. Der verantwortungsvolle Umgang mit ADS und ADHS Darstellung der Diagnostik- und Behandlungsmethoden bei Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen In der kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis Wallmeyer ©Sebastian Fischer-Brockhaus INHALT Seite 1 Kurzdarstellung der Praxis 3 1.1 Kooperationspartner 4 1.2 Leitbild 5 2 AD(H)S im Bild der Öffentlichkeit 6 3 Anteil der AD(H)S Patienten 7 4 Verteilung Jungen / Mädchen 8 4.1 Altersstruktur 5 Diagnose 9 12 5.1 Intelligenztest 12 5.2 Konzentrationstest 14 5.3 Anamnese, projektive Diagnostik, Fragebogen 15 5.4 OB-Test 16 6 Behandlung 21 6.1 Elternberatung, Gruppentherapie 21 6.2 Medikamentöse Therapie 22 2 1. Kurzdarstellung der sozialpsychiatrischen Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psychotherapie Wallmeyer Unser Praxisteam besteht aus einer Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie und Psychotherapie, zusammen mit einem Heilpädagogen, einer kinder- und jugendlichen Psychotherapeutin, sowie Honorarkräften mit den Schwerpunkten in der Familientherapie und Rehapädagogik. Wir werden unterstützt von einer Arzthelferin, einer Sekretärin und einer Honorarkraft. Unsere sozialpsychiatrische Praxis versorgt den Großraum Dortmund, mit einem Schwerpunkt in Dortmund West und den angrenzenden Gemeinden. ( Bochum, Castrop-Rauxel, Herdecke und Witten) Wir versorgen das gesamte Spektrum kinder- und jugendpsychiatrische Krankheitsbilder (verhaltens- und emotionale Störung mit Beginn in der Kindheit und Jugend, Entwicklungsstörungen, Intelligenzminderungen und Folgestörungen, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen, neurotische-, belastungs-, und somatoforme Störungen, affektive Störungen, Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen, psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen, organische psychische Störungen). Ein besonderer Schwerpunkt unserer Praxis ist die multimodale kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung von Kindern mit Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen geworden. Ein Teil dieser Kinder wird in Zusammenarbeit mit Ergotherapiepraxen in der Umgebung behandelt. Das psychisch kranke Kind ist immer im familiären Kontext zu sehen, so dass für uns das Umfeld unserer Patienten/Innen mit ihren jeweiligen Bezugspersonen in die Behandlung eingebunden werden. Das bedeutet im Rahmen der sozialpsychiatrischen Versorgung die Zusammenarbeit mit den Lehrern der Kinder ebenso wie mit Mitarbeitern der Jugendhilfeeinrichtungen, um für das Kind und seine Familie optimale Behandlungsund Kooperationsstrukturen des Helfersystems zu schaffen. Diese Zusammenarbeit erfolgt selbstverständlich nach den Vorschriften des Datenschutzgesetzes. 3 1.1 Kooperationspartner Mit den kinder- und jugendpsychiatrischen, sozialpsychiatrischen Praxen in Dortmund Klaus Jordan und Stefan Schreiber, Christiane Hüther und Ramona Hinterland arbeiten wir ebenso wie mit der Ambulanz und Tagesklinik der Elisabethklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, fallbezogen zusammen. Die Elisabethklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit Pflichtversorgungsauftrag für Dortmund befindet sich in nächster Nähe und ist für uns ebenfalls ein verlässlicher Ansprechpartner. Unsere Praxis ist Mitinitiatorin der 2002 gegründeten interdisziplinären Kooperationsgemeinschaft für Frühförderung (AKIFF), bestehend aus zwei Kinderund Jugendarztpraxen, einer Praxis Kinder- und Jugendpsychiatrie, einem niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zwei Praxen für Sprachtherapie, eine Ergotherapiepraxis, einem Institut für Heilpädagogik und Frühförderung und einer Praxis für Physiotherapie. Unser Ziel ist die integrative, gemeinsame Behandlung entwicklungsgestörter Kinder. Es geht uns gleichzeitig um effektive Förderung im interdisziplinären Austausch auf koordinierten Therapiewegen. Es besteht außerdem eine jahrelange Kooperation mit dem mit dem psychologischmedizinischen Team des CJD (christliches Jugenddorfwerk Dortmund) bei der sozialpsychologisch/pädagogischen Zusatzbetreuung der Jugendlichen Teilnehmer der Förderlehrgänge gemeinsam mit der Jugendhilfe und anderen Sozialhilfeträgern. Ähnliche Kooperationen bestehen mit weiteren Berufsbildungswerken und diversen außerschulischen Projekten der Region. Die Praxis ist Teilnehmerin an der interdisziplinären Balint- Gruppe mit dem Schwerpunkt Hilfe für