Hochschule Luzern; Wirtschaft, 6. September 2010 Innovation und Forschung: Herausforderungen für Europa und die Schweiz Dr. Dr. h. c. Barbara Haering Übersicht Situationsanalyse F&I: EU und Europa Neue Perspektiven der EU Herausforderungen für die Schweiz Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 Zwei Zitate zum Einstieg in die Situationsanalyse «Wenn es um Forschung und Innovation geht, so spricht man in den USA über China und in China über die USA. Über Europa spricht niemand!» Martin Schurmanns, Präsident EIT European Institut of Innovation and Technology, Mai 2010 «The prospect of what might happen if we don’t act immediately is economic and social decline in Europe and further environ-mental degradation.» European Research Area Board, ERAB, Second Annual Report, October 2010, Draft, August 2010 Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 Einige Fakten zum europäischen F&E-Raum Weniger als 25% der weltweiten Forschungsinvestitionen werden in der EU getätigt. Wachsende Investitionen neuer «gobal players» in F&E lassen diesen Anteil zusätzlich schrumpfen. Die F&E-Intensität der EU stagniert, während jene Asiens stark wächst und die USA ihr höheres Niveau beibehalten. Jedoch: Die EU publiziert wissenschaftlich immer noch am meisten und sie hat eine wachsende Forschungsgemeinschaft. Sie ist deshalb für aussereuropäische Forschungsinvestitionen attraktiv. Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 F&E-Intensitäten im internationalen Vergleich Evolution of R&D Intensity 4 3,40 R&D Intensity (GERD as % of GDP) 4 3,22 3,04 3 2,73 2,67 2,39 3 2 1,85 1,83 1,42 2 0,90 1 1 0 EU-27 US Japan 2000 Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 2007 (1) South Korea China Private F&E-Investitionen im internationalen Vergleich Evolution of GERD financed by sector as % of GDP 4 US GERD financed by sector as % of GDP EU-27 Japan 3 South Korea 0,55 China 0,74 0,60 0,71 0,76 2 0,64 0,57 0,63 2,62 2,43 2,20 1 1,90 0,35 1,73 1,69 0,30 1,05 1,00 0,98 0,52 0 2000 2005 2000 2006 Business enterprise Source: DG Research Data: Eurostat, OECD Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 2000 2006 Government 2000 2006 2000 2006 Other national sources Abroad STC key figures report 2008 F&E Intensitäten im Jahr 2007 R&D Intensity (GERD as % of GDP), 2007 (1) 4,74 3,64 Israel Sw eden 3,40 Japan 3,39 Finland South Korea 3,22 Sw itzerland 2,90 Iceland 2,77 US 2,67 Austria 2,65 Denmark 2,55 2,53 Germany 2,08 France 1,87 Belgium 1,83 EU-27 UK 1,76 Netherlands 1,70 Norw ay 1,65 Luxembourg 1,63 1,54 Czech Republic 1,53 Slovenia 1,44 Ireland 1,42 China 1,27 Spain Estonia 1,24 Portugal 1,18 Italy 1,14 Hungary 0,97 Croatia 0,86 Lithuania 0,82 0,60 Malta 0,59 Latvia 0,58 Turkey 0,57 Greece Poland 0,56 Romania 0,53 Bulgaria 0,48 Slovakia 0,46 Cyprus 0,45 0 Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 1 2 3 4 5 Europäischer Forschungsraum: SWOT- Analyse Strengths Opportunities Kulturelle Vielfalt Fähigkeiten im Umgang mit Komplexität Wirtschaftliche und politische Stabilität Immigration mit Integration Bewusstsein der öffentlichen Verantwortung für Bildung und Wissenschaft Explizite Exzellenzstrategien Explizite Breitenförderung Qualität von Bildung für breite BevölkerungsZunahme öffentlicher und privater Investitiokreise nen in Bildung und Forschung Tradition qualitativ hochstehender Forschung Weaknesses Threats Risikoaversion in Gesellschaft und Wissenschaft Demografische Entwicklung Innovations- und Umsetzungsschwächen Fragmentierte Wissenschaft und Bildung Sparmassnahmen / Desinvestitionen Blockierungen im politischen System Re-Föderalisierung Schwerfällige Entscheidungsprozesse Wenig Public/private Partnership Erfahrungen SWOT-Analyse Europäischer Wissenschaftsraum Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 Umfassender Innovationsprozess Basic Research Venture Capital, Co-operations Applied Research POC, Pilot Projects Universities of Applied Science Universities Public Funding Seed Money, Co-operations Innovation Process Technology Transfer Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 Decisions: Politics, Economy (Market)- Implementation and Diffusion Research objectives and specific needs of politics and the economy Private Funding «It’s time to walk the talk!» Commissioner MGQ, May 2010 Mit dem neuen Vertrag wurde Forschung von einem politischen Projekt zu einem politischen Ziel der EU aufgewertet. Dies kann weitreichende Konsequenzen haben: Forschung kann nun unabhängig von ihrem Beitrag zur Wettbewerbs- fähigkeit oder zu spezifischen Sachpolitiken der EU gefördert werden Forschung kann auch ausserhalb der Forschungsrahmenprogramme gefördert werden. Zur Koordination von Forschungsaktivitäten können politisch bindende Entscheide gefällt werden. Alle EU Mitgliedstaaten reagierten in den letzten Jahren mit realen Erhöhungen ihrer Forschungsinvestitionen – und auch Sparprogramme nahmen darauf Rücksicht. Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 Entwicklungsachsen der EU-Forschungspolitik Die neue Kommission sucht einen integrierten Ansatz, der Forschungs- und Innovationspolitik miteinander verknüpft. Die neue Innovationsstrategie wird im Oktober veröffentlicht. Angestrebt wird die freie Zirkulation von Menschen und Wissen im Forschungsbereich – definiert als «Fifth Freedom». Forschungsförderung soll sich nach wissenschaftlicher Exzellenz richten – die Kohäsionswirkung von Projekten wird sekundär. Fördermittel anderer Politiken sollen ihrerseits zur Forschungsförderung beitragen – und nicht mehr umgekehrt. Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 ERAB: Short Term Measures Create a single EU-wide patent. Create an Open Innovation Charter within 2 years. Issue an EU Framework Directive on RDI focusing on creating a single market for Research Development and Innovation. Concentrate EU-RDI funding around a selection of themes relevant for EU 2020: Strategies for smart, sustainable, inclusive growth. Create an annual «City/Region of Innovation in Europe». Create a «Davos for Science and Innovation». Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 ERAB: Medium/Longer Term Measures Implement pre-commercial procurement of RDI around a few commonly agreed big projects. In 8. FP all funding shall be concentrated and streamlined by minimising management obligations for all funding schemes. 30% of the Structural Funds and 10% of the Common Agricultural Policy should be earmarked for RDI projects. Create a European Venture Capital fund capable of investing in «proof of concept» and early business development. Make result and risk-oriented funding the dominant criterion for RDI funding of the EC. Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 Was heisst dies für die Schweiz? (1) Diese neuen Strategien betreffen nur EU-Mitgliedstaaten – nicht aber die Schweiz, welche lediglich an den Forschungsrahmenprogrammen (FP) der EU assoziiert ist. Nachdem sich gleichzeitig immer mehr Länder an den FP beteiligen wollen, überlegt sich die EU geteilte Gouvernance-Strukturen: Entscheidungsgremien für die FP sowie für forschungsund innovationsstrategische Fragen separate Strukturen nur für die EU-Mitgliedstaaten – allenfalls unter Einbezug besonderer Partnerländer. Wenn die Schweiz also weiterhin bei strategischen Entscheiden integriert bleiben will, muss sie für die EU attraktiv bleiben. Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 Was heisst dies für die Schweiz? (2) Finanzen: Wir müssen F&E Investitionen der öffentlichen Hand auf hohem Niveau halten und jene der Privaten stärken. Hochschullandschaft: Die Hochschullandschaft Schweiz muss «fit for purpose» werden: KKK: Wissenschaftliche Konkurrenz findet international statt. Auf nationaler Ebene sind Koordination und Kooperation gefragt. Forschung: Ziel ist die Verstetigung der Innovationskette von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung am Markt. Bildung: Es gilt, die Bildungswege auf Hochschulstufe koordiniert weiterzuentwickeln. Dies bedingt eine optimale Zusammenarbeit. Internationalisierung: Die Internationalisierungsstrategien der Hochschulen müssen strategischer ausgerichtet werden. Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 Was heisst dies für die Schweiz? (3) Führungsstrukturen Bund: Wissenschaft und Bildung müssen auf Bundesebene in einem Departement vereinigt werden. Führungsstrukturen Hochschullandschaft Schweiz: Wir sollten bereits jetzt beginnen «to think beyond HFKG», denn für die in der Bundesverfassung vorgesehene gemeinsame Verantwortung von Bund und Kantonen sind optimalere Formen denkbar. Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010 Zum Abschluss wiederum ein Zitat «Das Bildungssystem der Schweiz zeichnet sich aus durch einen berufsorientierten und einen akademischen Bildungspfad. Diese Komplementarität führt zu einer ausgewogenen Zusammensetzung bestens ausgebildeter Fachleute auf verschiedenen Stufen, was wiederum eine nachhaltige Weiterentwicklung der Schweizer Wirtschaft fördert und einen Wettbewerbsvorteil der Schweiz darstellt.» ETH-Rat Strategische Planung 2012-2016, Entwurf August 2010 Hochschule Luzern, Wirtschaft, 2010