39. DGMP Tagung 2008 in Oldenburg MR-gestützte Dosimetrie an normoxischen Polymergelen: Einflüsse der Dosisrate auf die Dosisantwort Bayreder, Christian; Georg, Dietmar; Berg, Andreas MR-gestützte Dosimetrie an normoxischen Polymergelen: Einflüsse der Dosisrate auf die Dosisantwort 1. Einleitung Polymer-Gel-dosimetrische Verfahren zeigen Vorteile gegenüber anderen Dosismessverfahren bei der hochauflösenden 3-dimensionalen Darstellung der räumlichen Verteilung der zeitlich integrierten Dosis [1]. Die häufig verwendeten Polymergele auf der Basis von Acrylamiden, z.B. BANGTM Gele, die unter Sauerstoffausschluss hergestellt werden, zeigen keine oder nur geringe Abhängigkeiten der Dosisantwort von der Dosisrate [2,3] bei typischen Dosisraten von Linearbeschleunigern (1-5 Gy/min) für den klinischtherapeutischen Einsatz. Ihre Herstellung in sauerstofffreier Atmosphäre ist jedoch sehr aufwändig. Acrylamide sind giftig, kanzerogen und potentiell erbgutverändernd. Viele Arbeitsgruppen setzen deshalb Methacrylsäure als Monomerbestandteil der Polymergele ein. Durch die Zugabe eines Sauerstofffängers (z.B. Ascorbinsäure) polymerisiert diese unter Applikation ionisierender Strahlen, auch wenn bei der Herstellung unter Anwesenheit von Sauerstoff gearbeitet wurde. Ascorbinsäure als Sauerstofffänger hält den Polymerisationsinhibitor Sauerstoff von den radikaltragenden Molekülen fern und ermöglicht ein Anwachsen der Monomere zu langen Ketten. Ideale Dosimeter sollten keine Abhängigkeiten des Dosis-Messsignals von den im klinischen Alltag verwendeten Dosisraten zeigen. Wir untersuchen in diesem Beitrag für 2 verschiedene normoxische Polymergeltypen auf der Basis von Methacrylsäure als Monomer (MAGIC und MAGAT-Gele), ob bei den typischen Dosisraten für Linearbeschleuniger Abhängigkeiten der Dosisantwort von der applizierten Dosisrate auftreten. Die Ergebnisse sind wichtig für die Beurteilung der Einsetzbarkeit dieser Typen normoxischer Polymergele in der Dosimetrie von strahlentherapeutischen Anwendungen. 2. Materialien und Methoden Zwei verschiedene Polymergeltypen auf der Basis von Methacrylsäure als polymerisierendes Monomer, Gelatine und Wasser wurden im hauseigenen Labor unter Sauerstoffatmosphäre hergestellt: a) MAGAT-Gele (Metharylic-Acid-Gelatine And THPC (Tetrakis Hydroxy-Methyl-Phosphonium Chloride)) mit THPC (2mM) als Sauerstofffänger und b) MAGIC-Gele (Methacrylic Acid Gelatine and Ascorbic acid Initiated by Copper) mit Ascorbinsäure als Sauerstofffänger. Bestandteile für 1000 g Polymergel MAGAT-Gel MAGIC-Gel Deionisiertes Wasser Gelatine Methacrylsäure Kupfer(II)sulfat-pentahydrat Ascorbinsäure THPC 87% (w/w) 8% (w/w) 5% (w/w) 80% (w/w) 14% (w/w) 6% (w/w) 0.025 g 0.3522 g (2mM) 0.3316 g (2 mM) Die applizierten Dosen variierten je nach ungefährem linearem Dosisbereich der verschiedenen Geltypen zwischen 2 und 9 Gy (MAGAT) und 2 -20 Gy (MAGIC). Der Linearbeschleuniger (ELEKTA Sli precise accelerator, UK) ermöglichte Dosisraten zwischen 0.6 und 5 Gy/min bei Beschleunigungsspannungen von 25 MV (QI = 0,805). Parameterselektive T2-Bilder wurden unter Einsatz von Multiecho-Sequenzen mit 20 Echos (TE=20, 40, 60, ..400 ms) in der Magnetresonanz-Bildgebung berechnet, und diese nach Kalibrierung unter Einsatz von Kalibriergelen in Dosisbilder umgewandelt (TR = 10,5s; FOV = 18x18 cm2; Mtx: 128x128, Schichtzahl: 23, Schichtdicke: 1mm, NEX = 4). 