmöglichkeiten“ (1994: 12).
Schwimmen eignet sich gleichzeitig auch als integrative Sportart. Dadurch
dass sich Menschen mit Körperbehinderung im Wasser leichter und
selbständiger bewegen können als an Land, sind sie gegenüber
Menschen ohne Behinderung nicht mehr so eingeschränkt. Sie sind relativ
gut in der Lage, gemeinsam am Sport mit Nichtbehinderten teilzunehmen.
Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen begegnen sich beim
Bewegen, Spielen und Schwimmen im Wasser auf einer Ebene. Dadurch
besteht die Chance, sich gleichberechtigt, vielleicht vorurteilsfreier, auf
einer Ebene zu treffen.7
Die herausragende Bedeutung des Schwimmens für behinderte
Heranwachsende wird in der im Auftrag des Kultusministeriums NRW
herausgebenden Studie von Brettschneider / Rheker (1996: 104) geschildert. Bei
behinderten Kindern und Jugendlichen nimmt die Sportart Schwimmen noch
deutlicher vor anderen Sportarten die erste Stelle ein, sowohl bei den aktiv im
7
10
Im Kasseler Behindertensportverein sind trotz intensiver Bemühungen
(beispielsweise Zeitungsinserate) nicht behinderte Menschen kaum für
andere Sportarten im Verein zu gewinnen. Auch gehörlose Sportler sind
nicht im Verein vertreten.
Behindertensportverein oder in der Freizeit mit der Familie oder Freunden
betriebenen Sportarten. Zudem schlägt der Autor Fediuk für die Durchführung
integrativer Lerngruppen Wassergewöhnung, -bewältigung und Schwimmen als
besonders geeignet vor (vgl. Fediuk 1992: 80).
11
2.3 Leistungs- und Wettkampfsport
Für viele behinderte Menschen ist die Möglichkeit, im Sport Leistung zu
erbringen eine wesentliche Motivation, wie verschiedene Umfragen
ergeben haben. Laut Cooper (1984) und (Kosel 1991) führen der
Wettkampfgedanke und die Lust an der Leistung die Rankings in den
durchgeführten Untersuchungen an (vgl. Wegner, in: Scheid / Rieder
2000: 72).8 Auch die Teilnahme an Wettkämpfen spielt eine wesentliche
Rolle, da hier die Möglichkeit besteht, eigene Kompetenz zu erleben, die
Kennzeichen für die eigene Leistung ist.
Laut DBS handelt es sich bei einem behinderten Athleten dann um
Leistungs- und Wettkampfsport, „... wenn ein Höchstmaß an persönlichem
Einsatz (Zeit, Leistungsvermögen, Leistungswille) notwendig ist, um den
vorgegebenen absoluten Normen des Rekords, erzielt in den jeweils
international gültigen Schadensklassen / Wettkampfklassen und der
Meisterschaft
(in
den
jeweilig
gültigen
Schadensklassen
/
Wettkampfklassen), möglichst nahe zu kommen bzw. neue derartige
Normen zu setzen.“9 Für den behinderten Menschen trägt der Sport bei „...
zur Förderung individueller sportlicher Höchstleistungen im internationalen
Vergleich, abgesichert vor allem durch Wettkampf- und Ausleseprozesse,
systematische
Trainingsformen
und
detailliert
genormte
Regelvereinbarungen“ (Schulke-Vandre, in: Fehres / Schulke-Vandre /
Thieme 1995: 51).
Der Leistungssport Behinderter unterscheidet sich in weiten Teilen weder
in Training noch Wettkampf vom Leistungssport Nichtbehinderter. So wird
beispielsweise
auf
Nichtbehindertensports
trainingswissenschaftliche
zurückgegriffen.
Auch
Erkenntnisse
des
Strukturen
des
Leistungssports Nichtbehinderter sind für behinderte Sportler nutzbar. Ein
Bei Cooper wurden 145 leistungssportlich aktive Cerebralparetiker befragt. Sie
vergaben die ersten drei Plätze in der Reihenfolge Wettkampfgedanke, Spaß,
Liebe zum Sport. Bei Kosel wurden Lust an der Leistung von 70 % benannt, gefolgt
von Teamgeist, Aktivität mit anderen und Selbstbestätigung.
8
12
deutliches Indiz für die wachsende Bedeutung ist nicht nur die
zunehmende Berichterstattung in den Medien und der damit gestiegene
Bekanntheitsgrad des Behindertensports in der Öffentlichkeit, sondern
auch das Selbstverständnis und das Selbstbewusstsein, mit dem Athleten
ihre Leistungen und ihre Behinderung nach außen hin darstellen. Die
Paralympischen Spiele, die erstmals 1988 in Seoul auf größeres
öffentliches Interesse stießen, haben deutlich gemacht, dass sich der
Leistungssport Behinderter und Nichtbehinderter zunehmend einander
annähren. Tägliches Training unter qualifizierter Anleitung, regelmäßige
medizinische und physiotherapeutische Betreuung, die Verwendung
hochwertiger Materialien für Sportgeräte und Prothesen sind heutzutage
eine Selbstverständlichkeit im Leistungssport Behinderter. Entsprechend
erzielen behinderte Sportler Leistungen, die vor wenigen Jahrzehnten
vielfach im Sport Nichtbehinderter noch undenkbar gewesen wären. Ein
weiteres Indiz für die Bedeutung des Leistungssports behinderter
Menschen ist, das sie immer häufiger an Marathon-Läufen mit
Nichtbehinderten teilnehmen.
