Georg Kraus Als sich der Begriff Projektmanagement in den 60er Jahren in Deutschland verbreitete, verstand 5 man darunter reine Werkzeuge zur Projektplanung- und Steuerung. Projektmanagement wurde gleichgesetzt mit „Netzplantechnik“. In den 70er und insbesondere in den 80er Jahren reifte jedoch die Erkenntnis, 10 dass zur erfolgreichen Abwicklung eines Projektes mehr gehört als operative Werkzeuge. Projektmanagement wurde, wie der Name es schon sagt, zu einem „Managementsystem“. Wie jedes Managementsystem beinhaltet auch Projektma15 nagement: Planungsinstrumente Steuerungsinstrumente Führungsmethoden und Organisationsmodelle 20 Die verschiedenen Instrumente des Projektmanagements sind so ausgelegt, dass Projekte ganzheitlich bearbeitet werden können. Sie lassen sich somit nur bedingt auf Anwendungen in der Linie übertragen. Der sinnvolle Anwen25 dungsbereich von Projektmanagement liegt also nicht in Routineaufgaben, sondern im „Managen von Projekten“. Projektstart Viele Fehler passieren durch eine mangelhafte 30 Projektinitiierung. Folgende Checkliste kann helfen an die wichtigsten Aspekte zum Projektstart zu denken: 1. Handelt es sich bei dem Vorhaben um ein Projekt? 35 2. Ist das Projekt von Ihrem Auftraggeber schriftlich genehmigt? 3. Hat der Kunde einen schriftlichen Auftrag erteilt? 4. Ist die Budgetplanung für das Projekt er40 stellt? 5. Ist das Projekt im SAP schon mit einer Kostenstelle angelegt? 6. Ist der Projektleiter schon festgelegt? 7. Steht das Team schon fest? 45 8. Ist eine Kick-Off Veranstaltung schon durchgeführt? 9. Sind die Linienvorgesetzten über das Projekt informiert? 10. Haben Sie geklärt, wie Sie das Projektumfeld 50 informieren? 11. Liegt ein Projektstrukturplan vor? 12. Liegt ein Meilensteinplan vor? 13. Ist eine IMV-Matrix mit Ressourcenbelastung gemacht? Projektarbeit 2010/2011 14. Ist das Projekt in die Projektliste aufgenommen? 15. Ist der Rhythmus der Teamsitzungen mit dem Team geklärt? 16. Ist die Dokumentationsstruktur geklärt und 60 kommuniziert? 17. Ist die Häufigkeit des Reportings an Ihren Projektausschuss vereinbart? 18. Haben Sie die Urlaubsplanung Ihrer Teammitglieder abgestimmt? 65 19. Haben Sie Ihr Team über das Änderungsmanagement aufgeklärt? 20. Haben Sie mit Ihrem Team die Kommunikationstools (e-mail, etc.) abgestimmt? 21. Haben Sie Spielregeln der Zusammenarbeit 70 im Team vereinbart? 55 Was ist Projektmanagement? Projektauftrag Die wichtigsten Punkte, die bei einem Projektauftrag zu klären sind: 1. Projektname 75 2. Beschreibung der Ausgangssituation 3. Ziele (Inhaltliche Beschreibung, Messgrößen, Priorisierung) 4. Nutzen 5. Kosten 80 6. Voraussichtliche Rentabilität 7. Risiken 8. Meilensteinplan 9. Projektleiter/Projektteam 10. Rahmenbedingungen 85 Was gehört nicht zum Projekt? (Abgrenzung) Schnittstellen zu anderen Projekten, Systemen, Abteilungen Vorschriften, gesetzliche Rahmenbedin90 gungen, die das Projekt einschränken Projektorganisation Zuallererst muss allen am Projekt beteiligten Personen klar sein, dass ein Projekt eine Aufgabe ist, die durch die Natur der Sache die Beteili95 gung verschiedenster Funktionsbereiche erforderlich macht. Hier liegt auch die Problematik. Der Projektleiter hat somit Mitarbeiter, die in der Regel