kindliche Opfer von Misshandlung und Missbrauch. Dazu gehört für uns auch die ehrenamtliche Mitarbeit und fördernde Mitgliedschaft im Kinderschutzzentrum Dortmund. Zusätzlich engagieren wir uns als Praxis bei der Gründung und Gestaltung des Dortmunder ADHS Netzwerkes zusammen mit der Jugendhilfe Dortmund (Erziehungsberatungsstellen), den Einrichtungen der freien Träger und ergo- und sprachtherapeutischen Praxen, zur Verbesserung der wohnortnahen, indikationsspezifischen Behandlung und Förderung aufmerksamkeitsgestörter Kinder und ihrer Familien im Umkreis. Sie arbeitet mit der Fachhochschule Dortmund Fachbereich Sozialpädagogik und mit der Fachhochschule Bochum Fachbereich Heilpädagogik zusammen, und bietet den Studenten Praktikums- und Ausbildungsbausteine. 4 Außerdem bietet sie angehenden tiefenpsychologischen und verhaltenstherapeutischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Kooperation mit den jeweiligen Ausbildungsinstituten praktische Therapieerfahrung. Wir legen besonderen Wert auf regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen im Praxisteam. 1.2 Leitbild unserer Praxis Kinder- und Jugendliche stehen zusammen mit ihren Familien im Mittelpunkt unserer Arbeit. Psychisch kranke Kinder und Jugendliche sind ein besonderes Klientel, als ökonomisch schwächster Teil unsere Gesellschaft sind sie besonders darauf angewiesen, angemessene umfassende und spezifische Behandlung im Schutzraum der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu haben. Wir sehen uns mit unserem Engagement für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die seelisch krank oder seelischer Behinderung bedroht sind als Beitrag zur Sicherstellung der Entfaltung und Altersentsprechenden Lebensbewältigung trotz widriger psychosozialen Bedingungen, nicht selten traumatischen Erfahrungen. Seelische Erkrankung greift tiefgehend in das Leben des jungen Menschen und seiner Familie ein. Sie wirkt sich nicht nur in Form von subjektivem und das Umfeld des Kindes einbeziehendem Leiden aus, sondern sie bedroht auch den erfolgreichen Erziehungs- und Entwicklungsprozess. Mit unserer kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlung zielen wir daher über die Behandlung von Krankheitssymptomen hinaus, unserem ganzheitlichen Therapieansatz folgend, darauf ab den jungen Menschen und in seinem individuellen psychosozialen Umfeld Weiterentwicklung zu ermöglichen. Dabei ist es wichtig während der Diagnostik und Behandlung stets aufmerksam besonders zwischen den Zeilen zu fühlen und zu lesen. Wir bemühen uns dabei um eine empathische, freundlich zugewandte, Haltung den jungen Patienten gegenüber unabhängig von ihrer Herkunft, Sprache oder kulturellem Hintergrund. Wir profitieren von unserem Engagement, langjähriger Erfahrung und Kompetenz in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, die wir in unserem multiprofessionellen Praxisteam gerne weiter zusammen ausbauen. 5 2. AD(H)S im Bild der Öffentlichkeit Das Thema ADS / ADHS ist in den letzten Jahren mehr und mehr in den Focus der Öffentlichkeit geraten. Hierdurch konnte einerseits zunehmend das Thema psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen aus der Tabuzone geraten, andererseits bedeutete dieses aber auch oft einen unsachgemäßen Umgang mit dieser Erkrankung. Häufige Artikel in der Presse über so genannte „Drogenverabreichung“ bei Kindern und Jugendlichen mit AD(H)S bedeuten für betroffene Eltern eine zusätzliche Belastung. Zudem gilt AD(H)S bei vielen noch als Mangel an Erziehungskompetenz. Der Kern der Diskussionen um AD(H)S ist jedoch zumeist die medikamentöse Behandlung. Hier zeichnet sich eine „schwarz-weiß Malerei“ ab, die der verantwortungsvolle Umgang mit der Erkrankung nicht dienlich ist. Eines der Probleme ist u.a. ein mangelndes Fachwissen, welches leider nicht nur bei Laien zu beobachten ist. Lehrer sind häufig, ebenso wie Eltern, mit der Symptomatik von AD(H)S – Kindern konfrontiert, ohne dass sie jedoch ausreichend Wissen über den Umgang mit der Erkrankung haben. Mangelnde Fortbildungsmaßnahmen, Lehrermangel, oder der Druck die Unterrichtsvorgaben zu erfüllen erschweren die Problematik zusätzlich. Auch bei so genannten Fachleuten, wie Mitarbeiter der Jugendhilfe und Kinderärzten reicht das Fachwissen oft nicht aus, um ein mögliches AD(H)S, bzw. die Notwendigkeit einer Diagnostik, zu erkennen. Obwohl es inzwischen klare Vorgaben für eine Diagnostik