Einer von vielen körperbehinderten Leistungssportlern ist Günther Belitz
(Oberschenkelamputation), der in seiner Laufbahn an zahlreichen
Wettkämpfen wie Paralympics und Weltmeisterschaften im Leistungssport
teilgenommen hat, u. a. auch an Wettkämpfen mit Nichtbehinderten. Der
Athlet Belitz hat bei den Paralympics und Weltmeisterschaften zahlreiche
Medaillen gewonnen. Während seiner Laufbahn trainierte er in einem
Verein für Menschen mit Handicap, in dem auch mit nichtbehinderten
Spitzensportlern gemeinsam trainiert wurde (vgl. Scheid / Rank / Kuckuck
2003: 87-102).
Im Leistungssport steht allerdings die Vergleichbarkeit im Vordergrund,
wie Rheker darlegt: „Da es so viele Behinderungsarten gibt, die jeweils
wieder
unterschiedlich
ausgeprägt
sein
können,
führt
dies
im
Leistungssport, bei dem es um Vergleichbarkeit der Leistungen geht, zu
vgl. Positionspapier des Deutschen Behinderten – Sportverbandes (2001): In:
Deutscher Behindertensportverband e.V. [Hrsg.], 1951 – 2001. 50 Jahre „Sport der
Behinderten“ in Deutschland: Festschrift, Duisburg, S. 67
9
13
einigen Schwierigkeiten. So ist die Leistung eines Querschnittsgelähmten
im Schwimmen nicht vergleichbar mit der eines Armamputierten. Das hat
dazu geführt, dass es im Leistungssport - übrigens auch im Freizeitsport
beim
Sportabzeichen
-
sog.
‚Schadensklassen’
gibt,
in
die
die
verschiedenen Behinderungsarten eingeteilt werden. So gibt es z. B.
sieben
Schadensklassen
für
Rollstuhlfahrer.
Je
nach
Höhe
der
Schädigung der Wirbelsäule wird man einer der sieben Klassen zugeteilt“
(Rheker 1995: 49).
Problematisch ist hier insbesondere, dass Normen aus der Sicht der
nichtbehinderten
Menschen
vorgegeben
werden.
Durch
die
Leistungsorientierung (auch an nichtbehinderten Sportlern) werden
Maßstäbe gesetzt, an die sich die behinderten Menschen anzupassen
haben (vgl. Rheker 1996: 8f.). So führen die Idee der Vergleichbarkeit und
die
entsprechenden
Klassifizierungen
bei
herkömmlichen
Behindertensportvereinen zu kritischen Einschätzungen hinsichtlich des
Integrationsvermögens:
„Diese
gesellschaftliche
Integration
wird
in
traditionellen Behindertensportvereinen eher durch die Anpassung der
behinderten
Menschen
erreicht,
in
dem
sie
durch
rehabilitative
Maßnahmen dazu geführt werden, wieder in Beruf und Gesellschaft eine
feste Position einzunehmen und ‚sich im Wettstreit mit Nichtgeschädigten
zu behaupten’ (vgl. Haep 1994a, 89; Kosel 1981, 20f)“ (Rheker 1996: 29).
14
3. Schlusswort
Wie aus dieser Hausarbeit hervorgehoben werden soll, ist es sehr Wichtig,
dass behinderte Menschen, die Möglichkeit haben Sport treiben zu
können. Ein Mensch mit einer Behinderung muss genauso die Möglichkeit
haben sich sportlich betätigen zu können, wie ein „Nichtbehinderter“
Mensch. Es gibt verschiedene Gründe, wieso Menschen Sport treiben. Im
Bereich des Rehabilitationssport geht es darum die vorhandenen
Fähigkeiten zu erhalten, damit keine Verschlechterungen eintreten und
wenn möglich zu verbessern.
Beim Breitensport bzw. Freizeitsport spielen soziale Kontakte, Freude an
Bewegung und allgemeine Fitness eine große Rolle. Dann gibt es noch
den Bereich des Wettkampfsport, dort steht das Streben nach Leistung
und Erfolg im Vordergrund.
Des Weiteren ist Sport für viele Menschen ein wichtiger Aspekt für die
eigene Anerkennung in der Gesellschaft, Inhalt der alltäglichen
Tagesstruktur, Aufbau der sozialen Kompetenzen und für die Steigerung
des eigenen Selbstbewusstseins.
Wie man sieht, werden die Paralympischen Spiele immr populärer.
Es wird von Jahr zu Jahr immer mehr über die verschiedensten
Behindertensportarten berichtet.
15
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