Exzessive Nutzung von Medien und Mediengewalt Die meisten Jugendlichen sehen fern, wenn sie sich langweilen, sie etwas Spannendes erleben möchten oder sie sich alleine fühlen (vgl. Züge et al. 2008, S. 183). „Exzessives Fernsehen wird im Zusammenhang mit aggressivem Verhalten, dem Konsum von Tabak und Alkohol, der Annahme stereotyper Geschlechterrollen sowie Übergewicht betrachtet“ (Strasburger & Donnerstein zit. nach Züge et al. 2008, S. 183). Faktoren, wie ein hoher sozialer Status der Eltern und klare Nutzungsregeln verringern die exzessive Nutzung sowohl der Kinder als auch der Eltern selbst im Vergleich zu Kindern, deren Eltern einen niedrigen Sozialstatus aufweisen oder die keine Grenze gesetzt bekommen. Weitere Faktoren, die die übermäßige Nutzung von Medien verstärken, sind Angst, Unsicherheit, Einfluss durch die Peergruppe und das Verwenden des Mediums zur Abwehr und Verdrängung von Problemen Wirklichkeitsflucht (vgl. Züge et al. 2008, S. 183). Der Konsum von Medien kann sich sowohl positiv als auch negativ auf den Lern- und Leistungsbereich auswirken. Fernsehen zum Beispiel erhöht den aktiven Wortschatz, bestimmte Videospiele trainieren das strategische und vernetzte Denken oder die räumliche Wahrnehmung. Beim exzessiven Gebrauch von Medien kommt jedoch die Verdrängungstheorie zur Geltung. Hiermit ist gemeint, dass die Zeit die für Medien verwendet wird nicht mehr für andere Aktivitäten wie Lernen zur Verfügung steht. Es wird vermutet, dass dies eine sowohl negative Auswirkung auf den Lernerfolg als auch auf die Lese- und Schreibfertigkeit hat (vgl. Züge et al. 2008, S 188). Definition Mediengewalt und Theorien zum Entstehen aggressiver Verhaltensweisen Mediengewalt ist „[…]die Darstellung zielgerichteter, direkter Schädigung von Menschen durch Menschen bzw. […]“ (Merten zit. nach Züge et al. 2008, S 186) der körperliche Angriff auf Sachen. Aufgrund vieler durchgeführter Studien, könnte festgestellt werden, dass sich Gewalt in Medien aggressionsfördernd auf das Verhalten der Menschen auswirken kann (vgl. Züge et al. 2008, S. 185). Hierzu gibt es nach Züge et al. (2008, S. 186 f) vier verschiedene theoretische Ansätze: Simulationsthese Mediengewalt wird hier als Hinweisreiz gesehen, der aggressives Handeln begünstigt. Ein Gewaltinhalt bewirkt, dass in der Person, mit Aggression verbundene Gedanken oder Gefühle aktiviert werden und die Person dadurch ihre Umgebung kurzzeitig aggressiver wahrnimmt als sonst. Theorie der Erregungsübertragung Das Rezipieren von gewalthaltigen Szenen wirkt vorübergehend physisch erregend und führt bei nachfolgenden Handlungen und Situationen zu einem verstärkten dominanten Verhalten. Dies intensiviert jedoch nicht ausschließlich Aggression, sondern auch, abhängig von der Stimmung der Person, andere Verhaltensweisen [zum Beispiel auch übermäßige Freude]. Soziale Lerntheorie Bei dieser Theorie spielt laut Züge et al. (2008, S. 187) Mediengewalt beim Erwerb neuer Aggressionshandlungen eine bedeutende Rolle. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Gewalt in Medien oft nicht bestraft ja gar belohnt wird und die Personen, die die Aggression im Medium ausführen sehr attraktiv dargestellt werden und sich die Zuseher mit ihnen identifizieren wollen. Theorie der Desensibilisierung Durch ständiges Ansehen von gewalthaltigen Szenen werden die Personen desensibilisiert d.h. je öfter sie Aggression sehen, desto weniger unangenehm und furchteinflößend wird die Gewalt empfunden und desto weniger Mitleid haben sie mit den Opfern. Diese Desensibilisierung wird auch auf Gewalt in der Realität übertragen. Interpretation von Medienerfahrung Eine äquivalente Szene in einem Film wird von Jugendlichen und Kindern sehr unterschiedlich interpretiert, da dies von ihrem kognitiven Entwicklungsstand abhängig ist. Ein Kleinkind zum Beispiel weiß noch nicht, dass die Personen im