eines AD(H)S gibt, wird immer noch gelegentlich darauf verzichtet und Kinder oder Jugendliche anhand von Beurteilungsbogen medikamentös eingestellt. Die Diagnostik dient hierbei nicht nur dazu ein mögliches AD(H)S zu erkennen, sondern auch evtl. vorliegende andere psychische / psychiatrische Erkrankungen auszuschließen, bzw. comorbide Störungsbilder zu erfassen. Häufig ist bei anderen psychischen Erkrankungen, wie z.b. bei der Störung des Sozialverhalten, Bindungsstörung des Kindesalters, oder auch bei traumatischen Belastungsstörungen, eine ähnliche Symptomatik zu beobachten. Trotz der Erfolge der medikamentösen Therapie bei AD(H)S ist jedoch erwiesen, dass eine so genannte multimodale Therapieform (siehe Seite 20) am effektivsten erscheint und hierdurch ein langfristiger Therapieerfolg am wahrscheinlichsten ist. 6 3. Anteil der AD(H)S Patienten Der Anteil der Patienten mit einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung in der Praxis betrug im 2. Quartal 2011 ca. 60% (siehe Abb. 3.1.), wobei zumeist ein comorbides Störungsbild vorhanden war. Bei insgesamt 672 Patienten bestand bei 407 Patienten u.a. die Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, oder einer einfachen Aufmerksamkeitsstörung. AD(H)S sonst. Störungen Abb. 3.1 - Anteil der AD(H)S Patienten am Gesamtpatientenvolumen Insgesamt ist jedoch die Anzahl der AD(H)S Patienten, trotz steigernder Fallzahlen, in 2010/2011 deutlich zurückgegangen, wie in der Abb. 3.2 gut zu erkennen ist. Der Grund dafür lässt sich nur vermuten, jedoch scheint auch eine noch differenziertere Diagnostik dafür verantwortlich zu sein. 7 Fallzahlen O kt 11 11 ug A Ju n 11 1 pr 1 A 11 b Fe O kt 10 D ez 10 ug A Ju n 10 10 800 700 600 500 400 300 200 100 0 AD(H)S Fälle Abb. 3.2 Fallzahlen und AD(H)S Fälle im Jahresverlauf 4. Verteilung Jungen und Mädchen / Altersstruktur Die Verteilung von Jungen und Mädchen mit diesem Störungsbild zeigt deutlich, dass ca. 75% der Jungen betroffen sind (siehe Abb. 4.1.), während der Anteil der Mädchen am Gesamtpatientenvolumen deutlich höher liegt. Erfahrungsgemäß fallen Mädchen nicht so vermehrt durch aggressive Verhaltensweisen, oder hoher motorischer Unruhe auf wie Jungen, die eher als störend empfunden werden. Von Konzentrationsstörungen sind jedoch sowohl Jungen, als auch Mädchen gleichermaßen betroffen. Mädchen zeigen sich häufiger verträumt und abwesend und fallen eher durch mangelnde Leistungen auf. 8 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Patienten ges. AD(H)S Abb. 4.1 – Verteilung Jungen / Mädchen 4.1 Altersstruktur Ein weiterer interessanter Untersuchungsaspekt ist sicherlich die Altersstruktur der AD(H)S Patienten. Während sich definitionsgemäß die Symptomatik eines AD(H)S bis zum 6. bzw. 7. Lebesjahr gezeigt haben sollte, ist der Anteil von jüngeren-, bzw. Kindergartenkindern mit einem Anteil von ca. 3%, eher gering. Der Grund dafür liegt sicherlich auch darin, dass der Kindergartenalltag zumeist in hohem Maße von Freispiel und Bewegung geprägt ist. Die Anforderung ruhig sitzen zu bleiben, ist häufig nur im Stuhlkreis, oder bei den Mahlzeiten erforderlich. Bei der Erstellung der Anamnese zeigt sich oft, dass Kinder insbesondere hierbei bereits im Kindergarten auffällig wurden, ein Handlungs- bzw. Behandlungsbedarf jedoch nicht gegeben war. Mit Eintritt in die Grundschule erhöht sich der Anteil der AD(H)S Patienten jedoch rapide. Insbesondere die motorische Unruhe und hohe Impulsivität sorgen dafür, dass Kinder im Unterricht auffallen und mit dem Erledigen der Hausaufgaben überfordert sind. Betroffene Eltern wenden sich dann zumeist hilfesuchend an den Kinderarzt, oder werden von Lehrern auch vermehrt direkt in eine Kinder- und Jugendpsychiatrische Praxis geschickt. 9 Ein noch höherer Anstieg von AD(H)S Patienten ist im Alter von ca. 9 Jahren zu beobachten. Dieses ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass im 3. Schuljahr die Noten eine große Rolle spielen und die Kinder bereits auf die weiterführenden Schulen vorbereitet werden. Somit ist der Anteil der AD(H)S Patienten in diesem Alter mit ca. 23% auch am höchsten (siehe Abb.4.2). 25 20 15 10 5 0 unter 7 Jahre 7 Jahre 8 Jahre 9 Jahre 10 Jahre Abb. 4.2 Altersverteilung der ADHS Patientenn in Prozent zwischen unter 7 bis 10 Jahren In der weiteren Alterstaffelung lässt sich deutlich die Abnahme der AD(H)S Patienten erkennen. Zum Einen gibt es Patienten, die eine multimdale Therapie durchlaufen haben und die medikamentöse Therapie durch den Kinderarzt übernommen wird, zum Anderen zeigt sich hier aber auch eine deutliche pubertätsbedingte Abnahme. 