Prüfungsschema des Herausgabeanspruchs nach § 985 mit klausurtypischen Problemen1 Diese Übersicht soll als Lernhilfe für die Vorbereitung auf die Zwischenprüfung dienen, indem sie eine Möglichkeit des strukturierten und schematischen Lernens von juristischen Inhalten aufzeigt. Es handelt sich nicht um ein vollständiges Skript. Vielmehr wird empfohlen, das vorliegende Schema mit zusätzlichen Lerninhalten zu ergänzen. Beachten Sie, dass die angesprochenen Probleme je nach dem konkreten Klausursachverhalt ausführlicher oder auch knapper behandelt werden müssen. Das (erweiterte) Anspruchsschema des § 985 BGB A. Anspruchsteller = Eigentümer I. Ursprüngliche Eigentumslage II. Veränderung der Eigentumslage? B. Anspruchsgegner = Besitzer C. Kein Recht zum Besitz des Anspruchsgegners § 986 D. Kein Zurückbehaltungsrecht 1 Vgl. Bassenge, in: Palandt, §§ 929 – 935; 985, 986; Weber, Sachenrecht I Bewegliche Sachen, 2. Auflage 2010, S. 106 f. 1 Einige klausurtypische Probleme im Zusammenhang mit § 985 BGB A. Anspruchsteller = Eigentümer I. Ursprüngliche Eigentumslage Ausgangsfrage: Wer war ursprünglich Eigentümer? II. Veränderung der Eigentumslage? 1. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb: z.B. Übereignungen nach § 929 S. 1, (ggf. § 930/§931) BGB? Historische Prüfung der im Sachverhalt vorkommenden Übereignungen a) Einigung Dinglicher Vertrag (§§ 145, 147) Beachte: Auch antizipiert möglich Regeln aus Allgemeinem Teil gelten auch hier z.B. Stellvertretung, §§ 164 Bei den Nichtigkeits- & Anfechtungsgründen ist entscheidend, ob das Wirksamkeitshindernis sich neben dem schuldrechtlichen Verhältnis gerade auch im Rahmen der Verfügung auswirkt oder auf diese „durchschlägt“ (Fehleridentität) (+): z.B.: § 138 Abs. 2 BGB, § 123 Abs. 1 BGB (-): i.d.R. z.B. § 138 Abs. 1, § 119 Abs. 1 BGB 2 b) Übergabe gem. § 929 S. 1, Entbehrlichkeit der Übergabe gem. § 929 S. 2 oder Übergabesurrogat gem. § 930/§931 BGB Vss. der Übergabe Erlangung irgendeiner Besitzposition durch Erwerber… …auf Veranlassung des Veräußerers Vollständige Besitzaufgabe durch den Veräußerer Vss. einer Entbehrlichkeit der Übergabe, § 929 S. 2 BGB Unmittelbarer Besitz oder nicht durch den Veräußerer vermittelter mittelbarer Besitz des Erwerbers bereits im Zeitpunkt der Einigung = Änderung der Willensrichtung des Erwerbers vom Fremdbesitzer zum Eigenbesitzer Bsp.: Erwerber hat eine Sache zunächst gemietet und möchte nun das Eigentum erwerben Vss. des Übergabesurrogats § 930 BGB Besitzmittlungsverhältnis (=Besitzkonstitut) zwischen Erwerber und Veräußerer, § 868 BGB Konkrete vertragliche Abrede, die ein Besitzrecht auf Zeit gewährt (auch nichtige Verträge!) Potentieller Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers aus dieser Abrede Fremdbesitzerwille d. unmittelbaren Besitzers Beachte: Auch antizipiert möglich Vss. des Übergabesurrogats § 931 BGB Besitz eines Dritten Abtretbarer Herausgabeanspruch Aus Vertrag (z.B. § 604 Abs. 1 BGB) oder Gesetz (z.B. § 861 I BGB) NIE § 985 BGB Abtretung gem. § 398 BGB 3 c) Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe Nur in problematischen Fällen ausführlich zu behandeln (eher selten) Kurze Erwähnung der Vollständigkeit halber reicht in der Klausur i.d.R. aus d) Berechtigung Berechtigt sind: Eigentümer Vom Eigentümer zur Verfügung Berechtigte (§ 185 Abs. 1 BGB) e) (Ggf.: Verfügungsbefugnis) Nur anzusprechen, wenn Verfügungsverbote ersichtlich sind (z.B. § 80 Abs. 1 InsO) Nicht zu verwechseln mit dem Prüfungspunkt der „Berechtigung“ f) Gutgläubiger Erwerb § 932, (ggf. § 933/934) BGB Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts Guter Glaube (Vermutung des. § 932 Abs. 2 BGB) Kein Abhandenkommen § 935 Ggf.: Besondere Voraussetzungen des § 933 BGB (bei Übereignung nach § 929 S. 1, 930 BGB): Übergabe vom Veräußerer an Erwerber Ggf.: Besondere Voraussetzungen des § 934 BGB (bei Übereignung nach § 929 S. 1, 931 BGB): Differenziere zwischen § 934 Alt. 1 (Veräußerer ist mittelbarer Besitzer): Erwerber wird schon Eigentümer, wenn der Veräußerer seinen Herausgabeanspruch aus dem BMV abtritt (§ 931 BGB) § 934 Alt. 2 (Veräußerer ist nicht mittelbarer Besitzer): Übergabe vom Dritten an Erwerber g) Ggf. Nachträgliche Wirksamkeit der Verfügung gem. § 185 Abs. 2 BGB Vor allem dann anzusprechen, wenn ein gutgläubiger Erwerb scheitert III. Gesetzlicher Eigentumserwerb Z.B.: § 946 ff. … 4 B. Anspruchsgegner = Besitzer Unmittelbarer oder mittelbarer Besitz Fremd- oder Eigenbesitz Art der Besitzerlangung unerheblich C. Kein Recht zum Besitz des Anspruchsgegners § 986 Besteht ein wirksames Besitzrecht des Anspruchsgegners, ist der Anspruch aus § 985 nicht entstanden (§ 986 = rechtshindernde Einwendung) RzB gem. § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (=originäres RzB) folgt z.B. aus schuldrechtlichem Vertrag (Kauf, Leihe, Miete etc.) dinglichen Rechten (z.B. Anwartschaftsrecht aus Eigentumsvorbehalt, Pfandrecht aus §§ 562, 647 oder 1204 ff. BGB, berechtigte GoA) Sonstigen Rechten (z.B. § 80 InsO) KEIN RzB (h.L.): Zurückbehaltungsrechte (z.B. §§ 273, 972, 1000 BGB), a.A.: BGH Beachte auch: § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (= abgeleitetes Besitzrecht auf Grund befugter Besitzüberlassung), § 986 Abs. 1 S. 2 BGB (= abgeleitetes Besitzrecht auf Grund unbefugter Besitzüberlassung) § 986 Abs. 2 BGB (= obligatorisches Besitzrecht ggü. dem Voreigentümer) D. Kein Zurückbehaltungsrecht Z.B. § 1000 BGB (nach h.L. kein Recht zum Besitz, a.A.: BGH) Argument der h.L.: § 986 BGB = rechtshindernde Einrede, d.h. hindert Entstehung des Anspruchs Zurückbehaltungsrechte = rechtshemmende Einwendungen (=Einreden), d.h. hindert die Durchsetzbarkeit des Anspruches und führt nur zur Verurteilung zur Herausgabe Zug-um-Zug (§ 274 BGB) 5