Film nicht im Fernseher sind. Mit zunehmendem Alter weiß es dies zwar, kann aber noch nicht zwischen Realität und Fiktion unterscheiden. In einer Studie von Van der Voort (1996) konnte festgestellt werden, dass Gewalt abhängig vom Genre des Films sehr unterschiedlich von Kindern wahrgenommen wird. Zum Beispiel sehen Kinder in Zeichentrickfilme kaum Gewalt, obwohl sie hier sehr oft gezeigt wird. Kunczik und Zipfel (1996) glauben, je höher die Realität des Filmes von den Zusehern eingeschätzt wird, desto gewalttätiger werden die Gewaltszenen empfunden (vgl. Hoppe-Graff & Hye-On 2002, S. 910 ff). Mediengewalt kann realitätsnah oder realitätsfern dargestellt werden und dies beeinflusst die Wahrnehmung bei den Zusehern. Kinder und Jugendliche müssen daher zwischen verschiedenen Realitäten unterscheiden. Nach Doelker (1989) gibt es drei Wirklichkeiten (vgl. Hoppe-Graff & Hye-On 2002, S. 913 f): Direktrealität Die Direktrealität definiert die faktische Realität. Sie bildet den Bezugspunkt für die Medienrealität. Medienrealität Die Beschaffenheit der Medienrealität hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen von den spezifischen-physikalisch-technischen Charakteristika des Mediums als auch von den Darbietungsabsichten der „Medienmacher“. Rezipientenrealität Rezipienten nehmen die Medienrealität wahr und interpretieren diese. Durch diese Interpretationen entsteht nun die Rezipientenrealität. Medienkommunikationsmodell der “drei Wirklichkeiten” nach Doelker (übernommen aus Hoppe-Graff & Hye-On 2002, S.914) Dieses Modell von Doelker kann die Komplexität dieses Vorgangs natürlich nicht darstellen, dennoch wird erkennbar, welchen Anforderungen Kinder und Jugendliche dadurch ausgesetzt sind (vgl. Hoppe-Graff & Hye-On 2002, S. 914): Sie müssen den Realitätsstatus von Medienprodukten ermitteln, indem sie zwischen der Direkt- und Medienrealität unterscheiden und die Relation zwischen beiden verstehen (vgl. Hoppe-Graff & Hye-On 2002, S. 914). Das Realitätsverständnis von Kindern und Jugendlichen Das Realitätsverständnis kann in die „Faktizität“ und in den „sozialen Realismus“ untergliedert werden. Die Faktizität stellt die Frage, ob der Zuschauer glaubt, dass die Ereignisse auf dem Bildschirm in der Direktrealität passiert sind. Das korrekte Verständnis von Faktizität ist von der Entwicklung und dem Lebensalter des Individuums abhängig. Sie ist somit von der kognitiven Entwicklung und nicht von der Fernseherfahrung abhängig. Der soziale Realismus behandelt die Frage, inwieweit die Ereignisse im Fernsehen, dem realen Leben ähneln. Der soziale Realismus ist im Gegensatz zur Faktizität nicht von der kognitiven Entwicklung jedoch aber von der Fernseherfahrung abhängig. Kinder, die eine hohe Fernseherfahrung haben, halten Fernsehen für realistischer und denken, dass diese Informationen auch für die Direktrealität nützlich sind (vgl. Hoppe-Graff & Hye-On 2002, S.914 - 915). Handlungsmöglichkeiten für Eltern und Erzieher Grundsätzlich kann der Schutz vor Medieninhalten, welche die Entwicklung der Kinder gefährden durch zwei Bereiche vollzogen werden. Der passive Schutz besteht in der gesetzlichen Verankerung wie der Kennzeichnungspflicht von Filmen und Spielprogrammen sowie dem Kinder- und Jugendschutz (vgl. Züge et al. 2008, S.188). Die FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) hat die Aufgabe der Kennzeichnung von Filmen durch 5 Stufen. Stufe 1 ist jenes Filmmaterial, das ohne Altersbeschränkung freigegeben ist. Stufe 2 ist gekennzeichnet durch eine Freigabe ab sechs Jahren. Stufe 3 erlangt die Freigabe ab zwölf Jahren, Stufe 4 ab 16 Jahren und Stufe 5 erlangt keine Jugendfreigabe von Filmmaterial (vgl. Züge et al. 2008, S. 188f). Diese 5 Stufen sind für Eltern und Erzieher ein Richtmaß zur Orientierung und verhindern den Erwerb solchen Materials von Kindern, die diese Altersbeschränkung noch nicht