Gutachten "Qualitätssicherung an Hochschulen: von der Akkreditierung zur Auditierung" Die Sicherung der Qualität in Lehre und Forschung an deutschen Hochschulen ist verknüpft mit Verbindlichkeit, gemeinsamen Standards und vergleichbaren Verfahren als Ausdruck professioneller Verantwortung. Damit dies gewährleistet ist, wurde in Deutschland das Akkreditierungswesen etabliert, an dem sich zehn Jahre nach seiner Einführung gehäuft Kritik entzündet, sei es hinsichtlich des hohen zeitlichen und finanziellen Aufwands für die Hochschulen und der ungünstigen motivationalen Folgen für das wissenschaftliche Personal, sei es aufgrund eines problematischen Qualitätsverständnisses des deutschen Akkreditierungssystems und seiner Inkompatibilität mit internationalen Qualitätssicherungsusancen. In seinem aktuellen Gutachten geht der Aktionsrat Bildung unter anderem der Frage der Effizienz des deutschen Akkreditierungssystems als Qualitätssicherungsmaßnahme nach und unterbreitet einen Prozessvorschlag, der die Weiterentwicklung des bestehenden Systems in ein institutionelles Qualitätsauditsystem vorsieht. Er skizziert die Prinzipien und Leitlinien für das neue Modell und zeigt die notwendigen Maßnahmen für eine erfolgreiche Umsetzung auf. Vor diesem Hintergrund stellte der Aktionsrat Bildung am 16.04.2013 im hbw Ι Haus der Bayerischen Wirtschaft in München im Rahmen der Veranstaltung „Deutschland hat Zukunft“ sein aktuelles Gutachten „Qualitätssicherung an Hochschulen: von der Akkreditierung zur Auditierung“ der breiten Öffentlichkeit vor. Die Veranstaltung, die auch im Internet via live streaming verfolgt werden konnte, wurde durch Alfred Gaffal, den Präsidenten der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., eröffnet. Herr Gaffal stellte in seiner Rede „Vorsprung durch Bildung“ die Bedeutung einer verlässlichen Qualitätssicherung an Hochschulen für die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. heraus, nicht zuletzt aufgrund des stetig steigenden Fachkräftebedarfs, insbesondere auch im akademischen Bereich. Für die vbw hielt Alfred Gaffal fest, dass ein zukünftiges Qualitätssicherungssystem unbürokratisch, effizient und prozessorientiert sein müsse, um Akzeptanz bei den Hochschulen zu finden. Er begrüßte den Vorschlag des Aktionsrats Bildung, ein Auditierungssystem zur Qualitätssicherung an Hochschulen einzuführen, da es mehr Eigenverantwortung und weniger Bürokratie schaffe, mehr Motivation der Lehrenden freisetze und ein hohes Maß an Qualität sichere. Alfred Gaffal betonte, dass Auditierung zu einer standardisierten Qualitätssicherung führe, was aus Sicht der Unternehmen ein wesentlicher Baustein für Produktqualität und internationale Wettbewerbsfähigkeit sei. Im Anschluss führte Prof. Dr. Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg und Vorsitzender des Aktionsrats Bildung, mit seinem Vortrag „Formen der Qualitätssicherung: zum aktuellen Diskussionsstand“ in das Thema ein. Angesichts der vielfältigen Kritik am aktuellen Akkreditierungssystem seit dessen Einführung vor zehn Jahren bewertete Herr Prof. Dr. Lenzen die Einführung der Systemakkreditierung durch den Akkreditierungsrat vor allem unter dem Gesichtspunkt der Reduktion von Zeit- und Kostenaufwand als einen Schritt in die richtige Richtung. Er wies jedoch darauf hin, dass die konkreten Ausformungen nach wie vor von Kontroll- und Genehmigungsgedanken charakterisiert seien, was eine Transformation der gegenwärtigen Akkreditierungspraxis in ein Verfahren institutionenbezogenen Auditierens erforderlich mache. In dem Vortrag „Qualitätssicherung an Hochschulen: von der Akkreditierung zur Auditierung“ stellte Prof. Dr. Hans-Dieter Daniel, Leiter