04-2014_wissenplus-NEWS_Pol.Bil_Produktpiraterie_Beitrag

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Politische Bildung
04/2014
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Produktpiraterie
1. Zum Thema
Die Nachahmung von Markenwaren ist zu einem einträglichen Geschäftszweig
geworden. Der österreichische Zoll hat im Jahr 2013 1894 Sendungen mit
nachgeahmten Markenwaren gefunden. Diese haben 98440 Artikel mit einem
Wert von € 5.671.731,– enthalten. Darauf hat auch der Gesetzgeber reagiert und
entsprechende Regelungen beschlossen.
2. Beispiele
Robert Greiter ist im Sommer in einem asiatischen Land auf Urlaub. Dort werden
Armbanduhren berühmter Marken zu einem sehr geringen Preis angeboten. Da
er diesem Angebot nicht widerstehen kann, kauft er eine Uhr und nimmt sie in
seinem persönlichen Reisegepäck mit nach Österreich.
Renate Wirtner möchte eine neue Tasche kaufen. Sie sucht nach entsprechenden
Angeboten im Internet und findet eine Tasche einer bekannten Marke, die ihr gut
gefällt. Da auch der Preis außerordentlich niedrig ist, bestellt sie die Tasche.
Diese wird ihr per Post zugesandt.
3. Welcher Zweck wird mit einer Marke verfolgt?
Um eine Marke zu entwickeln und bekannt zu machen, wenden Unternehmen in
der Regel viel Zeit und Geld auf. Durch eine Marke kann das Unternehmen:
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die eigenen Produkte und Dienstleistungen von denjenigen anderer
Unternehmen unterscheiden,
den Kunden eine bestimmte Qualität signalisieren, wodurch sie bereit sind,
einen höheren Preis für die Ware zu bezahlen,
Vorstellungen über den Nutzen des Produktes beim Kunden aufbauen,
die Kunden an sein Produkt binden und sie zum wiederholten Kauf anregen,
Vorstellungen über das Unternehmen kommunizieren,
für andere Produkte des Unternehmens das gute Image durch Verwendung
der Marke bzw. Abwandlungen davon nutzen.
Könnte jedes Unternehmen seine Produkte mit einer Marke, die ein anderes
Unternehmen entwickelt hat, kennzeichnen, würden die Kosten und Mühen
abgewälzt. Der „Trittbrettfahrer“ würde die Bekanntheit und den Aufwand eines
anderen unentgeltlich nutzen. Daher wurden Gesetze geschaffen, die dies
verhindern sollen:
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national das Markenschutzgesetz,
auf EU-Ebene die Verordnung (EG) Nr. 40/94 über die
Gemeinschaftsmarke,
international das Madrider Markenabkommen.
© MANZ Verlag Schulbuch
Autor: MR Ing. Mag. Wolfgang Höglinger
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Dies gilt auch für andere Immaterialgüterrechte, wie Muster-, Patent-,
Gebrauchsmuster- oder Halbleiterschutzgesetz. Auch für die Schaffung derartiger
Werke musste eine Person oder ein Unternehmen Mühe, Zeit und Geld
aufwenden, weshalb die Nutzung in erster Linie demjenigen zugutekommen soll,
der den Aufwand auf sich genommen hat.
4. Rechtsvorschriften zum Schutz von Importen nachgeahmter Waren
Doch Rechtsvorschriften sind nur dann effektiv, wenn sie auch durchgesetzt
werden können. Ein Unternehmen in Asien, Afrika oder in der Karibik zu klagen,
hat nur geringe Aussicht auf Erfolg. Durch das im Rahmen der WTO
ausgehandelte „Abkommen über handelsrelevante Aspekte der Rechte des
geistigen Eigentums einschließlich des Handels mit nachgeahmten
Waren“ (TRIPS-Abkommen) wurden die Zollverwaltungen verpflichtet, gegen
Produktpiraterie vorzugehen. Die anzuwendende Rechtsgrundlage bildet die „EUProduktpiraterie-Verordnung 2014“ (Verordnung (EU) Nr. 608/2013).
Ergänzende innerstaatliche Vorschriften enthält das Produktpirateriegesetz,
BGBl. I Nr. 56/2004.
Als Produktpiraterie bzw. Produktfälschung wird das Nachahmen oder Fälschen
von Produkten unter Verletzung fremder Immaterialgüterrechte bezeichnet, d.h.
die unberechtigte Nutzung fremder Marken-, Muster-, Patent- oder sonstiger
gewerblicher Schutzrechte.
