Gruppenentscheidungen bei unterschiedlicher Informationsgrundlage Seminar: Sozialer Einfluss innerhalb und zwischen Gruppen Dozent: Prof. Dr. Thomas Kessler Referent: Felix Jost 25.05.2011 1 Gliederung • • • • • Einstieg: Worum geht es? Phänomene auf der Gruppenebene Phänomene auf der Individualebene Gesamtintegration: zugrundeliegendes Modell Implikationen 25.05.2011 2 Einstieg • Entscheidungsfindungsprozesse in Gruppen: oftmals bieten Gruppendiskussionen Vorteile ggü. reiner Konsultation von Beteiligten einzeln – Bsp.: Erhöhung der Partizipation + Möglichkeit individuelle Blickwinkel mit einzubringen, Mitglieder: höhere Akzeptanz und verbesserte Umsetzung, höhere wahrgenommene Fairness, stärkeres Commitment den Implikationen ggü. – gegenseitige Bereicherung Kombination unterschiedlicher Blickwinkel, Ideen, Zugriff auf individuelle Wissensspeicher kombiniert möglich breitere Spanne von Informationen Erwartung besserer Qualität? Aber: Effektivitätsproblem: das volle Informationspotential zu nutzen scheitert oft 25.05.2011 3 Gruppenentscheidung • Einer Gruppe von 3 Personen stehen zwei Entscheidungen zur Auswahl: A oder B • Es gibt 3 Argumente für Option B und 6 (gleichwertige) Argumente für Option A • Jedes Mitglied bekommt einen Zettel, auf dem die drei BArgumente und jeweils zwei A-Argumente stehen (jeder bekommt zwei unterschiedliche A-Argumente) • Frage: Für welche Option werden sich die Gruppenmitglieder unter welchen Bedingungen entscheiden? 25.05.2011 4 Informationssymmetrie vs. -asymmetrie • es wird unterschieden zwischen individueller Informationsbasis und Gruppeninformation (Wissen, dass allen Gruppenmitgliedern zur Verfügung steht) • Zwei Fälle: • Informationssymmetrie: Implikationen/Folgerungen aus dem Gruppeninformationsbestand entsprechen denen, die auch unter alleiniger Berücksichtigung der individuellen Informationsbestände getroffen worden wären • Bsp.: Entscheidung A oder B soll getroffen werden, A ist besser, jeder weiß es, Informationszuwachs ist entscheidungsirrelevant • Informationsasymmetrie: Gruppenentscheidung sollte sich unter Zuhilfenahme von individuellen Wissensbeständen ändern (unter optimalen Bedingungen) 25.05.2011 5 Gruppenphänomene • Gruppeneinfluss auf Mitglieder: Unterscheidung zwischen informativem und normativem Einfluss – Normative Gründe, der Gruppe zu folgen: nicht negativ auffallen, der Gruppe nicht in den Rücken zu fallen… • „Verhandlungsfokus“ (engl. negotiation focus) innerhalb einer Gruppe: Es soll die Majoritätsmeinung herausgefunden werden, um frühzeitig abstimmen zu können (normativer Druck) • Verhandlungsfokus reduziert die Menge an ausgetauschter Information • Mögliche Gründe für einen Verhandlungsfokus einer Gruppe? 25.05.2011 6 Gruppenphänomene • Sampling-Bias in Bezug auf geteilte Information: – Von mehreren Mitgliedern geteilte Information wird aus statistischen Gründen häufiger genannt als ungeteilte (unique) Information… • Repetitions-Bias in Bezug auf geteilte Information: – …und wird auch öfters im Laufe der Diskussion wiederholt • Außerdem treten Sampling- und Repetitionsbias in der Form auf, dass Informationen, die einer Entscheidungspräferenz von Gruppenmitgliedern entsprechen, öfter genannt und wiederholt werden 25.05.2011 7 Phänomene auf der Individualebene • Evaluations-Bias: – „Eigentümer-Bias“ (engl.: ownership bias): Wenn die Information von mir selbst „besessen“ wird, ist sie wertvoller als wenn andere sie „besitzen“ – soziale Validierung: Wenn andere Mitglieder mir die Information bestätigen können, wird sie glaubwürdiger Beide Evaluationsbias-Arten favorisieren geteilte Information 25.05.2011 8 Phänomene auf der Individualebene • Evaluationsbias in Bezug auf Informationen, die einer Entscheidungspräferenz entsprechen: – Information, die inkonsistent zur eigenen Entscheidungspräferenz ist wird kritischer und genauer untersucht – Konsistente Information wird schnell akzeptiert 25.05.2011 9 Integrierendes Modell 25.05.2011 10 Was kann man tun? • Betonen des Informierungsauftrags der Gruppe & Bitte, persönliche Präferenzen zurückzustellen, bis