Liebe Leser, sehr geehrte Damen und Herren, liebend gerne würde

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Liebe Leser, sehr geehrte Damen und Herren,
liebend gerne würde ich Ihren Brief – wie ich dies mit Zuschriften immer mache – persönlich
beantworten. Die Menge der Post, die ich nach der Markus Lanz Sendung erhalten habe,
macht dies jedoch unmöglich, deshalb bitte ich Sie nachfolgenden Standard-Brief trotzdem
als persönliche Antwort zu akzeptieren.
„Einen Gauner muss man auch Gauner nennen dürfen.“ Selbst – oder erst recht – wenn er
100 Mal ein Top-Manager im eigenen Unternehmen war.
Was habe ich vor 3 Jahren im März 2009 in einem internen E-Mail an meine 450 Kolleginnen
und Kollegen der Firma Liqui Moly geschrieben? „Herr x, Chef und Verkaufsleiter in unserem
Hause mit Personal- und Umsatzverantwortung habe ich fristlos entlassen. Der Kerl hat
gleich tagelang nichts gearbeitet, seine Tagesberichte verfasst, wie die Märchenerzähler
Gebrüder Grimm, Spesenberichte gefälscht, Spesenbetrug begangen, keine Kunden
besucht; Geschäftsreisen vorgetäuscht, die nie stattgefunden haben; den ganzen Tag nur
spaßige Dinge gemacht, spazieren gefahren, Billard gespielt, aber nichts gearbeitet. Das
waren eindeutig kriminelle Handlungen, nebenbei eine schamlose Gemeinheit und ein
skrupelloser Betrug an uns allen!!!“ Stimmt Wort für Wort! Alles, was ich geschrieben habe,
entspricht der Wahrheit. Jetzt werde ich – aufgrund dieser damaligen Entscheidungen und
meiner E-Mails, die wohlgemerkt intern ausschließlich an die Mitglieder der Liqui Moly Firma
gerichtet waren – an den Pranger gestellt. Wer mich jetzt aber ausschließlich wegen meiner
Formulierungen wie z.B. „jämmerlicher Spesenbetrüger“ angreift und dabei die
schwerwiegenden Verfehlungen dieser ehemaligen Top-Manager unseres Hauses in den
Jahren 2006 und 2009 außer Acht lässt, macht dadurch die Täter zum Opfer und aus den
Opfern – sprich aus den Mitarbeitern der Firma und mir – Täter. Führungskräfte haben nicht
nur Umsatz- und Personalverantwortung für die Firma, sondern darüber hinaus eine noch
viel größere Verantwortung für die Sicherheit aller Arbeitsplätze, an denen in den meisten
Fällen auch Familien dranhängen. Beide Herren haben ganz bewusst die Gefährdung dieser
Arbeitsplätze in Kauf genommen, eindeutig kriminelle Handlungen wie Urkundenfälschung
und Spesenbetrug begangen, die nicht nur zur fristlosen Kündigung gereicht hätten, sondern
mir sogar noch die Möglichkeit gegeben hätten, eine Zivilklage wegen Betrugs bei Gericht
einzureichen. „Der Fisch fängt am Kopf zu stinken an.“ – Das soll heißen: In den
Führungsetagen der Firmen. Ich kenne keinen Fall in der deutschen Wirtschaftsgeschichte,
in dem am Niedergang einer Firma die Arbeiter oder Angestellten schuld sind. Es sind immer
die Chefs, egal ob Unternehmer selbst oder deren Manager, durch deren Fehler oder deren
Fehlverhalten eine Firma kaputt geht. Die leidvollen Konsequenzen daraus trägt jedoch in
allen Fällen die Belegschaft, die die Suppe auslöffeln muss, die andere ihr eingebrockt
haben.
Warum habe ich vor 3 Jahren diese E-Mail an meine Kolleginnen und Kollegen geschickt?
Dem Betriebsrat muss ich ordnungsgemäß im Rahmen der Anhörung zur Kündigung
sowieso alle Fakten vortragen. Wir haben 16 Betriebsräte in unserer Firma. Ich meine die
anderen Mitunternehmer haben genau das gleiche Recht auf dieselben Informationen. Noch
dazu, wenn Sie teilweise diesen Chefs auch noch direkt unterstellt waren. Nach den
Hintergründen einer spektakulären und fristlosen Entlassung wird ohnehin gefragt.
