Vortrag von Ulrike Gschwandtner - zb

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Viel Arbeit, wenig Geld, keine
Sicherheit ...
Viel Arbeit, wenig Geld, keine Sicherheit
Neue Selbstständige, Tendenzen und
Konsequenzen aus geschlechtsspezifischer
Perspektive
Referat im Rahmen der Tagung: „Für eine Handvoll Dollar ...“
17.9.04, St. Pölten
Maga Ulrike Gschwandtner
Solution, Sozialforschung & Entwicklung
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Viel Arbeit, wenig Geld, keine
Sicherheit ...
Inhalt:
• Abgrenzung Normalarbeitsverhältnis und
Neue Selbstständige
• Typus der/des ArbeitskraftunternehmerIn
• Anzahl und Art der Neuen Selbstständigen
in Österreich
• Implikationen: Individuelle, politische und
ökonomische
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„Das „Normalarbeitsverhältnis“
„Eine stabile, sozial abgesicherte, abhängige,
betriebliche Vollzeitbeschäftigung, deren
Rahmenbedingungen (Arbeitszeit, Löhne,
Transferleistungen) kollektivvertraglich oder
arbeits- bzw. sozialrechtlich auf einem
Mindestniveau geregelt sind.“ (Bosch, 1986)
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Normalarbeitsverhältnis
• Unbefristete Vollzeitbeschäftigung
• Volle sozial- und arbeitsrechtliche Ansprüche
bzw. Absicherung
• regelmäßige tägliche/wöchentliche Arbeitszeit
• Betriebliche Einbindung
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„Neue Selbstständige“ (ohne
Gewerbeschein) - Definition
• Geschuldet wird ein Erfolg (Werk)
• Ab € 6.453,36 Gewinn - Versicherungspflicht
GSVG (keine Geldleistungen)
• Einkommenssteuerpflichtig,
Umsatzsteuerpflichtig
• Keine freiwillige Arbeitslosenversicherung
• Keine Ansprüche aus dem Arbeitsrecht
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„Neue Selbstständige“ (ohne
Gewerbeschein) - Definition
• Keine persönliche Arbeitspflicht
• Vertretungsmöglichkeit
• Nicht weisungsgebunden (Arbeitszeit,
Arbeitsort)
• Keine persönliche Abhängigkeit
• Eigene Betriebsmittel
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Veränderung des Typus Arbeitskraft
• Proletarisierte LohnarbeiterInnen
(Frühindustrialisierung)
• Verberuflichte ArbeitnehmerInnen
(Fordismus)
• Verbetrieblichte ArbeitnehmerInnen
(Postfordismus)
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Der/die ArbeitskraftunternehmerIn zeichnet
sich aus durch:
Selbst-Kontrolle
Selbstständige Planung, Steuerung der eigenen
Tätigkeit
Selbst-Ökonomisierung
„Vermarktung“ der eigenen Fähigkeit
Selbst-Rationalisierung
Durchorganisation des eigenen Lebens
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Die Situation in Österreich
Steigende Zahl von Neuen Selbstständigen
(Zahlen der GSVG)
Steigende Zahlen von
Unternehmensgründungen durch Einzelne
Steigende Zahlen bei den GründerInnen (AMS)
Sinkende Zahlen bei den Selbstständigen allg.
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Viel Arbeit, wenig Geld, keine
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Betriebe in Österreich nach Anzahl der Beschäftigten
(in %, Quelle: WKÖ, 6/2002)
13,30%
2,70% 0,40%
1-9 Beschäftigte
10-49 Beschäftigte
50-299 Beschäftigte
300+ Beschäftigte
83,60%
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Anzahl Neue Selbstständige (GSVG, ohne Gewerbeschein,
Quelle: Studie Atypische, AK,GPA)
25000
20200
20000
14000
15000
10100
9000
10000
Männer
Frauen
7000
5000
5000
0
2000
2001
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2002
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Beratungen und Gründungen (nach Geschlecht, absolut,
Frauenanteil je 33 %, Quelle: Daten AMS Österreich, 9/2004)
3500
3148
2938
3000
2549 (87% d. B.)
2500
2144 (68 % d. B.)
2000
1508
1500
Männer
1477
1297
(88 % d. B.)