10 35 30 25 20 15 10 5 0 5-8 Jahre 8-11 Jahre 11-13 Jahre 13-15 Jahre 15-17 Jahre 17-18 Jahre Abb. 4.3 Altersstaffelung der AD(H)S Patienten zwischen 5 und 18 Jahren in Prozent Das Diagramm weist einerseits den Behandlungserfolg durch eine multimodale Therapieform auf, andererseits werden viele Jugendliche auch zunehmend kritischer bzgl. der Behandlung ihrer Erkrankung. Das hat häufig die Folge, dass Medikamente eigenständig abgesetzt werden. Gerade aus diesem Grund ist eine weitere therapeutische Begleitung dringend erforderlich. Zudem sollte ein Auslassversuch der Medikation nur unter Aufsicht eines Arztes / Ärztin erfolgen. Der Grund, der oft von den Jugendlichen genannt wird, ist eine mangelnde Spontaneität, die durch die Symptomverringerung der Impulsivität bedingt ist. In der Praxis zeigt sich, dass Jugendliche und junge Erwachsene mit der unretardierten Form der Medikation besser zu Recht kommen und diese gezielt bei schulischen Anforderungen einsetzen. 11 5. Diagnose der AD(H)S: Eine eingehende Diagnostik sollte standardmäßig bei einem Verdacht auf ein AD(H)S eingesetzt werden. Hierzu gehören nicht nur die beschriebene Symptomatik, die oft anhand von Fragebogen ermittelt wird, sondern auch folgende Diagnostikverfahren: Intelligenztest (HAWIK IV; IDS ; WET; K-ABC, SON-R) Konzentrationstests (d2; DL-KG; KHV-VK) Projektive Diagnostikverfahren (Mannzeichentest; Baum-Test; 3 Baum Test; Familie in Tieren; Sceno; SET Fragebogen (Angstfragebogen für Kinder und Jugendliche; Depressionsinventar) Anamnese QB Test Conners Fragebogen zur Erfassung von Aufmerksamkeitsstörungen bei Kindern und Jugendlichen 5.1 Der Intelligenztest Ein Intelligenztest ermöglicht es in erster Linie eine evtl. vorliegende Überforderung, oder Unterforderung eines Patienten zu erkennen, die ebenso für Auffälligkeiten in Konzentration, Impulsivität, motorischer Unruhe, sowie Sozialverhalten verantwortlich sein kann. Des Weiteren zeigt ein Intelligenztest vorliegende Teilleistungsschwächen, die insbesondere bei einem AD(H)S sehr häufig sind. Hierzu zählen insbesondere das visuelle und auditive Kurzzeitgedächtnis, die Verarbeitungsgeschwindigkeit von visuellen Stimuli, die Raum-Lage Wahrnehmung, sowie das Erkennen von visuellen Details. Einen ebenso hohen Stellenwert hat die Verhaltensbeobachtung während der Testdurchführung. Hier sollten u.a. motorische Unruhe, Ausdauer und eine evtl. Abnahme der Konzentrationsfähigkeit notiert werden. Im Folgenden werden die o.g. Testverfahren kurz erläutert: Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder, 4. Auflage (HAWIK-IV) Bei dem HAWIK IV handelt es sich um ein mehrdimensionales Testverfahren, welches für Kinder und Jugendliche im Alter von 6;0 bis 16;11 Jahren geeignet ist. Der HAWIK IV ist zur Untersuchung des allgemeinen geistigen Entwicklungsstandes aus unterschiedlichen Perspektiven, sowie zur Abklärung von Leistungsstörungen geeignet. Er besteht aus verschiedenen Subtesttypen, welche unterschiedliche 12 geistige Fähigkeiten erfassen und sich schwerpunktmäßig in eher sprachgebundene Tests, sowie in Tätigkeit erfordernde Subtests gliedert. Intelligence-Development-Scales (IDS) Die IDS sind ein mehrdimensionales Testverfahren, welches für Kinder im Alter von 5;0 bis 10;11 Jahren normiert ist. Sie dient zur Untersuchung des allgemeinen geistigen Entwicklungsstandes aus unterschiedlichen Perspektiven, sowie zur Abklärung von Leistungsstörungen und besteht aus verschiedenen Subtesttypen. Es werden dabei unterschiedliche Bereiche der intellektuellen, motorischen und sozioemotionalen Fähigkeiten erfasst. Die IDS sind eine Kombination aus Intelligenz- und Entwicklungstest und lassen eine Testung auch nur in einzelnen Bereichen oder als Ganzes zu. Dies macht sie sehr flexibel einsetzbar, wodurch eine möglichst individuelle aber auch ganzheitliche Leistungsdiagnostik ermöglicht wird. Wiener Entwicklungstest (WET) Der WET ist ein Verfahren dass zur Erfassung des allgemeinen Entwicklungsstandes bei Kindern von 3 bis 6 Jahren eingesetzt wird. Die Testaufgaben haben spielerischen Charakter. Ausgehend einer kontextualistischen Entwicklungstheorie werden alle relevanten Funktionsbereiche wie Motorik, visuelle Wahrnehmung und Gedächtnis sowie