Werden Waren aus einem Drittstaat in die EU verbracht, sind sie dem Zoll zu
stellen. Stoßen die Zollbehörden dabei auf nachgeahmte Waren, haben sie diese
aus dem Verkehr zu ziehen.
Derjenige, für den ein derartiges Schutzrecht registriert ist, kann beim Zoll einen
Antrag auf Tätigwerden stellen. Dieser Antrag hat dem Zoll Informationen zu
liefern, wie er gefälschte Waren leicht erkennen kann, und hat Grundlagen für
eine Risikoanalyse und -bewertung, wie Angabe von autorisierten Händlern, zu
enthalten. Aber auch ohne einen derartigen Antrag haben die Zollbehörden tätig
zu werden, wenn sie gefälschte Waren auffinden.
Finden die Zollbehörden Waren, von denen anzunehmen ist, dass sie
nachgeahmt sind, hat der Zoll den Empfänger der Sendung und denjenigen,
dessen Immaterialgüterrecht verletzt wurde, davon zu verständigen. Der
Empfänger kann der Vernichtung der Waren zustimmen und das Zollverfahren ist
beendet. Stimmt der Empfänger der Vernichtung nicht zu, kann derjenige, der
das Recht registrieren hat lassen, ein gerichtliches Verfahren einleiten lassen.
Stellt das Gericht eine Verletzung eines Immaterialgüterrechts fest, entstehen für
den Empfänger zumeist hohe Kosten.
Reist eine Person, die in Österreich wohnt, aus einem Drittstaat nach Österreich,
dürfen Waren für den persönlichen Bedarf bis zu einem Wert von € 300,– bzw.
bei Flugreisen bis zu einem Wert von € 430,– mitgebracht werden, ohne dass
dafür Zoll oder andere Abgaben zu bezahlen sind. Diese Waren müssen beim
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Grenzübertritt nicht deklariert werden und sind auch von den
Produktpirateriebestimmungen ausgenommen.
Derjenige, für den das Markenrecht registriert ist, kann – unabhängig von den
oben dargestellten Regelungen über die Produktpiraterie – nach anderen
Rechtsvorschriften, wie z.B. Markenschutzgesetz, Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb, gegen die Produktpiraten bzw. den Importeur vorgehen.
5. Auflösung der Beispiele
Für die Eingangsbeispiele bedeutet dies:
Falls Robert Greiter die Uhr im persönlichen Reisegepäck mitbringt und der Wert
€ 430,– nicht übersteigt und falls er mit dem Flugzeug reist, darf die Uhr nicht
vom Zoll beschlagnahmt und die Vernichtung angedroht werden.
Waren, die per Post oder durch andere Paketdienste in die EU gesendet werden,
sind jedenfalls dem Zoll zu stellen. Aufgrund der Papiere prüft der Zoll die Ware
und falls er feststellt, dass die Tasche ein Markenrecht verletzt hat, wird Renate
Wirtner aufgefordert, einer Vernichtung zuzustimmen. Stimmt sie nicht zu, kann
der Markeninhaber gerichtlich die Verletzung des Markenrechts feststellen lassen.
War für Renate Wirtner z.B. aufgrund des Preises leicht erkennbar, dass es sich
um eine nachgeahmte Ware handelt, kann der Rechteinhaber Schadenersatz
verlangen. Die unerlaubte Einfuhr kann auch eine Verwaltungsstrafe nach sich
ziehen.
6. Hinweise für den Unterricht
Die Produktpirateriebestimmungen können im Zusammenhang mit den
Immaterialgüterrechten, aber auch mit dem Online-Handel besprochen werden.
7. Schulbuchbezug
Demokratie leben
SB-Nr: 135638
ISBN: 978-3-7068-4243-3
Manz Verlag Schulbuch, 2012
Neuauflage erscheint zu Schuljahresbeginn 2014/15
Mitgestalten!
SB-Nr.: 145399
ISBN: 978-3-7068-3715-6
Manz Verlag Schulbuch, 2010
Neuauflage erscheint zu Schuljahresbeginn 2014/15
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Volkswirtschaft und Recht HAS 3
Schulversuch Praxis Handelsschule
SB-Nr.: 165865
ISBN: 978-3-7068-4524-3
Manz Verlag Schulbuch, 2013
Wirtschaft und Recht 1
SB-Nr.: 2826
ISBN: 978-3-7068-4462-8
Manz Verlag Schulbuch, 2013
Recht für Techniker
SB-Nr.: 160774
ISBN: 978-3-7068-4351-5
Manz Verlag Schulbuch, 2013
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