1047
(69 % d.B.)
Frauen
1000
500
0
Beratung 2002
Gründung 2002
Beratung 2003
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Gründung 2003
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Tätigkeitsfelder Neue Selbstständige (AK Studie, n=538)
EDV
11%
Technik, Handw erk
11%
Werbung
12%
Sport, Kunst, Design
12%
Journalism us
12%
Erw achsenenbildung
12%
Wirtschaftlich-kaufm . Bereich
10%
13%
11%
11%
12%
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12%
13%
13%
14%
13
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Neue Selbstständigkeit-AK
Studienergebnisse:
• 60 Prozent unfreiwillig in die Selbstständigkeit
• Nettoeinkommen monatlich: 800 Euro
• Nettostundenverdienst: 7,73 Euro
• 43 % geben an, sie hätten nicht ausreichend
Urlaub machen können
• 55 % haben Arbeitszeitschwankungen von
mehr als 10 Std. in der Woche
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• 70 % geben an, sie sehen Probleme in der
sozialen Absicherung (insbesonders
Krankheit)
• Jede vierte Frau befürchtet bei
Schwangerschaft prekäre Lebenssituation
• Einkommen von Frauen (ohne Matura) um 17
% geringer als jenes der Männer, Frauen mit
Matura verdienen 9 Prozent weniger
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Zusammenfassung der Ergebnisse
• Breite Streuung bei den Branchen
• Hohe Arbeitszeiten
• Schwankende Einkommen (nach Geschlecht,
Tätigkeitsbereich)
• Sorge um soziale Sicherheit ausgeprägt
• Wechsel in unselbstständige Erwerbstätigkeit
gewünscht
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DISKUSSIONEN...
Zwischen feministischen Postulat der Autonomie und
neoliberalem Diskurs - Was ist die Attraktion der
Neuen Selbstständigkeit, auch für Frauen?
Ideologische Aufwertung des Begriffs –
ArbeitskraftunternehmerIn steht für Autonomie,
Individualität, Leistungsorientierung (auch im
Gegensatz zum Begriff „Sozialstaat“)
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Viel Arbeit, wenig Geld, keine
Sicherheit ...
Ideologische Entwertung des Solidargedankens, von
Kollektivität, von Alter, von sozialer Sicherheit ...
Gleichzeitig: Ein Drittel aller ÖsterreicherInnen fühlen
sich als SchwerarbeiterInnen – es gibt ein Leiden am
Normalarbeitsverhältnis (an den Arbeitsbedingungen,
Arbeitsformen etc.)
Arbeitsmarkt bietet nicht die Rahmenbedingungen, die
Frauen bräuchten
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Viel Arbeit, wenig Geld, keine
Sicherheit ...
Neue Selbstständigkeit dann, wenn:
• Ein existenzsicherndes, dauerhaftes Einkommen
erzielt werden kann (gemessen am
Normalarbeitsverhältnis und nicht als
„DazuverdienerIn“)
• Neue Formen der sozialen Sicherheit geschaffen
werden (Entkoppelung von Arbeit und Einkommen)
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Neue Selbstständigkeit dann, wenn:
• Vorsorge bei Arbeitslosigkeit
• Kollektive Aushandlungsprozesse über den Wert der
Leistung stattfinden
• Kollektive Interessenvertretungen aufgebaut werden
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Literatur- und Webtips:
Armuts- und Reichtumsbericht
(http://www.politikberatung.or.at/studien.htm)
Schönbauer, Ulrich/Angelika S. Laburda (2003), Atypisch beschäftigt typisch für die Zukunft?, Wien (www.gpa.at)
Eberling, Matthias (et.al.) (2004), Prekäre Balancen, Flexible Arbeitszeiten
zwischen betrieblicher Regulierung und individuellen Ansprüchen,
Berlin
Gregoritsch, Petra (et.al) (2000), Einkommen von Frauen und Männern in
unselbständiger Beschäftigung, BMWA, Wien
Rubery, Jill/Colette Fagan (1998), Chancengleichheit und Beschäftigung in
der europäischen Union, Wien
Eichmann, Hubert/Isabella Kauper/Karin Steiner (Hg.) (2002), Game
Over? Neue Selbstständige und New Economy nach dem Hype, Wien
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