2012: Aussichten für die Weltwirtschaft Von Keith Wade

Werbung
Nur für professionelle Investoren
Schroders
Ausblick
Dezember 2011
2012: Aussichten für die Weltwirtschaft
Von Keith Wade, Chefvolkswirt und -stratege, und
Azad Zangana, Volkswirt für Europa
Das weltweite Wachstum sollte sich 2012
bedingt durch die Krise in der Eurozone
weiter verlangsamen.
Zum Jahreswechsel 2011/12 steht die Eurozone kurz vor einer schweren
Rezession. Ihr droht ein BIP-Rückgang von zwei Prozent, dessen Folgen in ganz
Europa - einschließlich Großbritannien - und in geringerem Maße auch in anderen
Teilen der Welt zu spüren sein dürften.
Ein Inflationsrückgang und eine Stärke
des Unternehmenssektors könnten die
Konjunktur in 2012 jedoch ankurbeln.
Die Lehren aus dem Jahr 2011
Europa ist auf dem Weg in eine
schwere Rezession abzugleiten, die das
Wachstum in anderen Teilen der Welt
belasten wird.
Die Politik sollte ihre Bemühungen um
eine Lösung der Krise verstärken:
entweder indem eine funktionsfähige
EFSF geschaffen wird oder man sich
Hilfe von außen holt. Gegenüber einem
Auseinanderbrechen der Eurozone ist die
quantitative Lockerung wahrscheinlich
das kleinere Übel.
Für Anleger sehen wir Chancen bei
amerikanischen Hochzinsanleihen und
selektiv auch an den Aktienmärkten - hier
ist ein Stockpicking-Ansatz jedoch ein
Muss.
Die Nachwirkungen der Finanzkrise von 2008 sind auf den weltweiten
Finanzmärkten noch immer zu spüren: Die Kreditnachfrage ist gesunken und die
Privathaushalte versuchen weiter, ihre Schulden abzubauen. In einem solchen
Umfeld haben Erschütterungen wie das Erdbeben in Japan oder die deutliche
Verteuerung der Energie- und Lebensmittelpreise außergewöhnlich schwere
Folgen. Sie bremsen das Wachstum und drängen die Wirtschaft an den Abgrund
einer Rezession.
Vor der Finanzkrise konnten die Zentralbanken noch auf negative Schocks reagieren. Sie stabilisierten die Wirtschaft, indem sie die Zinsen senkten und damit
die Kreditaufnahme und die Ausgaben ankurbelten. Heute ist der geldpolitische
Spielraum der Notenbanken jedoch stark eingeschränkt. Ohne diese stabilisierende Kraft ist das Wachstum anfälliger für Erschütterungen. Mittlerweile kommt
den Rohstoffmärkten - und den Regierungen - eine viel wichtigere Rolle zu als in
der Vergangenheit. Es hat eine Machtverschiebung von den Zentralbanken hin zur
Politik stattgefunden. So beeinflussen haushaltspolitische und aufsichtsrechtliche
Maßnahmen die Märkte heute stärker denn je - was nicht unbedingt positiv ist.
Den Politikern, insbesondere den europäischen Entscheidungsträgern, fällt es
aufgrund ihrer unterschiedlichen Ideen und Hintergründe sehr schwer, sich auf
eine tragfähige Lösung für die Krise in der Eurozone zu verständigen. Es
herrschen zunehmende Spannungen zwischen den schwächeren Randstaaten,
die keine strikteren Sparmaßnahmen wollen, und den stärkeren Volkswirtschaften
wie Deutschland, Österreich und den Niederlanden, die zur Kasse gebeten
werden, wenn die angeschlagenen Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen nicht
mehr nachkommen können re I
Globale Wachstumsaussichten
Zum Jahresauftakt sollten zwei Faktoren das Wachstum stützen: erstens der bereits einsetzende Rückgang der Inflation, der die Realeinkommen der Privathaushalte stützen und damit für steigende Verbraucherausgaben sorgen wird.
