Diapositive 1

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« Eine Vielfalt der Kulturen »? Kulturelle Grenzziehungen im
Kontext von Migration und Transnationalisierung
Prof. Dr. Janine Dahinden, MAPS, Universität Neuenburg
Von der Deklaration zur Umsetzung – Schutz und Förderung der kulturellen Vielfalt in
der Schweiz, Tagung der SAGW, Universität Zürich, 25.1.2011
« Culturespeak » (Ulf Hannerz) als Zeitgeist
“everyone is into culture now” (Adam Kuper 1999)

Vortrag
 Integration der MigrantInnen und Kultur resp. kulturelle Vielfalt: Zwei
Denkfiguren
 Kritik aus sozialwissenschaftlicher Perspektive: Plädoyer für eine
Differenzierung zwischen “Kultur” als analytischer Kategorie und
“Kultur” als Alltags-Kategorie
 Theoretische Alternative: Das Grenzziehungsparadigma
Integration und Kultur

Zwei Denkfiguren: Kultur der Einwanderer als Barriere oder als Ressource –
Kultur wird abwechselnd normativ positiv oder negativ aufgeladen

Klassisches Assimilationsparadigma (Gordon 1964) - Barriere
 Kulturelle Assimilation (Akkulturation) am Anfang jedes Assimilationsprozesses
 Homogene Kernkultur der Einwanderergesellschaft
 Wenig „culturespeak“ und kulturelle Vielfalt war nicht vorgesehen

Multikulturalismus, Modelle kulturellen Pluralismus - Ressource
 Anerkennung von kultureller Differenz und Partizipation aufgrund ethno-kultureller
Zugehörigkeiten
 Ankurbelung des „culturespeak“ und kulturelle Vielfalt als positiv

Backlash against Diversity? (Grillo 2007) – Barriere
 „Neue“ kulturelle Vielfalt als Konfliktpotential und Gefahr für soziale Kohäsion
 „Culturespeak“ als Erklärung für sämtliche gesellschaftliche Unterschiede
Kritikpunkte: gemeinsame Prämissen der
zwei Denkfiguren

Kultur als Alltags-Kategorie von Akteuren
 Essentialistischer Kulturbegriff (Stolcke 1995): Menschen als Träger
einer unveränderlichen Kultur
 Kultur „haben“ - Kultur als explicans

Kultur als analytische Kategorie
 die im Lebensprozess von Individuen erworbenen spezifischen
Dispositionen, die zu intersubjektiver Bedeutungsbildung und zu
sinnhaftem Handeln befähigen (Wicker 1996, Dahinden 2009)
 Kultur „machen“ - Kultur als explicandum
Kritikpunkte: gemeinsame Prämissen der
zwei Denkfiguren II

Herder‘scher Commonsense (Wimmer 2008)
 Ethno-nationale Migrantengruppe = Gemeinschaft = Kultur =
Identität = Natur
 Ethnizitätsforschung: Grenzen von Kultur - ethnische/nationale
Kategorie – Identität sind nicht zwingend überlappend (Frederik
Barth 1969)
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
Ethnische Grenzen können aufrechterhalten werden, wenn sich
Gruppe nicht durch kulturelle Unterschiede unterscheiden
Kulturelle Unterschiede können innerhalb der gleichen ethnonationalen Gruppe existieren
Ethno-nationale Gruppen sind Resultat von Fremd- und
Selbstzuschreibungen und damit Ergebnis von Grenzziehungen
Grenzziehungsparadigma
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
Gruppen (z.B. Mehrheiten/SchweizerInnen und
Minderheiten/Ausländer/ethnisch definierte Migrantengruppen) sind
das Resultat von sozialen Prozessen der Grenzziehung und nicht die
Summe objektiver kultureller Unterschiede
Grenzen (boundaries)
 Symbolische Grenzziehungen: “conceptual distinctions made by social
actors to categorise objects, people and practices. [… They] also separate
people into groups and generate feelings of similarity and group
membership”.
 Soziale Grenzziehungen können verstanden werden als “objectified
forms of social differences manifested in unequal access to and unequal
distribution of resources and social opportunities” (Lamont and Molnar
2002: 168).
Grenzziehungsparadigma II
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Form der sozialen Organisation von (kultureller) Differenz,
interaktiv (Frederik Barth 1969)
verschiedene Akteure: Nationalstaat, Medien, Individuen, politische
Parteien, etc.
Relational:
 Selbstidentifikation mit einer ‘Gruppe’: Schliessungsprozess
 Externe soziale Kategorisierungen (Jenkins 1997), verknüpft mit Fragen
der (Definitions)Macht
Subjektive Mobilisierung von « Differenzierungsmerkmalen » wie
Religion, Kleidung, Musikstile, Tradition, Kleider, etc.
« culturespeak »: Kultur (Alltagskategorie) wird mobilisiert
zur Markierung von Grenzen zwischen « innen » und
« aussen »
Beispiel aus Forschung (Duemmler et al. 2010,
Dahinden et al. 2011 (forthcoming)
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
Mehrheitsjugendliche mobilisieren „Kultur“ um eine Grenzlinie zu
Muslims und AlbanerInnen zu ziehen
 „Sie“: Hierarchische Geschlechterbeziehungen, in Kultur verankert –
moralisch verwerflich
 „Wir“: Gleichheit der Geschlechter
Minderheitsjugendliche (Muslims, Kosovaren): Können diese Grenze
nicht in Frage stellen, sie ist zu undurchlässig und die
Machtverhältnisse zu klar definiert
 Boundary-Strategien:
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Versuch der Umdeutung/Inversion: Moralisch gut wenig sexuelle Freiheit
auszuleben, da dadurch Ehen stabil seien (während bei SchweizerInnen Ehen
sowieso nicht dauern)
Mobilisierung einer „reaktiven Männlichkeit“: Versuch über Männlichkeit Status
zu gewinnen
Versuch sich auf der ‚guten Seiten der Grenze‘ zu platzieren:
Assimilationsstrategie
Fazit
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Integration ist keine Frage der Überwindung objektiv gegebener
kultureller Unterschiede, sondern Prozess der Grenzverschiebung
Zu Zeiten des „culturespeak“ ist Kultur eines der zentralen
Markierungsinstrumente für die Etablierung von Grenzen und damit
Schliessungsmechanismen
Kulturelle Vielfalt als Resultat von Differenzkonstruktionen und
momentanes Ergebnis
Politischer Prozess: sozialer Ausschluss und Verstärkung sozialer
Kohäsion gegen innen
Kultur ‚machen‘: Kulturargument wird mobilisiert
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Umsetzung der UNESCO-Charta? Zwischen Skylla und Charybis…
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