Auf der Gewinner-Seite stehen

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Auf der Gewinner-Seite stehen
Im beginnenden 20. Jahrhundert erlebten etablierte Branchen die Notwendigkeit einer
Neuorientierung, weil Produkte entbehrlich wurden oder weil wegen rationeller
Fertigungstechniken Absatzprobleme die Überangebote von Alltagsprodukten auf den
Märkten begleiteten. Das spürten auch die Uhrenhersteller im Bereich des heutigen
Schwarzwald-Baar-Kreises. Der Versuch früher Globalisierung wie Uhrenverkauf im
arabischen oder amerikanischen Markt half nur vorübergehend. Das Konzept, Erfolg auf
der Basis von Wachstum zu erzeugen, erreichte ein Ende. Es sind Begleiterscheinungen der
auf Wachstum gegründeten Marktwirtschaft, wie sie im heute intensivierten globalen
Umfeld Alltag sind. Können wir daraus lernen?
Mit viel Einfallsreichtum versuchte man, die Erfahrung der Mitarbeiter und die
Fertigungstechniken der Fabriken so einzusetzen, dass neue zeitgemäße
Marktanforderungen mit aus der Uhrentechnik heraus entwickelten Produkten erfüllt
werden. Die Menschen des frühen 20. Jahrhunderts spürten, dass eine neue Qualität von
Komfort, Mobilität und Medientechnik verfügbar ist – und verlangten nach Produkten
dazu. Relevant sollen das Telefon, das Grammophon, das Radio, Messgeräte für den
Energieverbrauch und Zulieferteile für das Automobil genannt werden. Der Anspruch an
Komfort, Mobilität und Medientechnik ist seither ungebrochen. Unternehmen, die sich
dorthin gewendet haben, spürten damals wie heute Gewinnerstimmung. Gewinner zu sein
bedeutet natürlich auch, Verlierer erleben zu müssen. Das wird in diesem Artikel für den
Bereich mit dem Schwerpunkt Medientechnik beleuchtet.
Der förmlich explodierende Markt der frühen Medieninformatik erreicht in den 1920er Jahren auch
die hiesige Gegend. Im Deutschen Reich mit einer Bevölkerung von etwas mehr als 60 Millionen
Menschen steigt die Zahl der registrierten Radiohörer von 500 im Jahr 1923 auf über eine Million
zum Ende des Jahres 1925. Diese und kommende Millionen von Radiohörern brauchen
Empfangsgeräte. Radiotechnik von 1925 erfordert neben Kenntnis grundsätzlicher physikalischer
Zusammenhänge hauptsächlich feinmechanische Fabrikationskompetenz. Gepaart mit Einbau in
gefällige Gehäuse, unterstützt mit Verkaufs- und Serviceorganisation – wie bei der Uhrentechnik –
sollte der Erfolg sicher sein. Man hatte den Pfad von der Uhrenmacherei zur System-Technik des 21.
Jahrhunderts begonnen. Neue und begehrte Produkte sollten statt purem Wachstum Gewinn
bringen.
Ein gutes Beispiel, den Anspruch des Titels zu erreichen, ist die Darstellung der unternehmerischen
Tätigkeiten in den Betrieben der Familien Ketterer in Furtwangen und Gütenbach. Der Zugang zu
Daten war besonders aufschlussreich, die Vorgänge sind stellvertretend für eine weitsichtige und
kluge sowie schließlich erfolgreiche Unternehmensplanung über mehr als 180 Jahre hinweg.
Natürlich waren die Ketterers nicht alleine in dieser Szene tätig; stichwortartig werden deshalb auch
andere Akteure genannt. Stichworte müssen genügen, weil auch hier bereits globale Verzahnung
Alltag war – auf der Basis der Unternehmenskontakte aus Uhren-Aktivitäten.
Verfolgt man die Tätigkeiten der Ketterer-Unternehmen vom späten 19. Jahrhundert bis hinein ins
21. Jahrhundert, so führt ein klar erkennbarer Pfad von der Feinmechanik (Uhren, Zählwerke für
Verbrauchsabrechnungen) über die Radiotechnik (Bauteile, Komplettgeräte), über elektrische
Messtechnik (Messgeräte für Spannung, Strom, Widerstand, Energie) hin zu elektrisch
höhenverstellbaren Arbeitsplätzen (Getriebe, Sensorik, Aktorik). Oberbegriff der zuletzt genannten
Tätigkeit ist die System-Technik, auch als Systems Engineering bezeichnet.