kognitive, sprachliche und sozial-emotionale Fähigkeiten erfasst. Der WET ermöglicht somit einen umfassenden Überblick über Stärken und Schwächen des Kindes und dient vor allem für förderdiagnostische Fragestellungen. Snijders-Omen Non-verbaler Intelligenztest (SON-R 5 ½ - 17 Jahre) Der SON-R ist ein nonverbales Testverfahren, welches für Kinder und Jugendliche im Alter von 5;6 bis 17;11 Jahren geeignet ist. Der SON-R ist zur Untersuchung des allgemeinen geistigen Entwicklungsstandes aus unterschiedlichen Perspektiven, sowie zur Abklärung von Leistungsstörungen geeignet. Die Besonderheit dieses Testverfahrens liegt vor allem darin, dass eine völlig sprachfreie Durchführung möglich ist. 13 Kaufman-Assessment Battery for Children (K-ABC) Die K-ABC ist ein mehrdimensionales Testverfahren, welches für Kinder im Alter von 2;6 bis 12;5 Jahren normiert ist. Sie dient zur Untersuchung des allgemeinen geistigen Entwicklungsstandes aus unterschiedlichen Perspektiven, sowie zur Abklärung von Leistungsstörungen und besteht aus verschiedenen Subtesttypen. Es werden dabei unterschiedliche Bereiche der intellektuellen Fähigkeiten erfasst, diese gliedern sich in den Bereich ganzheitlichen Denkens (Wahrnehmungsbereiche, logisches- und schlussfolgerndes Denken) und in den Bereich einzelheitlichen Denkens (Kurzzeitgedächtnis; sequentielle Informationsverarbeitung). Zusätzlich werden allgemeine, erlernte Fertigkeiten überprüft. Diese sind stark von der häuslichen und schulischen Förderung abhängig und lassen Schlüsse über deren aktuellen Stand zu. 5.2 Der Konzentrationstest Bei dem üblichen Konzentrationstest handelt es sich in der Regel um so genannte Blatteste, bzw. Durchstreichteste, in denen der Patient unter Zeitdruck relevante von irrelevanten Zeichen / Stimuli unterscheiden muss. Differentieller Leistungstest für Kinder im Grundschulalter (DL-KG) Der DL-KG ist ein Konzentrationstest und ist normiert für die Alterstufen 7;0 bis 9;11 Jahre. Die Aufgabe der Kinder besteht im Durchstreichen relevanter und im punktieren irrelevanter Zeichen der Reihe nach, die in 20 Reihen zu je 20 Zeichen pro Seite angeordnet sind. Das Kind teilt den Test durch eine Kreismarkierung, die vom Testleiter durch den sog. „Kreis-Befehl“ nach jeweils 90 Sekunden gegeben wird, in 14 Intervalle ein. Das Verfahren erfasst die Parameter Fehler (Sorgfaltsleistung), Zeit (Arbeitstempo) und Schwankungsbreite (Differenz der bearbeiteten Zeichen pro Intervall). Dadurch werden Aussagen zum Niveau konzentrativer Fähigkeiten ermöglicht. Konzentrations-Handlungs-Verfahren für Vorschulkinder (KHV-VK) Der KHV-VK ist ein handlungsbasierter Konzentrationstest und wird im Alter zwischen 3,0 und 6,11 Jahren eingesetzt. Die Aufgabe der Kinder besteht im Sortieren von 44 Karten mit gegenständlichen Abbildungen nach bestimmten Merkmalen. Das Verfahren, das die Parameter Fehler (Sorgfaltsleistung) und Zeit (Arbeitstempo) erfasst, ermöglicht Aussagen zum Niveau konzentrativer Fähigkeiten. Die Konzentrationsfähigkeit eines Kindes ist die Grundbedingung für 14 das Lernen, die Erfassung möglicher Defizite ist somit bereits im Vorschulalter sinnvoll und wird mit diesem verlässlichen Verfahren kindgerecht-spielerisch umgesetzt. Aufmerksamkeitsbelastungstest d2 Der Test dient der Messung der Konzentration bei Aufgaben, die Aufmerksamkeit verlangen (konzentrierte Aufmerksamkeit). Er erfasst die Konzentrationsfähigkeit der Testperson sowie die Schnelligkeit und Genauigkeit bei der Unterscheidung ähnlicher visueller Reize (Detail-Diskrimination). Die vielfältige Absicherung der Testgütekriterien (Objektivität, Zuverlässigkeit und Gültigkeit), die einfache Anwendung, der geringe Aufwand an Zeit und Material sind Ursachen dafür, dass der Test d2 zu den am häufigsten verwendeten psychodiagnostischen Verfahren in Deutschland gehört. 5.3 Anamnese / projektive Diagnostikverfahren / Fragebogen Bei der Anamnese wird nach aktuellen und vergangenen körperlichen Beschwerden gefragt sowie nach bisherigen Behandlungen und nach der Einnahme von Medikamenten. Informationen über körperliche Belastungen, Freizeit, Ernährungsgewohnheiten oder Schlafrythmus, sollen ebenfalls Hinweise auf Ursachen von Auffälligkeiten liefern. Die Familienanamnese ist Teil der Eigen- oder Fremdanamnese. Informationen über die Verwandten eines Patienten können Aufschlüsse über Erbkrankheiten und Anfälligkeiten für bestimmte Erkrankungen bieten. Die biographische Anamnese umfasst darüber hinaus die gesamte Lebensgeschichte des Patienten. Eine sorgfältige Erhebung schließt biologische, psychische und soziale Fragen ein. Die Informationen, die dabei gewonnen werden, erlauben oftmals Rückschlüsse auf kausale Zusammenhänge. Projektive Tests (auch: Persönlichkeits-Entfaltungsverfahren) sind eine Gruppe psychologischer Untersuchungsmethoden, die meist anhand von auslegungsfähigem Bildmaterial (z.B. „3-Baum-Test, Familie in Tieren, o.