Ansonsten informiere ich zweimal monatlich meine Kolleginnen und Kollegen über alles was
im Unternehmen von Bedeutung ist, inklusive Umsatz- und Ertragsentwicklung. Für uns ist
eine offene Kommunikation in jeder Richtung wichtig! Ich hoffe es ist nicht nur Sturheit,
Unbelehrbarkeit oder gar aufkeimender Altersstarrsinn, aber ich kann in meiner damaligen
Entscheidung und in meiner internen Informationspolitik – auch nach STERN und Markus
Lanz – immer noch keinen Fehler entdecken. Es geht um die Firma, um die Sicherheit der
Arbeitsplätze – mittlerweile sind wir sogar fast 600 – und nicht darum, einzelnen
Führungskräften ein schlaues Leben mit sechsstelligem Gehalt und Dienstfahrzeug zu
ermöglichen oder gar noch die Hand über solche Menschen schützend zu halten, die durch
ihr skrupelloses Verhalten und ihre teilweise kriminellen Handlungen auch noch die Firma
und die Existenz von Arbeitsplätzen aufs Spiel setzen. Ich habe keine Kassiererin entlassen,
die ein altes Brötchen im Wert von 25 Cent mitgenommen hat. Ich bin mir sicher: Wenn die
Machenschaften dieser beiden ehemaligen Top-Manager nicht von mir, sondern von intensiv
recherchierenden Enthüllungsjournalisten aufgedeckt worden wären, hätten Sie deren
unseliges Tun genauso verurteilt und wären mit den beiden Männern genauso hart ins
Gericht gegangen. Auch zu Recht! Wenn ich das Gleiche jedoch im eigenen Laden als
Gesamtverantwortlicher mache, die Geschichte nicht unter den Teppich kehre und meine
eigenen Leute darüber informiere, wird mir die selbstgeschnitzte Moral-Keule des
investigativen Journalismus über den Schädel gezogen. „Meine Leute“ sind meine
Weggefährten, meine Mitunternehmer, meine Kolleginnen und Kollegen. Wir sitzen alle im
selben Boot. Diese Menschen haben ein Recht darauf zu erfahren, was in unserem Laden
los ist – im Guten wie im Schlechten. Ich bin kein Militarist, aber diese zwei hochrangigen
Manager, sowie alle anderen Führungskräfte, haben die gleiche Verantwortung für Firma
und Arbeitsplätze wie Offiziere für ihre Soldaten. Es stimmt schon, an Führungskräfte lege
ich noch höhere Maßstäbe an wie an „normale“ Arbeiter und Angestellte. Dafür sind sie auch
Führungskräfte, dafür verdienen sie mehr. All diejenigen, die jetzt so selbstherrlichselbstgefällig über mich herfallen, die Situation nicht insgesamt beurteilen, sondern mich von
ihrem persönlichen Standpunkt aus gnadenlos verurteilen, dürfen nie vergessen, dass es in
einer Firma nicht um Einzelinteressen geht, sondern um das Gemeinwohl aller. Ich möchte
wissen, ob diejenigen, die mich jetzt kritisieren – meistens wegen meiner Wortwahl in meiner
E-Mail – auch noch so charmant lächeln würden und keine anderen Probleme hätten, wenn
Sie von einem leitenden Angestellten nach Strich und Faden betrogen und besch**** worden
wären. Ich glaube im Zusammenhang mit firmenschädigendem Betrug und der Gefahr für
Arbeitsplätze ist es nicht mehr ganz so wesentlich, ob ich vor das Wort „Spesenbetrüger“
noch das Adjektiv „jämmerlich“ oder nicht setze. Aber die Menschen, Zuschauer und Leser
sind ja nicht dumm und durchaus in der Lage sich ein Bild über den gesamten Sachverhalt
zu machen. Aus den Zuschriften erkenne ich, dass einige dabei sind, die selbst Opfer von
Firmenpleiten wurden, weil die Chefs Mist gebaut haben oder der „Ober-Chef“ nicht
rechtzeitig mit aller Konsequenz die Missstände beseitigt hat!
Während ich vor 3 Jahren die Hintergründe über die Entlassung dieser beiden Manager nur
im internen Firmen-Familienkreis weitergeleitet habe, sind durch STERN und Lanz die
Verfehlungen der beiden nun einem Millionen-Publikum zugänglich und sogar vorgelesen
worden. Mir aber wirft man Indiskretion, Diskriminierung und falsche Wortwahl vor… Auf alle
Fälle gibt es jetzt definitiv keine TV-Spots und auch keine Anzeigen mehr mit mir als
„Hauptdarsteller“. Die 7,7 Millionen Euro, die wir letztes Jahr dafür ausgegeben haben,
sparen wir uns lieber. Unabhängig davon habe ich auch entschieden mich von Talk-Shows
fernzuhalten. Ich muss mir das nicht noch einmal geben auf der Anklagebank zu sitzen, weil
irgendjemand meint mich in die Pfanne hauen zu müssen. Ich gebe zu, es war auch nicht
sehr angenehm zu wissen, dass der STERN über Monate in meinem Umfeld recherchiert.