Andere Unternehmen wären zu ergänzen. Praktisch alle, die den erfolgreichen Absprung aus der
Uhrentechnik nicht bewältigt haben, sind der Marktwirtschaft zum Opfer gefallen. Ebenfalls
getroffen hat es Unternehmen, die nicht mehr rechtzeitig der Spezialisierung der Radiotechnik
entkamen. Positivbeispiele sind Reiner, Siedle, Dold; Negativbeispiele sind Furtwängler, Saba,
Grundig, Kienzle.
Im Rückblick stellt sich insbesondere die Frage, wie man etwa im Jahr 1925 von der Feinmechanik in
die Elektronik, speziell in die Radiotechnik verzweigte. Einige Bilder können denkbare Impulse
veranschaulichen.
Bild 1a: Ankerseite
Bild 1b: Unruhseite
Bilder 1a und 1b zeigen typische Bestandteile eines Uhrwerkes und eines Zählwerkes (gestanzte und
gebohrte Platine, mehr oder weniger spezielle Räder, Achsen, die Unruhfeder). In Bild 2 wird ein
Radio-Bestandteil des Ketterer-Radios EV7 von 1925 gezeigt.
Bild 2: Drehkondensator
Bild 3: Gerät EV7, zwei
Drehkondensatoren des Typs aus Bild 2
Es handelt sich dabei um den zur Abstimmung auf einen bestimmten Sender erforderlichen
Drehkondensator. Wir sehen: die Unruhfeder hat hier eine zweite Anwendung gefunden. Sie dient
nun zur Stromversorgung des Rotors, um Schleifkontakte zu vermeiden. Und sie ist zwei Mal
eingesetzt, um die Stromzufuhr zu dem Hauptplattenpaar und zur in Bild 2 nicht sichtbaren
Feinjustage des Drehkondensators zu ermöglichen.
Die Betätigung der Hauptabstimmung und Feineinstellung erfolgt mit konzentrischen Achsen. Das ist
die gleiche Konstruktion wie bei dem Antrieb von Stundenrohr und Minutenachse bei der Uhr (Bild
4).
Minutenachse
Stundenrohrrohr
Platine zur Lagerung
Zahnräder zum Antrieb
Bild 4: Konzentrischer Antrieb
Die Platinenteile und Befestigungswinkel konnte im Prinzip jeder feinmechanische Betrieb herstellen.
Für die Fertigung von Spiralfedern und Antriebsteilen war ein auf Uhrenmacherei eingestelltes
Unternehmen klar im Vorteil. Das gleiche gilt für die präzise Montage der Kondensatorplatten und
des gelegentlich ausgefeilten Antriebsmechanismus, wie es in vorbildlicher Weise bei dem
Orthometer von SABA zu sehen ist.
Ketterer in Furtwangen ist langjährig dafür bekannt, Mehrfachnutzen seiner unternehmerischen
Möglichkeiten zu suchen und zu finden. Platinen und Zahnräder führten zu den Zählgeräten für
Verbrauch und Abrechnung von Gas, Wasser, Elektrizität. Die Idee, Drehkondensatoren über
Spiralfedern mit Strom zu versorgen, führt zu einem Mehrfachnutzen der Wickeltechnik. Das bleibt
jedoch nicht bei dieser Spiralfeder stehen: wir haben im Radio durch Drahtwicklung auf einem
Tragkörper realisierte Widerstände, Wickelkondensatoren, Wicklungen auf Potentiometern und
Abstimmspulen, Wicklungen auf Transformatoren und Lautsprechern (Zusammenstellung Bild 5).
Bild 5: Produkte der Wickeltechnik
Gab diese Wickeltechnik den Impuls für Ketterer, Mitte der 1920er Jahre in die Radio-Elektronik
einzusteigen, um im explosionsartig wachsenden Markt früher Medieninformatik Fuß zu fassen, um
wirtschaftlich noch unabhängiger von seinen bisherigen Produkten zu werden? Aus heutiger Sicht
betrachtet, ist das der Weg hin zum persönlich eingesetzten Kommunikationsgerät, dem heutigen
iPhone oder iPad, hin zu den Cloud-Anwendungen und Nutzung der Near Field Communication (zu
Deutsch „Nahbereichskommunikation“, Abkürzung NFC); das ist ein internationaler
Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten über kurze Strecken von bis zu 4 cm.