der Evaluationsstelle der Universität Zürich und Mitglied des Aktionsrats Bildung, die zentralen Inhalte des Gutachtens vor. Seinen Ausführungen zur geschichtlichen Entwicklung des Akkreditierungssystems im deutschen Hochschulwesen folgte eine Leistungsbilanz, die Programmakkreditierung wie auch Systemakkreditierung einschloss. Die anschließend erörterten Kritikpunkte am deutschen Akkreditierungssystem umfassten inhaltliche, juristische und motivationspsychologische Aspekte. Nach einem Exkurs in das US-amerikanische und europäische Akkreditierungswesen präsentierte Prof. Dr. Daniel schließlich das institutionelle Qualitätsaudit als eine Weiterentwicklungsalternative, die der Aktionsrat Bildung für dringend geboten hält. Zu der Kette von Maßnahmen, die für diesen Transformationsprozess nötig sind, zählte er beispielsweise die Novellierung der (unter-)gesetzlichen Bestimmungen, die Auflösung der „Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland“ und des Akkreditierungsrats sowie die Weiterentwicklung der Akkreditierungsagenturen zu Auditierungsagenturen. Prof. Dr. Reinhold R. Grimm, Vorsitzender des Akkreditierungsrats, setzte sich in seinem Vortrag „Hochschulautonomie und Qualitätssicherung“ mit den Gesichtspunkten der Studiengangsakkreditierung hin zu Formen institutioneller Akkreditierung auseinander. Prof. Dr. Grimm stimmte mit einem Großteil der von Prof. Dr. Daniel formulierten Kritik aus dem Gutachten überein, betonte jedoch auch die Leistungen des Akkreditierungssystems in den letzten zehn Jahren wie zum Beispiel der Etablierung des Peer Reviews. Er betonte für die Zukunft die Einleitung einer zweiten Phase, in der die Entwicklung von Studienqualität die Leitfunktion sein sollte, der Prüfauftrag im kollegialen Sinn wahrgenommen werden und ein produktiver Austausch zwischen Hochschulen und Akkreditierungsagenturen angestrebt werden sollten. Prof. Dr. Grimm verstand die Systemakkreditierung als ein Erfolgsmodell, das es weiterzuführen gelte hin zur institutionellen Qualitätsentwicklung. Abschließend wies er darauf hin, dass das Verhältnis von Akkreditierung und Beratung neu zu justieren sei. Als weiterer Gastredner referierte Prof. Dr. Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), über die Entwicklung der Akkreditierung in Deutschland. Er eröffnete seinen Vortrag mit den Worten „Bildung erzeugt keine Kosten. In Bildung muss investiert werden.“ Als Leitbild der HRK für ein zukunftsweisendes Akkreditierungssystem skizzierte er das institutionelle Qualitätsaudit verbunden mit der Forderung, dass die Hochschulen die Verantwortung für die Qualität von Lehre und Studium selbst wahrnehmen, um im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Dies impliziere, dass die Verantwortung für ein wissenschaftsgeleitetes und staatsfernes Verfahren der kontinuierlichen Qualitätsentwicklung dort zu verankern sei, wo sie wahrgenommen werden muss, nämlich in den Hochschulen bzw. in den Fakultäten und Fachbereichen. Die Veranstaltung rundete eine Podiumsdiskussion ab, die von Thomas Kerstan (DIE ZEIT, Ressortleiter Chancen) moderiert wurde. Die Gesprächsrunde formierte sich aus den beiden Gastrednern Prof. Dr. Grimm und Prof. Dr. Hippler, der Sprecherin der Landes-Asten-Konferenz Bayern, Franziska Traube, sowie Prof. Dr. Daniel als Vertreter des Aktionsrats Bildung sowie Dr. Christof Prechtl, Geschäftsführer und Leiter der Abteilung Bildung der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Gemeinsam wurden kritische Fragen zum Stand und zur Entwicklung des Akkreditierungswesens in Deutschland diskutiert und ein Ausblick auf die Weiterentwicklung des Systems in ein institutionelles Qualitätsaudit gegeben.