Das Schicksal des Universums Some say the world will end in fire, some say in ice. From what I've tasted of desire I hold with those who favor fire. This is the way the world ends: Not with a bang but with a whimper. Simone Bernhart Max-Planck-Institut für Radioastronomie T.S. Eliot 1925 Robert Frost 1920 Manche sagen, die Welt vergeht im Feuer, manche sagen im Eis. Durch das, was ich von Sehnsucht schmeckte, halt ichs mit denen, die das Feuer vorziehen. So wird die Welt enden: nicht mit einem Knall sondern mit einem Wimmern. Abriss über Kosmologie Relativistische Kosmologie basiert auf: dem Kosmologischen Prinzip: das Universum sieht zu jedem Zeitpunkt von jedem Punkt gleich aus dem Weylschen Postulat: Galaxien im Universum sollen sich bewegen wie Elementarteilchen in einer idealen Flüssigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie: Wechselwirkung zwischen Materie und der Raumzeit Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 2 Abriss über Kosmologie Friedmann-Gleichungen: Doppler-Effekt Hubble-Parameter: wird gemessen über die Rotverschiebung z = Δλ/λ (λ Wellenlänge) kosmologisch weit entfernter Objekte heutiger Wert H0 Hubble-Konstante Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 3 Abriss über Kosmologie Kosmologische Konstante Λ: eingeführt von Einstein, um ein statisches Universum zu beschreiben Gründe für die Existenz von Λ: Hilfreich, wenn die Hubble-Zeit 1/H0 und astrophysikalisch bestimmte Weltalter zu verschiedenen Altern des Kosmos führen. Findet Verwendung in der modernen Quantenfeldtheorie, in der das Vakuum nicht unbedingt ein Zustand mit Energie Null ist, sondern durchaus einen endlichen Erwartungswert haben kann. Diese nichtverschwindende Energiedichte kann man als Eigenschaft der Raumzeit auffassen und somit auch als Komponente einer kosmologischen Konstante. Neuere Beobachtungen der kosmischen Hintergrundstrahlung Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 4 Abriss über Kosmologie Die experimentelle Bestimmung von Λ erfolgt indirekt über den Bremsparameter. Bremsparameter q0: Rate, mit Kritische Dichte ρC: die der die Expansion sich verlangsamt Materiedichte im Weltall, bei der die Gravitationskräfte die Fluchtgeschwindigkeit gerade so stark abbremsen, dass sich die Geschwindigkeit dem Wert Null nähert, ohne ihn je zu erreichen (entspricht ca. 6 Protonen pro m3) Mittlere Dichte ρ: Dichte der sichtbaren Materie kosmolog. Dichteparameter: Ω 0 = ρ/ρC im Universum Mittlere Dichte im Universum: ρ ≈ 10-27 kg/m3 Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 5 Abriss über Kosmologie Chronologische Klassifikation der Friedmann-Universen: 1917 Einstein: statisches, geschlossenes Universum, Einführung von Λ 1917 de Sitter: beschleunigte Expansion, flaches, materiefreies Universum, nur mit dynamischem Λ; verletzt das Machsche Gesetz (keine Raumzeit ohne Materie)! 1922 Friedmann: Friedmann-Gleichungen, enthalten sämtliche Universen (auch statischen Einstein-Kosmos); interessantes Modell: oszillierende Universen – abwechselnde Expansion und Kontraktion 1925 Lemaitre: expandierendes Universum; Annahme: zeitl. Zurückverfolgung der Expansion führt zu “Geburt des Raumes” (Nature-Artikel 1931) – “Vater der Urknall-Theorie” Danach 1981 A. Guth: inflationäres Universum folgen viele Verfeinerungen der urspr. Modelle (Phase extrem rascher Expansion unmittelbar nach dem Urknall) Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 6 Beobachtungsergebnisse 