Bisher kommt diese Technik vor allem in Lösungen für Micropayment – bargeldlose Zahlungen
kleiner Beträge – zum Einsatz. In Deutschland wird die Technik beispielsweise von den Sparkassen,
unter dem Namen girogo, zur Zahlung von Summen bis zu 20 Euro angeboten und von der Deutschen
Bahn in ihrem Touch & Travel-System eingesetzt. Auch Ketterer kassierte bereits um 1900 herum
verbrauchsabhängig Geld mit seinen selbstkassierenden Gasmessern!
Doch langsam…
Im Deutschland des Jahres 1923 stieg die Zahl der registrierten Radiohörer von 500 Personen auf
eine Million gegen Ende des Jahres 1925. Diese und kommende Millionen von Radiohörern
brauchten Empfangsgeräte…
Und der Reihe nach:
In Fulda lebte und arbeitete Ferdinand Schneider. Der gelernte Uhrmacher demonstrierte noch
früher als Gugliemo Marconi 1895 die Verwendbarkeit der Hertzschen Wellen zur
Nachrichtenübermittlung. Er entwickelte ferner Entfernungsmesser, Mikrofone, Projektoren,
Motoren, Sprechmaschinen, Sicherheitsmanometer, Blitzableiter, Signalanlagen und
Windkraftanlagen. In der Fuldaer Zeitung war über Schneider zu lesen: Der „Fuldaer Edison“
Ferdinand Schneider entwickelte im Jahr 1895 die drahtlose Funktelegrafie. Zentrum seiner frühen
Arbeit war ein Funkuhrensystem.
Von Triberg aus wechselte Herrmann Schwer (SABA) mit seiner Fertigung feinmechanischer Geräte
nach Villingen. Über die Fertigung radiotechnischer Bauteile wandte sich SABA der Produktion von
Bausätzen für Radiogeräte und Fertiggeräten zu.
Man sieht, über das Geschäft mit den Radio-Bestandteilen – die auf der Uhrenkompetenz beruhen führt offenbar ein Weg hin zur Fertigung von Radiogeräten. Was im gegenseitigen Wettbewerb noch
fehlt, sind in der Physik der Elektrotechnik bewanderte Mitarbeiter und für eine erfolgreiche
Vermarktung beim Publikum ansprechende Gehäuse für diese 1925 neuartigen Geräte sowie eine
Verkaufs- und Serviceorganisation. Unterstützend kam hinzu, dass die älteste Industrieausstellung
Deutschlands, die Große Deutsche Funkausstellung in Berlin, seit 1924 jährlich veranstaltet wurde. In
Deutschland war das bedeutsam, eigentlich in globalem Maßstab spät. Möglicherweise waren die
transatlantischen Beziehungen zwischen USA und England verantwortlich, dass dort die
Nachrichtenübermittlung mit dem Radio eine um Jahre frühere Verbreitung fand.
Beispielhafte Lizenz- und Produktionsunterlagen folgen in Bild 6 und 7.
Bild 6: Telefunken (!) Bauerlaubnis
Bild 7: Schaltplan aus dem Archiv Ketterer
Die Publikumsfrage nach den Gehäusen lässt sich einfach beantworten, hatte man doch bereits eine
Gehäusefabrikation für Uhrengehäuse (Bilder 8 und 9). Es ist festzustellen, dass zur Bedienung und
zur Verbindung zur Stromversorgung ein detailliertes Handbuch erforderlich war.
Bild 8: Ketterer EV7, Bedienung der Sendereinstellung und Arbeitspunkt des Audion
Bild 9: Ketterer EV7, Bedienung der Röhrenheizung, Anschlüsse zur Stromversorgung
Entsprechendes galt für die Verkaufs- und Serviceorganisation: grundsätzlich existierten diese für den
Uhrensektor, bei Ketterer bereits ergänzt durch den Bereich Gas- Wasser- und Elektrizitätszähler.
Was fehlte war der Physiker oder Ingenieur.
Letzteren kaufte Ketterer in Person von Dr. Weiss aus Freiburg ein, SABA stellte Dipl.-Ing. Leuthold
aus Gösgen ein.
Bernhard Ketterer Söhne wirbt in Bild 10 mit Dr. Weiss um seine Baupläne, Radio-Bestandteile und
Radio-Apparate,
Bild 10: Werbung 1925
Das Gerät der Werbung ist nackt, für die Wohnzimmeranwendung steht Bild 11:
Bild 11: Das Gerät aus Bild 8/9 im Wohnzimmer
Man beachte die Rollenverteilung; es wird auch Klage darüber geführt, dass Wirtshausumsätze ca.