Zweitens könnte die Stärke der Unternehmen die Konjunktur ankurbeln: Viele
Unternehmen haben ihre Liquiditätsbestände aufgestockt, ihre Gewinne gesteigert
und freie Cashflows erwirtschaftet, die mit drei Prozent des BIP einen Rekordstand
markieren. nvestments für Ihre Zukunft
Schroders 2012: Aussichten für die Weltwirtschaft
„Es hat eine Machtverschiebung von den Zentralbanken hin zur Politik
stattgefunden. So beeinflussen haushaltspolitische und
aufsichtsrechtliche Maßnahmen die Märkte heute
stärker denn je - was nicht
unbedingt positiv ist."
„Wir sehen bereits die ersten
Anzeichen einer Kreditkrise
in der Eurozone, die sich
auch im Jahr 2012
fortsetzen wird. Einige große
Banken aus dem Euroraum
können sich nicht
ausreichend Mittel an den
Kapitalmärkten beschaffen
und sind in erheblichem
Maße auf die Liquidität der
angewiesen."
Zudem haben sie ihre Investitionen, wenn auch vorsichtig, erhöht. Ein
Investitionsanstieg von 17 Prozent im dritten Quartal 2011 ist ein Trend, der sich
unserer Ansicht nach fortsetzen wird. Sollte die Anzahl neuer Stellen zunehmen,
wofür es bereits erste Hinweise gibt, dürfte dies das Wachstum weiter fördern.
Die Wachstumserholung, die sich in den USA abzeichnet, sehen wir als vorübergehend an. Wir gehen davon aus, dass sich die Lage in der Eurozone
verschlechtert und den Welthandel im Jahr 2012 belasten wird. Zudem halten wir
es für unwahrscheinlich, dass der US-Kongress einer deutlichen Verlängerung
der diesjährigen Konjunkturanreize zustimmt. Wir gehen davon aus, dass die
US-Notenbank Fed daher im Frühjahr 2012 eine dritte quantitative
Lockerungsrunde starten wird.
Hauptrisiken für die Erholung
Zwei Faktoren bremsen die weltweite Konjunkturerholung: die haushaltspolitischen Einschnitte und die Eurokrise. Da die Regierungen versuchen, ihre Haushaltsdefizite in den Griff zu bekommen, werden die Staatsausgaben weltweit
gesenkt. Wie stark das Wachstum durch die Sparmaßnahmen beeinträchtigt
wird, hängt davon ab, wie diese sich auf die Wirtschaft auswirken. Das zweite,
weitaus größere Risiko ist die Unsicherheit, die in der Eurozone herrscht. Eine
lange Rezession in der Eurozone würde das weltweite Wachstum erheblich
belasten. Nicht zuletzt deshalb, da die Eurozone ein Viertel der Weltwirtschaft
repräsentiert.
Restriktive Haushaltspolitik
Für Großbritannien war 2011 ein ausgesprochen schwieriges Jahr. Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen setzten die Realwirtschaft unter Druck. Wir
erwarten 2012 - im zweiten britischen Haushaltsjahr - einen BIP-Rückgang um
0,5 Prozent. Auch wenn die Turbulenzen nicht ganz so heftig wie im ablaufenden
Jahr ausfallen dürften, müssen wir uns auf ein unruhiges Jahr einstellen. Die
Folgen der Eurokrise werden ohne Zweifel die Exporteure und das Bankensystem
belasten. Die restriktivere Kreditvergabe der Banken wird sich letztlich auf die
Privathaushalte auswirken und damit die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in
Großbritannien erhöhen. Es gibt Anzeichen dafür, dass die britische Regierung
gewisse Zugeständnisse macht; so ermöglicht sie beispielsweise die frühzeitige
Umsetzung von Infrastrukturprojekten. Diese Maßnahmen sollten das schwache
Wachstum etwas stützen.
In den USA lässt sich noch schwer abschätzen, wie sich der Kompromiss
zwischen Republikanern und Demokraten auf die Wirtschaft auswirken wird. Zum
jetzigen Zeitpunkt scheint aber eine fiskalpolitische Straffung wahrscheinlich,
obwohl 2012 ein Wahljahr ist.
In weiten Teilen der Eurozone wurden bereits umfassende Sparmaßnahmen
umgesetzt. In den meisten europäischen Peripherieländern, zuletzt in Italien und
Spanien, hat ein Regierungswechsel stattgefunden. Es gilt daher abzuwarten,
welchen Kurs die neuen Politiker einschlagen werden. Im Falle Spaniens, wo
bereits angemessene Sparpakete verabschiedet wurden, sind jedoch möglicherweise bereits alle Optionen ausgeschöpft.
