Madame President, Commissioner, ladies and gentlemen,

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Frau Präsidentin , Herr Kommissar, meine Damen und Herren,
das Thema, über das ich gebeten wurde zu sprechen, heißt „Macht Kultur einen
Unterschied?“ Lassen Sie mich dazu eine Bemerkung an den Anfang stellen.
Kultur selbst macht keinen Unterschied, sondern es ist die Begegnung von
Kulturen, die den Unterschied macht.
Gestatten Sie mir, Ihnen von meinen persönlichen Erfahrungen zu berichten.
Ich möchte zu Beginn des Vortrags über eine Reihe von Erfahrungen aus dem
interreligiösen und interkulturellen Dialog in Luxemburg sprechen. Luxemburg ist
für die Begegnung von Kulturen ein geradezu privilegierter Ort. Im zweiten Teil
des Vortrags werde ich über die Zukunft sprechen, über das, was wir im 21.
Jahrhundert und darüber hinaus tun sollten.
Die Begegnung zwischen Papst Johannes XXIII. und Professor Jules Isaac
markierte den Auftakt und gab den Anstoß zu einer neuen Ära in den jüdischchristlichen Beziehungen. Dies wirkte in einer Reihe europäischer Staaten sehr
ermutigend. In Luxemburg riefen wir eine Vereinigung ins Leben, der wir aber
nicht die Bezeichnung Vereinigung für jüdisch-christliche Freundschaft gegeben
haben. Wir hätten sie so nennen können, aber unseres Erachtens wäre dies für
Luxemburg banal gewesen, denn die Freundschaft bestand ja bereits. Wir wählten
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daher die Bezeichnung „Interkonfessionelle Vereinigung“ und hielten sie für den
Beitritt anderer Religionen offen.
Eine meiner bewegendsten Erinnerungen betrifft meine Begegnungen mit
einem engen Freund aus Namur, einem Benediktinermöch, Vater Louis Leloir.
Wenn er in unserem Hause zu Gast war, bat er mich oft, ihm für die Abendandacht
die Schlüssel zur Synagoge zu geben. Meine christlichen Freunde und ich fragten
ihn, warum er für die Abendandacht nicht in den Luxemburger Dom gehe. Er
antwortete darauf: ich möchte dort beten, wo der Herr gebetet hat. Einmal war
Vater Leloir während des jüdischen Pessachfests, das zufällig auf den Karfreitag
fiel, bei uns zu Besuch. Er bat meine Frau um einige Mazzen und sagte, am
nächsten Morgen werde er die Karfreitagsmesse im Karmeliterkloster feiern und
den Nonnen die Kommunion mit dem Brot des Herrn erteilen. Darin spiegelt sich
der Geist der Beziehungen zwischen Christen und Juden.
Heute suchen wir Vertreter des Islams in unsere Vereinigung aufzunehmen.
Tatsächlich hat der muslimische Anteil der Bevölkerung in Luxemburg in der
letzten Zeit erheblich zugenommen.
Daher halte ich es für angebracht, den Islam als die andere bedeutende
monotheistische Religion anzuerkennen. Seine Anhänger leben in weiten Teilen
der Welt, und trotz der fundamentalistischen und extremistischen Bewegungen
von Minoritäten gibt es gute Gründe, dem Islam einen Platz einzuräumen. Wenn
wir Muslimen begegnen, dürfen wir nicht ins Moralisieren verfallen, vielmehr
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müssen mit ihnen zusammenarbeiten, um Extremismus und Terrorismus zu
bekämpfen und die für eine offene Welt im 21. Jahrhundert notwendigen
Voraussetzungen zu schaffen.
Meine Damen und Herren, meines Erachtens haben wir in interkulturellen
und interreligiösen Beziehungen vorsichtig vorzugehen. Wir müssen Respekt für
einander zeigen, denn wir alle sind Menschen, ob wir nun gläubig sind oder nicht,
gleich mit welcher Religion oder Philosophie wir uns identifizieren. Dieser
Respekt ist von höchster Bedeutung. Oft hat es an Respekt in unseren
Beziehungen gemangelt, was zur Quelle von Enttäuschungen wurde, die oft zu
Extremismus und Terrorismus geführt haben.
Heute basiert die menschliche Gesellschaft auf dem Wissen. Der Fortschritt
des Wissens ist sehr schnell erreicht worden, und ein theoretischer Physiker sagte
einmal – und meines Erachtens liegt er ziemlich richtig –, dass es in den letzten
fünfzig Jahren mehr wissenschaftliche Entdeckungen gegeben habe als in den
2000 Jahren zuvor. Wir können nicht übersehen, noch können wir hinnehmen,
dass jene, die sich zum Atheismus bekennen – was ihr gutes Recht ist –, Religion
unter Bezugnahme auf Ereignisse aus früheren Zeiten angreifen. Obwohl
Religionen in der Vergangenheit Nichtgläubige verfolgten, ist es falsch,
Religionen wegen früherer Missetaten anzugreifen.