Man hat mir dies ja auch gesagt. An Verfolgungswahn möchte ich nun wirklich nicht mehr
leiden müssen. Mir ist schon klar, dass ich mit meinen Überzeugungen anecke, mir nicht nur
Freunde mache und etlichen durch meine schonungslose Offenheit in Sachen Politik,
Finanzwelt und Wirtschaftsfehlentwicklungen auf die Zehen getreten bin. Aber ich bleibe
dabei: Erfolg ist das Ergebnis von Liebe, Anstand und Respekt! Die Liebe zum Menschen,
zur Arbeit und zum Detail. Manchmal aber muss man hart durchgreifen, da diese Liebe keine
Einbahnstraße ist. Und wenn jemand diese Liebe und diese Firma und die Gemeinschaft von
600 Mitunternehmern, so wie es diese ehemaligen Chefs getan haben, mit Füßen tritt, muss
auch konsequent durchgegriffen werden.
Ja, ich ziehe mich aus der Öffentlichkeit zurück, um mich selbst und auch die Firma zu
schützen! Auf bayrisch-schwäbisch sage ich: „Des hält ja koi Sau aus.“ Ich bin kein Politiker,
der Stimmen braucht, ich arbeite nicht im Show-Geschäft, ich bin nur ein Unternehmer, der
seine Sache anständig machen will. Wenn ich jetzt erlebe, dass alles, was ich tue und sage
dazu führt, dass sich Enthüllungsjournalisten aufmachen um etwas Schlechtes an mir und
meiner Arbeit aufzudecken weil ich mit irgendwelchen Aussagen ihr Jagdfieber angeheizt
habe, lasse ich das Ganze lieber bleiben. Stand heute weiß ich nicht, wer sonst noch alles
recherchiert, ermittelt und wen ich auf meine Spur gelenkt habe, weil ich gegen
Finanzterroristen wettere, gegen geldgeile Abzocker in den Chefetagen, für höhere
Spitzensteuersätze, eine Finanztransaktionssteuer, genauso wie für eine Vermögenssteuer
eintrete und Politiker geißle, weil sie nichts anderes machen können außer Schulden. Mir ist
schon klar, wenn jemand das Maul so voll nimmt, wie ich, läuft er Gefahr ein paar auf die
Fresse zu bekommen. Ich habe das Ganze (inklusive den Rummel um meine Person) auch
gewaltig unterschätzt. Deshalb ist es auch eine persönliche Entscheidung, mich als
Werbefigur aus der Medienöffentlichkeit zurückzuziehen. Bei Markus Lanz war mein letzter
öffentlicher Auftritt und so soll es auch bleiben!
Wissen Sie, ich weiß selbst, dass ich Fehler mache - mehr denn je - weil ich auch immer
mehr mache, sprich arbeite. Aber es ist schon erstaunlich, wie sich manche Zeitgenossen
wie die Geier aufs Aas stürzen um den Enthüllten/Angeklagten zu filetieren oder noch besser
zu zerfleischen. Auch ich habe ein Recht zu leben, ohne dass mich jeder, der gerade
möchte, angreifen darf. Im Grunde bin ich ein echtes Weichei, empfindlich und sensibel und
auch leicht zu treffen. So ist jede bösartige Äußerung, jede Beleidigung, jeder Angriff eine
Kugel, die sitzt. Ich ärgere mich immer noch über mich selbst, dass ich nach wie vor so
weich und sensibel reagiere, wenn mir ein Unbekannter aus dem Internet-Dickicht, am
liebsten anonym, mit der verbalen Keule "eine drüber zieht". Da wünschte ich mir ab und zu
etwas mehr Teflon-Beschichtung, damit dieser ganze Schund und Schmutz an mir abprallt
anstatt in mir zu fressen. "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das
Böse mit dem Guten." - Diesen Spruch führe ich in meinem Geldbeutel mit mir. Manchmal
gar nicht so einfach ihn zu beherzigen!
Liqui Moly ist eine wunderbare Firma mit wunderbaren Menschen. Wir sind erfolgreich,
gesund und stabil. Wir wurden Marktführer Motorenöle in Deutschland und strengen und jetzt
an in einer großartigen Vision Weltmarktführer zu werden. Wir wachsen seit Jahren mit
Umsatz und Ertrag. Schaffen immer wieder neue Arbeitsplätze und sind vor allem im Export
mit Liqui Moly Ölen „made in Germany“ höchst erfolgreich. Das macht Spaß! Das macht
Sinn! Und dafür werde ich auch weiter arbeiten, kämpfen und lieben!
Ich danke Ihnen sehr sehr herzlich für Ihre Zuschrift. Ihre Zeilen haben mir Kraft und
Zuversicht gegeben. Ich habe mir erlaubt auf unserer Homepage die schönsten und
aussagekräftigsten Zuschriften, darunter auch Ihre – selbstverständlich anonymisiert – zu
veröffentlichen. Vielleicht fällt dem einen oder anderen Leser aus der Medienwelt ja auf, wie
die Menschen in unserem Lande so denken und „ticken“.
Beste Grüße
Ernst Prost
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