Erschließung des Potenzials der Meeresenergie

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ENVE-VI/004
3. Sitzung der Fachkommission am 4. Mai 2015
ARBEITSDOKUMENT
Fachkommission für Umwelt, Klimawandel und Energie
Erschließung des Potenzials der Meeresenergie
(Initiativstellungnahme)
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Berichterstatter: Rhodri Glyn Thomas (UK/EA)
Mitglied der walisischen Nationalversammlung für Carmarthen East und Dinefwr
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Dieses Dokument wird in der Sitzung der Fachkommission für Umwelt, Klimawandel und Energie
am 4. Mai 2015 von 11.00 bis 18.00 Uhr erörtert.
COR-2015-01693-00-00-DT-TRA (EN) 1/6
— Rue Belliard/Belliardstraat 101 — 1040 Bruxelles/Brussel — BELGIQUE/BELGIË —
Tel. +32 22822211 — Fax +32 22822325 — Internet: http://www.cor.europa.eu
DE
Referenzdokument
Initiativstellungnahme
COR-2015-01693-00-00-DT-TRA (EN) 2/6
1.
Einführung
Die Meeresenergie bietet ein beträchtliches Potenzial zur Lösung dringender Probleme in Verbindung
mit Energiesicherheit und Energieversorgung. Zudem kann sie ebenso einen Beitrag zur
Verwirklichung der vereinbarten Vorgaben für Klimaschutz und erneuerbare Energien leisten wie zur
Diversifizierung der künftigen Produktpalette in den Bereichen Energiemix und erneuerbare Energien,
zum Wirtschaftswachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Meeresenergie ist einer der
fünf strategischen Schwerpunktbereiche der EU-Strategie "Blaues Wachstum".
Für die Küstenregionen, zu denen auch viele der entlegensten und ärmsten Regionen der EU gehören,
wird es im Zuge der Entwicklung der Branche wichtig sein, dieses Potenzial zu nutzen und
sicherzustellen, dass ein Teil der wirtschaftlichen Vorteile auch den Menschen vor Ort zugutekommt.
Die Atlantikküste bietet das größte Potenzial für die Verbreitung der Meeresenergie, lokales Potenzial
gibt es daneben auch im Ostsee- und im Mittelmeerraum sowie in den Regionen in äußerster
Randlage. Werden diese neuen Energiequellen wirksam an nationale Stromnetze – und mit
Fortschreiten der Energieunion auch an ein immer stärker integriertes europäisches
Stromverbundnetz – angeschlossen werden, sollten die Vorteile der EU insgesamt zugutekommen.
Der Ausbau dieser Lieferkette sollte einen wesentlichen Anschub für die Konjunkturerholung geben.
Zugleich könnte die Meeresenergiebranche durch Nutzung von Synergien mit anderen Branchen zur
lokalen Wirtschaftsentwicklung beitragen1.
Die wichtigsten Formen der Meeresenergie sind: Gezeitenhub, Meeresströmung, Wellen,
Meereswärme und Salzkonzentrationsgefälle. Die vielfältigen Meeresenergietechnologien befinden
sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien, wobei Gezeiten- und Wellenenergie bereits nahezu
marktreif sind.
Der Europäische Fahrplan für die Meeresenergie 2010-2050 enthält Schätzungen, wonach in der EU
bis 2050 bis zu einer halben Million Arbeitsplätze und bis 2020 26 000 direkte Arbeitsplätze
geschaffen werden könnten. 2050 könnten demnach durch Meeresenergie 15% des Energiebedarfs der
EU gedeckt (schätzungsweise 188 GW) und somit 66 Millionen Haushalte mit Strom versorgt
werden2. Die Umstellung auf Meeresenergie könnte mit einer deutlichen Verringerung der