fachlich und disziplinarisch einen Fachvorgesetzten 100 haben. Dieser Fachvorgesetzte kann unter Umständen andere Ziele verfolgen als die des Projekts. Wer hat nun das Sagen? Dies ist eines der wesentlichen Aspekte, die durch die Projektorganisation geregelt werden soll. Prinzipiell gibt 105 es 3 Möglichkeiten: Task-Force-Projektmanagement: In diesem Fall ist der Projektleiter der neue Vorgesetzte der Projektmanagement Seite 1 von 3 Projektbeteiligten. Die Mitarbeiter sind somit zeitlich befristet aus ihrem Tagesgeschäft her110 ausgelöst und können sich mit dem Projektleiter voll und ganz dem Projekt widmen. Koordinations-Projektmanagement: Hier bleiben die Mitarbeiter in ihren derzeitigen Funktionen. Der Projektleiter ist eine Art Bittsteller, der 115 die Aufgabenumfänge jedes Mal mit den Vorgesetzten der Projektmitarbeiter aushandeln muss. Matrix-Projektmanagement: Hier hat der Projektmitarbeiter 2 Chefs. Sowohl der Linienvorgesetzte als auch der Projektleiter beanspruchen 120 eine gewisse Weisungsbefugnis gegenüber dem Mitarbeiter. Hier ist es sehr wichtig genau zu beschreiben, wer welche Befugnisse hat. Projektplanung: Tools und Methoden Wie komme ich aus der Wolke? Projekte sind 125 neuartige und komplexe Aufgaben. Charakteristisch für Projektarbeit ist daher eine Vorgehensweise die wie folgt bezeichnet werden kann: „Von der Unbestimmtheit einer Idee zu konkreten Projektzielen und Projektlösungsansätzen.“ 130 Gerade am Anfang eines Projektes stehen Projektleiter und Team oft vor einem Chaos von Ideen und Lösungsansätzen. Entscheidend zu diesem Zeitpunkt ist, dass dem Projektleiter und dem Team, durch [begleitende Beratung] […] 135 Methoden an die Hand gegeben werden, mit deren Hilfe Sie Klarheit über die zu erledigende Aufgabe gewinnen können. Ein solcher methodischer Leitfaden macht die Projektarbeit kommunizierbar, nachvollziehbar, korrigierbar und 140 dokumentierbar. Kommunizierbarkeit und Dokumentierbarkeit verlangen sowohl eine strukturierte Planung als auch eine strukturierte Durchführung. Diese Strukturierung betrifft einerseits den organisatori145 schen Ablauf und andererseits die problemlösenden Denkprozesse, die für eine inhaltlichinnovative Projektplanung notwendig sind. 150 Projektsteuerung Jeder der schon mal ein Haus gebaut hat, weiß was alles schief gehen kann. Viele Fehler werden Projektarbeit 2010/2011 erst auf der Baustelle erkannt. Wenn man nicht regelmäßig auf der Baustelle ist, erhöht sich die Gefahr, dass Fehler in der Ausführung nicht 155 erkannt werden. Ebenso verhält es sich in Projekten. Projektleiter haben die Aufgabe ständig auf der „Projektbaustelle“ zu sein. Viele Projektleiter denken, dass es ausreicht den Plan zu verfolgen und abzufragen und vergessen, dass 160 die primäre Aufgabe darin liegt „vor Ort“ sich einen Eindruck über den Fortschritt zu verschaffen. „Management by walking around“ ist eine vorrangige Devise für Projektleiter. Im Rahmen der Projektsteuerung hat der Projekt165 leiter 7 Kernaspekte im Auge zu behalten. Diese sind im folgenden Abschnitt als sogenannte Kernfragen aufgelistet. Der Projektleiter muss auf diese Fragen eine Antwort parat haben. 1. Wie verteilen Sie Aufgaben im Projekt? 