1925 einen drastischen Einbruch verzeichnen: der Mann bleibt abends bei der Familie. So gesehen
hat dieses neue Produkt auch einen gesellschaftlichen Einfluss wie er bisher noch nie zu beobachten
war: Feierabendunterhaltung findet ab sofort im eigenen Wohnzimmer statt. Das ist eine nicht zu
unterschätzende Stütze für den Zusammenhalt der Gesellschaft im Kleinen, denn in Folge der
damaligen Wirtschaftsverhältnisse verlor erarbeiteter Verdienst in Form von Geld seinen Wert
schneller als dass man das Geld ausgeben konnte. Das ist letzten Endes der Preis der Bevölkerung für
einen ohne Not angezettelten Weltkrieg. Entsprechendes wiederholte sich nach dem zweiten
Weltkrieg – und wir dürfen gespannt sein, wer die wahren Kosten der Kriege unserer Tage zu zahlen
hat.
Wie fruchtbar bereits in diesen Jahren die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Forschung ist,
belegt der zum 75jährigen Jubiläum der Großherzoglich Badischen Uhrmacherschule dort
entwickelte Telefoniesender für Kurzwellen. Es wurden Radiobestandteile von B. K. S. (Bild 10)
eingesetzt, Projektleiter war Emil Jäger, Direktor dieser Vorgängerinstitution der Hochschule
Furtwangen (heute Universität der angewandten Wissenschaften genannt). Bereits im Jahr 1926 wird
Radiotechnik als ordentliches Lehrfach aufgenommen. In späteren Jahren ist Emil Jäger (verheiratet
mit Olga geb. Ketterer) Geschäftsführer von B. K. S.
Das Radiogeschäft bei Ketterer dauerte bis in die Anfänge der 1930er Jahre (ausgelagert in BADUF).
Dr. Weiss verließ Ketterer mit dem Ziel SABA. SABA war insbesondere mit seinem Chefkonstrukteur
Dipl.-Ing. Leuthold extrem erfolgreich. 1930 brachte SABA das Radiogerät S35 (Bild 12) auf den
Markt. Schaltung und Qualität dieses von Leuthold entwickelten Gerätes war zukunftsweisend – und
ein Problem für Ketterer im Wettbewerb. Ferner erkannte SABA auch, wie wichtig die Nähe zum
Endkunden ist, verfasste wirklich gute Service-Handbücher und baute damit arbeitend eine
deutschlandweit mobil und kompetent agierende Service-Abteilung auf – das waren Komponenten
der Unternehmensgestaltung, die Ketterers Radio-Aktivitäten auf Dauer den Erfolg verwehrten.
Bild 12: SABA S35 „Der Sieger“ von 1930
Neben dem etablierten Unternehmenspfad der Elektrizitätszähler entwickelte Oskar Ketterer die
Fabrikation elektrischer Messinstrumente zur Anzeige von Spannung, Strom und Widerstand (OK
FAMI). Das Prinzipbild eines solchen Messgerätes zeigt Rückbesinnung auf bereits bekannte
Bauelemente: die Federn zur Stromversorgung des eigentlichen Messwerkes (Bild 13). Als eines der
Produkte schaut die Verwandtschaft zum Uhrengehäuse heraus (Bild 14).
Bild 13: Messgerät, Prinzip der Drehspule
Bild 14: Fertiges Produkt (Dreheisenprinzip)
Allerdings war auch hier die Konkurrenz stark: Messgeräte-Hersteller wie Hartmann und Braun in
Frankfurt/Main brachten Messgeräte in Vielfalt und Präzision auf den Markt, so dass auch diese
Nische im Produktspektrum Ketterers Mitte der 1950er Jahre aufgegeben wurde.
Dennoch gab Ketterer nicht auf: Schaltwerke, wie sie für die frühe Automatisierungstechnik benötigt
wurden, elektrische Schaltuhren zum zeitbedingten Auslösen technischer Funktionen, wichtig in der
Automatisierungstechnik, führten schließlich zur Auseinandersetzung mit der Mechatronik,
umfassender als Systemtechnik bezeichnet.