CO2-Emissionen um 2,61 Millionen Tonnen bis 2020 und 136,3 Millionen Tonnen bis 2050
einhergehen. Die Investitionen in Meeresenergie würden auf 8,5 Mrd. EUR im Jahr 2020 und auf
451 Mrd. EUR im Jahr 2050 steigen. Laut Ocean Energy Europe hat die Privatwirtschaft in den
vergangenen sieben Jahren 700 Mio. EUR investiert.
1
2
2014 JRC Ocean Energy Status Report.
Ocean Energy Europe.
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In der gesamten EU wurde bereits eine Reihe von Vorhaben im Bereich Meeresenergie umgesetzt,
weitere vielversprechende neue Projekte sind geplant. Hier nur einige Beispiele:
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Vereinigtes Königreich: sechs Gezeitenlagunenkraftwerke im Bau (vier davon in Wales)
geschätzte Energieerzeugung: 30 TWh jährlich; 2,65 Mrd. Bruttowertschöpfung. Am weitesten
fortgeschritten ist die Gezeitenlagune in der Bucht von Swansea (Tidal Lagoon Swansea Bay).
Vereinigtes Königreich (Schottland): Gezeitenkraftwerk-Projekt MeyGen in der Pentland FirthMeerenge Inner Sound of the Pentland Firth: Phase 1a – 6 MW.
Frankreich (Bretagne): Usine marémotrice de La Rance, weltweit erstes Gezeitenkraftwerk mit
einer Leistung von 240 MW und einer Jahresproduktion von 600 GWh
Vereinigtes Königreich (Shetland-Inseln, Schottland): erstes kommunal betriebenes Netz, das
Energie aus einem turbinenbetriebenen Gezeitenkraftwerk bezieht
Spanien: bimep, Meeresenergieplattform im Golf von Biskaya, Armintza-Lemoiz; Kapazität:
20 MW
Portugal: WindFloat, Aguçadoura; Kapazität: 2 MW
Irland: Wellenenergie-Pilotprojekt in der Bucht von Galway; Kapazität: 5 MW
Dänemark: Verankerungen für große Wellenenergiewandler 2014-2017
Darüber hinaus ist eine Reihe von Forschungsprojekten und Initiativen im Gange, wie etwa das 2011
ins Leben gerufene gemeinsame Programm für Meeresenergie des europäischen
Energieforschungsbündnis EERA und das Projekt OCEANERA-NET. Im Rahmen des im April 2014
eingerichteten Forums Meeresenergie kommen zentrale Interessenträger zusammen, um einen
strategischen Fahrplan zur beschleunigten Entwicklung von Meeresenergietechnologien zu erstellen
und eine europäische Industrieinitiative anzustoßen.
Acht Mitgliedstaaten (Vereinigtes Königreich, Irland, Frankreich, Portugal, Spanien, Finnland, Italien
und die Niederlande) haben die Meeresenergie in ihre nationalen Aktionspläne für erneuerbare
Energie aufgenommen, mehrere davon haben spezifische Strategien für Meeresenergie aufgelegt
(z.B. Portugal).
Trotz der klaren Zielsetzung des Fahrplans für die Meeresenergie hat die Branche mit einigen
Problemen und Hindernissen zu kämpfen, die überwunden werden müssen, bevor dieses Potenzial
genutzt werden kann. Um dies richtig einordnen zu können: die Meeresenergie macht nach wie vor
nur einen sehr kleinen Teil der erneuerbaren Energie aus. So belaufen sich die Investitionen in der EU
auf 0,4 Mrd. USD im Vergleich zu den weltweiten Investitionen in Höhe von 270 Mrd. USD in
erneuerbare Energien insgesamt3.
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http://www.fs-unep-centre.org.
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Die Entwicklung wird hauptsächlich durch die folgenden vier Faktoren beeinträchtigt4:

Technische Risiken: Ungewissheiten bezüglich der Überlebensfähigkeit und Zuverlässigkeit
sowie des Kostensenkungspotenzials, insbesondere bei Offshore-Anlagen in schwierigen
Bedingungen. In dem Bericht der gemeinsamen Forschungsstelle wird dieser Aspekt kurz- bis
mittelfristig als das größte Problem gesehen.

Finanzielle Risiken: unzureichende anfängliche Kapitalinvestitionen in die technologische
Entwicklung und die Demonstration von Pilotanlagen; dieses Problem wird weiter verstärkt
durch die mangelnde Klarheit in Bezug auf die langfristige finanzielle Unterstützung.

Ökologische/administrative Hindernisse: das Fehlen von Daten für eine wirksame Abschätzung
der Folgen für die Meeresumwelt ist ein Problem für die Behörden, die für die Erteilung von
Genehmigungen zuständig sind. Unterschiedliche Verantwortlichkeiten/Zuständigkeiten der
verschiedenen Regierungsebenen im Hinblick auf Genehmigung, Zulassung, Planung usw.
erfordern ein Multi-Level-Governance-Konzept, um gangbare Lösungen zu finden. Das
Vereinigte Königreich und Schottland haben einen vielgelobten pragmatischen Lösungsansatz
gefunden. Um die Möglichkeiten der Meeresenergie nachhaltig ausschöpfen zu können, müssen
Umweltprobleme erkannt und angegangen werden.

Netzrisiko: Standort- und Vernetzungsprobleme Aufgrund der Randlage bzw. der
Abgelegenheit vieler Gebiete mit großem Potenzial sind massive Investitionen in den
Netzverbund erforderlich, damit die erzeugte Energie auch in die Netze eingespeist werden
kann.
Diskussionsthemen:
Übergreifende Probleme
Wie können die vier genannten Hindernisse, insbesondere die besonders dringlichen technischen und
finanziellen Probleme, am wirksamsten beseitigt werden? Die Rolle des Forums Meeresenergie und
die Gewährleistung der Mitwirkung des AdR und der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften
in diesem Forum.
Fragen im Zusammenhang mit der Finanzierung
Wie können private Mittel mobilisiert werden: die Rolle der öffentlich-privaten Partnerschaften,
Junckers Investitionsoffensive, EIB?
Potenzial für Synergien zwischen den Finanzierungen seitens der EU, der Mitgliedstaaten und der
Gebietskörperschaften.
4
Siehe 2014 JRC Ocean Energy Status Report und SI Ocean Report (Intelligent Energy Europe project), veröffentlicht im
Juni 2014.
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Wie lassen sich Meeresenergie und Meereswirtschaft in Strategien für eine intelligente
Spezialisierung, operationelle Programme und Programme für territoriale Zusammenarbeit
integrieren?
Wie kann Meeresenergie durch das Programms NER 400 gefördert werden?
Forschung und Innovation
Es stellt sich die Frage, ob mit Horizont 2020 schnell genug die richtigen Ergebnisse erzielt werden
können.
Grad der Koordinierung zwischen nationalen Forschungsprogrammen und EU-Ebene.
Governance/administrative Probleme
Wie lässt sich ein Multi-Level-Governance-Ansatz zur Förderung der Meeresenergie gewährleisten?
Die Rolle der nationalen und der nachgeordneten Regierungsebene sowie der regionalen
Entwicklungsagenturen bei der Schaffung eines günstigen Investitions- und Forschungsumfelds sowie
von Industrieclustern.
Kommunikation
Rückhalt in der Bevölkerung: es muss deutlich gemacht werden, welches Energiepotenzial die
Meeresenergie birgt, und es müssen Vergleichsdaten mit anderen Energieformen bereitgestellt
werden.
Die eindeutige territoriale Dimension der Meeresenergie – Küstenregionen, Regionen in Randlage –
und damit zusammenhängend auch weiter gefasste Fragen der Anbindung – sowohl der
Netzanbindung als auch der Verkehrsanbindung – müssen thematisiert werden.
Risiken/Chancen insgesamt
Die EU ist im Bereich Meeresenergietechnologie marktführend. So sind die meisten
Technologieentwicklungs-Unternehmen in Europa angesiedelt, und die Anzahl der
Patentanmeldungen in der EU, insbesondere im Vereinigten Königreich und in Frankreich, ist
bemerkenswert. Allerdings nimmt das Interesse in anderen Ländern weltweit zu, etwa in China, den
USA und Australien. Sie könnten die EU überholen, sollte diese nicht in der Lage sein, erhebliche
Mittel in das Potenzial dieser außergewöhnlichen Energiequelle zu investieren, die langfristig
unbegrenzt saubere Energie sicherstellen könnte.
Die Investitionen Chinas in erneuerbare Energien sind in den letzten zehn Jahren beträchtlich
gestiegen – bietet sich damit der EU ein möglicher Zugang zu chinesischen Finanzmitteln oder ist dies
eine Gefahr für künftige Rechte an geistigem Eigentum, wenn die EU nicht selbst in die Entwicklung
dieser neuen Technologien investiert?
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