alle Informationen ausreichend diskutiert wurden? aber: „Group think“ vermeiden • Genügend Zeit geben • Wiederholen von ungeteilten Informationen • Ermutigung alle entscheidungsrelevanten Informationen zusammenzutragen • Entwickeln von Transaktiven Gedächtnissystemen (Metawissen: Wissen, was jeder in der Gruppe weiß) • Trennung von Informationsbeschaffung und Entscheidungsfindung (räumlich, zeitlich und/oder Zuständige) • Advocatus diaboli? • … 25.05.2011 11 Literatur • Brodbeck, F. C., Kerschreiter, R., Mojzisch, A., & Schulz-Hardt, S. 2007. Group decision making under conditions of distributed knowledge: the information asymmetries model. Academy of Management Review, 32, 459-479. 25.05.2011 12 Einstiegsspiel • Freiwillige gesucht! 25.05.2011 13 Die Aufgabe • Ihr seid im Personalbereich beschäftigt und sollt als kleine Übung aus zwei Kandidaten den geeigneteren auswählen • Es geht um einen Job als Wirtschaftsprüfer, für den sich zwei verschiedene Kandidaten beworben haben • Erst: jeder hat 90 Sekunden Zeit, sich individuell mit den Fakten vertraut zu machen (Steckbrief) • Dann 4 Minuten Gruppendiskussion (Zeit wird gestoppt!) • Ziel: nach diesen 4 Minuten soll sich die Gruppe einstimmig auf eine Person geeinigt haben! • Schafft die Gruppe das nicht, nach vier Minuten, hat sie verloren 25.05.2011 14 Auflösung Gruppenspiel (zweite Gruppe) Personalentscheidung zum Wirtschaftsprüfer Klaus Semmel • Steckbrief • Kennt sich mit den Software-Programmen: SPSS, Excel, Visual C++, QBasic aus • Hat 3 Jahre Praxiserfahrung im Marketing-Vertrieb • Beherrscht zwei Sprachen auf Muttersprachniveau: Englisch, Deutsch, eine fließend: Russisch, und eine in Anfängen: Spanisch • Hobbies: Computer spielen, Lesen, Rad Fahren • Ist ehrenamtlich als Forstwirtschaftsbeauftragter bei m „Green Belt Movement“ (Umweltschutzorganisation) beschäftigt Peter Weigert • Steckbrief • Kennt sich mit Software-Programmen: Excel, Photo Shop & Logic AudioPro aus • Hat 3 Jahre Praxiserfahrung im Promotion-Vertrieb • Beherrscht zwei Sprachen auf Muttersprachenniveau: Deutsch, Französisch, eine fließend: Englisch • Hobbies: Wandern, Schwimmen, Klavier spielen • Ist ehrenamtlicher Erhebungsbeauftragter bei der UNESCO (Organisation zum Schutz des Weltkulturerbes) 25.05.2011 15 Auflösung Gruppenspiel (erste Gruppe) Personalentscheidung zum Wirtschaftsprüfer Klaus Semmel • Steckbrief • Kennt sich mit den Software-Programmen: Excel und Visual C++ aus • Hat 3 Jahre Praxiserfahrung im Marketing-Vertrieb • Beherrscht zwei Sprachen auf Muttersprachniveau: Englisch, Deutsch, • Hobbies: Computer spielen, Lesen, Rad Fahren • Ist ehrenamtlich als Forstwirtschaftsbeauftragter bei m „Green Belt Movement“ (Umweltschutzorganisation) beschäftigt Peter Weigert • Steckbrief • Kennt sich mit Software-Programmen: Excel, Photo Shop & Logic AudioPro aus • Hat 3 Jahre Praxiserfahrung im Promotion-Vertrieb • Beherrscht zwei Sprachen auf Muttersprachenniveau: Deutsch, Französisch, eine fließend: Englisch • Hobbies: Wandern, Schwimmen, Klavier spielen • Ist ehrenamtlicher Erhebungsbeauftragter bei der UNESCO (Organisation zum Schutz des Weltkulturerbes) 25.05.2011 16 Was fehlt? Personalentscheidung zum Wirtschaftsprüfer Klaus Semmel • Steckbrief • Kennt sich mit den Software-Programmen: SPSS, Excel, Visual C++, QBasic aus • Hat 3 Jahre Praxiserfahrung im Marketing-Vertrieb • Beherrscht zwei Sprachen auf Muttersprachniveau: Englisch, Deutsch, eine fließend: Russisch, und eine in Anfängen: Spanisch • Hobbies: Computer spielen, Lesen, Rad Fahren • Ist ehrenamtlich als Forstwirtschaftsbeauftragter bei m „Green Belt Movement“ (Umweltschutzorganisation) beschäftigt Peter Weigert • Steckbrief • Kennt sich mit Software-Programmen: Excel, Photo Shop & Logic AudioPro aus • Hat 3 Jahre Praxiserfahrung im Promotion-Vertrieb • Beherrscht zwei Sprachen auf Muttersprachenniveau: Deutsch, Französisch, eine fließend: Englisch • Hobbies: Wandern, Schwimmen, Klavier spielen • Ist ehrenamtlicher Erhebungsbeauftragter bei der UNESCO (Organisation zum Schutz des Weltkulturerbes) 25.05.2011 17