Schroders 2012: Aussichten für die Weltwirtschaft
„Eines ist klar: Die Zinsen
werden bis Ende des
nächsten Jahres sehr niedrig bleiben. Unserer Meinung nach werden 2012
weder die Bank of England
noch die US-Notenbank
ihre Zinsen anheben."
Die europäische Schuldenkrise
Die Probleme der Eurozone beruhen in erster Linie auf dem Gefälle zwischen den
Mitgliedstaaten. In einem Europa der zwei Geschwindigkeiten behaupten sich die
Kernländer relativ gut, während sich die Randstaaten in einer Rezession befinden.
Griechenland erwartet ein drittes Rezessionsjahr, und auch Spanien und Italien
gleiten in eine Rezession ab. Eine Lösung der Krise ist jedoch noch nicht näher
gerückt.
Das am 27. Oktober angekündigte Rettungspaket, das von Anfang an unter
einem schlechten Stern stand, wurde zunächst gut von den Märkten aufgenommen. Es wurde jedoch bald klar, dass zum ersten Mal seit Einführung des
Euro ein Auseinanderbrechen der Währungsunion drohte. Das vom griechischen
Ministerpräsidenten Papandreou in Aussicht gestellte Referendum gefährdete die
Unterstützung durch China, sodass das Kreditvolumen der europäischen
Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) nicht erweitert wurde. Seitdem hat sich die
Krise in der Eurozone zugespitzt, und die Anleihenmärkte der Peripherieländer
wurden von einer Verkaufswelle erfasst. Wir erkennen bereits die ersten Anzeichen einer Kreditkrise, die auch im Jahr 2012 um sich greifen wird. Einige große
Banken aus der Eurozone können sich keine ausreichenden Mittel an den Kapitalmärkten mehr beschaffen und sind in erheblichem Maße auf die Liquidität der
Europäischen Zentralbank (EZB) angewiesen.
Sehr bedenklich ist auch das langfristig untragbare Niveau der Zinsen, die Italien
derzeit für neue Kredite bezahlen muss. Nach unseren Schätzungen benötigt
Italien 2012 etwa 275 Milliarden Euro, um Zahlungen für fällige Anleihen, Zinsen
und öffentliche Dienste zu leisten. Sollte Italien in Bedrängnis geraten, müsste das
Kreditvolumen der EFSF von 250 Milliarden Euro daher drastisch erweitert
werden, um ein Land der Größe Italiens zu retten. Italien kann weiterhin zu hohen
Zinsen Geld an den Märkten aufnehmen, während die EZB weiterhin italienische
Staatsanleihen kaufen kann, um die Renditen nach oben zu begrenzen. Allerdings
ist weder die eine noch die andere Lösung langfristig tragbar. Beide würden unausweichlich zu einer ausgewachsenen Kreditkrise führen.
Entweder verfolgt die Eurozone weiter ihren derzeitigen Kurs (wobei Italien
wahrscheinlich bald keine Finanzierungsmöglichkeiten mehr haben wird) oder
Deutschland muss in Bezug auf die quantitative Lockerung nachgeben. Würde
man der EZB unbegrenzte Schlagkraft geben - also die Erlaubnis, die Druckerpresse anzuwerfen - sollte dies die Anleihenrenditen drücken. Deutschland hat
sich bislang gegen eine quantitative Lockerung ausgesprochen. Es wird befürchtet, dass dadurch die ohnehin mangelhafte Haushaltsdisziplin der Regierungen
der Euro-Peripherie gänzlich verloren geht. Für wahrscheinlicher halten wir Finanzhilfen des IWF in Verbindung mit einer moderaten quantitativen Lockerung,
die eine Stabilisierung der Anleihenmärkte, insbesondere in Italien, ermöglichen
sollten. Dadurch müsste die Fiskalpolitik wahrscheinlich weniger stark gestrafft
werden, sodass die Rezession nicht so schwer ausfallen würde, wie wir es derzeit
erwarten.