39. DGMP Tagung 2008 in Oldenburg 3. Ergebnisse 3.1 MAGAT Gele Abb. 1 Abhängigkeit der Relexationsrate R2=1/T2 von Dosisrate und Zeit zwischen Bestrahlung und MR-Bildgebung für MAGAT-Gele a) Niedrigdosisbereich(D=2Gy): Es ist nur eine geringe Tendenz zu einer reduzierten Dosisantwort bei höheren Dosisraten erkennbar. b) Hochdosisbereich (D=5Gy): Das Dosismesssignal zeigt eine deutliche Abhängigkeit von der Dosisrate. Abb. 2 MR-Messsignal (Relaxationsrate R2=1/T2) in Abhängigkeit von der Dosis mit dem Messparameter Dosisrate. Die Sensitivität, gemessen als Steigung im linearen Bereich zeigt eine starke Abhängigkeit von der Dosisrate. MAGAT-Gele zeigen nahezu über den gesamten Dosisbereich der linearen Antwort eine signifikante Dosisratenabhängigkeit bis zu ca. 20% (Abb. 1). Auch die Sensitivität, gemessen als relative Zunahme der Relaxationsrate mit der Dosis, hängt deutlich von der Dosisrate ab (Abb. 2). 3.2 MAGIC-Gele Abb. 3 Abhängigkeit der Relexationsrate R2=1/T2 von Dosisrate und Zeit zwischen Bestrahlung und MR-Auslesevorgang für MAGIC Gele a) Niedrigdosisbereich(D=5Gy): b) Hochdosisbereich (D = 20 Gy) Es ist keine signifikante Abhängigkeit Es ist nur eine geringe Tendenz zu der Dosisantwort von der Dosisrate einer reduzierten Dosisantwort bei erkennbar. den höchsten Dosisraten erkennbar. Abb. 4 MR-Messsignal (Relaxationsrate R2=1/T2) in Abhängigkeit von der Dosis mit dem Messparameter Dosisrate. Erst bei der höchsten Dosisrate ist eine (nicht signifikante) Tendenz zu einer reduzierten Sensitivität beobachtbar. MAGIC-Gele sind nahezu über den gesamten Dosisbereich der linearen Antwort nicht wesentlich von der Dosisrate im untersuchten Ratenbereich abhängig (Abb. 3 und 4). Die Sensitivität hängt nicht signifikant von der Dosisrate ab (Abb. 5). Conclusio MAGAT-Polymergele haben zwar eine höhere Sensitivität (inkrementelle Dosisunterscheidung) zeigen aber eine signifikante Abhängigkeit der Dosisantwort von der Dosisrate schon im Niedrigdosisbereich und sind deshalb i.d.R. nicht geeignet für dosimetrische Untersuchungen an klinischen Linearbeschleunigern. Abb. 5 Sensitivität in Abhängigkeit von der MAGIC Gele weisen einen größeren Bereich einer linearen Dosisrate für MAGIC Gele. Fehlerbalken Dosisantwort bis ca. 20 Gy auf. Sie zeigen im untersuchten kennzeichnen 95% Konfidenzintervalle. Dosis- und Dosisratenbereich für Linearbeschleuniger keine signifikanten Abhängigkeiten im Rahmen der Messfehler, wenn auch eine Tendenz zur reduzierten Dosisantwort bei hohen Dosen und maximaler Dosisrate (D = 20Gy; dD/dt = 5Gy/min) zu beobachten ist. [1] C. Bayreder, D. Georg, E.Moser, A.Berg; Med. Phys. 33 (7), 2506-2518 (2006) [2] J. Novotny Jr., V. Spevacek, P. Dvorak, J Novotny. and T.Cechak; Med. Phys. 28, 2379-2386, (2001). [3] Y. De Deene, K. Vergote, C. Claeys and C. De Wagter; Phys. Med. Biol. 51, 653–673 (2006).