1929 Hubble weist nach, dass das Weltall tatsächlich expandiert 1933 Fritz Zwicky: Coma-Haufen (Galaxienhaufen aus über 1000 Galaxien) wird nicht allein durch die Masse seiner sichtbaren Bestandteile (Sterne) zusammengehalten; das 400-fache dieser Masse sei notwendig, damit Dunkle Materie 1998 finden durch Beobachtung von Typ 1a Supernovae zwei Teams unabhängig voneinander heraus, dass das Universum beschleunigt der Haufen nicht auseinanderfliegt -> anstatt abzubremsen (Schmidt-Gruppe am Mount-Stromlo-Observatorium in Australien und Perlmutter-Gruppe der Berkeley-Laboratorien in Californien) Beide Gruppen dachten, sie hätten einen Fehler gemacht: SN sollten in der Vergangenheit eigentlich heller gewesen sein, wenn die Expansion abnimmt, aber sie waren schwächer. Anti-Schwerkraft verursachte das Auseinanderstreben auch bekannt als Dunkle Energie -> Λ ! Eine Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 der Galaxien, 7 Beobachtungsergebnisse Kosmische Mikrowellenstrahlung (CMB): Beleg für die Urknalltheorie, stammt aus der Zeit etwa 400.000 Jahre nach dem Urknall und lag bei etwa 3000 K; während der weiteren Expansion nimmt die Wellenlänge der Hintergrundstrahlung durch Rotverschiebung zu, sie ist heute als Strahlung messbar, die einer Temperatur von 2,73 K entspricht. Fluktuationen in der kosmischen Hintergrundmit COBE (Cosmic Background Explorer) und später mit WMAP Beobachtungen der strahlung u.a. (Wilkinson Microwave Anisotropy Probe) bestätigten, dass das Universum flach ist und für immer expandiert. Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 COBE 8 WMAP Beobachtungsergebnisse Expansion des Universums Relative Größe des Universums Dunkle Materie + Dunkle Energie beeinflussen die Expansion des Universums Milliarden Jahre Für ein inflationäres Universum: Drei alternative Szenarien “Big Crunch” – das Universum kollabiert “Big Freeze/Chill” – stetige immerwährende Expansion “Big Rip” – ewige beschleunigende Expansion Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 10 13,5 Mrd. Jahre Zeitleiste -4 5 Mrd. Jahre Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 11 Zeitleiste 5x109 Jahre: Sonne bläht sich zum Roten Riesen auf 1017 Jahre: Weisse Zwerge werden ausgekühlt sein zu schwarzen Zwergen 1019 Jahre: Galaxien werden verdampft sein 1020 Jahre: Planeten werden aus ihren Bahnen geschleudert oder in die Sterne gestürzt sein, um die sie kreisen 1023 Jahre: tote Sterne werden aus den Galaxienhaufen verdampft sein – die Haufen zerfallen – die kosmische Hintergrundstrahlung wird abgekühlt sein auf ~10(-13) K Alles außer den schwarzen Löchern wird ionisieren (Ionisation heißt jeder Vorgang, bei dem aus einem Atom oder Molekül ein oder mehrere Elektronen entfernt werden, so dass das Atom oder Molekül als Ion zurückbleibt.) Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 12 Zeitleiste Schwarze Löcher werden wahrscheinlich aufgrund der sog. HawkingStrahlung verdampfen – solche mit der Masse der Sonne in ca. 1066 Jahren und galaktische schwarze Löcher in ungefähr 1099 Jahren. Neutronensterne werden entweder ionisieren oder in schwarze Löcher umgewandelt (“quantentunneln”), die dann verstrahlen. Schließlich wird alle Materie aufgrund des sog. Tunneleffekts in Eisen verwandelt sein, was ungefähr 101500 Jahre dauern wird – wahrscheinlich setzt vorher der Protonen-Zerfall ein (1032 Jahre). Falls Schwarze Zwerge oder Planeten nicht ionisieren oder sich durch Protonen-Zerfall auflösen, könnten sie möglicherweise in festes Eisen Der Protonen-Zerfall beginnt in tunneln – dieses verdampft entweder oder wandelt sich um in ein Jahrenvon Schwarzes Loch, das dann verstrahlt innerhalb 10100000000000000000000000000 Jahren. Die Teilchendichte wird gegen Null gehen – jedes Teilchen wird vom Rest der Welt abgeschnitten sein durch einen sog. kosmologischen Horizont – es wird keine Interaktion mehr möglich sein. Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 13 Kurze Geschichte der Eschatologie von Jim Holt, 2004 Freeman Dyson, Princeton: “Time Without End” 1979, “ein Universum, das wächst ohne Grenzen in Reichhaltigkeit und Komplexität, ein Universum des Lebens, dass ewig besteht...” – die Menschheit wird einen ‘Winterschlaf’ halten Leben mit Bewusstsein in Form von interstellaren Staub-/Plasmawolken Die Beschleunigung könnte wieder abnehmen, wenn man das QuintessenzModell zugrunde legt anstelle des ‘Dunkle Energie’-Szenarios Ed Witten, Princeton: Favorisiert das Quintessenz-Modell, die fortlaufende Expansion ist möglicherweise nur vorübergehend 33 Jahren oder so – Auflösung aller Materie Protonen zerfallen in 10 Lawrence Krauss, Case Western, Cleveland: “Wir scheinen im schlimmsten aller möglichen Universen zu leben.” Leben ist dem Untergang geweiht – in jedem Fall Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 14 ...Eschatologie Frank Tipler, Tulane University, New Orleans: 1994 "Die Physik der Unsterblichkeit - Moderne Kosmologie, Gott und die Auferstehung der Toten", der ‘Big Crunch’ als glücklichstes aller Enden Am Ende des Universums kumuliert alles virtuell oder materiell Existierende im Punkt Omega und bildet die Gottheit in diesem […] unendlichen Moment, weil dort die Information vollkommen ist - es entsteht durch unendliche Information der vollendete Gott in der Ewigkeit. Theologie als Teilgebiet der Physik Michio Kaku, City College in New York: “Rettungsboot”-Szenario: ein “Wurmloch” öffnen, durch das wir in ein neues Universum entkommen können; benötigt eine vereinheitlichte Theorie der Physik, um das Wurmloch zu stabilisieren Die menschliche Entwicklung mag 100,000 Jahre dauern, aber es ist immer noch genug Zeit übrig J. Richard Gott III, Princeton: Kopernikanisches Prinzip: ‘Wir sind nichts besonderes (Erde nicht Mittelpunkt des Universums)' Die Menschheit wird mit 95% Wahrscheinlichkeit zwischen 5100 und 7,8 Millionen Jahren aussterben Ein Ende mit Schrecken... Heutige Annahme: das Universum befindet sich Vakuum, d.h., das Vakuum im All befindet sich im Energie (Grundzustand) in einem wirklichen Zustand niedrigster Sidney Coleman und Frank De Luccia, "Gravitational Effects on and of Vacuum Decay" (etwa: "Die Wirkungen, die von der Gravitation auf den Zerfall des Vakuums ausgeübt werden") 1980: was, wenn sich das heutige Vakuum nicht im Grundzustand befindet, sondern in einem langlebigen metastabilen Zustand, der eines Tages zerfällt (wie z.B. ein Urankern)? Der Vakuum-Zerfall könnte an einem zufälligen Ort im Raum beginnen mit einer kleinen Blase echten Vakuums, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet, dabei immer größere Gebiete falschen Vakuums absorbiert und in echtes Vakuum umwandelt, wobei alles auf ihrem Weg vernichtet wird. Andererseits: Umkehrung dieses Phänomens als Rettung für unser Universums Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 16 oder doch eher ein Schrecken ohne Ende ...? Bad Muenstereifel 05. Juli 2006 17