ä.“) Projektionen des Probanden abrufen, die dann Rückschlüsse über seine Persönlichkeit erlauben. Dahinter steht der Gedanke, dass diese Projektionen von Einstellungen, Motiven und innersten Wünschen des Probanden beeinflusst sind, und daher eine diagnostische Aussage zulassen. Der Vorteil von projektiven Tests liegt unter anderem darin, dass es keine richtigen oder falschen Antworten gibt, der Proband ist also von dem Druck der "sozialen Erwünschtheit" entlastet. Besonders bei der Testung von Kindern bedeutet dies, dass sie dem Anwender etwas mitteilen können, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. In Bezug auf ein mögliches AD(H)S geht es darum andere Ursachen für die Auffälligkeiten auszuschließen, oder 15 auch Comorbiditäten zu erkennen. Auch bei den Fragebogen (Angstfragebogen, Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche) geht es um Ausschlusskriterien. Beim Connersbogen handelt es sich um Fragebogen, die zumeist von den Eltern und vom Lehrer /in ausgefüllt werden. Der Connersbogen dient zur Erfassung der drei Kernsymptome eines AD(H)S. Zudem werden noch zusätzlich oppositionelles Verhalten, psychosomatische Beschwerden, Ängste und Sozialverhalten abgefragt. Der Connersbogen ermöglicht es so die Symptomatik eines möglichen AD(H)S zu erkennen und diese auch graphisch darzustellen. Hierbei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass der Fragebogen lediglich die Auffälligkeiten beschreibt, jedoch nicht die Ursachen darstellt. 5.4. Der OB-Test Neben den standardmäßig, schon seit längerer Zeit durchgeführten o.g. Diagnostikverfahren, dient der QB Test als relativ neues, Computerbasierendes, weitgehend subjektives, zusätzliches Messinstrument. Der QB Test ermöglicht eine qualitative Untersuchung des Aktivitätslevels eines Patienten, seiner Aufmerksamkeitsfähigkeit und Impulsivität. Der QB Test misst damit die Leistung in allen drei Symptombereichen einer Aufmerksamkeitsdefizitund Hyperaktivitätsstörung. Es handelt sich dabei um computergestützte Aufmerksamkeits- und Impulsivitäts-Kontrollaufgabe, die simultan die Aktivität des Patienten aufzeichnet. Wir verstehen den QB Test als einen Teil einer umfangreichen Diagnostik bei Patienten mit AD(H)S Verdacht, er ersetzt nicht die standardisierten Diagnostikverfahren, wie z.B. Intelligenztest, Konzentrationstest, Anamnese und Beurteilungsbogen. Der Qb Test lässt zufällig eine von zwei bestimmten Figuren auf einem Computerbildschirm aufleuchten. Das Kind ist aufgefordert, bei einer bestimmten Figur zu drücken und dies bei der anderen Figur nicht zu tun. Diese standardisierte Aufgabe erfasst sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Impulskontrolle, während ein Bewegungsanalysesystem die Aktivität des Kindes erfasst. Die Daten werden analysiert und ein umfassender Report wird innerhalb von Minuten erstellt. ( Go/NoGo Diskriminationsaufgabe, Zeitraum 15 min, Messung der Daueraufmerksamkeit, zufällige kritische Stimuli (450 Stimuli pro Testdurchlauf, 50% kritische Stimuli), Parameter für Aufmerksamkeit und Impulsivität: Reaktionszeit-/-geschwindigkeit, "richtige" und "falsch-positive" Antworten, Erfassung der motorischen Aktivitätsmuster 50 mal pro sec mittels Infrarotkamera.) Hierdurch können alle drei Kernsymptome einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung erfasst werden und mit Hilfe einer Grafik bildlich dargestellt werden. 