erfüllen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Stufe 1 keine Gewaltszenen vorweist und für jeden völlig unbedenklich wäre. Speziell deshalb nicht, da jedes Kind individuell auf Medieninhalte reagiert, ist eine Kontrolle von Seiten der Eltern und Erzieher daher trotzdem notwendig (vgl. Züge et al. 2008, S. 188f). Der passive Schutz kann weiters dadurch erlangt werden, dass die Zugänglichkeit zu solchen Programmen für Kinder beschränkt wird. Eine gesetzliche Regelung, gewalthaltiges Filmmaterial nicht vor 22:00 Uhr zu senden, kann diese Beschränkung ermöglichen (vgl. Züge et al. 2008, S. 189). Der passive Schutz kann jedoch nur als Unterstützung für den aktiven Schutz wirken, den vor allem Eltern und Erzieher ausüben sollten. Gerade diese Bezugspersonen können viel für eine positive Medienerziehung von Kindern und Jugendlichen beitragen. Im Folgenden werden 3 Regeln aufgezeigt, die Eltern beim aktiven Schutz unterstützen können (vgl. Züge et al. 2008, S. 189): Regel 1 empfiehlt, den Kindern eine positive Medienumgebung zu vermitteln. Diese kann dadurch erreicht werden, dass z.B. der Fernseher nicht als Babysitterersatz, als Strafe oder Belohnung oder als Hintergrundgeräusch eingesetzt wird. Auch ein eigener Fernseher im Zimmer des Kindes wäre für diese Regel nicht empfehlenswert. Regel 2 empfiehlt, Kinder und Jugendliche zu einem aktiven und kritischen Medienkonsum zu fördern. Dies kann erreicht werden, indem sich Eltern und Erzieher mit den Kindern Filme und Spiele gemeinsam ansehen und spielen. Die Auseinandersetzung der Eltern mit den Kindern von Gewaltszenen und Handlungen der Charaktere ist von hoher Bedeutung. Weiters sollte in Bezug auf diese Regel, das wöchentliche Fernsehprogramm gemeinsam ausgewählt werden, um so den bewussten und sinnvollen Umgang der Medien bei den Kindern zu fördern. Regel 3 empfiehlt den Medienkonsum zeitlich zu begrenzen und auch medienfreie Tage festzulegen. Der Medienkonsum sollte dabei pro Tag nicht mehr als 1 bis 2 Stunden ausmachen. Besonders zu beachten ist bei dieser Regel Vorbildwirkung der Eltern und Erzieher. Die Bundeszentrale für politische Bildung in Deutschland gibt Eltern auf Grund der Ergebnisse von Forschungen folgende knappen Hinweise zum Medienkonsum von Grundschulkindern: Filmgewalt wirkt immer in einem Kontext. Aggressive Medieninhalte führen nicht zu aggressivem Verhalten, sondern sie wirken vorrangig in einem Bündel von Faktoren (z.B. Umgang mit Gewalt in der Familie, Kindergarten oder Schule). Gewalthaltige Szenen wirken nicht unbedingt, wenn sie besonders brutal, blutig oder gewalttätig sind, sondern wenn sie einen individuellen Sinn durch ihre Nähe zu den Erfahrungen der Rezipienten bekommen. Die differenzierte Wahrnehmung von Gewaltszenen ist stark beeinflusst durch das Alter und Geschlecht der Kinder sowie ihr soziales Umfeld. Die Fähigkeit, verschiedene Formen der Gewaltdarstellung (Nachrichten, Reality-TV, Spielfilm, Trickfilm usw.) zu erkennen, zu differenzieren und zu bewerten, nimmt mit Alter und Schulbildung zu. Gewalthandlungen werden dann als solche erkannt und (negativ) bewertet, wenn die Folgen für das Opfer sichtbar sind, d.h. wenn das Opfer leidet, blutet, regungslos daliegt oder in ein Krankenhaus muss. Jungen und Mädchen nehmen Gewalt im Fernsehen unterschiedlich wahr. Jungen sehen als Gewalt vorwiegend körperliche Verletzungen mit drastischen Folgen an, Mädchen hingegen stufen schon Prügeleien als Gewalt ein. Action- und Zeichentrickgewalt wird als weniger ''schlimm'' angesehen, wenn sich die dargestellte Gewalt im Sinne des guten Medienhelden rechtfertigen lässt und wenn die Folgen der Gewalthandlungen nicht sichtbar sind. Quelle: http://www.bpb.de/lernen/unterrichten/medienpaedagogik/71044/gewalt (1202-11) … http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/MEDIEN/Medien-Entwicklung-Heranwachsende.shtml