Ein Werkzeug aus der Uhrentechnik steht an der Schwelle zur Elektronik: es handelt sich um ein
Gerät zur automatischen Bestimmung der Charakteristik von Unruh-Federn sowie zum
automatischen Abgleich dieser Unruh-Federn auf ihre Eigenschaft, insbesondere die
Schwingungsdauer in Zusammenwirken mit dem Unruhreif. Das Werkzeug vereinigt Kompetenzen
aus dem Uhrenbereich mit denjenigen aus der Radio-Entwicklung. Die zur Diskussion stehende Unruh
wird eingespannt, sie wird über einen periodisch ausgelösten Blasebalg zu Eigenschwingungen
angeregt. Es wird die Schwingungscharakteristik rückwirkungsfrei als Änderung ihrer elektrischen
Kapazität gegenüber ihrem Aufbau-Umfeld ausgewertet, indem die Formänderung der Feder das
Messsignal erzeugt. Die Kapazität ist klein, sie liegt bei wenigen Picofarad, die Änderung bei
Schwingungsdauer der Unruh ist noch einmal kleiner. Doch wie wertet man solche kleinen
Werteänderungen in brauchbarer Form aus? Ein Lösungsvorschlag von Herrn Urban aus der Uhrenund Goldschmiedestadt Pforzheim funktioniert exakt wie ein Kurzwellen-Radio. Die Kapazität der
Unruh-Feder ist Teil eines Schwingungskreises für den Kurzwellenbereich des umfunktionierten
Radios. Beim Schwingen der Unruh ändert sich die Resonanzfrequenz des EingangsSchwingungskreises, dieses wird im Radio ausgewertet, und es wird im richtigen Rhythmus der
Blasebalg zum berührungslosen Antrieb der Unruh ausgelöst. Hahnhart in Gütenbach setzte dieses
Gerät bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts ein, obwohl das Gerät ganz konventionell – fast wie das
Ketterer Radio von 1925 – mit Elektronenröhren arbeitete. Das Nachfolgegerät Spiromatic der Firma
Greiner aus der Schweiz arbeitet noch heute nach dem gleichen Prinzip.
Nicht nur Ketterer übte den Sprung in die Elektronik, in unserer Umgebung gab es zahlreiche weitere
Mit-Aktivisten. In Deißlingen die Firma E. Manger & Co., welche zur Radio-AG wurde, in Trossingen
das Radiowerk A. Laukart bzw. die Omega Radio-GmbH, in St. Georgen die Metallwarenfabrik
Wilhelm Jäckle (Panaurika), in Schwenningen die Fernwellen-Apparatebau-AG (Telaku), die Firma M.
Jauch (Electron), und die AG für drahtlose Telefonie (vormals A. Schmid-Schlenker), die sich schon
1924 mit der Deißlinger Radio-AG zur Radio-Telefonie GmbH zusammentat, sowie in Freiburg die
Radiowerke Freiburg (Neugründung der Draht- und Kabelwerke) und Radiobau Martin Frey.
Verschlungen geben sich auch die Wege der Kaiser-Radiowerke in Villingen, Aach und Kenzingen.
Ursprünglich und zeitübergreifend wurden Gebrauchsuhren produziert. Etwa zeitgleich zu BADUF
fertigte man Radiobestandteile, vorzugsweise Kopfhörer und Lautsprecher. Die kommende
Übermacht von SABA führte vorübergehend zur Aufgabe der Radio-Aktivitäten, bis kurz nach Ende
des 2. Weltkrieges Kaiser-Uhren Villingen die Gesellschaft für Elektrotechnische Anlagen (GETA) in
Aach erwarb. Ursprünglich fertigte GETA unter der Leitung von Dr. Georg Weiss Militärelektronik, ab
1945 wurden unter der späteren Leitung von Josef Fricker (er war ab 1936 Entwicklungsleiter bei
SABA) In Aach und nach Umzug in Kenzingen Radios der Marke Kaiser-Radio Villingen gefertigt.
Quelle:
http://books.google.de/books?id=TzjMtlKy94QC&pg=PA88&lpg=PA88&dq=dr.+weiss+fernsehtechnik
+kleinmachnow&source=bl&ots=sEUkl7Nitw&sig=vb_GhhKJavqTXjvHcDLorVXziyU&hl=de&sa=X&ei=
U2_iUYa2KInXOfXagNAM&ved=0CC8Q6AEwAA#v=onepage&q=dr.%20weiss%20fernsehtechnik%20kl
einmachnow&f=false
Schlussendlich wurde Kaiser-Radio – eigentlich der Versuch eines Gegengewichtes zu SABA in
Villingen – von Grundig aufgekauft und zusammen gingen beide unter.