16 Zudem kann der QB Test zur medikamentösen- Einstellung und –Kontrolle, sowie Auslassversuchen bei AD(H)S Patienten eingesetzt werden Die Abbildung 5.4.1 zeigt die Grafik eines ausgewerteten Tests eines 12 jährigen Jungen, der in unserer Praxis auf AD(H)S untersucht wurde. U.a. wird dieser Auswertungsbogen auch im Befundgespräch mit den Eltern zur Hilfe genommen, um die verschiedenen Symptome und deren Ausprägung den Eltern zu verdeutlichen. Die obere Grafik beschreibt die motorische Aktivität während der Testdurchführung. Diese ist in vier Zeiteinheiten unterteilt, die es ermöglicht eine evtl. Steigerung der Aktivität während der Testdauer beurteilen zu können. Im Weiteren wird die Distanz in Metern dargestellt, die der Patient mit seinen Körperteilen zurückgelegt hat. In Verbindung mit der u.g. Fläche kann hierdurch unterschieden werden, ob der Patient eher kleinere, oder größere Bewegungen während der Testung gezeigt hat. Die Aufmerksamkeits- und Impulsivitätsmessung unterscheidet neben der allgemeinen Fehlerquote, Impulsfehler und Auslassfehler. Zudem wird die Reaktionszeit gemessen (hier gibt die Höhe der Punkte die Dauer der Reaktion an). Fallbeispiele Der folgende Report zeigt das Ergebnis einen 12 jährigen Jungen, der sowohl durch seine motorische Unruhe, als auch durch seine langsame Reaktionszeit und relativ hohe Fehlerquote auffällt. In diesem Fall sind alle drei Symptombereiche eines ADHS betroffen. Die hohen Werte in der Fläche und Distanz der Bewegungen, sind auf eine hohe motorische Aktivität zurückzuführen. Zudem handelte es sich in diesem Fall um größere Bewegungen, die der Patient während der Untersuchung gemacht hat. Am auffälligste ist jedoch die extrem langsame Reaktionszeit, die während der Testung durchgehend zu beobachten war und deutlich auf eine Konzentrationsstörung hinweist. 17 Junge 12 Jahre Abb. 5.4.1 Qb-Test eines 12 jährigen Jungen 18 Der nächste Report zeigt das Ergebnis eines 10 jährigen Mädchens, welches u.a. durch, von den Eltern beschriebene, Konzentrationsmängel aufgefallen sei. Das Ergebnis der Untersuchung zeigt deutlich, dass bei der Patientin keine motorische Unruhe, eine hohe Fehlerquote, oder eine langsame Reaktionszeit zu beobachten ist. Im weiteren Verlauf der Diagnostik zeigten sich eine intellektuelle Überforderung des Mädchens, sowie eine familiär bedingte Belastung, die für die beschriebenen Symptome verantwortlich waren. Mädchen 10 Jahre Abb. 5.4.2 eines 10 jährigen Mädchens 19 6. Die Behandlung 6.1 Elternberatung und gruppentherapeutische Behandlung Grundsätzlich ist eine multimodale Therapieform erwiesenermaßen die effektivste Form der Behandlung eines AD(H)S. Die multimodale Therapieform beinhaltet zunächst eine ausführliche Elternberatung, in der es gilt häusliche Strukturen und Rituale anzupassen, bzw. aufzubauen. Dazu wird ein Tagesplan mit den Eltern erstellt, um so Automatismen aufzubauen und damit auch Streitpunkte zwischen Eltern und Kindern zu verringern. Die festen Strukturen helfen dem Kind sich nicht immer wieder mit neuen Situationen auseinanderzusetzen, denn jede Neuerung bedeuten mehr Verarbeitungsprozesse im Gehirn. Anhand von Elterntraining werden den Eltern die Besonderheiten im Umgang mit AD(H)S Kindern nahe gebracht. Zudem haben die Eltern hier die Möglichkeit sich auszutauschen und Selbstzweifel besser verarbeiten zu können. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Behandlung ist die Gruppentherapie. Allein im ersten Quartal 2011 haben in unserer Praxis 85 AD(H)S Patienten an einer solchen Gruppentherapie teilgenommen. In vielen kinder- und jugendpsychiatrischen- oder egotherapeutischen Praxen werden Konzentrationtraining, wie z.B. das Marburger Konzentrationstraining, das Opt-Mind Training, o.ä. angeboten. Das Problem bei diesen Trainings ist, dass die Kinder zwar in ihrer Konzentrationsfähigkeit trainiert werden, diese jedoch oft nach einem sehr starren Konzept durchgeführt werden. Raum für die mit dem AD(H)S verbundenen sonstigen Probleme besteht kaum. So zeigt sich in der Praxis, dass gerade das soziale Miteinander, der Austausch von Erfahrungen (Mobbing, fehlende Freundschaften, Streit mit Eltern, etc.) und das Ansprechen von Problemen von großem Wert für die Behandlung von AD(H)S Patienten sind. Viele Kinder haben bereits irgend andere Therapieformen, oder Förderungen erhalten, in denen jedoch kaum auf gruppendynamische Prozesse eingegangen wurde. Aus diesem Grund berücksichtigt unser Training diese Prozesse in hohem Maße und ist neben dem eigentlichen Konzentrationstraining ein ebenso großer Bestandteil der Gruppentherapie. Oft geht es bei den Kindern und Jugendlichen aber auch darum die Motivation zu steigern, denn die Konzentration ist stark von der Motivation abhängig. 