Bericht über die Wahlbeobachtungsmission in der

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BERICHT ÜBER DIE WAHLBEOBACHTUNGSMISSION IN DER REPUBLIK
ALBANIEN - 21. JUNI 2015
BERICHT VON CLLR DECLAN MCDONNELL
FÜHRENDES ADR-MITGLIED FÜR DIE WAHLBEOBACHTUNGSMISSION
Am 21. Juni 2015 fanden in Albanien die jüngsten Kommunalwahlen statt. Fünf AdR-Mitglieder
gehörten der gemeinsamen Delegation mit dem Kongress der Gemeinden und Regionen des
Europarates für die Wahlbeobachtung an.
Albanien hat 2014 den Status eines Bewerberlandes erhalten. Somit galten die
Kommunalwahlen 2015 als Test für den laufenden Reformprozess bei der Kommunalverwaltung, den
Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität sowie für die Einführung der
Rechtsstaatlichkeit.
Am 21. Juni 2015 konnte die Wähler neue Bürgermeister und Stadträte in den neu gegründeten
Städten und Gemeinden wählen, die im Zuge der Reform der Kommunalverwaltung von 373 auf 61
reduziert wurden, ohne dass jedoch ihre Zuständigkeitsbereiche und Aufgaben bislang genau
festgelegt wurden.
Nach Abschluss der politischen Übereinkunft zwischen der Mehrheits- und Oppositionsparteien im
Jahr 2014, mit der der Boykott des Parlaments durch die Demokratische Partei (DP) beendet wurde,
hat sich die Lage verbessert, auch wenn es im Vorfeld der Wahlen weiterhin zu Polarisierungen und
gegenseitigen Anschuldigungen kam.
Obwohl alle politische Parteien sich einig sind, dass die Zahl der lokalen Verwaltungseinheiten
reduziert werden muss, stimmten die Opposition und einige außerparlamentarische Parteien nicht für
die Reform der Kommunalverwaltung unter dem Vorwand, dass sie den regierenden Parteien zum
Vorteil gereichen würde und dass die Besonderheiten der ländlichen und/oder von Minderheiten
geprägten Gebiete nicht berücksichtigt worden seien.
63 politische Parteien haben sich zu den Wahlen angemeldet, von denen die meisten der Koalition
unter Führung der Sozialistischen Partei (SP) oder der Demokratischen Partei (DP) beitraten. Einige
Parteien ebenso wie ein paar unabhängige Kandidaten stellten sich alleine zur Wahl.
Im Vorfeld der Wahlen wurde der rechtliche Rahmen geändert, um die wiederholten Empfehlungen
der OSZE/BDIMR1 sowie die Venedig-Kommission miteinzubeziehen, insbesondere in Bezug auf die
administrativen und territorialen Unterteilungen und die Gleichstellung der Geschlechter.
1
Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE (BDIMR).
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Gleichwohl blieben viele Empfehlungen unberücksichtigt und gaben während der Wahlen Anlass zur
Sorge wie etwa die Unparteilichkeit der Wahlkommissionen, die Unstimmigkeiten in den
Bestimmungen für die Registrierung der Kandidaten und die Bestimmungen für die Finanzierung des
Wahlkampfs.
Die regierenden Parteien nutzten staatliche Mittel für ihre Kampagnen und verwischten somit die
Trennung von Staat und Partei. Darüber hinaus durften politische Parteien öffentliche Gelder
verwenden, während dies den unabhängigen Kandidaten untersagt war.
Die weitverbreitete Verschmelzung politischer Parteien mit den Medien ist auch besorgniserregend,
da sie zu einer Beschränkung des Pluralismus führt und den großen Parteien Vorschub leistet.
Den Beobachtungen der AdR-Delegation zufolge verlief der Wahltag recht reibungslos und friedlich.
Gleichwohl wurde über einige verfahrenstechnische Unregelmäßigkeiten berichtet, und die Präsenz
politischer Aktivisten in Hallen und Gängen einiger Wahllokale konnte als Einschüchterungsversuch
interpretiert werden.
Die Wähler konnten zwar unter mehreren Kandidaten auswählen, doch verhinderte die Politisierung
der Institutionen die effektive Abwicklung der Wahlen.
Die Wählerverzeichnisse waren insgesamt ordnungsgemäß, doch wurden in einigen wenigen
Gemeinden Ermittlungen wegen mutmaßlicher Ergänzungen der Wählerverzeichnisse eingeleitet.
Die Delegation wurde über das Urteil der Staatsanwaltschaft unterrichtet, in dem die zentrale
Wahlkommission (CEC) aufgefordert wird, 2 800 Namen aus den Wählerverzeichnissen in Durres zu
streichen, die Untersuchungen zufolge widerrechtlich verzeichnet wurden und auch Namen von
nichtansässigen Personen umfassten. Allerdings setzte sich die CEC über dieses Urteil hinweg, was
Fragen in Bezug auf die Unabhängigkeit aufwirft. Ähnliche Ermittlungen wurden auch in der
Nachbargemeinde Kavaja durchgeführt.
Bei einer Gesamtbevölkerungszahl von 2,8 Millionen standen in den Wählerverzeichnissen
3,3 Millionen Namen, was bedeutet, dass auch die im Ausland lebenden Albaner mitberücksichtigt
worden sein könnten.
Lediglich 1,7 Millionen sind in die Wahllokale gekommen, sodass die Wahlbeteiligung mit 53% im
Vergleich zu den letzten Kommunalwahlen sehr niedrig ausfiel.
Die Delegation verzeichnete einerseits als positiv, dass die Wähler ihren Personalausweis oder
Reisepass vorlegen mussten, sodass die Beamten überprüfen konnten, ob ihr Name im
Wählerverzeichnis stand. Andererseits ist die AdR-Delegation besorgt über die
Einschüchterungsversuche, zu denen es zwischen dem Haupteingang der öffentlichen Gebäude und
dem Wahllokal gegenüber Wählern gekommen sein soll, sowie über das Maß an Einmischung in den
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Wahlprozess durch die großen Parteien, was Zweifel an der tatsächlichen Freiheit der freien Wahl
einiger Bürger aufwirft.
Schließlich stellt die Delegation mit Bedauern fest, dass keines der Wahllokale behindertengerecht
war, obwohl sie diesen Aspekt im Vorfeld der Wahlen angesprochen hatte und die Behörden Abhilfe
versprachen.
Insgesamt fanden die Wahlen in einem relativ friedlichen Kontext und den Standards entsprechend
statt. Verbesserungen soll es bei der Mitwirkung von Frauen in der Politik und bei der
Geschlechtergleichstellung gegeben haben, aber es bleibt noch viel zu tun, bis die öffentliche
Verwaltung entpolitisiert und Überparteilichkeit gewährleistet sein wird. Die Koalition unter Führung
der Sozialistischen Partei gewann die Wahl in 38 der 51 Städte und Gemeinden, wo die Auszählung
abgeschlossen wurde. Die Demokratische Partei konnte 13 Gemeinden für sich gewinnen. Die
Sozialistische Partei gewann auch in Tirana, das zuvor in der Hand der Demokratischen Partei war.
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