Angesichts dieser Szenarien sollten die Politiker der Eurozone ihre Bemühungen um
eine Lösung verstärken: Entweder indem eine funktionsfähige EFSF geschaffen wird
oder man sich Hilfe von außen holt. Gegenüber einem Auseinanderbrechen der
Eurozone ist die quantitative Lockerung wahrscheinlich das kleinere Übel.
Schroders 2012: Aussichten für die Weltwirtschaft
Chancen und Risiken
Für Bedenken unter den Anlegern sorgt derzeit auch die Gefahr einer „harten
Landung" in China. Wir halten dies jedoch für unwahrscheinlich, da die Inflation in
China allmählich nachlässt, wodurch sich der Druck auf die Einkommen der Privathaushalte etwas verringert. Am chinesischen Immobilienmarkt war zwar eine
deutliche Abkühlung zu beobachten, was jedoch durch staatliche Investitionen in
erschwingliche Wohnungen kompensiert wird. Die übrigen Wirtschaftszweige
Chinas scheinen sich derweil recht gut zu behaupten, weshalb wir keine harte Landung, sondern lediglich eine Wachstumsverlangsamung erwarten.
Eines ist klar: Die Zinsen werden bis Ende des nächsten Jahres sehr niedrig bleiben.
Unserer Meinung nach werden 2012 weder die Bank of England noch die Fed ihre
Zinsen anheben. Angesichts des schwachen Wachstums müssen die Anleger
weiter nach guten Renditemöglichkeiten suchen. Hierzu bieten sich derzeit zwei
Märkte an: Die Kreditmärkte, insbesondere Hochzinsanleihen von den finanziell
recht gut aufgestellten US-Unternehmen, und die Aktienmärkte - ein äußerst
selektiver Ansatz ist jedoch ein Muss. Unternehmen mit einem niedrigen Beta,
guten Cashflows und hohen Dividenden sollten 2012 attraktive Renditen bieten.
Keith Wade - Chefvolkswirt und -stratege
Keith Wade ist bereits seit 1988 bei Schroders und ist heute Chefvolkswirt und
-stratege, nachdem er seine Laufbahn als Volkswirt für Großbritannien begonnen
hatte. Zuvor war er als Researcher beim Centre for Economic Forecasting der London
Business School tätig. Keith Wade ist studierter Wirtschaftswissenschaftler (MSc und
BSc) der London School of Economics und ist Mitglied der UK Society of Investment
Professionals (UKSIP) und der Society of Business Economists.
Azad Zangana - Volkswirt für Europa
Azad Zangana ist Volkswirt für Europa und begann seine Laufbahn im Anlagegeschäft
2009 bei Schroders. Er ist als Volkswirt verantwortlich für die Märkte Großbritannien und
Europa. Bevor er zu Schroders kam, war Azad Zangana als Volkswirt im britischen
Finanzministerium für makroökonomische Analysen zu Großbritannien und Osteuropa
zuständig. Er besitzt zwei Hochschulabschlüsse in Volkswirtschaft: einen MSc von der
Universität Southampton und einen BSc von der Royal Holloway-Universität in London.
Wichtiger Hinweis: Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von Keith Wade, Chief Economist & Strategist und Azad Zangana, European
Economist, und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten
dar. Nur für professionelle Anleger und Berater. Dieses Dokument ist nicht für Privatkunden geeignet. Dieses Dokument dient nur Informationszwecken und ist keinesfalls
als Werbematerial gedacht. Das Material ist nicht als Angebot oder Werbung für ein Angebot gedacht, Wertpapiere oder andere in diesem Dokument beschriebene verbundene
Instrumente zu kaufen. Keine Angabe in diesem Dokument sollte als Empfehlung ausgelegt werden. Dies ist kein Ausschluss und keine Beschränkung der Verpflichtung oder
Haftung, die SIM gemäß dem Financial Services Markets Act 2000 (in seiner gültigen Fassung) oder einer anderen Gesetzgebung gegenüber seinen Kunden hat. Individuelle
Investitions- und/oder Strategieentscheidungen sollten nicht auf Basis der Ansichten und Informationen in diesem Dokument erfolgen. Herausgegeben von Schroder Investment
Management Limited, 31 Gresham Street, London EC2V 7QA. Zugelassen und unter der Aufsicht der Financial Services Authority.
Herunterladen