20 In Einzelfällen werden auch, je nach Problematik, individuelle Einzeltrainings angeboten. Diese sind häufig computerbasiert und sollen Teilleistungsschwächen in verschiedenen Wahrnehmungsbereichen kompensieren. Trotzdem erscheint eine gruppentherapeutische Behandlung im Bezug auf eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung am effektivsten, da die meisten Probleme dieser Kinder vor allem in Gruppen auftreten. 6.2. medikamentöse Therapie Eine weitere, sehr effektive, aber auch sehr umstrittene Behandlung von AD(H)S ist eine medikamentöse Therapie. Wie schon in Kapitel 2. erwähnt, wird in der Öffentlichkeit das Thema Medikamente in der Behandlung des AD(H)S häufig nur als „gut“, oder „schlecht“ eingestuft. Wann und in welcher Form Medikamente beim AD(H)S Patienten eingesetzt werden sollten, kann nicht pauschal gesagt werden, sondern sollte im Einzelfall mit den Eltern und evtl. auch Kind/Jugendlichen erörtert werden. Die Angst vor möglichen Nebenwirkungen ist bei den Eltern oft groß. Ebenso so groß ist häufig jedoch auch der Druck der Schule, oder des sozialen Umfelds, so dass Eltern vielfach sehr ambivalent einer medikamentösen Therapie gegenüber stehen. Die Erfolge die eine medikamentöse Therapie bei AD(H)S haben kann sind jedoch unumstritten. Der Anteil der AD(H)S Patienten, die in unserer Praxis medikamentös therapiert werden ist im Gegensatz zu anderen Praxen noch relativ gering. So wurden im 2.Quartal 2011 etwa die Hälfte der Patienten mit einer AD(H)S Diagnose u.a. auch medikamentös behandelt. 21 Abb 6.1 Anteil der AD(H)S Patienten mit Methylphenidat Therapie Mit Hilfe des QB-Tests ist es uns möglich relativ schell die Wirksamkeit einer medikamentösen Therapie nachzuweisen. Bisher waren wir nur auf die subjektiven Aussagen von Lehrern, Eltern und Kindern angewiesen, um eine Einstellung auf ein Medikament vorzunehmen. Im weiteren Verlauf zeigen Fallbeispiele die Konzentrationsfähigkeit ohne und mit Methylphenidat Behandlung anhand des QBTests. Bei der nächsten Abbildung (Abb. 6.2) erfolgte eine Untersuchung beim gleichen Patienten, der bereits in Kapitel 5.4 vorgestellt wurde, nach der Einnahme von 10mg Methylphenidat. Hierbei ist zu sehen, dass sich weiterhin im Laufe der vier Zeitquartilen die motorische Unruhe steigert, jedoch sind die Werte deutlich gesunken und als altersadäquat zu bezeichnen. Die Reaktionszeit konnte von einem Q-Wert von >5, auf einen Wert von 2.1 gesenkt werden. Ebenso zeigt der Junge eine weitaus geringere Fehlerquote (vgl. dazu Abb. 5.4.1) 22 Untersuchung mit 10mg Methylphenidat unretardiert nach ca. 30 Minuten Abb. 6.2 Junge 12 Jahre nach der Einnahme von 10mg MPH 23 Ein weiteres Fallbeispiel zeigt das Ergebnis eines 14 jährigen, motorisch stark unruhigen Jungen. Neben der auffallend hohen motorischen Unruhe, fallen auch eine relativ langsame Reaktionszeit, sowie eine hohe Fehlerquote auf. 14 jähriger Junge Ab b. 6.3 Junge 14 Jahre 24 Die nächste Abbildung zeigt das Ergebnis nach der Einnahme von 15mg Methylphenidat. Es ist deutlich eine Verringerung der motorischen Unruhe, sowie eine weitaus geringere Fehlerquote zu beobachten. Ebenso konnte die Reaktionszeit von einem Q-Wert von +1.8 auf einen Wert von -0.4 gesenkt werden. Untersuchung mit 15mg Methylphenidat unretardiert nach ca. 30 Minuten Abb. 6.4 Junge 14 Jahre nach der Einnahme von 15mg MPH 25 Neben dem oben erwähnten Methylphenidat wird noch ein zweiter Wirkstoff in Deutschland häufig zur Behandlung von AD(H)S verordnet. Das Atomoxitin wir in unserer Praxis deutlich weniger und vor allem bei AD(H)S Patienten mit zusätzlicher Tic-Störungen, oder Angststörung eingesetzt. 120 100 80 Methylphenidat Atomoxitin 60 40 20 0 ADS ADHS Abb. 6.5 Vergleich Methylphenidat / Atomoxitin Die Einstellung/Dosierung von Atomoxitin dauert erheblich länger als die bei Methylphenidat und richtet sich nicht nach der Symptomveränderung, sondern hauptsächlich nach dem Gewicht des Patienten. Somit ist eine Einstellung mit Hilfe des QB-Tests nicht möglich. Insgesamt kann der QB-Test jedoch bei einer verantwortungsvollen medikamentösen Einstellung, sowie bei Auslassversuchen sehr hilfreich sein. Trotz der sehr eindeutigen Ergebnisse in den o.g. Fällen kann der Test nicht als alleiniges Diagnostikum eingesetzt werden, da der Test sehr vom Tagesbefinden des Patienten abhängig ist und nicht die oben erwähnten Ausschlusskriterien und Comorbiditäten berücksichtigt. Durch dieses sehr plakative Verfahren besteht entsprechend die Gefahr den Test als so genannten „Schnelltest“ einzusetzen, ähnlich wie schon zuvor bei den Beurteilungsbögen. 26