170 Welche Formalismen wenden Sie an (mündlich, Schriftlich)? An Kunden oder Lieferanten? An Teammitglieder? 2. Wie dokumentieren Sie Änderungen? 175 Kostenänderungen Änderung der Ziele/ Ergebnisänderungen 3. Rückmeldesysteme. Wie erfassen Sie den Stand des Projektes, welche Instrumente 180 wenden Sie an? 4. Kommunikation. 5. Krisenmanagement. Wie gehen Sie mit kurzfristigen Änderungen im Projekt um? (z.B. Krankheit, verändertes Umfeld, Unvor185 hergesehenes...) 6. Dokumentation. Was dokumentieren Sie? Wo legen Sie Ihre Dokumentation ab? Wie lange bewahren Sie Ihre Projektunterlagen auf? 190 7. Berichtswesen. Wer muss wann über den Projektfortschritt informiert werden Die „Softfacts in der Projektarbeit" Projektarbeit findet immer in Organisationen und ihrem Umfeld statt. In diesen Organisationen und 195 ihrem Umfeld leben und arbeiten Menschen. Die geleistete Arbeit, insbesondere die Projektarbeit, ist nur so gut, wie diese Menschen es verstehen zu kommunizieren und wie sie schlechthin in der Lage sind, zusammenzuwirken, ihre Fähigkeiten 200 sich zu ergänzen. Die Technikgläubigen, die Langezeit der Meinung waren, Nachlässigkeiten auf diesem Gebiet mit Hilfe der Technik, insbesondere der Datenverarbeitung ausgleichen zu können, wurden durch eigene Erfahrung eines 205 besseren belehrt. Ziel einer jeden Organisation sollte es deshalb sein, eine Kultur zu entwickeln, Projektmanagement Seite 2 von 3 in der das Individuum Mensch Entfaltungsmöglichkeiten hat und seine Potentiale und Ressourcen für eine gestellte Aufgabe einbringen kann, 210 darf und will. Der Zeitraum für die Entwicklung von Verhaltensweisen für das Leben in Organisationen ist in der Regel kurz. Rational sehen wir die Notwendigkeit, in einer Organisation zu leben, zwar ein, 215 emotional wird unser Handeln und Verhalten aber weitgehend von den Erfahrungen der ersten Entwicklungsphase in Kleingruppen bestimmt. Es ist in jedem Fall zu beobachten, dass wir in Kleingruppenformationen über eine stärker 220 ausgeprägte Orientierungs- und Entscheidungssicherheit verfügen. Diese Veranlagung von Menschen spricht dafür, dass Menschen in teambzw. gruppenorientierter Projektarbeit zu Leistungen fähig sind, die ihnen in einer konservati225 ven Linienorganisation niemand zugetraut hätte. Quelle: Kraus, Georg (2003): Was ist Projektmanagement? Hier bezogen über: http://www.kraus-und-partner.de/44/Wasist-Projektmanagement? (03.12.2010; 19:35 Uhr) 230 Aufgabenstellung Erinnern Sie sich: Sie haben sich in der letzten Doppelstunde mit einer Projektidee „Stühle und Rücken“ auseinandergesetzt. Erstellen Sie anhand dieses Themas ein Projektmanagementsystem, in dem Sie 1. mit eigenen Worten zusammenfassen, was Sie gehört haben (Was erscheint Ihnen neu, was bekannt, was ungewöhnlich …?); 2. den Text „Was ist Projektmanagement“ von Georg Kraus gründlich lesen und beschrei240 ben, was für das Management eines Projektes im Wirtschaftsektor wichtig ist; 3. aufbauend auf Ihren Ergebnissen aus (1) und (2) einen Projektplan zum Thema „Stühle und Rücken“ erstellen, mit dessen Hilfe sich 245 Ihr Projekt managen lässt. 235 Wenn Sie Schwierigkeiten bei der Lösung der Aufgabenstellung haben, halten Sie diese möglichst genau im Protokoll fest. Projektarbeit 2010/2011 Projektmanagement Seite 3 von 3