Programmorientierte Finanzierung in der Helmholtz-Gemeinschaft Thomas Heinze Lehrstuhl Soziologie II, Universität Bamberg New Public Management auf dem Prüfstand – Eine Bestandsaufnahme Leibniz-Universität Hannover, 30.-31. August 2010 Kennzahlen zur Helmholtz-Gemeinschaft • 28.000 Mitarbeiter, davon rund die Hälfte Wissenschaftler und Doktoranden (2008) • 16 Forschungzentren mit einer Größe zwischen 500 und 4.000 Mitarbeitern (2010) • 1.706 Mio. Euro institutionelle Grundfinanzierung und 909 Mio. Euro Drittmittel (2008) • Jährlich ca. 350 Patentanmeldungen (DPA, WPI) sowie ca. 6.300 Publikationen (SCI): seit den 1990er Jahren in beiden Outputs starke Zuwächse Helmholtz im deutschen Forschungssystem Quelle: Heinze 2010 Übersicht zur POF • Qualitätsmanagement-System – – – – • Bereiche und Programme – • • Ziele: Qualität, Leistung, internationale Wettbewerbsfähigkeit, Effizienz und Effektivität des Ressourceneinsatzes Verfahren: Senat und Präsident Begutachtung: externe und internationale Gutachter Laufzeit: 5 Jahre 6 Forschungsbereiche, 28 Programme, zahlreiche Programmthemen, Themenanteile der HGF-Zentren Erste Phase: 2003-2008 Zweite Phase: 2009-2013 Zentren und Programme • Struktur der Großforschung: Zentren – – – • Große, langfristige Projekte im nationalen Interesse und außerhalb des Auftrags der Universitäten Rechtlich selbstständige Forschungszentren Keine zentrenübergreifende Koordination der Forschung Struktur der Helmholtz-Gemeinschaft: Programme – – – Langfristige, strategische Forschungsbereiche und Forschungsprogramme Dachorganisation mit Präsident und Senat Zentrenübergreifende Planung und Koordination der Forschung Unmittelbare Folgen: Erhöhte Transparenz Quelle: Jahresbericht HGF 2009, S. 98 Unmittelbare Folgen: Erhöhte Transparenz Quelle: Jahresbericht HGF 2009, S. 98 Unmittelbare Folgen der POF • • Erhöhte Transparenz Ressourcenwettbewerb der Zentren um die Programmtöpfe Vervielfachung von Regelungsstrukturen • – – – Mehrere neue Steuerungsebenen Neue Ressourcenallokation durch Programme, aber Fortbestand zentrenbezogener Zuwendungsbescheide Neues Begutachtungsverfahren, aber Fortbestand der rechtlichen Selbstständigkeit der Zentren Institutioneller Wandel • • Konflikt zwischen Establishment und Reformkräften Stärke des Wandels hängt ab… – – • • …von den Wandlungsimpulsen aus dem Umfeld der Akteure …vom Kräftegleichgewicht zwischen den Akteuren Selten: neue Regeln ersetzen vollständig alte Regeln Häufiger: neue Regeln werden an bestehende Regelungsstrukturen „angelagert“ Politischer Kontext und Kräfteverhältnisse • Reformimpulse aus dem Umfeld der Großforschung – Weule-Gutachten 1994 – Systemevaluation des Wissenschaftsrats 2001 • Reforminitiativen von der Leitungsebene des BMBF, insbesondere Staatssekretäre • Gemeinsame Interessen der Zentrenleitungen und der Ministerialverwaltung des BMBF POF als politischer Kompromiss im Zuge der Neudefinition des Verhältnisses von Großforschung und staatlichen Zuwendungsgebern Veränderungen in der Programmstruktur zwischen erster und zweiter Phase der POF • Bereich Erde und Umwelt – – • Zusammenlegung von „Biogeosysteme: Dynamik und Anpassung“ und „Nachhaltige Nutzung von Landschaften“ in das Programm „Terrestrische Umwelt“ Auslagerung von „Nachhaltige Entwicklung und Technik“ in den Bereich Schlüsseltechnologien Bereich Struktur der Materie – • Auslagerung von „Kondensierte Materie“ in den Bereich Schlüsseltechnologien Forschungsbereich Gesundheit – Neues Programm „Systemische Analyse von multifaktoriellen Erkrankungen“ ersetzt „Vergleichende Genomforschung“ und „Regenerative Medizin“ Veränderungen in der Programmstruktur zwischen erster und zweiter Phase der POF • Bereich Schlüsseltechnologien – – – • „Kondensierte Materie“ aus dem Bereich Struktur der Materie integriert „Nachhaltige Entwicklung und Technik“ aus dem Bereich Erde und Umwelt integriert Weiterentwicklung der bisherigen 4 Programme und Aufstellung von 2 neuen Programmen Bereiche Energie und Schlüsseltechnologien – Jeweils zusätzliches Programm „Technologie, Innovation und Gesellschaft“ Budgetanteile HZI Braunschweig 80% 70% 2003 2008 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Infektion und Immunität Vergleich. Genomforschung Erde und Umwelt Biotech Infrastruktur Quelle: Jahresberichte GBF 2003, S. 112 und HZI 2009, S. 162 Sonderaufgaben Anderes Budgetanteile FZ Jülich 30% 2003 2008 25% 20% 15% 10% 5% 0% Energie Erde und Umwelt Gesundheit Schlüssel- Struktur der Programmtechnologien Materie ungebunden Quelle: Programme-Fakten-Zahlen HGF 2003, S.36 und Jahresbericht HGF 2009, S. 99 Sonderaufgaben Rahmenbedingungen für die Forschung • Hoher personeller und materieller Aufwand für die Erstellung und Begutachtung der Programme: Ressourcen gehen Forschung verloren • POF zielt auf die Identifikation und Beseitigung von Redundanzen: Gefährdung von Vielfalt (?) • Starker Anstieg der Drittmittel: von 18% (1998) auf 35% (2008) wirft Fragen zur Integration in die Programmstruktur auf Fazit • POF ist ein Instrument des Qualitätsmanagements und gleichzeitig Kernstück des institutionellen Wandels der Großforschung • POF ist Ergebnis eines politischen Aushandlungsprozesses: Anschichtung neuer Regeln an etablierte Struktur der Großforschung • POF justiert das Verhältnis von Großforschung und staatlichen Zuwendungsgebern: Zentralisierung und Kontrolldelegation • POF definiert die Steuerung nach innen neu: Ressourcenwettbewerb zwischen den Zentren und Strategieplanung durch Dachorganisation Kontakt Thomas Heinze Lehrstuhl Soziologie II Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Otto-Friedrich-Universität Bamberg Lichtenhaidestr. 11, 96045 Bamberg ++49 951 863 3139 [email protected] Download von Veröffentlichungen unter: http://www.uni-bamberg.de/soziologie