Eine weitere mit dem Schwarzwald-Baar-Kreis verbundene Radio-Episode spielte sich in Königsfeld
ab. Dort gründete Jochen Hüngerle (ein ehemaliger Sabanese) 1947 das Unternehmen JOTHA. Die
Geräte bewährten sich im Wettbewerb des Marktes. Ungeschickter Weise wählte JOTHA als
Bankverbindung die gleiche wie SABA. 1954 wurde bei wachsendem Erfolg von JOTHA (ein größerer
Auslandsauftrag stand zur Realisierung an) schlicht und ergreifend der Geldhahn zugedreht, und
JOTHA in Königsfeld knickte somit vor SABA ein. Aus Lager-Restbeständen wurden bis 1959 in
Radolfzell Radios der Marke JOTHA gefertigt, dann war auch hier endgültig Schluss.
Die Symbiose Uhrentechnik-Radiotechnik hat einen weiteren lokalen Fußabdruck:
Im Umfeld von Junghans/Schramberg fand aufbauend auf Arbeiten von Wolfgang Hilberg die
marktreife Entwicklung der Funkuhren –Technik statt. Andere führten die Gedanken weiter, so z.B.
auch Kieninger & Obergfell unter der Handelsmarke „Kundo“ den „Spacetimer“, eine Funkuhr als
kleine Plastik-Tischuhr mit einem Sockel. Diese Uhr besaß neben einer analogen Anzeige für die
Uhrzeit auch eine Digitalanzeige für die Wiedergabe des Datums. Diese Technik wurde später von der
Firma Steiger GmbH in St. Georgen übernommen. Eigentlich eine späte Hommage an Ferdinand
Schneider aus Fulda, dieses Mal auf der Basis rechnergestützter Mikroelektronik
Stichwortartig ist noch zu benennen:
Im südbadischen Bereich gab es zahlreiche Mitaktivisten. In Deißlingen: die Firma E. Manger & Co.,
welche zur Radio-AG wurde, in Trossingen das Radiowerk A. Laukart bzw. die Omega Radio-GmbH, in
St. Georgen: die Metallwarenfabrik Wilhelm Jäckle (Panaurika), in Schwenningen: die FernwellenApparatebau-AG (Telaku), die Firma M. Jauch (Electron), und die AG für drahtlose Telefonie (vormals
A. Schmid-Schlenker), die sich schon 1924 mit der Deißlinger Radio-AG zur Radio-Telefonie GmbH
zusammentat. Gemeinsam ist allen: Unternehmen, die sich Anforderungen am Markt stellten,
überlebten, gegebenenfalls mit neuen Produkten und neuen Namen. Alle anderen verschwanden.
Das bereits oben eingebrachte Kunstwort Mechatronik veranschaulicht die gegenseitige Integration
von Mechanik, Elektronik und Informatik. Die Bezeichnung Mechatronik lebt seit etwa 1970, sie
beschreibt präzise den gerade etwas näher beleuchteten Pfad der hiesigen
Unternehmenstätigkeiten, außer dass die Informatik erst seit etwa den 1975er Jahren bedeutsamen
Einfluss auf technische Produkte hat. Der erste als „vollwertig“ bezeichnete Mikroprozessor war
Intels Typ 8080 (Bild 15). Mit einigen Peripherieschaltkreisen war man damit in der Lage, Daten eines
physikalischen Systems zu beobachten und zu beeinflussen.
Bild 15: Intels 8080, hier der Typ C8080A
Damit konnte man Ideen aufgreifen, bei Geräten, die Mechanik (z. B. Getriebe), und Elektromotoren
beinhalten, Bewegungsabläufe wie sie der Anwender haben möchte, programmdefiniert zu
realisieren. Das kann beispielsweise ein Nadeldrucker sein, das kann eine speicherprogrammierbare
Steuerung sein, es kann sich aber auch um flexibel anpassbare Arbeitsplätze handeln, wie sie bei
Ketterer Getriebetechnik einen Großteil der Unternehmensaktivität ausmachen. Bild 16 zeigt ein
aktuelles Beispiel.
Bild 16: Produkt der Mechatronik, unübersehbar:
„In Verbindung mit LogicData Steuerung Compact-3“
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