Ein jüdisch-amerikanischer Denker, Abraham Heschel, bezeichnet die
Juden als diejenigen, die der Zeit eine Form gegeben haben. Meines Erachtens ist
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die gesamte Menschheit an diesem Prozess beteiligt. So müssen wir alle
zusammenarbeiten, um diese Welt zu gestalten, ob wir Gläubige sind oder
Nichtgläubige. Wir dürfen keine Vorurteile haben. Das sind Worte, aber es kommt
darauf an, Worte in Praxis umzusetzen, und es gibt einige Leitlinien, deren
Befolgung ich für dieses Ziel empfehlen möchte.
Vor allem müssen wir uns zur Richtschnur machen, den Trends unserer
Zeit aufgeschlossen zu begegnen. Wir müssen den jungen Leuten zuhören.
Herr Kommissar, Sie sind im wichtigen Bereich der Bildung tätig. Gestatten Sie
mir, dass ich vorschlage, Lehrer und Erzieher sollten nicht nur den jungen Leuten
zuhören, sondern sich auch auf einen konstruktiven Dialog mit ihnen einlassen.
Erziehung muss meines Erachtens durch ein aktives Zusammenwirken zwischen
Lehrern und Schülern gekennzeichnet sein. Meine Erfahrungen in der ASEF
(Asia-Europe Foundation), in der ich Luxemburg vertrete, haben mir gezeigt, dass
neue Arten von Kunstwerken heutzutage Produkte eines Prozesses wechselseitiger
Befruchtung zwischen Europa und Asien sind. Wenn junge Maler und junge
Komponisten aus Asien und aus Europa einander begegnen, kann man sehen, dass
verblüffende Dinge geschehen. Meine Damen und Herren, eine neue Art von
Kreativität entsteht.
Auch im interreligiösen Dialog müssen wir uns der Tatsache bewusst sein,
dass wir Angehörige einer Vielzahl von Kulturen sind. Obwohl jeder aus einer
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anderen Kultur stammt, muss ein positiver Austausch zu einem Neuen Denken
und gegenseitigem Respekt führen. Es wird unsere Aufgabe sein, die
Verwirklichung solcher Trends voranzubringen.
Meines Erachtens ist in den interreligiösen Beziehungen zwischen zwei
Aspekten zu unterscheiden. Einerseits Debatten zwischen Theologen – im
Mittelalter nannte man sie Dispute –, die meines Erachtens fortgesetzt werden
sollten. Der andere Aspekt betrifft die Tatsache, dass wir die gesellschaftlichen
Probleme unserer Zeit gemeinsam angehen müssen, um gemeinsame Lösungen zu
finden. Mit Ausnahme des Wandels ist nichts von Dauer. Aber ethische Normen,
die Grundwerte darstellen, sind von Dauer.
Wir alle sprechen über ethische Normen, aber oft setzten wir sie nicht in die
Praxis um. Darüber hinaus sollten interkonfessionelle Begegnungen nicht auf die
monotheistischen Religionen beschränkt bleiben, sondern auch andere
Glaubensrichtungen wie den Buddhismus einschließen. Ferner sollten auch jene,
die sich als Atheisten bezeichnen, an solchen Begegnungen teilnehmen. Atheisten
üben zwar keine Religion aus, aber suchen ebenso wie die Gläubigen nach der
letzten Wahrheit. Als Beispiel möchte ich daran erinnern, dass der größte aller
Wissenschaftler, Albert Einstein, oft über Gott gesprochen hat, wobei aber seine
Gottesauffassung offenkundig eine andere war als etwa jene des Oberrabbiners
von Jerusalem. Nach meiner Überzeugung befinden wir alle uns auf dem
faszinierenden Weg der Suche nach der Wahrheit, auf jener Reise, die der große
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Visionär Vater Teilhard de Chardin, als Reise vom Alpha zum Omega bezeichnet
hat.
Kurz zusammengefasst, sollten die Begegnungen, von denen ich spreche,
durch ein Neues Denken und insbesondere durch gegenseitige Achtung inspiriert
sein, so dass wir Hand in Hand für den Frieden arbeiten können.
Die Römer sagten, „Si vis pacem, para bellum“, wenn Du Frieden willst, so
rüste zum Krieg. Meine Damen und Herren, im 21. Jahrhundert möchte ich eher
sagen: „Si vis pacem, para pacem“, wenn Du Frieden willst, so rüste zum Frieden.
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